Just be Friends von Chocoberry ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Die Luft war geschwängert von zahlreichen Düften und es war so laut, dass es einem vorkam wie in einem Bienenstock. Aufgeregt schaute ich umher. Überall waren so viele Menschen. Das war ich nicht gewöhnt, deswegen machte es mich ein wenig nervös. In der Schule und bei meiner Familie war ich als ziemlich schüchtern bekannt. Aber nun gut, ich hatte mich zu diesem Schritt entschieden, und zurück konnte ich jetzt sowieso nicht mehr. Aber wie sollte ich das halbe Jahr nur überleben? Nur nicht panisch werden, tief durchatmen. Ich schaute mich noch einmal um. Wo musste ich lang? Am besten folgte ich erst einmal der Masse. Leichter gesagt als getan mit meinen beiden schweren Koffern. Brauchte ich wirklich so viele Dinge? Nein wahrscheinlich nicht. Das brauchte man wohl nie. In der Vorhalle des Flughafens war zum Glück mehr Platz, als beim Gepäckband. Viele der Leute, mit denen ich zusammen geflogen war schlossen andere Menschen in die Arme oder eilten auf Leiter der einzelnen Reiseunternehmen zu. Nur ich stand hier verloren herum. Ich wusste nicht wie meine Gastfamilie aussah. Bisher hatte ich nur wenige Emails mit meiner Gastmutter geschrieben, aus der ersten wusste ich, dass sie 3 Söhne hatte, einen der etwas älter war als ich und vierjährige Zwillinge. Das war aber auch schon fast alles, was ich über meine neue Familie wusste. Sie schienen viel Geld zu haben, wenn man dem Anblick ihres Hauses bedachte. Kaum hatte mir meine Gastmutter ihre Adresse geschrieben, habe ich mir das Haus bei Google angeschaut. Zumindest die Luftaufnahme war atemberaubend. Es wäre übertrieben die Halle nun als leer zu beschreiben, aber sie hatte sich doch geleert, inzwischen tauchten jedoch schon wieder neue Menschen auf, aus anderen Flügen. Ich schaute auf mein Handy. Bereits eine halbe Stunde war die Landung her und der Flug hatte Verspätung gehabt. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe. Was wenn ich meine Gastfamilie verpasst hätte? Oder wenn sie mich vergessen hatten? Wenigstens kannte ich die Adresse. Sollte ich vielleicht ein Taxi rufen? Lieber wartete ich noch ein wenig. Mit unsichereren Schritten trat ich aus der Halle. Inzwischen ist es mir darin wieder zu voll geworden, dass tat meinen Nerven nun wirklich nicht gut. Draußen nieselte es leicht. Der Himmel war schon recht dunkel, aber auf Grund der vielen Wolken sah man weder einen Mond noch die Sterne. Angenehm kühl liefen einzelne Regentropfen meine sicher geröteten Wangen herunter. Als es stärker zu regnen begann, stellte ich mich unter das Dach des Flughafengebäudes. Menschen eilten an mir vorbei, manche mit Regenschirmen, manche ohne. Irgendwie amüsierte mich der Regen. Immerhin war ich jetzt in Großbritannien. Es war ja klar, dass es regnen würde. Ich liebte den Regen. Schon zuhause war ich kein Freund von Sonnenschein gewesen. Bei Regen versuchen sich die Leute nicht so häufig mit einem zu verabreden. Es war nicht so, dass ich keine Freunde in der Schule gehabt hätte. Ich hatte 3 wunderbare Freundinnen, doch selbst ihnen gegenüber konnte ich mich nie ganz öffnen, keine Ahnung warum. So war ich halt. „Miss?“ sprach mich eine Stimme an. Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. „Sind sie Miss Emma Karz?“ fragte mich die Stimme auf englisch. Ich nickte, dann schaute ich auf. Vor mir stand ein großer Mann. Ein sehr großer Man, bestimmt fast 2 Meter groß. Er sah sehr kräftig aus, als ob er täglich viel Sport machen würde, allerdings trug er auch einen Anzug und eine Krawatte. War er mein Gastvater? Einerseits wirkte er so, als ob er sehr vertrauenswürdig war, auf der anderen Seite schüchterte er mich aber auch sehr ein. Also mehr als es Menschen sowieso taten. „Kommen sie mit.“ Er schien nicht zur gesprächigen Sorte zu gehören, dass war mir eigentlich ganz Recht. Er hielt geradewegs auf ein schwarzes Auto zu. Die hinteren Fenster waren dunkel getönt und das Auto glänzte trotz des Regens wie frisch geputzt. Für eine unkundige wie mich, sah es sehr teuer aus. Der Man öffnete mir die hintere Wagentür und bedeutete mit einer Geste, dass ich einsteigen sollte. Er selbst nahm meine beiden Koffer und hievte sie so leicht in den Kofferraum, als ob sie leer wären. Meinen bewundernden Blick bemerkend grinste er kurz und sagte dann, während er nach vorne zur Fahrerseite ging: „Tägliches Krafttraining Miss. Ich bin der Butler der Familie.“ Ich war sprachlos. Zum einen: Meine Gastfamilie hatte einen Butler! Zum anderen hätte ich ihm eher den Job eines Türsteher zugeordnet. Die Fahrt mit dem Auto verlief sehr still. So blieb mir wenigstens Zeit zum Nachdenken, oder sollte ich besser sagen grübeln? Zudem bestaunte ich auch immer wieder die atemberaubende Landschaft. Zwar war es dunkel und regnerisch, aber ein wenig konnte man dennoch sehen. Ich konnte es kaum erwarten, dass ganze im Tageslicht zu bewundern. Als wir endlich ankamen war es schon stockfinster , der Regen hatte aber noch nicht aufgehört. Das störte mich jedoch nicht daran, das Haus anzustarren. Es war auf dem Luftbild wirklich atemberaubend gewesen, ohne Frage, aber es hatte mich in keiner Weise darauf vorbereitet, was ich nun hier zu sehen bekam. Das Haus war riesig, ich würde es am liebsten als Villa beschreiben. Der Wagen hatte zuerst ein schmiedeeisernes Tor durchquert, dessen Farbe ich aufgrund mangelnder Beleuchtung nicht zuordnen konnte, vor dem Haus war ein Kiesweg der sich von der Auffahrt zur Villa schlängelte und einige Abzweigungen hatte, die sich im dunklen verliefen. Neben dem Weg wuchs Rasen, ordentlich getrimmt und lückenlos ohne Unkraut, auf dem letzten Stück bis zur Haustür standen alte, knorrige Bäume, die Äste über dem Weg waren ein willkommener Regenschutz. Es kostete mich wirklich einiges an Anstrengung meinen Mund geschlossen zu halten. Die Eingangstür konnte mich schon gar nicht mehr schocken. Eine Art kindlicher Freude entlockten mir die Türklopfer in einem matten Gold, die ich am liebsten benutzt hätte. Doch in Anwesenheit des Butlers traute ich mich noch nicht einmal sie zu berühren. Die Eingangshalle, anders konnte man es beim besten Willen einfach nicht beschreiben, war wunderbar warm und von einem goldenen Licht erstrahlt, ausgehend von einem prachtvollen Leuchter der von der hohen Decke hing. Es führten einige Türen ab, die alle verschlossen waren, zudem führten zwei leicht geschwungene Treppen nach oben. Auf einem großen, teuer aussehenden Läufer stand eine Frau. Sie war groß und schlank, ihr Haar hatte die Farbe von Nussbaumholz und ihre Augen blickten freundlich. Sie lächelte mich an während sie auf mich zukam. „Herzlich Willkommen Emma“ sie reichte mir ihre Hand. Während ihr Gesicht fast frei von Falten war, fühlte sich ihre Hand an, wie die einer schon deutlich älteren Frau, wie die Hand meiner Oma. „Ich bin deine Gastmutter Cecille Portcher; du kannst mich gerne Cecille nennen.“ bot sie mir an, wofür ich mich bedankte. „Butler wird dich auf dein Zimmer bringen, dort kannst du dich frischmachen. In einer halben Stunde essen wir , dann hast du die Gelegenheit meine Söhne kennen zu lernen und wir können auch alles weitere besprechen.“ . Sie schenkte mir noch ein Lächeln, dann drehte sie sich um und ging durch eine der hinteren Türen in ein Zimmer, dass auf den ersten Blick wie ein Wohnzimmer aussah. Der Butler führte mich die Treppe hinauf, durch einen Flur, dann noch eine kleinere Treppe hinauf über einen weiteren Flur zu meinen Zimmer. Dieses Haus war wirklich groß und verwinkelt. Vor der Tür musste ich ihn dann aber doch noch etwas fragen. „Heißen sie wirklich Butler?“ „Nein.“ sagte er kurz angebunden, wie ich es bisher nicht anders gewöhnt war, dann ging er davon. Nicht einmal im Traum hätte ich damit gerechnet wie groß mein Zimmer war. Eigentlich hätte es mir bei diesem Haus klar sein können. Wie angewurzelt blieb ich in der offenen Tür stehen und war ziemlich froh, dass niemand mein Gesicht sehen konnte. Die Wände waren in einem pastelligen rosa mit türkisen breiten Streifen – also rosa ist echt nicht meine Lieblingsfarbe, aber es sah wirklich toll aus mit den weißen Möbeln. Zum einen war da ein großes Bett, es war größer als das Ehebett meiner Ma, mit weißen Metallstäben am Kopfende, die ineinander verschlungen waren. Gegenüber des Bettes stand eine weiße Kommode mit großen Schubfächern und einem zum Bett passenden ovalen Spiegel darüber. Eine Wandseite war mit einem Bücherregal bedeckt, in dem jedoch nur eine Handvoll Bücher standen, die ich mir später unbedingt genauer ansehen musste. Dem Bücherregal gegenüberliegen war eine Fensterfront, und wie es schien war an der Außenseite ein kleiner Balkon angebracht. Zudem waren die Fenster in eine Art Bogen nach außen angebracht, unter dem Fenster war eine halbkreisförmige Sitzbank. Endlich konnte ich mich von dem Anblick lösen und ging ein paar Schritte in das Zimmer. Einer plötzlichen Trägheit folgend setzte ich mich aufs Bett und ließ meinen Kopf nach hinten auf die zahlreichen Kissen fallen. Sie waren so weich und sie dufteten so himmlisch. Es war so warm. Zufrieden schloss ich meine Augen. „Sie schläft.“ hörte ich eine Stimme sagen. Es schien sie zu amüsieren. Dann spürte ich wie etwas weiches, warmes über mich gelegt wurde. Eine Decke. Ich fiel wieder in die Tiefen meiner Traumwelt. Das dumpfe Schlagen einer Uhr weckte mich auf. Als ich erschrocken den Kopf hob strahlte gräuliches Licht in das Zimmer. Zuerst wusste ich nicht wo ich war, aber dann erinnerte ich mich wieder an den gestrigen Tag. Oh Gott, ich war vor dem Abendessen eingeschlafen, was würde meine Gastfamilie nur von mir denken? Als ich auf mein Handy, dass noch immer in meiner Hosentasche steckte, schaute, sah ich, dass es noch früher Morgen war. Sicher war noch niemand wach, oder? Zumindest hörte ich nichts, seitdem die Uhr aufgehört hatte zu schlagen. Allerdings war es auch ein großes Haus. Wie dem auch sei, zuerst einmal musste ich mich frisch machen und etwas ordentliches Anziehen. Meine Sachen waren von der Nacht ganz zerknittert. Wieder blickte ich mich in dem Zimmer um und wie gestern Abend schon, konnte ich mich kaum von dem Anblick lösen. Und erst jetzt viel mir eine Tür auf, die anscheinend in ein anderes Zimmer führte. Ich öffnete sie. Dahinter kam kein Zimmer zum Vorschein. Es war ein winzig kleiner Flur von dem zwei Zimmer abgingen. Das eine war ein grau-marmoriertes Badezimmer, dass andere schien eine Art Ankleidezimmer zu sein, da an den Wänden Stangen mit leeren Kleiderbügel hingen, sowie Schuhregal angebracht waren. Niemals würde ich soviel Kleidung haben, dass sie auch nur den halben Raum ausfüllen könnten. Doch zurück zu den wichtigen Dingen. Nachdem ich geduscht und mich neu angezogen hatte, schaute ich mir das Bücherregal an. Ich fand ein monolinguales englisches Wörterbuch, eine Art Reiseführer zu der umliegenden Umgebung und was mich besonders interessierte ein Buch über die Geschichte der Familie Portcher. Ich blätterte sie durch. Ganz hinten sah ich ein Foto von Cecille, auf dem sie jünger aussah, zusammen mit einem streng drein blickenden Mann und einem kleinen Jungen. Laut der Bildunterschrift hieß der Junge Collin. Das musste mein ältester Gastbruder sein. Mit einem weiteren Blick auf mein Handy vergewisserte ich mich, dass es inzwischen spät genug war, mein Zimmer zu verlassen. Vor der Zimmertür war ich mir dann jedoch nicht ganz sicher. War ich gestern Abend von rechts oder von links gekommen? Und wie würde ich in die Küche oder wahrscheinlicher , ins Esszimmer gelangen? Spontan entschied ich mich nach links zu gehen. Ich kam an 2 Türen vorbei bis der Flur einen knick machte. Und am Ende sah ich tatsächlich eine Treppe nach unten führen. Vorbei an weiteren Türen ging ich auf die Treppe zu. Alle Türen waren verschlossen, sie machten mich aber wirklich neugierig. Am liebsten würde ich eine der Türen öffnen. Waren dahinter Zimmer , ähnlich wie meines? Oder etwas ganz anderes. Aber ich traute mich nicht. Was wenn ich versehentlich das Zimmer meiner Gasteltern oder meiner Gastbrüder erwischte? Nicht auszudenken wie peinlich das wäre. Die Treppe führte nach unten. Hatte die Treppe gestern nicht auch noch nach oben geführt? Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Unten sah es anders aus, als im oberen Stockwerk und auch anders , als in der Eingangshalle. Die Wände waren hier nur in einem einfachen Taubenblau gestrichen, während das obere Stockwerk eine fein gemusterte Tapete als Wandschmuck hatte. Es gab auch weniger Türen. Genaugenommen nur eine. Sie war nur angelehnt, ein streifen Licht drang hervor und ein herrlicher Duft, der mich an Waffeln erinnerte. Ich ging auf die Tür zu, nicht mit der Absicht sofort reinzugehen. Erst einmal schauen. Aber daraus wurde nichts, denn die Tür wurde aufgestoßen. Ein Dienstmädchen kam heraus. Sie hatte kurzes, abstehendes blondes Haar, ein Häubchen auf dem Kopf und sie trug eine gestärkte weiße Schürze. Ich schüttelte den Kopf. Das war ja fast schon wie in einem billigen Film. „Guten Morgen. Seid ihr das Austauschmädchen?“ fragte sie. Ihr Englisch hatte einen merkwürdigen Akzent, den ich jedoch nicht zuordnen konnte. Total eingeschüchtert nickte ich. Nun streckte noch jemand seinen Kopf aus der Küchentür. „Komm nur in die Küche.“ sagte die Frau. Ein bisschen verschreckt trat ich ein. Die Küche war groß, voller Geräte, es gab zwei Backöfen, mehrere Herdplatten und zwei große Kühlschränke. Die Köchin war, genaue wie das Dienstmädchen ein wandelndes Klischee. Sie war klein, kräftig mit lockigem Haar und tiefen Grübchen im Gesicht. „Du brauchst keine Angst zu haben.“ ihre Stimme klang sehr freundlich. Ich beschloss ihr zu vertrauen und entspannte mich etwas. „Wenn du kurz wartest, dann zeige ich dir das Esszimmer.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)