Sengoku Basara - Weihnachtsspecial von Tamanna (Zusammenfassung) ================================================================================ Kapitel 4: Tausendmal berührt ----------------------------- Tausendmal berührt… Am 20. Dezember änderte sich das Leben zweier Männer. Einer dieser Männer war Katakura Kojuro. Doch fangen wir ganz von vorne an. Eigentlich begann dieser Tag für Kojuro wie jeder andere Tag in Oshu. Er stand auf, zog sich an und frühstückte. Dann suchte er seinen Fürsten auf, um die Tagesangelegenheiten mit ihm zu besprechen. Zu seiner Überraschung wurde ihm jedoch vor dessen Zimmertür mitgeteilt, dass der Fürst bereits aufgestanden war, gefrühstückt hatte und sich mitten in seinem Training befand. Etwas verwundert über das Verhalten seines Herrn, beschloss Kojuro, die Besprechung auf später zu verschieben und widmete sich wieder der Arbeit auf den Feldern. Es war bereits Nachmittag, als Kojuro wieder zurückkehrte. Sein Fürst stand aber immer noch draußen und trainierte seine Schwertkunst. Irritiert blieb Kojuro stehen. Als er eine Dienerin erblickte, ging er zu ihr und fragte sie: „Hat Fürst Masamune schon etwas zu sich genommen?“ „Nein, nicht nach dem Frühstück“, erwiderte die junge Frau besorgt. „Und selbst da hat er nicht viel gegessen. Er ist schon seit dem Morgen so seltsam. Es scheint, als würde ihn etwas bedrücken… Ob es wohl mit dem Brief zusammenhängt, den er gestern zu später Stunde noch erhalten hatte?“ Kojuro wurde hellhörig. „Welcher Brief? Davon weiß ich ja gar nichts.“ „Wirklich?“, fragte die Dienerin überrascht. Normalerweise unterrichtete Masamune Kojuro immer über solche Dinge. „Nun… ich weiß auch nicht genau, worum es in dem Brief ging. Ob wohl Unheil auf Oshu zukommt?“ „Das denke ich nicht“, beruhigte Kojuro sie und schickte sie fort. Dann wandte er sich wieder seinem Fürsten zu. Jetzt fiel es ihm auch wieder ein: solch ein intensives Training legte sein junger Herr stets an den Tag, wenn ihn etwas belastete. Was ihn wohl so beschäftigte? Nachdenken brachte aber nichts. Kojuro fasste sich ein Herz und sprach seinen Fürsten an. „Masamune-dono… habt Ihr etwas auf dem Herzen?“ Masamune ignorierte ihn und übte stur mit dem Schwert weiter. Ein Zeichen, dass er nicht darüber reden wollte. So schlimm? „Wenn es Euch so sehr belastet, solltet Ihr darüber reden. Das könnte Euch helfen“, startete Kojuro erneut einen Versuch. Immer noch Schweigen. Kojuro seufzte. Er überlegte kurz, ob er nicht wieder gehen sollte, aber etwas in ihm sagte ihm, er solle weiter nachhaken. „Mein Fürst“, begann er jetzt ernster, „Ihr wisst, dass ich immer an Eurer Seite bin und Euch beistehe. Warum wollt Ihr Euch mir nicht anvertrauen?“ Masamune verpasste der Luft einen kräftigen Hieb, dann blieb er regungslos stehen. „Ich fürchte… in diesem Fall könntest nicht einmal du mir helfen“, sagte er nach einer Weile leise. Kojuro hob eine Augenbraue. „Was ist denn geschehen? Geht es um den Brief, den Ihr bekommen habt?“ Stumm griff Masamune in sein Gewand, zog einen Brief hervor und warf ihm Kojuro zu. Perplex fing dieser das Schreiben, entfaltete es und las. Als Erstes stach ihm die Unterschrift ins Auge. Es war ein Brief seiner Mutter. Das allein war schon hart genug für Masamune. Er und seine Mutter hatten ein sehr übles Verhältnis. Kojuro mochte diese Frau nicht besonders. Was konnte diese grässliche Person nur von seinem Herrn wollen? Er befürchtete bereits das Schlimmste und las den Brief. Tatsächlich informierte Yoshihime ihren Sohn lediglich sehr formell darüber, dass es in der jetzigen Situation von Vorteil wäre, wenn er sich eine Gemahlin suchen würde. Sie hätte bereits zehn geeignete Kandidatinnen erwählt, die ihm jede einen Brief geschrieben hatten, auf die er antworten solle. Kojuro legte den Brief wieder zusammen. Heiraten und Kinder waren nun wirklich keines von Masamune’s Lieblingsthemen, auch wenn ihm klar war, dass er als Anführer des Date-Clans nicht umhin kam, sich diesen Pflichten irgendwann zu widmen. Nun war es also soweit. „Habt Ihr die Briefe der Kandidatinnen bereits erhalten?“, erkundigte sich Kojuro. „Liegen in meinem Zimmer“, murrte Masamune zurück und fuhr mit seinem Training fort. „Habt Ihr sie gelesen?“ Ein Knurren als Antwort. Kojuro schwieg und wartete darauf, dass sein Herr irgendetwas dazu sagte, doch dieser hüllte sich wieder in Schweigen. Schließlich wagte Kojuro zu fragen: „Was sagt Ihr dazu?“ Ein wütender Hieb in die Luft war die Antwort. „Was ich dazu sage?!“, regte sich Masamune auf. „Was soll ich dazu sagen?! Es ist einfach unglaublich! Monatelang lässt sie nichts von sich hören und dann das! Warum mischt sie sich da überhaupt ein? Ist es nicht allein meine Sache, ob und wann ich heirate?“ Kojuro räusperte sich vernehmlich. „Mein Fürst, Euch ist doch wohl klar, dass Ihr dazu verpflichtet seit, Euch eine Gemahlin zu suchen?“ Masamune verdrehte die Augen. „Ich habe es nicht vergessen! Trotzdem… ich bin noch nicht soweit… Es gibt im Moment einfach andere… wichtigere Dinge, mit denen ich mich befassen muss. Heiraten gehört nicht dazu.“ Damit war das Thema für Masamune erledigt und er widmete sich wieder seinem Schwerttraining. Kojuro hielt es für besser, ihn allein zu lassen. Insgeheim dachte er sich, dass es seinem Herrn am Liebsten wäre, wenn er sich niemals mit diesem Thema beschäftigen müsste. Und um ganz ehrlich zu sein… ihm selbst wäre das auch lieber. Als er las, worum es ging, spürte er einen Stich in der Brust. Ihm wurde auf schmerzhafte Weise in Erinnerung gerufen, dass der Fürst dazu verpflichtet war, eines Tages eine Frau zu heiraten und mit ihr den Date-Clan am Leben zu erhalten. Kojuro gab sich keinen Illusionen hin. Ihm war völlig klar, dass der Tag kommen würde, an dem es nicht mehr nur ihn und den Fürsten gab. Sein Herz allerdings… wünschte sich etwas anderes. Er konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wann das angefangen hatte, dass er den Jüngeren nicht mehr nur als seinen Schützling wahrnahm. Vielleicht als dieser immer mehr zum Mann wurde? Aber er konnte sich dafür noch umso besser daran erinnern, was er damals empfunden hatte, als es anfing. Irgendwo hatte er mal gehört, dass Liebe wie ein Orkan war – wenn sie auftauchte, brachte sie alles durcheinander. Das traf es ziemlich gut. Oh, wie hatte er sich damals nach einem großen Unglück gesehnt. Eine schreckliche Katastrophe, die über sie hereinbrach und alle im Umkreis von 551 Cho tötete – nur er selbst und Masamune sollten überleben. Dann könnte er mit ihm allein sein, ohne, dass sie irgendjemand stören würde… Im selben Augenblick aber erschrak er sich vor seinen Gedanken. Er als Diener des zukünftigen Clanführers sollte solche Gefühle nicht hegen oder sich solche Dinge wünschen. Fortan konzentrierte sich Kojuro nur darauf, dem Fürsten zur Seite zu stehen. Seine Gefühle behielt er streng für sich und versuchte, nicht an sie zu denken – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Nun war also die Zeit gekommen, an der sich Kojuro mit der Wahrheit anfreunden musste. Sein geliebter Fürst würde schon bald eine Frau an seiner Seite haben. Damit musste er sich abfinden. Doch ein winziger Teil in ihm wünschte sich, er hätte wenigstens einmal die Chance gehabt, Masamune seine wahren Gefühle zu zeigen. Was Kojuro nicht ahnte: diese Chance würde er noch heute erhalten. Die Chance kam eine Stunde später. Kojuro hatte das geerntete Gemüse in die Küche gebracht und verstaut, gebadet und sich umgezogen und hatte beschlossen, erneut mit seinem Herrn über das leidige Thema zu sprechen, auch wenn dieser das gern vermeiden würde. Diesmal traf Kojuro den Fürsten tatsächlich in seinem Zimmer an. Er saß mitten im Zimmer im Schneidersitz, vor sich die Briefe seiner potenziellen Heiratskandidatinnen und beäugte sie völlig genervt. Kojuro lächelte mild. „Seid Ihr schon weitergekommen?“ „Nein.“ Masamune seufzte laut. „Ich wollte den Frauen schreiben und absagen, aber… ach, ich weiß nicht.“ Kojuro setzte sich seinem Herrn gegenüber. „Warum ladet Ihr nicht eine von ihnen zu einem Treffen ein? Ja, ich weiß, Ihr habt gesagt, Ihr wollt Euch damit nicht befassen, aber Ihr könntet Euch doch einfach mal darauf einlassen. Vielleicht gefällt sie Euch, wenn Ihr sie persönlich kennen lernt.“ Masamune bedachte sein rechtes Auge mit einem abfälligen Blick. „Du beliebst wohl zu scherzen? Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt! Davon mal abgesehen… wüsste ich gar nicht, was ich mit dieser Frau machen soll! Ich weiß, was ich auf dem Schlachtfeld zu tun habe, aber bei einem Treffen mit einer Frau? Worüber rede ich mit ihr? Wo treffe ich mich mit ihr? Ich… hab keine Ahnung von diesem romantischen Zweisamkeitszeug…“ Kojuro lachte leise. Wie wahr… Das verärgerte Masamune. „Worüber lachst du eigentlich? Wüsstest du denn, wie du so ein Treffen gestalten würdest?“ „… Ja, das wüsste ich genau“, erwiderte Kojuro leise. Im Laufe der Jahre hatte er sich ganz genau ausgemalt, wie er ein romantisches Treffen mit seinem Fürsten gestalten würde. Masamune verschränkte die Arme. „Ach ja? Und… wie sähe das aus?“ Kojuro überlegte kurz. Die Gedanken überschlugen sich geradezu in seinem Kopf. Sollte er es tun oder nicht? Schließlich fasste er sich ein Herz und schlug vor: „Wie wäre es, wenn ich es Euch zeigen würde?“ „Was meinst du mit zeigen?“ „Wie Ihr ein Treffen mit Eurer Zukünftigen gestalten könntet. Ein Probelauf, sozusagen. Ich kümmere mich um alles und hole Euch später am Abend ab. Ihr braucht nichts weiter zu tun, als Euch zurückzulehnen, zu beobachten und den Abend zu genießen.“ Überrascht wich Masamune ein Stück mit dem Oberkörper zurück. Versuchte Kojuro etwa gerade, ihn zu einem Rendezvous zu überreden? Dass es mal dazu kommen würde… Zugegeben, ihm war nicht entgangen, dass sein treuer Vasall nicht bloß einen Herrn in ihm sah. Und er musste zugeben, dass die Art, wie er ihn zu überreden versuchte, ziemlich clever war. Aber… sollte er wirklich zulassen, dass sie diese Grenze überschritten? Andererseits war dies vielleicht die einzige Möglichkeit für Kojuro, romantische Zweisamkeit zwischen ihnen herzustellen. Vielleicht sollte er seinem besten Freund diesen Gefallen tun? Was sollte denn schon passieren? „Gut, ich bin einverstanden“, stimmte er zögerlich zu. Kojuro konnte sein Glück kaum fassen, versuchte aber, sich das nicht anmerken zu lassen. Er erhob sich. „Ich werde alles vorbereiten. Ich hole euch so gegen Abend ab.“ Dann ließ er seinen Fürsten allein. Zunächst hatte Masamune noch geglaubt, dass es keine schlechte Idee wäre, seinem besten Freund diesen Gefallen zu tun. Doch je näher der Abend rückte, desto unsicherer wurde er. Unruhig lief er im Garten auf und ab. Bunshiro, einer seiner Männer, kam auf ihn zu. „Hitto, ich soll Euch sagen, dass Katakura-sama Euch gleich abholen wird.“ „Oh… allright“, murmelte Masamune, dann fasste er sich ein Herz und fragte: „Du… hast doch sicher schon davon gehört, dass Kojuro heute mit mir ausgehen will?“ Bunshiro bekam tellergroße Augen und einen Aha-Ausdruck im Gesicht. „Ach so, jetzt wird mir alles klar! Katakura-sama hat zwar nichts gesagt, aber vorhin, da sah ich, wie er anfing umherzutanzen, wie eines der fröhlichen Flusspferde aus Fantasia.“ „Oh~ das ist süß“, seufzte Masamune gerührt. Offenbar schien es Kojuro wirklich viel zu bedeuten. Dann sollte er auch zu seinem Wort stehen und das Rendezvous mit ihm haben. Er verabschiedete sich von Bunshiro und machte sich daran, sich für das Rendezvous mit Kojuro vorzubereiten. Masamune hatte sich gerade angekleidet, als er auch schon Kojuro’s Stimme vor seinem Zimmer vernahm. Jetzt sei bloß nicht so feige, Masamune! Der junge Fürst holte tief Luft, dann öffnete er seinem Vasallen. Dieser lächelte ihn sanft an, dann zog er einen Blumenstrauß hinter seinem Rücken hervor. „Lektion Nummer eins: holt die Dame immer persönlich ab. Und bringt ihr ein paar Blumen mit.“ Masamune lächelte und nahm ihm den Strauß ab. „Kommt ihr? Wir brechen jetzt auf.“ Der Fürst folgte Kojuro nach draußen. Zu seiner Überraschung klopfte ihm das Herz bis zum Hals. Das war alles so aufregend. Vor dem Tor stand eine offene Kutsche bereit. Kojuro half Masamune beim Einstieg, bevor er selbst neben ihm Platz nahm. Er deckte sie beide mit einer warmen Decke zu, dann wies er den Kutscher an, loszufahren. Schon ging die Fahrt durch den Schnee los. Masamune platzte fast vor Neugier. Was Kojuro wohl geplant hatte? Sein Gesicht verriet jedenfalls nichts. Er lächelte nur geheimnisvoll. Die Fahrt endete dann auch relativ schnell im Theaterviertel. Sofort hatte Masamune eine Idee, was hier geschehen sollte. „Gehen wir…?“, begann er begeistert zu fragen. Kojuro lächelte nur, stieg aus und half dann seinem Fürsten aus der Kutsche. Zu Masamune’s Freude betraten die beiden – wie von ihm erwartet – das Nō-Theater des Viertels. Masamune ging leidenschaftlich gern ins Nō-Theater und war daher auch besonders stolz, dass Oshu über ein eigenes verfügte. Ein Nō war ein traditionelles, japanisches Theater, das nur von Männern gespielt, getanzt und musikalisch begleitet wurde. Der Shite – der Hauptdarsteller des Stückes – trug eine besondere Maske, die Nō-men oder Omote genannt wurde. Die Themen der Stücke waren meist japanische und chinesische Mythologie oder Literatur. Manchmal befassten sie sich auch mit Gegenwartsthemen. Es war ausschließlich den Samurai vorbehalten, das Nō-Theater zu besuchen. Daher war es auch schon einmal vorgekommen, dass Masamune das Theater für sich allein hatte. Heute Abend war es allerdings ganz anders. Seine ganze Armee hatte im Theater Platz genommen, um sich mit ihnen die drei Stücke anzusehen. Und Kojuro war diesmal auch bei ihm. Masamune nahm Platz und wartete gespannt darauf, dass es losging. Welche Themen würden in den drei Stücken wohl behandelt werden? Ein göttliches Drama? Ein männliches Drama mit kriegerischem Inhalt? Obwohl… angesichts des Anlasses würde sich ein Liebesdrama anbieten. Doch was es auch war, es würde ein toller Abend werden. Masamune entspannte sich und genoss die Show. Nach der Theatervorstellung ging es zurück in die Kutsche. „Amüsiert Ihr Euch?“, fragte Kojuro nach einer Weile. Masamune, der wegen der Vorstellung immer noch lächeln musste, wandte sich ihm zu. „Ja, sehr. Aber so langsam bekomme ich Hunger.“ „Das trifft sich gut. Wir besuchen als nächstes ein Restaurant.“ „Ich hoffe, du hast dafür nicht auch solche Mühen auf dich genommen, wie für die Vorstellung“, warf Masamune ein. Kojuro lächelte nur. „Ihr sollt Euch darüber keine Gedanken machen. Lehnt Euch einfach zurück und beobachtet.“ Masamune war versucht einzuwerfen, dass er für eine Frau nie so einen Aufwand betreiben würde. Doch dann fiel ihm ein, worum es bei diesem Rendezvous eigentlich ging und so schwieg er. Kurz darauf hielt die Kutsche vor einem Ryōtei. Ein Ryōtei war ein sehr teures, traditionelles Restaurant, das von außen wie ein gewöhnliches Wohnhaus aussah. Nicht jeder konnte in so einem Restaurant speisen, da es meist nur für Stammgäste war. Außer, man wurde von so einem Stammgast empfohlen. Als die beiden Männer das Ryōtei betraten, wurden sie ganz traditionell von einer Kellnerin in einem schönen Kimono empfangen und zu ihrem Tisch gebracht. Das Essen wurde dann in künstlerisch zubereitenden Portionen auf wertvollem Geschirr serviert. Während sie aßen, musterte Masamune Kojuro über die Schalen hinweg. Er wirkte auf den ersten Blick wie immer. Doch der Brünette kannte den älteren Gefolgsmann gut genug um zu wissen, dass er gerade sehr glücklich war. Wenn Masamune genauer darüber nachdachte, dann sah Kojuro immer so aus, wenn sie beide alleine waren. Und irgendwie machte das den jungen Fürsten verlegen. Masamune hatte öfter darüber nachgedacht, ob Kojuro mit seinem Leben zufrieden war. Er sagte zwar immer voller Überzeugung, dass er sein Leben einzig seinem Herrn widmen würde, doch manchmal fragte sich Masamune, ob er nicht auch mal von einem anderen Leben träumte. Als einfacher Mann, der eine schöne Frau hatte und vielleicht ein paar Kinder. Nicht, dass er das nicht auch als sein Gefolgsmann haben könnte. Aber er könnte wohl nicht allzu viel Zeit für sie aufwenden, da sein Herr ihn stets beanspruchte. Was Masamune auf den Gedanken brachte: war er vielleicht eine Last für Kojuro? Hielt er ihn von einem glücklichen Leben ab? Doch dann sah er in Kojuro’s Gesicht und erkannte die stille Freude und Zufriedenheit darin. Vielleicht wollte dieser Mann ja kein anderes Leben? Vielleicht war sein ganzes Glück… an der Seite seines Herrn? Oder war dieser Gedanke zu vermessen? Masamune gestand es sich nur ungern ein, aber trotz der Tatsache, dass sie seit Jahren jeden Tag zusammen verbrachten, wusste er nicht wirklich, was der Mann, der ihm gegenüber saß, wirklich empfand. Ob er es heute Abend wohl erfahren würde? „Ihr seit so still, mein Fürst.“ Kojuro musterte seinen Herrn besorgt. Er hatte sich solche Mühe gegeben, den gemeinsamen Abend so schön wie nur möglich zu gestalten. Doch seit dem Abendessen war der junge Fürst so auffallend schweigsam und er sah so bedrückt aus. Was war nur mit ihm? „Hat es… Euch nicht geschmeckt?“, hakte Kojuro nach. Masamune wandte sich ihm zu. „Nein… nein, das ist es nicht. Ich… ich würde dich gerne etwas fragen, Kojuro. Bist du… zufrieden?“ „Ich war es. Bis Ihr nach dem Essen so ein finsteres Gesicht gezogen habt.“ „Nein, du Esel. Ich rede nicht von dem heutigen Abend. Ich möchte wissen, ob du… mit deinem Leben zufrieden bist.“ „Ich verstehe nicht ganz.“ „Reicht es dir, nur mein Gefolgsmann zu sein? Ich meine, willst du nicht mehr vom Leben? Eine eigene Familie zum Beispiel.“ Kojuro war mehr als verwundert. „Warum fragt Ihr mich so etwas?“ Masamune senkte den Blick, krallte seine Hände in die warme Decke. „Ich weiß nicht… Manchmal… denke ich, dass ich dich vielleicht von einem schönen Leben abhalte. Dass ich eine Last für dich bin. Vielleicht… wärest du glücklicher ohne mich.“ Sofort packte Kojuro seinen Fürsten an den Schultern und fuhr ihn laut an: „So etwas dürft Ihr nicht einmal denken!!“ Masamune zuckte zusammen. Solch eine Reaktion kannte er nicht von dem Älteren. Er wirkte fast schon… ängstlich? „Ich, Katakura Kojuro, habe mir geschworen, immer an Eurer Seite zu sein. Ich kann Euch versichern, dass ich mein Leben nie als schrecklich… oder Euch als Last empfunden habe“, fuhr Kojuro etwas ruhiger fort. „Ja, aber… Dass du mir dienst, war ja letztlich nicht deine Entscheidung. Mein Vater gab dir den Auftrag, an meiner Seite zu bleiben. Hast du dir denn nie gewünscht, ein anderes Leben zu führen?“ Kojuro schwieg. Zu gerne würde er offen und ehrlich antworten. Seinen Gefühlen Ausdruck verleihen. Seinem Fürsten sagen, dass er ihn über alles liebte und es ihn überglücklich machte, jeden Tag seines Lebens an seiner Seite verbringen zu dürfen. Verdammt, er wollte kein anderes Leben! Aber wie sollte er ihm das verständlich machen, ohne sich zu verraten? Die Kutsche fuhr in einen Wald hinein. An den Bäumen hatte Kojuro Laternen aufhängen lassen, um den dunklen Weg sanft zu beleuchten – und somit auch seinen Herrn. Dieser Plan ging nun auf. Sein Fürst sah in dem blassen Licht wirklich verlockend aus. Sehr verlockend… Kojuro musste sich zusammenreißen, um nicht etwas – in seinen Augen – unglaublich Dummes zu tun. „Kojuro…?“, fragte Masamune leise. Kojuro schluckte, bevor er mit tiefer Stimme antwortete: „Ja?“ „Deine Hände zittern. Ist alles in Ordnung?“ Der Ältere erstarrte. Erst jetzt viel ihm auf, dass seine Hände wirklich zitterten. Sie taten es vor unterdrückter Erregung. Sofort ließ Kojuro die Schultern seines Fürsten los. Das war nicht gut. Er musste hier raus. Und zwar sofort. „Anhalten!“, befahl er, nur mit Mühe ruhig bleibend, dann stieg er aus. Masamune sah ihm verwirrt nach. Er hätte schwören können, dass… Ohne weiter zu überlegen, stieg auch der einäugige Drache aus der Kutsche aus und folgte seinem rechten Auge. „Kojuro! Wohin willst du?!“, rief er ihm nach. Als dieser dennoch nicht stehen blieb, beschleunigte er seine Schritte. „Bleib endlich stehen, du…“ Kojuro ignorierte seinen tobenden Herrn und lief stur geradeaus weiter. Sein brennendes Verlangen war noch nicht verklungen. Die gewünschte Abkühlung erfolgte schneller, als es Kojuro erwartet hätte. Urplötzlich verlor der Schwertkämpfer das Gleichgewicht und fiel mit dem Gesicht voran auf etwas Kaltes. Masamune, der ihm dicht auf den Fersen war, blieb rechtzeitig stehen und konnte nun sehen, was es war: Kojuro war mitten auf einen zugefrorenen See gefallen. Zunächst überrascht, beobachtete Masamune, wie sein Gefolgsmann mit dem Gesicht nach unten über das kalte Eis schlidderte. Dann begann er zu prusten und brach angesichts dieses urkomischen Anblicks in schallendes Gelächter aus. Kojuro hob sein geschundenes Gesicht. Wie demütigend! Und das musste ihm ausgerechnet an diesem Abend geschehen, noch dazu vor seinem geliebten Fürsten. Der stand immer noch am Ufer und lachte. Dann schließlich erbarmte er sich, stieg vorsichtig auf das Eis und schlidderte gekonnt zu seinem rechten Auge herüber, um ihm auf die Füße zu helfen. „Siehst du? Das kommt davon, wenn man völlig kopflos drauf los läuft“, gluckste er. „Ihr genießt es wohl, zur Abwechslung einmal mich zu schelten“, stellte Kojuro trocken fest und rieb sich die schmerzende Nase. Masamune lächelte sanft. Er streckte die Hand aus und wischte Kojuro liebevoll den Schmutz aus dem Gesicht. „Es kommt selten vor, dass du so kopflos bist“, bemerkte er dann nachdenklich. „Hab ich dich so durcheinander gebracht? Tut mir leid…“ Kojuro musterte seinen Herrn, dann nahm er dessen Hand in seine eigene und drückte sie sanft. Er kam sich unendlich dumm vor. Sein Fürst hatte sich nur Sorgen um ihn gemacht und er reagierte so albern. Eigentlich war er fast 10 Jahre älter als sein Herr und er fühlte sich öfter dazu verpflichtet, den Jüngeren zu ermahnen und seinen Eifer zu bremsen. Doch heute war er derjenige, der sich kindisch und unvernünftig benahm. „Ihr müsst Euch nicht entschuldigen“, bat er eindringlich. „Ich bin es, der Euch um Verzeihung bitten muss. Ihr solltet Euch keine Sorgen um mich machen.“ Masamune schwieg. Dann rutschte er rückwärts und zog Kojuro mit sich. Kojuro ließ sich verwundert mitziehen. „Was habt Ihr vor?“ Masamune lächelte. „Dieses Gespräch verdirbt uns den schönen Abend. Komm, lass uns zur Kutsche zurückgehen. Zeig mir, wie du so einen romantischen Abend beenden würdest.“ Wieder in der Kutsche fuhren die beiden Männer noch ein gutes Stück weiter. Schließlich stoppte die Kutsche auf einem schönen, hohen Aussichtspunkt. Die beiden Männer stiegen aus und traten an den Rand. Dann geschah erst einmal nichts. Gespannt wartete Masamune, was als Nächstes geschehen würde. Dann, ganz klein in der Ferne, stieg ein Licht irgendwo von unten in den Nachthimmel hinauf. Masamune konnte nicht erkennen, was es war. Dem einen Licht folgten nach und nach weitere. Schließlich war der ganze Nachthimmel hell erleuchtet mit diesen Lichtern. Es sah einfach wunderschön aus, dieses Lichtermeer. „Sind das…?“, flüsterte Masamune fasziniert. „Ja, das sind Himmelslaternen“, erwiderte Kojuro lächelnd und hielt ihm eine Laterne hin. „Wollt Ihr auch eine aufsteigen lassen?“ Liebevoll betrachtete Masamune die Himmelslaterne, die das Symbol des Date-Clans trug, dann ließ er die Laterne aufsteigen. „Das ist wunderschön“, hauchte der Fürst. „Fürst Masamune, ich weiß, dass Ihr nicht mehr darüber reden wolltet, aber ich möchte noch einmal auf das Thema von vorhin zu sprechen kommen“, sagte Kojuro dann. „Es ist wahr, dass Euer Vater mich damit beauftragte, an Eurer Seite zu sein. Doch nach dessen Tod war es mein freier Wille, weiterhin an Eurer Seite zu bleiben. Wisst Ihr noch? Ihr habt mir damals freigestellt, zu gehen, wenn ich es wünsche. Aber ich wollte nicht gehen. Ich habe niemals daran gedacht, zu gehen. Glaubt mir, ich bin glücklich mit meinem Leben. Ich würde es nicht ändern wollen, selbst wenn ich es könnte. Darum… sagt nie wieder, dass Ihr eine Last für mich seid. Denn ich… möchte mein Leben mit niemand anderem verbringen, als mit Euch.“ Masamune klappte überrascht den Mund auf. Kojuro begriff erst jetzt, was er da gesagt hatte, errötete stark und schlug sich die Hand vor den Mund. Hatte er jetzt zuviel gesagt? Ein peinliches Schweigen hing in der Luft. Dann reagierte Masamune, zog Kojuro’s Hand von seinem Mund weg und küsste ihn sanft. Zunächst überrascht, nahm Kojuro seinen Fürsten dann fest in seine Arme und intensivierte den Kuss. Der ließ das ohne Gegenwehr geschehen, auch wenn es ihn ziemlich verlegen machte. Doch als Kojuro seine Zunge in Masamune’s Mund schieben wollte, riss dieser die Augen auf und es entwich ihm ein leises, entsetztes Stöhnen. Kojuro glaubte darin einen Protest zu erkennen und beendete den Kuss sofort. „Verzeiht, ich war zu forsch“, entschuldigte er sich rasch. Masamune schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Ich… war nur nicht darauf vorbereitet.“ Die beiden Männer sahen sich eine Weile verliebt in die Augen, dann widmeten sie sich wieder dem Lichtermeer. Sie blieben, bis die Lichter verloschen waren, dann stiegen sie wieder in die Kutsche ein und machten sich auf den Rückweg in die Burg von Yonezawa. Als sie zurückkehrten, war bereits alles still und dunkel in der Burg. Die Bewohner waren bereits größtenteils zu Bett gegangen, daher trafen sie niemanden an. Kojuro war das nur recht. Er wollte jetzt mit niemanden reden. Das würde die Nachwirkungen dieses schönen Abends ruinieren. Kojuro brachte den Fürsten noch bis zu seinem Zimmer. „Ich hoffe, der Abend hat Euch gefallen?“, erkundigte er sich leise. Masamune nickte. „Ja. Das hat er.“ Ein wenig unschlüssig stand Kojuro seinem Fürsten gegenüber, dann sagte er rasch: „Dann wünsche ich Euch eine geruhsame Nacht“, und wollte sich verabschieden, doch Masamune hielt ihn zurück. „Geh noch nicht“, bat der Brünette. „Bleib bei mir. Heute Nacht.“ Kojuro schnappte nach Luft. „Ich… das sollten wir nicht tun.“ „Warum nicht? Glaubst du, es könnte etwas passieren?“, hakte Masamune sanft nach und Kojuro nickte. Masamune lächelte und schlang seine Arme um Kojuro’s Nacken. „Hab keine Angst“, flüsterte er in sein Ohr. „Lass geschehen, was geschehen soll. Bitte Kojuro… bring mich ins Bett.“ Kojuro’s Widerstand löste sich in Luft auf. Behutsam hob er seinen Fürsten hoch und trug ihn auf seinen Armen in dessen Zimmer. Dort legte er den Jüngeren auf seinen Futon und dann sich selbst daneben. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, als Kojuro seinen geliebten Fürsten betrachtete, wie er da so neben ihm lag und ihn anlächelte. „Ihr seid schön“, entfuhr es ihm. „Du machst, dass ich mich schön fühle“, war die Antwort des Fürsten. „Schön und…“ „Begehrenswert?“ Masamune’s Auge leuchtete auf. „Das hat noch nie jemand geschafft. Dass ich mich so fühle.“ „Pech für alle anderen.“ Masamune rückte etwas näher, schmiegte sich an Kojuro und küsste ihn wieder. Dann sagte er kaum hörbar: „Vorhin in der Kutsche. Als du meine Schultern gepackt hattest. Da wolltest du etwas. Sag mir was, ich will es hören!“ Masamune hatte diese Aufforderung praktisch geschnurrt, sodass Kojuro einfach nicht mehr an sich halten konnte. „Ich wollte dich haben. Ich wollte dich um mich spüren. Ich wollte dich betteln hören, dass ich weitermachen soll!“ „Dann tu es! Ich will es auch!“ Energisch zog Masamune Kojuro zu sich heran und küsste ihn leidenschaftlich. Der hielt es nicht mehr länger aus und schob seine Hüfte gegen ihn, damit dieser die Folgen seiner Worte spüren konnte. Masamune stöhnte leise auf. „Mach weiter, bitte!“ Kojuro kniete sich über seine Fürsten und zog ihn aus, damit er dessen nackten Körper bewundern konnte. Vorsichtig liebkoste er die zarte Haut und genoss Masamune’s Zucken und Zappeln. „Oh Gott~“, stöhnte Masamune plötzlich. Kojuro ließ von ihm ab. „Sag jetzt bitte nicht, dass ich aufhören soll!!“, flehte er. „Wenn du aufhörst, schlag ich dich!“, knurrte Masamune schwer atmend zurück. Kojuro lachte leise. Liebevoll fuhr er dem Jüngeren durch die Haare, dann fuhr er fort. An diesem 20. Dezember änderte sich das Leben zweier Männer. Und alles begann damit, dass einer den Mut fand, den anderen zu einem Rendezvous einzuladen… ~ Owari ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)