Die Zeit deines Lebens von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 5: Veränderungsprozesse. -------------------------------- I wanna scream and I know why. Quiet, Here We Go Again. Demi Lovato, 2009. 09. September 2009. Odaiba, Japan. Chichi’s kleines Café und Bistro. Es war neun Uhr. Ihre typische Arbeitszeit. Sora trug eine schwarze lange Hose und ein schwarzes T-Shirt mit ihrem Namen, die sie von der Besitzerin gestellt bekommen hatte. Sie arbeitete schon ein paar Monate in dem kleinen Café und immer wieder bekam sie mit, wie unzufrieden Frau Minazuki mit ihren Kollegen war. Die Hälfte von ihnen hatte sie bereits entlassen und fast jede Woche schleppten sich neue Gesichter zu der nächsten Schicht. Die meisten wollten schnell Geld verdienen und kaum etwas arbeiten. Etwas was Frau Minazuki gar nicht gerne sah. Sie war bereits 62 Jahre alt und zu einer ganz anderen Zeit wie ihre Mitarbeiter aufgewachsen. Sie kannte die Welt von Smartphones und mobilem Internet gar nicht. Deswegen wurde sie meist fuchsteufelswild, wenn einer ihrer Schützlinge mit dem Handy herumspielte. Einer hatte sie sogar das Telefon aus der Hand gerissen und wollte es am liebsten in den Abfall-Zerkleinerer werfen. Zu Schade das, dass Mobiltelefon eindeutig zu groß dafür war. Heute würde Sora schon wieder ein neues Gesicht begrüßen dürfen, dass in ihrer ohnehin schon wechselnden Mannschaft, zur Probe arbeiten durfte. Frau Minazuki war von ihr sehr begeistert gewesen. Wahrscheinlich hatte sie ihr sogar schon zugesagt. Sie ließ sich leicht um den Finger wickeln und hinterher ärgerte sie sich, über die Faulheit, die die meisten während des Bewerbungsgesprächs gut verstecken konnten. Sora verstand sie einfach nicht. Anstatt erstmal einen Probetag auszumachen, schlug sie immer gleich direkt zu. Kein Wunder, dass sie immer solche Schnarchnasen an Land zog. Sie musste sogar eine Woche bei ihr kostenlos arbeiten, bevor sie sich für Sora entschied. Wahrscheinlich wurde sie wirklich allmählich senil. „Sora kommst du mal bitte her?“, hörte sie sie rufen. Sie sollte wohlmöglich schon wieder die Neue einarbeiten. Und täglich grüßt das Murmeltier, was? Sie wusste jetzt schon, dass es in einer mittleren Katastrophe enden würde. Die meisten arbeiteten, um sich ein zusätzliches Taschengeld zu verdienen – sie musste es also nicht tun. Deswegen machten sie sich auch nur den geringsten Aufwand. Der Rest der Arbeit blieb selbstverständlich wieder an Sora hängen. Bei der Neuen würde es sicher nicht anders sein. „Was gibt’s denn?“, fragte sie höflich und sah ein sehr bekanntes Gesicht sie anstrahlen. „Yolei? Was machst du denn hier?“ Sie trug die gleiche Arbeitskleidung wie sie und hatte ihre langen Haare zu einem Zopf gebunden. Yolei war also ihre neue Kollegin. Na das konnte ja sicher witzig werden. „Ich arbeitete hier. Heute ist mein erster Tag. Ich wusste gar nicht, dass du auch hier arbeitetest. Ken geht hier immer Mittagessen und hat mir nie von dir erzählt. Man das ist ja mal eine tolle Überraschung“, plauderte sie munter wie ein Wasserfall. Sora hatte ganz vergessen, dass sie äußerst gesprächig war. Mit ihr zu arbeiten würde sicher einer Herausforderung werden, denn Sora mochte es eigentlich immer ruhig. „Ich arbeitete schon seit ein paar Monaten hier“, gab sie zu und strich sich die linke Haarpartie hinter ihr Ohr. „Das wundert mich aber, ich bin eigentlich immer hier. Außer von halb zwölf bis eins“. Yolei nickte aufmerksam, so als würde sie jedem einzelnen Wort ihres Gespräches folgen. „Ich glaube er war immer um zwölf da und ist nie länger wie eins geblieben.“ „Das erklärt schon mal warum er mich nie gesehen hat“, lachte die Rothaarige und merkte plötzlich, dass Frau Minazuki beide ungeduldig anstarrte. „Schön. Ihr kennt euch also. Trotzdem seid ihr zum Arbeiten hier!“, sagte sie mit einem strengen Unterton. „Sora, dass Mittagsmenü muss noch draußen hingeschrieben werden und jemand muss die Toiletten nochmal wischen. Das ist ja eine Zumutung für unsere Gäste“. Wohl eher eine Zumutung, für denjenigen der sie putzen musste. „Du zeigst jetzt erstmal Yolei, wo alles ist und dann könnt ihr euch von mir aus, darum kloppen, wer das Klo putzt. Hauptsache es ist sauber“, mahnte sie die beiden jungen Frauen und ging zur Tür. „Ich gehe jetzt einkaufen. Solange hast du hier das Sagen“, drehte sie sich zu dem älteren Herrn um, der sich gerade die Schürze umlegte. Er hieß Herr Chiba und war der Koch und ein alter Freund von Frau Minazuki. Er nickte nur knapp, knotete die Schürze am Rücken zu und verschwand wortlos in die Küche. Er redete nicht viel. Er war ein stiller Zeitgenosse. Lag vielleicht auch daran, dass er im Krieg war, aber keiner traute sich ihn darauf anzusprechen. Man hatte eine Art Ehrfurcht vor ihm aufgebaut. Meist befand er sich eh nur in der Küche, aber trotzdem hatte man das Gefühl, dass er seine Augen überall hatte. Sora hatte glaubte wirklich, dass er in seinem Hinterkopf ein zweites Paar Augen versteckte. „Und wie geht es dir?“, fragte Yolei interessiert und riss sie aus ihren Gedankengängen. „Ganz gut und dir?“ „Hey du brauchst mir doch nichts vorzumachen“, sagte sie und legte einen mitleidigen Blick auf. „Wie bitte?“ Sora sah sie irritiert an und schüttelte leicht ihren Kopf. Ihr ging es doch gut, was machte sie ihr schon groß vor? „Am Wochenende war Tai mit Matt und Izzy bei uns. Sie haben uns beim Renovieren geholfen. Und Tai hat erzählt, dass ihr Schluss gemacht habt. Das tut mir wirklich wahnsinnig Leid“, japste sie und zog Sora in eine Umarmung. Sie erwiderte sie leicht, zog aber dennoch ihre Stirn in Falten. Es war doch alles in Ordnung. Beide wollten die Trennung. Sie brauchten einfach noch ein wenig Zeit, um das Ganze zu verarbeiten. Obwohl Taichi anscheinend mit dem Verarbeiten schneller war als sie. Sora hatte noch nicht mal ihrer Mutter etwas von der Trennung erzählt und er posaunte es regelrecht durch ihren alten Freundeskreis. Sora befreite sich aus der Umarmung und lächelte Yolei an. „Es geht mir wirklich gut. Wir beide wollten es so. Ich bin also überhaupt nicht traurig“. Naja. Das war wohl eher eine Lüge gewesen. Natürlich war sie traurig, immerhin waren sie über drei Jahre ein Paar gewesen und das vergass man ja nicht so leicht. Aber sie war nicht traurig in dem Sinn, dass sie Zentnerweise Schokolade und traurige Lieder hören musste. Sie hatte noch nicht mal richtig geweint. Es war okay. „Aber wenn du jemanden zum Reden brauchst, dann sag mir bitte Bescheid“, bot ihr Yolei mit großen Augen an. Wenn sie genauer darüber nachdachte, waren sie noch die einzigen beiden weiblichen Wesen, die in ihrer Gruppe übrig geblieben waren. Sowohl Mimi als auch Hikari waren in die USA gegangen. Eigentlich hatte sie ja wirklich nur noch einander. Yolei vermisste Kari bestimmt genauso, wie Sora anfangs Mimi vermisst hatte. Es war einfach scheiße, die beste Freundin nicht mehr hier zu haben. Und Amerika veränderte die Menschen. Sora war klar, dass auch Kari, das Ganze nicht erspart blieb. Das war eben so, wenn man ein anderes Land besuchte. Man passte sich an, um auch ja dazuzugehören. So war es bei Mimi gewesen und so wird es auch bei Hikari sein. Bei dem ganzen Gedankenwirrwarr hatte Sora gar nicht bemerkt, dass Yolei weitergesprochen hatte und auf eine Antwort von ihr wartete. „Was?“, fragt sie mit einem aufgeweckten Blick. Yolei kicherte leise. „Ich habe dich gefragt, ob du zu unserer Einweihungsparty kommen willst? Dann wäre ich nicht mehr so alleine“. Einweihungsparty? Ach ja da war ja noch was. Matt hatte es ihr nebenbei mal erzählt. Yolei würde mit den Jungs zusammenziehen. Sie stöhnte leicht auf. Deswegen waren Tai und die anderen auch zum Renovieren gekommen. „Ich sollte wirklich besser aufpassen“, tadelte sie sich selbst, bevor sie Yolei eine Antwort gab. „Klar warum nicht. Wird sicher lustig“. Die Jüngere grinste zufrieden und sah zu dem Mopp, der in der Ecke stand. „Klasse, dass freut mich. Und wer von uns putzt jetzt das Klo?“ 10. September 2009. New York, USA. Großer Tanzsaal. Am liebsten wollte sie schreien. Heute klappte auch wirklich gar nichts. Anfang der Woche wurde sie noch gelobt und jetzt befand sie sich wieder auf dem Boden der Tatsachen. Und er war wirklich sehr hart. Nun wusste sie, wie sich Emily gefühlt hatte. Jetzt war sie die vorübergehend Talentlose, die einfach nichts auf die Reihe bekam. Ihre Trainerin bewegte ihren Fuß im Takt, während Hikari und ihre Kommilitonen in der Mitte des Raumes tanzten. Ihr Blick war auf sie gerichtet und wieder schüttelte sie nur genervt den Kopf. Freestyle war einfach nicht ihr Ding, aber trotzdem musste sie es können. „Nein, nein, nein. Hikari deine Arme sind viel zu steif. Du musst sie locker machen“, blaffte sie die Brünette an und stellte sich direkt vor sie. „Nochmal von vorn“. Kari schluckte hart, als sie sich wieder aufstellten. Ausgerechnet heute fiel sie negativ auf. Emily, die ebenfalls in dem Kurs war, grinste sie verschwörerisch an. Sie hatte mit der heutigen Aufgabe keinerlei Probleme, da sie schon oft improvisierte Nummern auf dem Campus darbot. Sie war locker – im Gegensatz zu Hikari, die sich darauf konzentrierte ihre Arme nicht anzuspannen. Wieder und wieder setzte die Musik ein, doch ungefähr bei der Hälfte des Stücks wurde sie abgebrochen. „Hikari jetzt streng dich mal ein bisschen an. So schwer ist das wirklich nicht!“ Sie nickte nur schwach und versuchte den Kloß, der sich in ihrem Hals bildete zu ignorieren, was ihr von Einsatz zu Einsatz immer schwerer fiel. Sie hoffte wirklich, dass die Stunde bald vorbei sein würde. Länger hielt sie das ganze wirklich nicht mehr aus. Sie war den Tränen nahe. Doch vor all den Leuten würde sie ganz sicher nicht weinen wollen. „Okay von Anfang an“, polterte ihre Trainerin und wartete bis jeder die Position eingenommen hatte, bevor sie die Musik andrückte. Sie stellte sich wieder auf ihren alten Platz, genau vor Hikari, die versuchte ihre Arme lockerer werden zu lassen. „Hikari! Arme!“, brüllte sie wieder gegen die Musik, bis sie diesmal noch jemand anderen fand, den sie korrigieren musste. Sie strengte sich wirklich an, doch heute sollte es einfach nicht sein. „Hikari!“, hörte sie wieder ihren Namen und zuckte augenblicklich zusammen, was einen erneuten Abbruch zur Folge hatte. „Emily kannst du Hikari nochmal zeigen, wie es geht?“ Sie nickte nur und ging triumphierend an ihr vorbei. Sie tanzte vor allen vor, während Kari ihr müde zuschaute. Sie versuchte es doch. Da konnte ihr Emily so viel vortanzten wie sie wollte. Sie bekam es eben nicht hin. Jedenfalls nicht heute. „Man Mimi stell dich nicht so an“, blaffte er sie an, während er sie ruppig packte und gegen ihre Zimmerwand drückte. Er küsste ihren Hals und wollte gerade ihren Slip ausziehen, als sie ihn sanft von sich stieß. „Ich will nicht. Nicht so“, gestand sie ihm und setzte sich auf ihr Bett. Michael grunzte und verrollte die Augen, während er sich geräuschvoll auf ihrem Schreibtischstuhl niederließ. Er fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht und versuchte wieder etwas runter zu kommen. „Ich habe aber keinen Bock auf den Blümchensex, auf den du so stehst“. Er sah sie dringlich an, so als wolle er ihre Gedanken steuern, um sie doch noch davon zu überzeugen. „Ich mag es halt wild“. „Ich aber nicht“, giftete sie ihn an und krallte ihre Fingernägel in ihre Bettwäsche. „Du solltest wirklich mal lockerer werden. Andere Mädels sind offener“, warf er ihr vor. „Woher willst du das den wissen?“, knurrte sie und wollte ihm am liebsten eine Reinhauen. So etwas zu behaupten tat ihr nicht nur weh, sondern machte ihr auch Angst. Sie hatte Angst ihn an eine andere zu verlieren, die alles mit sich machen ließ. Inklusive sich auf dem Schreibtisch vögeln zu lassen. Das hatte er schon mehr als einmal bei ihr versucht gehabt. Doch sie wollte nicht. Sie wollte Romantik und dass er auch mehr auf ihre Wünsche eingehen sollte. Allerdings interessierte es ihn reichlich wenig. Wenn sie Sex hatten, war er immer derjenige, der sich volle Befriedigung beschaffte und sie einfach danach teilnahmslos auf dem Bett liegen ließ. „Du weiß nicht was Carter alles schon mit den Mädels hier erlebt hat. Einmal hatte er sogar einen flotten Dreier mit zwei Freundinnen!“ Mimi verzog das Gesicht. „Carter kann viel erzählen wenn der Tag lang ist. Außerdem ist er ein Idiot!“ „Und du bist voll bieder und altbacken“, warf er ihr an den Kopf und stand auf. „Wie bitte? Du Arschloch!“, brüllte sie ihn an und warf ein Kissen nach ihm, wodurch er nur zu Lachen anfing. „Hau ab!“, zischte sie und deutete zur Tür. Michael lachte immer noch und ging an ihr vorbei. „Ich weiß doch, dass du ohne mich nicht kannst“, waren seine letzten Worte an sie, als er aus dem Zimmer trat. Wütend ließ sie sich mit dem Rücken auf die harte Matratze fallen und einzelne Tränen liefen ihr über die Wangen. Wie konnte er sie nur so behandeln? Liebte er sie überhaupt noch? Sicher war sie sich da nicht mehr gewesen. Plötzlich klopfte es an ihre Zimmertür. Sie presste ein Kissen gegen ihren Brustkorb und atmete tief ein. Es konnte wohl nur Michael sein, der irgendetwas vergessen hatte. „Hau ab!“, fauchte sie und versuchte nicht gleich wieder in Tränen auszubrechen. Erst als sie ein zartes Wimmern vernahm, wusste sie, dass es wohl kaum Michael sein konnte. Auf einmal meldete sich Kari mit gebrochener Stimme. „Mimi, ich bin’s. Lässt du mich bitte rein?“ Die Brünette sprang auf, fuhr sich mit ihrem Arm über ihr Gesicht, checkte kurz im Spiegel, ob etwas verschmiert war und öffnete danach die Tür. Mit einem verheulten Gesicht stand Hikari vor ihr, fast wie ein Häufchen Elend. „Was ist passiert?“, fragte sie und vergaß für einen kurzen Moment Michael und sein Arschlochgetue. „Meine Trainerin hat mich gebeten früher zu gehen, weil ich die Schritte nicht hinbekommen habe!“ „Was? Nur dich oder was? Das ist voll die Schikane!“, meinte sie aufbrausend und ließ sie in ihr Zimmer. „Jetzt weiß ich, was es heißt nicht gut zu sein“. Sie setzte sich schwerfällig auf ihr Bett und ließ den Kopf hängen. Kari war mit den Nerven vollkommen am Ende, dabei war es nur ein einziges Mal passiert. Was wäre wenn es öfters passieren würde? Fühlte sie sich dann immer so schrecklich oder würde sie irgendwann daran wachsen? Sie wusste es nicht. Alles was sie wusste, war das sie sich am lieben irgendwo verkriechen wollte. Am liebsten für immer. „Hey, beruhig dich doch“, meinte Mimi sanft, setzte sich neben sie und strich ihr über den Rücken. „Das ist mir auch in den ersten paar Wochen passiert. Nur bei mir hat es wesentlich länger gedauert, bis mich jemand gelobt hatte. Du wurdest es bereits!“, erläuterte sie ausführlich und spielte auf den Anfang der Woche an. Kari schniefte kurz und sah sie an. „Ich weiß nicht. Im Moment fühlt es sich so an, als wäre es nichts wert gewesen“. „Das ist vollkommen normal. Die Lehrer sind hier sehr streng und manche auch sehr verbittert. Du wirst nicht die einzige bleiben, die sie bittet zu gehen“, versprach sie ihr zuversichtlich. Sie hatte auch nichts anderes erlebt. In einer Woche schmiss ihr Schauspielcoach, die halbe Klasse raus, nur weil sie sich etwas versprochen hatten. Er brüllte herum, sein Kopf wurde knallrot und die Ader an seinem Hals schwoll an. Auch Mimi musste die Bühne verlassen, nachdem sie ein Wort vergessen hatte. Er war wirklich kleinlich. Hätten sie Zuschauer gehabt, hätte es niemand bemerkt, da ja nur sie die Texte konnten. Doch ihr Coach flippte vollkommen aus. Künstler waren wohl ebenso. Dramatisch und vollkommen unberechenbar. Auch Mimi hatte manchmal ihre Momente. Bei Michael könnte sie wirklich regelmäßig ausflippen, doch das kostete sie nur wertvolle Energie. Und jetzt musste sie für Hikari da sein. 19. September 2009. Odaiba, Japan. Einweihungsparty. „Hast du auch wirklich genug gemacht?“, fragte TK skeptisch und betrachtete die Sandwiches die Davis für zehn Leute vorbereitet hatte. „Klar, für jeden zwei, außerdem haben wir noch alle Zutaten in der Küche“. „Mein Bruder isst ja schon mindestens vier. Sag mal ist das Brot geschrumpft oder was hast du damit gemacht?“ Takeru nahm sich eine Sandwichseite und schnupperte daran. Davis hatte sogar fein säuberlich die Brotrinde abgeschnitten. „Kann ich mal probieren?“ „Sicher und wenn du willst kann ich noch ein paar mehr machen“, erklärte sich der Igelkopf bereit. TK biss ab und schmeckte Tomaten, Majonäse, Gurke, Käse und verschiedene Wurstsorten. Er schluckte und Davis begutachtete sein Gesicht kritisch. „Und? Sind sie mir gut gelungen?“ Diese Frage stellte er bei jedem Essen, dass er für jemanden kochte. „Ist wirklich lecker“, schmatzte der Blonde und hob den Daumen. „Mach trotzdem ein paar mehr, Tai und mein Bruder werden sich sicher nicht mit Zwei zufrieden geben“. Davis verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Eigentlich hätte er es doch wissen müssen. Jetzt stand er schon den lieben langen Tag in der Küche und trotzdem war es noch nicht genug. In nächster Zeit würden sie sicher keine Party mehr geben. Es war definitiv mit zu viel Aufwand verbunden. Eigentlich wollten sie ja nur Izzy, Tai und Matt einladen, die ihnen auch beim Umzug geholfen hatten. Die Sauerei auf Boden, Wänden und Fenstern zu beseitigen hatte doch länger gedauert, als sie gedacht hatten. Sie brauchten insgesamt zwei Tage und sieben verschiedene Spezialreiniger, um den Schaden einigermaßen gering zu halten. Zwar befanden sich an der Fensterfront immer noch einige größere Farbspritzer, aber sie konnten es gut mit einem Sideboard und einigen Deko-Materialien verdecken. Davis war sich jedenfalls sicher, dass er nie wieder mit Yolei etwas streichen wollte. Yolei. Sie war auch Schuld daran, dass die Gästeliste förmlich explodierte. Nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie und Sora Arbeitskolleginnen waren, musste der Wirbelwind natürlich sie auch zur Einweihungsparty einladen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne Rücksicht auf Tai. Er wusste noch nicht mal, dass seine Ex-Freundin auch kommen würde. Yolei hatte Sora hingegen erzählt, dass es für Tai vollkommen in Ordnung war. Sie gehörte ja immer noch zur Gruppe. „Ich möchte nicht das einzige Mädchen sein! Das ist voll scheiße, Davis!“ Das war ihre Antwort gewesen, warum sie sich so dahinter klemmte. Natürlich verstanden die Jungs sie auch in gewisser Weise. Sora war die einzige, nicht männliche Person, die von der Gruppe übrig geblieben war. Da sich jetzt auch noch Kari in den USA befand, fühlte sich Yolei sehr allein. Schließlich war sie jahrelang ihre beste Freundin gewesen. Was hieß gewesen. Sie war es immer noch. Auch wenn Yolei, Karis Verhalten gegenüber Davis nicht unbedingt gut fand. Trotzdem vermisste sie ihre brünette Freundin. Sora war sozusagen der Ersatz, für zu viel Testosteron. Nachdem Yolei einfach Sora eingeladen hatte, bekam TK ein schlechtes Gewissen gegenüber Cody, der ja Jahre lang sein Nachbar war. Dieses schlechte Gewissen konnte er relativ leicht auf Yolei übertragen, da sie ja ebenfalls lange Zeit Tür an Tür wohnten. Cody hatten sie mit den Jahren wirklich vernachlässigt. Er war immer der Jüngste gewesen, der sich nur für Kendo zu interessieren schien. Er war auch der Einzige, der immer noch zu Schule ging und noch zu Hause lebte. Er hatte eigentlich zu keinem sonderlich viel Kontakt mehr, was TK besonders Schade fand, da er Cody mal sehr nah stand. Für ihn war er sozusagen, der kleine Bruder, den der Dank der Scheidung seiner Eltern nie haben durfte. Nur Ken hatte „regelmäßigen“ Kontakt zu ihm, auch wenn er strenggenommen dafür bezahlt wurde. Er gab ihm Mathenachhilfe. Schon seit zwei Jahren. Oft hatte der Schwarzhaarige erzählt, wie sehr Cody seine alten Freunde vermisste. Wahrscheinlich vermisste er die guten alten Zeiten der Abenteuer. Doch wenn man erwachsen wurde, änderten sich auch die Prioritäten. Jeder lebte sein eigenes Leben. Das würde auch in der WG bald so sein. Ken ging als einziger arbeiten und hatte einen streng geregelten Arbeitsablauf, den er sich mit Vorlesungen in Kriminologie zusätzlich befüllte. Davis, TK und Yolei hingegen hatten sich an einen Stundenplan halten, den sie noch selbst zusammenstellen mussten. Bei den Älteren waren ebenfalls so gewesen. Tai und der Rest sahen sich höchstens einmal in der Woche und gingen manchmal gemeinsam etwas essen. Joe war ab und an auch mal dabei gewesen. Deswegen konnten sie auch nicht sagen, dass sie den Medizinstudenten nicht einladen würden. Er war auch ein Teil der Gruppe, auch wenn ihn das Studium sehr auslastete. Matt hatte sogar einmal mitbekommen, wie unglücklich er damit war. Doch er wollte sich nicht einmischen, da er mit Joe kaum etwas zu tun hatte. Nur Izzy sah ihn regelmäßig, wenn er nicht auch gerade mit lernen beschäftigt war. Der Rest von ihnen ging vor ein paar Monaten noch in die Oberschule und hatte mit dem ganzen Studi-Stress absolut nichts am Hut. Der einzige Tag an dem sie sich alle, wirklich alle, trafen war der erste August. Jedenfalls war es immer so gewesen. Dieses Jahr fiel der Tag wegen mangelnder Organisation ins Wasser. Wahrscheinlich lag es auch dran, dass Kari erst vor kurzem nach Amerika gegangen war. Es fühlte sich beinahe so an, als würde die Gruppe sich in mehrere Lager spalten. Cody, Sora und Joe waren in dieser Spaltung eben die Außenseiter. Sie lief hektisch durch die Wohnung, holte Becher, kalte Getränke, Häppchen. Als Gastgeberin hatte sich Yolei den Abend wohl etwas anders vorgestellt. Sie rannte die ganze Zeit von Punkt A zu Punkt B und wieder zurück. Egal was sie auch tat, an allen Ecken schien sich schon wieder etwas zu fehlen. Mal war es die Cola, die bereits leer war. Mal war es einfach ein Becher, der fehlte. Langsam wurde sie es wirklich leid. Warum gab nur sie sich solche Mühe? Ihre Mitbewohner saßen bei den Gästen, tranken, aßen und hatten Spaß, während sie sich einen abquälte. Nur Davis ging ab und zu mal in die Küche, um neue Sandwiches vorzubereiten. Yolei versuchte irgendwie jedem gerecht zu werden. Vollkommen banal, wenn man sich wieder ins Gedächtnis rief, dass es sich eigentlich um eine Party handeln sollte. Jeder sollte einen Moment der Freude erleben. Und so hörte Yolei auf, wie ein wildgewordener Flummi durch die Wohnung zu springen. Sie setzte sich laut stöhnend neben Ken aufs Sofa, der sie besorgt anschaute. „Alles klar bei dir?“ „Ich brauche nur mal eine Pause. Ich bin ja nicht euer Dienstmädchen“, knurrte sie eingeschnappt und verschränkte die Arme vor der Brust. Ken lachte und grinste schief. „Keiner hat von dir verlangt, allen hinterher zu räumen und ihnen in den Arsch zu kriechen“, meinte er locker und nippte an seinem Becher. „Die sind alt genug. Die wissen schon, wo die Sachen stehen“. Yolei verrollte die Augen und schnaubte. „Ich sollte nicht so verbissen sein“, gestand sie sich ein. „Korrekt!“ „Gut, dann kannst du mir auch was zu trinken holen, oder?“ Es war eigentlich keine Frage gewesen. Viel mehr war es eine Anforderung. Das merkte er an ihrem Unterton. Yolei war schlichtweg genervt. Erst die Sache mit dem Farbdesaster und dann befanden sich zehn Leute in einer Wohnung, die für vier bereits recht eng war. Und an das sauber machen wollten sie erst gar nicht denken. „Wäre ein Cola-Bier in Ordnung?“ Yolei lächelte nickend und Ken stand ohne weitere Worte auf. Er hoffte, dass seine Nettigkeiten sie etwas milde stimmen würden – auch was das Aufräumen morgen anbetraf. Mit Davis und TK konnte man morgen wohl nur noch den Boden wischen. Beide waren eindeutig schon sehr angetrunken und tänzelnd fröhlich durch die Wohnung. Ken fragte sich, wie Davis es immer noch schaffte sich beim Sandwich machen nicht in den Finger zu schneiden. Wahrscheinlich war es einfach Dummenglück, dass Davis nach all den Jahren immer noch beistand. Ken fragte sich sowieso, warum beide Matt darum gebeten hatten, auch härtere Sachen zur Party mitzubringen. Klar, die Älteren durften trinken was sie wollten, aber sie waren alle gerade mal achtzehn. Cody sogar erst sechszehn. Aber anscheinend wollten sie heute mal richtig die Sau rauslassen. Der Schwarzhaarige hatte jedoch eine andere Vermutung. Auch wenn es beide nicht zugeben würden, aber jeder wusste, dass Kari ihnen das Herz gebrochen hatte. TK eher unbewusst. Aber trotzdem befanden sich alle hier. Alle außer Kari und Mimi. Besonders TK kam noch nicht gut damit zurecht, seine beste Freundin nur noch über E-Mail kontaktieren zu können – auch wenn laut seinen eigenen Aussagen, ihm die Trennung von ihr recht gut tat. Vielleicht schaffte er es ja wirklich und entliebte sich, bevor sie wieder zurückkam. Davis hingegen befand sich in einem großen Zwiespalt. Er vermisste sie ebenfalls, auch wenn er immer das Gegenteil behauptete. Aber dennoch saß der Schmerz sehr tief. Auch wenn es schon ein Jahr her war. Davis hatte sich nie so recht davon erholt. Deswegen hatte er bisher auch noch eine neue Beziehung gehabt, auch wenn einige Mädchen für ihr schwärmten. Er wirkte manchmal richtig verbittert, was sie Sache mit Kari anbelangte. Und heute war ein Tag, wo sich alle alten Freunde zusammen fanden. Dass man die vermisste, die nicht anwesend waren, war doch klar. Mimi wurde schließlich auch irgendwie vermisst, auch wenn man ihren Namen nicht erwähnte. Es war immer noch eine andere Situation, wenn wirklich alle zusammen waren. Nur zu zwölft fühlten sie sich wirklich komplett. Ken kehrte zu seinem Platz zurück und reichte Yolei das Cola-Bier weiter. Inzwischen hatte sie ein Gespräch mit Cody angefangen, der ihr erzählte, wie langweilig es ohne sie doch in ihrem Wohnblock sei. Er vermisste sie wirklich. Mehr als er je zugeben würde. „Schade, dass wir uns so selten sehen“, meinte der Jüngste und quälte sich zu einem Lächeln. „Bald habt ihr doch die Uni-Besichtigung, oder? Wenn du willst, kann ich dich und ein paar deiner Freunde rumführen“, schlug sie euphorisch vor und bitzelte das Etikett der Flasche an der Seite ab. Cody nickte bestärkt, wusste jedoch gleichzeitig, dass es nur Gerede war. Außerdem war der Termin erst in ein paar Monaten. Wahrscheinlich hatte Yolei bis dahin eh keine Zeit mehr für ihn und würde sich lieber mit ihren neuen Kommilitonen treffen, die sie bald kennen lernen würde. So war eben der Lauf des Lebens. Man lernte neue Leute kennen. Die Alten rückten demnach irgendwann in den Hintergrund. Matt hatte sich auf den Balkon verzogen, als plötzlich sein jüngerer Bruder angeschlichen kam. „Kann ich auch eine haben?“, fragte er und deutete auf die Zigarette, die sich Matt gerade angesteckt hatte. „Seit wann rauchst du denn?“, wollte er wissen und warf Takeru einen skeptischen Blick zu. Dieser verrollte nur die Augen und trat auf den Balkon, der direkt an Davis‘ Zimmer angrenzte. Sicher würde er sich beschweren, wenn seine ganzen Möbel nach Rauch stanken. Selbst schuld, wenn man unbedingt auf das Zimmer mit Balkon bestand. „Gibst du mir jetzt eine oder willst du mir alle Gefahren des Rauchens aufzählen?“ Matt hielt ihm die Schachtel hin und sah wie sich TK eine herausnahm und sich zwischen die Zähne steckte. „Feuer?“ Er holte das Feuerzeug aus seiner Hosentasche und steckte seinem kleinen Bruder eine Kippe an. Wenn seine Mutter das sehen würde, hätte sie ihm schon längst beide Arme abgehakt. Sie fand sowieso schon, dass Matt nicht das beste Vorbild für ihn war und jetzt standen beide auf dem Balkon und rauchten zusammen. Es war wirklich kurios. Doch an seinem Blick sah er, dass etwas nicht stimmte. Takeru wirkte traurig. „Stimmt was nicht?“ Er nahm die Zigarette zwischen zwei Finger und blies den Rauch aus seiner Lunge. Er hatte noch nicht oft geraucht, aber er wusste wie man es richtig machte. Wahrscheinlich war es nur eine Frage der Zeit bis er abhängig war. An Matt sah er ja schon, dass er kaum ohne ein Päckchen auskam, ohne einen halben Nervenzusammenbruch zu zelebrieren. Soweit würde es bei ihm hoffentlich nicht kommen. „Bei mir ist alles gut“. Er kniff die Augen zusammen und seine Unterlippe zitterte leicht. Alles unter den strengen Augen seines Bruders, der alles andere als überzeugt aussah. Er zog die Augenbraue nach oben und starrte ihn förmlich nieder. „Wirklich! Es ist alles okay“, versicherte er und zog wieder an der Zigarette. „Du weißt, dass ich merke wenn du lügst. Also was ist los? Ist es wegen Kari?“ Bei ihrem Namen zuckte er leicht zusammen. Besonders wenn sein eigener Bruder ihn in den Mund nahm. Matt wusste nichts von ihrer Schwärmerei für ihn. Insgeheim hatte er immer gehofft, dass Kari und TK irgendwann mal ein Paar werden würden. Er erinnerte sich noch gut an den Tag, als ihm der fast 16-Jährige Takeru erzählte, dass er sich in seine beste Freundin verliebt hatte. Er hatte ihn damals um Rat gebeten. TK wollte ihr seine Gefühle gestehen, wusste jedoch nicht wie. Matt gab ihm damals, den Rat etwas für sie zu kochen und vielleicht einige DVDs zu schauen. Einen gemütlichen Abend. Die perfekte Atmosphäre, jemanden seine Liebe zu gestehen. Jedenfalls dachte es Matt zu diesem Zeitpunkt. Er konnte ja nicht wissen, dass sich am Horizont dunkele Wolken zusammenzogen. Der Abend endete im Nachhinein in einer Katastrophe. Und die angebrannte Lasagne war sicherlich nicht Schuld an dem ganzen Schlamassel. Karis plötzlicher Sinneswandel war etwas mit dem TK nicht gerechnet hatte und was ihm fast das Herz brach. An dem Abend, an dem er ihr eigentlich seine Gefühle gestehen wollte, verkündete sie ihm, dass sie mit Davis schon ein paar Mal ausgegangen sei. Sogar geküsst hatten sie sich schon. Er verstand die Welt nicht mehr. Kari war nie ernsthaft an Davis interessiert gewesen. Sie benutzte Takeru sogar manchmal dazu, IHN eifersüchtig zu machen. Erst nachdem sie mit Davis wieder Schluss gemacht hatte, zeigten sich ihre wahren Beweggründe. Und diese Tatsache brach wirklich sein Herz. „Mein Leben dreht sich nicht nur um Kari!“, antwortete er schnippisch und schaute in den Sternenhimmel. Wieder zog er an der Zigarette. Matt hatte seine bereits ausgedrückt und musterte nachdenklich seinen jüngeren Bruder. „Es ist okay, sie zu vermissen“, meinte er bevor er wieder zurück in Davis’ Zimmer trat. Er kannte ihn gut genug. Takeru wollte im Moment nicht mit ihm reden. Deswegen wollte er ihn auch nicht dazu zwingen. Wahrscheinlich würde er früher oder später von selbst zu ihm kommen. Es war nur eine Frage der Zeit. Takeru hingegen hatte erst gar nicht gemerkt, dass Matt sich wieder zu den anderen gesellt hatte. Gedankenverloren starrte er immer noch in den Sternenhimmel und zog an seiner Zigarette. Was gefiel Kari nur so an Matt? Lag es daran, dass er in einer Band spielte? War das, dass einzige? Oder war es seine blonden langen Haare und die blauen Augen, die sie zufälliger Weise auch noch miteinander teilten? Wieso liebte sie Matt und nicht ihn? Was hatte er, was Takeru nicht hatte? Er presste die Lippen aufeinander, drückte die Zigarette aus und versuchte den aufkommenden Schmerz, den er spürte, wenn er an Kari dachte, zu ignorieren. Sie war so weit weg und trotzdem spuckte sie ihm nach wie vor im Kopf herum. Er wollte sie einfach nur vergessen. Nur für einen kurzen Moment. „Und sie sind wirklich getrennt?“ Joe kratzte sich leicht am Hinterkopf und beobachtete Tai und Sora, die sich locker miteinander zu unterhalten schienen. „Sie meinten, sie hätten sich in Freundschaft voneinander getrennt“, informierte ihn Izzy und trank an seiner Cola. „Aha. Sehr interessant“. „Matt ist davon noch nicht so ganz überzeugt. Er glaubt, dass beide uns nur etwas vorspielen“. Er nickte nur beiläufig. Irgendwie konnte er schon lange nicht mehr mitreden. Zu seinen Freunden hatte er eigentlich nur sehr selten Kontakt. Nachdem sein Vater ihm das Praktikum im Krankenhaus besorgt hatte, fühlte sich Joe noch mehr überfordert als vorher. Er wusste nicht, wie er das alles hinbekommen sollte. Durch das laute Seufzen wurde sogar Izzy misstrauisch, der ihn nun fragwürdig begutachtete. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Joe sehr schlecht aussah. Richtig blass und seine Augen wirkten müde. „Ist bei dir denn alles in Ordnung?“ Joe seufzte wieder und hielt sich die Hand an seine Stirn. „Im Moment bin ich einfach nur überfordert. Die letzten paar Nächten habe ich eigentlich gar nicht geschlafen, nur um meine Hausarbeiten noch fertigzuschreiben“. „Okay. Wie schaffst du es denn so lange wach zu bleiben?“, wollte der Rotschopf gespannt wissen. Er hatte zwar im Moment noch etwas Ruhe vor dem Stress, aber bei ihm würde es auch bald wieder losgehen. Vierundzwanzig Stunden waren einfach viel zu wenig für einen Tag. „Meistens trinke ich Kaffee und nehme zusätzlich noch ein paar Koffeintabletten“, klärte er ihn auf und zuckte mit den Achseln. „Manche meiner Kommilitonen nehmen auch Ritalin, um wach bleiben zu können“. „Ritalin? Was ist das?“ Izzy setzte sich auf und sah gespannt zu Joe, der sich gerade seine Brille zurecht rückte. „Das ist ein Medikament gegen ADHS. Aber man kann dadurch auch mehrere Stunden am Stück durchlernen. Wieso fragst du?“ „Nur so“, log Izzy und ließ sich wieder zurückfallen. „Das Zeug ist schweineteuer und außerdem macht es die Gesundheit kaputt“, ermahnte er ihn dringlich. Er hatte es irgendwie im Gefühl. Niemand fragte solche Dinge einfach „nur so“. Selbst Izzy sah nun ertappt nach unten und schwor, dass er so etwas nie nehmen würde, sondern nur aus Interesse heraus gefragt hatte. Neugierig war er ja schon immer gewesen. Doch Joe kannte diese Verzweiflung in seinem Gesicht. Er hatte sie schon oft gesehen. Bei sich. Bei seinen Kommilitonen. Manchmal sogar bei seinem Vater. „Ich hätte meinen Mund halten sollen“, murmelte er und schaute zu Izzy, der sehr nachdenklich aussah. Er biss sich auf die Lippe und verfluchte sich innerlich dafür, einen solchen Gedanken in Izzy geweckt zu haben. Aus der Verzweiflung heraus, tat man viele dumme Dinge, deren Konsequenzen man sich gar nicht bewusst war. Er hoffte, dass Izzy diesen Gedanken schnell wieder vergessen würde. Er konnte ja nicht ahnen, wie verzweifelt der Rotschopf zurzeit war. Nach langem hin und her hatte sich Matt dazu durchgerungen mit Sora unter vier Augen zu sprechen. Eigentlich war es schon lange überfällig gewesen, doch irgendwie hatte er sich nicht getraut sie aufzusuchen. Immer wenn er es wollte, fühlte es sich so an, als würde er Taichi hintergehen. Vielleicht sollte er ihm einfach glauben, dass beide mit der Trennung einverstanden waren. Doch sein bester Freund war wirklich nicht der beste „Zwischen-den-Zeilen-Leser“. Und heute war die perfekte Gelegenheit. Selbst Tai hatte schon mit ihr gesprochen und Matt musste zugeben, dass es nicht sonderlich gezwungen wirkte. Sie wirkten beide, sehr erleichtert. Wahrscheinlich lief es wirklich nicht mehr so gut bei ihnen. Auch wenn Matt selbst nie etwas gemerkt hatte und Tai ihm auch nie etwas erzählte. Er war einfach ein Beziehungskrüppel. Schuld daran waren seine Eltern, die sich trennten, aber offensichtlich immer noch liebten. Er hatte halt enorme Verlustsängste. Tai und Sora waren für ihn immer zwei gute Freunde gewesen, die ihn auch in schlechten Zeiten nicht aufgaben. Sie hielten ihn auf dem Boden der Tatsachen. Sie waren fast schon wie ein Eltern-Ersatz für ihn. Auch wenn es vielleicht schräg klang. Er bewunderte immer ihre Beziehung, da er wusste, dass er sowas nie führen könnte. Dafür war er wohl zu geschädigt oder zu schwanzfixiert. Okay. Er war auch noch recht jung. Aber mit seinen einundzwanzig Jahren, konnte er behaupten, noch nie richtig oder ernsthaft in jemanden verliebt gewesen zu sein. Er war das komplette Gegenteil von TK, der heute schon drei Zigaretten von ihm erpresste, nur weil er sich seinem Liebeskummer nicht stellen wollte. Für ihn gab es eben nicht die eine Frau, mit der er ein Leben lang zusammen sein wollte. Matt fand diese Vorstellung sowieso recht unlogisch. Machte das einen nicht auf Dauer unglücklich? Man musste sich zwangsläufig an den Partner anpassen, um wirklich so lange mit ihm gemeinsam leben zu können. Individualität? Wohl eher Kollektivität. Und dann gab es immer noch die Sache mit dem Tod. Als sein Großvater starb, war seine Großmutter Anfang siebzig. Mittlerweile lebte sie schon knapp zehn Jahre allein und trauerte immer noch um den Mann, den sie zu Grabe getragen hatte. Ihr Leben glich manchmal einem einzigen Schmerz. Das hatte sie jedenfalls Matt einmal in ihrer Trauer anvertraut. Wieso sollte man also, gemeinsam alt werden, wenn man nicht gemeinsam sterben durfte? Seine Großmutter war nun allein und wartete auf den Tag der Erlösung. Seine Eltern trennten sich als Takeru und er noch recht klein waren. Glücklich war keiner der beiden. Liebe war daher eine Illusion. Wenn sie wirklich existierte, dann verletzte sie nur. „Ist alles in Ordnung?“, wollte Sora behutsam von ihm wissen und berührte ihm leicht am Arm. Sie standen auf dem Balkon und beobachteten den Nachthimmel. Keiner der beiden hatte bis jetzt ein Wort zueinander gesagt, bis Sora das Schweigen brach. „War die Trennung wirklich einvernehmlich?“ „Ja“, antwortete sie knapp. „Ich habe gedacht, dass es wenigstens bei euch hält“, murmelte er und zündete sich eine weitere Zigarette an. Sora fischte sich eine störende Strähne aus dem Gesicht und musterte ihn besorgt. Sie verstand nicht, warum er sich so einen Kopf darum machte. Schließlich war es eigentlich nur Tai und ihre Sache. Doch etwas schien den Blondschopf zu beschäftigen. Sora wusste nur noch nicht was. „Wieso geht dir das so nah? Tai und ich werden immer noch miteinander befreundet bleiben“, erklärte sie ihm und erntete von ihm einen unsicheren Blick. „Es wird sich nichts ändern“. „Eure Trennung ändert alles“. „Warum?“ Ihr Atem stockte augenblicklich. Er hatte doch nicht gemerkt, dass sie sich in ihn verliebt hatte... „Weil es immer so ist. Jemand trennt sich und man kann nur noch einzeln mit den Leuten, die man mag, etwas unternehmen. Aber ihr seid mir beide wichtig. Ihr seid meine besten Freunde“, stammelte er sich zurecht und ein bisschen Asche fiel von seiner Zigarette. Soras Gesicht wurde auf einmal sehr ernst. Dieses Gespräch hatte sie schon mal mit ihm geführt. Damals ging es um seine Eltern. Wenn Matt ehrlich sein würde, müsste er zugeben, dass er die Trennung damals gar nicht gut verkraftet hatte. Er hatte sehr große Ängste. Angst jemanden, der ihm wichtig war zu verlieren. Deswegen war er auch immer so besorgt um seinen kleinen Bruder gewesen, als er noch jünger war. Doch mittlerweile brauchte Takeru ihn nicht mehr. Er war erwachsen und führte sein einiges Leben. Ein Leben in dem Matt möglicherweise nur noch eine Nebenrolle spielte. Es stimmte schon, Tai und Sora waren immer die einzigen Konstanten in seinem Leben gewesen. Schon seit der Mittelschule gingen alle drei in eine Klasse. Und auch nachmittags unternahmen sie viel gemeinsam, wenn sie nicht gerade Tennis, Fußball oder Bandprobe hatten. Sie waren eine Einheit. Bis Tai und Sora zusammen kamen. Es änderte eigentlich alles. Aus Freundschaft wurde Liebe und bei einer Trennung konnten schnell andere Gefühle entstehen. Matt hatte sich zwar damals sehr für sie gefreut, aber äußerte relativ schnell seine Bedenken. Er wollte nicht zwischen den Stühlen stehen, wenn sie mal stritten oder sich im gesetzten Fall trennten. Deswegen hielten beide, ihren besten Freund aus sämtlichen Streitigkeiten und der letzten endlichen Trennung heraus. Trotzdem blieb er misstrauisch. Wahrscheinlich war es bei Scheidungskindern so. Er hatte sicherlich das Gefühl, alles nochmal zu durchleben. Sora und Tai mussten ihm wohl erst beweisen, dass sie auch wirklich wieder nur als Freunde zurechtkamen. Vorher würde er ihnen sicherlich nicht glauben. 20. September 2009. New York, USA. Studentenwohnheim. Es war Sonntag und trotzdem spielte sie schon seit geschlagenen drei Stunden. Kari überlegte sich ernsthaft, die Ohren amputieren zu lassen. Länger konnte man es wirklich nicht mehr aushalten. Angesäuert legte sie das Buch, dass sie versucht hatte zu lesen, beiseite und stand auf. April konzentrierte sich voll und ganz auf ihre Notenblätter und bemerkte Kari erst gar nicht, die mit beiden Armen in der Hüpfte stemmend vor ihr stand. „Willst du nicht mal eine Pause machen?“, fragte sie leicht brüllend, damit April sie auch verstehen konnte. Sie schaute hoch und blickte in das wütende Gesicht ihrer Zimmergenossin. „Wenn’s dich stört, kannst du auch rausgehen“, murmelte sie und wollte gerade wieder den Bogen ansetzen, als Kari ihr ihn aus der Hand riss. „Das ist auch mein Zimmer, vergiss das nicht!“, erinnerte sie April und fuchtelte mit dem Bogen vor ihrer Nase herum. „Man Hikari gib ihn wieder her. Ich muss wirklich üben, damit ich mit den anderen mithalten kann“. „Boah scheiß doch auf die anderen! Willst du nicht mal etwas Normales unternehmen, wie shoppen?“ April funkelte sie böse an und stand auf. Das Cello hatte sie gegen ihr Bett gestellt. „Willst du sagen, dass ich nicht normal bin?“ „Naja...Mädels in unserem Alter gehen shoppen, auf Party und hören nicht unbedingt klassische Musik“, kommentierte sie kleinlaut. Bisher war ihre Mitbewohnerin immer ruhig geblieben. Heute war wirklich, dass erste Mal, dass sie laut wurde. „Willst du mir wirklich einreden, ich sei seltsam, nur weil ich individuell bin?“ „W-Was? N-Nein. Natürlich nicht. Nur meine Ohren brauche mal eine Pause“. Kari wich ihren Blicken aus und wünschte sich gerade wirklich, sie hätte die Schuhe von Dorothy, um aus dieser Situation einfach zu verschwinden. Sie wusste ja, dass April sehr eigen war. Das letzte was sie wollte, war es sich mit ihr zu verscherzen. Ihr Gesicht entspannte sich wieder und sie fuhr sich durch die langen blonden Haare. „Wenn das so ist, werde ich jetzt mal eine Runde spazieren gehen.“ „Warte“, sagte sie bevor sie zur Tür ging. „Wir könnten doch etwas zusammen unternehmen. Dann lernen wir uns auch etwas besser kennen“, versuchte Kari die Situation zu retten. April hatte ihre Hand bereits auf die Türschlenke gelegt und schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Nett von dir. Aber ich bin sicherlich nicht hier um Freunde zu finden. Sorry“, erwiderte sie selbstsicher und ließ eine verdutzte Hikari im Zimmer zurück. Die Brünette hatte wohl mit vielem gerechnet. Mit dieser Reaktion allerdings nicht. „Machst du heute nichts mit Kari?“, fragte Peter neugierig und drehte sich auf den Bauch. Beide lagen auf ihren Betten und spielten gemeinsam ein Videospiel, dass sich Wallace erst neulich gekauft hatte. „Wir wollten heute Abend etwas essen gehen. Wenn du willst kannst du gerne mitkommen“. Peter zog die Augenbraun zusammen und drückte auf die Tasten des Kontrollers, um einen Zombie zu eliminieren. „Sehr witzig. Ich möchte euch wirklich bei eurem Date nicht stören“. „Date?“, fragte er irritiert und drückte auf Pause. „Wir sind nur befreundet“. „Klar und der Weihnachtsmann ist in Wirklichkeit der verkleidete Osterhase“, witzelte er und drückte wieder auf Play. „Das meine ich ernst“, stellte er klar und stoppte das Spiel erneut. „Du kannst viel sagen wenn der Tag lang ist. In meinen Augen bist du ganz schön verknallt in sie“. „Bin ich überhaupt nicht!“, verteidigte sich der Blonde vehement. „Ach Wallace“, stöhnte er laut und legte den Kontroller beiseite. „Du schmachtest sie regelrecht an“. Der Angesprochene setzte sich in einen Schneidersitz und tauschte mit seinem Mitbewohner unschlüssige Blicke aus. „Wie kommst du auf so einen Mist? Hat dir vielleicht jemand ins Hirn geschissen?“ „Hervorragende Ausdrucksweise“, applaudierte er lautstark und grinste dabei. „Gefällt mir“. „Ich bin einfach nur mit ihr befreundet, klar?“ „Natürlich“, lachte er und rollte mit den Augen. Er glaubte ihm nicht. Welch ein Wunder. Wahrscheinlich hatte Wallace seine Überzeugungskraft verloren. Bestimmt lag es daran, dass er sich selbst einfach gerade belogen hatte. Er war sich seinen Gefühlen nicht mehr sicher. Er kannte Kari fast zwei Monate und fühlte sich in ihrer Gegenwart einfach wohl. Natürlich hatte er sich schon oft gefragt, ob nicht mehr daraus werden könnte, doch sie signalisierte ihm immer das komplette Gegenteil. Daher wollte er gar nicht erst darüber nachdenken, was wäre, wenn er sich tatsächlich in sie verliebt hätte. Lieber unterdrückte er das Kribbeln und das Bedürfnis sie küssen zu wollen, in der Hoffnung es würde von selbst wieder weggehen. Wallace wollte das Risiko einfach nicht eingehen. Er war zwar verknallt, aber manchmal waren andere Dinge viel wichtiger. 27. Mai 2010. Odaiba, Japan. Hotelzimmer. Sie stand vor dem Spiegel und begutachtete ihr Selbst kritisch. Sie sah traurig und blass aus. In ihr machte sich eine Welle der Unruhe breit. Taichi würde sicher etwas merken, da war sie sich sicher. Ihm konnte sie einfach schlecht etwas vormachen. Schließlich war er ihr Bruder. Hikari kramte in ihrer Schminktasche und hole ein rosafarbenes Rouge hervor, dass sie mit einem kleinen Pinsel auf ihr Wangen auftrug. Sie hatte das Gefühl, etwas gegen ihre Blässe zu unternehmen. Ihr entgegen zu wirken. Doch in Wirklichkeit malte sie sich nur an. Sie beschönigte die Situation, die so sehr an ihr nagte. Immer wieder schoss ihr das Gespräch zwischen ihr und Wallace kurz vor ihrer Abreise durch den Kopf. „Vielleicht solltest du es ihr sagen“, meinte Wallace vollkommen unverblümt. „Ihr was sagen? Das ich mit ihrem Ex geschlafen habe? Oder nein noch besser, das er der Vater ist?“ Ihre Verzweiflung stand ihr im Gesicht geschrieben. Den letzten Ort den sie zusammen mit Mimi besuchen wollte war Japan. Es fühlte sich nicht richtig an. „Du meintest war, oder?“, erinnerte sie Wallace. In ihrem Hals bildete sich ein Kloß, den sie nicht fähig war hinunter zu schlucken. Nach einigen Minuten des Schweigens, meldete sie sich wieder zu Wort. Obwohl mal es eigentlich nicht so nennen konnte. Es war mehr ein Krächzen, dass sich aus ihrer Kehle befreite. „Ich glaube das macht keinen großen Unterschied!“, sagte sie nach einer Weile und erntete von Wallace diesen Blick. Es war Mitleid. Etwas was Hikari gar nicht gebrauchen konnte. „Ich finde du solltest ihr die ganze Wahrheit sagen. Und nicht nur einen Teil!“ „Wallace hör auf. Selbst wenn sie die ganze Wahrheit wüsste, was würde sich noch ändern? Gar nichts!“. „Das weißt du nicht“, warf er ein und fuhr sich durch die blonden kurzen Haare. „Vielleicht würde sie dich dann eher verstehen.“ Kari schnaubte kurz und schüttelte gleich den Kopf. „Mich versteht keiner. Ich verstehe mich selbst noch nicht mal!“, gestand sie sich ein und setzte sich auf Wallaces Bett. „Vielleicht will sie dich deswegen nach Japan bringen!“, schlussfolgerte er. „Wie meinst du das?“, wollte sie von ihm wissen und strich ihre Haare aus dem Gesicht. „Vielleicht will sie damit erreichen, dass du sich selbst wieder verstehst“. Ob er Recht hatte? Würde sie sich hier wieder besser verstehen, als in Amerika? Sie bezweifelte es. Sie zweifelte momentan an allem, was ihr passiert war. Deswegen wollte sie es nur vergessen. Hikari konnte Mimi die Wahrheit nicht sagen, ohne sie zu tiefst zu verletzen. Und würde sie die Wahrheit über Michael sagen, müsste sie alles erzählen. Nur so würde Mimi sie möglicherweise verstehen. Doch sie wollte alles um sich herum vergessen, auch wenn sie wusste, dass das Vergessen alles andere als leicht war. Sie legte das Rouge mit dem Pinsel beiseite und fuhr sich mit der linken Hand durch ihre kurzen Haare, die sie zuvor gelockt hatte. Sie war nicht mehr sie selbst. Sie trug ein weiß geblümtes Top und eine rosafarbene dreiviertel Jeans, die passend zum Rouge passte. Manchmal hatte sie das Gefühl, Mimi hätte sie eingekleidet. Wahrscheinlich übertrug sich Geschmack, je nachdem wie viel Zeit man mit einer Person verbrachte. Mit Mimi hatte sie wirklich sehr viel Zeit verbracht. Doch trotzdem wusste sie nicht in welchem inneren Chaos sie sich befand. Vielleicht war sie doch keine so schlechte Schauspielerin, wie sie immer dachte. Doch sie wusste, dass sie ein gefährliches Spiel spielte, dass sie auf Dauer gesehen nur verlieren konnte. Ihre Hand wanderte zu ihrer rechten Hosentasche und zog ein Bild heraus, das sie zweimal geknickt hatte. Tränen stiegen ihr in die Augen – immer dann wenn sie es sich ansah. Sie fühlte so viel Schmerz. Alles andere war schlichtweg eine Lüge. Sie war nicht mehr glücklich. Sie lebte einfach nur noch in den Tag hinein und versuchte ihn irgendwie zu überleben. „Hey Kari bist du langsam fertig? Wir kommen sonst noch zu spät“, rief Mimi durch die Tür und wartete auf eine Antwort. Hikari schluckte. Sie schaute ein letztes Mal auf das Bild, bevor sie es wieder in die Hosentasche steckte und trocknete ihre Tränen mit einem Taschentuch. „Bin gleich fertig“, rief sie zurück, bevor sie die verschmierten Stellen in ihrem Gesicht ausbesserte. Sie musste stark bleiben und die Wahrheit für ein paar Stunden einfach vergessen. Nur so würde sie den heutigen Tag überleben. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)