Blutige Leidenschaft Origins von Curin (Vorgeschichte zu Blutige Leidenschaft/ Neues Kapitel ist online) ================================================================================ Kapitel 1: Part 1: Ein Vampir mit Seele - Der Beginn einer Freundschaft ----------------------------------------------------------------------- Russland: 1865 Es war eine dunkle Nacht. Die Gestirne der Nacht waren hinter dicken Wolken verborgen und es herrschte Neumond. Nur schemenhaft ließen sich die Bäume und die Hänge des Waldes erahnen. Es wehte ein mäßiger Wind der die Blätter rascheln ließ und die Wolken über den Himmel zog. Kein Tier war zu hören, noch nicht einmal das Heulen der Wölfe oder das zirpen der Grillen. Die Nacht war nicht kalt, aber auch nicht warm. Es war Frühjahr und der Schnee war geschmolzen, aber tagsüber zeigte sich die Sonne noch nicht lange genug um die Erde anzuwärmen. In dieser rauen Nacht lag ein Junge von gerade mal 10 Jahren auf den Bauch und spähte durch ein Dickicht. Er lauerte hinter einen Gebüsch, zur besseren Tarnung hatte er sich Blätter über den Körper gelegt. Seine Kleidung war dunkel aber dick. Er musste schon eine Zeitlang hier aushaaren und mit der Zeit fing er doch an zu frieren. Auch wenn er auf weicher Erde lag taten seine Muskeln allmählich weh. Er lag schon lange und durfte die Position nicht ändern, sonst könnte er den richtigen Moment verpassen. Seine Hände umfassten eine Armbrust die er zur besseren Positionierung auf einen Holzbrett abgelegt hatte. Sie wog schwer und er konnte es nicht riskieren das sie in der Erde versank. Er war auf einen Hang und der Lauf der Armbrust war auf einen Weg etwas unterhalb gerichtet. Auch wenn es tiefe dunkle Nacht war konnte er etwas erkennen. Seine Augen waren schon von klein auf darauf geschult worden auch in der tiefsten Dunkelheit zu sehen. Aber auch heute hatte er damit so seine Mühe. Immer wieder korrigierte er den Lauf um auch auf den angegeben Pfad zu zielen. Vielleicht hatte er nur einen Versuch. Von der Seite war es sehr schwer das Herz zu treffen. Vielleicht würde es sein Cousin schaffen. Er war viel weiter als er, aber für heute Nacht sollte er die schwere Aufgabe übernehmen. Um dennoch genug Schaden anzurichten hatte er die Holzbolzen in Weihwasser getränkt. Selbst wenn der Schuss nicht das Herz traf würde es dem Feind zumindest verlangsamen. Vielleicht würde es reichen um einen zweiten besseren Schuss abzufeuern. Nun bewegte sich etwas auf den unteren Pfad. Sofort spannte er den Finger um den Abzug und war voll konzentriert. Die Person die er unten erkannte rannte zielstrebig über den Pfad. Kein Blick ging zu ihm hoch. Dann war die Person schon wieder zwischen den nächsten Bäumen verschwunden. Sein Herz schlug heftig. Bald müsste sein Ziel kommen. Und tatsächlich; im nächsten Moment brach eine weitere Person durch das Unterholz um der Ersten hinter her zu hechten. Er nahm Ziel und schoss. Und er traf auch, aber leider nicht das Herz. Die Person war zu schnell gewesen und er war zu seitlich. Er traf nur die Schulter, trotzdem geriet der Getroffene ins straucheln und gab ein Grollen von sich. Mit zitternden Händen zog er sich den Bolzen aus der Schulter und sah ihn an. Am aufsteigenden Dampf an der Schulter konnte man die Wirkung des Weihwassers erkennen. Er langte sofort neben sich und lud den nächsten Bolzen. Er wollte wieder Ziel nehmen als die Person sich plötzlich in seine Richtung drehte. Er sah die rotglühenden Augen die ihn in seinem Versteck entdeckt hatten. Er erschrak. Und das war genau die Sekunde Unachtsamkeit vor der er immer gewarnt worden war. Die Person hastete sofort auf ihn zu und ohne richtig zu zielen drückte er ein weiteres Mal den Abzug, aber dieses Mal traf er nicht mal die Person. Diese machte nun einen Sprang und stand auf einmal neben ihn. Er langte nach den nächsten Bolzen, drehte sich auf den Rücken und zielte ein weiteres Mal, aber vor lauter Hatz verfehlte er ein weiteres Mal das Herz und der Bolzen traf nur den Unterleib. Das Wesen, welches rotglühende Augen und lange Reißzähne hatte, zog sich den Bolzen heraus und schaute auf die dampfende Wunde. Das Fleisch darum war verbrannt und stank entsetzlich. „Du kleine Kröte“, zischte er und wollte nach ihm greifen. Doch er hatte blitzschnell seinen Dolch gezogen und stach auf die Hand ein, welche nach ihm langte. Das Wesen zog die Hand zurück, aber er war jetzt noch wütender. In den seelenlosen Augen konnte er den Hass erkennen, der sich gegen ihn und alles Lebende richtete. Er hatte nur noch den Dolch für seine Verteidigung, denn aus dieser kurzen Entfernung war er mit der Armbrust nicht mehr schnell genug. Dazu fehlte ihm die Kraft. Genauso wie die Kraft körperlich gegen dieses Wesen zu bestehen. Das war sein Ende. Doch bevor das Wesen ein weiteres Mal nach ihm langen konnte, sprang eine weitere Person in die Szene. Es war die erste, welche er hatte passieren lassen. Sofort entstand zwischen den zwei Erwachsenen ein harter Kampf. Die dazugekommene Person konnte sich gut mit Faustschlägen und Tritten gegen das Wesen verteidigen. Als dieser nach einigen Schlägen ins Straucheln geriet, zog der andere Mann einen Pflock aus der Manteltasche und stieß zu. Sofort traf er das Herz und nach einen kurzen Zucken durch den Körper, zerfiel das Wesen zu Staub, welcher durch den Wind sogleich weggeweht wurde. Der Junge saß noch etwas geschockt da, bevor der Mann ihm die Hand reichte und beim aufstehen half. „Das war knapp“, sagte er streng, aber es schwang auch Besorgnis in der Stimme. „Wo waren deine Fehler, Kai?“ Kai schaute den Hang hinunter und dann wieder zu seinen Vater. „Er hat mich zu schnell gefunden“, antwortete er kleinlaut. „Genau. Bei einen besseren Versteck hättest du noch gut einen Schuss gehabt, bevor er dich erkannt hätte. Wenn dieser dann auch noch ins Herz getroffen hätte, dann wäre es sofort vorbei gewesen. Warum hast du nicht getroffen. Der erste, okay, aber der zweite.“ „Der zweite ging total daneben“, gestand Kai zerknirscht. „Beim dritten war ich zu ungelenk.“ Sein Vater seufzte schwer und legte ihm die Hand auf den Kopf. „So was kann entscheidend sein. Was wenn ich nicht schnell genug zurückgekehrt wäre. Ich hab mich darauf verlassen, dass du es ohne mich schaffst.“ Kai sah betrübt zum Boden und drehte sich dann weg und langte nach seiner Ausrüstung. Er war noch weit davon entfernt ein Jäger zu werden, auf den sein Vater stolz sein konnte. Selbst seine 14 jährige Schwester, so zierlich sie auch war, konnte schon im Nahkampf gut bestehen und sein Cousin der schon 18 war, war ein meisterlicher Schütze, der selbst einer Fliege das Auge wegschießen konnte. Seine Mutter war zwar keine Kämpferin aber eine Alchemistin, die mit ihren Tränken immer bessere Waffen und Medizin wirken konnte. Von seinen Vater musste er gar nicht erst anfangen. Der Spross der Voltair-Familie. Einer langen Reihe von Jägern, die schon alle Arten von Monstern erlegt hatte und sein Vater selbst hatte noch nie einen Zweikampf verloren. Er war groß gebaut, drahtig mit ebenmäßigen Muskeln und hatte dunkelblaues Haar das bis auf die Schulter fiel. Nur eine Narbe zierte seine rechte Wange. Angeblich von einem Gargoyle, dem er zu nah gekommen war. Aber auch da ging er wieder siegreich hervor. Alle hatten die Hoffnung er würde ebenso wie sein Vater ein großer starker Mann werden und eine weitere Generation der Jägerfamilie hervorbringen, doch an solchen Tagen fühlte er sich wie ein Versager. Er hatte alle seine Sachen in einen Rucksack gepackt, schulterte die Armbrust und wollte ohne eine weitere Unterredung gehen. Sein Vater ging neben ihn her und sah auf ihn herab. „Kein Jäger wird von Anfang an perfekt geboren“, sagte dieser um seinen Sohn aufzubauen. „Wenn man Großvater glaubt, dann du schon“, meinte er und wollte immer noch nicht zu seinen Vater hochsehen. „Er übertreibt. Ich war auch nicht von Anfang an perfekt. Und als Schütze bin ich mies, oder warum glaubst du, verlasse ich mich auf meinen Muskeln.“ Dabei posierte er so, dass selbst unter dem weiten Wildledermantel die Muskeln zu sehen waren. „Mit einer Armbrust wäre die Gefahr zu groß, dass ich mich am Ende noch ausversehen selbst erschieße.“ Kai musste unwillkürlich lächeln. Natürlich lag sein Versagen immer noch auf seinem Gemüt, aber sein Vater schaffte es doch ihn ein wenig aufzumuntern. Was nützte es auch ihn niederzumachen. Erst im Alter von 16 Jahren würde er den offenen Zweikampf mit den Monstern eingehen, bis dahin hatte er noch genug Zeit zu üben, sich im Hintergrund zu halten, oder mit den Älteren auf die Jagd zu gehen. So war es schon immer in seiner Familie gewesen. Zwar musste jeder an der Jagd teilnehmen, aber natürlich war niemand nur Kanonenfutter. Man wurde von Kindesbeinen an trainiert, mit 8 ging man dann mit auf die Jagd, aber nur im Hintergrund. Mit 12 war man an den Kämpfen beteiligt, die man im Vordergrund führte, aber immer in Begleitung der Erfahreneren und mit 16 musste man dann schon allein auf die Jagd gehen können. Dieses Prinzip hatte sich bewährt, schließlich gab es ihre Familie schon seit gut 200 Jahren. Im Grunde waren sie Russen und lebten auch in den tiefen Wäldern Russlands, doch seine Mutter war eine Japanerin, welche hierher eingewandert war um mit ihren Alchemistischen Wissen etwas zur Jagd beizutragen. Da der ältere Bruder von seinen Vater schon den Familiennamen weiter trug, hatte sich ihr Vater entschieden den Namen der Mutter, Hiwatari, zu übernehmen. Schließlich war auch diese Familie angesehen und wollte fortgeführt werden. Auch wenn er ein brillanter Jäger war und streng in der Ausbildung zum Jäger, war sein Vater ein ruhiger und besonnener Mensch der seine Frau und seine zwei Kinder über alles liebte. Auf dem Kampffeld war er aber gnadenlos und metzelte seine Gegner berserkergleich nieder. Sie gelangten nach einen langen Marsch auf ihren Hof. Sie hatten ein großes Haupthaus und eine noch größere Scheune. In dieser befanden sich die Waffenschmiede und das Laboratorium ihrer Mutter. Nach dem Haus folgte ein kleines Wäldchen und dahinter sah er die Dächer des Dorfes. Die Dorfbewohner wussten nichts von ihrem Handwerk. Oder besser gesagt, sie wollten nichts davon wissen. Für sie waren die Monsterjäger ganz normale Wildjäger. Als diese wurden sie nicht weniger geschätzt oder respektiert wie alle anderen Dorfbewohner. Dennoch hielt man sie für eigen und Kai bekam dies immer deutlich spüren, wenn er im Dorf war und andere Kinder vor ihm zurückwichen und Erwachsene mit den Finger auf sie zeigten und tuschelten. Manchmal fragte sich Kai, ob sie wirklich so naiv waren oder nur so taten, weil sie mit dem Ganzen einfach nichts zu tun haben wollten. Egal was es auch war. Seine Familie waren Außenseiter. Er träumte immer wieder von einem ganz normalen Leben. Freunde und ein Beruf welcher nicht sehr schnell zum Tod führen konnte, aber das war für ihn nicht möglich. Er war sowohl ein Voltair wie auch Hiwatari. Das Jägerhandwerk war ihm in die Wiege gelegt worden. Als sie auf das Gatter von der Pferdekoppel zukamen, erkannte Kai, dass sich dort ein Mann befand, der ihm nicht aus dem Dorf bekannt vorkam. Er wirkte allgemein nicht von hier. Er hatte dunklere Haut und helle grüne Augen. Seine Haare waren blond. Kai trat etwas näher an seinen Vater, der den Fremden auch erkannt hatte. „Howdy“, sagte der Fremde und grinste. Kai verzog das Gesicht aufgrund der komischen Begrüßung. „Ich denke mal sie sind Alexej Hiwatari?“ „Und wer will das wissen?“, fragte sein Vater. Er war angespannt, da der Mann mit eindeutigem Akzent sprach. Kai konnte ihn nicht zuordnen. Er war noch nie aus Russland rausgekommen und war auch nie Ausländern begegnet. „Mein Name ist James Maisfield. Ich komme aus Ohio in den USA.“ Ein Amerikaner also. Kai besah sich den Fremden mit Interesse. Es war für ihn doch aufregend einen Mann zu sehen, der von so weit weg kam. Aber was wollte er von seinem Vater. „Ich bin Alexej. Maisfield? Das sagt mir nichts.“ „Hier in der Gegend sicherlich nicht, aber im Westen sind wir sehr gut bekannt unter Jägern. Meine Familie hat Mitglieder in den USA, England und Deutschland. Uns kam zu Ohren, dass es hier ein etwas größeres Problem geben sollte und daher wollten wir unsere Hilfe anbieten.“ Alexejs Hand ballte sich zur Faust. Es war nicht Wut auf den Fremden, sondern auf die gesamte Situation. Der Amerikaner hatte recht. Vor ungefähr 2 Jahren war ein Vampir mit großem Gefolge in ihre Region gekommen. Er hatte das Schloss eines Adligen übernommen und jeden darin befindlichen getötet. Seitdem bedrohte er den Frieden in ihrem Gebiet. Schon zu viele Menschen waren dem Vampir zum Opfer gefallen und seine Gefolgschaft wuchs auch noch. Andere Vampirgruppen hatten sich ihm ergeben oder wurden gewaltsam übernommen. Der Vampir selbst soll zu den Ältesten seiner Art gehören. Also selbst wenn sie an ihn rankämen, wäre es ein harter Kampf, aber sie kamen nicht an ihn heran. Seine Tante, eine erfahrene Jägerin, war vor einem Jahr von einen der Hauptmänner des Vampirs getötet worden. Sein Onkel schwor Rache, doch bisher konnte ihm diese nicht gelingen. Andere Jäger oder Orden wurden schon um Beistand gebeten, aber nicht immer war jemand entbehrbar. Der Vampir und sein Gefolge waren wie ein Geschwür welches sich immer weiter ausbreitete und nicht wegzukriegen war. „Kai warum gehst du nicht rein und räumst schon deine Sachen weg“, stellte seine Vater seine Forderung an ihn. Er wollte mit dem Fremden alleine reden. Kai nickte, schulterte seine Armbrust und marschierte erhobenen Hauptes am Fremden vorbei. Er wolle dem Fremden zeigen, aus welchem Holz ein Hiwatari geschnitzt war. Er betrat die Scheune in welcher noch Licht brannte. Als er das Tor öffnete kam ihm sofort heiße Luft entgegen. Die Schmiede war befeuert und sein Großvater arbeitete gerade am Amboss. Er schlug auf ein Eisen ein, vom dem man schon erahnen konnte, dass es mal ein Krummschwert werden sollte. Er besah sich die Klinge von allen Seiten und warf sie dann wieder ins Feuer um sie erneuet zu erwärmen. „Wie war die Jagd? Erfolgreich?“, fragte er ohne Kai richtig anzusehen. „Ja“, sagte Kai nur kleinlaut, weil er nicht genauer auf seine Fehler eingehen wollte. Er räumte seine Armbrust in eine dafür vorgesehen Halterung und wollte auch seinen Dolch gründlich aufräumen, als ihm das Blut daran auffiel. Stimmt ja, er hatte dem Vampir ja verletzt. Erst musste der Dolch gereinigt werden, bevor er ihn aufräumen konnte. Gerade wollte er nach einen Lappen langen, welcher auf einer Anrichte lag, als ihm jemand plötzlich den Dolch aus der Hand zog. „Hei“, sagte er empört und schaute augenblicklich hoch zu seinen älteren Cousin Dorian. Dieser inspizierte den Dolch und grinste dann zu Kai hinab. Dieser schluckte schwer. „Soweit ich weiß solltest du nur aus der Ferne agieren. Wie kann dann das sein?“, fragte er feixend und hielt den Dolch aus Kais Reichweite, weil er danach langen wollte. Kai war mit seinen 10 Jahren kein Vergleich zu Dorian. Dieser war groß gebaut und ihm sonst auch körperlich weit überlegen. Er genoss es immer Kai aufzuziehen, da er der jüngste in der Familie war und bisher nicht groß durch Talent auffiel. „Haben wir etwa wieder daneben gezielt“, höhnte sein Cousin und war immer noch nicht bereit den Dolch zurückzugeben. „Mein Handwerk ist eben nicht der Kampf aus der Ferne“, gestand Kai. „Kann ja nicht jeder so ein Feigling sein wie du, der sich nicht in die Nähe von Feinden traut.“ Sein Cousin erstarrte und wollte gerade zu seiner Erwiderung ansetzen, als Kai blitzschnell aufsprang den Dolch aus Dorians Hand riss und durch die Hintertür der Scheune nach draußen rannte. Trotzdem hörte er von hinten noch das bösartige Schimpfen seines Cousins. Kai rannte ein wenig und wurde dann langsamer. Es schmerzte ihn immer, dass er einfach nicht den Erwartungen entsprach, welche man in ihn steckte, aber während andere das noch mit Geduld übersahen, zog ihn sein Cousin immer zu damit auf und auch seinen Großvater sah man die Enttäuschung über den Stammhalter an. Wenn er sich nicht bald zum großen Jäger mauserte würde er als der größte Versager der Familie in den Stammbaum eingehen. Kai wurde langsamer und trottete jetzt nur noch vor sich hin, dabei rannen Tränen seine Wangen hinab. Seine Füße führten ihn von selbst zu seinem Lieblingsort. Eine kleine Lichtung im Wäldchen zwischen dem Dorf und ihrem Hof. Dort war es ruhig und wenn die Nacht klar war, konnte er immer den Mond und die Sterne sehen wie sie still am Himmel ihre Lichter spendeten. Er trat auf die Lichtung und hielt erschrocken an. Auf einem Baumstamm in der Mitte saß sein Junge, ungefähr in seinem Alter, mit orangenen Haar und grünen Augen. Er sah zum Himmel und beobachtete die Wolken wie sie über das Firmament zogen. Der Junge schien auf ihn aufmerksam geworden zu sein und drehte sich nun ganz zu ihm um. In seinen Augen stand nur eine milde Überraschung. „Warum weinst du?“, fragte der Junge mit schwachen Akzent und ruhigen Worten. Kai wurde sich der Tränen auf seiner Wange bewahr und wischte sie augenblicklich weg. „Nur der kalte Wind“, antwortete er. „Du solltest lieber nicht hier draußen sein. Es kann gefährlich werden.“ „Ich kann schon auf mich aufpassen“, antwortete der Junge und schaute wieder zum Himmel hoch. „Du ja anscheinend auch“, sagte er weiter und schielte auf den Dolch in Kais Hand. „Ähm, das ist nur… ähm…“ „Deine Mutter meinte, du und dein Vater seien auf Vampirjagd. Ich wollte nicht nur rumstehen und bin daher ein wenig herumgelaufen. Schöner Ort hier.“ Kai verstand erst gar nichts, doch dann fiel es ihm wieder ein. „Gehörst du zu dem Amerikaner? Maisfield war sein Name?“ Der Junge nickte nur. „Ich bin Brooklyn. Mein Vater ist hier um deiner Familie Hilfe anzubieten.“ „Nicht das wir sie wirklich gebrauchen könnten.“ Kai verschränkte die Arme vor der Brust und sah trotzig zu Brooklyn, welcher sich nun wieder zu ihm hindrehte. „Wir sind ungefähr im selben Alter, oder?“, fragte Brooklyn und musterte Kai genauer. „Also ich bin 10“, sagte Kai etwas verwundert. Der Junge hatte eine etwas unheimliche Art. So ruhig und apathisch. „Ich auch. Wie wär’s wenn wir Freunde werden.“ „Das klappt doch nicht einfach so“, sagte Kai und musterte ihn immer verwunderter. „Wieso nicht? Ich bin auch 10, ebenfalls ein Jäger und ich hatte noch nie einen Freund. Andere Kinder haben immer Angst vor mir, weil sie meine Familie unheimlich finden.“ Auf einmal verstand Kai. Dieser Junge war genau wie er. Sie waren beide Sprosse einer Familie von Jägern, und ihnen beiden war schon von Geburt an ein bestimmtes Schicksal auferlegt worden. „Ja, warum nicht“, antwortete Kai. „Lass uns Freunde sein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)