Revolution von Seaice ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das ist es! Ein Hoch auf die Wissenschaft, die uns wieder einen Schritt weiter Richtung Zukunft bringen wird! Ein Hoch auf den Fortschritt, denn er bringt Entwicklung mit sich, die Veränderung, die wir alle benötigen. Meine Finger flogen nur so über die schwerfälligen Tasten meiner Schreibmaschine. Es war genial. Beinahe genauso genial, wie die jüngst entwickelte Errungenschaft, ein Gerät für den Haushalt, mit der sich ein Geschehen in der Ferne beobachten lässt – und das obwohl man gar nicht Vorort ist! Meine Frau – Gott segne sie – hat sich unlängst eines dieser Fernsehapparate gekauft. Nun, sie kommt aus der Stadt, aus einer etwas luxuriös veranlagten Familie... ich glaube, ich kann ihr auf dem Land nicht ganz das bieten, was sie sich wünscht. Was sage ich, auf dem Land! In dem hintersten Eckchen von Johto, in Neuborkia, leben wir. Was, wie sich jetzt herausstellt, ein Glück für mich darstellt. Es ergab sich, dass in dem Dorf, indem ich aufwuchs, auch einer der wenigen Professoren des Landes seinen Sitz hatte. Andrew und ich waren alte Freunde, sein Aufgabenbereich widmete sich vielerlei Dingen (wovon ich zugegebenermaßen sehr wenig verstehe), sowie seine geheime Leidenschaft: Dem Interesse an Pokemon. Pokemon waren gefährlich. Jeder wusste das. Die Eltern schärfen ihren Kindern schon von klein auf ein, weder tags- noch nachtsüber alleine herumzustreunen. (Randbemerkung: Zu diesen Eltern darf ich mich auch bald zählen, Marion ist im fünften Monat schwanger! Und wir grübeln immer noch nach passenden Namen… aber das soll jetzt nicht Thema sein). So manch kleiner Abenteurer hat diese Warnung natürlich in den Wind geschlagen, daher gab es auch des Öfteren hässliche Unfälle. An größere Ansammlungen trauen sich diese wilden Bestien allerdings nicht heran, weswegen wir selbst in einem kleinen Dorf wie Neuborkia sicher sind. Das ist auch der Grund, warum Reisen zwischen den Städten nicht gerade leicht sind, sollten sich nicht einige Leute finden, die einen begleiten. Im Winter ist es meistens ruhiger, allerdings kann ich nicht sagen, ob sie Winterschlaf halten oder nicht. Wer weiß das schon? Keiner so wirklich und genau da liegt das Problem – meint zumindest Andrew. Er ist der Einzige den ich kenne (zugegeben, mein Bekanntenkreis erstreckt sich nicht im größeren Sinne), der ernsthaft an diesen Kreaturen interessiert ist. Ihm wurde deswegen schon beinahe die Professorenlizenz abgenommen. Kann man sich das vorstellen? Er hört trotzdem nicht auf geheime Nachforschungen anzustellen, aber zumindest geht er jetzt etwas überlegter vor. Wie oft durfte ich – meines Zeichens Arzt – schon diverse Wunden verarzten! Dennoch hört er nicht auf, stattdessen erzählt er mir jedesmal von neuen Entdeckungen die er gemacht hat. Und was bringt ihm das alles? Gar nichts, bis jetzt jedenfalls noch nicht. Es war ja nicht so, dass man sagen kann je größer desto gefährlicher, nein selbst die Kleinsten unter ihnen können diverse Attacken einsetzen, die teilweise sogar das Wetter durcheinander bringen! (Schneefall mitten im Sommer?) Himmel nein, Pokemon waren unberechenbar, angriffslustig, bedrohlich. Aber Andrew wollte ja nicht hören. Stattdessen kam er immer wieder mit neuen Gegenargumenten daher. »Nehmen wir doch dein Beispiel mit dem Wetter, Phil!«, entgegnete er einmal, »Stell dir vor, es ist Hochsommer, es hat seit Wochen nicht geregnet, die Ernte scheint schlecht auszufallen, da zu wenig Wasser vorhanden war – und dann setze ein Wasserpokemon ein und lasse es regnen! Wäre das nicht fantastisch?« Ich sah ihn lediglich irritiert an. »Wie? Wasserpokemon?« Andrew nickte begeistert. »Ganz recht! Mittlerweile konnte ich feststellen, dass sich die Pokemon in verschiedene Kategorien unterteilen lassen! Bisher ließen sich Pokemon mit starker Verbindung zu Wasser, Pflanze, Käfer und Flug ausmachen! Gut, das mit Flug ist wohl offenkundig, Pflanze hat mich überrascht, ich hab erst gestern eine Pflanze mit einem echten Pokemon verwechselt, hat mir einen Haufen Hämatome eingebracht... ach ich müsste noch ganz andere Gegenden erforschen um tatsächliche Ergebnisse zu liefern!« Ich schüttelte darüber nur den Kopf. »In erster Linie solltest du auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Deine Vorhaben sind einfach lächerlich, du bringst dich dabei immer nur selbst in Gefahr und merkst es nicht mal!« Andrew sah mich eine Weile schweigend an, ehe er kurz seine Brille putzte und anscheinend wohlüberlegt antwortete: »Es macht mich froh, dass du dir Sorgen um mich machst, aber in diesem Fall geht der Nutzen der Menschheit nunmal vor!« »Der Nutzen der Menschheit?! Himmel Andrew, wenn du so denkst, machst du dir was vor!« Ich schlug die Faust auf den Tisch, so sauer war ich in dem Moment über Andrew‘s Dummheit. Der entgegnete ganz ruhig: »Du bist nicht im Recht, so etwas von mir zu behaupten.« Ich sah ihn an, seufzte und gab mich damit geschlagen. »Schön. Wie du meinst. Also, deine Vorstellungen über Pokemon als Nutzen für uns Menschen sind ja theoretisch wunderbar, aber wie hast du dir das im weiteren Verlauf gedacht? Diese Monst-,“ Er sah mich scharf an – ich verdrehte die Augen und verbesserte: „Gut, diese Pokemon, lassen sich ja bekanntlich nicht so einfach zähmen, sonst hätten wir schon lange keine Probleme mehr mit denen. Was willst du machen? Ein Ei aus ihren Nestern stehlen?« Verdammt. Das hätte ich nicht sagen sollen. Ich spürte förmlich die Begeisterung über diese Idee am eigenen Leibe. Am nächsten Tag kam er wieder zu mir. Ein Nidorina hätte ihm beinahe den Arm gebrochen. Wir sprachen nicht mehr darüber. Ehrlich gesagt, hatte ich mich auch nicht getraut ihn weiter darauf anzusprechen, in der Hoffnung, er hätte aufgegeben. Das dem nicht so war, stellte sich eines Nachts heraus, als Andrew an der schweren Eichentür klopfte. Schnee hüllte die Welt mittlerweile in eine weiße, unschuldige Pracht. Dementsprechend kalt war es auch kurz vor dem Heiligen Abend – und kurz vor der Geburt unseres ersten Kindes. »Was führt dich zu so später Stunde her?«, erkundigte ich mich stirnrunzelnd und bedeutete ihm, einzutreten. Er zögerte noch kurz, »Deine Frau?« »Bereits im Schlafgemach. Ihre Niederkunft steht kurz bevor, da braucht sie viel Ruhe.« Er nickte abwesend – hatte er mir überhaupt zugehört? – ehe er eintrat. »Phil, ich brauche deine Hilfe.« Ich ahnte worum es ging und stöhnte innerlich kurz auf, allerdings schien er im Moment besorgt, deshalb ließ ich ihn gewähren. Erst jetzt, im Schein des Feuers, das noch im Kamin brannte, fiel mir auf, dass er ein merkwürdiges Bündel in den Armen hielt. »Sag, dass das nicht dein ernst ist.«, hauchte ich nur entsetzt. Ein Pokemon. Es war noch sehr klein, hatte vier Pfoten, weiches rotes Fell und mehrere Schwänze. Gott sei Dank schien es zu schlafen, so erschien es beinahe unschuldig. Aber.. Ein Pokemon! In meinem Haus! Was würde Marion nur davon halten? »Es ist verletzt.«, begann Andrew leise, »Ich habe es vorhin draußen im Wald gefunden, es hat sich kaum noch geregt. Vermutlich wurde es von einem anderen Pokemon angegriffen. Da du Arzt bist, meinst du, du kannst ihm helfen?« Was Andrew draußen im Wald gesucht hatte... besser, ich erkundigte mich besser gar nicht danach. Das Pokemon einander angriffen, wunderte mich erst recht nicht, obwohl… zugegeben, bei den Menschen gab es ja auch eine gewisse Kriminalitätsrate. Sehen wir darüber hinweg. Alle Argumentation gegen meinen Freund würden eh hinfällig sein, daher nickte ich nur leicht und machte mich an die Arbeit. »Die Wunden sind nicht tief. Es wäre denkbar, dass es unterkühlt ist und schwach vor Hunger. Was essen sie denn, hast du das schon herausgefunden?« Andrew schüttelte den Kopf. „Nicht genau, aber vermutlich gewisse Beeren. Trinkt es Milch? Immerhin ist es noch ein Junges. Ach, außerdem glaube ich, es gibt eine neue Kategorie beziehungsweise Typ: Feuer – wie klingt das für dich? Als ich es hochhob, hat es mich angehustet, dabei kamen Funken aus seinem Mund, hätte mir glatt die Finger verbrannt..« Ich ignorierte seine weiteren Theorien fürs erste und suchte in der Küche nach etwas Essbarem. Marion hatte einige Beeren für die Überwinterung getrocknet, davon zweigte ich ein paar ab. Zusätzlich wahlweise Milch und Wasser, es würde schon wissen, was es lieber wollte – vorausgesetzt es wurde wach. Ein Fiepen. Wenn man vom Teufel spricht. Ich seufzte und begab mich zurück in den Wohnraum. Das kleine Pokemon sah sich augenscheinlich ängstlich in seiner neuen Umgebung um. Die Beeren beschnupperte es vorsichtig, ehe es sie verschlang und sogleich nach mehr verlangte. »Phil, es gäbe da noch etwas.. worum ich dich bitten müsste. Morgen kommen drei Assistenten aus Dukatia City angereist, die mir bei einem neuen Projekt meiner... nunja, eigentlichen Arbeit helfen sollen. Käme nicht ganz so gut an, mich mit einem Pokemon sehen zu lassen, zudem ich auch schon verwarnt bin..« Natürlich sagte ich ja. Wie kam ich eigentlich dazu? Marion nahm es glücklicherweise überraschend gelassen. Es sah erst so aus, als würde sie richtig sauer werden… doch dann zuckte sie nur mit den Schultern und meinte: »Tu, was du für richtig hältst, solange du deine Familie nicht im Stich lässt.« Himmel, wie habe ich es nur geschafft, eine Frau wie sie zu verdienen? Wie sich bei Vulpix herausstellte, hinkte es mit der linken Hinterpfote ein wenig, die Verletzung schien jedoch schon vor der Adoption vorhanden gewesen zu sein. Das hatte es wohl für leichte Beute gemacht... wie auch immer. Im Grunde lebte es sich ganz gut mit dem Kleinen, mein neugeborener Sohn benutzte es auch ganz gerne als Kuscheltier. Das einzige Problem war, es mal nach draußen zu lassen (anderweitig lief es im Haus noch Amok), denn ich wollte tunlichst vermeiden, dass uns jemand sah. Aber auf Dauer war der Umstand wirklich keine Lösung, Pokemon blieben schlichtweg wilde Geschöpfe. Vor allem blieb es nicht ewig so klein, jedesmal wenn ein Flämmchen aus seinem Maul kommt, habe ich Angst, es setzt gleich unser ganzes Haus in Brand! Doch Andrew hatte mich nicht vergessen. Nein, mittlerweile denke ich, er ist ein Genie! Er hatte Recht und ich lag im Unrecht, so und nicht anders lagen die Dinge. Es war bereits im Frühjahr als er beinahe unsere Tür einrannte. »Phil, ich hab die Entdeckung gemacht! Wo ist das kleine Pokemon?«, meinte er hellauf begeistert. Es war morgens um fünf. »Brüll noch ein bisschen lauter, damit dich auch ja ganz Neuborkia hört. Vulpix schläft neben dem Kamin.«, brummte ich als Begrüßung und gleichzeitig als Antwort. Er stürmte schon los, ehe ich ihn nochmal zurückhalten konnte. »Halt! Was ist eigentlich passiert?« »Nichts ist passiert! Guck dir das an.« Er hielt mir seine flache Hand entgegen – in dieser Befand sich ein simpler Ball. »Wie? Das soll deine Entdeckung sein?«, meinte ich stirnrunzelnd. Der Ball war recht plump gemacht, als Spielzeug für Kinder eignete er sich jedenfalls nicht. »Gut, hör zu: Der Ball hier ist ein Pokéball, mit ihm lassen sich Pokemon einfangen. Rein theoretisch zumindest. Der Vorteil: Er ist praktisch, handlich, sollte sich für jegliche Pokemon eignen, ich habe es dir ja schon immer gesagt: Der Hass zwischen uns ist unbegründet, es liegt schlichtweg an der gegenseitigen Unwissenheit, wir sollten… Pokemon und Menschen sollten im Einklang miteinander leben!« Er redete noch eine Weile so weiter, doch das einzige was mir in diesem Moment klar wurde: Es gab nie Assistenten, Andrew hatte den ganzen Winter über an seinem persönlichen Projekt gearbeitet – und mich gleichzeitig als Versuchskaninchen benutzt (schätzungsweise), denn zugegeben: Noch verlief das Verhältnis zwischen Vulpix und mir einwandfrei. Es gibt Leute, die sagen ich sei ein Schwarzseher, aber wenn ich mir Andrew so ansehe... wie kann man da nicht schwarz sehen? Doch vielleicht... vielleicht urteile ich ja vorschnell? »Zeig es mir.«, unterbrach ich ihn in seinem Redeschwall. Er stutzte kurz, nickte und öffnete den Ball direkt vor Vulpix. Das Feuerpokemon wurde hineingezogen, der Ball rüttelte eine Weile heftig, ehe er ruhig liegen blieb. Andrew öffnete den Ball wieder und Vulpix kam unversehrt heraus, es legte den Kopf nur fragend schief, so als wollte es sagen: Warum habt ihr mich geweckt? Verdammt, dachte ich mir nur, es funktioniert tatsächlich. Das war genial. Wir begannen ein paar wilde Pokemon zu fangen, auch größere, beobachteten das Zusammenspiel zwischen den Wesen und den Menschen. Der Versuch klappte und bald schon würden wir unsere Entdeckungen bekannt machen. Ich bin mir sicher, dass dies unser komplettes Denken und Handeln verändern wird. Ein gemeinsames Leben zwischen Menschen und Pokemon wird den Weg in eine neue, helle Zukunft leiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)