An diesem ganz besonderen Nachmittag von Frigg ================================================================================ Kapitel 7: In dieser erkenntnisreichen Nacht -------------------------------------------- Seto lag unter der dicken Decke und hatte sie sich bis zum Kinn hoch gezogen. Er versuchte sich zu entspannen, doch die ungewohnte Erschöpfung und die Geschehnisse des Tages machten ihn unruhig. Er war einfach nicht gewöhnt bei unfertiger Dinge schlafen zu gehen und erst recht nicht so früh. Eigentlich hätte er genauso gut wieder aufstehen und weiter arbeiten können, aber Seto wusste, dass es wenig Sinn haben würde, da sich seine Gedanken scheinbar heute auf alles andere zu konzentrieren schienen, als auf die Unterlagen, Zahlen und Tabellen. Er schloss die Augen und seufzte schwerfällig, drehte sich auf den Rücken und winkelte ein Bein an. Wieso hatte sein Bruder nichts gesagt? Vertraute er ihm nicht mehr? Der Gedanke versetzte ihm einen schmerzhaften Stich in seiner Brust. Mokuba war alles, was er noch von seiner Familie hatte und es verletzte ihn, dass er sich von ihm abwandte. Auch wenn er schwer beschäftigt war, wenn er in der Schule Probleme hatte, hätte er jederzeit zu ihm kommen können. Er schüttelte den Kopf und starrte in der Dunkelheit an die Decke. Was war nur mit seinem Bruder los, dass er ihm neuerdings Sachen verschwieg? Wieder seufzte Seto und nahm sich vor morgen ein ernstes Gespräch mit ihm zu führen und sich ihm wieder anzunähern, so schwer es ihm auch fallen würde. Er hatte es einfach nicht mit Emotionen. Dass er sich Asami heute so genähert hatte, war eine riesen Ausnahme gewesen und würde mit Sicherheit nicht noch einmal so vorkommen. Es war ein Fehler gewesen sie hierher einzuladen und sie zu küssen. Ein Fehler, den er nicht wieder rückgängig machen konnte. Er seufzte erneut auf. Es war nur eine Nacht, in der sie hier war und danach würde sie wieder aus seinem Leben gehen. Seto konnte niemanden gebrauchen, der ihm zu nahe stand. Sein Bruder war schon ein riesen Schwachpunkt in seinem Leben und öfters entführt worden, als er Urlaubstage gehabt hatte. Wenn jetzt noch Asami dazu käme? Dann hätte er keine ruhige Minute mehr und würde mit Mitte Zwanzig an einem Herzinfarkt sterben. Er fuhr sich durch die Haare und schloss die Augen. Seto wollte sich lieber nicht ausmalen, was passieren würde, wenn sie jetzt auch noch ein Schwachpunkt in seinem Leben wäre. Nein, er durfte sie einfach nicht mehr an sich heran lassen. Egal, ob als gute Freundin oder als Frau. Sie durfte nicht so einen großen Einfluss auf ihn haben! Aber was dachte er da nur? Hatte er grade ernsthaft überlegt etwas mit dem Krümel anzufangen? Oh man. Sie klebte ja noch fester in seinen Gedanken wie verschmierte Schokolade bei einem weißen Shirt. Wieder drehte er sich zur Seite und sah zu den geschlossenen Vorhängen. Seto schloss die Augen und versuchte zur Ruhe zu kommen. Es fiel ihm unglaublich schwer. Seit er von Gozaburo adoptiert worden war, hatte er nicht mehr entspannen können und seitdem er die Firma leitete, kam er sowieso kaum noch zur Ruhe. Seto konnte sich kaum noch daran erinnern, wann er das letzte Mal entspannt hatte ein Buch lesen oder es genießen können früh ins Bett zu gehen und schlafen zu können. Das war zuletzt im Waisenhaus gewesen und dort war das Bett mehr als durchgelegen gewesen. Er hatte jede Feder im Rücken spüren können, ganz anders als die Luxusmatratze auf der jetzt lag. Die Kissen waren auch nicht mehr das Wahre gewesen. Diese waren viel weicher und kuschliger. Aber was konnte man von einem Haus erwarten, dass nur von Spenden und den Steuergeldern lebte? Seto drückte das Kissen etwas ein, um etwas höher zu liegen und legte einen Arm darunter. Er schloss wieder die Augen und startete einen neuen Versuch einzuschlafen. Seto konzentrierte sich auf seine Gleichmäßige Atmung und überlegte, wann er noch entspannen konnte. Es konnte doch nicht wahr sein, dass es schon fast zehn Jahre her war, als er zuletzt richtig erholt war. Angestrengt und nachdenklich runzelte er die Stirn. Ganz dunkel drang eine Erinnerung in sein Bewusstsein. Es war drei Wochen später gewesen, nachdem er Asami kennen gelernt hatte. Die Hitze war noch immer unerträglich gewesen und Gozaburo hatte ihn noch immer zum Lauftraining geschickt. Was sein Stiefvater aber nicht gewusst hatte, war, dass er sich in der ganzen Zeit immer während seines Trainings mit ihr in ihrer Pause getroffen, Eis gegessen und Wasser getrunken hatte, um sich etwas abzukühlen. Es war ein prickelndes und aufregendes Gefühl gewesen. Es hatte Spaß gemacht sich mit ihr zu treffen, über seinen Unterricht zu reden und jemanden zu haben, der ihm zuhörte und nicht für schwach hielt. Im Gegenteil. Sie hatte ihm oft genug gesagt, dass es absolut verrückt gewesen sei. Irgendwie hatte es gut getan zu hören, dass er eine große Last zu tragen hatte. Ihre Gegenwart alleine hatte ihm gut getan. Sie war zwar nicht der idealste Freund, wie er es sich damals vorgestellt hatte, aber einer war besser wie keiner. Zeitweise hatte er, wie in dieser Nacht, wach gelegen und darüber sogar nachgedacht, wie es wäre ihre Hand zu halten und sie zu küssen. Aber damals hatte er sich nicht getraut das zu tun, obwohl er rückblickend betrachtet genug Gelegenheiten gehabt hatte und es auch genug Momente gab, wo es angebracht gewesen wäre und alles danach geschrien hatte. Wenn es sogar genauer darüber nachdachte, war er vielleicht sogar ein bisschen verknallt gewesen in diesen Krümel und heute hatte er es getan. Er hatte ihre Hand gehalten und sie sogar zwei Mal geküsst. Das, was er vor Jahren hatte tun wollen mit ihr, hatte er endlich getan und den Mut dazu gehabt. Ein kleines Pochen in seinem Hinterkopf sagte ihm aber, dass auch daran etwas nicht ganz stimmte. Diese Erkenntnis ließ ihn zusammen zucken und das lag nicht an dem Blitz, der zeitgleich draußen kurzzeitig den Himmel erhellte. Was war passiert, was er verdrängt hatte und sich nicht daran erinnern konnte? Hatte es was mit dem Kuss zu tun? Sein Bauchgefühl sagte ja. Seto zog die Decke ein Stück höher. Was hatte dieses Weib nur mit ihm gemacht? Das war ja gruselig und nicht zum Aushalten! Er legte eine Hand ungläubig über seine Augen. „Oh Gott…“, murmelte er und drehte sich wieder auf den Rücken. Wie viel Schwächen bekam er durch sie denn noch? Reicht es nicht, dass er sie geküsst hatte und sie nun im Nebenzimmer lag und schlief? Nein, tat es nicht, denn die aufkeimende Erinnerung drängte sich immer mehr in sein Bewusstsein und materialisierte sich in Bilder, Farben und Formen. Nur langsam erinnerte sich Seto wieder daran, wie er in der glühenden Hitze zu ihr lief. Asami wartete bereits ein paar Straßen weiter auf ihrem Rad. In dem kleinen Fahrradkorb vorne am Lenker, den sie sich angebaut hatte, standen drei Wasserflaschen, die leicht von außen Schwitzen. Wie jeden Tag hatte sie die Flaschen kurz zuvor im Tiefkühlschrank gehabt, so dass sich eine feine Schicht Eis darin gebildet hatte und das Trinken auch für längere Zeit erfrischend kühl war, wenn er mal wieder länger brauchte. Oft hatte er kleine Eisbrocken aus der Flasche gefischt und sie sich auf seinem Kopf binnen von Sekunden schmelzen lassen. Seto konnte sich klar und deutlich daran erinnern, wie er die letzten Schritte zu ihr mehr gestolpert als gelaufen war. Seine Kehle hatte sich staubtrocken angefühlt und der Schweiß war ihm mehr in Bächen am Körper herunter gelaufen. Seine Haarspitzen hatten ihm im Nacken und an der Stirn geklebt. Asami hatte geduldig im Schatten an einer Bank gewartet und hatte schon ein Handtuch und eine Flasche Wasser bereit gehalten. Irgendwie war sie zu seinem persönlichen Boxenstopp mutiert und in dem kleinen Korb hatte sich allerhand Zeug befunden. Von Wasser, Handtuch bis hin zu Blasenpflaster, Deo, Fächer und Eis. Seine Schritte waren immer träger und träger geworden. „Komm schon! Das schaffst du! Nur noch ein paar Schritte!“, hatte sie ihm zugerufen, kam ihm aber auch nicht entgegen, da er es auch von selbst hatte schaffen müssen. Er hatte in diesem Moment geglaubt er würde es nicht mehr schaffen. In seinem Kopf hatte sich alles gedreht und schwarze Blitze hatten immer wieder vor seinem inneren Auge gezuckt. Er hatte ihre Stimme gehört, die ihn anfeuerte, doch Seto erinnerte sich nicht, wie er bei ihr ankam. Nur noch, wie er später auf der Bank lag, das eiskalte Handtuch auf der Stirn und die Füße bis zu den Waden in einen Eimer voller kaltem Wasser getaucht. Sein Kopf hatte auf ihrem Schoß gelegen und er hatte sich hundeelend gefühlt, als er die Augen geöffnet hatte. Besorgt hatte Asami ihn angesehen und ihr schien ein Stein vom Herzen zu fallen, dass er wieder wach war. Sofort hatte sie ihm etwas Wasser gereicht, was er schnell leer trank. Denn seine Kehle fühlte sich noch trockener an und seine Lippen waren rissig geworden. Sein Herz hatte gerast und seine Atmung war schnell gegangen. Als die Flasche leer war, hatte er sich wieder auf ihren Schoß sinken lassen und die Augen geschlossen. Asami hatte ihm erklärt, dass er zusammen gebrochen war und einen kleinen Hitzschlag gehabt hatte. Nur stumm hatte er genickt und dabei die Berührung ihrer Hand genossen, die durch sein feuchtes Haar strich. Seto wusste bis heute nicht, ob diese Geste ihn oder sie beruhigen sollte oder einfach nur geistesabwesend von ihr gewesen war. Aber was spielte das für eine Rolle? Er hatte sich wohl gefühlt so dazuliegen und sich zu entspannen, währen das Wasser seine Füße kühlte und das nasse Handtuch seine Stirn befeuchtete. Sie hatte in ihren Korb gegriffen und zwei Bonbons daraus hervor geholt, das Papier abgewickelt und ihn beide in den Mund gesteckt. Für seinen Blutzucker, hatte sie ihm grinsend erklärt und er war nicht umhin gekommen, um es zu genießen und sich zu wünschen, so öfters da zu liegen. Speziell auf ihrem Schoß und mit der streichelnden Hand auf seinem Kopf. Aber das hatte er ihr nie gesagt. Dafür hatte er es stillschweigend genossen. Seto wusste nicht, wie lange er dort auf ihrem Schoß gelegen und später gesessen hatte, aber irgendwann hatte es gedämmert und er war aufgeschreckt. Sein Herz hatte mehrere Aussetzer gemacht, denn er hatte gewusst, dass Gozaburo ein riesen Donnerwetter veranstalten würde und genauso war es auch gewesen. Asami hatte ihn mit dem Rad bis kurz vor die Villa gefahren und den Rest war er schnell gelaufen. Seto hatte lange Zeit neben dem Eingangstor gestanden. Genauso so, dass ihn die Überwachungskameras nicht sehen konnten. Asami hatte schon wieder kehrt gemacht und sich mit einem „Bis morgen“ verabschiedet. Er hatte sich einfach nicht hinein getraut, aber früher oder später würde er ihm gegenüber stehen. Damals hatte er schon förmlich die Worte hören können, aber damals war er auch noch unvernünftiger und ängstlicher gewesen als heute. Zu diesem Zeitpunkt hatte er eine der unvernünftigsten Entscheidungen getroffen, die er hätte in diesem Moment treffen können. Er war weggelaufen. Ihm war es in diesem Moment egal gewesen und er hatte gewusst, dass es am nächsten Tag nicht besser sein würde. Im Gegenteil, aber er lief die Straße zurück und bog Richtung des Cafés ab. Er hatte sie noch die Straße entlang fahren sehen und hatte beim rennen immer wieder ihren Namen gerufen bis sie endlich angehalten hatte. Verwirrt hatte sie ihn angesehen und ihm mehrfach geraten zurück zu laufen, ehe er noch mehr Ärger bekommen würde, aber er war in dem Moment hartnäckig geblieben. Er hatte in dem Moment nicht zurück gekonnt und wollte bei ihr bleiben. Wenigstens für eine Nacht hatte er Ruhe haben wollen. Resigniert hatte sie aufgeseufzt und ihm gesagt, er solle auf ihr Rad steigen. Seto hatte gespürt, dass es ihr nicht gefiel, aber ihr Mitleid mit ihm hatte in dem Moment gesiegt, wofür er mehr als dankbar in diesem Moment gewesen war. Stumm war er auf ihrem Fahrrad mit ihr nach Hause gefahren. Gegen jede Erwartung war es nicht über dem Café gewesen, sondern einige Straßen weiter, viel weiter. Seto hatte nicht gewusst, wie lange sie gefahren waren, aber lange genug, dass sein Hintern anfing auf dem Gepäckträger weh zu tun. Dummerweise hatte er sich auch nicht den Weg gemerkt. Nachdem sie abgestiegen waren, war er ihr ins Haus gefolgt. Es war klein und beschaulich gewesen und innen drinnen stand alles voller Bücher. Im Flur waren in den Wänden Regale angebracht worden und jedes einzelne platzte vor lauter Bücher. Das zog sich in der Küche weiter, die Treppe nach oben bis in die erste Etage und in ihrem Zimmer hatte es nicht anders ausgesehen. Doch etwas hatte er vermisst. Neugierig und verwirrt hatte er gefragt, wo denn der Fernseher war, doch sie hatte nur gekichert und gemeint, sie hätten keinen. Na das war doch ein Ding gewesen! Seto hatte noch nie jemanden kennen gelernt gehabt, der keinen TV besaß. Doch scheinbar hielt diese Familie nicht viel davon. Das Krümelchen hatte ihm erklärt, dass ihre Eltern nicht da waren und hatte ihm alles im Haus gezeigt. Ihr Vater war auf Montage gewesen und ihre Mutter war ihre kranke Mutter weiter entfernt besuche gewesen. Sie hatten also das Haus für sich. Danach hatte sie ihn ins Bad geschoben und ein paar Sachen von ihrem Vater gegeben, die er hatte anziehen können. Das Badezimmer war sehr heimelich gewesen. Durch das Fenster war fiel viel Licht herein geschienen und alles war sehr sauber geputzt. Jedes Haus hatte seinen eigenen Geruch und hier roch es nach Büchern, Lavendel, frischem Pfirsichwaschmittel und hier im Bad nach Creme, einem gut duftendem Parfüm und Seife. Es war nicht der Duft gewesen, den er gewöhnt war, aber wenn Seto so darüber nachdachte, hatte er zu ihr gepasst. Zu ihr und dem kleinen Haus ohne Fernseher. Als er wieder hinaus gekommen war, hatte es nach Pfannkuchen gerochen. Neugierig war in die Küche gegangen und hatte sie am Herd stehen sehen. Neben sich eine Schüssel mit dem Teig. Bis hierin konnte sich Seto ganz klar erinnern. Der Rest war verschwommen. Nur dunkel wollte sein Hirn ihm die Information geben. Da war etwas. Er war ganz nahe zu ihr heran getreten, hatte ihren Geruch einatmen können und ihr über die Schulter geschaut. Die Pfanne hatte grade angefangen sich aufzuheizen. Seto erinnerte sich, dass sein Kreislauf kurz wieder versagt hatte und er gegen sie gefallen war. Und dann…. Ja, was war dann gewesen? Er hatte ihren Atem gespürt auf seiner Wange, ganz dicht und etwas warmes auf seinen Lippen. Als er die Augen wieder geöffnet hatte, hatte sie mit rotem Gesicht über der Pfanne gebeugt gestanden und den Teig hinein gegeben. Asami hatte ihn dann angewiesen gehabt sich zu setzen, damit er nicht wieder gegen ihren Rücken fallen würde. Verwirrt hatte er sich hingesetzt und… „Seto?“, drang eine leise Stimme in sein Bewusstsein. „Seto?“ „Mhm?“, brummte er verschlafen. „Kann…kann ich bei dir schlafen?“, fragte die Stimme leise. Was wollte Mokuba von ihm? Er war doch groß und alt genug, um in seinem Bett zu schlafen. „Du hast dein eigenes“, war seine murrende Antwort und er zog die Decke enger um sich. „Ich kann nicht schlafen…das Gewitter…“, sagte die Stimme und er konnte, verschlafen wie er war, einen ängstlichen Ton darin hören. Seit wann fürchtete sich Mokuba vor Gewitter? Das war etwas ganz neues. Dennoch konnte er ihn nicht einfach so ängstlich da stehen lassen. Was wäre er für ein schlechter, großer Bruder? Außerdem war Seto froh, wenn sich Mokuba ihm wieder näherte nachdem er gesehen hatte, was er ihm alles verschwieg. Seto rutschte ein Stück zur Seite und öffnete die Decke einladend zu ihm zu kommen. Er wagte aber nicht die Augen zu öffnen. Würde er das tun, wäre er sofort wieder hellwach. So würde er den dämmrigen Schlafzustand weiter beibehalten können. Ein lautes Donnergrollen ertönte und er hörte ein ängstliches Quieken. „Komm schon her“, sagte er und spürte, wie die Matratze sich bewegte. Ungeduldig legte er seinem kleinen Bruder die Hand auf den Rücken und zog ihn zu sich, drückte ihn an sich und legte die warme Decke um den schmalen Körper neben sich. Verschlafen strich er ihm über den Rücken, um ihn zu beruhigen, streichelte ihm über den Kopf und fuhr über die Locken. Moment! Locken? Seit wann war Mokuba ein Lockenköpfchen? Mit einem Schlag war Seto hellwach. „Was machst du hier?“, fragte er und rückte ein Stück von ihr weg. „Ich konnte nicht schlafen“, antwortete sie. „Und da kommst du zu mir?“ Er war der Letzte zu dem sie gehen sollte, wenn sie nicht schlafen konnte. Immerhin konnte Roland ihr Schlaftabletten besorgen oder das Hausmädchen. Aber er? Seto war schon überfordert seinen Bruder zu trösten! Er hörte Stoff rascheln. „Wieso bist du hier?“, fragte er verwirrt. „Wegen dem Gewitter. Habe ich dir aber gesagt.“ Nun klang sie verwirrt. Hatte er so fest geschlafen, dass er nur die Hälfte mitbekommen hatte? Scheinbar, sonst würde er sich daran erinnern. „Hast du etwa Angst?“, fragte Seto ruhig. Wieder Stoff rascheln und ein leises fiepen, wie von einem Hamster, als erneut ein Donnergrollen ertönte. „Tut mir leid“, nuschelte sie. Was sollte er machen? Er konnte sie nicht einfach so fort schicken, so ängstlich wie sie neben ihm im Bett lag. Doch konnte er, aber wenn er daran dachte, wie sie ängstlich im Nebenzimmer lag und nicht schlafen konnte, weckte es sein Beschützerinstinkt. Genauso wie bei Mokuba. Seto hätte sie dafür erschlagen können, aber gleichzeitig war da dieses Gefühl sie in den Arm nehmen zu müssen. Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und Seto konnte den Umriss ihres Körpers erkennen. Ergeben seufzte er. „Von mir aus kannst du bleiben“, sagte er kühl. Ihm wurde bewusst, dass er sich nur zu ihr herunterbeugen musste, um sie zu küssen. Es war eine verlockende Vorstellung und irgendwie fühlte es sich so natürlich an. So natürlich, dass sein Mund schon auf halben Weg zu ihr war, ehe er sich eines besseren besann und den Kopf zurückzog. „Legst du dich wieder hin?“, fragte sie leise und klang dabei erwartungsvoll. Seto konnte sie schlucken hören. „Es wird kalt ohne Decke“, fügte sie hinzu. Seto brauchte einen kurzen Augenblick, um seine Atmung zu beruhigen und in seinem Kopf fügte sich die Erinnerung von eben aus dem Traum zusammen. Sie! Sie war es! Sie hatte ihn geküsst! Damals. Am Herd als er gegen sie gefallen war. Sie hatte den Moment genutzt, um ihn zu küssen und vorhin im Auto noch motzen, sie wollte das nicht! Seto atmete schnell, flach und ungleichmäßig bei der Erkenntnis. „Seto?“, fragte sie besorgt. Ganz ruhig, sagte er sich und ließ sich langsam wieder ins Bett sinken, warf die Decke um sie und folgte einfach dem scheinbar natürlichen Instinkt sie an sich zu drücken. „Wieso hast du mich geküsst?“, fragte er direkt und ohne umschweife. Sein Herz pochte schnell gegen die Brust und Seto hatte Mühe seine Atmung ruhig zu halten. „Wie?“ „Damals bei dir zu Hause.“ Seine Stimme klang ein wenig nervös und zittrig. „Oh“ Stille. Leise tickte die Uhr auf dem Nachtisch. Sie schwieg. Seto lauschte. „Nun ähm…“, fing sie unsicher an. „Ja?“ Er strich ihr beruhigend über den Rücken. Seto hatte nicht vor sie zu köpfen oder sie anzuschreien. Er wollte nur die Wahrheit wissen. „Das war dumm“, sagte Asami, „Es war…“ Sie seufzte. „Du bist gegen mich gefallen und warst so nahe, hattest die Augen geschlossen und ich dachte….naja…ich dachte, du wolltest mich küssen und bin dir entgegen gekommen. Ich hatte erst danach gemerkt, dass dein Kreislauf kurz weg war.“ Obwohl Seto in der Dunkelheit nichts sehen konnte und ihr Gesicht an seiner Brust lag, wusste er, dass sie hochrot geworden war. Seine Hand war zum unteren Ende ihres Rückens gewandert und strich dort über ihr Rückrat. „Ich war mir nicht sicher, ob du es mitbekommen hast und du sagtest auch nichts und kurz danach kamen auch die Typen von deinem Stiefvater und…“ „…und du dachtest, ich hätte es deswegen gemacht?“ Seto spürte, wie sie nickte. „Warum hast du gelogen?“ „Hatte ich nicht, ich hatte es nur nicht gesagt. Ich wusste ja nicht, ob du dich dran erinnerst oder es überhaupt weißt. Aber ich dachte, nachdem die Typen da waren, wüsstest du es und wolltest mich loswerden.“ Seto schwieg dazu. Seine Hand fuhr über ihre Hüfte, glitt über ihren Oberschenkel und blieb dort liegen. Leise schnappte sie nach Luft, während er sich enger an sie schmiegte. „Verzeihst du mir?“, fragte er leise in ihr Ohr. Sein Herz klopfte bei diesen Worten vor Aufregung noch schneller. Das war etwas, was er gar nicht gut konnte. Asami schluckte neben ihm und er spürte, wie eine Gänsehaut über ihren Körper fuhr. Es beruhte alles auf ein Missverständnis! Seto hätte am liebsten in schallendes Gelächter ausbrechen können, wäre die Situation nicht so angespannt und wäre es nicht so unpassend gewesen. Er hatte nie vorgehabt ihr so weh zu tun und es tat ihm ja selbst leid, wie es gekommen war, wusste aber nicht, wie er das wieder gut machen konnte. Er war eben nicht so gut darin Gefühle zu zeigen und es hatte ihn unglaublich viel Überwindung gekostet sie zu fragen, ob sie ihm verzieh. Als Antwort legte sie die Arme um ihn und zog ihn zu sich, um ihn zu küssen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)