Bitte, verlass mich nicht! von kleineTaenzerin ================================================================================ Kapitel 1: Das letzte Schuljahr ------------------------------- 310 Tage zuvor… April 2008 Er saß am Fenster und hatte sein Kinn auf seiner Handfläche abgestützt. Gelangweilt sah er hinaus und wartete darauf, dass etwas passieren würde. Heute war der erste Schultag seines Abschlussjahres und allmählich trudelten immer mehr Klassenkammeraden ins Klassenzimmer. Doch Takeru wartete nur auf die Ankunft seiner besten Freundin, die sich ausgerechnet heute viel Zeit ließ. Takeru hatte bereits einen Blick auf die Liste gewagt und mit Freuden festgestellt, dass sie alle zusammen ihr Abschlussjahr verbringen würden. Niemand wusste ja schließlich, was danach kam. „Guten Morgen“, begrüßte ihn ein gutgelaunter Davis und ließ sich hinter ihm nieder. Takeru beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus, machte aber keinerlei Anstalten sich herumzudrehen. Er kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er in wenigen Minuten vor ihm stehen würde und ihm irgendeine seltsame Geschichte über noch seltsamere Mädchen erzählen würde. „Also die Ferien waren viel zu kurz“, grummelte er und stand wirklich vor ihm. Er hatte sie Hände auf seinem Tisch abgestützt und begann zu erzählen, was er in den letzten zwei Wochen alles getrieben hatte. Takeru hörte ihm allerdings nur halbherzig zu. Manchmal nickte er und gab ein leises „Mhm“ von sich, um ihm zu signalisieren, dass er noch zuhörte, auch wenn es nicht stimmte. Seine Gedanken kreisten nach wie vor um seine brünette Freundin, die sich in letzter Zeit sehr verändert hatte. Und Takeru war es noch nicht mal richtig aufgefallen. Doch schon länger schien sie unglücklich und bedrückt zu sein, was sie nicht mehr länger vor ihm verbergen konnte. In den Ferien hatten sie viel Zeit miteinander verbracht, hauptsächlich bei ihm. Einmal hatte sie sogar bei ihm übernachtet. Mitten in der Nacht war sie zu ihm ins Bett gekrochen und suchte seine Nähe. Nicht, das es ungewöhnlich war, schließlich hatten sie schon oft in einem Bett geschlafen. Doch in dieser Nacht ging einiges nicht mit rechten Dingen zu. Sie hatte sich an ihn gepresst, sodass er Angst hatte, dass sie seinen beschleunigten Herzschlag und die Aufregung, die der in ihrer Nähe spürte, bemerken könnte. Doch nichts dergleichen geschah. Sie hatte ihr Gesicht in seine Brust gedrückt und ein zartes Wimmern überkam sie auf einmal. Hikari krallte ihre Fingernägel in sein Shirt und weinte. Geschockt und vollkommen ratlos, hatte er sich einfach schlafend gestellt und sie etwas fester an sich heran gedrückt. Er war sich nicht sicher, was mit ihr los war, hatte aber auch nicht das Gefühl, dass sie darüber reden wollte. „Hey! Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Davis verärgert und schnipste vor seinem Gesicht mit seinen Fingern. Takeru zuckte kurz zusammen und sah in das aufgebrachte Gesicht seines Freundes, der die Hände in die Hüften gestemmt hatte. „Tut mir leid, ich war in Gedanken“, murmelte er entschuldigend. „Hab ich gemerkt“, knurrte er, lockerte aber sein Gesicht wieder. „Gut, dann fragte ich dich eben nochmal: Gehst du am Samstag mit auf die Party von Nagisa?“ „Nagisa?“, wiederholte er und drehte sich kurz herum. Ein Mädchen mit langen, braunen Haaren wank den beiden zu, als Davis ihr keck zuzwinkerte. „Sie ist ein Traum“, meinte er herzlich schnaufend, bevor er sich wieder Takeru zuwandte. „Also kommst du mit? Ich habe schon Ken gefragt, aber er will nicht ohne seine Yolei gehen“. Davis verdrehte die Augen und machte keinen Hehl daraus, dass ihm die Beziehung der beiden auf die Nerven ging, auch wenn er bereits ein Jahr Zeit hatte, sich daran zu gewöhnen. „Sei doch froh, dass die beiden so glücklich sind“, tadelte ihn der Blondschopf und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Das bin ich doch auch!“, entgegnete Davis entrüstet. „Aber trotzdem will ich nicht das fünfte Rad am Wagen sein. Oder wohl eher das dritte Rad am Fahrrad“. Takeru schüttelte nur grinsend den Kopf, als Hikari plötzlich die Klasse betrat und direkt von Davis angesprochen wurde. „Guten Morgen, meine liebste Kari“, begrüßte er sie schleimig und legte den Arm um ihre Schultern. Kari blieb verwirrt stehen und musterte ihn skeptisch. „Liebste Kari? Okay was hast du vor?“, unterstellte sie ihm und lächelte zu Takeru, der sie besorgt ansah. Ihr Gesicht war fahl und ihre Augen waren leicht gerötet, so als hätte sie die Nacht nicht gut geschlafen. Er fragte sich, was nur mit ihr los war und warum sie mit ihm nicht darüber reden konnte. Sie redeten doch sonst über alles. Kari befreite sich von Davis‘ Arm und setzte sich auf ihren Platz. Sie ließ ihre Tasche sinken und sah auffordernd zu Davis, der mitten im Raum stand und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Langsam trat er näher und kniete sich vor Kari hin. „Wie wäre es, wenn wir alle zusammen zu Nagisas Party gehen! Ken und Yolei wollten auch kommen“. Kari drehte den Kopf zu Takeru und grinste ihn wissend an. „Ist Nagisa sein nächstes Opfer?“, fragte sie unverblümt. Takeru, der immer noch die Arme hinter dem Kopf verschränkt hatte, nickte amüsiert, als er erkannte, dass Davis Kopf hochrot anlief. „Erzähl‘ doch nicht so einen Mist!“, protestierte er und gestikulierte wild umher. „Was ist? Kommt ihr nun mit?“ Kari zuckte nur mit den Schultern und räumte ihren Block und ihr Mäppchen auf den Tisch. „Also ich würde schon gerne wieder etwas mit Yolei unternehmen und Ken habe ich auch eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen“. Er ging auf eine andere Schule und unternahm mit seinen Freunden meist nur etwas am Wochenende. Yolei hatte vor kurzem erst ihr Studium angefangen und war demensprechend beschäftigt gewesen. Es wäre schon schön alle mal wieder zu sehen. Jedenfalls war das Takerus Meinung. Davis wollte wirklich nur bei Nagisa landen, auch wenn er wohlmöglich keine Chancen bei ihr hatte. In Beziehungsgeschichten war er meist viel zu ungeduldig. Wollte zu vieles auf einmal und engte damit andere zu sehr ein. Er musste noch viel lernen, wenn er mal eine Freundin haben wollte. Dennoch war Takeru froh, dass er seine Schwärmerei für Kari aufgegeben hatte und alle drei mittlerweile gut befreundet miteinander waren. „Bitte kommt mit“, bettelte er fehlend und faltete die Hände vor ihnen zusammen. Takeru und Hikari blicken sich nur kurz an, als sie leicht kicherten. „Gut, aber nur damit du nicht das dritte Rad am Fahrrad bist!“, entgegnete Takeru und konnte über Davis anschließenden Freudentanz nur schmunzeln. Davis war einfach eine Kanone für sich. Nachdem sich der Igelkopf kurz von ihnen verabschiedet hatte, um mit einem Fußballkollegen etwas zu bequatschen, beugte sich Takeru sorgenvoll zu seiner besten Freundin rüber. „Ist alles okay bei dir? Du siehst heute überhaupt nicht gut aus“, stellte er fest. Kari sah ihn nur erschrocken an. „Vielen Dank für das Kompliment“, murrte sie eingeschnappt und fuhr sich durch das Gesicht. „So meinte ich das doch gar nicht“, verteidigte er sich. „Ich…ehm…ist vielleicht etwas vorgefallen, von dem ich nichts weiß?“ Ihr Körper verkrampfte sich augenblicklich und nur ein seichtes Kopfschüttelnd signalisierte ihm, dass sie nicht komplett bewegungsunfähig war. „Ich habe nur etwas schlecht geschlafen“, antwortete sie ausweichend, sah ihn jedoch nicht dabei an. Takeru presste die Lippen aufeinander und überlegte, was er zu ihr sagen könnte. Doch so wirklich viel, fiel ihm nicht ein. Vielleicht war es ihr auch unangenehm in der Schule darüber zu sprechen. Plötzlich überkam ihn eine Idee. „Hey, hast du vielleicht heute Mittag Lust zusammen mit mir auf Kimiko aufzupassen? Sora hat Uni und mich darum gebeten, zwei Stunden auf sie aufzupassen“. Gespannt wartete er auf Karis Antwort, doch ihr Gesicht war nach wie vor wie versteinert. „Ach komm, Kinder lieben dich! Mich pinkeln sie nur voll“, ergänzte er und zog die Unterlippe nach vorne. Kari lächelte sanft und schien darüber nachzudenken. Sie nickte kurz und kräuselte die Lippen. „Wir können ja später in den Park gehen. Es ist wirklich wunderschönes Wetter“, schlug sie vor. Ihre traurige Stimmung war wie weggeblasen. Dennoch hatte sich Takeru vorgenommen, ihr ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)