Er ist wie der Mond von caramel-bonbon ================================================================================ Kapitel 5: Nicht die Wahrheit ----------------------------- Reis Atem bebte. Er spürte das Kibbeln in seinem Bauch und in seinem Nacken, als Kai ihn mit seinen undurchdringbaren Augen anfunkelte und er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Die Verantwortung wofür?“, fragte er herausfordernd. Kais rechter Mundwinkel zuckte. Wenn Rei spielen wollte, schön, dann konnte er das haben. Er drängte ihn gegen den Tisch und stützte sich links und rechts auf der Platte ab, das Gesicht so nah an Reis, dass er seinen Atem spüren konnte. „Dreimal darfst du raten“, knurrte er. „Dass du pünktlich zur Theateraufführung kommst?“, riet Rei und schaute Kai direkt in die Augen. Doch Kai packte mit einer Hand seinen Zopf und zog daran, bis Rei nachgab und sein Kopf zur Seite legte. Kei beugte sich über ihn. „Falsch“, zischte er Rei ins Ohr und dieser musste kurz die Augen schließen um den Fokus zu bewahren. „Dass du zur nächsten Studentenparty kommst?“, riet Rei erneut. Kai zog noch etwas fester an seinem Zopf. „Falsch.“ Hitze breitete sich in Reis Brust aus. Das war ja so unfassbar atemraubend. Sein ganzer Körper kribbelte vor Anspannung und Verlangen und doch wollte er nicht nachgeben. Er wusste natürlich genau, worauf Kai hinaus wollte, aber er wollte ebenso wissen, was passierte, wenn er es nicht sagte. „Dass du wiedermal etwas Freizeit hast?“, riet er zum dritten Mal. Kais Mundwinkel zuckte. „Auch falsch“, knurrte er, dann ließ er Reis Zopf los und lehnte sich zurück in eine aufrechte Position. „So ein Pech aber auch“, stichelte Rei. „Hätte ich doch nur zu gerne die Verantwortung dafür übernommen, was sich da in deiner Hose versteckt.“ Mit einem schiefen Grinsen trat er dicht an Kai und bevor dieser etwas entgegnen konnte, hatte Rei bereits seine Hand auf die leichte Beule in seiner Hose gelegt und leckte spielerisch über seine Oberlippe. Doch genauso schnell ließ Rei Kai mitten im Büro stehen und verschwand durch die schwere Holztür. Zurück blieb ein regungsloser Kai mit einem für ihn ungewöhnlich verdatterten Gesichtsausdruck. Er musste sich kurz räuspern, um seine Gedanken neu zu ordnen. Jetzt brauchte er eine Zigarette. Vielleicht auch zwei. Die zwei Wochen bis zur Studentenparty zogen sich zäh dahin und jeden Morgen, wenn Kai sein Büro betrat und den Schreibtisch sah, dachte er an Rei. Er biss dann kurz seine Zähne zusammen, als wolle er das aufkeimende Ziehen in seinem Bauch unterdrücken. Dieser Kerl war doch verrückt. Er hatte ihn einfach stehen lassen. Das hatte zuvor noch nie jemand gewagt. Aber zuvor hatte auch noch nie jemand den Mut gehabt, ihn einfach in seinem Büro aufzusuchen. Er musste sich eingestehen, dass ihn das etwas aus der Bahn geworfen hatte. Und nun war Freitag kurz vor Mitternacht und mit einer Zigarette zwischen den Lippen stapfte Kai mit langen Schritten zum Roundabout, dem Club, in dem die Studentenpartys jeweils stattfanden. Er streckte der Kassiererin eine Note entgegen, ließ sich einen Stempel auf das Handgelenk drücken und quetschte sich durch die heiße, schwitzende Menge zu den Sofas, wo wie immer seine Freunde saßen und überschwänglich gut gelaunt mit Vodka anstießen und johlten. „Kai!“, riefen sie überrascht, „mit dir haben wir heute gar nicht gerechnet! Setzt dich!“ Boris rückte näher zu Yuriy und klopfte auf den Platz neben sich. „Passiert“, entgegnete Kai, bevor er alle kurz grüßte und sich dann auf das Sofa setzte. Sogleich drückte ihm Ivan einen Shot in die Hand. „Auf den alten Workaholic“, grölte er deutlich angetrunken und kippte sich den Vodka in den Rachen. Kai grinste schief und tat es ihm nach. Auf den Shot folgte ein zweiter und dritter und bevor er sich versah, hatten ihn seine Freunde beinahe abgefüllt. Zumindest hatte er deutlich einen sitzen, wie er bemerkte, als er vom Sofa aufstand um kurz auf die Toilette zu verschwinden. Das Licht auf der Toilette war grell und brannte in seinen Augen und als er einen Blick auf sein Handy warf, stellte er fest, dass es bereits nach drei Uhr war. Er hatte Rei gar nicht gesehen. Aber er war auch nicht draußen gewesen, stellte er fest. Ach, was soll’s, sagte er sich. Mal wieder ein Abend saufend mit seinen Freunden zu verbringen war genau das, was er nach den letzten Monaten harter Arbeit und unzähligen Überstunden gebraucht und seiner Meinung nach auch absolut verdient hatte. Und er war ja schließlich nicht so notgeil, dass er nur wegen einem potenziellen Fick hergekommen war. Kurz vor vier Uhr früh verabschiedete er sich und trat hinaus auf die Straße. Es war bitterkalt, doch Kai zog sich die Kapuze über den Kopf und trat den Heimweg an. Zu Fuß hatte er nur etwas über zwanzig Minuten. Genau richtig, um seinen Kopf zu durchlüften und etwas nüchtern zu werden. „Onkel Kai“, sagte Alexander überrascht, als er den jungen Mann durch die Tür kommen sah und sein Gesicht erhellte sich. Rei horchte auf und folgte seinem Blick. Tatsächlich, da stand er vor der Tür, in seinen Haaren hatten sich ein paar Schneeflocken verfangen. Reis Blick zuckte zur Uhr. Fünf Minuten vor fünf. Wow. Er hatte nicht einmal wirklich damit gerechnet, dass Kai überhaupt auftauchen würde. Und nun war er sogar noch zu früh. Ganze fünf Minuten. „Hi Alex“, hörte er Kais Stimme und Rei wandte sich gerade rechtzeitig zu ihnen, um noch zu sehen, wie er beinahe liebevoll durch Alexanders Haare wuschelte. Dieser strahlte ihn überglücklich an und legte seine Arme auf Taillenhöhe um seinen Lieblingsonkel, da blickte Kai hoch und bemerkte Rei, der ihn immer noch mit einem schiefen Grinsen im Gesicht ansah. Doch bevor er irgendetwas tun oder sagen konnte, stellte sich seine Cousine genau in sein Blickfeld. „Kai! Wie schön, dass du da bist. Du glaubst ja gar nicht, wie sehr sich Alexander über deine Zusage gefreut hat. Er hat die ganze Woche von fast nichts anderem gesprochen. Also naja, relativ zu dem betrachtet, wie viel er sonst redet. Du kennst ihn ja, er ist eher ein Stiller“, quasselte sie munter auf Kai los und Rei musste sich wegdrehen, um nicht laut loszulachen. Nein, die zwei könnten nicht unterschiedlicher sein. Als die fünf Minuten vorbei waren, bat Mao mit erhobener Stimme die Eltern, bitte Platz zu nehmen. Dann schaltete sie einige Lampen aus, damit es im Publikum dunkel war und sich alle auf die freigeräumte Fläche, welche zur Bühne umfunktioniert wurde, konzentrieren konnten. Die Kinder glucksten und kicherten, während sie ebenfalls ihre Plätze einnahmen und die Eltern platzten beinahe vor stolz, als sie ihren Kleinen zusahen, wie sie ihre Verse aufsagten und mit ihren Kostümen über die Bühne wirbelten. Doch Kais Blick galt nicht dem kindlichen Spektakel. Die meiste Zeit galt seine Aufmerksamkeit Rei. Dieser stand bei den Kindern, die warten mussten, und sorgte dafür, dass sie ihren Einsatz nicht verpassten. Ein paar Mal glaubte er, dass sich ihre Blicke trafen, doch er war sich nicht sicher, ob Rei ihn gegen die Dunkelheit überhaupt erkennen konnte. So wartete er brav regungslos, bis das Theaterstück zu Ende war, sich die Kinder zusammen mit Mao und Rei verbeugt und die Eltern überschwänglich geklatscht hatten, um sich dann mit der Masse zu den Tischen zu bewegen, die an die Wand gerückt und auf denen selbstgemachter Kuchen und Tee bereitgestellt worden waren. Während die andern Kinder lauthals übereinander herfielen, trottete Alex zu seinen Eltern und zu Kai. „Du warst der beste“, meinte Kai und Alexanders Gesicht leuchtete stolz auf. Einen solchen Gesichtsausdruck hatte Rei noch nie bei dem Jungen gesehen. Das war erstaunlich faszinierend mit anzusehen und in ihm regte sich die Hoffnung, dass er doch weniger nach Kai Hiwatari kam, als er befürchtete. „Ich verstehe immer noch nicht, wie du das verdient hast, dass Alex dich so anhimmelt“, sagte Rei mit gedämpfter Stimme, so dass es niemand sonst hören konnte. Kai drehte sich um und Rei blickte in das wie immer regungslose Gesicht. „Neidisch, dass ich ihm mehr Aufmerksamkeit widme, als dir?“, erwiderte Kai trocken. „Au!“, foppte Rei und lachte. „Aber ja, irgendwie schon“, entgegnete er und zwinkerte ihm zu, bevor er sich umdrehte und zu Mao hinüberschritt. Kai sah aus dem Blickwinkel, wie sie einige Worte wechselten und Rei dann aus der Tür verschwand. Ohne lange zu fackeln, folgte er ihm in den Eingangsbereich und hatte ihn schnell eingeholt. „Rei“, knurrte er und hielt ihn an der Schulter zurück. Rei drehte sich um und seine bernsteinfarbenen Augen funkelten. „Kai, was ist los?“, fragte er unschuldig. Als ob er das nicht genau so geplant hatte. Oder zumindest gehofft hatte, dass Kai ihm folgen würde. „Ich hole mir meine Belohnung“, knurrte er, doch Rei stoppte ihn, bevor er ihm zu nah auf die Pelle rücken konnte. „Doch nicht hier“, warnte er mit zischender Stimme. Er warf einen Blick über Kais Schulter zum Saal, dann drehte er sich um und eilte mit langen Schritten zum Eingang. „Komm.“ Kai folgte ihm hinaus in die klirrende Kälte. „Wo steht dein Auto?“, fragte er Kai. „Dort“, meinte er und ruckte mit dem Kopf die Straße runter. Mit einem Knopfdruck schloss er das Auto auf und Rei folgte den orangen Auto-Lichtern, die zweimal kurz aufblinkten, riss die hintere Tür auf und stieß Kai auf den Sitz. Es war eng. Rei musste sich mit der Hand am Dach abstützen, damit er mit dem Kopf nicht dagegen stieß. Das hatte er nicht bedacht. Mit nur einer Hand war er Kai praktisch ausgeliefert. Und dieser nutzte die Situation schamlos aus. Rei keuchte, als Kai ihm die Hose samt Boxershorts über den Hintern schob und herzhaft zupackte. War die Luft im Auto zu Beginn noch bissig kalt, so war sie nun schwer von ihrem Atmen und feucht beschlug sie die Fenster. Irgendwie hatte Rei es geschafft, mit einem Bein aus seiner Hose zu schlüpfen und sein Pullover lag zerknautscht unter dem Autositz neben Kais rechtem Fuß. Kai nestelte in seiner Hosentasche und zog zwei Tütchen hervor. Rei lachte trocken. „Konntest es wohl nicht erwarten“, piesackte er ihn und sah zu, wie Kai ihm das Kondom überrollte. „Das ist aber süß von dir“. Kai blickte ihn von unten durch seine Fransen an und in seinen Augen blitze es. „Reiner Eigennutzen“, murrte er und rollte das zweite Kondom über seinen eigenen Penis, der so hart pochte, dass es beinahe schmerzte. Er wollte es sich keinesfalls anmerken lassen, aber so sehr hatte er sich schon lange nicht mehr auf Sex gefreut. Er packte Reis Hintern und zog seine Backen auseinander und Rei spürte, wie sich Kais heißer Penis dazwischen drängte. Er setzte sich etwas auf, bis er die Spitze an seinem Anus fühlte und während er sich mit der linken Hand am Dach abstützte, führte er mit seiner rechten das Glied langsam in sich ein. Es zwickte etwas und dehnte unangenehm. Rei biss sich auf die Lippe und die Hitze überrollte ihn, als er sich langsam auf Kais Schoß setzte. Kai schloss die Augen. Es fühlte sich einfach zu gut an, wie Rei sich über ihm bewegte, sein schlanker, muskulöser Körper sich wie eine Schlange auf ihm wand. Aber das ging so nicht. Er musste die Kontrolle zurückerlangen. Irgendwie hatte er sie zwischen Kondom und Eindringen verloren. Er packte Reis Hüfte. Jetzt war es an ihm zu sagen, wie schnell es wohin ging. Scharf sog Rei die Luft zwischen seinen Lippen ein. „Fuck“, rutschte es ihm aus dem Mund. Wenn das so weiterging, hielt er das nicht lange durch. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als die Kontrolle, die er kurz hatte, an Kai abzutreten. Aber er musste sich abstützen und irgendwo festhalten, während Kai ihn in den Wahnsinn trieb. Der Quickie endete mit einem kribbelnden Schauern, der Rei über den ganzen Rücken rieselte. Er hatte die Finger in das Lederpolster des Rücksitzes gekrallt und atmete keuchend. Wortlos hievte er sich mit schmerzenden Gliedern von Kai runter und setzte sich neben ihn. Ein Glück, dass seine Hose noch an einem Fuß hing. Am liebsten wäre er jetzt zwar liegengeblieben oder hätte sich unter eine Dusche gestellt, aber Anbetracht der Lokalität, die er sich ausgesucht hatte, war dies nicht möglich. Er schielte auf seine Uhr. Nicht einmal zwanzig Minuten waren vergangen. Das war gut. „Ich brauch jetzt Kuchen. Los, beweg dich!“, sagte Rei und öffnete die Autotür. Sofort blies ihm ein eisiger Wind ins Gesicht. Das hätte jetzt echt nicht sein müssen. Schnellen Schrittes ging Rei durch die kalte Abendluft. Kai folgte ihm zögernd und gerade, als Rei die Hand nach der Tür ausstreckte, hielt Kai ihn auf. Seine Finger legten sich um seinen Arm und etwas unschlüssig hielt er ihn zurück. Rei verharrte, drehte sich um und blickte Kai fragend an. „Was ist?“ Verwundert bemerkte er einen Ausdruck in Kais Augen, den er bei ihm noch nie gesehen hatte. Ganz schwach, aber er war da. Was war das? „Rei“, sagte Kai leise. Reis Augenbrauen zogen sich zusammen. War das etwa so etwas wie Unsicherheit in Kais Augen? Er bemerkte, wie Kai sich auf die Zähne biss. „Was ist?“, wiederholte Rei. Doch ohne Vorwarnung ließ Kai ihn los, grob, stieß ihn beinahe von sich. „Nichts, vergiss es“, knurrte er. „Ich gehe nach Hause.“ Perplex sah Rei zu, wie Kai sich umdrehte und in der Dunkelheit verschwand. Irgendwie schaffte es Rei, mehr oder weniger unbemerkt zurück zu schleichen. So unauffällig, wie es eben ging, schlüpfte er zur Tür hinein und stellte sich neben den Tisch mit dem Kuchen, von dem er sich großzügig auf einen Pappteller schaufelte. Genüsslich mampfte er vor sich hin. Bis plötzlich Mao neben ihm stand. „Rei, wo warst du denn die ganze Zeit?“ Rei zuckte zusammen und drehte sich langsam um. Schnell, etwas Schlaues. „Sorry Mao, da muss irgendwas im Abendessen gewesen sein. Durchfall und so, ja“, log er souverän und zur Untermalung des unangenehmen Themas schaute er sie mit einem Trübsal blasenden Gesichtsausdruck an. Bei Durchfall hakte nie jemand nach. So auch Mao. Diese verdrehte nur die Augen und gesellte sich dann wieder zu den noch verbliebenen Eltern mit ihren nicht müde werden wollenden Kindern. Als Rei gerade sein fünftes Kuchenstück verputze, hörte er Irina. „Schatz, hast du Kai irgendwo gesehen? Er ist schon eine ganze Weile weg“, fragte sie ihren Mann, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ein kleines bisschen mehr zu sehen und Kai eventuell ausfindig machen zu können. Doch von ihrem Mann kam nur ein Schulterzucken. „Keine Ahnung. Lass ihn doch, er ist alt genug, er weiß schon, was er tut.“ Rei stopfte sich schnell das Kuchenstück in den Mund und warf den Pappteller weg. Kai, erinnerte er sich, er wollte mir irgendwas sagen. Er sah noch diesen Blick vor seinem inneren Auge. Dass Kai gehen wollte, war ganz bestimmt nicht alles. Rei musste es einfach wissen. Was war es, was Kai nicht sagen konnte? „Mao“, rief er seiner Freundin zu, „sorry Mao, aber ich muss los. Wir hören uns, ja?“ In Trainerhosen und mit einem Glas Whisky in der rechten Hand saß Kai breitbeinig auf seinem schwarzen Sofa im Wohnzimmer. „Fuck“, zischte er nuschelnd. Die Dusche hatte nicht den erwünschten beruhigenden Effekt gehabt und auch der Whisky ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. In seinem Kopf tobten die Gedanken und hinterließen ein pochendes Chaos. Was sollte er bloß dagegen tun? Wie konnte er sie zum Schweigen bringen? Beinahe hatte er sich verraten. Das durfte niemals geschehen. Er nahm noch einen großzügigen Schluck und feurig rieselte der Whisky seinen Rachen hinunter bis in seinen Bauch, wo er ihn kurz aufzüngeln spürte, bevor seine Flamme in einer noch größeren erlosch. Dieses Feuer in ihm war ihm fremd. Und es musste verschwinden. Überrascht horchte er auf und blickte Richtung Eingangstür, als es klingelte. Es war Abend und er erwartete niemanden. Mit gerunzelter Stirn trank er noch einen Schluck. Es klingelte erneut. Grummelnd setzte er das Glas auf den tiefen Salon-Tisch und stand auf. Das Blut schoss durch seine Venen und mit ihnen der Alkohol. Er schwankte ein wenig. Verdutzt blickte er auf die Flasche, die neben dem Glas stand. Über die Hälfte hatte er getrunken. Mehr, als er eigentlich wollte. Er klingelte zum dritten Mal. „Ich komme ja schon“, knurrte er vor sich hin, so leise, dass es außer ihm niemand hörte. Mürrisch riss er die Tür auf und in seinem Magen bildete sich ein merkwürdig schwerer Klumpen, als er sah, wer vor ihm stand. „Was willst du hier?“, knurrte er. Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute Rei ihn an und als sein Blick tiefer wanderte, zuckte die eine entzückt in die Höhe ob des nackten muskulösen Oberkörper Kais, der sich ihm hier präsentierte. Mit so einer Aussicht hatte er nicht gerechnet, als er sich entschied, Kai aufzusuchen und ihn zur Rede zu stellen. „Darf ich rein kommen?“, fragte Rei. Kai kämpfte mit seinen Gedanken. Wenn er Rei jetzt in seine Wohnung ließ, hatte er so gut wie verloren. Rei war einfach zu hartnäckig, als dass er sich dann so einfach wieder rauswerfen ließ. „Nein“, blaffte er deswegen und stieß die Türe wieder zu. Doch Rei war schneller und stoppte die Türe mit einem Fuß. „Du sturer Bock“, knurrte Rei und drückte die Tür mit etwas Kraft wieder auf. „Nun lass mich schon rein!“ Kai grummelte genervt vor sich hin, als er mit ansehen musste, wie Rei sich einfach frech Eintritt verschaffte und die Türe hinter sich ins Schloss fallen ließ. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen und durch die Haare, bevor er die Arme vor seiner Brust verschränkte und sich breitbeinig in den Eingangsbereich stellte, um Rei den Weg zu versperren. „Was willst du hier?“, wiederholte er die zuvor gestellte Frage und bereute sie sofort. „Was ich hier will? Du warst doch derjenige, der mir etwas sagen wollte. Also, hier bin ich. Was auch immer du vorhin nicht rausgebracht hast, sag es jetzt“, sagte Rei forsch und verschränkte ebenfalls die Arme vor seiner Brust. Doch Kai stellte auf stur. Was hatte er denn anderes erwartet? „Ich wollte nach Hause. Das hatte ich dir mitgeteilt.“ Rei zog eine Augenbraue in die Höhe und blickte ihn ungläubig an. „Genau, als ob du mir so etwas sagen würdest.“ Kai schwieg daraufhin und blickte Rei nur stur an. So lange, bis Rei selbst total genervt aufgab. Mit einer Hand raufte er sich durch die Haare. „Hör zu, ich“, begann er und atmete nochmal kurz durch, „aus einem mir undefinierbaren Grund mag ich dich irgendwie, okay? Du bist ein elender, sturer Bock und ich könnte dir regelmäßig eins in die Fresse hauen, aber ich mag dich. Ich habe Spaß mit dir. Und außerdem bist du echt heiß.“ Rei grinste ihn schief an und trat einen Schritt auf Kai zu. Und Kai, dem so etwas noch nie zuvor so direkt gesagt wurde, biss die Zähne zusammen und versuchte, Reis Blick auszuweichen. Er lachte trocken. „Und jetzt willst du so etwas auch von mir hören?“, fragte er Rei. Doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Nein“, entgegnete er, „ich will nur das hören, was du mir vorhin nicht sagen konntest.“ „Wie ich schon sagte, da gibt es nichts zu sagen, was nicht schon gesagt worden ist.“ Rei verdrehte genervt die Augen. Dass Kai auch so stur sein musste. Hatte er nicht Alkohol getrunken? Rei riechte es deutlich. Wie konnte sein Wille denn noch so stark sein? „Schön“, meinte er schließlich und wand sich flink an Kai vorbei, „wenn du es so haben willst. Dann eben auf die sture Tour.“ Rei verschwand im Wohnzimmer, wo er auch prompt die halb leere Whisky-Flasche und das gebrauchte Glas vorfand. Erschöpft ließ er sich auf das Sofa fallen und schenkte sich großzügig ein. „Cheers“, prostete er Kai zu, als dieser ihm ins Wohnzimmer gefolgt war und ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und Ärger ansah, dann nahm er einen großen Schluck. „Puh, genau, was ich gebraucht habe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)