Stimme des Schweigens von Khaleesie ================================================================================ Kapitel 2: » Home is where your story begins... « ------------------------------------------------- …”Nathaniel?”, stießt du aus, als du in das warme Goldbraun der Iriden des Schülersprechers sahst. Er war wirklich immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Er war immer zur Stelle, wenn du ihn brauchtest. So war es schon, als du vor etwa 1 ½ Jahren auf das Gymnasium wechseltest. Nathaniel war freundlich und half dir mit deinen Unterlagen, bei denen noch eines der Formulare fehlte. Er war so nett, dir ein Neues zu besorgen, da du deines verbummelt hattest. Ebenso war er derjenige, der mit dir vor den Prüfungen lernte und dir alles erklärte, was du nicht verstandest. Debrah hielt nicht viel vom Lernen. Ebenso wie Castiel, weshalb du dir woanders Hilfe holtest. Glücklicherweise hattest du kein Problem mit Ambers Bruder, so wie es bei dem Paar der Fall war. Auch kamst du recht gut mit der Schulzicke zurecht, was aber wohl daran lag, dass du nie viel mit ihr zu tun hattest und sie dich kaum wahr nahm. Lieber schmiedete sie irgendwelche Intrigen gegen deine beste Freundin. Dass Amber hinter dem schwarzhaarigen Gitarristen her war, war ein offenes Geheimnis. Deshalb wunderte es dich auch nicht, dass der Lockenkopf förmlich Giftpfeile aus ihren Augen schoss, wenn sie der hübschen Debrah über den Weg lief. “Geht es dir gut?”, informierte sich Nathaniel und holte dich somit aus deiner Versunkenheit. Ein paar Mal blinzeltest du noch, ehe du einmal nicktest. “Ja, ich hab mich nur erschreckt.”, erwidertest du, nachdem du dich mit einem Blick vergewissert hattest, dass dir nichts fehlte. “Danke.”, setztest du nun lächelnd hinzu, woraufhin sich auch die Mundwinkel des Schülersprechers ein wenig hoben, ehe er dich los ließ, damit du aufstehen konntest. Dies tatst du auch sogleich, drehtest dich um und reichtest dem Blondschopf deine Hand, um ihm behilflich zu sein. Dankend ergriff er deine recht kleinen Finger und erhob sich. Zeitgleich klopftet ihr euch den Schmutz von den Hosen, was euch zum Lachen brachte. Im Anschluss sammeltet ihr noch deine Einkaufstüten ein, welche ein wenig verteilt am Füße der Treppe lagen. “Vielen Dank.”, sagtest du, als Nathaniel dir die Tüte mit der Hose reichte. “Und nochmal danke für’s Auffangen.”, setztest du hinzu, was dein Gegenüber mit einer wegwerfenden Handbewegung abtat. “Das hab’ ich doch gerne gemacht.”, erklärte er dir und kratzte sich ein wenig verlegen am Hinterkopf, während sein Blick zur Seite glitt. Schon immer war er ein wenig schüchtern, was du aber irgendwie an ihm mochtest. Kurz überlegtest du, ob du noch etwas sagen solltest, doch kam dir dein Mitschüler zuvor. “Ich muss dann auch schon weiter.”, erklärte er dir und verabschiedete sich knapp, was du ihm gleich tatst. Du sahst Nathaniel noch einen Moment nach, ehe dir wieder einfiel, wohin du wolltest. Schnellst sahst du auf dein Handy, welches noch eines der älteren Modelle mit Tasten und zum Aufklappen war und stelltest fest, dass du noch exakt eine Minute Zeit hattest, um deine Bahn zu erwischen. Aus diesem Grund nahmst du auch sprichwörtlich deine Beine in die Hand und hastetest durch die recht schmalen Gänge, ehe du dein Gleis erreichtest, wo sich die Türen des öffentlichen Verkehrsmittels gerade schlossen. Im letzten Moment schafftest du es, deine zierliche Gestalt durch den Spalt ins Innere des Gefährts zu befördern. Erleichtert holtest du tief Luft und strichst dir deine Locken hinter die Ohren, bevor dein Blick durch das Zugabteil schweifte. Einen Sitzplatz konntest du leider nicht entdecken, wodurch du gezwungen warst, stehen zu bleiben. Seufzend griffst du nach der metallenen Stange neben der Tür, um kein weiteres Mal auf dem Boden zu landen. Die Fahrt dauerte nicht all zu lange. Nach zwölf Minuten wurde bereits deine Haltestelle angesagt, an der du aussteigen musstest. Nur wenig später stoppte die U-Bahn und die Türen schwangen auf, sodass du ab jetzt deine eigenen Beinen benutzen musstest, um deinen Wohnblock zu erreichen. Glücklicherweise war der Weg nicht sehr weit. Von der Haltestelle bis zu deiner Straße liefst du gerade einmal zehn Minuten. Bereits auf den letzten Metern kramtest du deinen Schlüsselbund aus deiner Tasche und konntest so ohne erst ewig suchen zu müssen, das ziemlich alte Gebäude betreten. Die Hauswände waren grau und der Putz bröckelte bereits. Die Fensterrahmen waren aus dunklem Holz und an einigen Stellen gesplittert. Die Haustür war in einem schrecklich hässlichen Grün und auch das Schloss klemmte ein wenig. Im Inneren sah es nicht viel besser aus. Überall konnte man Graffitis entdecken. Manche von ihnen kamen einem Kunstwerk nahe, doch das Meiste war nur Geschmiere. Allerdings machte sich auch niemand die Mühe, den Putzlappen zu schwingen oder gar mit weißer Farbe alles über zu streichen. Du selbst spieltest schon einmal mit dem Gedanken, ließest es dann, da du dir sicher warst, dass es nach wenigen Wochen - wenn nicht sogar schon nach Tagen - wieder so aussah. Ein erneuter Seufzer drang über deine Lippen, als du den Briefkasten öffnetest und dir ein Stapel Zeitung und Werbung entgegen kam, welcher sich sogleich auf dem Boden ausbreitete. Grummelnd gingst du in die Hocke und sammeltest alles wieder ein, woraufhin du das Papier einfach in eine deiner Einkauftüten stopftest. Du warst ohnehin die Einzige, die ein wenig darin herum blätterte und den einen oder anderen Artikel las. Anschließend stiegst du die Treppe in den vierten Stock empor, wo du schwer atmend ankamst. Während du den Wohnungsschlüssel suchtest, lehntest du dich mit der Schulter gegen den Türrahmen. Kurz darauf schlossest du auch schon die Pforte auf und betratst die Wohnung, in der es auffällig still war. “Ich bin wieder da!”, riefst du vom Flur aus, wo du dir deine Schuhe auszogst, erhieltst aber keine Antwort. “Keiner da?”, fragtest du dich selbst und begabst dich dann auch schon auf die Suche nach deiner Mutter und deinem Bruder. Wie du es bereits vermutetest, waren sie nicht zu Hause. Schulter zuckend nahmst du es hin. Vermutlich waren sie auf dem Spielplatz oder einkaufen. Irgendwann kamen sie schon zurück. Mit deinem Einkauf in der Hand gingst du in dein Zimmer, welches sich gleich links neben der Wohnungstür befand und stelltest die Tüten auf deinen Schreibtisch, der gegenüber des Eingangs stand. Gähnend liest du dich rücklings auf dein Bett fallen. Dieses fand seinen Platz direkt neben dem Schreibtisch und reichte leider nur für eine Person. Gerne hättest du ein Größeres, doch war dein Zimmer zu klein, um neben einem Doppelbett auch noch all die anderen Möbel unter zu bringen. Allerdings bekamst du ohnehin nicht all zu viel Besuch. Schon gar nicht über Nacht. Debrah kam ab und zu vorbei, doch wenn ihr euren Mädelsabend abhieltet, tatet ihr dies bei deiner besten Freundin zu Hause, da sie ihre Eltern nicht einmal fragen musste. Natürlich kam es, wie es kommen musste: Du schliefst ein und wurdest erst wieder wach, als dein kleiner Bruder förmlich auf dich drauf sprang. “Joél!”, schimpftest du, doch konntest dir ein Lächeln dann doch nicht verkneifen, als der kleine Mann freudig deinen Namen rief und dich fest an sich drückte. Mit dem Blondschopf auf deinem Arm erhobst du dich langsam und trugst ihn in die Küche, wo deine Mutter bereits das Essen zubereitete. “Wo wart ihr?”, informiertest du dich beiläufig, während du den kleinen Joél auf seine Füße stelltest. “Einkaufen.”, beantwortete die Frau Ende 30 deine Frage und sah dich einen Moment lang an, bevor sie sich wieder der Soße widmete. Du warfst einen Blick über ihre Schulter und konntest feststellen, dass es heute wohl Spaghetti Bolognese gab. “Wie war dein Nachmittag?”, wollte deine Mutter nun von dir wissen. Du berichtetest von deiner Shoppingtour mit Castiel und Debrah und zeigtest ihr auch, was du dir gekauft hattest. Ihr redetet ein wenig über euren Tag und saßt eine halbe Stunde später zu dritt am Esstisch. Das waren diese Momente, in denen du vergessen konntest, dass du eigentlich unglücklich verliebt warst. In denen du dankbar dafür warst, dass du eine Familie hattest, in der du geliebt wurdest und dass ihr zufrieden mit dem wart, was ihr hattet, obwohl das seit der Scheidung deiner Eltern nicht sehr viel war. Dir war klar, dass du jederzeit mit deiner Mutter über alles reden konntest, wenn du etwas auf dem Herzen hattest. Wenn du im Beisein deiner Familie an Castiel dachtest, erschien dir der Kummer um seine Person als weniger tragisch und ließ dich glauben, dass er irgendwann nur noch ein Freund für dich war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)