Der Nerdkönig von Fara_ThoRn (~ Was, wenn der Froschkönig ein Nerd wäre, und die Prinzessin ein Prinz?) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 - Die Moral von der Geschicht ... ------------------------------------------------------ Was wäre Weihnachten ohne Märchen? Eben. Nur halb so schön. Deswegen bin ich auch so glücklich, euch endlich meine Version vom Froschkönig präsentieren zu können! ^_________^ Seit zwei Jahren dümpelte sie unbeendet auf meiner Festplatte herum, weil ich keine Zeit für sie hatte. Doch jetzt habe ich mich durchgerungen, mich auf meine vier Buchstaben gesetzt, und sie fertig geschrieben! Ich freue mich so! ^^ Zu meiner Hauptfigur, der 'Prinzessin'. Seit nicht so streng mit ihm. Ich drücke ihm zu Beginn extra eine arschige Persönlichkeit auf. Eben genauso, wie sie die Frosch verkloppende Prinzessin im Märchen hat. Ich konnte die Tusse noch nie so wirklich leiden. Erst hilft ihr der arme Frosch, und dann macht die Pute so einen Aufstand, nur weil der Frosch bei ihr im Bett schlafen will. Tzääh! Die soll sich mal nicht so anstellen. Ich muss mir auch jeden Tag das Geschrei meiner Katze anhören, weil sie den lieben langen Tag in meinem Bett liegen möchte. Und? Klatsche ich sie deshalb gleich an die Wand?! Nääh! xD Okay, genug von gehässigen Prinzessinnen und scheienden Katzen! Auf zum süßen Frosch und dem (noch) nervigen, oberflächlichen Prinzen. ^^ Leider notwendig zu erwähnen: Alle Rechte meiner Texte liegen allein bei mir. Meine Texte, mein Eigentum. Unerlaubte Veröffentlichungen, auch nur auszugsweise, auf anderen Plattformen oder Onlineshops sind verboten, und das mache ich Text-Dieben auch rechtlich begreiflich, falls es sein muss. Also? Klauen is nicht. Und wie ich kürzlich erfahren habe, haben meine lieben Leser ihre Augen überall und berichten mir jeden dreisten Text-Diebstahl. Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen und genauer hinsehen, was einem auf digitalem Wege angeboten wird. In diesem Sinne wünsche ich euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. Eure Fara Der Nerdkönig ~ Was, wenn der Froschkönig ein Nerd wäre, und die Prinzessin ein Prinz? Einleitung Es war einmal, vielleicht ganz in eurer Nähe, ein junger hübscher Prinz. Dieser saß ganz alleine auf dem höchsten Turm seines Schlosses und schaute seinen Untertanen dabei zu, wie sie geschäftig auf den Wegen und Wiesen miteinander redeten, oder sich einfach faul in der Sonne labten. Glücklich war der Prinz. Alles in seinem Leben war perfekt und seine Gefolgschaft liebte ihn. Zufrieden mit sich und dem Leben, das er führte, genoss er die Sonne. Er lehnte sich über die Brüstung des Turms und spielte mit seinem goldenen Lieblingsspielzeug. Doch er passte für eine Sekunde nicht auf und plötzlich rutschte es ihm aus den Fingern. Er versuchte noch nach ihm zu greifen, aber es fiel auf das Vordach des hohen Turms und blieb darauf liegen. Seine Panik war groß, denn es war wirklich sein liebstes und teuerstes Spielzeug. Jammernd versuchte er es zu erreichen, doch sein Arm war dazu zu kurz. Zudem plagte den unglückseligen Prinzen eine riesige Höhenangst, weshalb er sich nicht traute, sich weiter hinabzubeugen, oder gar hinab auf das hohe Vordach zu klettern. "Ich brauche Hilfe", überlegt er laut und voller Gram. "Das schaffe ich nicht alleine." "Vielleicht kann ich dir helfen?", fragt eine leise, sanfte Stimme direkt hinter ihm. "Aber im Gegenzug dafür möchte ich etwas von dir. Ein Versprechen." ****** Kapitel 1 - Die Moral von der Geschicht ... Erschrocken drehe ich mich zu der Person um, die hinter mir ihre Stimme erhoben hat. Ein schmächtiger Kerl steht knapp zwei Meter weit von mir entfernt, knetet sich die Finger wund und sieht alles andere als selbstsicher aus. 'Ein Nerd!' Und ihm soll ich was versprechen? "Und was soll das sein?", spotte ich und verschränke die Arme vor der Brust. Scheu weicht der kleine Nerd mit der dicken Brille auf der Nase meinem schnippischen Blick aus. "Ein Date", flüstert er so leise, dass ich meine Ohren spitzen muss. "Was? Ich habe dich nicht verstanden! Sprich lauter!" Ja ja, ich bin fies! Heult doch! "Ein Date! Ich hätte im Gegenzug gerne ein Date mit dir!", sagt er diesmal lauter mit einem Hauch von Trotz in der Stimme. Lachend schüttle ich den Kopf. Der kleine Nerd möchte ein Date mit mir! Wie dreist ist das denn? "Ich gebe dir ein Mittagessen in der Mensa aus. Mehr ist nicht." Und dabei werde ich ganz sicher nicht neben dir sitzen, du Bücherwurm. "Nein. Entweder du und ich treffen uns zu einem richtigen Date, oder du kannst dir dein Handy selbst vom Vordach angeln." Huh! Der kleine Nerd zeigt Mumm! Irgendwie drollig. Er möchte also ein Date? Fein! Aber nur nach meinen Regeln. "Okay. Ein Date. Heute Abend bei mir." Undenkbar, wenn mich einer mit dem da draußen auf der Straße oder gar in einem Club sehen würde! Er scheint zu überlegen, wagt sich tatsächlich näher an mich ran und streckt mir todesmutig seine schmale Hand entgegen. "Ein Essen bei dir? Okay. Aber dann darf ich bei dir übernachten." Was?! "Sonst kannst du selbst zusehen, wie du dein Handy wiederbekommst. Kannst ja den Hausmeister fragen." Ein klitzekleines, selbstgefälliges Grinsen huscht über seine Lippen. Ist das zu fassen?! So eine miese Kröte! Dieser Nerd weiß ganz genau, dass es verboten ist, hier oben rumzuhängen. Ich habe also gar keine andere Wahl, als einzuwilligen. "Gut. Einverstanden." Ich gebe klein bei. "Abgemacht." Wir besiegeln unsere Abmachung per Handschlag. "Dann mach dich mal an die Arbeit." "Kleinen Moment noch." Der Nerd dreht sich um und verschwindet durch die Luke, die hier hoch auf das Dach der Berufsfachschule führt. Mal sehen was er vor hat. Mürrisch warte ich auf seine Rückkehr. Wie ist er eigentlich von mir unbemerkt hier hoch gekommen? Vielleicht war er ja auch schon vor mir hier oben. Wer weiß? Keine Ahnung. Jedenfalls kenne ich ihn nicht, und auch wenn er mir jemals auf dem Schulgelände mal über den Weg gelaufen sein sollte, erinnere ich mich nicht mehr dran. Er ist eben nur ein Nerd und sieht auch so aus. Mit solchen Leuten gebe ich mich nicht ab, oder sehe sie gar genauer an. Das ist unter meinem Niveau. Kaum zu fassen also, dass er mir tatsächlich ein Date abgeschwatzt hat! Er, mit diesen snchwarze, schlecht frisierten strohigen Haaren und der klobigen Brille, die seine Augen so groß wie Froschaugen aussehen lassen. Dazu trägt er ein kartiertes Hemd, das er über ein viel zu oft gewaschenes, dunkelblaues Shirt gezogen hat und eine langweilige, noch verwaschenere Jeans, die viel zu groß für ihn erscheint. Er ist eben durch und durch ein kleiner Nerd. 'Hoffentlich sieht mich niemand mit ihm zusammen.' Das wäre eine riesige Blamage. Es dauert nicht lange, da öffnet sich die Luke wieder und der kleine Nerd schlüpft hindurch. Bei sich trägt er so einen Greifding zum Mülleinsammeln. Es ärgert mich, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin. Aber das lasse ich mir nicht anmerken. Stattdessen recke ich überlegen mein Kinn in die Höhe, verschränke die Arme vor der Brust und hebe abwartend eine Augenbraue gen Himmel. "Wenn mein Handy kaputt geht oder es aus dem Ding da herausrutscht, wird das nichts mit dem Date. Kapiert?" "Kapiert." Entschlossen lehnt er sich über die Brüstung. Mit schief gelegtem Kopf beobachte ich ihn dabei. Er beißt sich konzentriert auf die Zunge und macht sich so lang wie möglich. Ich sagte es bereits: Er hat Mumm! Jedenfalls für einen Nerd mit Hornbrille und Schmuddelklamotten. Der Greifarm kratzt laut auf dem Vordach, weshalb ich einige Schritte zurück gehe. Ich bin echt am Arsch, wenn ich hier mit ihm gesehen werde. Das würde mein gesellschaftliches Ansehen höchst wahrscheinlich nicht verkraften. "Ich hab's!", ruft er plötzlich. Vorsichtig landet mein Smartphone in seiner Hand. Ich fasse es nicht! Er hat es geschafft! "Hier!" Ich habe es wieder. "Danke Mann." Es ist total verschmiert und dreckig. Hoffentlich sind keine Kratzer drinnen, doch nach genauerer Betrachtung kann ich keine Kratzer in meinem goldenen Liebling entdecken. "Kein Wort zu irgendjemanden, verstanden?!", bläue ich Froschauge noch einmal ein. "Geht klar." "Gut. ... Ist ja verboten hier oben herumzugammeln." "Ich weiß. Also um wie viel Uhr soll ich heute zu dir kommen?!" "Du ... äh ... ich sag dir noch mal Bescheid. Ja?" Fluchtartig laufe ich zur Dachluke rüber. Nichts wie weg von hier. "Warte mal! Xander?!" Uh Fuck! Der Nerd kennt meinen Namen. Na ja. Wer nicht? "Sorry! Ich muss. Danke noch mal!" Eilig schlüpfe ich durch die Dachluke nach unten und lasse Froschauge zurück. Gerettet! *** Skeptisch betrachte ich meine Haarpracht im Spiegel. Ich bekomme schon wieder einen dunklen Ansatz. Man sieht ihn noch nicht, aber ich weiß das er da ist. Gigi muss mir morgen eine Farbpackung verpassen. Strohblond. Genauso wie ich sie als kleiner Junge hatte. Die Sommersprossen nerven etwas. Aber das lässt sich mit Schminke richten. Noch etwas Eyeliner, um das Bild abzurunden ... Perfekt! Selbstverliebt funkeln mir meine blauen Augen aus dem Spiegel entgegen. Ja, ich bin mehr als eitel, aber ich sehe selten jemanden, der so gut aussieht, wie ich. Noch schnell meinen Arsch in der engen Jeans gecheckt ... Heiß! Der Abend kann beginnen. Unten klingelt es. Das muss mein Kumpel Gigi sein, mit dem ich für heute Abend verabredet bin. Ich fliege fast die Treppen hinunter vor lauter Vorfreude. Wir wollen ausgehen und ich will mindestens einen heißen Kerl abschleppen! Für mich sowieso kein Problem. Die Kerle stehen auf mich, und können mir einfach nicht widerstehen. Noch einmal klingelt es. "Mach dir nicht ins Hemd! Ich komme ja schon!", rufe ich und öffne die Tür. "Gut das du so früh bist! Dann kannst du mir gleich die Haare ... Was machst du hier?!" Der Nerd von heute Mittag! Den hatte ich ja total vergessen! Oder besser gesagt: verdrängt. "Wow. Du siehst ... einfach Atemberaubend aus!", stottert er und begafft mich sabbernd. "Das weiß ich selbst", antworte ich zickig. "Kleiner, schwirr ab! Heute passt es nicht." "Was? Aber wir hatten doch eine Abmachung!" "Oh man Kleiner. Wie sage ich das jetzt am besten?" Ich hasse es, das Gesindel abzuwimmeln! "Hast du wirklich geglaubt, dass du bei mir übernachten kannst?!" Wie er schon dasteht! Mit seinem kleinen, lächerlichen Rucksack auf dem Rücken! Als wäre er in der Grundschule und will bei seinem kleinen Freund übernachten. "Aber ich habe dir dein Handy zurückgeholt." "Und das war echt mutig von dir! Noch mal danke dafür, aber ich habe heute echt viel zu tun." Ich trete zurück und knalle ihm die Tür vor der Nase zu. "Wo soll ich denn jetzt hin?!", höre ich ihn rufen. "Geh nach Hause zu deiner Mama!" Toll! Jetzt hätte der Nerd es fast geschafft, mir meine gute Laune zu ruinieren. Aber nur fast. *** "Xander?!" Ich falle fast aus meinem Bett. "Ja Dad?!" "Komm mal sofort hier her!" Oh man! Was will der denn? Kaum zu Hause, brüllt er wieder das Haus zusammen! Warum ist er eigentlich schon so früh am Abend hier? Und wo zum Teufel bleibt Gigi nur? Er wollte schon längst hier sein. "Was gibt's Dad?", frage ich, als ich die Küche betrete. "Kannst du mir mal verraten, was DAS soll?!" Er zeigt auf etwas in der mir abgewandten Ecke der Küche. "Was denn?" Neugierig schaue ich in besagte Ecke und erstarre. "Du?!" "Hi." "Was sucht der hier?!", rufe ich und starre den kleinen Nerd an, den ich vorhin noch abgewimmelt habe. Offensichtlich nicht erfolgreich. "Was er hier sucht? Junge? Du hast dir wirklich das letzte bisschen Hirn aus dem Schädel gefärbt." Wow! Hallo?! "Dad!" "Nichts Dad! Hast du denn keinen Funken Anstand mehr in dir? Habe ich dir nicht beigebracht, dass ein Mann immer sein Wort und seine Versprechen hält?" Dieser kleine Nerd hat mich verpetzt?! So eine Gift-Kröte! "Ich musste ihm heute absagen. Ich habe Gigi schon versprochen gehabt ..." "Dein toller Gigi kann mal warten!" "Aber Dad ...!" "Himmelherrgottnochmal Xander! Du bist neunzehn! Werde endlich erwachsen und steh zu deinem Wort!" Mit zusammengekniffenen Zähnen nicke ich. Mit meinem Vater ist nicht zu spaßen, wenn er sich so aufregt. "In zehn Minuten gibt es Abendessen. Decke den Tisch. … Für uns, UND deinen Übernachtungsgast." "Ja Dad", knurre ich notgedrungen. Mein Vater rauscht an mir vorbei in sein Arbeitszimmer, wobei er mir noch einen zornigen Blick zuwirft. So eine Scheiße! "Es tut mir leid." Giftig schaue ich diesen kleinen, petzenden Nerd an. "Das ändert jetzt auch nichts mehr!" Wütend öffne ich den Küchenschrank und greife mir drei Teller. "Ich helfe dir." "Pfoten weg! Und fass mich nicht an! Ich bin frisch geduscht, du kleiner Schmierlappen!" Das saß! Und ich trete noch einmal zu. "Was fällt dir eigentlich ein, meinem Vater alles zu petzen, hä? Anders weißt du dir wohl nicht zu helfen, du kleiner Schleimer!" "Das habe ich nicht!" "Ach?! Und wieso wusste er Bescheid?!" Der Nerd senkt seinen Kopf. "Ich war noch draußen. Ich hab auf der Treppe gesessen, als er plötzlich die Auffahrt hochgefahren ist. Er wollte wissen was ich hier mache und ich erzählte es ihm. Ich hatte Angst, dass er vielleicht denkt, ich hätte was Böses im Sinn, und ruft deshalb vielleicht die Polizei." "Du hast auf der Treppe herumgelungert? Warum bist du nicht nach Hause, wie ich des dir gesagt habe?" Ist der dumm?! "Das konnte ich nicht. Ich habe meinem großen Bruder erzählt, dass ich ein Date habe. Was soll er denn von mir denken, wenn ich ihn gleich wieder anrufe und ihn bitte, mich abzuholen?" Mein Kiefer spannt sich schmerzhaft an vor Zorn. Der lügt doch! "Hier! Trag das ins Esszimmer!" Ich drücke ihm Gläser und Besteck in die Hand. Von wegen Bruder! Billige Ausrede! Aber was soll ich dagegen tun? Nichts, denn mein Vater scheint ihm zu glauben. 'Na warte. Das wirst du mir büßen.' *** Jetzt sitze ich schon seit einer halben Stunde in dieser Nerdfalle! Elijah, so der wirklich passende Name für diesen scheinheiligen Nerd, schleimt sich ununterbrochen bei meinem Vater ein. Wie toll, das Elijah so super Noten hat, und sich in Politik so gut auskennt! Streber! "Oder Xander?" "Was?" Genervt schaue ich von meinem Teller auf. "Elijah könnte dir doch Nachhilfe geben." Nur über meine Leiche! "Meine Klausuren sind gut." "Sie könnten aber noch besser sein", mahnt mich Dad. "Ich bin zufrieden." Mit einem vernichtenden Blick starre ich zu Elijah. Der errötet und schaut weg. He he! "Xander? Am besten du schaust mal im Gästezimmer nach Bettwäsche für deinen Gast." "Das kann er auch selbst. Liegt ja alles parat." "Xander! Du willst ihn doch nicht im Gästezimmer übernachten lassen?" "Wo denn sonst?", keife ich meinen Dad an. "Bei dir im Zimmer." "Ja, so sehe ich aus!" Das kommt ja mal gar nicht in die Tüte! Sauer landet Vaters Faust auf dem Tisch. Das Besteck scheppert laut und ich zucke erschrocken zusammen. "Er schläft bei dir! Das wird dich hoffentlich lehren, nicht so leichtfertige Versprechen zu geben!" "Bei mir ist kein Platz! Außerdem ist die Luftmatratze kaputt." "Dann schläft er eben bei dir im Bett!" "Bist du wahnsinnig?!" Der hat sie doch nicht mehr alle! Spinnt der? "Nicht in diesem Ton, junger Mann!" "Du kannst mich mal!", brülle ich, werfe das Besteck auf den Tisch und stürme aus dem Esszimmer. "Xander! Komm sofort zurück!" Ich denke ja gar nicht dran! Geladen wie eine Stromleitung stapfe ich die Treppen hoch und renne in mein Zimmer. Laut knallt die Tür hinter mir zu und ich werfe mich aufs Bett. In mir kocht es, als ich mein Handy greife und Gigis Nummer wähle. "Gigi? Wo bleibst du?" /Bin gleich fertig. Hatte noch einen Kunden im Salon./ "Bitte beeil dich! Hier bricht gerade der blanke Horror aus!" /Hört sich ja schlimm an! Bin unterwegs Schätzchen!/ "Okay, bis gleich." Ich lege auf und prompt klopft es an meiner Tür. "Lass mich in Ruhe!" "Ich bin's. Elijah." Wer sonst! "Verschwinde endlich, du dämlicher Nerd! Du ruinierst alles!" "Mir ist aber langweilig." Hat der sie noch alle?! "Können wir uns nicht ein bisschen miteinander unterhalten? Uns jetzt zu streiten bringt doch auch nichts." Die Türklinke drückt sich nach unten. Stinkig schwinge ich mich vom Bett, da steht er schon in meinem Zimmer. "Hab ich gesagt, dass du rein darfst?!" Der Nerd strafft sich und atmet tief ein, ehe er mir trotzig antwortet. "Ja. Heute Mittag. Als ich dir dein Handy vom Vordach geangelt habe. Wo kann ich den Rucksack hinlegen?" So ein mieser, dreister ...! "Nimm deinen Scheiß und geh! Dich will hier niemand!" Unbeirrt bleibt er vor mir stehen, legt dann seinen Rucksack auf meinen Bürostuhl und inspiziert mein Zimmer. "Du liest viel", bemerkt er. "Und? Überrascht?" "Nein. Ich habe schon immer gewusst, dass in dir mehr steckt, als dieser oberflächliche Märchenprinz." Mir fällt die Kinnlade runter. Oberflächlicher Märchenprinz?! "Anne Rice und Poppy Z. Brite lese ich auch gern. Am liebsten auf englisch. Besonders die Bücher von Poppy. Die sind meist furchtbar übersetzt, oder stellenweise sogar gekürzt." "Echt?" "Ja. Dir ist was entgangen, wenn du die nicht im Original hast. Ich kann sie dir leihen." "Gerne ..." Moment mal! Stopp! "Du kleiner Scheißer! Ich weiß, was du gerade vorhast!" "Was meinst du?" Mit seinem Unschuldsblick, den er unter den großen Brillengläsern zur Schau stellt, bekommt er mich nicht herum! "Du schleimst dich bei mir ein! Wie bei meinem Vater! Aber mit mir nicht, Freundchen!" "Ich schleime nicht." "Erzähl das jemanden, der deine Lügenmärchen glaubt!" Ich schlage gegen seinen Rucksack, der daraufhin auf den Boden kullert. "Von mir aus penn heute bei mir. Ja! Sogar in meinem Bett. Morgen bin ich dich ja wieder los! Aber versuche nicht noch einmal, dich bei mir oder meinen Vater einzuschleimen! Hast du verstanden?" "Das ... Das will ich doch gar nicht! Ich will dich doch nur kennenlernen." Ich lache gekünstelt auf. "Vergiss es!" Kleine, braune Nerdaugen schauen mich traurig an. Man könnte fast Mitleid bekommen. Könnte man, wenn dieser Streber mich nicht so sehr aufregen würde. *** "Gigi!", flüstere ich unendlich erleichtert. "Endlich! Komm rein." So leise es geht laufe ich mit ihm durch den Hintereingang und dann die Treppen hoch. "Was ist den los? Erklärst du mir das endlich mal?", fragt er mich leise. "Komm erst mal mit." Ich ziehe ihn ins große Badezimmer rein und schließe vorsichtig, ohne großen Lärm zu veranstalten, die Tür hinter uns. Mein Dad ist im Arbeitszimmer verschwunden und der nervige Nerd vergnügt sich munter in meinem Zimmer. Wir müssen leise sein, damit Dad nicht mitbekommt, dass ich meinen Besuch alleine gelassen habe, um Gigi heimlich ins Haus zu schleusen. "Ich habe ein Problem!", beginne ich sofort und schildere ihm alles haargenau. Gigi wirkt nach meinem Bericht mehr als ratlos. "Und was soll ich jetzt machen? Ihn mit meinen Scheren hinausjagen?" "Quark! Bleib bitte nur bei mir und beschütze mich vor diesem schmierigen Kerl." "Ist er wirklich so schlimm?!" "Schlimmer!" Gigi seufzt und fährt sich durch die Meerblau gefärbten Haare. Gestern waren sie noch Lila. "Ach Mensch Xander. Ich wollte doch heute Party machen!" "Bitttehehe!", quengle ich und klimpere mit meinen Wimpern. "Na gut!", seufzt er. "Ich schaue ihn mir wenigstens mal an." "Oh danke!" Ich umarme meinen Freund und knutsche ihm die Wange nass. Zurück in meinem Zimmer sitzt der Nerd verstört auf meinem Bett und bekommt noch größere Augen, als sowieso schon dank dieser beschissen-hässlichen Brille, als er meinen besten Freund erblickt. "Das ist Gigi", stelle ich ihm meinen Freund knapp und kurz angebunden vor. "Hey! Und wer bist du?" Total perplex bin ich nun derjenige, der Gigi anglotzt, denn er geht auf den dummen Nerd zu und streckt ihm seine Hand entgegen. Doch wenn es nur das wäre. Gigi lächelt die kleine Brillenkröte an! "Ich heiße Elijah." "Freut mich Elijah!" Sag mal: Bin ich im falschen Film? Gigi wirkt total euphorisch. Und seinen Blick kenne ich nur zu gut. Er findet den Nerd doch nicht etwa sympathisch?! Die sollen sich doch nicht anfreunden! Gigi soll ihn von mir fernhalten und keinen Smaltalk mit ihm machen, oder ihm gar freudige Blicke zuwerfen! "Finde ich ja mutig von dir, dass du Xanders Handy vom Vordach gefischt hast." "Ach was! Ich helfe doch gerne." "Moment mal jetzt! Gigi?!" Ich ziehe an seinem Arm und suche diesmal mein eigenes Badezimmer, mit ihm im Schlepptau, auf. "Was wird das bitte schön?!", fahre ich ihn zischend an. "Was denn? Elijah ist niedlich. Ich frage mich, was du gegen ihn hast." Er findet ihn bitte WAS?! "Du bist ... Leidest du an Geschmacksverirrung?!" Gigi blinzelt mich an, verengt dann seine Augen und beginnt breit zu grinsen. "Komm mit! Ich zeig's dir." Wieder raus aus dem Bad, bleibe ich mit verschränkten Armen vor meinem Bett stehen. Was hat Gigi denn bloß vor? Und was sieht er an dem kleinen Nerd, das ich nicht sehe? "Elijah? Kannst du mal aufstehen?" Elijah nickt, sieht aber aus wie ein scheues Reh im Scheinwerferlicht. Kann ihn nicht mal jemand überfahren? "Darf ich?", fragt Gigi ihn und zupft an Elijahs kariertem Hemd. "Hnn … Okay." "Du hast was drunter?" "Ja. Ein Unterhemd." "Perfekt!" Fassungslos schaue ich dem Spektakel zu. Was soll das alles? Gigi knöpft das Hemd dieses Nerds auf, zieht es aus der lächerlich weit sitzenden Jeans und streicht es glatt. Und nun? Jetzt steht er zwar mit offenem Hemd da, ist aber noch immer der selbe, unscheinbare Nerd wie zuvor mit zugeknöpftem Hemd. Gigi überlegt, tippt währenddessen mit dem Zeigefinger auf seiner Wange herum und mustert Elijah dabei gründlich, bevor er sich ruckartig in Bewegung setzt. "Nicht erschrecken", kichert mein Kumpel und zieht ihm das karierte Hemd von den Schultern. "Halt mal." Mir wird der karierte Lumpen entgegengehalten. Widerwillig nehme ich ihm den Fetzen ab. Eigentlich will ich das Ding gar nicht anfassen. Wer weiß schon, wo das schon überall vorher war? "Komm mit ins Bad. Deine Frisur sieht furchtbar aus! Nimmst du irgendwelche Pflegeprodukte?" "Ähm … Ich weiß nicht." "Na, das bekommen wir schon wieder hin. Keine Sorge." "Aber ich ..." "Keine Widerrede!", unterbricht Gigi ihn, und schleift den sichtlich irritierten Nerd ins Bad. Die beiden lassen mich einfach links liegen und schließen das Badezimmer hinter sich ab. Ich bleibe alleine in meinem Zimmer zurück. Hat Gigi jetzt eine Vollmeise?! *** Genervt lausche ich den Dingen, die sich hinter meiner geschlossenen Badezimmertür abspielen. Ich höre Wasser rauschen, angeregtes Geplapper (verstehe aber kein einziges Wort) und Gigi lacht sogar manchmal schrill und laut auf, was er trotz seiner extrovertierten Art nicht bei jedem macht. Die scheinen sich ja prächtig zu amüsieren! Ohne mich! Was fällt denen nur ein?! Ich erschrecke mich fast zu Tode, als endlich die Tür auffliegt und Gigi, in feuchte Dunstschwaden gehüllt, aus dem Badezimmer stürmt. "Du. Wirst. Augen machen!", plärrt er mir ins Gesicht, das er umfasst hält. "Elijah Schatz? Lass dich bewundern!" Habe ich gerade richtig gehört? Hat er eben wirklich Elijah Schatz gesagt? Mächtig auf Krawall gebürstet rüste ich mich für eine Schimpftirade. Ob gegen Gigi oder Elijah ist mir völlig schnuppe. Verdient hätten sie es beide! Ich warte nur noch ab, bis der kleine Nerd sich endlich aus meinem Bad traut, dann lege ich los. "Komm schon! Sei nicht so schüchtern!" Ja kleiner Nerd! Komm zu Mama und hol dir den Anschiss deines Lebens ab! "Okay Gigi." Ein schüchterner Kerl kommt aus meinem Badezimmer geschlichen. Verlegen lächelt er mich an und wischt sich unsicher durch das frisch frisierte Haar. Das ist nicht Elijah! Nie im leben! "Und? Was sagst du?!" Aufgeregt klammert sich Gigi an meinen Arm. "Ist er nicht eine wahre Augenweide?! Zum Anbeißen, oder?" "Das ist nicht Elijah! Du verarschst mich!" "Uhhhh! Elijah! Er erkennt dich kaum wieder! Bin ich gut, oder bin ich gut?" Ich lasse Gigis Eigenlobeshymnen im Raum stehen. Das kann unmöglich der kleine Nerd sein! Er hat zwar noch die selben Klamotten an, ebenso die dicke Brille, aber irgendwas ist anders … "Gefalle ich dir?", fragt er mich leise. "Das ... Du ..." "Ahhh! Das ich das noch mal erleben darf! Xander hat es die Sprache verschlagen!" Gigi hüpft zu dem Typen, der angeblich Elijah ist, und schleift ihn zu meinem Kleiderschrank. "Jetzt stylen wir dich noch um, und dann gehen wir in den Club!" "Meinst du?", höre ich den Nerd unsicher fiepsen. "Klar! Nicht wahr Xander? Wir führen ihn schick aus! Xander? Schau dir den an! Der ist ja völlig hin und weg!" Von wegen! Ich stehe nur immer noch etwas unter Schock. "Du willst mit ihn in unseren Club?" Das kann nicht sein Ernst sein! Ich meine, ja, irgendwie sieht der Nerd verändert aus, aber mich mit ihm sehen lassen will ich mich trotzdem nicht. Und erst recht nicht in unserem Stammclub. "Ja. Der Arme war noch nie in einem Homoschuppen, würde aber gern, nicht wahr mein Goldschatz?" Elijah nickt und lächelt dabei ein wenig verschämt. "Kommst du auch mit Xander?", quakt er mich an. Seine Stimme ist so weich, so scheu. Das regt mich auf! "Ob ich mitkomme? Mit euch beiden?" "Klar mit uns beiden", lacht Gigi. "Du kannst ja auch alleine fahren, oder hier bleiben." Er lacht schrill auf und reißt die Türen meines Kleiderschrankes auf. Das geht mit jetzt aber zu weit! "Ganz bestimmt werde ich nicht mit DEM DA in meinen Stammclub fahren!", brülle ich und zeige mit ausgestrecktem Finger auf den kleinen Nerd. "Nur weil er eine neue Frise von dir verpasst bekommen hat, macht ihn das noch lange nicht zu unserem Freund!" "Jetzt mach aber mal halblang Xander! Was ist denn in dich gefahren?" Gigi schaut mich sauer und empört an. Eigentlich ist das doch mein Part. Wenn hier einer sauer und empört sein sollte, dann ja wohl ich! "Was in mich gefahren ist?", brülle ich weiter. "Dieser kleine Scheißer hier nervt mich schon den ganzen Abend, stellt mich vor meinem Vater bloß und du fragst mich, was in mich gefahren ist?" "Ja, das tue ich! Ich erkenne dich ja gar nicht wieder! Seit wann bist du denn so ein unsensibles Schwein?" Jetzt platzt mir aber bald wirklich der Kragen. Ich knirsche mit den Zähnen und balle die Hände zu Fäusten. Es fehlt nicht viel und … "Beruhigt euch doch. Bitte. Wir können ja auch hier bleiben. Wegen mir müssen wir in keinen Club." Mein Tod bringender Blick wandert von Gigi zum Nerd, der vor meinem Kleiderschrank steht, als könne er kein Wässerchen trüben. Oh wie mich das aufregt! Er ist schuld! An allem! Die Wut in mir will raus. Dringend. Ich setze mich in Bewegung und noch ehe ich genau registriere, was ich da tue, habe ich dem kleinen nerv-Nerd eine schallende Ohrfeige verpasst. Gigi schreit auf und dem Nerd fliegt die Brille von der Nase, saust im hohen Bogen durch die Luft und klatscht gegen einer der Bücherregale. Der Nerd selbst donnert gegen die halboffene Schranktür und landet mit dem Hintern vorneweg in selbigen. "Hast du sie noch alle?!", schreit mich Gigi an und ist sofort bei Elijah. "Was ist denn bei dir kaputt? … Alles in Ordnung? Hast du dir weh getan?" Gigi zerrt Elijah aus dem Kleiderschrank hervor, der noch gar nicht verstanden hat, was gerade geschehen ist. "Geht schon", krächzt er und klammert sich nach Halt suchend an meinen besten Freund. "Nix passiert." "Na Gott sei Dank. Das hätte auch anders ausgehen können." Elijah streicht sich mit den Händen über sein Shirt und wischt sich die zerzausten Haare aus dem Gesicht. "Entschuldige dich gefälligst bei ihm! Mach schon Xander, oder du kannst von mir was erleben! … Xander? Hallo?" "Hm?" "Du sollst dich bei Elijah entschuldigen! Auf der Stelle!" "Ja …", flüstere ich und versuche den Sinn von Gigis Worten zu verstehen. "Entschuldigen …" "Dann tu das endlich, du verfluchter Grobian!" Gigi stellt sich zwischen mich und Elijah. Er scheint abzuwarten. Worauf, darüber kann ich nur spekulieren, denn alles was ich mitbekomme, sind diese warmen, braunen Augen, die ängstlich auf mir ruhen. Und sie gehören keinem anderen als dem kleinen Nerd, der wie ein Häuflein Elend vor mir steht und mich mit diesem seltsamen Blick anschaut. Er sieht so anders aus ohne diesen Glasbausteinen im Gesicht. So verflucht anders und so verflucht … anziehend. Ich bin so geflasht, dass ich nicht weiß, wie ich reagieren soll, starre einfach zurück, in diese schokobraunen Augen und halte die Luft an. "Wird's bald?" Gigi holt mich wieder in das Hier und Jetzt. Ich nicke schwach und ringe nach Fassung. "Es tut mir leid", fiepse ich mich räuspernd. Elijahs Augen weichen meinem Blick aus und ich habe das Gefühl, nach Minuten wieder Atmen zu können. "Das war alles? Eine richtige Entschuldigung bitte." Manchmal ist Gigi ein richtiges Arschloch, aber er hat recht. Die rosarote Wange auf Elijahs Gesicht spricht mehr als dafür. Ich gehe einen Schritt vor und strecke meine Hand aus. Zögernd ergreift Elijah sie und sieht mir wieder in die Augen. Zusammenreißen Junge! "Das wollte ich nicht. Es ist plötzlich über mich gekommen." "Schon gut", wispert er und entzieht mir seine Hand. Ich verfluche das leichte Kribbeln, dass ich noch immer auf meiner Handfläche spüre, obwohl wir uns nur leicht und ganz kurz berührt haben. "Wehe du machst das noch mal, dann bekommst du es mit mir zu tun", droht mir Gigi. Ich schüttle den Kopf und bringe mich vor ihm, und vor allem vor Elijah, in Sicherheit. "Und was ist jetzt? Kommst du mit in den Club, oder willst du weiterhin die arschige Diva spielen?", will mein Freund wissen. "Will ich nicht … Mal sehen ob ich mitkomme", brumme ich und sinke mit butterweichen Knien auf mein Bett. Was zu viel ist, ist zu viel! Erst mein fliegendes Handy, dann das unwillkommene Erscheinen des Nerds, mein schreiender Vater, Gigi und seine Umstyleaktion und jetzt das! Das hält der stärkste Mann nicht aus! Ich versuche mich wieder unter Kontrolle zu kommen. Egal was das eben war, es hatte mit Sicherheit nichts mit dem Nerd an sich zu tun! Ganz sicher nicht! Es war der Schock, weil ich auf einmal so ausgerastet, und auf die Brillenschlange losgegangen bin. Ganz sicher! Das war alles. Mehr nicht. Ich atme tief ein und es wirkt. Mein donnerndes Herz beruhigt sich und meine Handfläche kribbelt nicht mehr. Alles wieder im grünen Bereich. "Dann zieh dich mal aus!", ruft Gigi, der wieder sein breitestes Lächeln zur Schau stellt, Elijah zu und verschwindet in meinem Schrank. Elijahs Blick richtet sich nervös auf mich. Ich bin soweit wieder einigermaßen hergestellt, dass mich sein Anblick nicht mehr gar so arg aus der Fassung bringen kann, was besonders daran liegt, weil ich genug Abstand zwischen ihm und mir habe. 'Ja! Los, zieh dich aus.' Mal sehen, ob er immer noch so gut aussieht, wenn er mit bleicher, dünner Haut vor uns steht. Gigi wirft unterdessen wahllos meine Kleidungsstücke durch's Zimmer. Soll er nur machen. Meine Augen bleiben an den Nerd haften. Dieser zieht sich gerade das Unterhemd aus und präsentiert mir seinen Rücken, als würde er sich davor genieren, mir seine Vorderseite zu zeigen. Leider muss ich zugeben, dass er gar nicht so blass ist, wie ich dachte. Er hat sogar einen ziemlich breiten Rücken. Schmaler zwar als ich, aber immerhin. Ein bleicher Spargeltarzan, wie ich erst vermutet habe, ist er schon mal nicht. "Probiere das mal ... Wow! Xander! Schau dir mal diesen Boddy an!" Elijah wird zu mir gedreht, wobei man genau merkt, dass es ihm unangenehm ist. Gigi kennt wirklich keine Gnade. "Da hast du dir ja einen Rohdiamanten aufgegabelt!", lacht dieser vergnügt. Und wieder bin ich überrascht. Mehr als das, was ich aber unter keinen Umständen zugeben werde. Er ist in einer topp Form! Kurzerhand zieht Gigi ihm noch die labbrige Jeans aus und da steht er nun: Nur in Unterhose, rot wie ein Streichholz aber ... Damn! Er hat was! "Nun wird das Xanderlein geil. Das sehe ich an seinem Blick." "Schnauze Gigi! Von was bitteschön will ich daran geil werden?" Gigi soll ja ruhig sein! "Wunder Puhuunkt!", flötet er und drückt Elijah eins meiner Lieblingsshirts in die Hand. "Stopp mal! Das Shirt nicht!" Ich springe auf, will es ihm wegnehmen, habe es sogar schon in der Hand, da halte ich inne. Hat Elijah vorhin auch schon so gut gerochen? Eins meiner Shampoos, Gels oder Parfums ist das ganz sicher nicht. Das wüsste ich. "Leih es ihm doch für heute Abend aus. Grün steht ihm sowieso besser als dir." Verwirrt willige ich ein und murmle ein "Na gut", reiße mich von ihm los und suche wieder mein sicheres Plätzchen auf dem Bett auf. Trotzdem habe ich diesen Duft immer noch in der Nase. Und nicht nur das. Ich kann meine Blicke kaum mehr von ihm lösen, beobachte ihn ungeniert, während er meine Hosen und Oberteile anprobiert, und präge mir dabei ungewollt jedes Detail von ihm ein. Zuerst die Frisur. Ganz eindeutig Gigis Werk. Sie sind kurzer geworden und die ehemals schwarzen Fusseln sind ordentlich abgestuft, die ihm frech ins Gesicht fallen. Sogar etwas Make-Up hat er drauf. Weniger als ich, wie ich neidisch feststelle. Dieser Nerd ist allem Anschein nach, Brille und Haare erst mal weg, eine wahre Naturschönheit. Keine märchenhafte Schönheit, die nichts entstellen kann, aber eben ein recht anschaulicher Typ, wenn man ihn genauer betrachtet. Ach, so ein Mist! Jetzt fange ich doch tatsächlich an mich wirklich zu schämen. Schon immer war ich oberflächlich, daraus mache ich keinen Hehl und es ist mir auch nicht unangenehm es zuzugeben, doch seit wann bin ich so gehässig geworden? Ich sollte Elijah diese kleine Beautykur gönnen. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, eine neue Frisur von einem Starfriseur zu bekommen? Und dann noch ein komplettes Umstyling mit den teuersten Markenklamotten? Zudem noch welche, die ich sonst trage. Andere würden dafür töten. … Na schön, das vielleicht nicht gerade, aber einige meine Verflossenen trauern mir noch immer nach. Also was soll das Geheule? Ich sollte das Beste daraus machen. Jetzt, wo die kleine Kröte recht ansprechend aussieht, kann er ja auch mal mit uns in den Club. Ich straffe mich und stehe auf. "Du brauchst noch Schuhe. Mit denen brauchst du erst gar nicht den Club zu betreten. Meine Größe müsste dir passen. Ich hole welche." Gigi und Elijah starren mich an, als wäre soeben der Weltfrieden erklärt worden, sagen aber nichts. Ist auch besser so. Auf dumme Sprüche habe ich jetzt keinen Bock. Nachdenklich laufe ich runter und klopfe an Dads Arbeitszimmer. "Ja?" Ich trete ein. "Gigi ist da." "Xander! Ich dachte, wir hätten das geklärt?!" "Haben wir ja auch. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass wir zu dritt in den Club fahren." Mein Vater seufzt laut. "Wenn ihr Elijah irgendwas antut ..." "Was denkst du von mir?! Außerdem kann Gigi diesen Nerd hervorragend leiden. Er vollzieht gerade ein komplettes Umstyling bei ihn." "So so." Mein Vater schmunzelt verhalten, wird aber sofort wieder ernst. "Wehe ich höre irgendwelche Klagen!" "Sicher nicht." "Und wenn du nach Hause kommst, meldest du dich zusammen mit Elijah bei mir an. Verstanden?" "Verstanden." "Dann viel Spaß." "Mal sehen." Es wird sich noch zeigen, ob ich Spaß haben werde. Gigi hat mit Sicherheit welchen, und Elijah bestimmt auch, so wie mein Lieblingsfriseur ihn vergöttert. *** Es ist schon lustig, Elijah dabei zu beobachten, wie er mit großen Augen das Getümmel auf der Tanzfläche und dem Gefummel daneben betrachtet. Kaum zu glauben, dass er vorher noch nie in so einem Club war. Na ja. Eigentlich doch nicht. So wie er vorher war, kam er wahrscheinlich erst gar nicht am Türsteher vorbei. "Ganz schön voll." "Das, Schätzchen, ist noch gar nichts!", meint Gigi auf Elijahs ängstlichen Kommentar hin und legt den Arm um seine Schulter. "Starren die mich an?" Der Kleine hyperventiliert bestimmt gleich. "Klar! Elijah, du bist ein richtiger Hingucker! Und glaub mir: Heute kannst du hier jeden haben!" Habe ich mich eben verhört? Dieser Tropf soll hier jeden haben können?! Hiermit habe ich den Beweis: Gigi hat den Verstand verloren! Ich gebe ja zu, dass Elijah nach Gigis Umstyleaktion ganz passabel aussieht. Aber hier bin immer noch ich die Queen! Und das beweise ich auch gleich mal. "Komm mit Elijah! Tanzen!" Ich schnappe ihn mir und ziehe ihn mit auf die Tanzfläche. Glücklich sieht er dabei nicht gerade aus. Sein Pech! Hier regiere ich! Schließlich bin ich die Queen. Ich lächle ihn überlegen an und fange an, mich im Takt der Musik zu bewegen. Er dagegen steht stocksteif vor mir und glotzt nur doof. Ja, schau mich nur an! So etwas geiles bekommt nicht jeder geboten. "Du musst dich auch bewegen!" Plötzlich taucht Gigi auf und zieht Elijah zu sich. Vergnügt lachend wirft sich Elijah an meinen Freund und scheint endlich begriffen zu haben, wie man tanzt. Er lockert richtig auf an Gigis Seite. Entweder der kleine Nerd ist ein Naturtalent, oder diese Nerdsache war nur eine billige Masche. Er bewegt sich wie eine verfluchte Bauchtänzerin. Genauso beweglich und genauso hypnotisierend. Da bleibt einem die Spucke weg! Diese Hüftbewegung müsste bei ihm verboten werden! Wo hat er das gelernt? Und dieses unverschämte Lächeln! Die leuchtenden Augen und das kleine Grübchen ... Ich reiße meinen Blick von ihm los, wobei ich bemerke, dass ich nicht der einzige zu sein scheine, der Elijahs plötzliche Verwandlung vom schüchternen Nerd in einen feuchten Männertraum bemerkt hat. Er wird regelrecht umschwärmt! Okay! Was genug ist, ist genug! Ich schlängle mich durch die sabbernde Menge, die sich binnen kürzester Zeit um Gigi und Elijah gebildet hat, und nehme Elijahs Hand. Sofort trifft mich sein Blick. Pure Vergnügungslust steht in ihnen geschrieben. Für wenige Sekunden stockt mir der Atem, was mich erneut verärgert. "Ist das alles, was du drauf hast?", flüstere ich ihm gehässig ins Ohr. Wie erwartet errötet er leicht und beendet unseren Augenkontakt. "So tanze ich eben." Ich lache leise. "Schade. Dann musst du leider ... Hey!" Ich werde unsanft weggeschubst. "Spinnst du?!" Doch der Kerl beachtet mich gar nicht. Sehr nett! Stattdessen drängelt er sich an Elijah ran. "Lust zu tanzen?!", fragt er den Kleinen. "Ähm ... Ich weiß nicht!" "Komm schon! Du wirst es nicht bereuen." Entsetzt schaue ich zu, wie die schmierigen Finger des Kerls mit der billigen Anmache nach Elijah greifen, was dieser ganz und gar nicht toll findet. Und ich nebenbei auch nicht. Er tritt zurück, doch der andere lässt sich nicht so leicht abwimmeln. Ehe ich mich versehe, stehe ich zwischen Elijah und dem Grabscher. "Pfoten weg!" "Uh. Nicht eifersüchtig werden. Ich bin auch mit einem Dreier einverstanden." "Du widerliches Arschloch! Verschwinde!" Wütend starre ich diesen miesen Kerl in Grund und Boden, jederzeit dazu bereit meine Krallen auszufahren. "Ach leckt mich doch!" Ich bekomme den Mittelfinger gezeigt und dann haut er endlich ab. "Danke", piepst Elijahs Stimme hinter mir. Ich drehe mich zu ihm und winke ab. "Bei so aufdringlichen Schweinen muss man zur Gegenwehr greifen." "Willst du immer noch tanzen?" Elijah versucht selbstsicher zu wirken, schafft es aber nur bedingt. Der Kleine hat echt Nerven! Versucht er mich gerade an zu flirten? Nach diesem Machoauftritt gerade? Ich sage es noch einmal: Er hat Mumm und das muss belohnt werden. "Von mir aus." Ein Strahlen erscheint auf seinem Gesicht, das mich sofort ansteckt. Ich schüttle grinsend meine blonde Mähne und greife nach seiner Hüfte. "Wo haben sie dich nur ausgegraben?" "Was meinst du?" Lachend winke ich ab. "Schon gut! Wollten wir nicht tanzen?" ****** Und? Könnt ihr meine Prinzessin inzwischen leiden? ^^ Wenn nicht, im nächsten Kapitel sicher. XD Kapitel 2: Kapitel 2 - ... Innere Schönheit hat man, oder nicht. ---------------------------------------------------------------- Kapitel 2 - ... Innere Schönheit hat man, oder nicht. "Dad? Wir sind wieder da." Vorsichtig spähe ich ins Schlafzimmer meines Vaters. "Gut. ... Und Elijah?" "Hier!", kichert dieser hinter mir und probiert sich an mir vorbei zu drängeln. Ich kann ihn gerade so daran hindern, einfach ins Schlafzimmer zu stürmen. Natürlich bekommt mein Dad das mit und setzt sich auf. "Habt ihr getrunken?" "Ja. Aber Elijah verträgt nichts." Ich muss ein Grinsen unterdrücken. "Es geht ihm gut", füge ich hinzu, als mein Vater einen mürrischen Ton von sich gibt. "Dann gute Nacht." Typisch Dad. Wenn er im Bett liegt, ist ihm fast alles egal. Nicht die schlechteste Eigenschaft von ihm. Beruhigt, dass er keinen Aufstand gemacht hat, schließe ich die Tür wieder und greife nach Elijahs Hand. "Leise, ja?" "Ist gut!" "Psst!" Elijah kichert noch lauter. Es wird Zeit ihn ins Bett zu schaffen! Ich muss sagen, Elijah hat mich heute Abend echt überrascht. Nachdem ich diesen Proleten verscheucht hatte, ist der Kleine richtig aufgetaut und wir haben eine Menge Spaß zusammen gehabt. Dieser kleine Nerd kann wirklich lustig sein! Leider machten Gigi und ich einen Fehler: Alkohol. Nach einem halben Glas Wodka-O war er stockbesoffen und wir hatten große Mühe ihn zu bändigen. Er hing an mir wie eine Klette, kicherte ständig und hatte seine Hände nicht immer da, wo brave Hände sein sollten. Gigi, unsere Anstandsdame des heutigen Abends, hielt ihn im Zaum. Ich allerdings … nun ja … ich kann nicht behaupten, dass mir Elijahs uneingeschränkte Aufmerksamkeit missfallen hat … Der Abend im Club war wirklich amüsant. Elijah sicher in mein Zimmer verfrachtet, deute ich auf mein kleines Badezimmer. "Geh du zuerst ins Bad. Oder brauchst du Hilfe?" "Du willst mit mir baden?!", säuselt er und hängt sich an mich, wovon ich beinahe das Gleichgewicht verliere. "Nicht unbedingt." "Nicht?!" "Elijah? Du bist besoffen!" Seine Miene verdüstert sich. "Du ... Du magst mich nicht!" Tränchenalarm! "Mensch Elijah! So meinte ich das gar nihiii ... AHH!!!" Zusammen fliegen wir auf's Bett. Ich unten, Elijah bäuchlings auf mir drauf. "Scheiße!", rufe ich und probiere ihn von mir zu schieben. Aber ich habe nicht mit solch einer Kraft seinerseits gerechnet. Elijah klammert sich an mich, schwebt zwischen Kichern und Schluchzen und kleine salzige Tränen regnen auf mein Gesicht. "Xander?" "Ja ...?" Immer noch versuche ich mich zu befreien. Mein rechter Arm fällt bald ab. "Ich mag dich." Oh nein! Ich habe es kommen sehen! Jetzt nur nichts Falsches sagen. Sonst riskiere ich wieder eine Sturzflut. "Ich dich auch. Würdest du jetzt bitte hmm!" Was soll denn das jetzt bitte schön?! Dieser kleine Nerd küsst mich! Oh Fuck! Nein! Nein, nein, nein! Er soll aufhören! Mein Befreiungsversuche stoppen vor lauter Schock ganz von selbst. Doch noch mehr schockiert mich, dass ich seinen Kuss auch noch erwidere! Mein Gott! Habe ich gerade gekeucht? Ist das meine Hand, die gerade auf Elijahs Rücken auf Wanderschaft geht? Und ist das ... Ist das wirklich meine Beule, die sich an Elijahs reibt?! Mein Körper reagiert auf diesen Nerd mit einer Heftigkeit, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Ich kann plötzlich gar nicht mehr genug von ihm bekommen, wälze mich mit ihm auf meinem Bett herum und ersticke fast, bei der Intensität unseres Kusses. Was ist nur los mit mir?! Das geht so nicht! Ich kann das unmöglich machen! Das ist unter meiner Würde! Und damit meine ich nicht Elijah, mit dem ich mich auf meinem Bett austobe. "Elijah!" Endlich schaffe ich es, ihn etwas auf Abstand zu bringen. "Nicht. Ich kann das nicht." "Du willst mich nicht?" "So leid mir es tut." Ich atme tief ein. "Ich kann unmöglich deine Situation ausnutzen. Du bist betrunken. Ich möchte nicht, dass du das morgen früh bereust", erkläre ich ihm und setze mich aufrecht hin. Trommelwirbel bitte! Ob ihr es glaubt oder nicht, ich mag den Nerd inzwischen so sehr, dass ich ihn unmöglich ausnutzen will. Genau das habe ich gemeint. Es ist unter meiner Würde, seine Trunkenheit auszunutzen. "Oh." Elijah setzt sich jetzt ebenfalls auf und rutscht neben mich. "Und was, wenn ich gar nicht betrunken wäre?" Mit gerunzelter Stirn schaue ich ihn an. "Wie meinst du das?" Hat er mich etwa verarscht? "Ich bin vielleicht etwas angetrunken, aber so richtig betrunken bin ich nicht. Jedenfalls weiß ich ganz genau, was ich hier tue. Was wir tun." Ehrliche, braune Rehaugen fixieren mich. "Ich bin dein, wenn du mich willst." Was für ein absolut absurdes Ende dieses absurden Tages! Soll ich jetzt lachen? Weinen? Ihn rausschmeißen?! Ich entscheide mich für nichts dergleichen, sondern beuge mich zu ihm und küsse ihn sanft. "Und das, obwohl ich so ein Arschloch zu dir war?" Er kann mich doch unmöglich wollen! "Ja. Gerade deswegen." "Hm?" Ein Lächeln huscht über seine roten Lippen. "Ich bin extrem schüchtern. Ist dir bestimmt schon aufgefallen" "Minimal", grinse ich. "Normalerweise hätte ich dich niemals angesprochen. Immer wenn ich es anfangs versuchte, und du dann in meine Richtung gesehen hast, verließ mich meine Stimme. Ich bekam keinen Ton raus! Und dann, da oben auf dem Dach, sah ich meine Chance kommen. Du warst beschäftigt und standest mit dem Rücken zu mir ..." "Also warst du schon vorher da oben?" "Ja. Ich weiß schon länger, dass du öfter dort bist." "Und was hat das mit meinem schlechten Benehmen dir gegenüber zu tun?" "Damit hast du meinen Ehrgeiz geweckt. Ehrlich gesagt, war ich schon kurz davor aufzugeben. Ich war fest entschlossen, nach dem Essen wieder zu gehen. Wärst du nicht aufgebracht abgedampft, hätte ich nicht den Mumm gehabt, dir zu folgen. Ich weiß, dass ist irgendwie komisch." "Nein, das ist ganz und gar nicht komisch. Du bist komisch! Du bist ein komischer Typ, und so ganz anders, als all die anderen, die ich vor dir kennengelernt habe", erwidere ich. "Ist das gut, oder schlecht?" "Ich denke mal, dass das gut ist." Mit Schmetterlingen im Bauch versinke ich in seinen Augen. Keine Ahnung, wo die auf einmal herkommen, vielleicht vom Alkohol, aber ich kann nicht anders und muss Elijahs Lippen noch einmal berühren. Langsam nähere ich mich ihm, beuge mich zu ihm und dann küssen wir uns. Nicht so stürmisch wie eben im Liegen, sondern langsam, fast schon vorsichtig. Es könnte so perfekt sein, wenn nicht ... "Elijah? Wir sollten nichts überstürzen. Der Tag war lang und aufregend. Außerdem müssen wir wieder früh aufstehen." "Ja, du hast recht. Ein langer, verrückter Tag war das", seufzt er und sieht ein klein wenig enttäuscht aus. Doch nicht für lange. "Ich gehe zuerst ins Bad!", ruft er, springt auf und schnappt sich seinen Rucksack. Grinsend schaue ich ihm nach. "Verrückt ist noch untertrieben", sage ich zu mir selbst und lasse mich zurück ins Bett fallen. *** Ohhh wie ich ihn hasse! Am liebsten würde ich ihn erwürgen. Aber da fällt mir schon was viel Besseres ein. Angepisst greife ich nach ihm und werfe ihn gegen die Wand. Das hat er verdient! Mich so zu reizen und zu nerven, das verdient eigentlich eine noch viel höhere Strafe. Doch der Wurf hat zu meiner Freude gewirkt. Es hat sich endlich ausgeklingelt. Praktisch so ein Wecker, den man gegen die Wand schmeißen muss, damit er aufhört zu klingeln. Müde strecke ich meine Glieder und schaue ich neben mich. Elijah scheint noch zu schlafen und von dem Gebimmel nichts mitbekommen zu haben. Sein Kopf liegt neben meiner Schulter und seine Hand auf meinem Bauch. Ich hatte schon befürchtet, an dem gestrigen Hormonausbruch sei der Alk schuld gewesen, doch wenn ich ihn jetzt anschaue, kehren die Schmetterlinge zurück. Dieser kleine Nerd hat mir mein Herz gestohlen! Ich sollte ihn nicht mehr Nerd nennen. Elijah! Elijah hat mir mein Herz gestohlen. Aber was mach ich jetzt? Was sage ich meinen Freunden an der Berufsschule? Am besten erst einmal gar nichts. Noch ist ja nichts passiert. Nichts eindeutig Beziehungsmäßiges jedenfalls. Ich verdrehe die Augen. Nun denke ich schon über Beziehungszeug nach! Hab ich eigentlich einen Schuss? "Xander? Wie spät ist es?" Elijah bewegt sich und öffnet die Augen. Ich muss einen Schuss haben, denn die Schmetterlinge zerschmettern auf einen Schlag meine Bauchhöhle. "Xander?" "Ähm ... Halb sieben." "Hmmm", brummt er und drückt sein Gesicht ins Kissen. "Wir können noch etwas liegen bleiben." Ich drehe mich auf die Seite und lege meine Hand in seinen Nacken. "Was machst du da?" "Dich wach machen", grinse ich und kraule weiter die zarte Haut unter meinen Fingern. Ich rutsche näher, so nah, dass meine Lippen seinen Oberarm berühren. Wie unter Zwang beginne ich an ihm zu saugen. Nicht nur im Nacken ist seine Haut zart und weich. Zudem schmeckt sie gut. Was stellt dieser Ner... Elijah nur mit mir an? Elijah kichert leise und kämmt mit seinen Fingern durch mein Haar. "Und was wird das?" Ich löse mich von seinem Arm und schaue ihn an. "Habe ich doch gesagt. Dich wecken." "Weckst du jeden so?" "Meist nur meinen Vater." "Ahh!" Elijah lacht ausgelassen. Ich packe ihn mir kurzerhand und versiegle seinen Mund. Ob wir so rechtzeitig aus dem Bett kommen, ist allerdings zu bezweifeln, was mir aber auch schnurz egal ist. Ich begrabe ihn unter mir, streichle seine Seiten entlang und erobere seinen Mund. Er stöhnt leise und stellt sich zuerst noch ein klein wenig ungeschickt bei unserem ersten Zungenkuss an, lernt dann aber erstaunlich schnell und schlüpft neugierig in meinen Mund. Ein Schauer nach dem anderen erfasst mich. So etwas ist mir vorher noch nie passiert. Unfassbar! Die Zeit muss nur so verflogen sein. Ein lautes Klopfen treibt uns auseinander. Mein Dad. "Es wird Zeit! Die Schule fängt bald an." "Wir sind wach!", rufe ich genervt. Elijah ist schon auf den Weg ins Bad. Ich wäre gern mitgegangen, aber er ist schon drinnen und schließt ab. Murrend falle ich ins Kopfkissen zurück. Eben noch im Himmel und jetzt allein im Bett. Was für ein Morgen! Und das noch vor dem Frühstück. *** Eigentlich bin ich ganz froh, dass wir in zwei völlig anderen Schulgebäuden büffeln. Ich habe immer noch keinen Plan, was ich jetzt machen soll. Einerseits kann ich es kaum erwarten Elijah wiederzusehen, andererseits habe ich leichte Panik davor. Nicht auszudenken, wenn meine Freunde, so wie ich zuvor, in Elijah nur den Nerd sehen! Das Ansehen meiner Schulkollegen ist mit wichtig. Na ja. Aber da ich es geschafft habe, in Elijah was anderes zu sehen, als nur das Offensichtliche (wenn auch nur durch Gigis Hilfe), werden das meine Freunde vielleicht auch. "Xander? Ich habe dich was gefragt." "Was?" Mist! Jetzt habe ich gar nicht aufgepasst! "Bist du taub? Du wirkst heute schon den ganzen Tag total abwesend." Zickig meckert mich Ulrike von der Seite an. "Tut mir leid. Ich bin nur so müde." "Lange Nacht?!", grinst sie und macht diese dämlichen Auf- und Abbewegungen mit den Augenbrauen. "Du ahnst ja gar nicht wie lang." "War er wenigstens gut?" "Ja ...", seufze ich. "Echt? Du hattest Sex?" Ups. Das kam jetzt falsch rüber. Normal erzähle ich Ulrike keine Einzelheiten von meinen Bettgeschichten. Noch nicht mal, dass überhaupt was gelaufen ist. Dazu ist es zu offensichtlich, dass sie auf mich steht. Aber was kann ich dafür? Sie weiß, dass ich nur auf Kerle stehe. "Nein, besser", antworte ich deshalb. "Was ist besser als Sex?" "Ich glaube, ich muss euch demnächst jemanden vorstellen." Damit ist es also beschlossene Sache. Ich werde Elijah meiner Clique vorstellen. "Du ... Du hast jemanden? Einen festen Freund?" "Fester Freund? Dazu ist es, denke ich, noch zu früh um das mit Gewissheit sagen zu können. Aber er bedeutet mir viel. Sehr viel." Wie leicht mir dieser Satz über die Lippen gekommen ist. Schon erstaunlich, was? "Kenne ich ihn?" Ulrike sieht aus, als wolle sie gleich losheulen. "Ich glaube nicht." "Aha. Muss ja ein ganz toller Hecht sein, wenn er dir so den Kopf verdreht." "Du sagst es." Ich bekomme einfach das Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht. "Er ist der tollste Mann, der mir jemals begegnet ist." "Wenn du es sagst", keift sie, doch mir ist es gleich. Plötzlich ist es mir egal, was meine Freunde von ihm halten könnten. Elijah ist mir viel wichtiger, als das Gerede meiner Freunde oder der anderen Leute in der Schule. Was wissen die schon? Als endlich Pause ist, eile ich so schnell ich kann auf das Hochdach. Elijah und ich haben uns dort für die Pause verabredet. Ich steige durch die Luke, und da steht er schon. Freudig strahlend laufen wir uns entgegen. "Hallo Vierauge", lache ich und tippe auf sein neues Brillengestell. "Oh. Die habe ich ja total vergessen." "Schon mal über Kontaktlinsen nachgedacht?" "Die vertrage ich nicht. Ist es dir so unangenehm, dass ich sie trage?" Ich verneine. Mittlerweile stört es mich wirklich nicht mehr. Es ist, als sei in den letzten Stunden all die Oberflächlichkeit aus mir gewichen. Das einzige das zählt ist, dass wir zusammen sind. Hier und jetzt. "Ich würde dir gerne meine Freunde vorstellen." "Sicher?" "Klar! Sie sind alle voll nett." Mehr oder weniger ... "Ich weiß nicht. Sie werden mich nicht mögen." "Quatsch! Außerdem bin ich doch bei dir. Falls dir jemand doof kommt, komme ich ihm mal so richtig doof." Endlich lächelt er wieder und ich ziehe ihn in meine Arme. "Setz vielleicht nur die Brille ab, wenn ...", lachend wehre ich die halbherzigen Schläge ab. "Arsch!", ruft Elijah. "Aua!" Ich fasse mir an die Brust. "Geschieht dir recht." "Komm schon her, du Kampfhammel!" Unser Lachen verstummt und wird schon bald von leisen einem Keuchen und feuchten Kussgeräuschen abgelöst. *** Ein klein wenig aufgeregt sitze ich mit meinen vier engsten Freunden auf der Wiese vor dem Ausgang der Schule. Hier habe ich mich mit Elijah verabredet. Ich habe beschlossen, ihn sowie meine Freunde, einfach ins kalte Wasser zu schmeißen. Vorhin habe ich Gigi eine SMS geschrieben, ob er mich unterstützen kommt. Er hat zugesagt und müsste jede Sekunde hier auftauchen. Noch ist von ihm nichts zu sehen, doch vom Schulgebäude her sehe ich endlich Elijah auf uns zukommen. "Ah! Da kommt er ja!", rufe ich und springe auf, um ihm entgegen zu kommen. "Hey!" Ich lächle ihn breit an, aber Elijah würdigt mich keines Blickes und läuft an mir vorbei. Was ist den jetzt los? Ob er mich nicht gesehen hat? Eigentlich unmöglich. Hektisch laufe ich ihm nach und rufe nach ihm. "Lass mich!", zischt er und wimmelt meine Hand ab, mit der ich nach ihm greifen will. "Was ist den?! Elijah?" "Du bist ein Arsch, Xander!", brüllt er plötzlich. "Verarschen kann ich mich selbst! Dazu brauche ich dich nicht! Ich will dich nie wiedersehen!" Er stürmt davon und ich bleibe mit offenem Mund auf dem Gehweg stehen. "Hoppla! Elijah? … Was ist denn los?" Gigi kommt angelaufen und wäre fast von meinem süßen Nerd umgerannt worden. "Sag mir lieber gleich, was du angestellt hast." Mein Freund baut sich vor mir auf. "Ich kann ehrlich von mir behaupten, dass ich keine Ahnung habe." "Ich dachte, da würde sich etwas zwischen euch anbahnen. Das sah aber eben gar nicht danach aus." Im meinem Kopf überschlägt sich alles. Als wir uns vorhin voneinander verabschiedet haben, war doch noch alles in Ordnung. Ich schaue zu meinen Freunden. Fragende Gesichter begegnen mir. Lag Elijahs Reaktion an ihnen? Das kann ich mir kaum vorstellen. "Ich muss wissen, was los ist", sage ich mehr zu mir selbst, als zu Gigi. "Kannst du meine Tasche nehmen?" "Kein Problem ... Viel Glück!" So schnell mich meine Beine tragen können, laufe ich in die Richtung, in der Elijah abgehauen ist. Doch ich muss schon bald aufgeben. Er ist spurlos verschwunden und ich habe auch keine Ahnung, wo er wohnt. Was jetzt? Meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen. Was, wenn er mir nicht verzeiht? Auch wenn ich null Ahnung habe, was ich jetzt schon wieder verbockt habe. "Ach Elijah! Was ist denn nur passiert?" *** Den restlichen Tag verbrachte ich damit, irgendwas über Elijah herauszubekommen. Vergebens. Im Sekretariat durfte mir niemand Auskunft geben, auch meine Bescheuerte Idee, Schüler auf dem Schulgelände zu befragen, lieferte nichts. Wer kennt schon einen Nerd? Selbst andere Nerds scheinen ihn nicht zu kennen. Deshalb sitze ich jetzt Zuhause und durchforste Facebook. Obwohl ich auch nicht daran glaube, dass ich ihn gerade hier finde. Mittlerweile weiß ich wenigstens, mit wem meine Freunde und die halbe Schule so befreundet ist. Leider keiner von ihnen mit Elijah. "Scheiße!" Ich klappe den Laptop zu. "Sieht so aus, als müsstest du auf Morgen warten", meint Gigi, der sich auf meinem Bett breit macht. "Das Warten macht mich noch wahnsinnig!" Seufzend fahre ich mir mit den Händen über's Gesicht. "Mein armes Schätzchen. Jetzt ist dir dein Aschenputtel weggelaufen ... Nein! Dein kleiner Froschkönig! Das passt schon eher." Ich werfe Gigi einen genervten Blick zu. "Was redest du da für einen Mist?" Mein Kumpel hat manchmal echt einen an der Waffel! "Dein Herz ist in dicke Ketten gewickelt, die es eisig umklammert halten, solange dein Fröschlein nicht bei dir ist. Wie poetisch." "Gigi! Lass das dumme Geschwätz." Er kichert und streckt mir die Zunge raus. Danke auch! "Außerdem , wenn jemand Ketten um sein Herz haben würde in dieser Geschichte, dann ja wohl du." "Ich?!" "Klar, mein getreuer Heinrich", necke ich ihn und stehe auf. Gigi verzieht keine Miene. "Ich vermisse ihn. Ist das zu glauben?", seufze ich und lasse mich betrübt neben Heinri... Äh neben Gigi auf mein Bett fallen. "Er ist ja auch süß", grinst Gigi und zupft mir an den Haaren herum. Berufskrankheit. "Darum geht es gar nicht. Er hat mir den Kopf verdreht. Und ich habe keinen Schimmer wie er das gepackt hat. Auf einmal gibt es für mich nur noch ihn." Gigi seufzt laut und die Zupfereien an meinem Haar hören auf. "Ich wünschte, mein Prinz würde würde auch endlich mal in mein Leben treten." "Wird schon noch", probiere ich ihn aufzuheitern. "Genau! Aber zuerst kümmern wir uns um deinen Froschkönig!" Könnte er das mal sein lassen?! Ich bin gerade am Überlegen, was und ob ich heute überhaupt noch etwas tun kann, um Elijah ausfindig zu machen, da klingelt es unten an der Tür. "Elijah! Vielleicht ist das Elijah!" Sofort eile ich runter und öffne die Haustür. "Bist du dieser Xander?" Das ist nicht Elijah! Auch wenn der Kerl ihm erschreckend ähnlich sieht. "Ja." Seine Miene verdüstert sich. "Du kleine Mistratte! Was fällt dir ein, meinen Bruder so zu verarschen?!" "Bruder?" Und da macht es klick. "Du bist Elijahs Bruder! Oh was für ein Glück!" Vor lauter Freude, endlich jemanden gefunden zu haben, der Elijah kennt und sicher sogar weiß, wo er sich gerade aufhält, ziehe ich ihn kurzerhand ins Haus hinein. "Hast du sie noch alle?!", zetert er herum. "Wo ist Elijah? Kann ich zu ihm? Oder gibt mir am besten seine Handynummer ..." "Mach mal halblang! Als ob ich dir seine Handynummer geben würde!" "Also ist er immer noch sauer?" "Sauer? Du hast ihm sein kleines, naives Herz gebrochen! Du arrogantes Arschloch!" Mich überläuft es kalt. "Was ist den passiert? Habe ich was falsch gemacht?" "Jetzt tu nicht so, als wüsstest du das nicht!" "Ich tu nicht so! Ich habe wirklich keine Ahnung, was passiert ist!" Elijahs Bruder glaubt mir noch immer nicht. "Erst denke ich noch, alles ist einfach nur super, möchte ihn meinen Freunden vorstellen, und dann will Elijah nichts mehr von mir wissen! Ich kapier es nicht! Weißt du, was er hat?" Elijahs Bruder schaut mich lange und nachdenklich an. Eigentlich könnte es mir egal sein, ob er mir glaubt oder nicht. Doch es geht um Elijah! Ich muss mit ihm reden. Genervt schüttelt er schließlich den Kopf. "Du hast überall herumerzählt, du willst ihn flachlegen und dann fallen lassen. Würdest gern mal wissen, wie ein Streber so im Bett ist." "WAS? Das habe ich niemals gesagt!" Wie kommt Elijah darauf? "Ach, soll mein Bruder sich das nur ausgedacht haben?" "Nein ... Ich weiß doch auch nicht, woher er das hat. Bring mich zu ihm. Ich kläre das." "Du machst Scherze?" "Willst du, dass Elijah weiter traurig ist?" "Nein, natürlich nicht." "Dann lass mich mit ihm reden!" "Unter einer Bedingung: Wenn du mit ihm redest, bin ich dabei." "Kein Problem." Soll Elijahs Bruder ruhig einen auf großen Bruder machen. "Ich komme mit." Gigi steht am Treppenabsatz und glotzt uns mit großen Augen an. Wo kommt der denn so plötzlich her? "Dann mal los!", verkünde ich, froh darüber, dass ich nun endlich weiß, was Sache ist. Nur wie ich das wieder zurechtbiegen soll, und wie Elijah darauf kommt, ich hätte solche schrecklichen Sachen gesagt, weiß ich leider auch nicht. *** "Ihr wartet hier." Elijahs Bruder verschwindet im Flur. Gigi und stehen wie bestellt und nicht abgeholt im Wohnzimmer herum. "Oh man! Wie lange müssen wir den noch warten?" Gigi lacht amüsiert. "Er ist doch gerade erst aus dem Zimmer raus." "Ich mein ja nur. Ich will endlich mit Elijah reden. Ich hasse den Gedanken, dass er glaubt, ich würde ihn hintenrum verarschen." "Wie er bloß darauf kommt ..." Gigi grinst mich schmal an. "Was soll denn das heißen?" Er seufzt theatralisch auf, schüttelt den Kopf und macht ein schnalzendes Geräusch mit der Zunge. "Als ob du das nicht wüsstest. Du hast doch jeden Abend einen anderen Typen an der Angel." So gern ich dagegen protestieren würde, er hat recht. Trotzdem ist es diesmal ganz anders. "Menschen ändern sich. Außerdem wusste jeder von ihnen, dass es nur Spaß war. Aber das mit Elijah ist was anders. Vollkommen anders ..." "Ich sehe schon", kichert er. "Du bist verknallt. Und zwar volle Kanne." Verlegen richte ich den Blick auf eins der Bilder, welche die Wände zieren. "Keine Widerrede? Also gibst du es zu?" "Warum stehe ich sonst hier und warte darauf, dass ich endlich zu ihm kann?" Gigi setzt eine ernste Mine auf. Etwas sehr Seltenes. "Dann leg dich ins Zeug, und beweise ihm, dass du es ernst meinst." "Das habe ich vor", antworte ich ihm überzeugt. "Ich kann ja mal probieren, bei seinem netten Bruder ein gutes Wort für dich einzulegen ..." Da brat mir doch einer einen Storch! "Mach das", grinse ich und denke mir meinen Teil. Die Tür geht auf. Besagter 'netter' Bruder steht mit einer beinahe Furcht einflößenden Zornesmiene vor uns. "Du kannst zu ihm. Er will alleine mit dir reden, aber wehe, du tust ihm was an." Buwäääh! Der große Bruder will mir eine reinhauen. Leider glaube ich, er zieht das wirklich durch, wenn ich Elijah nicht davon überzeugen kann, keine bösen Absichten zu haben. "Dazu wirst du keinen Grund haben", sage ich und drängle mich an ihm vorbei hinaus in den Flur. In welchem Raum steckt Elijah denn jetzt? "Letzte Tür links." Als hätte sein Bruder meine Gedanken gelesen. Vor besagter Tür bleibe ich stehen und atme tief durch. Dann klopfe ich an und warte ab. "Komm rein", höre ich Elijah leise sagen. Mit wild schlagenden Herzen trete ich ein. Elijah sitzt mir seitlich zugewandt auf seinem Bett. Die Hände hat er zu einer Kugel zusammengefaltet, so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortreten, und starrt auf etwas, das wohl vor ihm auf den Boden liegt. Was sagt man in so einer Situation? Ich habe keine Ahnung. Ich habe mich noch nie bei jemanden groß entschuldigt, oder habe mich erklären müssen. Beides müsste ich eigentlich auch gar nicht, da ich nichts falsch gemacht habe, doch ich werde das Gefühl nicht los, es doch tun zu müssen und für ihn täte ich es sogar ohne mit der Wimper zu zucken. "Sag schon warum du hier bist." Elijahs Stimme ist emotionslos. Das bereitet mir Sorgen. Wer auch immer ihn diese Lügenmärchen über mich erzählt hat, es hat ihn tief getroffen. Und das bedeutet nur eins. Er liebt mich. Kleine kitzelnde Bläschen breiten sich in meinem Blut aus. Er liebt mich. Ja, so muss es sein. Dieser Gedanke beflügelt mich und weckt in mir den Wunsch, ihn endlich in meine Arme zu schließen, nachdem ich ihn endlich gefunden habe. Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu, stoppe aber, denn er weicht prompt von mir zurück. Anscheinend muss ich erst dieses verdammte Missverständnis aus der Welt schaffen. "Wer hat dir das erzählt? Wer hat gesagt, ich wollte dich bloß ausnutzen?" "Spielt das eine Rolle?", fragt er mich traurig. "Ja! Denn diese Person lügt!" Ich werde zornig. Nicht auf Elijah, sondern auf denjenigen, der ihm solch einen Mist erzählt hat. "Tut sie das?" "Ja!" "Und warum sollte sie das tun? Was hätte diese Person davon?" "Keine Ahnung." Ich zucke mit den Schultern. "Dazu müsste ich erst einmal wissen, wer es war." "Ich kannte sie nicht." Sie. Also war es eine Frau. "Sie kam zu mir, kurz bevor ich zu dir wollte, und erzählte mir, was für ein gefühlloses Arschloch du bist!" Ich zucke zusammen. Meine Brust schnürt sich zu. "Du gibst dich nur mit mir ab, weil du einen Streber flachlegen willst, und jeder deiner Freunde weiß das. Das waren ihre Worte." "Das ist nicht wahr! Ich wollte dich ihnen doch vorstellen." "Damit sie sich hinter meinen Rücken über mich totlachen können?! Danke, aber darauf verzichte ich! Ich musste mir weißgott schon genug dumme Sprüche anhören!" Da ist es wieder, das schlechte Gewissen. Ich war auch einer dieser Idioten, die ihn nur wegen seines Erscheinungsbildes als einen langweiligen Nerd abgestempelt haben. Aber ich habe dazugelernt und diesen Fehler werde ich nie wieder machen. Weder bei ihm, noch bei anderen Menschen! Doch wie schaffe ich es, Elijah von der Wahrheit zu überzeugen? In meinem Kopf überschlagen sich tausend Gedanken, um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen. Und langsam scheine ich auch eine zu bekommen. "Wie sah sie aus?", will ich wissen. "Wer?" "Die Frau, die dir das erzählt hat." Elijahs Unterkiefer treten hervor. "Bitte Elijah." Er schluckt, beginnt dann aber mit der Beschreibung. Und die passt wie die Faust aufs Auge. "Ulrike!" Ich hab's mir fast gedacht! Sie ist eine der wenigen weiblichen Wesen, die so hinterhältig sein kann. "Das klären wir sofort!" Skeptisch beobachtet mich Elijah dabei, wie ich mein Handy raushole, es auf das Bücherregal neben sein Bett lege und Ulrikes Nummer wähle. Als sie dran geht, schalte ich auf Lautsprecher. /Hey, was gibt's mein Schöner?/ "Hast du sie noch alle?!", brülle ich sofort los. "Warum erzählst du so eine Scheiße über mich?" /Was meinst du?/ Scheinheilige Ziege! "Das weißt du haargenau!" Aus den Augenwinkel sehe ich, wie Elijah aufsteht und sich unsicher auf mich zubewegt. "Sag, dass du Elijah angelogen hast! Sag ihm, dass ich niemals so über ihn geredet habe!" Am anderen Ende der Leitung wird es still. "Ulrike", knurre ich. "Gib es zu, dass du gelogen hast." /Ich habe das für dich getan/, flüstert sie und schluchzt. /Für uns./ Ich lache sarkastisch auf und schiele zu Elijah, der gebannt auf mein Handy starrt. /Er passt doch gar nicht zu dir. Wer ist der Typ schon? Ein Niemand./ Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Ich bin stinke sauer! Aber noch wütender bin ich auf mich. Noch vor einem Tag habe ich genau so gedacht wie sie. Ich hab's nicht anders verdient. Elijahs Zorn trifft mich zurecht. /Ich habe euch gesehen. Auf dem Flachdach der Schule. Ich konnte es nicht fassen. Xander, ich .../ "Auf nimmer Wiedersehen, Ulrike", zische ich und lege auf. Ich stütze mich mit beiden Händen an dem Bücherregal vor mir ab und senke den Kopf. "Es tut mir leid, Elijah. Es tut mir so leid." "Nein. Mir tut es leid. Ich habe einer Fremden geglaubt und bin weggerannt, ohne mit dir darüber zu reden. Ich habe dir nicht vertraut." Ich schüttle den Kopf. "Du hattest allen Grund dazu, mir zu misstrauen. Ich war ein Arsch. Ich habe dich für meine Zwecke benutzt und dann mein Versprechen nicht halten wollen. Ich habe dein Vertrauen gar nicht verdient." Mein zuvor empfundenes Gefühl, mich bei ihm entschuldigen zu müssen, stimmte anscheinend. Noch heute Morgen hatte ich einen bitteren Beigeschmack, bei dem Gedanken daran, ihn meinen Freunden vorzustellen. Selbst kurz davor hatte ich noch Bedenken. Fürchtete mich nach ihren Reaktionen. "Wie soll ich das je wieder gut machen?" "Du könntest mich fürs erste in den Arm nehmen. Wie wäre es damit?" Überrascht hebe ich den Kopf. Elijah steht neben mir und lächelt mich an. "Komm schon. Ich hab dich vermisst." Ich habe ihn gar nicht verdient! Ich ziehe ihn so fest an mich, dass ich kaum Luft bekomme. Im Gegenzug klammert er sich an meinen Rücken, als ginge es ums nackte Überleben. Wir halten uns gegenseitig fest. Wie gut das tut! "Ich habe mir total die Sorgen um dich gemacht", schniefe ich und bemerke jetzt erst, dass meine Augen ein ganz klein wenig feucht sind. Muss an der trockenen Luft hier im Raum liegen. "Und ich dachte, ich hätte mich in dir getäuscht. Ich fühlte mich wie erschlagen." Ich schließe die Augen und vergrabe mein Gesicht in Elijahs Nacken. Er duftet dort so gut, dass ich nicht anders kann, und an seiner Haut mit meinen Lippen entlangfahre. Elijah erschaudert und atmet schneller. Ganz langsam öffne ich meinen Mund und schmecke die zarte Haut. Ich kann einfach nicht genug davon bekommen. Wir taumeln ein, zwei Schritte seitwärts, bis wir an die Bettkante stoßen und uns einfach fallen lassen. "Wenn du das nicht willst dann ..." "Ich will es", seufzt Elijah neben mir und legt seine Hand an meinen Hosenbund. "Ganz und gar." Gegenseitig entkleiden wir uns, streicheln und küssen uns, suchen die empfindlichen Stellen des anderen und lassen uns dabei sehr viel Zeit. Noch nie habe ich es so sehr genossen, einfach nur bei jemanden zu liegen, ihn zu berühren und zu fühlen. Ein Beweis mehr, wie sehr ich diesem Nerd verfallen bin. Meinem Froschkönig. *** Mit meinen Fingern kämme ich durch Elijahs Haar. Er hat die Augen geschlossen, lächelt aber. "Ich hätte heute mit wirklich allem gerechnet, aber nicht hiermit", schnurrt er und hebt die Augenlider. Seine Augen sind ganz glasig. "Geht mir auch so", gestehe ich. Elijah legt seine Hand auf meine, zieht sie vor sein Gesicht und küsst meine Handfläche. Eine merkwürdige Geste, aber sie lässt meinen Bauch vor Freude kribbeln. "Ich liebe dich." Nun habe ich es gesagt. Es ist amtlich. Elijahs Augen weiten sich. "Ist das dein Ernst?" Ich fange an zu lachen. "Natürlich ist es das." Die Matratze hüpft auf und ab, als sich Elijah aufsetzt. Die Decke zieht er sich dabei eng um den Oberkörper. Schade ... "Du hast gar keine Ahnung, wie viele Male ich mir diesen Moment vorgestellt habe", sagt er leise. "Und war es so, wie in deiner Vorstellung?" "Nein." Er schüttelt den Kopf. "Besser." "Na da bin ich aber froh." Ich setzte mich ebenfalls auf und mogle mich zwischen Decke und dem, was sie verbirgt. Seine Haut ist noch ganz warm und feucht von unserem Liebesspiel. "Meinst du, dein Bruder hat uns gehört?", wispere ich und beiße zärtlich ihn sein Ohrläppchen. "Mein Bru... der! Mein Bruder! Oh Scheiße!" Ich werde unsanft zur Seite geschubst. Ehe ich mich versehe, springt Elijah auch schon in seine Hose. "Nein, nein, nein! Das darf nicht wahr sein!" "Ähm ... Elijah?" "Scheiße! Wo ist mein zweiter Socken?" "Elijah?" "Und mein Shirt? Wo ist das schon wieder?" "Elijah!" "Was?" "Beruhige dich doch." Ich schwinge die Beine aus dem Bett. Gelassen stehe ich auf und bleibe, so wie ich bin, vor ihm stehen. "Dann hat er uns eben gehört. Was soll's?" So weiß sein Bruder wenigstens was Sache ist. Außerdem glaube ich, habe ich mehr vor ihm zu befürchten, als Elijah. "Aber das ... Oh Gott! Das ist mir so peinlich!" Elijah fliegt auf mich zu und landet in meinen Armen. "Ich will nicht, dass er mich dabei gehört hat", schnieft er gegen meine Brust. "Vielleicht hat er es ja auch gar nicht", versuche ich ihn zu beruhigen. "Wir schauen am besten mal nach." "Ich will nicht!" "Ich gehe vor." Beschlossene Sache. Ich ziehe mir nur eine Hose über und verlasse mit Elijah im Schlepptau das Zimmer. Im Flur ist alles ruhig und inzwischen auch dunkel. "Wo war das Wohnzimmer nochmal?" "Da vorn." Elijah deutet mir den Weg. Ich laufe los, bleibe aber nach wenigen Schritten wieder stehen. "Was?" "Hörst du das?" "Was denn?" "Komm." Auf Zehenspitzen näheren wir uns unserem Ziel. Ganz, ganz leise drücke ich die Tür auf und spähe hinein. "Oh." Schnell halte ich mir die Hand vor den Mund, um uns nicht zu verraten. "Xander? Was ist da?" Ich trete einen Schritt zurück, damit Elijah sehen kann, was mich zum Mundhalten bringt. "Ach du ...!" "Psst!" Eilig ziehe ich die Tür wieder zu. "Leise. Lass uns wieder abhauen." Zurück in Elijahs Zimmer lassen wir uns auf das Bett nieder. "Das gibt's nicht!" "Und? Sei doch froh. Auf jeden fall hat uns dein Bruder nicht gehört." Ich fange an zu kichern. "Dafür habe ich ihn jetzt gehört ... Und gesehen! Ohhhh! Wie soll ich das nur aus dem Kopf bekommen." "Frag mich mal! Gigi so zu sehen bringt mich auch nicht gerade dazu, Luftsprünge zu machen." Mich schüttelt es kurz. Nein. Seinen besten Freund will man ganz sicher nicht nackt und stöhnend unter dem Bruder seines festen Freundes liegen sehen. "Ich wünschte, ich hätte das nicht gesehen!" Elijah wischt sich über die Augen. "Jetzt hab dich nicht so", gluckse ich. "Komm her. Ich sorge dafür, dass du den Anblick der beiden ganz schnell wieder vergisst." Mit einem Ruck befördere ich ihn auf die Matratze und rolle mich auf ihn. "Das was die können, können wir schon lange ..." Ende Hach ja. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann versuchen sie den Anblick von Gigi und Elijahs Bruder noch immer zu vergessen. XD Auf diesem Wege wünsche ich euch ein schönes, ruhiges Weihnachtsfest, viele Geschenke und noch mehr Leckereien. ^^ Wir sehen uns spätestens wieder zum Jahreswechsel. Bis dahin, gehabt euch wohl, Eure Fara. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)