If looks could kill von Flordelis ([Demonic Reverie]) ================================================================================ Prolog: Prolog: Warum 'Morte'? ------------------------------ Wann immer sie auf diesem Hügel saß, war es ihr, als vergäße die Zeit sie. Sie selbst tat es jedenfalls im Bezug auf die Zeit. So konnte es passieren, dass sie stundenlang im Gras saß, die vor ihr liegende, im Dunkeln leuchtende Stadt betrachtete, die lila-farbenen Blumen pflückte und zu einem Kranz flocht, ohne dass sie bemerkte, wie spät es dabei wurde. Manchmal schlief sie dabei ein und fand sich dann, wenn sie später erwachte, in ihrem Bett wieder. In dieser Welt gab es keine Gefahr, vor der sie sich fürchten müsste, nicht, wenn sie daran dachte, um wen es sich bei ihren Eltern handelte. Doch meistens, so wie an diesem Tag, fand ihr Vater sie und setzte sich wortlos neben sie. Dann starrte er eine Weile zur Stadt hinüber, als dachten er über all die Dinge nach, die ihn mit diesem Ort verbanden. Er wartete stets, bis es zu spät wurde oder bis sie etwas sagte. So wie an diesem Tag: „Warum Morte?“ Die Frage musste derart willkürlich gekommen sein, dass er sie für einen Moment nicht einmal registrierte und weiter geradeaus sah. Aber dann, gerade als sie die Frage wiederholen wollte, wandte er sich nun doch ihr zu. Ihre eigenen Augen blieben dabei auf ihren Fingern, die geschickt die einzelnen Blumen miteinander verflochten. „Was meinst du?“, fragte ihr Vater, mit einer Stimme, deren Sanftheit ihr noch immer in den Ohren klang. „Warum Morte?“, wiederholte sie. „Warum habt ihr mich so genannt?“ Das Leben war von vorneherein nicht leicht für sie, als Tochter eines Dämonenjägers und einer Frau, die eigentlich geboren worden war, die Welt zu zerstören. Als jemand, der auch noch Tod genannt wurde, war es geradezu unmöglich, als ob ihr Name eine ständige Erinnerung an die Vergänglichkeit des Lebens sei, mit der sich Kinder nicht auseinandersetzen sollten. Dementsprechend hatte sie auch keine Freunde, niemand wollte mit dem Tod spielen, obwohl niemand sie überhaupt kannte, abseits ihres Namens. Ihr Vater stützte die Arme hinter sich auf dem Boden und lehnte so den Oberkörper ein wenig zurück. „Im ersten Moment muss das sehr irritierend sein, dessen waren wir uns bewusst. Aber wir fanden, dass es der beste Name war. Vor dem Tod sind alle gleich – und wir wollten, dass auch für dich alle gleich sind, damit du niemanden nach den Kriterien beurteilst, nach denen du im Moment abgeurteilt wirst.“ Sie hielt in ihrer Tätigkeit inne und sah ihn nun an, bemerkte sein sanftes Lächeln und die dunklen braunen Augen, die von innen heraus zu leuchten schienen. Jene Augen, die sie niemals vergaß und selbst in vielen Jahren noch in ihrem Gedächtnis existierten. „Dann habt ihr euch wirklich etwas dabei gedacht ...“, stellte sie murmelnd fest. Nachdem sie nun so lange davon ausgegangen war, dass keiner von ihnen sich Gedanken über den Namen gemacht hatte, die über Er klingt eben schön hinausgingen, war es gut zu wissen, dass sie sich so offensichtlich irrte. „Natürlich haben wir das“, bekräftigte er auch sofort. „Wir lieben dich, Morte. Und das haben wir schon, noch bevor du überhaupt geboren warst.“ Er legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie näher zu sich. Sie ließ sich in die Umarmung fallen und schmiegte sich glücklich lächelnd an ihn. „Danke, Papa~.“ „Nichts zu danken, meine Kleine. Vergiss es nur ja nie.“ Niemals, das nahm sie sich in jenem Moment vor. Solange sie lebte, wollte sie sich daran erinnern, dass ihre Eltern sie geliebt hatten, ungeachtet aller Vorzeichen, aller Kritik, allem Schlechten, was noch vor ihrem Leben bereits geschehen sein mochte. Und doch … Während diese Szenerie sich vor ihren Augen auflöste, zu schmelzen begann, um dahinter eine rostige, blutige Welt zu enthüllen, fernab jeder traumgleichen Schönheit dieses Ortes, konnte sie nicht anders als sich wieder jene Frage zu stellen: Hätten sie mich auch geliebt, wäre ihnen bewusst gewesen, was einmal aus mir würde? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)