The Jewel Within My Heart von Rolly (Kaito/Akako (mit viel Aoko+Akako Freundschaft)) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Die Sonne schien fröhlich auf Akako hinab und brutzelte ihre Haut, während sie auf die Karte vor sich starrte und versuchte, ein Eis auszuwählen. Aoko musste sie ja in diese italienische Eisdiele schleppen. Wegen Kaitos erneuter Absage. Und ganz die gute Freundin hielt sie ihr Versprechen und kümmerte sich um Aoko und ihre seltsamen Launen. Schon wieder. Ihr Po und ihre Beine klebten an dem gepolsterten Stuhl und sie wünschte sich jetzt, in ihrem kühlen Keller zu sitzen und ihren Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen - Satan anzubeten und dunkle Rituale durchzuführen. Das wäre jedenfalls spaßiger als Aoko in ihrer aktuellen Stimmung gegenüber zu sitzen. "Akako-chan, lass uns einen Becher für zwei bestellen! Wenn Kaito nicht kommen will, tun WIR das eben!" Akako hob eine Augenbraue, kommentierte das jedoch nicht. Wer weiß, wie Aoko reagieren würde, wenn Akako etwas sagte. ALLES konnte sie triggern. Und das wollte Akako nicht riskieren. Vielleicht würde sie ja durchkommen, wenn sie nichts sagte. "Wie wärs mit diesem hier? Der Tropenbecher für zwei?" Aoko sah die Eiskarte an, als könnte sie durch bloße Willenskraft das Eis herbeizaubern. Ihr Blick war hart an der Grenze zum Wahnsinn. So sah es für Akako zumindest aus und sie wollte es nicht zugeben, aber sie hatte tatsächlich ein klein wenig Angst vor Aoko. Also brummte sie bloß ihre Zustimmung, in der Hoffnung, Aokos Stimmung würde nicht noch verrückter werden. Aoko fing einen Kellner mit ihrem Blick ein, der anscheinend noch viel mehr Angst hatte als Akako, denn er war schneller an ihrem Tisch als sie blinzeln konnte. "Was darf es sein?", fragte er ohne Umschweife, wohl um Aoko zu beschwichtigen und so schnell wie möglich ihrem Wunsch nachzukommen, damit sie kein Hackfleisch aus ihm machte. Würde Akako ihr im Moment durchaus zutrauen. "Der Tropenbecher für zwei", sagte Aoko in einem Tonfall, der keine Widerrede duldete, und der Kellner flitzte wie von der Tarantel gestochen davon. Vielleicht wollte er ja persönlich sicher gehen, dass alles perfekt war. Wäre besser für ihn. Akako seufzte. So konnte es einfach nicht weiter gehen. Sie musterte Aoko aufmerksam. Ihre quirlige Freundin hatte Make-up in ihrem Gesicht, doch selbst das beste Make-up konnte nur so viel tun, um dunkle Augenringe zu verdecken, und Akako erkannte welche, wenn sie die sah. Die kleinen, roten Blutäderchen an den Rändern von Aokos Augen taten ihr Übriges. Akakos quirlige Freundin hatte anscheinend die Nacht nicht damit verbracht, zu schlafen, sondern wahrscheinlich damit, wach im Bett rumzuwälzen und sich zu fragen, warum Kaito ihr schon wieder abgesagt hatte. "Nakamori-san", sprach Akako sie schließlich an, auch auf die Gefahr hin, dass Aoko sie mit einem Laserblick röstete. Angesprochene spannte sich an, sah Akako jedoch nicht an. "Nakamori-san... Aoko-chan." Beim Klang ihres Vornamens wandte Aoko sich endlich Akako zu, mit einem überraschten Ausdruck in ihrem Gesicht. Tja, Akako konnte immer noch überraschen. Gut zu wissen. "Was ist los? Du siehst nicht so gut aus." Einige qualvolle Sekunden lang dachte Akako tatsächlich, dass Aoko ausflippen würde, doch dann sammelten sich Tränen in ihren Augen und ihr Mund bebte leicht. Und Akako wusste nicht, was sie schlimmer finden sollte - wenn Aoko vor Wut ausrasten oder vor Trauer und Frustration anfangen würde zu heulen. "Es... ist überhaupt nichts!" Akako sah sie mit erhobenen Brauen an. Als würde sie ihr das abkaufen. Aoko sollte es besser wissen. Sie seufzte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. "Was soll es schon sein? Kaito natürlich..." Akako überlegte kurz, bevor sie den Stuhl zurück schob, sich von diesem schälte (es verfluchte, dass sie bei heißem Wetter jedes Mal wieder an diesen verdammten Stühlen festklebte und sich ihr Hintern danach immer so nass anfühlte) und neben Aoko wieder Platz nahm, um dieser eine Hand auf die Schulter zu legen und sanft zuzudrücken. "Hey, was ist los?" Aoko lehnte sich in Akako hinein und verharrte für einige Momente, bevor sie antwortete. "Ich habe das Gefühl, als verheimliche Kaito etwas..." Natürlich tat er das. Und Akako wusste davon, doch sie hatte beschlossen, Aoko davon nichts zu erzählen. Wie sollte sie auch? Es war an Kaito, das zu tun. Irgendwann. "Lass ihm etwas Zeit", erwiderte sie deshalb und drückte Aoko kurz an sich, "Ich bin sicher, dass er sich dir irgendwann selbst öffnen wird." Aoko lachte kurz ironisch auf. "Glaubst du das wirklich?" Sie blickte Akako nicht an, doch an ihrem traurigen Lächeln erkannte Akako, dass es für Aoko viel ernster war, als Akako vorher angenommen hatte. Ihr eigenes Herz wollte Akako jetzt mehr ignorieren als zu jedem anderen Zeitpunkt, denn plötzlich kam in ihr etwas auf, das sie nur als Hoffnung bezeichnen konnte. Hoffnung darauf, dass sie vielleicht doch eine Chance bei Kaito hatte. Doch genau das verursachte ihr auch ein schlechtes Gewissen. Wie konnte sie nur so denken, wenn es ihrer Freundin das Herz brach? Es war einfach zum Heulen. "Ich bin mir nicht sicher, Akako-chan..." Aoko sah sie traurig an. "Es kann doch keine gesunde Beziehung sein, wenn man sich ständig entschuldigen muss, oder?" Doch darauf wusste Akako keine Antwort und der Kellner ersparte ihr diese, indem er das gigantische Eis mit Tropenfrüchten auf ihren Tisch stellte und ihnen einen guten Appetit wünschte.   ***   Akako ließ sich erschöpft auf einen der Küchenstühle plumpsen (obwohl sie anderen gegenüber niemals zugeben würde, jemals irgendwohin zu plumpsen) und dankte Satan lautlos, endlich wieder zu Hause zu sein. Glücklicherweise war ihr kleiner hakennasiger Diener mal doch zu etwas nützlich, denn er hatte ihr einen Kräutertee zusammengebraut, dessen Duft allein schon eine entspannende Wirkung entfaltete. Sie roch daran und schloss ihre Augen, versuchte, ihre Muskeln zu lockern und sich tatsächlich mal zu entspannen. Das hatte sie, wie sie fand, redlich verdient, nach all den Strapazen und guten Taten, die sie geleistet hatte. Sie hob die Tasse und wollte sie gerade zu ihren Lippen führen, als sie plötzlich eine Präsenz spürte, obwohl sie vor einer Sekunde noch ganz allein im Raum war. "Hi, Akako." Fast hätte Akako ihren Tee vor Schreck verschüttet und sich garantiert damit eingesaut und verbrannt, hätte sie die Tasse nicht aus reinem Selbsterhaltungstrieb so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Als sie den Tee wieder abgestellt hatte und sich umdrehte, war die langsam einkehrende Entspannung verschwunden, als wäre sie nie dagewesen. "Kaito", begrüßte sie den Eindringling, der grinsend hinter ihr stand. Und der erstaunlicherweise in Zivil da war. "Was machst du hier?" Und das wollte sie wirklich wissen. Kaito war noch nie bei Akako zu Hause aufgetaucht. Und nicht so. Das konnte nichts Gutes heißen, oder? "Ich wollte mit dir reden", sagte er und nahm sich heraus, sich auf den Stuhl Akako gegenüber zu setzen, ohne eingeladen worden zu sein. Typisch. Kaito nahm sich auch immer, was er wollte, wann er wollte. Und war das nicht eine der Eigenschaften gewesen, die Akako so anziehend fand? Leider hatte Akako da so eine Ahnung, worüber Kaito reden wollte. "Nein", sagte sie, fest und bestimmt. Gerade jetzt hatte sie absolut keine Kraft mehr, um sich auch noch mit Kaitos Wehwehchen herumzuplagen. Sie hatte genug von diesem Tag. Sie hatte genug von den ganzen Wochen, die sie schon so verbracht hatte. Voller Anspannung. Sie brauchte wenigstens einen Tag Pause. Von allem. Auch von Kaito. Ihre Antwort brachte Kaito wohl aus dem Konzept, denn er blinzelte sie bedröppelt an, fast wie ein Fisch, würden seine Augen auch noch herausquellen, was sie nicht taten. Es brachte Akako zum Schmunzeln, dass sie es immer noch drauf hatte, Menschen wenigstens etwas aus der Bahn zu werfen. "Aber Akako...", setzte Kaito an, doch Akako hob ihre Hand und bedeutete Kaito damit, zu verstummen, was er untypischerweise auch tat. Vielleicht hatte Akako endlich mal SEINE Aufmerksamkeit gewonnen. Wäre zumindest ein Anfang. "Nein. Ich möchte jetzt nicht über Aoko sprechen. Ich hatte sie heute drei geschlagene Stunden an der Backe, und das hat mir gereicht. Ich brauche jetzt meine Ruhe." Kaito blickte sie einige Momente lang stumm an, fast forschend. Er schien nach irgendetwas zu suchen. Vielleicht nach einem Grund für das, was sie gerade gesagt hatte. Vielleicht auch danach, wie er sie doch noch dazu bringen konnte, mit ihm zu reden. Egal, was es war, Akako wollte es nicht hören. "Akako", fing Kaito wieder an und Akako setzte eine stählerne Miene auf, die ihm deutlich zu verstehen geben sollte, dass sie diese Unterhaltung wirklich und ehrlich unter keinen Umständen jetzt führen wollte. Vorzugsweise weder jetzt, noch in der Zukunft. Sie war doch kein Liebesorakel und auch keine Paartherapeutin. Und sie wusste, dass Kaito es wissen musste, dass sie in ihn verliebt war. Warum tat er ihr das dann an? Ein wenig Mitgefühl sollte er doch haben, oder? "Es tut mir Leid", sagte er mit einem müden Lächeln, "Ich habe dich die ganze Zeit im Grunde ausgenutzt, ohne darüber nachzudenken, dass es dich erschöpfen könnte. Tut mir leid." Seine Entschuldigung wirkte ehrlich und diese kleine Tatsache - dass er tatsächlich erkannt hatte, was Sache war und sich doch irgendwie um Akako sorgte - ließ Akako sogar ein wenig Lächeln. "Gut, dass du das einsiehst", erwiderte Akako sofort. Es klang weniger patzig, als sie geplant hatte. Sie musste wirklich erschöpft sein. "Akako", sprach Kaito sie wieder an. Das war das erste Mal, dass Akako bemerkte, wie oft Kaito ihren Namen in der kurzen Zeit, in der er hier war, schon genannt hatte. "Willst du darüber sprechen?" Dieses Mal erstaunte Kaito SIE. Er bot ihr nicht tatsächlich an, ihm ihr Herz auszuschütten? Nicht ernsthaft? Und wie stellte er sich das überhaupt vor? Akako hatte das noch nie getan. Wie auch, wenn sie niemanden hatte, dem sie sich überhaupt anvertrauen konnte. Als sie klein war, hatte sie ihrem kleinen Diener von ihren Alpträumen und Ängsten erzählt, von Dämonen und Monstern, die ihre Seele wollten dafür, dass sie einen Handel mit ihnen eingegangen war. Aber aus dem Alter war sie rausgewachsen und ganz ehrlich gestanden, sie glaubte nicht, dass diese Art von Ängsten bei normalen Menschen üblich war. Immerhin kannten sie sich nicht so mit Magie - vor allem dunkler Magie - aus wie Akako. Aber seit Akako zehn war, hatte sie niemandem jemals erzählt, was in ihr vorging. Sie hatte sich nie wieder jemandem anvertraut. Und ehrlich gesagt... hatte sie das auch nicht vor. Nicht jetzt, nicht in der Zukunft. Sie brauchte das nicht. "Nein", sagte sie wieder, dieses Mal jedoch begleitet mit einem Lächeln, "Ich komme klar." Wieder musterte Kaito sie eingehend, doch es fühlte sich nicht unangenehm an. Eine Weile sagte keiner von ihnen etwas, bis Kaito sich schließlich räusperte. "Das stimmt nicht. Du kommst nicht klar. Du hast dich schon seit Wochen seltsam aufgeführt... und noch seltsamer, seit Aoko und ich zusammen sind..." Mit einem Mal fühlte Akako sich, als hätte sie den Boden unter ihren Füßen verloren. Sie hatte es sich selbst nicht eingestehen wollen. Dass es sie langsam in den Wahnsinn trieb, dieses Spielchen zu spielen. Und jetzt, da Kaito so damit herausplatzte, konnte sie sich nichts mehr vormachen. Es war auf dem Tisch und Akako fühlte sich nicht imstande, etwas zu erwidern oder auch nur einen kleinen Muskel zu bewegen. "Du brauchst es nicht vor mir zu verstecken... ich weiß, dass du etwas für mich übrig hast. Und das tut weh, oder?" Akako schwieg und wandte den Blick ab. Was sollte sie dazu auch noch sagen? Es stimmte. Alles. Sie starrte in die grünlich-braune Brühe ihres Tees und versuchte, Kraft ihres Willens die beruhigende Energie des Tees in sich aufzunehmen. Es war wohl unnötig zu sagen, dass es nicht funktionierte. Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre Schulter und als sie hochsah, stand Kaito neben ihr und sah mitfühlend auf sie herab. "Was willst du von mir?", flüsterte Akako fast. Sie konnte nicht genug Kraft aufbringen, um lauter zu sprechen. Kaitos Hand drückte sanft zu, so als ob er ihr physisch sagen wollte, dass er für sie da war. "Ich? Nicht viel... ich wollte eigentlich nur mit dir darüber reden, dass ich darüber nachdenke..." Er unterbrach sich und seufzte, bevor er weiter redete, "... mit Aoko Schluss zu machen." Von der Tür zur Küche ertönte das Geräusch von zersplitterndem Glas, und als Akako und Kaito beide aufsahen, sank Akakos Herz ihr in die Hose. Sie spürte, wie fast in Zeitlupe ihre Augen sich weiteten, bis es wehtat, und ihre Hände verkrampften sich. "Aoko..." Besagte stand neben Akakos Diener im Türrahmen. Sie sah mit ihren wirren Haaren und den dunklen Augenringen völlig durch den Wind aus und ihr fassungsloser Gesichtsausdruck war für Akako wie ein Bolzen, der ihr durchs Herz gejagt wurde. "Du...", sagte Aoko mit zittriger Stimme, bevor sich ihre Augen mit Tränen füllten und sich ihre Augenbrauen zusammenzogen in einer Mischung aus Wut und Frustration. "Du Schwein!", schrie sie schließlich und wandte sich dann abrupt Akako zu, die sichtbar zusammenzuckte. "Und du! Wie konntest du mir das antun? Ich dachte, wir wären Freundinnen!" Und damit machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte davon.   ***   Akakos schritt über die Marmorfliesen in der Küche. Jeder hektische Schritt in ihren Hausschuhen schien in ihren Ohren so laut widerzuhallen als hätte sie High Heels mit Pfennigabsatz an. Ihr pochender Herzschlag übertönte jedoch alles. Ihr Herz pumpte so laut und hämmerte so hart gegen ihre Brust, dass sie glaubte, es könnte diese zerschmettern. Und sie wusste nicht so recht, wohin mit ihren Händen. Weshalb sie diese abwechselnd wrang, ihre Arme verschränkte, und versuchte, imaginäre Fusseln aus ihrem Haar zu entfernen. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass Kaito bereits seit über einer Stunde gegangen war. "Du musst ihr hinterher!", hatte Akako gedrängt, doch Kaito sah sie bloß mit gerunzelter Stirn an. "Los! Du musst es ihr erklären!" "Sie ist jetzt zu aufgebracht", hatte er geantwortet, doch Akako hatte davon nichts hören wollen. "Geh endlich! Sie wird vollkommen fertig sein! Du MUSST zu ihr!" Und Kaito war aufgesprungen und zur Tür gehastet, wo er sich jedoch nochmal umgedreht hatte. "Ich komme danach wieder." Doch die blöde Uhr tickte weiter und es gab immer noch keine Spur von Kaito. Akako biss sich auf die Unterlippe, während sie weiter durch die Küche auf- und abging. Es war, als hätte irgendetwas sie besessen. Die Nervosität trat aus all ihren Poren und zwang sie, sich zu bewegen. Je schneller, desto besser. Und dennoch linderte das nichts an ihrer Unruhe. Sie könnte schwören, wenn sie stehen blieb, würde sie zittern. Ihren Diener hatte sie unwirsch angefahren, wonach er sich irgendwo verkrochen hatte und nicht mehr herauskam. Sie befand sich also ganz allein in der Küche, mit ihren Gedanken, die ständig kreisten, und ihrer inneren Unruhe, die sie wie ihren Schatten einfach nicht los wurde. Ihre Hände fingen an zu kribbeln und sie schmeckte auf einmal Eisen in ihrem Mund. Hatte sie sich etwa ihre Wange von innen blutig gebissen? Ein erneuter Blick auf die Uhr brachte Kaito leider auch nicht schneller wieder her. Es war nur leider so, dass sie sich selbst die Schuld gab an der gegenwärtigen Situation. Obwohl sie genau wusste, dass es nicht so war. In ihrem Kopf wusste sie es. Es war nicht ihr Verstand, der ihr einen Streich spielte. Es waren ihre verdammten Gefühle. Allen voran das Gefühl, Aoko in irgendeiner Weise verraten zu haben. Weil sie auch in Kaito verliebt war. Und weil sie unterbewusst verstanden hatte, worauf das alles hier hinauslaufen würde, doch bewusst konnte sie diese Information nicht abrufen. Vielleicht wollte sie auch nicht. Fakt war, sie fühlte sich mies. Hatte das Gefühl, eine schlechte Freundin gewesen zu sein, was sich in ihrer Nervosität widerspiegelte. Und wie lange sollte sie verdammt nochmal noch auf Kaito warten? "Hey", sagte plötzlich Kaito vom Türrahmen aus. Akako warf ihren Kopf herum, so schnell, dass ein schneidender Schmerz sie durchfuhr. Doch sie zuckte nicht einmal zusammen. Kaito sah gehetzt aus, sein Atem ging schwer und seine Hände zitterten ganz leicht, fast unbemerkt. Aber Akako bemerkte es. Doch was allem voran ins Auge fiel war der gerötete Handabdruck auf seiner linken Wange. Akako starrte ihn an, als hätte sie ihn im Leben noch nie gesehen. Kaito starrte zurück. Sie standen sich einige spannungsgeladene Augenblicke lang einfach nur gegenüber. Während die Uhr unbarmherzig weiter tickte. "Was ist passiert?", brach Akako als erste das Schweigen. Sie beobachtete, wie Kaito sich an der rechten Wange kratzte und den Blick halb gen Boden sinken ließ, bevor seine Augen wieder ihre fanden und den Blick hielten. Es spiegelte sich alles in ihnen wider, was Akako wissen musste. Verdammte Scheiße. "Aoko wollte nicht hören... ich habe versucht, an sie ranzukommen, aber sie hatte sich in ihrem Zimmer eingesperrt und das Fenster fest verschlossen. Ich konnte nur versuchen, sie umzustimmen... vom Fenster aus... aber sie... hat nicht geöffnet." "Oh", machte Akako, was wohl nicht nur in ihren eigenen Ohren blöd klang. Sie starrte in die Luft, mitten durch Kaito hindurch. Und sie wollte nicht nachdenken. Darüber, was das bedeutete. Darüber, was nun sein würde. Mit Aoko. Und Kaito. Und ihr. "Ich habe dir gesagt, dass sie zu aufgebracht ist, im Moment." Ja, das hatte Kaito. Akako schlurfte zurück zum Küchenstuhl, auf dem sie vor gut anderthalb Stunden gesessen hatte und ließ sich hineinfallen. Sie starrte immer noch in die Luft. Als könne sie etwas dort sehen, was ihr helfen würde, zu verstehen. Natürlich war da nichts. Und von nichts konnte nichts kommen. "Hey...", setzte Kaito an und bewegte sich auf Akako zu, die seine katzenhaft leisen Schritte auf den Fliesen einfach zu ignorieren schien. In Wahrheit hörte sie jeden davon als würde sie sie selbst machen. Bis Kaito neben ihr stand und wieder eine Hand auf ihre Schulter legte. Für einen kurzen Augenblick durchzuckte es sie wie ein Blitz. Doch es war vorbei, bevor sie reagieren konnte, und die Hand fing an, sanft ihre Schulter zu massieren. "Dir liegt wirklich etwas an ihr, oder?", fragte Kaito schließlich. So leise, dass sie ihn fast nicht verstand. Seine sanfte Stimme legte sich um sie wie ein Mantel. Hüllte sie ein und beschützte sie vor den bösen Gedanken, die immer stärker an ihrem Bewusstsein kratzten. Sie würde die Gedanken bald nicht mehr ignorieren können. "Ja", krächzte Akako und war überrascht, wie wenig sie ihre Stimme unter Kontrolle hatte. Das war ihr bisher noch nie passiert. "Es wird schon wieder", sagte Kaito dann und wollte einen Stuhl heran schieben, um sich neben sie zu setzen. Doch Akako riss ihren Kopf herum, um Kaito direkt in die Augen zu funkeln. Wütend. Verletzt. Frustriert. "Aoko HASST uns. Sie wird nicht mit uns reden wollen, sie wird..." ... nicht mehr unsere Freundin sein wollen. Doch das konnte sie nicht aussprechen. Denn dann würde es wahr werden. Und Akako hätte dann wirklich ihre erste richtige Freundin verloren. Einfach so. Weil sie in den falschen verliebt war. Weil die Liebe sie ausgetrickst hatte. Genau davor hatte ihre Mutter sie immer gewarnt. Die Liebe verbrennt dich von innen, Liebes. Sei vorsichtig, denn aus einem kleinen Funken kann ein Fegefeuer werden. Und das war es geworden. Ihr persönliches Fegefeuer. Kaito seufzte, bevor er ihre Schulter losließ und sich ihr schräg gegenüber setzte. "Akako, hör mir zu: Aoko ist jetzt im Moment sehr verletzt und hat sich verschlossen. Das ist verständlich, oder? Ihre Gefühle bestimmen sie gerade. Das müssen wir erst einmal abkühlen lassen. Dann können wir mit ihr reden und ihr alles erklären. Naja... fast alles." Und in dem Moment verstand Akako endlich. Was Sache war. Was sie von Anfang an gedacht hatte, aber nie gewagt hatte, wirklich zu hoffen. Und sie fällte eine Entscheidung. Kaito näherte sich ihr an, bis sein Stuhl doch neben ihrem landete. Seine Hand landete wieder auf ihrer Schulter und drückte sie sanft. "Hey..." Er beugte sich vor zu Akako, und er bräuchte nur noch Millimeter vorzurücken, dann würden seine Lippen Akakos treffen. Einfach so. Doch Akako wandte sich im letzten Augenblick von ihm ab, sodass seine Lippen sie verfehlten und ihre Wange trafen. Er richtete sich wieder auf und starrte Akako verwundert an. Er verstand nicht, was los war. Endlich mal noch jemand, dem es so ging wie Akako. "Nein", sagte sie, ihre Stimme erstaunlich fest. Resolut. "Ich will das mit Aoko erst klären", sagte sie, bevor sie Kaito wieder in seine Augen sah. Blau wie der Ozean. Sie könnte in ihnen ertrinken und würde es nicht einmal bereuen. Doch nicht heute. Nicht jetzt. Nicht, bis sie sich mit Aoko versöhnt hatte. Kaito sah aus, als hätte sie ihm eins mit der Bratpfanne übergezogen. "Was?" "Aoko verdient eine Erklärung, bevor du einfach mit wem anders gehst!" Das brachte Kaito zum Stocken. Er wusste, dass Akako Recht hatte. Er wusste es und es gefiel ihm ganz und gar nicht. "Du hast Recht", sagte er schließlich. "Das heißt dann..." "Dass du warten musst, bis Aoko sich beruhig hat und wir mit ihr reden können." "Mist." Akako wandte sich wieder ab. Ihr Herz beruhigte sich langsam wieder. Verlangsamte sich nach und nach. Auch die innere Unruhe wich ihrer Entschlossenheit, diese Entscheidung durchzuziehen. Und der Zwang, sich zu bewegen - irgendetwas zu tun, nur um beschäftigt zu sein - war abgefallen. Denn es gab nur noch eins, was sie beide tun konnten. Warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)