Zeig mir den Weg... von sadness (Zweifel...) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Lautlos betrat sie den Raum und erblickte ihn. Er saß ihr gegenüber an der Wand, ein Bein angezogen, das andere seitlich angewinkelt. Sein Stirnband hatte man ihm über die Augen gelegt und seine Arme waren ganzer Länge hinter seinem Rücken mit groben Stricken verschnürt, was ihn zwang, gerade zu sitzen. Stumm setzte sie sich ihm gegenüber auf den Boden und beobachtete ihn schweigend. Er wirkte gefasst und ruhig und doch brachte es sie in eine komische Stimmung, ihn so hilflos zu sehen... Versonnen neigte sie den Kopf und stützte ihn in die Hand, während sie sein Gesicht musterte und versuchte, jeden seiner weichen Züge zu ergründen. Er wusste, das jemand hier war, aber nicht, das es sie war. Ein flüchtiger Blick würde diesen Fakt nicht erahnen lassen, doch sie kannte ihn und konnte seinen Gesichtsausdruck zweifelsfrei deuten. Was dachte er wohl, was mit ihm geschehen würde...? Gefoltert worden war er ja augenscheinlich nicht, was war es also, das seine Entführer von ihm gewollt hatten? Nachdenklich betrachtete sie sein schwarzes Haar, das ihm strähnig in die Stirn fiel und das Stirnband halb verdeckte. Es sah immer noch aus wie früher, nur das es jetzt länger war. Schon seltsam, das sein Haar so strubbelig bleib, während es seinem Bruder glatt über den Rücken gefallen war... und diese pechschwarze Farbe, die alles Licht absorbierte und ihn nur umso blasser aussehen ließ, war wie ein Ebenbild seiner Seele, zu keiner Liebe und Hoffnung bereit... Er war so unglaublich kalt geworden, man konnte denken, der Hass verlieh ihm diese Kräfte. Es wunderte sie, das die Ninja ihn überhaupt hatten überwältigen können. Es hatte sie nicht sehr viel Kraft gekostet, sie zu überwinden. Allerdings hatte sie auch den Überraschungseffekt ausgenutzt und nun saß sie hier vor ihm, den sie schon so lange gesucht hatte und er war ihr völlig ausgeliefert... Seine Kleidung war zerfetzt, zahlreiche Risse und Löcher ließen einen Blick auf seine weiße Haut erahnen, doch bluten tat er nicht. Er schien keinerlei Wunden zu haben. Wusste er vielleicht, warum er hier war? Und wenn, würde er es ihr sagen? Er war so lange fort gewesen, das es sie jetzt nachdenklich stimmte, ihm überhaupt ins Gesicht sehen zu können, ohne das er sie hasserfüllt anblickte. Seine Miene war einfach nur kalt, mürrisch, als sei er genervt von der Situation... so hatte er früher auch immer ausgesehen, bevor das alles begonnen hatte... Stumm schlug sie die Augen nieder. Sie war damals so naiv gewesen, war so in ihn verliebt, das sie nie darüber nachgedacht hatte, wie es ihm überhaupt ging. Hätte sie ihn besser beobachtet, hätte sie schon früher bemerkt, was mit ihm war und das sie ihn niemals erreichen würde. Sie hätte ihre Zeit wesentlich besser nutzen können und nun, wo sie wusste, das es zwecklos war, ihm zu folgen, hatte sie Wind von seiner Gefangenschaft bekommen und aus reiner Neugierde beschlossen, sich die Sache anzusehen... und nun wusste sie nicht, was sie tun wollte. Ironischer weise war sie ihm seit früher nie so nah gewesen wie in diesem Moment, wo er nicht einmal ahnte, das sie es war, die ihn musterte. Leise atmete sie aus und eine Strähne seines Haares bewegte sich leicht vom Lufthauch getragen und berührte zart seine Haut. Er senkte minimal den Kopf und sein Haar fiel noch tiefer in sein Gesicht. 'Warum?', dachte sie stumm und schaute auf den Stoffstreifen, der seine Augen verdeckte. Trotz der Nähe wusste sie, das sie noch nie weiter von ihm entfernt gewesen war. Er sah zwar hilflos aus in diesem Moment, aber sie spürte die Dunkelheit, die von ihm ausging, diese bedrohliche Größe, die sie für einen kurzen Moment sich eingeengt fühlen ließ, als seien drei Viertel des Raumes mit seiner Präsenz ausgefüllt. 'Er ist auch nur ein Mensch...', sagte sie sich stumm und wies das Gefühl von sich. Innig wünschte sie sich, das diese Tatsache seine schrecklichen Taten ungeschehen machen konnte, doch sie wusste, das man die Zeit nicht zurückdrehen konnte, man konnte sich lediglich der Vergänglichkeit fügen. Sie schaute weiterhin in sein ruhiges aber angespanntes Gesicht und sie wusste, das er nicht zurückkommen würde. Warum auch, was gab es im Dorf für ihn? Alles, was sie hier vor sich sah, war ein zerbrochener Traum... etwas, das sich nie ändern würde, der naive Wunsch eines kleinen Mädchens. Er hatte doch immer Recht gehabt, nur das es aus seinem Mund einer Anklage glich. Wo war er nur hin, der Mensch, der er früher zu sein vorgegeben hatte? War er damals mit der Ermordung seiner Eltern gestorben? Hatte der Hass ihn erstickt und endgültig zum Schweigen gebracht? Sie wünschte, sie hätte für ihn da sein können, doch er wollte keine Hilfe, immer nur seine Rache, den Tot seines Bruders. Das war alles, was ihn beseelte und seiner Existenz Sinn gab. Wo war er nur hin....? Sie rechnete damit, wieder von ihrer Trauer erdrückt zu werden, doch sie fühlte sich leer. Alles, was er hinterlassen hatte, war eine taube Gefühlsarmut, die auf ihr Gemüt gedrückt hatte und sie fälschlicherweise die erste Zeit glauben ließ, sie würde ihn vermissen. Sollte sie ihm nicht dankbar sein...? Er hatte ihr die Illusion ihres friedvollen Lebens genommen und ihr die Augen für die Verdorbenheit dieser Welt geöffnet. Und obgleich sie von seinen Taten wusste, empfand sie bei seinem Anblick weder Wut noch Ekel, sondern... nichts. War sie nicht viel mehr wie eine willenlose Hülle, die sich Befehlen fügte und sie ausführte, ohne an der Richtigkeit dieser zu zweifeln? Unwillkürlich musste sie an den Kampf gegen Sasori denken, als sie selbst eine Marionette gewesen war. Doch war sie es nicht immer noch, bloß das sie die Fäden nicht spürte? Zweifel bohrten sich in ihren Verstand und mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte sie ihr Gegenüber erneut. Wusste er, was Freiheit bedeutete, nachdem er das Dorf verlassen hatte? Hatte er es erfahren, was es hieß, sein eigener Herr zu sein? Wie wäre es wohl, einfach loszulassen und nur noch sich selbst zu gehören...? Was würde sie alles zurücklassen? Ihr Blick bohrte sich in ihn, akribisch betrachtete sie jeden Millimeter seines Gesichts, beständig auf der Suche nach dem, was ihn von ihr unterschied. Was hatte sie übersehen...? Ihr Augenmerk fiel schließlich auf die verdeckten Augen und die Fesseln. Er sah sie nicht, konnte nichts sagen, was sie verletzte und er konnte nicht fliehen... er war momentan an diesen Ort gebunden... war er nicht gerade so viel mehr wie das, was er in ihr sah? Ihre Zuneigung zu den Anderen, die ihr untersagte, das Dorf zu verlassen, da sie niemanden verlieren wollte? Ihre Augen, die sie vor seinen Gründen verschloss? Sie verstand ihn nicht, aber war das nicht ihre eigene Schuld? Er war nun wie ein Gegenstück zu ihr, das, was sie eigentlich nicht sein wollte... Abhängig von der Gnade anderer Leute. Aber sie waren doch immer nett zu ihr gewesen... wäre es nicht ein Verrat an ihnen, wenn sie einfach ging...? Bedrückt schlug sie die Augen nieder und kaute auf ihrer Lippe herum. Dann schaute sie wieder zu ihm und fragte sich, ob er glücklich war mit seiner seiner Situation... war er wirklich da, wo er sein wollte und konnte sie ihm vielleicht doch folgen...? Unentschlossen schaute sie wieder in sein Gesicht und fragte dann leise: „Sag mir Sasuke... welchen Weg soll ich gehen?“ Und da hob er den Kopf... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)