Er will mich, er will mich nicht ... von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 11 - Die Gute-Freunde-Nummer ------------------------------------------------ Sooo! Jetzt gibt's mal ordentlich was zu lesen! Und bitte nicht am Anfang verzagen, das klärt sich alles noch auf. ^^ Kapitel 11 - Die Gute-Freunde-Nummer ~Sean~ Geräuschvoll schnäuze ich in mein Taschentuch. So ein Arsch! Warum tut er mir sowas an? Schon wieder? Erst dachte ich, alles sei endlich einigermaßen gut, und nun sowas. Er hat sich einfach nicht im Griff und zieht mich damit auch wieder runter. "Heulst du immer noch wegen ihm?" Ich nicke. "Ach Mensch! Komm her." Dankbar flüchte ich in die vertrauten, starken Arme. "Du kannst ihm nicht immer helfen. Er muss es von selbst kapieren, dass er nicht ewig an der Vergangenheit hängen kann. Das bremst ihn nur aus." "Ich weiß. Es tut trotzdem weh. Es ist doch jedes mal das Selbe." "Willst du zu ihm?" Ich überlege. Will ich überhaupt sehen? So wie er gestern wieder drauf war? "Inzwischen ist er sicher wieder nüchtern." Nüchtern? Hoffentlich hat er einen ordentlichen Kater! Das geschähe ihm nur recht. Am Abend zuvor: ~Chase~ "HAPPY BIRTHDAY!!!" Laute Tröten erfüllen den Raum und bunte Luftschlangen fliegen durch Saschas Bude. "Was macht ihr den alle hier?!" "Überraschung mein Schatz!" Mein Freund Peter fällt Sascha um den Hals. "Das sehe ich", lacht dieser und beide küssen sich. Und zwar richtig. Da wird man ja neidisch! Verstohlen schiele ich zu Sean. Dieser hat wohl im selben Moment wie ich den gleichen Gedanken und schaut ebenfalls zu mir rüber. Wie gern würde ich ihn jetzt auch ... "Dann mal hoch die Gläser! Auf unser Geburtstagskind! HOCH!" "HOCH!" Ich erhebe mein Glas. Saschas Bude ist brechend voll. Einige Leute kenne selbst ich und, wie soll es auch anders sein, eine meiner Exen ist hier. Ich ignoriere sie und weiche ihr aus. Trotzdem schafft sie es sich an mich anzupirschen und spricht mich plötzlich an, als ich am Buffet stehe. "Hallo Chase. Lange nicht mehr gesehen." "Hallo ... ähm ... Verena?" "Vera!" Wusste ich doch. Nur kann ich sie mir mit diesem kleinen inszenierten Fauxpas heute vom Leib halten. "Bist du mit jemanden hier?" Kann ich nicht! "Ja." "Oh." "Tschau." Ich lasse sie einfach stehen und gehe zu Sean. "Wer war das?" War ja klar, dass er nach Vera fragt. "Eine alte Bekannte." "Aha." Seans Augen durchbohren mich. "Glaubst du etwa, ich würde mir ihr wieder was anfangen?!" Glaubt er doch nicht wirklich? "Eher nicht. Ich wusste nur nicht, dass du auf so einen Typ Frau gestanden hast." "So einen Typ Frau? Ich habe keinen bestimmten Typ. Hauptsache ..." "Hallo Sascha! Komm her! Lass dich auch mal von mir drücken!" Ich glaube, der Typ neben uns hat mich mit seinem aufgekratzten Geschrei gerade von einer wahren Katastrophe bewahrt. 'Anmerkung an mich selbst: Keine Details von deinen früheren Frauengeschichten in Seans Gegenwart.' Ich gratuliere Sascha ebenfalls schnell, da er praktischer weise in Griffweite steht, und wende mich wieder Sean zu, dessen Augen kleine, böse Blitze auf meine Ex abfeuern. "Du musst dir keine Gedanken machen." "Tu ich nicht." "Wirklich?" "Nur weil hier eine Frau ist, die du schon mal im Bett hattest, muss ich mir doch keine Gedanken machen." "Aha. Daher weht der Wind also." Hätte ich mir doch denken können. "Sean?" Peter ruft. "Schon gut", winkt er ab, schlängelt sich an mir vorbei und flüchtet zu meinem Freund Peter. Gerissener Bengel! Er weiß ganz genau, dass wir so nicht weiter darüber reden können. Es sei denn, jeder würde gleich erfahren, dass wir beide zusammen sind. Mir wäre es gleich, aber Sean will damit noch warten. Weshalb auch immer. Ich atme tief ein und stopfe mir eine Gabel voll Minifrikadellen in den Mund. Kaum zu glauben, aber die kleinen Dinger schmecken wirklich gut. Essen zur Frustbewältigung. Hilft immer. "Wo ist den deine Begleitung? Ich sehe sie nirgends." Ich verdrehe die Augen. Vera ist schon wieder an mich herangerückt. "Geht dich nichts an." Kann sie nicht einfach verschwinden? "Also bist du doch alleine hergekommen." Hilfesuchend schiele ich zu Sean. Doch der verengt nur seine Augen zu schmalen Schlitzen und grinst dann frech. So ein kleiner Giftzwerg! Ich lege meinen besten Unschuldsblick auf. Der wirkt eigentlich immer. Diesmal nicht. Sean dreht sich von mir weg und unterhält sich mit jemanden, den ich nicht kenne. Eindeutig schwul und ... Macht der Kerl etwa meinem Sean gerade schöne Augen?! Vera plappert weiter auf mich ein, was ich aber ignoriere. Ich muss zwischen Sean und diesem Casanova gehen! Das kann doch nicht angehen, dass dieser Arsch versucht meinen Freund anzubaggern! Ich stürme los, will dem Einhalt gebieten, da schiebt sich jemand vor mich. "Auch hier?" Verärgert bleibe ich stehen. "Du auch, wie ich sehe, Aaron." Irgendjemand meint es heute wirklich nicht gut mit mir. "Was willst du?", frage ich, Seans Verehrer stets im Blick. Das bemerkt anscheinend auch Aaron. "Nichts. Nur hallo sagen. Willst du rüber zu Sean?" "Ja. Falls du es unbedingt wissen willst." Aaron lacht leise. "Würde ich jetzt sein lassen. Martin und er sehen beschäftigt aus." Martin heißt der Arsch also. Dann weiß ich ja, was ich ihm nachher auf seinen Grabstein meißeln muss. "Mal unter uns Chase." Aaron rückt näher an mich ran. "Lass Sean in ruhe und vermassle ihm das nicht. Martin ist ein echt netter Kerl. Oder willst du etwa doch was von ihm?" Würde es die Party sprengen, wenn ich Aaron eine reinhaue? "Kümmere dich um deinen eigenen Mist!", schnauze ich ihn an und gehe an ihm vorbei. Heute muss noch einer sterben! Ich weiß nur noch nicht, ob es Aaron sein wird, oder dieser 'nette' Kerl Martin, der gerade meinem Sean die Hand auf den Arm legt. Der ist gleich aber sowas von Hackfleisch! ~Sean~ Oh oh! Das ist nicht gut! Chase ist sauer. Hab ich es übertrieben? Nein! Ich war schließlich auch sauer auf ihn. Zugegeben, der Grund dafür war dämlich. Als er mit dieser Tusse gevögelt hatte, kannten wir uns noch nicht. Trotzdem tat es weh. Verdammt noch mal! Er ist mein Freund und wir haben noch kein einziges Mal richtig miteinander geschlafen! Diese doofe Kuh dort drüben schon! Da werde ich doch mal eingeschnappt sein dürfen. Eingeschnappt und … ich sag's nicht gern … Eifersüchtig. Ich schiele weiter rüber zu Chase. Gerade lässt er Aaron links liegen und kommt auf mich zu. Martin redet und redet, doch ich höre nur noch mit einem Ohr zu. Zu sehr bin ich auf Chase fixiert, der jedoch nicht mich ansieht, sondern Martin, der mich natürlich gerade am Arm betatscht. Da schau an. Mein Freund ist eifersüchtig! Ausgleichende Gerechtigkeit also. Jetzt sieht er mal wie das ist! Leider habe ich nur das Gefühl, dass ich hier der Einzige bin, der sich falsch benimmt. Mist! "Sean? Kommst du mal mit?" Jetzt erst schaut er zu mir und nimmt mich bei der Hand, zieht mich einfach mit sich. "Was ist denn?", frage ich, kann mir aber schon denken, um was und um wen es geht. Er antwortet nicht, sondern geht mit mir raus in den Hausflur. Hier sind wir ungestört. Chase lässt meine Hand nicht los, als er sich zu mir dreht. "Es tut mir leid." Bitte?! "Was tut dir leid?" "Alles." Da komme ich jetzt nicht mit. Deshalb warte ich ab und lasse ihn weiterreden. "Das wir noch nicht miteinander geschlafen haben, liegt nicht an dir, oder daran, dass ich immer noch Angst davor habe. Nur ... Irgendwie passte es nie." "Es passte nie?", frage ich verwirrt und mir vielen sofort unzählige Situationen ein, in denen wir ... "Ich ähm ... Na ja, ich ..." "Hör auf zu stottern und sag was Sache ist!" Langsam nervt es mich echt ihm immer alles aus der Nase ziehen zu müssen. "Ich dachte, dass wir vorher ... Also eher ich, weil du doch eine so furchtbare Erfahrung damit gemacht hattest ... Und daher ..." "Chase? Sag's schon." Du meine Güte! Wird er etwa gerade rot? "Ich hab mich testen lassen und warte noch auf das Ergebnis." "Du hast dich ...?" Gibt's den sowas? Er hat sich für mich testen lassen? Wegen dem, was mit Andy passiert ist? "Scheiße Chase!" Gibt es was Süßeres, als das hier?! Ich falle ihm in die Arme und stürme seinen Mund. Prompt werde ich von ihm gegen die Wand gedrückt, seine Hände schieben sich unter mein Shirt und bescheren mir eine feine Gänsehaut. Ich keuche in den Kuss hinein und kralle mich in sein Hemd fest. Am liebsten würde ich ihn nach Hause schleifen und dort mit ihm weiter machen. Aber erstens können wir leider nicht einfach von Saschas Geburtstagsparty verschwinden und zweitens würde es zu sehr auffallen. Obwohl ... Kann ich mir nicht endlich sicher sein? Ich meine, dass Chase sich extra hat wegen mir testen lassen, ist das nicht Beweis genug für seine Entscheidung, bei mir zu bleiben? "Wir sollten jetzt besser Schluss machen", keucht mir Chase ins Ohr, wo er gerade noch dran herumgeknabbert hatte. "Sollten wir." Ich sauge an seinem Hals und koste die wunderbar leckere Haut dort. Noch nie hat mich ein Aftershave so angemacht wie seins. "Sean?" "Hm?" "Ich meine es ernst." Ich doch auch! Aber es fällt mir wirklich schwer, mich jetzt von ihm zu trennen. "Wenn du weiter machst, habe ich gleich ein mächtiges Problem." Ich grinse. "Ein mächtiges Problem?" "Ja ..." "Das habe ich schon bemerkt", wispere ich und streichle über seinen Schritt. Chase keucht auf und beißt mir sanft in den Hals. "Kleiner Giftzwerg!" Daraufhin gebe ich ihm einen Klaps auf die Schulter und schiebe ihn von mir. "Lass uns wieder reingehen. Bestimmt wundern sich schon alle." So unauffällig es geht, betreten wir wieder die Wohnung. Anscheinend hat niemand unseren kleinen Ausflug gemerkt. Aber wäre das so schlimm gewesen? Am liebsten würde ich jedem hier sagen, dass Chase und ich zusammen sind. Ich drehe mich zu Chase. "Wollen wir es ihnen doch sagen?" Seine Augen werden groß. "Bist du dir sicher?" "Wenn du es bist." "Natürlich! Aber doch nicht jetzt, oder? Heute ist Saschas Tag." Wo er recht hat, hat er recht. "Gut, heute nicht. Aber bald." Ich grinse ihn an. "Dann lass uns heute nochmal die guten Freunde spielen." "Alles klar. ... Kumpel." Ohh! Wenn so ein Kumpelblick aussieht, dann will ich gar nicht wissen, wie sein Partnerblick dann ausschaut! Ich bin so glücklich! Und es fällt mir echt schwer, mich jetzt noch zusammenzureißen. Es hat mich wirklich nachdenklich gestimmt, dass er immer die ganze Zeit immer noch nicht richtig mit mir schlafen wollte. Aber jetzt, wo ich den Grund deswegen kenne, ist es verdammt schwer, meine Finger von ihm zu lassen. Ich will es jedem zeigen! Will, dass jeder hier weiß, dass dieser irre Mann mein Partner ist. Ganz besonders dieser Kuh, die sich schon wieder nach Chase umdreht. Grrr! ~Chase~ Gute Freunde. Oh man! Aber es ist ja nicht mehr für lange, was meine Libido leider nicht interessiert. Seit ich Sean gestanden habe, dass ich nur darauf warte, dass das Testergebnis endlich kommt, habe ich das dringende Gefühl, das ich die ganze Freunde-Nummer keine Minute länger mehr aushalte. Als ob unsre Beziehung gerade ein ganz neues Level erreicht hätte. Sean geht es genauso, denn der frisst mich gerade schon wieder mit den Augen auf. Wie soll ich da noch ruhig bleiben?! Außerdem würde ich es gern Aaron unter die Nase reiben. Denn der beobachtet mich mit Argusaugen. Der denkt bestimmt, ich will weiterhin Seans Chancen bei diesem Martin zunichte machen. Dabei ist es nun Sean, der auf Abstand geht und glücklicherweise nicht mehr auf dessen Anmachen eingeht. So wie gerade wieder. Sean lässt Martin stehen und geht zum Buffet. Jetzt aber! Ich begebe mich ebenfalls dorthin und stelle mich dicht an ihn ran. Aaron scheint beschäftigt zu sein und wir sind fast unbeobachtet. Wunderbar! Vorsichtig greife ich nach Seans Hand, wovon ich sofort heftiges Herzklopfen bekomme. Es ist nicht zu fassen! Wir benehmen uns wie kleine Teenager! Seans Daumen fährt sanft über meinen, dann zieht er seine Hand wieder unter meiner hervor und schaufelt sich Salat auf den Teller. Nochmal umgeschaut. Die Luft ist rein. "Ich liebe dich." Das musste nun raus. Schmetterlingsalarm und mein Herzschlag legt nochmal einen Zahn zu. Besonders, da Sean mich daraufhin anlächelt und ein "Ich dich auch" flüstert. Leider ist der Zauber des Augenblicks schnell wieder vorbei, denn Martin taucht auf und auch Aaron kommt hinterher geschlichen. Stimmungskiller! Mein Kleiner zieht von dannen und ich bleibe am Buffet zurück. Natürlich, wie soll es auch anders sein?, mit Aaron. "Wann gibst du es endlich zu?" "Weiß nicht was du meinst", nuschle ich und ärgere mich. Die Schüssel mit den Minifrikadellen ist leer! "Wenn du dich nicht beeilst, hat Sean jemand anderen." "Schon wieder diese Leier?" "Ich will nur helfen." Eigentlich wollte ich ihn mit einem dummen Spruch abspeisen und zu Peter flüchten. Doch jetzt drehe ich mich doch zu ihm. "Du willst mir helfen?! Seit wann den das?" "Ich sehe doch, wie ihr euch anschaut. Da ist doch was im Anflug." Mist, verdammter! "Wenn du meinst." Ich versuche mir meine Aufregung nicht anmerken zu lassen. Nüchtern kann Aaron ja ein ganz schön ausgeschlafener Mistsack sein! "Das meine ich. Geh endlich zu ihm und greif zu! Ewig wird er nicht auf dich warten." Moment mal … "Was wird das hier, Aaron? Erst versuchst du mich von Sean zu vergraulen, schreist mich an und verpasst mir sogar eine, und jetzt rätst du mir, ich soll mich an Sean ranmachen?" Ich schaue ihn sauer an, doch er lächelt nur verschmitzt. Moment mal! "Das hast du alles extra gemacht, nicht wahr?" "Kann sein." "Wieso …?" "Weil du Blitzmerker niemals von selbst deinen mickrigen möchtegern-Heteroasch hoch bekommen hättest. Dich muss man in die richtige Richtung Stoßen. Und? Hat auch geklappt, oder?" Mir fällt alles aus dem Gesicht. Dennoch bin ich ein wenig skeptisch. "Ich dachte, du kannst mich nicht leiden." "Kann ich auch nicht", sagt er, zuckt mit seinen Schultern und lässt mich einfach stehen. Wer hätte das bloß gedacht? Dieser Mistsack hat mich manipuliert! Bleibt nur die Frage: Weiß er es? 'Hat auch geklappt, oder?' Mir wird ganz komisch zumute. *** ~Sean~ Ich stehe mit Peter in der Küche und helfe das restliche Geschirr wegzuräumen. Es ist ganz schön spät geworden, doch das scheint ihn nicht zu stören. "Komm schon! Wird sicher lustig." "Ich weiß nicht." Eigentlich hört sich sein Vorschlag ganz gut an. Wäre da nicht ein Problem. "Und wenn ich dir verspreche, dass ich Chase dazu überrede mitzukommen?" genau da liegt der Hase begraben. "Meinst du er geht nochmal mit in den Club?" "Bestimmt! Wenn ich ihn ganz lieb bitte." Peter strahlt mich an. "Ich weiß trotzdem nicht." Ich hatte mich so gefreut endlich mit Chase alleine sein zu können. "Ich frage ihn sofort!" Peter ist nicht aufzuhalten. Na gut. Die paar Stunden werde ich ja noch aushalten können. Oder? "Er kommt mit!" Peter erscheint wieder im Türrahmen. "Klasse oder?" "Ganz toll." Ich mache gute Miene zum bösen Spiel. Woher soll Peter auch wissen, dass ich jetzt viel lieber mit Chase eine private Party feiern würde. Es wird wirklich Zeit. Nach diesem Abend werde ich allen reinen Wein einschenken! *** ~Chase~ Hoffentlich ersticken wir nicht, denn es ist ziemlich eng und unbequem hier drinnen. Doch wenigstens ein Gutes hat dieses zusammengequetsche in Peters Auto. So können sich Sean und ich ganz ohne Verdacht zu erregen aneinander lehnen. Und dank Seans Jacke, die er zwischen uns gelegt hat, können wir sogar Händchen halten. Fast lache ich über mich selbst. Ich halte heimlich Händchen mit meinem Freund! Ich schaue aus dem Fenster, sehe, wie die Häuser und Geschäfte an uns vorbeiziehen, während wir auf dem Weg in den Club sind. Mit meinem Zeigefinger streiche ich über Seans Oberschenkel und beginne zu grinsen, da er zusammenzuckt und danach erstarrt auf dem Rücksitz stillhält. Lange hält seine Starre nicht an und er zieht unsre Hände weiter in Richtung seiner Körpermitte. Was wird denn das? Fragend wende ich mich ihm zu, doch er schaut geradeaus durch die Frontscheibe. Ein leichtes Lächeln liegt ihm auf den Lippen. Kleiner Frechdachs! Na warte! Mit meinem Handrücken kreise zweimal fest gegen seinen Schritt. "Wahaann ... sind wir da?" Uh. Gut gefangen! "Das weißt du doch", sagt Aaron mürrisch. "Ich frag doch nur." Sean schiebt unsre Hände wieder in ungefährlichere Gefilde und lässt meine dann ganz los. Ist er jetzt sauer? Ich drehe mich leicht zu ihm und zucke mit meinen Schultern. Er zwinkert mir zu. Sauer ist er also nicht. "Soll ich heute wieder auf dich aufpassen?" "Wieso aufpass…", fange ich an zu fragen, bevor es bei mir Klick macht. "Aufpassen! Ja. Bitte." Sean lächelt breit und klopft mir aufs Bein. "Was bekomme ich dafür?" "Du willst was dafür?" "Ja." Mir würde da gerade was einfallen, was er von mir 'bekommen' könnte. Nur kann ich das jetzt unmöglich herausposaunen. "Du bezahlst mir die Drinks. Wie wäre das?" Kleiner, geiziger Giftzwerg! "Ich habe kein Geld dabei. Außerdem ist es Saschas Geburtstag. Der zahlt." "Hey!" "Hör auf zu murren Sascha! Selbst schuld, wenn du uns noch in einen Club einlädst." Ist doch wahr! Endlich angekommen, parken wir ganz in der Nähe des Velvets und steigen aus. Peter und Sascha gehen voran, Sean, Aaron und ich hinterher. Kann Aaron nicht zu den anderen da vorn gehen? Sehnsüchtig schiele ich zu Sean. Der bemerkt das allerdings nicht, sondern redet mit Aaron. Bin ich hier der Einzige, der sich nach Nähe sehnt?! "Kommt schon!" Peter winkt uns eilig herbei. Was hat er denn? Und dann sehe ich es. Einige der anderen Partygäste, die bei Saschas Geburtstagsparty waren, stehen auch hier in der Schlange, und wir gesellen uns einfach zu ihnen. Nur leider ist da auch ein gewisser Martin, der sich sofort an Sean ranmacht. Der hat mir noch gefehlt! Äußerlich gelassen bleibe ich hinter Sean stehen, beobachte aber jede der Bewegungen dieses Möchtegern-Casanovas. Der pirscht sich nämlich als näher an meinen Kleinen ran. Zeit zum einschreiten! "Sean?" "Ja?" Mein Kleiner dreht sich zu mir. "Ich bin umzingelt." "Echt?" "Ja. Und ich bin kurz davor wieder zu gehen." "Oh. Dir passiert schon nichts." Er schiebt seinen Arm durch meinen und hakt sich bei mir ein. Schon viel besser! Martin misst mich mit vernichtenden Blicken. Was für ein Arsch! Ich starre zurück, ziehe eine grimmige Grimasse und versuche ihm klarzumachen, dass er hier nichts verloren hat. Jedenfalls nicht in Seans Nähe. Mein Freund scheint das auch bald zu bemerken und ist nicht so begeistert davon. "Chase!", zischt er mich leise an. "Hm?" "Sst!" Sean hebt eine Augenbraue und macht eine verneinende Geste. "Dann mach ihm klar, dass du nichts von ihm willst!", flüstere ich ihm zu. "Habe ich doch." "Und warum ..." "Kommt! Wir dürfen rein!" Sascha zerrt Sean aus meinen Armen. Hallo?! Wir diskutieren hier gerade was aus! ~Sean~ Ich verrenke mir fast den Hals, um Chase nicht aus den Augen zu verlieren. Doch es ist zu spät. Wir sind schon im Club. "Warte doch mal Sascha! Chase ist noch draußen." "Der kommt sicher nach." "Warum hast du es denn so eilig?", grante ich ihn an, bleibe stehen und entziehe ihm meine Hand. "Ist ja schon gut! Ich will dich nur was fragen." "Und was?" Das hätte er doch auch draußen machen können. Und wo ist überhaupt Peter? "Läuft das was zwischen euch?" Ich räuspere mich. "Was?!" Hat er etwas gemerkt? Waren wir zu auffällig? Dann ist jetzt wohl doch schon der Moment gekommen. Dann sage ich es ihm eben. Anlügen kann ich ihn sowieso nicht. "Sascha, also ..." "Martin ist ja auch ein Lieber! Und ich bin so froh, dass du endlich die Idee aufgegeben hast, dass du und Chase ..." "Ich habe nichts mit Martin!", fahre ich ihm dazwischen. "Wie kommst du denn darauf?" "So wie ihr beiden euch heute schon den ganzen Abend umschwänzelt habt, dachte ich ..." "Ich will nichts von ihm! Und außerdem: Was hast du jetzt schon wieder gegen Chase?!" "Nichts. Aber ich dachte, du hast endlich aufgegeben." "Aufgegeben?!" "Ja. Ist ja auch lächerlich, dass du und er ..." "Leck mich Sascha!" Ich kehre ihm den Rücken und gehe wieder nach draußen, um Chase zu suchen. Er hat wirklich geglaubt, dass ich und Martin ...? Wenn er das schon missversteht, wie sieht es erst bei Chase aus? Eigentlich hatte ich seine Eifersucht nur für eine Spielerei gehalten. Das er etwas eingeschnappt war, nichts weltbewegendes, aber es scheint ihn echt aufgeregt zu haben, dass ich mir mit Martin unterhalten habe. Ich muss mich bei ihm entschuldigen! Jetzt! "Chase? ... Chase?!" Ich stelle mich auf die Zehnspitzen. "CHASE?!" "Hier!" Er steht ja fast neben mir! Chase lächelt breit und schaut mich unschuldig an. "Mensch! Warum sagst du nichts?" "Du sahst so lustig aus, wie du nach mit gesucht hast. Können wir rein?" "Ich weiß nicht. Ich warte hier mit dir." Martin ist auch nicht mehr zu sehen. Bestimmt ist er schon drinnen. "Wo ist Aaron?" "Der hat einen alten Bekannten getroffen", meint Chase lapidar. "Ach so." Einen alten Bekannten ... "Sean? Was ist?" "Sorry." "Was?" "Sorry, dass ich mich mit Martin so angeregt unterhalten habe. Aber ich dachte, es wäre nicht schlecht. Wenn wir ständig aufeinanderhängen, dann ..." "Du brauchst nicht weiterzureden. Hab's verstanden." Chase legt seinen Arm um mich und drückt mich fest. "Wollen wir gehen? Jetzt gerade sieht uns niemand von unsren Freunden und ..." "Chase?! Sean?! Kommt doch mit rein!" Peter steckt seinen Kopf aus dem Eingang des Velvet. "Zu spät", seufzt Chase. "Wir wurden entdeckt." "Da müssen wir jetzt durch", kichere ich und schnappe mir Chases Hand. "Mein Kumpel." *** ~Sean~ Ganz nach alter Manier, tue ich so, als halte ich die Kerle von Chase fern, spiele seinen Freund, während ich in Wirklichkeit nur seinen Freund spiele, damit niemand merkt, dass ich wirklich sein Freund bin. Klingt jetzt irgendwie verwirrend, oder? Aber egal. Hauptsache es wirkt und wir zwei können zusammen sein. Nur eins nervt: Kein intensiver Körperkontakt. Heißt, dass wir uns weder küssen noch betatschen dürfen. "Ich glaube, wir sollten es jetzt schon unsren Freunden beichten." "Du bist betrunken Sean. Morgen bereust du es." "Nein!", protestiere ich. "Würde ich nicht." "Doch würdest du. Weil du es unsren Freunden ganz in Ruhe sagen willst. Und nicht hier, vor all den Leuten." "Das kannst du doch nicht wissen." "Das weiß ich wohl!" "Wir sagen es ihnen in den nächsten Tagen. Laden sie alle zum Essen ein, nachdem wir es Aaron gesagt haben. Klar?!" "Na gut." Ich ziehe eine Gusche. "Dafür gibst du mir jetzt aber noch einen Drink aus." "Wenn es sein muss", schnauft Chase, grinst mich aber an. "Was muss, dass muss!" Chase legt einen Arm um mich und gemeinsam laufen wir zur Bar. Es dauert, bis wir bestellen können, aber nachdem ich endlich meinen bunten Cocktail in der Hand habe, ziehen wir uns auf einen freigewordenen Sitzplatz zurück. Hier sind wir fast ungestört. Aber leider nur fast. ~Chase~ "Da seid ihr ja! Ich habe dich schon überall gesucht." Martin! Die kleine, miese Kröte! Empört schaue ich mit an, wie er sich neben Sean auf die kleine Couch fläzt und seinen Arm um die Rückenlehne legt. Geht's noch?! "Was trinkst du da? Darf ich mal probieren?" "Besser nicht. Sean hat einen ganz bösen Herpes." Grimmig fixiere ich die Kröte und mache ihm deutlich, dass ich ihn hier nicht haben will. "Herpes? Wo denn?" "Ähm ... Man sieht es noch nicht. Aber es bitzelt", sagt Sean und lächelt nervös. Die Kröte sagt nichts dazu, glotzt nur dumm wie ein Eimer Putzwasser und hustet gekünstelt. Wohl am Putzwasser verschluckt. Entspannt lehne ich mich zurück und schiebe meinen Arm zwischen Rückenlehne und den Rücken meines Kleinen hindurch. Ob er es extra macht, oder ob es eher ein Reflex ist, weiß ich nicht. Ist mir auch egal, aber Sean lehnt sich sofort an mich und schlürft an dem Strohalm seines Drinks. Ja glotz nur, Martin! Das hier ist meiner! "Du bist der beste Freund von Peter, richtig?" Ah, ich habe wohl sein Interesse geweckt. "Ja. Bin ich." "Der Hetero. Oder?" Das bin ich für Peters Bekannte? Der Hetero? "Ja", antworte ich schlicht. "Was hast du dann hier zu suchen?" "Das Selbe wie du. Feiern." "Ich will nicht nur feiern", sagt er leise. "Ich will noch was ganz Anderes." Er lehnt sich vor und verengt seine Augen zu Schlitzen, lächelt irgendwie fies und dreht sich anschließend zu Sean. "Möchtest du mit mir tanzen?" Sean, mittlerweile fast mit dem Sessel verschmolzen, rührt sich keinen Millimeter. "Sean möchte nicht tanzen. Das haben wir gerade schon lange genug gemacht." "Kann Sean nicht für sich selbst reden?", motzt mich die Kröte an und plustert sich auf. "Kann er! Sean? Möchtest du mit ihm tanzen?!" "Lässt du dich etwa von dem da bevormunden?" "Sean?!" "Sean?" "Öhm ..." Sean schaut von einem zum anderen. "Ich mag nicht tanzen." Ha! Pech gehabt, du miese Kröte! "Sag ich doch." Triumphierend schlage ich ein Bein übers andere und ziehe Sean noch ein Stück näher an mich ran. "Aber ich kann wirklich für mich selbst reden, Chase." Bang! Das hat jetzt aber gesessen! Die Kröte lacht und beugt sich zu mir. "Was habe ich gesagt?!" Dieser miese ... "Schön! Von mir aus!" Ich lasse Sean los und stehe auf. "Chase?!" Ich reagiere nicht auf meinen Kleinen. "Chase!" Ich höre, wie er mir nachläuft. "Warte doch mal!" Seine Hand greift nach mir. "Es tut mir leid, aber euer unterschwelliger Zoff hat mich echt genervt!" "Es hat dich genervt?" "Ja." "Und mich hat genervt, dass du dieser Kröte nicht gesagt hast, dass du kein Interesse an ihm hast." "Das habe ich doch!", japst Sean und schaut mit seinen blauen Welpenaugen zu mir auf. "Schon auf der Party in Peters Wohnung! Ich kann doch nichts dafür, dass er sich trotzdem an mich ..." "Sean? Es ist genug! Ich will kein Wort mehr über diesen Arsch hören!" Sean sieht ganz erschrocken aus, klammert sich regelrecht an mich. "Schluss damit." Heute: ~Sean~ "Es wäre sicher nicht falsch, mal bei ihm vorbeizuschauen. Nur mal so. Wie es ihm geht. Und ob er sich abgeregt hat", überlege ich laut. Ich habe nur Angst, dass er immer noch wütend ist. Ich will nicht, dass er mich noch mehr runterzieht. "Genau! Du könntest dich vergewissern, wie es ihm geht und ... Auf diesem Weg kann ich es ihm auch sagen." Ich stutze. "Was sagen?" Fragend hebe ich meinen Kopf an. Was will er ihm sagen? "Das, was wir besprochen hatten. Gestern Abend." Ich beiße auf meine Unterlippe. "Sicher?" Er nickt. "Und was genau sagst du ihm?" Ein Lächeln legt sich auf seine Lippen. "Das du jetzt mir gehörst. Was den sonst? Das wir jetzt ein Paar sind. Und das seit über einem Monat schon." Mein Herz schlägt schneller. Also tun wir es jetzt schon! Ich lächle Chase an. "Du willst es ihm sagen? Nicht ich?", frage ich nach. "Jepp. Ich habe die Nase gestrichen voll von diesem Versteckspiel! Ich will dich in aller Öffentlichkeit und vor allen Augen anhmmmpff!" Stürmisch küsse ich meinen großen Schwachkopf. Er will mich also in aller Öffentlichkeit? So so ... "Fahren wir gleich los?", frage ich ihn atemlos und bekomme meine Mundwinkel gar nicht mehr runter. "Von mir aus. Soll ich mir lieber vorher einen Helm kaufen? Falls mir Aaron eine verpasst, wenn ich ihm sage, dass du jetzt zu mir gehörst." "Idiot!", lache ich und flitze in den Flur, um mir meine Schuhe anzuziehen. "Aaron wird dir nichts tun." "Es sei den, er hat wieder ... Sorry. War nicht so gemeint." "Das will ich auch hoffen." Im Inneren jedoch, habe ich fast schon die gleiche Befürchtung wie Chase. Aaron war gestern im Club echt mies drauf und hat mich sogar beschimpft, weswegen ich gerade auch so schlecht gelaunt war. Wir steigen in Chases Auto und machen und auf den Weg zu Aarons Wohnung. Dabei überlege ich, was ich nur tun kann, damit es meinem Freund Aaron wieder besser geht. Leider fällt mir nur eins ein: Aaron bräuchte auch jemanden an seiner Seite, der ihm darüber hinweghilft. Jemanden, der Andy nicht ersetzen soll, ihn aber etwas aus Aarons Kopf vertreiben kann und ihm vielleicht sogar das Gefühl nehmen kann, er sei an Andys Tod schuld gewesen. Nur woher nehmen, wenn Aaron einfach niemanden an sich ranlässt? Wenn er jedem misstraut und von sich schiebt? So wie gestern. Eigentlich war der Abend ja ganz schön, hatten Spaß und Chase und ich mussten uns ganz schön zusammenreißen. Erst recht nachdem, was er mir kurz zuvor offenbart hatte. Nach meinem perfekt gelungenen Verführungsplan, kann ich mir Chase sowieso kaum von mir fern halten. Als ob ich das wollte! Mein Schatz ist endlich viel gelöster und zeigt mir täglich, dass er mich will, trotz seiner Angst. Und den letzten Schritt wagen wir auch noch. Wenn das Ergebnis da ist. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Hoffentlich ist das Ergebnis bald da! Aber auch wenn ich so aufgeregt auf die kommende Zeit mit meinem Großen bin, es kaum noch erwarten kann, endlich allen zu sagen, was Sache ist und es vor allem Sascha unter die Nase reiben kann, dass Chase eben doch auf Kerle steht, beziehungsweise auf mich, mache ich mir immer noch riesige Sorgen um Aaron. Zudem bin ich wirklich mächtig sauer auf ihn. Wiedermal hat er sich etwas geleistet, das ich ihm eigentlich nicht so einfach durchgehen lassen sollte. Doch das tue ich wieder. Weil ich weiß, warum er so ausflippt, und weil ich weiß, was er fühlt. Nur weiß ich leider nicht, wie ich ihn dazu bringen kann, damit aufzuhören und wenigstens den Alkohol wegzulassen. Denn auf ihn aufzupassen bringt nichts. Er stiehlt sich immer davon und ehe man sich versieht, hat er schon wieder einen in der Krone. Und vorschreiben lässt er sich sowieso nichts. Seufzend schaue ich aus dem Fenster und meine Gedanken wandern an den gestrigen Abend zurück. Nachdem Chase so sauer auf Martin war, und ich ihm nachgerannt bin, hatte ich schon die Befürchtung, dass er Schluss machen will. Doch weit gefehlt. "Schluss damit", sagte er. "Du bleibst jetzt bei mir und wenn sich diese Kröte wieder an dich ranmachen will, bekommt er von mir eine verpasst. Egal was er sagt." War mir zuvor das Herz in die Hose gerutscht, sauste es nun vor Erleichterung wieder an seinen eigentlichen Platz. "Das musst du nicht", kicherte ich und legte meine Arme um seinen Hals. "Diese Kröte interessiert mich kein Stück. Und wenn du willst, beweise ich es dir auch." Vielsagend schaute ich ihn an. "Und wie?" "Da hinten sind die Toiletten und ..." "Hey Chase! Was ist den mit dir los?" Genau im falschen Moment kam Peter zu uns und legte seine Arme um unsre Schultern, während wir versuchten, nicht ertappt auszusehen und die Hände voneinander zu lassen. "Nix", antwortete Chase knapp auf Peters Frage. "Nix?! Sag bloß, du hast keine Angst mehr, dass dir jemand an den Hintern will?" "Der muss erst an mir vorbei", meinte ich lachend und rückte näher an Chase ran. "Ich passe auf ihn auf. Weißt du nicht mehr?" "Ah ja." Peter grinste schief. "Dann noch viel Spaß beim 'aufpassen'." Er zwinkerte uns zu und weg war er wieder. Ich atmete erleichtert aus. "Meinst du, er hat was gemerkt?", flüsterte ich Chase zu. "Vielleicht." "Vielleicht? Du hast Nerven." "Ist doch jetzt auch egal. Auch wenn er was vermutet, lange wird er nicht mehr darüber grübeln können, nicht wahr?" Chase hatte recht. Glücklich rückte ich noch etwas näher an ihn ran und schaute ihm tief in die Augen. Eine Frage beschäftige mich aber immer noch. "Hast du noch Angst davor, dich könnte einer angrabschen?", wollte ich unbedingt von ihm wissen. Chase überlegte eine Weile, dann schüttelte er den Kopf. "Nein", sagte er grinsend und rieb mit seinem Daumen über meinen Handrücken. "Das muss an dir liegen. Du hast mich geheilt." Mir wurde ganz heiß und ich hätte ihn am liebsten in Grund und Boden geknutscht, hätte uns nicht ein Schrei aufhorchen lassen. Gleichzeitig schauten wir in die Richtung, aus der der Tumult zu kommen schien. "Was'n da los?", sprach Chase meine Frage laut aus. "Keine Ahnung ... Warte mal! Ist das Aaron?!" Ich stellte mich auf die Zehenspitzen. "Ja! Scheiße!" Sofort waren wir unterwegs zu Aaron, der sich mit einem der Gäste anzulegen schien. Bevor die Security bei ihm war, hatten Peter und Sascha ihn schon gepackt und versuchten ihn zu beruhigen. "DU ARSCH! ICH MACH DICH ALLE! SAG NOCH EINMAL WAS GEGEN ANDY UND ICH BRECH DIR DAS GENICK!" Aaron war außer sich und riss sich von Saschas und Peters Griff los. Zum Glück waren wir schon angekommen und Chase stellte sich zwischen die beiden Streithähne und hielt Aaron auf, dem Anderen an die Gurgel zu gehen. Was dieser alles von sich gab, überhörte ich. Es war sicher nichts Nettes. Aaron hatte sichtlich zu viel getrunken und sein Gesicht war rot angelaufen vor Zorn. Vergeblich probierte er sich an Chase vorbei zu drängeln. Chase war stärker. Und auch nicht so besoffen wie Aaron. "Beruhige dich doch! Aaron! Hör auf!" Ich versuchte seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Klappte auch. Nur pöbelte er nun mich an. "ICH SOLL RUHIG BLEIBEN?! WILLST DU, DASS ICH MIR GEFALLEN LASSE, WAS ER ÜBER ANDY FÜR EINEN SCHEIß VERBREITET?!" "Ja. Das will ich", sagte ich ruhig. "Das sagt er nur, weil du dich provozieren lässt. Lass ihn reden und kümmere dich nicht drum." Aaron schnaufte und ich murmelte im noch leise zu: "Diese Spinner wissen nicht was sie da von sich geben. Sie wollen dich nur aufziehen und du steigst immer wieder drauf ein. Ignoriere das dumme Gelaber. Bitte." Aaron mahlte mit den Zähnen aufeinander, hörte aber erstaunlicherweise auf mich. Mittlerweile war auch die Security bei uns angelangt, unternahm aber nichts, da wir fluchtartig mit Aaron im Schlepptau aus dem Velvet verschwanden. "Irgendwann bekommst du hier noch Hausverbot", prophezeite ihm Sascha. "Und?! Ist doch eh alles scheißegal!" Aaron griff sich an die Stirn und schloss die Augen. "Ich bin schuld", sagte er mit dünner Stimme und in mir bildete sich ein dicker Klos. "Dich trifft keine Schuld. Bitte Aaron. Hör auf ..." "Sag mir nicht was zu tun soll!", brüllte er mich an. "Du hast gar keine Ahnung! Du kanntest Andy nicht! Sag mir also nicht, was damals passiert war! Du warst doch nur sein Bückstück und hast dich von ihm vögeln ..." "Aaron! Das reicht! Steig in meinen Wagen! Sofort!" Sascha zerrte ihn an seiner Lederjacke zu seinem Auto. Sascha war immer ruppig zu Aaron, wenn er einen zu viel getrunken hatte. Und besonders dann, wenn er mich dabei zusammenstauchte. Peter bliebt mit Aaron im Wagen sitzen, während Sascha nochmal zu mir und Chase zurückkam. "Nimm es dir nicht so zu Herzen. Du weißt wie er sein kann, wenn er getrunken hat." "Ist er dann immer so drauf?", wollte Chase wissen und legte seinen Arm um mich. Sascha schien es gar nicht zu merken. Er sagte jedenfalls nichts dazu. "Nicht immer. Aber er kann echt ein Arsch sein, wenn er so ist. Kümmerst du dich um Sean? Dann fahren wir Aaron nach Hause." "Mach ich", antwortete Chase und ich blieb weiterhin stumm. Sascha klopfte mir nochmal auf die Schulter und lächelte mich aufmunternd an. "Morgen ist wieder alles vergessen und dem Dickschädel tut es unendlich leid. Wie immer." Ich nickte und Sascha lief zu seinem Wagen zurück. "Willst du auch nach Hause?" Chase und ich sahen den Dreien nach, die gerade auf die Hauptstraße abbogen. "Ja. Mir ist die Lust auf Tanzen vergangen." Meine Sicht verschwamm. Es traf mich jedes Mal, wenn Aaron so austickte. Nicht nur, weil er mich dann anschrie. Auch weil er sich selbst damit völlig kaputt macht. Er muss nur irgendwann mal an den Falschen geraten und es ist aus. Wahrscheinlich will er das auch. "Okay ... Wirklich alles klar bei dir?" Chase sah mich an, sah, dass mir die Tränen kamen und zog mich an sich. Er schwieg, fragte nicht weiter nach und war einfach für mich da. Erst jetzt wurde mir klar, wie wichtig Chase für mich geworden war. Ohne ihn wäre ich sicher wieder in ein tiefes Loch gefallen, dass angefüllt mit Erinnerungen war, welche ich am liebsten für immer aus meinem Gedächtnis streichen würde. Doch was, wenn sie mich wieder einholen? Wenn mich wieder irgendetwas an Andy erinnert und alles über mich hereinbricht? Was dann? Denn auch wenn ich jetzt auf Wolke sieben schwebe, gibt es keine Garantie dafür, dass es nicht wieder passiert. Ich starre rüber zu Chase, der gerade dabei ist, fluchend einen Parkplatz zu suchen. Hält das unsre Beziehung schon aus? Ich weiß, dass Chase für mich da sein wird, aber bei manchen Dingen kann er mir nicht helfen. Das kann nur Aaron, der mich dann beruhigt und wieder aus meinen Loch rausholt. Es mag sich bekloppt anhören. Aaron, der eindeutig noch mehr Andy nachtrauert und sich deshalb von allem zurückzieht, kann mich jedes Mal wieder aufmuntern, wenn es mir schlecht geht. Er weiß, was ich dann durchmache, genau wie ich erahnen kann, was er durchmacht. Ob das Chase verstehen wird? Die Beiden können sich immer noch nicht ab. Da braucht mir niemand was zu erzählen. "Ha! Da wird gerade einer frei!" Ich werde in den Sitz gepresst, denn Chase gibt Gas, überhört das laute Hupen eines anderen Autofahrers und quetscht sich in die Parklücke am Straßenrand. "Alles aussteigen!" Chase grinst mich an, ich grinse zurück. Wäre das mit Aaron nicht, ich würde sicher gerade platzen vor Glück. *** ~Chase~ "Aaron?!" Sean klingelt nochmal. Immer noch keine Reaktion. "Aaron!" Lautes Klopfen meinerseits. "Entweder er liegt noch im Saufkoma, oder er will uns nicht sehen", kommentiere ich die Situation. "Er macht sonst immer auf, wenn ich ihn besuche. Da stimmt was nicht." Sean zückt sein Handy. "Rufst du ihn jetzt an?" "Erraten." Schon hält er das Handy am Ohr. Sean bleibt höchst geduldig und nach gefühlten Stunden, weshalb die Mailbox noch nicht dran gegangen ist, bleibt mir ein Rätsel, höre ich Aarons Stimme am anderem Ende der Leitung. Jedenfalls nehme ich an, dass sie es ist. Dem Gebrummel nach zu urteilen. "Aaron! Mensch wo bist du denn? ... Zuhause? Kann nicht sein. Ich klingle schon 'ne halbe Ewigkeit an deiner Klingel ... Okay. Ich warte." Sean dreht sich zu mir. "Er hat gesagt, er wäre hier." Ich schaue skeptisch, da geht vor uns die Tür auf. Ausgeschlafen sieht anders aus! "Aaron!" Sean umarmt einen morgenmuffeligen, nach Bier riechenden Aaron, der nur in Boxershorts vor uns steht. Und wieder kann ich Sean nicht verstehen. Wieso ist er so nett zu diesem Grobian, nachdem er ihn gestern so fertig gemacht hat? Ich denke an Peter, daran, was wir schon alles durch haben, und kann Seans Tun etwas besser nachvollziehen. Für wahre Freunde tut man eben so einiges. doch auch Freundschaft hat ihre Grenzen. Und an Seans Stelle, wäre die bei mir schon längst erreicht. "Was wollt ihr?", muffelt Aaron uns an. Wären wir doch besser erst Nachmittags hier her gekommen. Dann wäre er vielleicht ausgeschlafener und vor allem angezogen. "Sehr nett", blaffe ich zurück. "Sean macht sich Sorgen um dich, obwohl er jeden Grund hätte böse auf dich zu sein, und du maulst uns dumm an." "Chase!" Seans böser Blick trifft mich. Danke auch! "Können wir reinkommen?" Aaron antwortet nicht, sondern winkt uns stumm herein. Während Sean ihm wie ein kleines Kätzchen nachdackelt und auf ihn einredet, schaue ich mich etwas in seiner Wohnung um. Nicht schlecht hier. Der Herr scheint gut zu verdienen. Alles vom Feinsten hier. "Oder Chase?" "Hm?" Ich hätte anscheinend besser zuhören müssen. "Dein Liebster hört dir ja gar nicht zu", stichelt Aaron. Liebster? Hat Sean es ihm etwa selbst gesagt?! "Hör auf mit dem Quatsch!", weist ihn Sean zurecht. Ich bleibe mal lieber ruhig und warte ab, bevor ich was ausplappere. Hinterher hat Sean es ihm noch gar nicht erzählt und ich ruiniere alles. Und überhaupt. Würde Aaron wirklich so ruhig bleiben, wenn er gerade erfahren hätte, dass ich und Sean ... Ich bekomme kalte Füße. Als ob ich den Vater der Braut gegenübertreten müsste. Aber wenn er es doch schon weiß? So, wie er gestern auf Saschas Party diese Andeutung gemacht hatte, könnte es doch ... "Und?" Aaron starrt mich mürrisch an. "Sorry. Hab wirklich nicht zugehört." Ich sollte mal langsam wirklich zuhören! "Sean meinte, ihr beide hättet die ganze Nacht kein Auge zugemacht, weil ihr so besorgt um mich wart." Hat der sie noch alle?! Das frage ich ihn auch. "Was soll den das jetzt? Natürlich haben wir uns Sorgen gemacht. Vor allem Sean!" Aaron sieht mich wütend an, dreht sich aber plötzlich um und verschwindet in einem anderen Raum. Mein Kleiner seufzt und knetet sich die Finger wund. "Bleib hier. Ich rede mal mit ihm." Ich warte erst gar nicht auf Seans Einverständnis, sondern Marschiere gleich los. Ich finde Aaron in der Küche wieder. Er steht an der Kaffeemaschine und schüttet Wasser in den Behälter. "Wollt ihr welchen?" "Immer", sage ich und schließe die Tür. "Machst du das extra?" "Was meinst du?" Er schaut mich immer noch nicht direkt an. "Dich zusaufen und Fremde verprügeln, damit sich alle um dich kümmern müssen." "Klar. Nichts macht mir mehr Spaß." Aaron lacht bitter und holt drei Tassen aus dem Schrank. "Du hattest mir letztens gesagt, wenn ich Sean verletze, ihm weh tue, dann kann ich mich auf was gefasst machen." "Das meinte ich auch so." Er dreht sich zu mir. Unsre Blicke treffen sich. "Und? Hast du?" Ich verneine. "Aber du hast ihn verletzt. Du verletzt ihn jedes Mal aufs Neue, wenn du dich zusäufst und selbst zugrunde richtest. Eigentlich müsstest du dir selbst eine auf's Maul hauen." "Wärst du dann glücklich?!" "Verarsch mich nicht!", fahre ich ihn an. "Ehrlich gesagt ist es mir scheiß egal was mit dir ist! Aber das Sean deswegen heult und sich die ganze Nacht im Bett rumwälzt ..." "Er wälzt sich im Bett rum?" Ich lege die Stirn in Falten. "Ja. Ich konnte kaum schlafen ... Fuck!" Aaron knallt die Tassen auf den Küchentisch und kommt auf mich zu. Will er mir eine verpassen?! Nein. Er legt seine Hand auf meine Schulter und drückt sie leicht. "Hast du dich endlich dazu durchgerungen? Glückwunsch." Er lässt mich wieder los und geht zur Tür. Ich erhole mich relativ schnell von meinem Schock und schaue ihm nach. "Und du? Wann ringst du dich endlich dazu durch, dein Leben wieder in den Griff zu bekommen?", frage ich ihn leise. Mit der Hand am Türgriff hält er inne. "Was meinst du, versuche ich die ganze Zeit?" Ich schüttle nur den Kopf. "Eins sage ich dir: Ich war gestern so kurz davor dich in Grund und Boden zu prügeln! Was du Sean an den Kopf geworfen hast, war unterste Schublade und ehrlich gesagt, verstehe ich noch immer nicht, wieso dir Sean wieder verzeiht. Wenn ich Sean wäre, hätte ich dich schon lägst in den Wind geschossen. Ich würde dir an liebsten immer noch an die Gurgel gehen." "Willkommen im Club", sagt er tonlos mit traurigen Blick und öffnet die Küchentür. ~Sean~ Ich zucke zusammen, als endlich die Tür zur Küche aufgeht und mich Aaron hineinbittet. "Alles klar bei euch?", frage ich in die kleine Runde. "Alles bestens", meint Aaron. "Kaffee?" "Gern." Mit großen Augen starre ich Chase an. 'Und?!' Er zuckt mit den Schultern. Was soll ich denn jetzt davon halten? Dann eben anders. "Aaron? Hat Chase dir gesagt, dass wir ein Paar sind?" "Ihr? Ein Paar? Seit wann?" "Also hat er nicht?" Jetzt bin ich wohl mit der Tür ins Haus gefallen. Mist! "Sean? Er weiß es schon. Ich habe mich verplappert", seufzt Chase und gießt sich den Kaffee ein. "Lügner!", schimpfe ich und gebe Aaron einen Klaps. "Wieso? Direkt gesagt hatte er es mir nicht." Etwas verstimmt über meine beiden Trottel setze ich mich zu ihnen an den Tisch. Na schön. Aaron hatte seinen Spaß. "Und? Bist du sauer?" "Wer ich? Nein! Solange dich die Matschbirne gut behandelt soll's mir recht sein." "Hey!" Chase guckt mürrisch und ich kichere. "Außerdem habe ich so viel Kraft und Zeit geopfert, damit Matschbirne endlich zu dir dackelt." Hä?! "Hey! … Du hattest das wirklich geplant?", fragt Chase überrascht, und ich komme mir vor, als hätte ich was Wichtiges verpasst. "So in etwa", grinst Aaron. "Kann mich mal jemand aufklären?" Ich schaue zwischen Chase und Aaron hin und her. "Du weißt doch noch, dass Aaron mir ein Veilchen verpasst hat?" Ich nicke. "Das war anscheinend sein toller Plan gewesen, mich in deine Arme zu treiben." Ich runzle die Stirn und fixiere Aaron, der schäbig grinst. "Es hat ja auch geklappt. Schließlich hast du ihm 'Suppe' gekocht." Langsam beginne ich zu verstehen. Trotz seiner Vorbehalte gegen Chase hat er mir also geholfen. Ich könnte ihn gerade knutschen, wenn Chase nicht wieder eifersüchtig werden würde, wenn ich es täte. Also lasse ich es und grinse Aaron an. "Dann geht es dir wieder gut, ja?" Er nickt. Das erleichtert mich. "Ich wusste gestern nicht wann Schluss war. Tut mir leid. Kommt nicht mehr vor." Das Grinsen verschwindet wieder aus meinem Gesicht und ich werde wieder ernster. "Das hast du schon mal versprochen", erinnere ich ihn. "Es hat keine fünf Tage gedauert und Sascha musste dich vom Polizeirevier abholen." "Das war ... Ach, egal." "Nein ist es nicht! Hör endlich auf mit der Sauferei Aaron! Die handelt dir nur Ärger ein!" Aaron wie auch Chase schauen mich überrascht an. Ja, auch ich kann mal laut werden. "Ich gebe mein Bestes. Ich schwöre." "Gut!", sage ich und hebe meine Kaffeetasse. "Dann auf einen alkoholfreien Aaron!" Er stößt tatsächlich mit mir an! Ob ich ihm diesmal glauben kann? *** Wir blieben noch etwas und ich rang Aaron das Versprechen ab, Peter und Sascha noch nichts von mir und Chase zu erzählen. Das wollten wir selbst tun. "Hoffentlich meint er es diesmal ernst", überlege ich, als ich neben Chase im Auto sitze. "Ich finde immer noch, dass er professionelle Hilfe aufsuchen sollte." "Dann versuch ihn davon zu überzeugen." "Hm ... Wenn er es wirklich schafft, weniger zu trinken, packt er es vielleicht doch, sich aus seinem Loch zu ziehen. Wer weiß?" Ja ... Wer weiß? "Kopf hoch Sean. Aaron war heute doch recht vernünftig. Und bestimmt wird er dein Angebot annehmen." Ich lache bitter. "Das hat er bis jetzt einmal. Und da konnte er nicht anders. Aaron sucht niemals von sich aus Hilfe. Eher friert die Hölle zu, bevor er zu mir kommt, um sich auszuheulen." Chase fährt eine Zeit lang stumm weiter, ehe er antwortet. "Dann ziehen wir mit ihm zu den Eskimos." "Was?" Hat Aaron ihm vorhin doch eine verpasst? "Die glauben nämlich, dass die Hölle eiskalt ist." Damit bringt er mich zum grinsen. "Bestell die Flugtickets", lache ich. "Aber ich fliege nach Bali." "Nimmst du mich mit? Ich mag keinen Schnee." ****** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)