with you I'm home von Dahlie (Albus Potter & die Suche) ================================================================================ Kapitel 1: Bibbidi-Bobbidi-Boo. ------------------------------- Man sagte, dass man im Leben auf genau einen Menschen trifft, der das perfekte Gegenstück zu einem selbst darstellte. Ich glaubte an diese Theorie. Aber eins stellte mich vor ein großes Problem. Was, oder wer war ein Gegenstück? Mein Vater lächelte mich sanft an, als ich ihn im Alter von sechs Jahren zum ersten Mal danach fragte. Langsam hatte er von dem Schachbrett aufgesehen und sich mit den Zeigefinger die Brille zurück auf die Nasenwurzel geschoben. Im Sommer saß er häufig mit Onkel Ron auf der Veranda und ließ sich ein um das andere mal eine fette Niederlage schmecken. „Ein Gegenstück ist meistens ein anderer Mensch. Sieh dir deinen Onkel Ron und deine Tante Hermine an", erklärte mein Vater, während sein Springer in alle Einzelteile zerlegt wurde. „Woran dein Onkel Ron scheitert, dort wächst deine Tante über sich hinaus.“ „Hey, du lässt es klingen, als wäre ich ein totaler Versager!“, empörte sich mein Onkel und ich sah unsicher zwischen ihnen hin und her. Sie verloren sich in einer, für sie, typischen verwirrenden Diskussion. Damals dachte ich, dass mit einen anderer Menschen somit auch mein Bruder gemeint sein könnte. Immerhin war James ganz anders als ich. Aber immer, wenn er mich wieder ärgerte und ich hoffnungslos hinter ihm her rannte, weil ich bei Fred und seinen Abenteuern im Wald mitspielen wollte, dann fühlte es nicht so an, als wäre das Richtig. Ein Gegenstück lief doch nicht vor dem anderen davon. Meine Grandma Weasley tätschelte mir nur sanft den Kopf, als sie mir eine heiße Tasse Schokolade machte und ich darüber klagte, dass ich meinen Bruder verkaufen wollte. „Er ist nicht mein blödes Gegenstück“, erklärte ich und wusste damals schon nicht mehr, wann ich die Gegenstücks-Nummer aufgeschnappt hatte. Grandma setzte sich zu mir und schwang den Zauberstab. In der Spüle schälten sich die Kartoffeln nun von selbst. „Ach Al, ein Gegenstück ist auch nicht mit dir verwandt und kein Teil der Familie.“ Mit hochgezogenen Augen sah ich sie an. Also war ich das Ganze ziemlich falsch angegangen. „Außerdem bist du ja auch noch jung. Manchmal dauert es sein Gegenstück zu treffen und suchen solltest du es sowieso nicht.“ Ich prägte mir ihre Worte ein und dachte nicht mehr daran. Stattdessen war ich beschäftigt damit, mich mit James zu streiten, mit Lily Bündnisse zu schmieden und wann immer ich konnte meinem Onkel Ron dabei zu zusehen, wie er Schach spielte. Hin und wieder stahl ich mich davon und besuchte meinen Onkel Percy. Er wohnte alleine und ich liebte es auf seiner Veranda im Schaukelstuhl zu sitzen und über die Felder zu sehen. Der Weg zu ihm war zu Fuß immer ziemlich lang, aber ich motivierte mich damit, dass es bei Onkel Percy immer ein doppeltes Käsesandwich gab. Keiner machte sie so gut wie er. Hogwarts. Als James endlich dorthin verschwand, war ich erleichtert, denn endlich hatte ich meine Ruhe. Aber ganze fünf Tage später wollte ich, dass er wieder kam. Ich vermisste ihn nicht nur, sondern war neidisch auf all die neuen Dinge, die er lernte. Doch als ich schließlich selbst hinfahren durfte, wollte ich dann doch lieber bei Lily bleiben. Die Häuserwahl machte mich nervös. Denn was war, wenn ich nicht nach Hogwarts passte? Würde ich überhaupt Freunde finden? »Gryffindor!« Zum Glück schaffte ich es ins selbe Haus, wie James. Doch falls ich geglaubt hatte, dass somit alles leichter wurde, so hatte ich mich geschnitten. Ich war alleine. James sah ich kaum. Fred auch nicht. Lediglich Victoire half mir am ersten Tag den richtigen Weg ins Klassenzimmer zu finden. Unsicher blickte ich mich um und hoffte, dass ich mich an irgendeinen Tisch dazu setzten durfte. Aber alle schienen sich schon gegenseitig zu kennen. Ich ließ mich in der letzten Reihe nieder und packte meine Bücher aus. Die Lautstärke war enorm, war denn hier niemand so nervös wie ich? Ob ich überhaupt Anschluss finden würde? Plötzlich zuckte ich zusammen. Schwungvoll ließ sich ein blonder Junge neben mir nieder und klatschte laut seine Tasche auf den Tisch. Sein Haar stand wirr vom Kopf ab, die grün-silbrige Krawatte, war anders als meine, perfekt gebunden. „Scorpius, wo sitzt du denn da?“, fragte ein anderer Junge mit dem Wappen von Slytherin auf der Brust und musterte mich entgeistert. „Komm hier her!“ Scorpius... etwa Scorpius Malfoy? Ich hatte von ihm und seiner Familie gehört. Mein Onkel Ron sprach in einem schlechten Ton über sie, etwas, was meinem Vater nie gefiel. „Ich setzte mich dahin, wo ich will, Kazran. Übrigens, du hast Ketchup da-“, Scorpius deutete auf seinen Mundwinkel und der andere Slytherin wischte sich mit den Ärmel über den Mund. Ich sah, dass Scorpius angeekelt die Miene verzog und bemerkte, dass ich ihn beobachtete. „Hast du ein Problem?“, fuhr er mich an und erschrocken schüttelte ich heftig den Kopf. „Gut“, sprach er lediglich und dann wandte er seine Aufmerksamkeit Professor Thomas zu, der uns im ersten Schuljahr mit Verteidigung gegen die dunklen Künste quälte. Mir war Scorpius Malfoy nicht geheuer. Er war laut und direkt („Ey du Sackgesicht, knutsche deine Freundin wo anders! Hier versuchen Leute ihre Hausaufgaben zu machen!“), hatte seinen ganz eigenen Kopf („Ist mir doch egal, ob er ein Gryffi, Puffi, oder ein Ogger war, Duddy Demerest ist der beste Sucher, den die Arrows je auf einen Besen schnallen konnten!“) und schien nichts Falsches daran zu sehen seine Hausaufgaben abzuschreiben. („Aber Professor Thomas, ich habe nicht abgeschrieben, dass sind zwei verschiedene Texte, sehen Sie nicht? Hier steht ein 'und', aber bei mir ein 'als auch', deshalb können Sie nicht von Betrug sprechen.“) Vor allem war er das, was ich eigentlich sein wollte: Mutig. Jemand rempelte mich grob an und prompt fielen mir die vielen Bücher aus der Hand, die ich aus der Bücherei geliehen hatte. Ich seufzte wütend, presste die Lippen aufeinander und wollte mich bücken, um sie wieder aufheben, als jemand rief: „Hey du Kartoffelkopf, entschuldige dich gefälligst!“ Zuerst dachte ich, dass ich damit gemeint war, bis ich sah, dass Scorpius Malfoy einen Drittklässler den Babbelfluch auf den Hals hetzten wollte. Der Fluch traf zwar nur die Rüstung neben den völlig geschockten Ravenclaw, doch trotzdem konnte ich nicht anders, als Scorpius Malfoy anzustarren. Der blonde Slytherin rollte mit den Augen und bückte sich nach den zwei Büchern, die vor seinen Füßen lagen. „Was für ein Flubberwurm", fluchte er ungehemmt und ich schluckte: „D-Danke.“ Ich wollte ihm die Bücher aus der Hand nehmen, aber stattdessen hielt Scorpius sie fest: „Wieso lässt du dir das gefallen?“ Verwirrt sah ich ihn an und er hob eine Augenbraue und sprach: „Du bist ein Potter.“ - „Äh ja“, gab ich zu und verstand nicht worauf er hinaus wollte: „Und... das bedeutet?“ - „Potters lassen sich nichts gefallen“, erklärte mir Scorpius so selbstverständlich, dass ich zuerst nicht wusste, ob ich jetzt lachen oder empört sein sollte Deshalb sprach ich sarkastisch: „Hast du schon mal versucht dich mit meinem Bruder anzulegen?“ Plötzlich grinste Scorpius breit: „Ja und weißt du, was er mit mir gemacht hat? Ich habe Klowasser getrunken.“ Das... war doch ein Scherz, oder? Es war kein Scherz, doch die Diskussion darüber, ob Klowasser einen bestimmten Geschmack aufwies oder nicht, sorgte dafür, dass ich zum ersten Mal seit Wochen Anschluss in Hogwarts fand. Scorpius setzte sich am Morgen ungehemmt zum Frühstück an den Gryffindor-Tisch und störte sich nicht daran, dass er seltsam angesehen wurde. Stattdessen empörte er sich Lautstark, dass die Bats für eine Summe von 1.500 Galeonen Duddy Demerest kauften. Ohne es zu merken, stellte ich schließlich erst am Ende des ersten Schuljahres fest, dass Scorpius mein bester Freund geworden war. Am Gleis 9 ¾ sah ich ihm traurig nach, wie er in die Sommerferien verschwand und fragte mich, ob sich in unserem zweiten Schuljahr etwas ändern würde, oder ob ich in den ganzen Wochen je etwas von ihm hörte. Scorpius schickte Karten und zwar in ganzen Kisten. Ihn langweilten die Reisen durch Europa, ich dagegen hätte meine Seele verkauft um all jene Orte zu sehen, die er nun besuchte. Aber den Sommer verbrachte meine Familie immer in Frankreich bei Onkel Bill und Tante Fleur. Meine Briefe an Scorpius knackten bald die epische Breite und von meiner Mutter durfte ich mir anhören, dass sie sich ernsthafte Sorgen machen würde, wenn ich in meinem Alter bereits einem Mädchen so lange Briefe schreiben würde. In meinem zweiten Schuljahr änderte sich nichts. Scorpius knüpfte da an, wo wir aufgehört hatten. Nur, dass er sich nun für mich duellierte. „Nimm das zurück!“, brüllte er wütend durch den Korridor. Sämtliche Mitschüler blieben stehen und sahen uns interessiert an. Ich wollte ihn zurückhalten, ihn beruhigen und sagen, dass es der ganze Ärger nicht wert war, als Logan McLane, der Quidditchkapitän von Slytherin verächtlich sprach: „Wenn du weiter so viel mit Potty abhängst, wirst du noch genauso eine Flasche, wie er.“ - „Albus ist keine Flasche, du Erbsenhirn!“ - „Scorpius lass doch, ist doch egal was-“ Zielsicher donnerte Scorpius ein Fluch in McLanes Richtung. Was folgte waren 50 Punkte Abzug für Slytherin, aber auch 50 für Gryffindor, obwohl ich überhaupt nichts gemacht hatte. Wir bekamen sieben Abende nachsitzen aufgebrummt und mussten das Pokalzimmer putzen. Ich beschwerte mich nicht, war nicht sauer, oder in irgendeiner Weise verstimmt. Stattdessen war ich auf verquerter Weise sogar glücklich. Das Einzige, was ich hatte, war Angst, dass eventuell ein Heuler meiner Mom aufkreuzen könnte. Aber es kam keiner. Merlin sei Dank. In unserem dritten Schuljahr bekam ich zum ersten Mal Angst, dass meine Freundschaft zu Scorpius eventuell etwas Schlechtes sein könnte. Rose kam völlig außer Atem in der Bücherei an und rief: „Al, du musst sofort in den dritten Stock!“ Sie schien kaum noch richtig Luft zu bekommen. „James duelliert sich mit Scorpius!“ So schnell ich konnte, rannte ich die Treppen hoch und kämpfte mich durch eine schaulustige Meute, dann sah ich, wie mein Bruder über meinen besten Freund gebeugt stand und ihn am Kragen hochzog. Blut floss aus Scorpius' Nase, er hatte eine Schramme unter dem Auge und James ballte erneut die Hand zur Faust. Mit aller Kraft warf ich mich gegen meinen Bruder, sodass er Scorpius losließ. „Was tust du da!“, fuhr ich ihn an und beugte mich zu Scorpius runter, damit ich ihm aufhelfen konnte. Scorpius antwortete mir nicht, aber der Blick mit dem mein Bruder ihn bedachte, machte mir Angst. Ich erfuhr erst in der vierten Klasse, was James so wütend gemacht hatte. An jenem Tag fehlte Scorpius in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Wir nahmen die unverzeihlichen Flüche durch und schnitten unvermeidbar den dunklen Krieg gegen Voldemort an. Die Stimmung war danach bedrückt, zum zerreißen gespannt. Mir war flau im Magen und ich fühlte mich unheimlich schlecht. Mein Vater hatte nie darüber gesprochen, was damals passiert war. Ich war stets auf später vertröstet worden. Ohne Mittagessen machte ich mich auf die Suche nach Scorpius und fand ihn auf den Rängen des Quidditch-Feldes. Er schwieg und ich tat es ihm gleich. Das, was ich über die Familie meines besten Freundes erfahren hatte, musste ich erst einmal sacken lassen. „Mein Dad ist nicht so“, durchbrach Scorpius schließlich die Stille und ich sah auf. „Mein Dad ist ein guter Mann, er ist freundlich, gerecht, manchmal ein bisschen streng, aber so ist er einfach nicht.“ Ich kannte Draco Malfoy nicht, aber trotzdem glaubte ich Scorpius jedes einzelne Wort. Niemand wollte, dass der Vater als Verräter, Mörder und Verbrecher dargestellt wurde. In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass Scorpius es immer schon schwerer gehabt hatte als ich. Er war ein Slytherin und trotzdem gab er nichts auf die Häuserteilung. Er kämpfte gegen einen schrecklichen Familien-Ruf und musste damit zurecht kommen, dass man seine Eltern ganz anders sah, als er sie kannte. Beim Abendessen kam ich mir furchtbar schlecht vor, als ich meinen besten Freund dabei beobachtete, wie er zwar umgeben von Klassenkameraden an seinem Haustisch saß und trotzdem einsam wirkte. Kurzerhand nahm ich meinen Teller und ging durch die große Halle. Ohne ein Wort zu sagen ließ ich mich gegenüber von Scorpius nieder. Kazran Higgs starrte mich an, am gesamten Tisch war es still geworden, dann sprach ich: „Ally Holtby wechselt als Jägerin zu den Arrows, sieht so aus, als würden die Bats sich trotz Duddy Demerest warm anziehen müssen.“ Langsam zog ein Lächeln über Scorpius' Lippen und ich erwiderte es. Scorpius lachte mich in der fünften Klasse nicht aus, als ich ihm stotternd beichtete, dass ich Sienna Longbottom unheimlich niedlich fand. Stattdessen riet er mir: „Frag sie doch, ob sie mit dir ein Butterbier trinken geht.“ Als wenn das so einfach wäre. „Was, wenn sie nein sagt?“ Verwirrt sah er mich an: „Wieso sollte sie?“ Nun, mir würden hundert Gründe einfallen, aber bevor ich den zehnten Grund aufzählen konnte, unterbrach mich Scorpius unwirsch: „Das ist doch alles Quatsch, wahrscheinlich ist sie nur genauso schüchtern, wie du.“ Er hatte recht und das war nur eins der vielen Dinge, die Scorpius ausmachten. (In der Regel hatte er leider fast immer recht, wenn es darum ging, seine Mitmenschen einzuschätzen.) Sienna Longbottom sagte nicht nein, sondern lief knallrot an, als ich ihr etwas von Butterbier und Date entgegenstotterte. Sie war mir überraschend ähnlich, etwas, womit mich Scorpius regelmäßig aufzog, besonders als ich sie endlich im Frühjahr meine feste Freundin nennen durfte. („Wetten, ihr lauft beide gleichzeitig rot an, wenn man in eurer Gegenwart das Wort 'Sex' laut ausspricht?“ - H-Halt... einfach deine Klappe...“) Scorpius selbst beobachtete ich während unserem sechsten Schuljahr ratlos dabei, wie er eine Hexe nach der nächsten traf, aber sich auf keine festlegte. Wenn ich fragte, dann lächelte er nur geheimnisvoll und wechselte das Thema. („Ein Gentleman genießt und schweigt.“ - „Was verschweigst du denn?“) In den Sommerferien zu unserem siebten Schuljahr wurde ich volljährig. Ich wollte meinen Geburtstag nicht groß feiern, aber um meine Familie kam ich nicht drum herum. Meine Mutter zauberte sämtliche Tische nach draußen. Etliche Weasleys und Potters stürmten das Haus. Bunte Kerzen schwebten durch die Luft und würden den Abend über brennen. Der Geruch meiner Lieblingskäsesuppe erfüllte die Küche mit einem köstlichen Geruch und ich bedankte mich gerade überschwänglich bei Onkel Percy für die Uhr zum Geburtstag. Es war Brauch in meiner Familie und da Percy mein Lieblingsonkel war, bekam die Uhr noch einen anderen Wert für mich. Ich hatte Sienna und Scorpius als einzige Nichtfamilienmitglieder geladen, sie wollten kommen, sobald sie sich ins Flohnetzwerk werfen konnten. Gerade reichte ich Rose ein Butterbier, als ich James zu Fred sagen hörte: „Jetzt hat er den Malfoy-Bastard auch noch eingeladen. Nicht zu fassen, dass Dad zulässt, dass er unser Haus betritt.“ In diesem Moment knallte bei mir zum ersten Mal eine Sicherung durch. Ich drückte Dominique die anderen Flaschen Butterbier in die Hände und riss James an der Schulter zu mir herum, dann krachte meine Faust mitten in sein Gesicht. Ich hätte ihn verfluchen sollen, immerhin durfte ich jetzt offiziell zaubern, aber meine Faust war einfach schneller gewesen. James stürzte in meinen Geburtstagskuchen und riss ihn mit herunter. Sofort verstummte jegliches Gespräch im Garten. Geschockt lagen alle Blicke auf mir und mein Bruder hielt sich seine Nase. „Du dämliches Stück Eulenscheiße!“, fuhr ich ihn an. „Rede nie wieder so über meinen besten Freund!“ Verdattert wollte James sich aufrichten, doch ich stieß ihn grob zurück. „Was glaubst du eigentlich wer du bist? Das Dad das zulässt, dass er zu meinem Geburtstag kommt? Das Dad zulässt, dass du solch einen hirnlosen Scheiß von dir gibst!“ Ich wollte ihn noch einmal schlagen, aber dieses Mal ging Onkel Ron dazwischen und mein Vater trat zu uns. Entsetzt sah er von einem zu anderen und ich hob verächtlich den Kopf. „Du kennst Scorpius doch überhaupt nicht! Denn wenn du ihn kennen würdest, dann wüsstest du, dass all der Müll, der über ihn verbreitet wird, nicht wahr ist!“ Ich wusste, dass in der Schule über ihn geredet wurde. Nicht immer hielt ich es aus, ihnen zu zuhören. In all den Jahren hatte ich jedoch nie gesehen, dass Scorpius deshalb die Nerven verloren hatte. All die Gerüchte ließ er über sich ergehen. Mein Vater zog James vom Boden hoch, dann blickte er mich an und tätschelte mir die Wange, schließlich ging sein Blick an mir vorbei und ich drehte mich um. Sienna und Scorpius standen auf der Veranda und musterten das Schauspiel sichtlich verdattert. Beide hielten ein Geschenk in den Händen. Meine Freundin bewegte sich als Erstes wieder und drückte mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange, doch ich fühlte mich sichtlich unbehaglich. Schließlich trat ich auf Scorpius zu und räusperte mich: „Tut mir leid, dass du das mitansehen musstest.“ Mein Vater drückte uns ein Butterbier in die Hand und sprach an Scorpius gewandt: „Du bist hier immer willkommen und kannst Albus jederzeit besuchen, nur damit du es weißt.“ Scorpius nickte und umschloss mit beiden Händen die Butterbierflasche. Als mein Vater ging, hob er seinen Blick und sah mich an. Dann sprach er: „Danke, Al.“ Seinen Dank wollte ich nicht. Denn es war eine Selbstverständlichkeit. Er war mein bester Freund und blieb es auch, als wir Hogwarts verlassen hatten. Völlig idiotisch ließ er sich zum Auror ausbilden und kämpfte sich heldenhaft durch das festgefahrene System des Ministeriums. Nicht immer erzählte er mir von seiner Arbeit, aber von meinem Vater erfuhr ich, dass er sich tapfer schlug. Ich selbst ging in der Ausbildung zum Fluchbrecher völlig auf. Trotzdem beschimpfte nicht nur Sienna mich als einen Dummkopf, wenn ich im St. Mungos lag und mir wegen einer Explosion sämtliche Haare fehlten. Sie und Scorpius gaben sich in dieser Hinsicht die Klinke in die Hand. („Völlig verantwortungslos.“ - „Absolut dämlich!“ - „Das kann auch nur dir einfallen!“ - „Hast du überhaupt dein Hirn eingeschaltet!“) Manchmal störte es mich, wenn ich sah, wie gut Sienna und Scorpius miteinander zurecht kamen und als ich nach einer Kneipenrunde stark angetrunken verlauten ließ, dass es mich eifersüchtig machte, wenn er sich so gut mit ihr verstand, grinste er lediglich. „Ach Al, sie ist wie du, ich kann gar nicht anders, als sie zu mögen.“ - „Aber wir reden hier von mögen und nicht mögen mögen?“ Scorpius hatte mir bis ins Bett geholfen und zog mir die Schuhe aus, dann griff ich nach seinem Arm: „Mögen oder mögen mögen?“ Er rollte mit den Augen und seufzte tief: „Mögen in dem Sinne; sie ist dein Mädchen und zwar nur deines.“ Oft hatte ich das Gefühl, dass er mir ein viel besserer Freund war, als ich ihm. Er war da, wenn ich ihn brauchte, selbst, wenn ich überhaupt noch nicht wusste, dass es so war. Nie war er angenervt von mir, egal wie verklemmt, nervös oder unsicher ich war. Er baute mich auf, fand immer die richtigen Worte und verlangte nie eine Gegenleistung. Selbst jetzt, am 1. August, an meinem dreißigsten Geburtstag, nahm er nach einer Doppelschicht als Auror noch einen Kneipenbesuch in Kauf. Es war spät, der Pub 'Zum haarigen Herz' stark besucht und ich hockte an der Theke und hatte die ersten zwei Feuerwhiskys bestellt. Scorpius war spät dran, nichts, was mich nach all den Jahren noch überraschen würde. Mit ruhigen Fingern drehte ich eine Kräuterzigarette gegen die Schmerzen in meinen rechten Bein. Mein Beruf blieb nie ohne Folgen, aber dank dem Kraut ließen sich die Schmerzen recht angenehm betäuben. Jemand ließ sich auf dem Hocker neben mir nieder und ich sprach: „Beinahe habe ich damit gerechnet, dass du pünktlich kommst.“ Scorpius gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf: „Sehe ich aus, als könnte ich mich Bibbidi-Bobbidi-Boo, in Drei teilen?“ Ich sah auf und musterte ihn. Eine grobe Narbe zog sich an seiner linken Gesichtshälfte entlang, ein nettes Souvenir seines letzten großen Auftrages in Südafrika. Nachdenklich neigte ich den Kopf: „In Drei, also einmal ich, dein Job und...?“ Scorpius hob sein Glas Feuerwhisky und sprach: „Erst einmal Cheers und alles gute zum Geburtstag, alter Mann.“ Er lenkte vom Thema ab, aber so einfach machte ich es ihm nicht: „Ist das Lippenstift dort?“, ich zeigte mit den Daumen auf meinen Mundwinkel und prompt wischte sich Scorpius über die Lippen. Ich schmunzelte und stieß mit meinem Glas an seines. Dann tranken wir und ich sprach: „Du kannst deine geheime Liebschaft nicht für immer vor aller Welt fern halten. Beschwert sich seine Mutter noch nicht, dass sie noch keine Enkel hat?“ - „Vorne weg, es gibt drei Themen, über die ich heute nicht reden will. Frauen, meine Mutter und Babys, auf meiner Arbeit gibt es dank Kenneth, dem Troll, kein anderes Thema mehr.“ Ich schmunzelte ich zog an meiner Kräuterzigarette. Scorpius zog einen Umschlag aus seinem Umhang und reichte ihn mir: „Dein Geschenk.“ Was kam jetzt, Gutscheine für doppelte Käsesandwichs? Zwei Sammelkarten fielen heraus. Je eine von Duddy Demerest und Ally Holtby, genau die letzten beiden, die mir das Sammelalbum der legendären Quidditchspieler der letzten zweihundert Jahre vervollständigten. Sorgsam verstaute ich die Karten und sah Scorpius an. Mein Gegenstück war nicht Sienna, sie war mir zu ähnlich. Natürlich war sie mir unheimlich wichtig. Ich liebte sie und die zwei Rotznasen, die wir unsere Kinder nannten. Aber das perfekte Gegenstück bildete Scorpius, denn er war all das, was ich nicht war. Ich glaubte an die Gegenstücktheorie. Nur war ich zusätzlich der Meinung, dass man die andere Hälfte nicht unbedingt in der Liebe finden musste, sondern in dem besten Freund. Ein Freund, der jene Schlachten schlug, die ich nicht selbst schlagen konnte. Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)