Memento von commander-grumpy-gay (Life is Strange) ================================================================================ Kapitel 1: Reminiscence ----------------------- “Myth makes Echo the subject of longing and desire. Physics makes Echo the subject of distance and design. Where emotion and reason are concerned both claims are accurate. And where there is no Echo there is no description of space or love. There is only silence.” —  Mark Z. Danielewski, House of Leaves     Du kannst immer noch den Dreck unter Chloes Fingernägeln sehen. Ihre Knöchel sind rot, eine Schwellung bahnt sich langsam ihren Weg nach draußen – an ihren Zimmerwänden hat sie ihre Trauer und Wut ausgelassen. In dem Prozess hat sie Poster herunter gerissen, Bilderrahmen sind gefallen und beim Kontakt mit dem Boden ist der gläserne Schutz der Fotos in tausend Scherben zersprungen. Du hast sie nicht aufgehalten. Du hast im Türrahmen gestanden, den Geruch von Rachels verwesenden Körper noch immer in deiner Nase.   Ihr sitzt in einer erdrückender Stille auf Chloes Bett. Du kannst schlecht einschätzen ob Minuten oder gar Stunden verstrichen sind. Zeit hat keinerlei Bedeutung mehr für dich. Hier und da bahnen sich Wörter einen Weg zu deinen Lippen – Entschuldigungen, halbherzige Worte des Beileids; als würden sie einen Unterschied machen; verzweifelte Bitten, um Chloe wieder zurückzuholen. Jedes Mal schluckst du sie wieder herunter. Die Stille breitet sich wie eine Flamme aus, die du ersticken möchtest, aber deine Hand wieder und wieder verbrennst, wenn du sie nach Chloe ausstreckst.   Ihr braucht einen Plan. Die Vortex Club Party beginnt in ein paar Stunden und die Art und Weise wie Chloe ihre Waffe umklammert macht dich unwohl; du kannst dich nicht entscheiden, ob sie die Waffe im Moment eher für Nathan oder sich selbst nutzen möchte. Nathan eine Kugel durch den Kopf zu jagen, während einer Party, ist nicht die beste Idee, aber nachdem du gesehen hast wie Chloe auf dem Schrottplatz zerbrochen ist, kannst du es nicht über dich bringen, sie aufzuhalten.   „Ich hab' immer noch 'n paar Klamotten von Rachel in meinem Kleiderschrank … mal abgesehen von dem, was du getragen hast. Sie riechen auch noch nach ihrem Parfüm, wenn man sich konzentriert. Ich hab ihr gesagt, dass sie bloß aufhören soll, den Scheiß aufzutragen, aber... .“   Ihre Stimme bricht. Der Satz bleibt in der Luft hängen.   „Kannst du... kannst du die vielleicht anziehen? Bitte?“   Du wirst aus deiner Trance gerissen, stehst schlagartig vom Bett auf. Chloes Augen sind leer, unbeeindruckt von deiner Reaktion.   „Die blau-karierte Bluse.“   Du fühlst dich nicht in der Lage, dich zu bewegen.   „Sie, äh... rutscht langsam vom Bügel, glaube ich. Kann sein, dass sie schon auf dem Boden liegt.“   Du findest die Bluse letztlich zerknittert neben Chloes Berg von Wäsche. Deine Hände zittern als du sie aufhebst. Es scheint als wäre dein Körper in einen defekten Autopilot-Modus umgeschaltet; eine Verbindungen zwischen deinem Gehirn und deinem Körper ist getrennt. Du kannst immer noch zu deinen Chlor getränkten T-Shirt und langweiligen Jeans zurückspulen. Du ziehst das T-Shirt aus, faltest es und legst es auf den Schreibtischstuhl. Du bist scheiße. Ich mag meine T-Shirts und Jeans. Aber es wäre cool Rachels Kleidung anzuziehen. Nur um zu sehen, ob sie passen. Chloe liegt nicht ganz richtig; ihr habt nicht die exakt gleiche Größe. Selbst wenn, siehst du dich nicht richtig in ihrer Kleidung – sie sitzt zu locker im Brustbereich und zu eng an deinen Hüften. Du bist schlank, aber Rachel hat die Figur eines Models. Nichts passt.   Komm' küss' mich. Tu es. Küss' mich jetzt.   In deiner Brust zieht sich alles zusammen.   Chloe steht auf und dreht sich in deine Richtung, ihre Augen wandern. Ihr Blick geht durch dich hindurch. In diesem Augenblick hättest du dich weniger verletzlich gefühlt, wenn du nichts getragen hättest, anstatt Rachels Kleidung. Deine Beine zittern als du wortlos auf Chloe zu gehst. Dir fällt auf, dass deine Lippen trocken und sogar leicht gerissen sind; etwas, dass dir bewusster ist als je zu vor. Der Gedanke schwindet als Chloe deine Hand nimmt, dich heran zieht und dich küsst.   Eure Lippen finden keinen Rhythmus und du bist dir sicher, dass es an dir und nicht an Chloe liegt. Du siehst Rachel vor deinem geistigen Auge, wie sie vor wenigen Monaten in derselben Situation gewesen ist, selbstbewusst und erfahren; das Gegenteil von dir. Die Erinnerungen an euren ersten Kuss – falls man es so nennen mag – blitzt auf.   Kaum 24 Stunden später wirst halbnackt von jener Person auf das Bett gedrückt. Chloe Lippen verlassen deine und bewegen sich von deinem Hals auf dein Schlüsselbein zu; baden sie in Liebkosungen. Du seufzt und beißt dir sofort auf die Lippen, als dir das auffällt. Du möchtest das nicht mögen; zumindest nicht unter diesen Umständen.   Chloe greift nach deinen Händen, zieht sie mit nach oben an das Kopfende. Sie lässt los; ihre Finger schweben deinen Körper hinab. Oh. Sie öffnet deine – nicht Rachels – Hose und bevor du dich äußern kannst, sind ihre Lippen wieder auf deinen; ersticken jeden Protest im Keim.   Vielleicht ist es doch in Ordnung. Ihr macht nichts Falsches. Es ist in Ordnung, es ist in Ordnung. Außerdem bist du -   „Rachel...“, hörst du Chloe flüstern.   Die Worte entkommen ihren Lippen und ein stechender Schmerz resoniert durch deinen Körper. Ihre Lippen brennen auf deinen. Du hast das Gefühl, dich übergeben zu müssen. Du stößt Chloe von dir und springst auf; dein Gesicht in deinen Händen vergraben. Du atmest langsam aus und ein in einem vergeblichen Versuch nicht zu hyperventilieren.   „Ich... es tut mir leid, das war eine dumme Idee. Keine Ahnung, was ich dabei gedacht hab. Gott, das ist so verdammt dumm. Ich weiß, dass du niemals Rachel sein wirst, ich weiß das.“   Du öffnest die Knöpfe von Rachels Bluse, hast bereits beim Ersten Schwierigkeiten. Du schmeißt die Bluse auf den Boden und drehst die Zeit zurück.   In einer erdrückenden Stille sitzt ihr wieder auf Chloes Bett.   „Komm, Chloe“, sagst du. „Wir müssen uns noch auf den Abend vorbereiten.“   Chloe starrt in die Leere, schluckt die Frage herunter, von der du weißt, dass sie sie stellen möchte.   „Ja. 'Tschuldigung, du hast Recht. Hey, vielleicht sollten wir damit anfangen...“ Chloe Satz verliert sich im Rauschen deines Kopfes.   'Du wirst niemals Rachel sein.' Du hörst nichts anderes mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)