Livin' in Canaryville von Billionaire (Oder das Leiden eines introvertierten Teenagers.) ================================================================================ Kapitel 1: Es regnet Meth und Selbstzweifel. -------------------------------------------- Oh shit. Der Knall war so ohrenbetäubend gewesen das Mandy neben mir kreischend auf den Boden ging. Die mit ihren, Ich-habe-zwei-Brüder-die-dich-windelweich-prügeln-wenn-du-mich-nur-schräg-ansiehst-Brüder, und es war die Ich-hab-dem-Ortspolizisten-Jeff-den-linken-Knöchel-mit-einem-illegal-importierten-Schlagstock-den-Knöchel-gebrochen-weil-er-gelacht-hat-Mandy. Für mich war es der Anfang des nahenden Endes, denn es war kein wirklich geheimnosvoller Fakt das Mandy mehr Eier hatte, als die meisten Jungs aus unserer Straße. Sie ließ sich nichts gefallen, weswegen es erschreckend interessant war, sie mal so ungefasst zu treffen, wenn auch nicht für lange. Auch wenn ich zugeben müsste, das wenn ich in ihrer Situation gewesen wäre, wohl mehr als nur Angstpippi in der Hose hätte und heftiger heulen würde als Betty von Haus 7, die geheult hat weil ich mal mit 'nem Fahrad über einen Frosch gefahren bin. Nicht jeder steckt eine Methamphetaminlaborexplosion einfach so weg. Jedenfalls sah ich ihren aufgrissenen Mund, die vor Schock geweiteten Augen, der verschmierte Kajal um ihre Augen. Doch hören tat ich nichts, denn ich glaube Dank diesem Knall dürfte ich mich von meinen Gehörgängen nun gänzlich verabschieden. »Scheiße Maze was ist passiert?«, murmelte Mandy immer noch gehörig zitternd. Mein Kopf schnellte herum und ich sah nur noch wie Tony sprintete, und die Sirenen ganz weit aus der Ferne anfingen zu schreien. Ich hatte verdammt Schiss. Schiss, das wenn ich über diese Behelfsmauer glotze, und mir dann mein Kopf von irgendwem weggeballert wird, ohne das ich blinzeln kann. Ich mahnte mich selbst dazu an meinen adrenalingestörten Körper zu beruhigen, aber Mandy machte auch keine wirklich gute Figur, als sie ausgestreckt wie eine schwangere Schildkröte auf dem Boden lag und hustend nach ihrem geborgten Asthamapspray fingerte, und es dann schließlich, nicht dazu benutzte um ihren Husten zu mindern, nein, sondern wie ein gestörter »GRANATE« zu schreien und das Spray dann mit einer übertriebenen Geste über die Hecke zu schmeißen, dahin wo sie vermutete das da die Explosion herkam. Tony neben mir hat wohl angefangenn zwischendurch sein Gehirn auszuschalten, denn er lag bewusstlos auf dem Boden und faselte irgendetwas von blau weiß und Justus Bumm. Mandy war schon wieder auf den Beinen, warf ihre schwarzen, mit rosa und blauen Strähnen durchzogenen Haare über ihre Schulter, zog ihren Minirock wieder gerade, bei dem ich mir die elementare Frage stellen musste, wie sie es geschafft hatte bei diesem Fluchtmanuever der über Hecken springen und um Straßenecken sprinten beinhaltetet; es geschafft hatte den anzubehalten. Nicht das es mich wunderte, das Mädchen war an sich recht gruselig, und es würde mich wahrlich nicht wundern wenn sie den irgendwie angeklebt oder mit schwarzer Magie ihn an ihre Oberschenkel getackert hatte. Erst als Ian anfing auf mein Knie zu sabbern fiel mir auf das ich viel zu viel Zeit damit verschwendete auf den Allerwetesten von Mandy zu starren, was mir dann doch erschreckend klar wurde, weswegen ich blitzschnell herumwirbelte und die kleinen Crystalmethtütchen einsammelte, die auf dem Boden herumlagen. Hauptsache es sah so aus als hätte ich etwas zu tun und würde nicht ungeniert auf andern Ärsche glotzen, auch wenn es jetzt nicht wirklich so war wie es vielleicht schien. Doch es sah so aus als müsse ich nicht wirklich mit meinem Leben kämpfen, bei dem kläglichen Versuch sie davon zu überzeugen, das es ja wirklich nicht so war wie es aussieht, und das ähh. Selbst in meinem gedanklichen Monolog versagte ich haushoch bei dem lediglichenVersuch ihrem imaginären, durchdringenden Blick standzuhalten und sie von ihrer natürlich mehr als fälschlichen Annahme abzubringen. Oder eher den von ihren beiden Brüdern, die doppelt so groß waren wie ich und die auch nicht gerade friedliche Absichten hegen. Notiz an die gedankliche Pinnwand, NIE WIEDER AUF MANDY MIRKONOWS ARSCH SCHAUEN. Nachdem ich das für mich geklärt hatte, Mandy mich schon ziemlich irritiert ansah, wie ich da auf dem Boden hockte, und beinahe schon krampfhaft auf die Tüte mit dem weißen Kristallen in meiner Hand starrte, setzte ich mir als Ziel hauptsache nicht zu ihr aufschauen. So konnte ich schlimmeren, sicherlich bevorstehenden Fettnäpfchen eventuell aus dem Weg gehen. Vielleicht konnte sie ja auch Gedanken lesen, wundern würde mich es nicht, und sie würde mich jetzt verprügeln und in irgendeine Hecke werfen, sodass meine Überreste vor sich hergammeln und ich elendig krepieren würde. Gerade als sie sich zu mir bewegte, die Hände fast schon anschuldigend in die Hüfte gestützt, schlug ich panisch meine Hände vor die Augen. Das war es jetzt. Im zarten Alter von 15 Jahre elendig verreckt, weil auf einem harmlosen Ausflug ein Methlabor hochgegangen war und ich aus diesem unscheinbaren Grund, wegen der unnatürlichen Physik eines Minirockes, auf das Hinterteil von Mandy blicken musste. Oder sie würde mich einfach fressen. Nichts mit einmal auf die Zwölf und dann war es aus, nein, sie kam immer näher und je näher sie mir kam, kam ich meinem bevorstehenden Schlaganfall. Oh Gott oh Gott. Ich war froh das mein Bruder mich jetzt nicht sah, denn von einer bedeutend Kleineren verprügelt zu werden, war jetzt nicht wirklich das was man als heldenhaft werten konnte. Und das alles nur wegen einer harmlosen Glotzerei. Ihre Hand näherte sich meiner Schulter, und ich schloss schon einmal die Augen, in stiller Wartung auf den Tot. Maze Shurley, dahingeschieden Aufgrund unnötigen jugendlichen Trieben, und einem riesigen Missverständnis. Genau so wird es auf meinem Grabstein stehen und nicht anders. Ihre Hand kollidierte mit meiner Schulter, nicht so hart wie erwartet, aber ich rechnete mit trotzdem keine Chancen mehr aus. Ich malte ungeniert den Teufel an die Wand, denn das war nuneinmal die Wahrheit, und die nahm ich so hin. Ade schnöde Welt. »Maze was machst du da unten? Komm, lass uns gucken ob noch was von dem Labor übrig ist, hab gehört der Kurs für das Zeug ist richtig gut!« Drauf folgt ein schwaches Klopfen auf die Schulter und ein freches Grinsen, und ich dachte für einen kurzen Augenblick ich geselle mich zu Tonys derzeitigen, ohnmächtigen Zustand. Trotzdem sank ich wie ein leerer Luftballon in mir zusammen und musste erstmal kräftig Luft holen und etwas zu hysterisch lachen, um diese derartige Nahtoderfahrung irgendwie zu verarbeiten, was Mandy dann mit einem sehr verstörten Blick quittierte. Trotzdem nahm ich ihre Hand und sie zog meinen immer noch postgeschockten Körper nach drinnen, wo sie aufgeregt von einem Bein aufs andere hüpfte, was ihre angesengten Wollknöchelstulpen nach oben und unten rutschen ließ. »Greif alles was du kannst bevor die Bullen vorbeikommen!«, summte sie nur zufrieden und kramte durch die rauchige Luft und steckte ab und zu ein paar Dinge in ihren Beutel. Zwar zitterte meine Hand noch immer, doch ich musste ja meine überragende Männlichkeit verteidigen, weswegen ich kurz hustete und mich dann etwas wie ein Huhn aufplusterte, sodass ich von meinen 1,67m wohl auf wahnsinnige 1,68m gewachsen bin. Wow Maze. Ich griff gekonnt lässig nach einem kaputten Petrischälchen, und beäugte es so, als ob ich fachmännische Kenntnis darüber besaß, was sich darin befand, nur um es dann in dem gleichen Zug auf den Boden zu werfen. »MAZE!«, donnerte er nur schneidend aus dem Raum hinter mir, wo Mandys Kopf dann blitzschnell in der Tür auftauchte und sie mich mit zusammengekniffenen Augen musterte. »Was von dem Satz, nichts anfassen was als Beweismittel gilt hast du nicht verstanden?«, säuselte sie fast honigartig und zog eine Augenbrauen hoch. Dann war sie wieder in dem verstaubten Raum irgendwo hinten im Gebäude verschwunden und man hörte nur eine schrecklich schräg gesummte Version von Justin Biebers Baby und ihre kleinen tippelnden Schritte die über das knarrende Parkett huschten. Und das husten von Tony, der mit dem Gesicht gen Matsch wohl aus seinem Prinzessinenschlaf aufgewacht ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)