Verfluchte Zaubertränke von abranka ================================================================================ Kapitel 1: Verfluchte Zaubertränke ---------------------------------- Hermione Granger war vermutlich das erste Mal in ihrer gesamten Laufbahn an Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei sprachlos. Mit offenem Mund starrte sie an die Decke, an der ihr sorgfältig zusammengebrauter Zaubertrank klebte – und nun in ekligen, dicken Klecksen zu Boden tropfte. „Gehen Sie lieber alle in Deckung. Wenn Granger ihren Wärmetrank schon in die Luft sprengt, wollen wir gar nicht wissen, was Longbottom mit seinem anstellt“, bellte in diesem Augenblick der Zaubertranklehrer Severus Snape. Sämtliche Slytherins, die sich in der Nähe von Neville Longbottom und seinem Kessel aufhielten, suchten eilig das Weite. Selbst die Gryffindors rückten etwas von ihrem Hauskameraden ab. Neville dagegen betrachtete seinen Trank skeptisch. Aber im nun vierten Jahr Zaubertränke hatte er langsam ein Gefühl dafür entwickelt, wann ein Trank zu explodieren drohte. Dieser hier sah eigentlich nicht danach aus. Behutsam rührte er ihn ein letztes Mal um und sah zu, wie die schlammbraune Flüssigkeit das vorgesehene Goldgelb annahm. Snape schaute ihm über die Schulter und widerwillig ließ er ein ganz leichtes, beinahe anerkennendes Nicken sehen. „Mir scheint, wir haben heute einen Tag der Wunder: Granger jagt ihren Trank in die Luft und Longbottom macht etwas richtig.“ Snapes Sarkasmus sorgte dafür, dass Hermiones Wangen nur noch heißer brannten. Was zum Merlin hatte sie nur falsch gemacht? In der Bibliothek grübelte Hermione bereits seit einer halben Stunde über dem Trankrezept und begriff so langsam, was sie falsch gemacht hatte: Löwenzahnwurzeln und Pusteblumensamen hatte sie verwechselt. Gleiche Pflanze, aber vollkommen unterschiedlicher Teil. Wenn sie sich nicht vollkommen irrte, dann war es auch möglich, dass der Trank explodiert war, weil sich beide Zutaten in ihm befunden hatten. Das könnte bedeuten, dass vielleicht einer der Slytherins sie sabotiert hatte. Gerade Pansy Parkinson, die nur einen Tisch weiter gearbeitet hatte, traute sie ja alles zu. Nachdenklich runzelte Hermione die Stirn. Ein solcher Fehler passte auf jeden Fall gar nicht zu ihr. „Hermione“, sagte eine dunkle Stimme mit einem schweren Akzent neben ihr und unwillkürlich glätteten sich die Denkfalten auf ihrer Stirn und sie lächelte bereits, während sie den Blick von ihrem Buch hob. Viktor Krum ließ sich ihr gegenüber nieder und lächelte sie freundlich an. Der Durmstrang-Schüler und Quidditch-Champion war – ebenso wie einige seiner Schulkameraden sowie der Mädchen aus Beauxbatons – hier, um am Trimagischen Turnier teilzunehmen, das dieses Jahr in Hogwarts stattfand. Er war der Champion für Durmstrang. Der Beauxbatons-Champion war Fleur Delacour, für die Ron Weasley, Hermiones einer enger Freund sehr schwärmte. Hogwarts' erster Champion war Cedric Diggory, der zweite – irreguläre, aber zur Teilnahme verpflichtete – Champion von Hogwarts war Hermiones anderer enger Freund Harry Potter. Manchmal dachte sie, dass sie das in emotionale Schwierigkeiten bringen sollte, aber sie sah keinen Grund. Es war ein faires Kräftemessen und sie erkannte die Möglichkeiten, Freundschaften zu schließen, die über die üblichen Landesgrenzen hinausgingen. Leider sah Ron das anders und wetterte seit einiger Zeit nur noch gegen sein großes Quidditch-Idol Krum. „Hallo Viktor.“ Hermione genoss das warme Gefühl, das ihren Rücken hinabrieselte, als sie Viktor ansah. Sie ignorierte die ganzen kichernden Mädchen, die neugierig in der Nahe vorbei liefen und sich bemühten, Viktors Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Du lernst wieder?“ „Wie immer.“ Hermione hob die Schultern. „Ich versuche herauszufinden, was ich heute bei dem Wärmetrank falsch gemacht habe. Ich habe den Fehler gefunden, weiß aber noch nicht, wie er passieren konnte.“ Viktor schwieg einen Augenblick lang und sagte dann ganz behutsam: „Hast du schon in Erwägung gezogen, dass du einfach unaufmerksam warst? Dass du einfach so einen Fehler gemacht hast, ohne dass es einen besonderen Grund dafür gibt? Denn Fehler passieren.“ Hermione seufzte leise. „Aber mir nicht...“, erwiderte sie leise und ein wenig trotzig. „So etwas ist mir noch nie passiert.“ Viktor schwieg, aber seine Miene zeigte deutlich, dass er sie nicht so recht verstand. „Viktor...“, sagte sie eindringlich und legte ihre Hand unwillkürlich auf seine, um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen. „Seit ich denken kann, lerne ich voller Elan und Begeisterung. Ich sage voller Stolz, dass ich die beste Hexe des Jahrgangs bin. Weil ich ganz hart dafür arbeite und jeden Tag dafür Bücher wälze und lerne. Ganz viel lerne. Ich habe diesen Trank schon ein Dutzend mal studiert. Ich weiß alles, was notwendig ist, um ihn richtig zu brauen. Es ist vollkommen unlogisch, dass mir dabei ein Fehler passiert ist.“ Sie drückte seine Finger fest und ließ dann überrascht von der Heftigkeit ihrer Worte und der Berührung los. Viktor sah sie nur an. „Wenn du das sagst, wird das stimmen. Aber dennoch ist dein Trank explodiert.“ „Genau.“ Erneut seufzte Hermione, dieses Mal aber eher resignierend. „Vielleicht sollte ich die nächsten Kapitel in unserem Zaubertränkebuch noch etwas genauer studieren.“ „Würdest du das am See tun?“ Viktor schenkte ihr ein breites Grinsen, das eine gewisse Aufforderung beinhaltete. Hermiones Blick glitt zum Fenster. Die Sonne schien und es würde warm genug sein. Und natürlich konnte Viktor dabei trainieren. Sie lächelte. So verbrachten sie gerne gemeinsam Zeit. „Aber sicher.“ Hermione hatte den Percon-Trank vor der Zaubertrankstunde ausgiebig studiert. Sie wusste alles. Sie wusste, dass man die Chilischoten hacken musste, aber die Kerne nicht zerquetschten durfte. Sie wusste, dass das Blaukraut in den Trank gebröselt werden musste. Sie wusste, dass er nur nach links gerührt werden durfte und schaumig köcheln musste, aber auf keinen Fall dabei blubbern durfte. Sie wusste es. Und trotzdem schoss eine verdammte Eisfontäne aus ihrem Kessel, fror Pansy Parkinson die Haarspitzen an der Stirn fest, traf Crabbe in den Hintern und klatschte schließlich nur Millimeter vor Snape auf den Fußboden. Snape schäumte vor Wut, während Hermione vollkommen fassungslos auf ihren Kessel starrte. Sie hörte Pansy keifen und zetern, Crabbe toben, die Gryffindors lachen – weil die Slytherins wiederum alle entsetzt waren und die beiden getroffenen Slytherins offenbar reichlich lustig aussahen – und Snape ihr zwanzig Hauspunkte abziehen, aber sie nahm es nicht wirklich war. Wie hatte das passieren können? Das war doch vollkommen unmöglich! Sie wusste doch alles! Was hatte sie nur schon wieder falsch gemacht? „Longbottom!“, entfuhr es Snape in diesem Augenblick. In der Stimme des Zaubertränkelehrers lag so viel Überraschung, dass er selbst Hermione aus ihrem Trancezustand riss. „Sie haben schon wieder einen Trank richtig hinbekommen!“ Zum ersten Mal in ihrer vierjährigen Hogwarts-Zeit erlebte Hermione ihren Lehrer regelrecht fassungslos. Mit Katastrophen konnte er offenbar sehr viel besser umgehen, als mit Überraschungserfolgen. Grummelnd gab er Gryffindor dafür einen Punkt und zog diesen gleich wieder ab, als er Rons sumpfigen Kessel sah. Hermione schaute zu Neville hinüber, der über beide Wangen strahlte. Irgendetwas stimmte hier doch nicht. Sie bekam offenbar keinen einzigen Trank mehr hin und Neville entwickelte sich dagegen zum Zaubertrankmeister. Hermione runzelte die Stirn. Sie musste unbedingt herausfinden, was jetzt schon wieder schiefgelaufen war. Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors grübelte Hermione über ihrem Zaubertränkebuch, während Harry neben ihr Löcher in die Luft starrte. Ron saß daneben, brummelte vor sich hin und bemühte sich, Hermione zu ignorieren. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder warf sie ihren besten Freunden einen Seitenblick zu. Der Drache, mit dem es Harry während seiner ersten Prüfung zu tun gehabt hatte, hatte sie alle aufgeschreckt. Und zumindest grollte Ron seinem besten Freund jetzt nicht mehr. Was das goldene Ei anging, dessen Rätsel gelöst werden musste, schienen die beiden immer noch auf der Stelle zu treten. Üblicherweise liebte Hermione solche Rätsel und sie fand dieses auch immens wichtig, aber Ron knurrte sie immer wieder an, wenn sie versuchte, aktiv mitzuhelfen. Er schien wirklich der Paranoia erlegen zu sein, dass sie Viktor alles verraten würde, was sie herausfand. Seufzend nahm sie das Buch und verzog sich in den Mädchenschlafsaal. Sie spürte, wie Ron ihr nachsah und als sie sicher war, dass er es nicht mehr tat, warf sie einen Blick zurück. Dieses ganze Theater tat weh. Hermione saß auf der Treppe neben der Großen Halle. Von dort war leise Musik zu hören. Einige vereinzelte Schülerinnen und Schüler, zumeist pärchenweise, gingen an ihr vorbei oder verschwanden durch die Tür nach draußen. Ihre Füße schmerzten und sie hatte die hohen Schuhe ausgezogen. Das hellblaue Kleid war zerknittert und sie war frustriert. Der Julball war so wunderbar gewesen, bis sie gesehen hatte, wie Ron und Harry sich von allen Feierlichkeiten – und besonders dem Tanz – ausgeschlossen hatten. Dabei hatten sie mit den Patil-Zwillingen doch Begleiterinnen gefunden, die über die Möglichkeit, zu tanzen, nur so gejubelt hätten. Hermione spürte, dass sie Ron immer noch übel nahm, dass ihm viel zu spät aufgefallen war, dass er – oder Harry – ja auch sie hätte fragen können. Aber nein... Außerdem hatte Viktor sie zu diesem Zeitpunkt längst gefragt. Er hatte sie bei einem ihrer Treffen in der Bibliothek gefragt, eigentlich direkt nachdem der Julball angekündigt worden war. Hermione schüttelte müde den Kopf. Warum mussten Jungs eigentlich so kompliziert sein? Warum musste Ron so unglaublich blöd und kompliziert sein? Und warum zum Merlin machte sie sich Gedanken um Ron, wenn sie sich in Viktors Gesellschaft doch so unglaublich wohl fühlte? Sie seufzte tief und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Ihre sorgfältige Frisur löste sich auch allmählich auf. „Hier bist du.“ Viktors dunkle Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er setzte sich neben sie und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. „Ist alles in Ordnung?“ „Ja, nein, keine Ahnung.“ Hermione seufzte und sah ihn an. Die Treppe war mittlerweile leer. Die meisten Schüler mussten bereits in den Schlafräumen sein – oder irgendwie im Schloss anderweitig beschäftigt. „Mach dir keine Sorgen.“ Er tippte ihr sanft mit dem Zeigefinger an die Stirn. „Denn damit wirst du das alles schon hinbekommen. Du bist die klügste Hexe, die ich je kennengelernt habe.“ Verlegen senkte sie den Blick. „Danke...“, flüsterte sie leise. Viktor legte stumm die Arme um sie und nach einem Augenblick des Zögerns gestattete sie sich, sich an seine breite Brust zu schmiegen. Sie war nicht bei der Sache. Hermione merkte es, als sie die gehackten Knoblauchzehen in ihren hellblauen Trank gab. Eigentlich hätte der Trank grün sein sollen. So wie Nevilles, wie sie mit einem kurzen Seitenblick feststellte. Das einzig Positive war, dass ihre Reaktionen langsam besser wurden. Sie war in Deckung gesprungen, bevor der Inhalt des Kessels in einem Sprühregen auf der Slytherinhälfte des Klassenzimmers niederging. Eins musste man Hermione schließlich lassen: Auch wenn sie Mist baute, dann wenigstens gezielt. Und so, wie die Slytherins Harry im Moment behandelten, hatten sie ein bisschen Warzenmagie verdient. Denn, so erinnerte sich Hermione nun, wenn der Anti-Warzen-Trank falsch gebraut wurde, erzeugte er dicke, haarige Warzen. Und eine davon spross gerade in enormer Größe auf Draco Malfoys Nasenspitze. Snape stürmte wutschnaubend auf sie zu, aber das kümmerte sie kaum. Sie hörte ihre besten Freunde Ron und Harry lautstark lachen. Das gefiel ihr in diesem Augenblick besser als alles andere. Dann kam Snapes Donnerwetter über sie und dieses Ende nicht nur mit einem Haufen abgezogener Punkte für die Gryffindors, sondern auch mit einem Berg Strafarbeiten. Es war ein Schock, im Wasser wach zu werden und von einer haiartigen Viktor-Karrikatur an die Oberfläche gezogen zu werden. Hermione prustete, als ihr Kopf die Wasseroberfläche durchbrach und strampelte mühsam auf der Stelle. Viktors Zauber löste sich auf und er schwamm neben ihr. Auf seinem Gesicht lag absolute Erleichterung. Bei Merlin, wenn Hermione gewusst hätte, was Dumbledores Bitte bedeutete, als wichtige Bezugsperson für Viktor an der Prüfung teilzunehmen, dann hätte sie sich das doppelt überlegt. Sie war jetzt nur froh, als sie den Steg erreichte und ihr von dort aus dem Wasser geholfen wurde. Ihr wurden zwei Handtücher gereicht und danach wurde sie eine dicke Wolldecke gewickelt. Madam Pomfrey reichte ihr einen wärmenden Trank. Sie schnaufte erschöpft und vergewisserte sich, dass es Viktor gut ging. „Hermione!“, rief Ginny und drückte die Freundin an sich. „Harry ist noch unten. Und Ron... Ron ist nirgends hier.“ Ihre Augen waren vor Angst weit aufgerissen. „Sie sind noch unten“, sagte Viktor. „Harry... wollte alle retten, aber die Wassermenschen haben ihn nicht gelassen. Also wartet er unten.“ Er senkte den Kopf, als wenn er das auch hätte tun sollen. „Ist Ron etwa da unten?“, fragte Ginny und ihre Stimme klang, als wenn sie gleich ins Hysterische kippen würde. „Alles wird gut, Ginny.“ Hermione drückte sie sanft an sich und strich ihr über das Haar. „Weißt du, welchen Zauber er genommen hat?“ „Keine Ahnung.“ Ginny zuckte hilflos mit den Schultern. „Dianthuskraut“, mischte sich Neville schüchtern ein. „Er hat Dianthuskraut genommen. Ich habe es ihm gegeben. Dadurch kann er unter Wasser atmen. Es sollte eine Stunde anhalten. Höchstens.“ „Bei Merlin, die Zeit ist doch fast um!“ Ginny schlug die Hände vor das Gesicht und auch Hermione spürte, wie Angst nach ihr griff. Ihre beiden besten Freunde waren dort unten und sie konnte gar nichts tun. Hilflos sah sie Viktor an, der stumm ihre Hand ergriff und drückte. Ihre Finger verschränkten sie sich und sie klammerte sich an ihn, als wenn er ihre einzige Rettungsleine war. Als endlich Harry und Ron, gemeinsam mit Fleur Delacours kleiner Schwester, auftauchten, sprang Hermione überglücklich auf. Sie fühlte, wie Erleichterung sich in ihr breit machte, und als ihre besten Freunde an Land waren, fiel sie ihnen beiden um den Hals. Egal, was im Moment zwischen ihnen stand, diese beiden waren die wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Zu ihrer Überraschung erwiderte gerade Ron die Umarmung, als wenn er nie etwas anderes getan hätte. Während Harry und Ron versorgt wurden, warf sie einen Blick zu Viktor herüber, der sie unverwandt ansah. In dieser Stunde brauten sie einen Notfallhydrationstrank, der für den Einsatz bei stark dehydrierten Menschen zur Lebensrettung gedacht war. Neben Aloe Vera, die in sanft zerdrückten Stücken hinzugegeben wurde, enthielt er Seerosenblütenblätter, Algenpaste und eine Handvoll Seegras. Eigentlich war die Zubereitung ganz einfach. Hermione beobachtete die blubbernde Flüssigkeit in ihrem Kessel und war sich nicht sicher, ob dieser Trank nicht doch explodieren konnte. Sie hatte zwar gelesen, dass dieser Trank als sehr stabil und regelrecht idiotensicher galt, aber daran hegte sie jetzt doch akute Zweifel. So wie Snape in ihre Richtung starrte und ihren Kessel fixierte, galt das wohl auch für ihren Lehrer. Seufzend legte sie ihren Rührlöffel bei Seite und entschied, dass sie heute lieber kein Risiko eingehen wollte. Noch eine neue Schimpftirade von Snape konnte sie wirklich nicht brauchen. Sie spürte, dass sie heute eh absolut nicht bei der Sache war. Ihre Gedanken kreisten um Harrys nächste trimagische Prüfung, um Viktor und um Ron, um die ganzen ätzenden Artikel von Rita Kimmkorn, die ihre eine Doppelgeschichte mit Harry und Viktor andichtete, um Mrs. Weasley, die diesen Unsinn offenbar glaubte und Hermione äußerst unfreundlich behandelte und darum, dass das alles irgendwie viel zu viel war. „Kluge Entscheidung, Granger. Wir sind alle dankbar, dass Sie heute Katastrophe auslösen“, sagte Snape spöttisch, als sie ihren Kessel schließlich vom Feuer nahm und den fehlgeschlagenen Trank abkühlen ließ. Sie warf einen Blick zu Neville hinüber und ihre Gesichtszüge entgleisten beinahe. Sein Trank war perfekt. Stolz blickte er in die Runde und vergaß offenbar sogar für einen Augenblick seine Angst vor Snape. Der Zaubertranklehrer inspizierte den perfekten Trank und auf seinem finsteren Gesicht zeigte sich so etwas wie widerwillige Anerkennung. Es war wie ein kompletter Rollentausch: Hermione versagte komplett in Zaubertränke, während Neville auf einmal brillierte. Hermione entschied, dass es eindeutig an der Zeit war, sich einmal mit Neville zu unterhalten. Sie erwischte Neville nach ihrer Kräuterkunde-Stunde. „Hey, Neville“, begann sie. „Du bist in letzter Zeit wirklich ausgezeichnet in Zaubertränke...“ „Ja, nicht wahr?“ Neville strahlte sie breit aus seinem runden Mondgesicht an. „Professor Sprout hat mir den Tipp gegeben, dass ich meine Kenntnisse in Kräuterkunde für das Brauen von Zaubertränken einsetzen soll. Wir machen dieses Jahr so viele Tränke, die fast vollständig aus Pflanzenbestandteilen bestehen, dass sich das richtig auszahlt. Es ist so wahnsinnig hilfreich, wenn man weiß, welche Pflanzen sich nicht leider können oder welche untereinander reagieren.“ Seine Augen leuchteten vor Eifer, während er Hermione seine Erkenntnisse weiter schilderte. Sie lauschte stumm und war ehrlich überrascht, wieviel Neville eigentlich wusste. Sie hatte ihn wohl auch immer unterschätzt. Und sich selbst hatte sie ganz offensichtlich überschätzt. Als sie merkte, dass ihre Gedanken selbst von dem interessanten Gespräch mit Neville zu all ihren persönlichen Problembaustellen und Sorgen abglitten, verstand sie es auf einmal. Sie war zu abgelenkt. Ihre Gedanken waren stets zumindest unterschwellig mit ganz vielen anderen Dingen beschäftigt. Sie konnte unter diesen Umständen gar nichts Kompliziertes und Aufwändiges zustande bringen. Sie verabschiedete sich von Neville und ging hinunter zum See, wo Viktor mit Sicherheit wieder trainieren würde. Für eine Weile würde es in Ordnung sein, dort zu sitzen. Sie hatte ja ihren dicken Umhang an. Sie ließ sich dort nieder, holte ihre Bücher heraus und schaute ihm doch mehr beim Training zu, anstatt zu lernen. Sie lächelte. Jetzt, wo sie ihre Problem erkannt hatte, würde sie es auch lösen können. Und bis dahin konnte sie immerhin den Ausblick genießen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)