I'm in Love with a Killer von Sakami-Mx (Sie leben unter uns) ================================================================================ Kapitel 20: Das Tor zur Hölle ----------------------------- Das Tor zur Hölle Pey: Auch wenn die Worte nur schwach über meine Lippen kamen, so war ich mir doch sicher, dass sie sie gehört hatte. Ich musste es einfach loswerden, ich musste! Wann hätte ich wohl die nächste Gelegenheit dafür gehabt? Wenn ich hier sterben sollte, dann hätte ich ihr meine wahren Gefühle nie mitteilen können. Außerdem… Was würden sie mit ihr machen, wenn ich nicht mehr da war? Würden sie sie foltern? Quälen? Oder vielleicht sogar hier und jetzt töten? Nein, das konnte und durfte ich einfach nicht zulassen! Noch nie hatte ich ein Mädchen kennengelernt, das mich so fasziniert hatte, wie sie. Wie sagte man so schön? Gegensätze ziehen sich an. Und die Tatsache, dass wir absolute Gegensätze waren, wagte hier wahrscheinlich auch niemand zu bezweifeln. Mein Kopf dröhnte, meine Augen brannten, meine Kehle war staubtrocken. Was hatte der Fremde da vor mir eben gesagt? Ich würde mich selbst zerstören? Wer war er und was meinte er damit? Was machten wir überhaupt hier? Wie lange war ich wohl ohne Bewusstsein gewesen? Tausende Fragen schwirrten durch mein Gedächtnis und das machte meinen Zustand nicht wirklich besser. Ich musste einen Überblick über die Lage bekommen, soviel stand fest. Mit einer Hand fuhr ich mir schwerfällig über die Augen und seufzte. Meine Glieder fühlten sich so schwer an, so als wären sie aus Blei. Was war nur mit mir los? Ich fühlte mich so kraftlos und irgendwie schwand das Bild vor meinen Augen immer mehr. Erst waren dort nur schwarze Pünktchen, dann legte sich allmählich ein dunkler Schleier vor mein Blickfeld und breitete sich gänzlich aus. Ich konnte einfach nicht anders als meinen Kopf wieder auf den Boden fallen zu lassen und die Augen zu schließen. Nur ein kleines Nickerchen… dann geht es mir bestimmt besser… Anna: Sprachlos starrte ich Pey an. Was… Was hatte er da gesagt? War das wirklich sein ernst? Stumm blinzelte ich ihn an, nicht im Stande einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte wieder die Augen geschlossen und atmete ganz flach. Schlief er etwa wieder? „Bist du denn jetzt völlig des Wahnsinns?“, schrie Pira beinahe fassungslos in die Richtung seines Freundes. „Meine Fresse, Pira! Jetzt halt doch endlich mal deine Schnauze! Das ist doch echt nichts Neues!“, fuhr Piwi ihn wütend an. Sein Bruder wollte etwas erwidern, doch der jüngere der beiden tat dies mit einer heftigen Kopfbewegung ab. „Ich kann‘s einfach nicht glauben, dass du so ein verdammter Idiot bist! Als ob du es noch nicht selbst wusstest! Kannst du Pey nicht einfach mal in Frieden lassen?!“ Pira schluckte. „Sie hat ihn total kaputt gemacht! Wäre sie niemals aufgetaucht, dann könnten wir alle noch ein normales Leben führen!“, meinte er verbissen. „Laber doch keinen Scheiß! Wir haben seit über sieben Jahren kein normales Leben mehr! Wir sind tot, kapierst du das? Wir sind wandelnde Zombies die Menschen zum Vergnügen umbringen! Warum gönnst du es ihm nicht, seinen letzten Funken Menschlichkeit auszuleben?“ Der Rothaarige war sichtlich außer Atem nach seiner Standpaukte, der Braunhaarige mit den blonden und violetten Strähnen blickte mit finsterem Blick in den Spiegel unter sich. „Er ist wieder eingeschlafen“, meinte Bana so ganz nebenbei und hockte sich neben Pey. Seine Haare sahen denen von Rel so ähnlich… Hieß das etwa, dass sich sein Zustand so drastisch verschlechtert hatte? Ich musste was tun, ich durfte ihn nicht sterben lassen. Ich war ihm eine Antwort schuldig und die konnte ich ihm nur geben, wenn er bei Bewusstsein war. Er musste wieder gesund werden, ich wünschte mir nichts sehnlicher. „Hör zu“, wandte ich mich an den Italiener und rappelte mich auf. Ich musste all meinen Mut zusammenkratzen, um mich ihm gegenüber zu stellen. „Das alles war einfach nur ein schrecklicher Unfall. Dass ich eine Klerikerin sein soll ist mir neu, da ich an diese göttliche Macht von der ihr alle die ganze Zeit sprecht nie etwas wusste! Ja, ich war auf einer katholischen Schule und ja, wir wurden mit dem Glauben Gottes erzogen, aber ich glaube einfach nicht daran! Wie soll ich bitteschön Herrin über diese Kräfte sein, wenn ich noch nie etwas davon gehört habe? Mir hat nie jemand gesagt, dass ich solche Kräfte habe und daher hat mir auch nie jemand gezeigt, wie ich mit ihnen umzugehen habe! Zum ersten Mal als diese Kräfte sich bemerkbar gemacht haben, hatte ich Angst und es war eine Art Schutzmechanismus. Es tut mir wirklich leid, was ich den Jungs angetan habe, auch wenn sie mich töten wollten! Ich habe außer ihnen auch niemanden mehr, zu dem ich zurück kann also hilf den beiden, verdammt nochmal! Rel hat nicht nur einmal versucht mich zu töten aber soll ich jetzt genauso werden wie er? Zu einem Mörder? Ich will nicht mit dem Gewissen leben, zwei Leute umgebracht zu haben, obwohl ich das nie wollte! Wenn du ihnen helfen kannst, dann hilf ihnen, verdammt noch mal! Die beiden haben dir nichts getan und Rel bist du wohl oder übel schuldig dass du ihm hilfst!“ Vereinzelt kullerten heiße Tränen meine Wangen herunter, da ich mich so in mein Gerede hineingesteigert hatte. Um mich herum war es ganz still geworden und ich konnte die erstaunten Blicke auf mir spüren. Es dauerte einen Moment, bis Itinier sich regte und sich ein knappes Lächeln in sein Gesicht schlich. „Du hast Recht. Rel bin ich es wirklich schuldig, da ich ein einfacher Untergebener bin, aber deinem Freund bin ich nichts schuldig. Er hat sich den Mist selbst eingebrockt. Hätte er still gehalten, dann würde ihm die Zeit nicht genauso wegrennen.“ Ich knirschte mit den Zähnen. „Und was willst du, damit die beiden gerettet werden können?“ Meine Stimme bebte regelrecht. Dieser Nichtsnutz vergeudete wertvolle Zeit! „Was ich will? Ich will nur mein Volk vor einer Gefahr wie dir beschützen! Die Kleriker haben uns vor langer Zeit einen riesigen Schaden zugefügt. Soll ich etwa den gleichen Fehler wie meine Vorfahren machen und den Feind in unser Gebiet friedlich einmarschieren lassen? Deine Rede rührt mich wirklich zu Tränen, aber glaubst du wirklich, dass ich dir die Story abkaufe?“, fragte er mit sarkastischen Unterton. „Ich sage die Wahrheit“, beteuerte ich und blickte ihm starr in die Augen. Was geschah hier nur mit mir? So etwas hätte ich mich vorher nie getraut! Erst gar nicht bei einem Kerl wie ihm. Er hielt meinem Blick stand und kam auf mich zu. Dann legte er seine rechte Hand auf meine Stirn und murmelte ein paar Worte vor sich hin, die ich jedoch nicht verstehen konnte. Eine komische Wärme breitete sich in meinem Körper aus und plötzlich sackten meine Beine zusammen. „Was machst du mit ihr?! Lass sie los!“, schrie Piwi ihn wütend an und wollte mir zur Hilfe eilen, doch er konnte sich nicht von seinem Platz bewegen. Der Italiener beugte sich zu mir herunter und flüsterte in mein Ohr: „Ihr solltet euch beeilen, sonst habt ihr keine Zeit mehr, um irgendwas auszurichten.“ Dann ging er einen Schritt zurück und stellte sich mit dem Rücken zu uns vor das Pentagramm aus Rel’s Blut. „Aperite!“, sprach der Dämon und ein schwarzes Licht leuchtete auf. Der ganze Raum glühte regelrecht in der Farbe, doch das Licht blendete nicht. Was genau war passiert? Warum hatte er so plötzlich seine Meinung geändert und das Tor geöffnet? Ich verstand einfach nichts mehr. Und was hatte er mit mir gemacht? Als ich zu den Jungs herüberblickte, leuchtete um sie wieder dieses rötliche und um Rel und Pey das violette Licht. Als ich meine Hände betrachtete fiel mir auf, dass das blaue Licht um meinen Körper verschwunden war. Was hatte er gemacht? „Was…?“, begann ich, doch er unterbrach mich. „Ich habe deine Kraft unterdrück. Es wird nicht lange halten, deswegen solltet ihr euch beeilen. Wenn auf mich zurückgeführt wird, dass ich eine Klerikerin durch das Tor gelassen habe, werden sie mich höchstwahrscheinlich hinrichten, also macht nichts Auffälliges! Wenn ihr auf der anderen Seite seid, werdet ihr schnell den Weg zu eurem Ziel finden. Achtet nur darauf, dass ihr keiner Krähe begegnet, sonst seid ihr gleich geliefert. Und jetzt beeilt euch, bevor sich das Tor wieder schließt.“ Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Half er uns gerade wirklich? Und dann setzte er noch sein eigenes Leben aufs Spiel? Was war nur in ihn gefahren? Eine plötzliche Erkenntnis, dass er den Tod der beiden heraufbeschwor, wenn er sich noch länger weigerte das Tor zu öffnen? Der Rothaarige, welcher sich endlich von seinem Platz losreißen konnte, half mir auf die Beine und hielt mir stützend einen Arm um die Taille. Pira, welcher bis dato stumm die ganze Szenerie beobachtet hatte ergriff das Wort und wies uns allen an, wir sollten keine Zeit verlieren und aufbrechen. Er selbst schultere mit Bana’s Hilfe Rel’s schlaffen Körper und stellte sich bereit hin. Baka nahm Pey auf die Schultern und gemeinsam stellten wir uns vor das leuchtende Portal. Pira: Ein grelles Licht umschloss uns, als wir in die Mitte des Pentagramms traten. Das vorher noch angenehme Leuchten verfärbte sich in rotorangene, flammenähnliche Lichtstrahlen, welche uns gewaltig blendeten. Ich musste meine Augen fest zusammenkneifen, hatte ich doch beinahe echt Angst gehabt zu erblinden. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Augen einen spaltbreit öffnete und was ich sah war einfach nur verblüffend. Es schien, als wäre Nacht, da über uns der Mond zu sehen war. Komischerweise erkannte man jedoch alles. Der Himmel war schwarz, einzig und allein diese silberweiße, runde Scheibe erhellte die Gegend. Wie war das möglich? „Wo sind wir denn hier gelandet?“, fragte Bana und rieb sich die Augen. „Das…ist die Hölle, schätze ich mal“, meinte ich und sah mich skeptisch um. Es sah aus, als wären wir in einem Wald teleportiert worden. Dieser Wald war aber das totale Gegenteil von dem, was wir auf der Erde einen Wald nannten. Um uns herum standen lauter tote Bäume, dessen trockene Äste im sachten Wind herum knarzten. Es ächzte so laut um uns herum, dass man meinen könnte im nächsten Moment würde alles um uns herum zu Asche zerfallen. Von einer Wiese oder einer Art Trampelpfad war weit und breit nichts zu erkennen, nur ein spröder, trockener Erdboden. Alles sah so tot und verlassen aus, so als wäre hier die Krätze ausgebrochen oder irgendeine Seuche, welche das Land hatte unbewohnbar gemacht. Wir wussten nicht Recht, wo wir hinsollten und suchten unsere Umgebung nach einem Hinweis ab. Itinier hatte gemeint, wir würden den Weg alleine finden, also musste hier ja irgendwo was sein, dass uns weiterhalf. „Ich hab mir die Hölle irgendwie anders vorgestellt“, meinte Baka und sah sich ebenfalls um, „Wo sind die Lavaströme, die Hitze und die ganzen Schluchten?“ „Scheint, als wäre das einfach nur ein Aberglaube gewesen“, meinte ich und ging ein paar Schritte durch den Wald. Hier war einfach nichts! Kein Wegweiser, kein gar nichts! Wie sollten wir da den Weg alleine finden?! Wir waren doch zum allerersten Mal hier! „Könnt ihr irgendwas sehen?“, fragte ich meine Freunde hinter mir, welche jedoch verneinten. Mein Bruder, welcher das Mädchen immer noch festhielt musterte mich einen Augenblick argwöhnisch. Was wollte er denn noch von mir? Okay, vielleicht war ich eben wirklich einen Schritt zu weit gegangen. Pey konnte ja tun und lassen was er wollte, aber das passte einfach nicht zu ihm! So kannte ich ihn nicht, denn seit seinem Tod oder eher unserem Gemeinschaftstod war er komplett anders geworden. Ein einfaches Mädchen hätte ihm nie so den Kopf verdreht! „Leute, ich glaube da vorne ist sowas wie ein Dorf!“, meinte Baka und nickte nach vorne, musste er doch seine Hände zum festhalten von Pey’s Körper benutzen. „Vielleicht werden wir da fündig wonach wir suchen“, meinte ich und machte mich auf. „Warte! Was, wenn dort diese komischen Krähen sind, von denen der Typ geredet hat?“, warf Piwi besorgt ein. „Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen ja irgendwen finden, der uns hilft“, meinte ich abwehrend und ging weiter. Rel wurde von Zeit zu Zeit echt schwer. Wenn wir nicht bald das fanden, was wir suchten, würden mir möglicherweise noch die Arme abfallen. Gut eine gefühlte Ewigkeit später kamen wir an einer Art Ortsschild an. Darauf prangte in verschnörkelten Buchstaben Regno tenebrarum. Wahrscheinlich war das der Name des Dorfes oder so. „Und wie soll es jetzt weiter gehen?“, fragte Baka und hüpfte ein bisschen auf der Stelle, um Pey etwas weiter nach oben zu schieben. „Wir könnten jemanden fragen. Das wäre der schnellste Weg, oder?“ Ich erntete ein einheitliches, dennoch etwas unsicheres, Nicken. „Man jetzt macht euch doch nicht so in die Hose. Wir sind schließlich ebenfalls Dämonen, also sollten wir hier nicht so auffallen“, meinte ich aufmunternd und aktivierte sogleich mein dämonisches Aussehen. Ein knappes Grinsen ging durch die Reihen und auch die anderen verwandelten sich. „So sollten wir wohl kaum auffallen.“ Anna sah uns etwas unsicher an, hielt aber weiterhin Piwi’s Arm fest, welchen er noch immer um sie gelegt hatte. Was sollte der Scheiß eigentlich? War sie nicht im Stande selbst zu laufen?! Ein letztes Mal atmete ich großzügig aus, als ich den ersten Schritt in das Dorf machte. Piwi: Kaum zu glauben dass wir es wirklich bis hier her geschafft hatten. Es war ein irgendwie unheimliches und beklemmendes Gefühl, zu wissen dass wir in der echten Hölle waren. Diese Gedanken verbannte ich jedoch erst einmal in die hinterste Ecke meines Bewusstseins, galt es doch erst einmal diesen ‚Arzt‘ zu suchen, von welchem Rel gesprochen hatte. Ein wenig erinnerte mich meine Umgebung an das Mittelalter. Die Häuser sahen sehr heruntergekommen, bröckelig und rissig aus. Wie konnte hier überhaupt jemand in diesen Ruinen wohnen? Nach erneutem betrachten des Himmels überdachte ich nochmal unser Vorhaben, jemanden anzusprechen. Es war doch Nacht, oder nicht? Schliefen dann die Leute hier nicht um diese Uhrzeit, oder waren sie nachtaktiv, so wie eigentlich alle Dämonen, die ich bisher gesehen hatte? Nun gut, die einzigen Dämonen die ich kannte, waren alle um mich versammelt, aber es lag ja bestimmt nicht nur an uns, dass wir nachtaktiv waren. „Du Pira, glaubst du, dass wir einfach so an einer Tür klopfen können?“, fragte ich und sah mich auf den verlassenen Straßen um. Die Häuser, welche zum Teil schon eingefallen waren, waren stockduster. Lebte hier überhaupt jemand? „Weiß nicht. Wir können es ja versuchen.“ „Aber hier lebt doch keine Menschenseele, so verwildert und heruntergekommen wie es hier aussieht!“, beteiligte sich Bana an dem Gespräch. Mit einem Nicken gab ich ihm Recht. Pira, welcher schnaubend einfach losgegangen war, bildete somit die Spitze unseres Trupps und langsam folgten wir ihm durch die verlassenen Straßen. „Glaubst du wirklich, dass wir denjenigen finden, der uns helfen soll?“, wandte sich das Mädchen an meinem Arm leise flüsternd an mich. Ich zuckte lediglich mit den Schultern. „Werden wir sehen. Der Typ hat ja gemeint wie würden den Weg alleine finden, also muss es doch hier ganz in der Nähe sein.“ Sie nickte zuversichtlich und gemeinsam folgten wir meinem Bruder. An der ersten Tür an der er klopfte blieben wir eine gefühlte Ewigkeit stehen, doch niemand öffnete uns. Auch an der zweiten öffnete niemand. Wahrscheinlich verschwendeten wir hier nur unsere Zeit, denn ich war mir sehr sicher, dass auch an den nächsten Türen niemand öffnen würde. „Und was machen wir, wenn wir wirklich niemanden finden? Außerdem… ich hab Hunger“, quängelte Baka, welcher noch immer Pey mit sich herumschleppte. Oh man… warum muss er ausgerechnet jetzt das Thema Essen ansprechen?! Er ist doch nicht der einzige, der Hunger hat! Mürrisch grummelnd ging ich weiter. Nun begann sich langsam auch mein Magen zu melden. Es war ja auch schon eine Ewigkeit her, seit wir das letzte Mal etwas zwischen den Zähnen hatten. „Geh mir doch nicht aufn Sack!“, fauchte Pira und ging weiter. Anstatt an der nächsten und übernächten Tür wieder sein Glück zu versuchen ging er die Straße einfach weiter. „Pira“, rief ich von weiter hinten, hatte er uns doch einfach stehen lassen. „Was? Ich hab doch auch keine Ahnung was wir noch machen sollen! Dieser Wichser hat uns in offene Messer laufen lassen. Wir werden es nie rechtzeitig schaffen, Rel und Pey zu diesem Arzt zu bringen!“, fuhr er mich an. So hatte ich ihn bis jetzt nur sehr selten erlebt. So pessimistisch, so niedergeschlagen, frustriert und zum Teil wütend. „Wir werden’s schon irgendwie schaffen“, rief ich zurück und setzte mich, mit Anna im Schlepptau, in Bewegung. „Itinier meinte wir werden den Weg alleine finden, also werden wir ihn auch finden“, fügte ich noch hinzu, als ich bei meinem Bruder angekommen war. „Und wie? Wir haben keinen Anhaltspunkt. Nichts!“, warf er wieder ein, schüttelte seinen Kopf und biss sich wütend auf die Unterlippe. „Wenn wir wenigstens wüssten, wonach wir suchen müssen…“, wisperte er und sah sich um. Wir standen in einem Meer aus Ruinen, kein Lebenszeichen weit und breit. Der Braunhaarige mit blonden und violetten Strähnen seufzte tief, ging zu einer der Bruchbuden und setzte Rel behutsam ab, lehnte ihn dabei an die bröckelige Fassade. Baka setzte Pey direkt neben Rel und streckte sich ausgiebig. „Puh, das ist wirklich anstrengend“, meinte er und Gähnte auch noch. Ich verdrehte nur meine Augen und löste mich von Anna, welche sich sogleich an Pey’s Seite schmiegte und seine Hand festhielt. Die beiden sahen irgendwie süß zusammen aus. Hoffentlich schafften wir es wirklich noch rechtzeitig. Bana, welcher sich vor die Beiden auf den Boden fallen ließ, zog von seinem Rücken einen Rucksack. Um genau zu sein: Rel’s Rucksack. „Wo- wo hast du den denn her? Ich dachte den hätten wir im Auto gelassen?!“, entkam es mir und ich ging zu ihm, nur um mich neben ihn zu hocken. „Hab ihn mir noch rechtzeitig geschnappt. Ich wusste ja nicht, ob wir nochmal zu dem Wagen zurück kommen würden. So haben wir keine Spuren hinterlassen und alles ist gut. Schätzungsweise werden sich die Leute in dem Club um den Wagen kümmern, damit die Spuren nicht zu ihnen laufen.“ „Man, also manchmal kannst du ja auch vorausdenken“, lachte ich knapp und schnappte mir den Rucksack. „Hey, was hast du vor?“, fragte der Schwarzhaarige mit den roten Strähnen und sah mir gespannt zu. „Vielleicht ist ja irgendein Hinweis in dem Rucksack, der uns helfen kann“, antwortete ich und kramte in Rel’s Sachen herum. Auch Pira kam allmählich zu uns zurück, war er doch noch ein bisschen weitergelaufen und hatte die Gegend erkundigt. „Hier ist nichts! Nur Staub, Dreck und Ruinen. Vielleicht hat er uns auch einfach an den falschen Ort teleportiert oder so“, meinte er und setzte sich lustlos und frustriert zugleich auf den harten Boden zu uns anderen, wirbelte dabei eine gewaltige Ladung Staub auf. Daraufhin musste ich husten und wedelte die Wolke vor meinen Augen zu Seite. „Scheiße man, pass doch mal ein bisschen auf“, fauchte ich, fuhr jedoch meine Tätigkeit wieder aus. „Hm komisch. Er hat keine Klamotten oder sonstiges eingepackt. Hier ist eine Geldbörse, ein Schlüsselbund, irgendwelche Papiere und…“ Ich stockte mitten im Satz. „Was ist los?“, hackte Baka nach, welcher bis eben noch in den Himmel gesehen hatte. „Das ist doch-“ Noch während ich meinen Satz beenden konnte, hatte ich das schwarze Buch aus dem Rucksack gezogen, welches uns nur allzu bekannt vorkam. „D-das kann doch nicht sein?!“, stotterte der Braunhaarige neben mir uns musterte das Buch genau. Pira schüttelte den Kopf und blies mit einem spöttischen Laut seine angestaute Luft aus. „Der Bastard hat gesagt er hat es vernichtet. So ein elendiger Lügner“, knurrte er. „Dann… wollte er wirklich irgendwann zurückkehren und das Buch zurückbringen?“, sprach Bana das aus, was uns allen durch den Kopf ging. Er hatte also nie vorgehabt, bei uns zu bleiben? Er wollte wieder zurück? „So ein Wichser, er wollte uns verraten!“, schrie Baka auf und kickte ein Stück von einer abgebröckelten Wand weg. „Au!“ Wir sahen verdattert auf. Von wo kam das denn her? „Was war das?“, fragte der Schwarzhaarige mit den roten Strähnen neben mir und drehte sich um. „Das kam aus einem der Trümmerhaufen da hinten“, meinte Baka und rannte ohne weiteres auf die Stelle hin. „Scheiße man, Baka! Bleib gefälligst stehen!“, schrie Pira und rannte ihm hinterher. „Fuck, was ist, wenn das diese komischen Krähen sind?“, bedachte Bana plötzlich und stand blitzschnell auf, nur um sich gemeinsam mit mir schützend vor unsere bewusstlosen zu stellen. Anna, welche noch immer an Pey’s Seite verharrte, blickte ängstlich um sich. „Pira!“, schrie ich nach meinem Bruder, bekam jedoch keine Antwort. „Baka!“, schrie Bana neben mir, bekam jedoch auch keine Antwort. „Verdammt, was ist da los?! Wieso kommen sie nicht zurück?“, fragte ich mich laut und starrte noch immer in die Richtung, in der die beiden verschwunden waren. Meine Muskeln waren bis auf’s äußere gespannte, konnte ich doch nicht ahnen, wann wir angegriffen wurden. Pira: Baka, welcher nur einige Meter vor mir lief, blieb urplötzlich stehen. „Hmpf! Was soll das?!“, fragte ich sauer, als ich genau in ihn herein rannte. Der Braunhaarige antwortete nicht, sondern starrte nur vor sich hin. „Man, was ist los?“, fragte ich und trat an ihm vorbei. Ich stockte in meiner Bewegung und blickte irritiert in die weit aufgerissenen, grünglühenden Augen vor mir. „Ein… Kind?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)