Schrödingers Katze von Storyteller_Inc ================================================================================ Kapitel 1: ----------- An manchen Tagen wusste sie nie, ob sie die Gute oder die Böse war. Es war immerhin egal, wer sie war. Die Blicke ruhten auf ihr. Sie spielte dann ihre Rolle, die ihr die Agentur zugewiesen hatte. Sie spielte die Rolle mit Bravour. Momentan, dass wusste sie, war sie die Gute. Die Medien liebten sie, niemand stellte unangenehme Fragen, sie war einfach, ein Engel. Deswegen waren sie auch alle gekommen, zu ihrer Show. Kirsten lächelte in die Menge. Sie war der Star heute, jemand den alle liebten. Sie hatte immerhin zuletzt ein Kätzchen adoptiert. Etwas, dass die Medien feierten. Ein Kätzchen, es war doch nur ein Kätzchen, dass in einer Box gehaust hatte. Einer unscheinbaren Box. Es war Zufall gewesen, dass Kirsten in diese gesehen hatte. Großer Zufall. Das Kätzchen war so erschöpft gewesen. So schwach. Hätte sie nicht in die Box gesehen, niemand hätte gewusst, ob das Kätzchen noch lebte oder tot war. Aber Kirsten hatte nachgesehen. Sie hatte das leise Klagen gehört. Ein stummes Klagen. Ihre Managerin wäre an der Box vorbei gelaufen. Aber nicht Kirsten. Auch sie lebte in so einer Box. Nur das es bei ihr nicht um Leben oder Tod ging, was ungewiss war. Bei ihr war ungewiss, ob sie gesehen wurde, oder ob sie die Gute oder die Böse war. Im Fernsehen hatte das alles so einfach ausgesehen. Damals als sie alleine Zuhause war. Als ihre vier Wände ebenfalls eine Box gewesen waren. Damals als sie vor der Haustür gestanden und immer überlegt hatte, ob ihre Eltern daheim waren. Oder ob man sie begrüßen würde, wenn sie durch die Tür trat. Damals... waren Idole alles gewesen. Sie hatte geglaubt, so wie jene sein zu müssen. Der Vorhang ging auf. Kirsten trat auf die Bühne. Lächelnd wie eine gruselige Marionette. Ihr Lächeln war aber nicht gruselig, es war bezaubernd. Würde man wohl sagen, wenn man sie ansah. Vielleicht aber auch nicht. Das war das dumme, wenn man in einer Box lebte. Man musste hineinsehen. Hinsehen. Aber ihr Wunsch gewährleistete ja, dass man sie ansah. Kyubey hatte ihr soviel damit gegeben. Alle Augen lagen auf sie gerichtet. Sie lächelte, tanzte, stolperte, tanzte, sang, verstummte, tanzte... lächelte... Und alle beobachteten sie. Ihre Freunde, ihre Feinde, fremde Menschen... Nur zwei Plätze waren wie gewohnt leer. Die Sitze, die sie ihren Eltern reserviert hatte. Vielleicht beobachteten diese sie von Zuhause. Oder sahen sich später eine Aufnahme an. Dazu müsste sie nur nach Hause kommen. In ihre alte Box. Leider würde das dauern, sie hatte noch ein Interview, welches es zu führen galt. Aber solange tanzte sie und tanzte und sang und lächelte und tanzte... Ob ihre Eltern ihre Fehler sahen?`Sicherlich, ihr Wunsch hatte ihr doch Hoffnung gegeben. Ja, Kyubey hatte ihr Hoffnung gegeben. Sie war ein Idol, alle bewunderten Idole. Alle sahen sie an, sahen ihr Leben in der Box. Sahen wenn sie verzweifelten oder... Nein. Nein nein nein. Ein Idol verzweifelte nicht. Ein Idol lächelte immer. Idole lebten in keiner Box. Kirsten hörte es knacksen, als sie erneut fiel. Sie sah Tränen auf den Holzboden der Bühne tropfen. Sie lächelte. Das waren Freudentränen. Sie war die Gute in dieser Geschichte. Deswegen weinte sie vor Freude, denn sie hatte diese Rolle verdient, damit ihre Eltern sie sahen. Ihre Eltern sahen sie sicher. Sicher sahen sie ihre Eltern. Es knackste weiter. Kirsten lächelte. Sie stand auf und sang wieder, lächelnd. Doch sie stoppte. Plötzlich. Aber sie lächelte. Schweigen. Ihr Blick glitt zum Publikum. Alle sahen sie so erwartungsvoll an. Alle, außer ihre Eltern. Die sahen sie sicher von ihrer Box erwartungsvoll an. Also lächelte sie weiter. Etwas splitterte. Kirsten lächelte, ihre Box zerbrach. Alle lächelten mit ihr. Sie war die Gute, niemand würde glauben, wie verzweifelt sie war. Kyubeys Schwanz peitschte hin und her, als er sah, wie Kirsten sich in eine Hexe verwandelte. Er war fasziniert davon, dass sie bis zum Ende in tiefster Verzweiflung gewesen war und keiner es bemerkt hatte. Vielleicht, so glaubte er, hatte es an ihrem Lächeln gelegen. Idole waren schon interessant. Sie lächelten immer. Alle Welt schien zu glauben, dass sie so voller Hoffnung und Vertrauen waren. Hoffnung ist Vertrauen, welches im Dunkeln die Hand reckt. Kyubey schien zufrieden mit dieser Feststellung zu sein. Kirsten war wahrlich ein besonderes Exemplar gewesen. Ein Magical Girl, von dem selbst er nicht gewusst hatte, ob sie verzweifelt war, oder hoffend. Ihr Soul Gem hätte genauso gut auch ohne Energie sein können. Ihr Körper war eine wirklich undurchsichtige Box gewesen. Vielleicht ruhte da irgendwo, in dieser Hexe, die sie Elly nannten, noch Hoffnung. Vielleicht. Niemand würde diese Box öffnen und daher würde es niemand erfahren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)