King and Lionheart von Chimi-mimi ================================================================================ Kapitel 1: Bettler und Hasenherz -------------------------------- „Also… helft ihr mir?“ Unbewusst hielt Ken den Atem an, als Davis seine kleine vorbereitete Rede beendete. Sie hatten nicht nur diese lange geübt, sondern mussten auch vorher so viel vorbereiten, durchrechnen und bedenken. In dieser Sache steckte Davis‘ gesamtes Herzblut und jetzt war der entscheidende Moment, ob alles so klappen würde, wie sie sich das erhofften. „Du willst einen Nudelsuppenstand eröffnen?“ Jun lehnte entspannte an der Tür und lächelte, ein ungutes Lächeln, so empfand es zumindest Ken. „Dir ist schon klar, dass man da auch rechnen und planen muss? Deine Suppen schmecken ganz gut, aber ehrlich, Davis, das ist nichts für dich.“ Für einen Moment schien es so, als würde Davis explodieren, doch er ballte nur kurz seine Hände zu Fäusten und wandte sich dann wieder seinen Eltern zu. „Werdet ihr mich unterstützen?“ Ken wusste, dass Davis‘ großer Traum nun wirklich an dessen Eltern hing. Sie hatten Wochen, nein, sogar Monate damit verbracht, ein Konzept auszuarbeiten, die Finanzierung durchzurechnen und zu überlegen, wie die Umsetzung letzten Endes aussehen könnte. Hinzu kam, dass Davis einen Aushilfsjob in einem Nudelsuppenrestaurant angenommen hatte und dort die Möglichkeit bekam, seine eigenen Rezepte auszuprobieren. Manchmal hatte er Ken wirklich in Erstaunen versetzt, seine Ernsthaftigkeit, die Verbissenheit und der Ehrgeiz… das war nicht immer der Davis gewesen, denn er kannte und… den er kannte. „Du…“ Schnell wandte Ken den Kopf zu Davis‘ Mutter, die mit seltsam ruhiger Stimme sprach: „Du… du willst also die Schule abbrechen, ja?“ Ihr Sohn nickte stumm, blieb ansonsten aber so ruhig, wie er es mit Ken mehrere Abende lang geübt hatte. Sein Temperament durfte dieses Mal nicht mit ihm durchgehen. „Mein Sohn will mit 17 Jahren die Schule abbrechen, verstehe ich das richtig?“ Frau Motomiyas Stimme wurde mit jedem Wort schriller und unangenehmer. Und Ken wusste, sie hatten verloren. Seine Hoffnung hatte auf Davis‘ Vater gelegen, doch dieser saß nur schweigend neben seiner Frau und starrte die Wand an. „Und dann sollen wir dir noch Geld dafür geben, dass du die Schule abbrichst? Was wird die Familie sagen? Was die Nachbarn? Ein Schulabbrecher, du weißt genau, dass das unmöglich ist. So wirst du nie eine gute Stellung erhalten.“ Für einen Moment holte sie Luft, bevor sie – nun etwas ruhiger - weitersprach: „Geh. Und komm erst wieder, wenn du Vernunft angenommen hast. Komm erst wieder, wenn du einsiehst, dass die Schule wichtig für deine Zukunft ist.“ Ein leises Lachen erklang von der Stelle, an der Jun stand, und Davis warf seiner Schwester einen vernichtenden Blick zu. Doch bevor er etwas Dummes anstellen konnte, war Ken auch schon an seiner Seite und flüsterte ihm ein „Lass uns gehen, lass es gut sein“ zu. Mit einem wütenden Glitzern in den Augen ließ Davis sich mehr oder weniger widerstandslos aus dem Zimmer drängen. Mit einer leichten Verbeugung zu den Motomiyas folgte Ken ihm schließlich nach draußen, immer noch Juns leises Lachen im Ohr. Für sie war das alles nur ein Spiel, doch er wusste genau, wie sehr Davis‘ Herz an diesem Plan, an dieser Zukunftsvision hing. Genau aus diesem Grund schmerzte es ihn auch sehr, zu sehen, wie sein Freund vor der Tür stand und ihn etwas verloren ansah. „Der Plan war gut!“ Ken nickte zustimmend, das waren sie schon hunderte Mal durchgegangen und es war eine Tatsache: Ihre Ausarbeitung war hervorragend gewesen, das Finanzierungskonzept stimmig und eigentlich war alles wirklich gut organisiert gewesen. Aber welche Mutter sah es schon gerne, wenn ihr Sohn die Schule für einen Traum abbrach? „Ich werde nicht zur Schule gehen. Ich kann sicher noch mehr arbeiten…“ Davis sah ihn herausfordernd an, als ob ausgerechnet Ken ihm das ausreden würde. Er wusste genau, das hätte keinen Zweck. Allerdings hätte auch mehr Arbeit bei Shous Ramen keinen Zweck. Wenn seine Eltern Davis nicht unterstützen würden, würden noch viele zusätzliche Faktoren hinzukommen, die in ihrem aktuellen Konzept nicht funktionieren würden. Und bevor er groß darüber nachgedacht hatte, rutschte es ihm heraus: „Wir finden eine Lösung. Du kriegst deinen Nudelsuppen-Laden. Und bis deine Mutter sich beruhigt hat…“ „Nein, ist schon gut. Ich kann bei Tai übernachten, der hat ein Gästezimmer. Du hast mir schon so viel geholfen…“ Davis lächelte ihn an. „Außerdem musst du im Gegensatz zu mir noch zur Schule gehen, oder?“ Ken schüttelte den Kopf: „Als ob mir das etwas ausmachen würde. Und du weißt, meine Mutter liebt dich für das, was… du weißt ja.“ „Ken, du bist wirklich mein bester Freund! Du hast die letzten Monate praktisch jeden Tag für mich gearbeitet und mir unglaublich geholfen.“ Wie zur Bekräftigung nickte Davis entschlossen. „Du brauchst eine Pause, du musst dich auf die Schule konzentrieren und ich muss jetzt meinen Weg allein finden. Vielleicht stellt Shou mich ja fest an. Es wäre besser als nichts.“ Mit einer Umarmung verabschiedete Davis sich, ohne Ken Widerspruch einlegen zu lassen. Dieser war auch viel zu perplex, denn das war so untypisch für seinen Freund, es passte einfach nicht zu ihm. Ein paar Minuten stand er da, bevor ihm einfiel, dass Davis ohne irgendetwas losgegangen war. Es fiel ihm nicht leicht, doch er drehte sich um und klingelte zögerlich an der Tür der Wohnung, aus der er gerade eben geschmissen wurde. „Ken?“ Davis‘ Vater öffnete ihm. Verlegen verbeugte Ken sich wieder kurz und sah Herrn Motomiya dann an: „Wäre es möglich, dass ich ein paar von Davis‘ Sachen zusammenpacke?“ „Natürlich. Ich hole dir eine Tasche.“ Mit diesen Worten verschwand er in der Wohnung und ließ Ken alleine stehen. Hatte er schon beim Klingeln gezögert, fiel es ihm nun noch schwerer, einfach in Davis‘ Zimmer durchzugehen. Langsam zog er die Schuhe aus, tappte dann so leise wie möglich in hinein. „Hier.“ Plötzlich tauchte Davis‘ Mutter mit einer gepackten Tasche auf. „Ich… ich habe... Seine Sachen… du bringst sie ihm?“ Nachdem er die Tasche mit einem stummen Nicken entgegen genommen hatte, verschwand sie so schnell wie sie vor ihm aufgetaucht war. „Sie meinte es nicht so.“ „Wie bitte?“ Ken drehte sich zu Herrn Motomiya um. „Euer Konzept. Es war gut, sogar sehr gut. Ich bin wirklich beeindruckt, ehrlich.“ Nachdenklich neigte er den Kopf. „Aber du musst verstehen, dass wir es nur gut mit Davis meinen.“ „Sie finden es also gut?“ Das war so ziemlich das Einzige, was bei Ken hängen geblieben war. Vielleicht gab es doch noch eine Möglichkeit, Davis zu seinem Traum zu verhelfen. „Ja“, erwiderte der Vater schlicht. „Nur können wir auch nicht zulassen, dass Davis deshalb die Schule aufgibt. Seine Noten mögen zwar nicht die besten sein, doch es ist einfach zu wichtig, einen Abschluss zu haben.“ Er kramte in seiner Hosentasche und zog schließlich die Geldbörse vor. „Wir sind doch trotz allem für ihn verantwortlich. Und ich möchte nicht, dass er auf Kosten von anderen lebt. Nimm das als Geld für Lebensmittel und alles Wichtige, vorerst. Hör zu, Ken, wir werden ihn immer unterstützen, aber bitte, sag ihm noch nichts davon. Er muss erst zur Vernunft kommen. Wenn er die Schule beendet, dann kaufe ich ihm dieses…“ „Das Fahrrad… mit dem Anhänger.“ „Ganz genau, das kaufe ich ihm ganz, ohne dass er etwas zurückzahlen muss. Aber er braucht einen Abschluss.“ „Ohne Schulabschluss kann er nicht mehr zurück?“ „Nicht so schnell, nein. Wir müssen unserer Linie treu bleiben, das verstehst du doch, oder?“ Davis‘ Vater schüttelte traurig den Kopf, als könnte er selbst nicht so ganz glauben, was er gerade gesagt hatte. Ken wurde bewusst, dass sein Freund seinen Sturkopf nicht von ungefähr hatte, es lag wohl definitiv in der Familie. „Du bist für ihn da, oder?“ „Ja“, antwortete Ken. „Ich werde ihn unterstützen, aber ich werde ihn nicht dazu zwingen, zur Schule zu gehen.“ Überraschenderweise lachte Herr Motomiya leise vor sich hin. „Um ehrlich zu sein, ich erwarte auch nicht, dass Davis das wirklich tun würde. Ich kenne meinen Sohn. Ich hoffe, er findet den richtigen Weg.“ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Unangenehm, genauso fühlte sich das Geld in Kens Jackentasche an und doch musste er es immer befühlen. Wie stellten die Motomiyas sich das vor? Musste er jetzt jeden Monat Geld abholen und es Davis irgendwie unterjubeln? Ken hatte das Gefühl, zwischen zwei Stühlen zu sitzen und hatte keine Ahnung, was er nun tun sollte. Er verstand Davis, er verstand dessen Eltern. Warum konnte es keine einfache Lösung geben, mit der alle Beteiligten glücklich wären? Vor lauter Grübeln hätte er fast sein klingelndes Handy überhört, war aber froh, dass er es doch noch bemerkt hatte, denn es war Tai, der ihn zu erreichen versuchte. Tai hielt sich nicht mit Begrüßungen auf und kam sofort auf den Punkt: „Was ist mit Davis los? Und warum redet er ständig davon, dass er nur für ein paar Tage bei mir einziehen muss? Bis er etwas Eigenes hat?“ „Es tut mir leid, ich hätte dich vorwarnen sollen!“ Warum war ihm das auch erst jetzt eingefallen? Von den Freunden wusste ja noch niemand, was Davis geplant hatte, geschweige denn von dem desaströsen Gespräch heute. „Ist er grad in der Nähe?“ „Nein. Er wollte zu Shous Ramen, hat irgendetwas von ‚fester Arbeitsstelle‘ geredet. Ken, was ist los?“ „Hör zu, ich bin sowieso grad auf dem Weg zu dir. In fünf Minuten bin ich da, okay?“ Mit jedem Wort, das Tai gesagt hatte, war Ken schneller geworden und rannte jetzt praktisch durch den Park. „Das ist eine zu lange Geschichte für das Telefon. Bis gleich!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, legte er einfach auf. Untypisch für ihn, aber es wäre wirklich besser, wenn er mit Tai von Angesicht zu Angesicht sprechen könnte. Bei jedem Schritt schlug die Tasche mit Davis‘ Kleidung gegen sein Bein und erinnerte ihn schmerzhaft an die Probleme, die er… beziehungsweise, die sie lösen mussten. Ken hoffte einfach, dass Davis nur ein, zwei Tage brauchen würde, um sich wieder zu fangen. Irgendwie schien ihm einfach alles falsch zu sein, das war doch nicht Davis, der seinen Traum aufgab, um als Koch in einem drittklassigen Ramen-Laden zu arbeiten. Es musste eine Möglichkeit geben, dass sie das Geld zusammenkriegen würden, ohne die Unterstützung von Davis‘ Eltern. Und wenn Tai ihn vielleicht bei sich wohnen lassen würde… Kens Gedanken fuhren Karussell, als er die Treppen zu Tais kleiner Wohnung so schnell wie möglich hinter sich brachte. Und wie er es versprochen hatte, waren keine fünf Minuten rum, bis er vor der Tür stand und – leicht atemlos – klingelte. „Also? Was ist los?“ Tatsächlich empfand Ken den Anblick des Freundes als beruhigend, obwohl dieser so verwirrt aussah, wie er sich fühlte. „Seine Eltern haben ihn rausgeschmissen“, erwiderte er und fühlte sich sofort erleichtert, weil er nun nicht mehr allein mit den Sorgen um seinen Freund war. Ken wusste, dass er sich auf Tai verlassen konnte, wenn dieser auch gerade – immer noch verwirrt und nun auch noch beunruhigt – nachlässig sein Haar zerstrubbelte. „Okay… das ist wirklich kein Thema für ein Telefongespräch. Komm rein, zwischen Tür und Rahmen passt das auch nicht.“ Für einen kurzen Moment schwieg Tai, doch sobald sie in der Wohnung waren, fuhr er fassungslos fort: „Seine Eltern haben ihn rausgeschmissen? Warum?“ Scheinbar ruhig und entspannt stellte Ken die Tasche ab, setzte sich ordentlich auf das kleine, schon sehr oft genutzte Sofa und erzählte dann alles. Alles, was er wusste. Ihre langen Abende, die Berechnungen, die Pläne, Davis‘ Versuche, die perfekten Suppen zu kreieren, die Übungen für das Gespräch, das Gespräch selbst und zum Schluss erwähnte er auch die Unterhaltung mit Davis‘ Vater. Wort für Wort, so gut sie ihm in Erinnerung geblieben war. Während seiner Erklärungen lief Tai, wie ein gefangener Tiger auf und ab, immer wieder aufs Neue. Zwar setzte er ein, zwei Mal an, um zu unterbrechen, wartete schließlich aber doch ab und hörte lieber zu. Auch als Ken endlich fertig war, sagte er erst kein Wort, dachte sichtlich nach und fing dann mit einem „Hm…“ an, nur um dann wieder zu verstummen. „Also? Was denkst du?“ Kens Hand verkrampfte sich immer mehr um die Lehne der Couch, sodass seine Knöcheln schon weiß abstanden. „Seit wann gibt er denn so schnell auf? Oder hat er einen genialen Plan?“ Ken zuckte nur ratlos mit den Schultern. Er hatte wirklich keine Idee, was mit Davis los war und was in dessen Kopf vor sich ging. Also sah er einfach weiter Tai zu, der schließlich stehen blieb und auf die Tasche deutete: „Bring sie in Karis Gästezimmer. Ich denke, sie hat nichts dagegen, wenn Davis erst einmal eine Weile dort schläft.“ „Tai?“ „Ja?“ „Hast du eine Idee? Wir müssen ihm doch irgendwie helfen, oder?“ Tai nickte und schüttelte gleich darauf den Kopf. „Wir sollten mit den anderen reden. Und Davis muss sich erst mal wieder beruhigen.“ Kapitel 2: Auf dem Weg ---------------------- Nervös verschränkte Ken die Hände ineinander. Tais Idee, mit den anderen zu sprechen, sie einzuweihen, war zwar gut, aber dass er das alleine übernehmen sollte… Aber gut, es war sinnvoll, dass Tai versuchen würde, Davis aufzuheitern und die ganze Sache auch mal von dessen Seite zu hören. Nun musste er den anderen die Geschichte noch einmal von vorne erzählen und Ken war sich immer noch nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war. Natürlich konnte er auf die Hilfe der Freunde bauen und zumindest Tai musste wissen, worum es ging – es war zugegebenermaßen auch eine Erleichterung für ihn. Und dennoch… Davis wollte es alleine schaffen, okay, fast alleine, er wollte seine Zukunft den anderen stolz präsentieren. Und jetzt? „Ken!“ Yolei kam herbeigerannt, atemlos wie immer, mit verrutschter Mütze. „Was ist denn los, dass wir so dringend kommen sollten? Tai hat ja richtig Druck gemacht am Telefon.“ Doch bevor Ken zu einer Antwort kam, waren auch schon Matt und T.K. an Yoleis Seite: „Gute Frage. Und wo ist Tai?“ „Tai ist bei…“ Dieses Mal unterbrach ihn Kari mit einem fröhlichen „Hallo!“ in die Runde. „Wie gesagt, Tai ist…“ „Hallo! Entschuldigt, dass ich so spät komme.“ Cody verbeugte sich tief vor den anderen und sah sich dann um. „Nanu, es sind ja noch gar nicht alle da. Wobei… auf Davis werden wir wohl nicht warten müssen, der kommt ja immer zu spät.“ Während die anderen sich unterhielten und noch auf die restlichen Freunde warteten, hatte Ken beschlossen, jetzt einfach zu schweigen. Er würde noch früh genug das Wort haben. Dann würden sie auch erfahren, wo Tai war und warum Davis dieses eine Mal nicht zu spät kommen würde. Während er sich überlegte, wie er anfangen sollte, kamen auch Joey und Mimi herbei geschlendert, ganz so als hätten sie alle Zeit der Welt. Ken sah sich um, wollte wissen, wer noch fehlte, als Sora mit wehendem Schal angelaufen kam. „Izzy kann leider nicht, er konnte sich nicht freimachen.“ „Dann fehlt ja nur noch Davis. Und Tai. Wo ist Tai? Hat er nicht so Druck gemacht?“, fragte Cody erneut in die Runde, woraufhin Mimi entschlossen nickte. „Tai ist bei Davis.“ Ken war auf seiner Bank sitzen geblieben und sah nun zu den anderen hoch. „Es geht um Davis.“ „Was hat er jetzt schon wieder angestellt?“ Auch wenn Matts Worte genervt klangen, war sein Tonfall eher besorgt. Er sah in Davis eine Art sehr nervigen und anstrengenden kleinen Bruder, das wusste Ken, denn Matt hatte es ihm mal anvertraut. Während Ken den anderen also erzählte, was geschehen war, stellte er fest, dass es jedes Mal leichter von den Lippen ging: Nudelsuppenstand, Traum, lange Abende, gute Planung, Üben des Gesprächs, desaströses Gespräch, Unterhaltung mit Davis‘ Vater und das Ganze mit Tai. Zwar versuchten insbesondere Mimi und auch Yolei immer mal wieder, seinen Redefluss zu stoppen, aber er ließ sich nicht davon beeinflussen und sprach einfach weiter. „So sieht es aus. Und ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann.“ Kari setzte sich neben ihn auf die Bank und legte den Kopf in den Nacken, um in den Himmel zu schauen. „Wenn er erst mal bei Tai schlafen kann, ist gut. Ich hoffe, er denkt darüber nach und geht zu seinen Eltern zurück.“ Zwar wusste Ken, dass Karis Gedanken vernünftig waren, aber dennoch wollte er einfach das Beste für Davis und das war es seiner Ansicht nach nicht. Doch bevor er auch nur eine Chance hatte, das zu sagen, ergriff Mimi das Wort: „Quatsch. Kari, das ist Quatsch. Hast du Davis‘ Nudelsuppen gegessen? Die sind köstlich. Und wir alle wissen, dass unser guter Davis keine Leuchte ist. Wenn Ken sagt, dass sie ein gutes Konzept und diesen Finanzkram ausgearbeitet haben, dann glaube ich es ihm.“ Und schon brach ein Streit aus, der die Freunde in zwei Fronten teilte. Es gab welche, darunter Cody und Sora, die Karis Meinung teilten. Es wäre einfach vernünftiger, wenn Davis wieder zur Schule gehen würde. Danach könnte er immer noch Nudelsuppen kochen. Doch Ken war überrascht, dass Joey sich nicht dieser Meinung anschloss und der Ansicht war, dass Davis seinem Traum folgen sollte. Es war T.K., der dem Ganzen schließlich ein Ende setzte: „Es bringt doch nichts, wenn wir uns streiten, wichtig ist, was Davis will.“ „Stimmt genau.“ Es war Tai, der hinter ihnen stand und T.K. zustimmte. „Und Davis will aktuell bei Shous Ramen arbeiten, um das Geld für seinen eigenen Nudelsuppenstand zu verdienen.“ Immerhin da waren sich dann alle einige, dachte Ken, denn das war absoluter Schwachsinn. Shou würde ihn ausnutzen, denn trotz Kochausbildung war Davis einfach der bessere Koch. Eine billige Arbeitskraft, mehr Kunden und Shou würde sich ganz entspannt zurücklehnen können. „Zumindest eines ist geklärt“, Tai sah entschuldigend zu seiner Schwester, „Davis wird vorerst bei mir wohnen. Gegen eine geringe Miete. Der Vermieter ist einverstanden.“ „Ich fasse mal zusammen: Davis geht nicht mehr zur Schule. Er arbeitet lieber als Hilfskoch und wohnt bei Tai. Ist aber vermutlich unglücklich.“ Yolei hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. „Und was können wir jetzt tun?“ Nachdenklich und betretend schweigend standen die Freunde nun da. Das war eine gute Frage, denn auch diejenigen, die eigentlich auf der Seite der Motomiyas standen, wollten Davis helfen. Nur wie? Ken selbst wusste, was er tun könnte, doch er traute sich nicht, dies gegenüber den anderen anzuschneiden. Es war ein heikles Thema und auch wenn er sich seiner Sache und Davis‘ Fähigkeiten vollkommen sicher war, wollte er dennoch niemand anderen dazu zwingen. Tai räusperte sich leicht: „Also… ich muss wieder gehen, ich wollte nur kurz etwas einkaufen. Offiziell. Lasst uns eine Nacht drüber schlafen, vielleicht fällt uns etwas ein.“ Er umarmte kurz seine Schwester und verschwand dann so schnell, wie er gekommen war. Auch die anderen gingen langsam, die Runde löste sich auf, bis nur noch Ken und T.K. übrig waren. „Du hast einen Plan, oder?“ Geradezu lässig ließ T.K. sich auf die Bank fallen. „Du willst ihm Geld geben, richtig?“ „Woher…“ „Ich habe gesehen, wie du nachgedacht hast.“ T.K. grinste Ken verlegen an. „Und das ist ehrlich gesagt auch die einzige Lösung, die mir eingefallen ist.“ Schweigend saßen sie nebeneinander und betrachteten eine junge Frau mit Kinderwagen, die gerade vorbei kam. „Wie viel fehlt Davis?“ „Ohne die Miete und Kosten, die jetzt noch dazu kommen?“ „Ja.“ T.K. sah ihn neugierig an und Ken nannte ihm schließlich die Zahl. „Wenn er das hat, kann er sich ein neuwertiges Rad mit Ramen-Anhänger kaufen?“ „Ja.“ „Okay. Ken. Ich geh jetzt auch mal. Vielleicht habe ich eine Idee.“ Noch bevor Ken richtig antworten konnte, war T.K. schon verschwunden. So rief er ihm nur noch ein „Bis dann“ hinterher. Eine Idee? Hoffentlich etwas Hilfreiches, und etwas, das mehr half, als seine eigene Idee. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Erschöpft öffnete Ken die Augen. Die halbe Nacht hatte er wach gelegen und sich Gedanken gemacht, wie er Davis helfen könnte. Das Ergebnis war das gleiche wie am Abend zuvor, ihm fiel einfach nichts Besseres ein. Und die wirren Träume, die er während seines kurzen Schlafes hatte, waren auch nicht viel besser: Davis‘ Mutter in einem Nudelsuppen-Topf, die immer wieder „Geh zur Schule“ rief, ihr Mann fuhr klingelnd auf einem Fahrrad durch die Gegend und rief immer wieder gehässig „Das kriegst du nicht, das kriegst du nicht.“ Gekrönt wurde das Ganze dann durch Juns Lachen, das ihm immer noch in den Ohren klingelte. Was für eine Nacht… Aber warum war er eigentlich aufgewacht? Er hatte das Gefühl, da war irgendetwas. Der Wecker hatte nicht geklingelt, es war Sonntag. Das Telefon auch nicht… aber das Handy! Schnell entdeckte Ken den Grund, warum er aus seinen wirren Träumen aufgeschreckt war: Eine SMS von T.K. war angekommen. Hey Ken! Ich glaube, ich hab eine Lösung. Lass uns nachher bei Matt treffen. Gruß, T.K. Mit vollem Schwung sprang Ken aus dem Bett und war im Nu angezogen. Aber wann war nachher? Er wollte nicht aufdringlich erscheinen, aber andererseits hätte er zu gerne gewusst, welche Idee T.K. gehabt hatte. Ob das wohl wirklich die Lösung war? Angespannt saß er auf seinem Schreibtischstuhl und sah aus dem Fenster. Wie es wohl Davis ging? Ob er vielleicht noch im Bett lag und schlief? Oder war er schon wach? Vielleicht sollte er Tai mal schreiben. Nein, besser nicht. Nachdem er lange genug gegrübelt hatte, beschloss Ken kurzerhand, dass nun nachher war und machte sich auf dem Weg zu Matt. Den ganzen Weg über begleiteten ihn Vermutungen, Gedanken und Sorgen, und so war er schon fast froh, als er endlich das Hochhaus erreicht hatte, in das Matt vor kurzem erst eingezogen war. Doch er musste gar nicht erst in die Wohnung selbst, T.K. kam gerade aus dem Hinterhof und grinste ihn breit an. „Hey, Ken. Gut geschlafen?“ Was für eine Ironie und Ken war sich sicher, dass T.K. dies auch genau wusste, also zog er es vor, mit einem unverbindlichen Kopfnicken zu antworten. „Hör zu, ich habe mir gestern viele Gedanken gemacht und habe dann im Internet recherchiert und habe etwas gefunden. Die Besitzerin war so freundlich und hat es her gebracht. Sie und Matt sind hinten im Hof.“ T.K. zog Ken mit sich und sah ihn immer wieder erwartungsvoll an. „Die anderen müssten auch jeden Moment kommen. Ich glaube wirklich, das ist die Lösung!“ Mit jedem Schritt wurde Ken aufgeregter und sein Herz begann zu pochen. Eigentlich lächerlich, aber er wollte Davis unbedingt helfen und hier bot sich nun die Chance. Davis hatte so viel für ihn getan und war immer für ihn da gewesen. Einen besseren Mensch als Freund konnte er sich einfach nicht wünschen. Und dann sah er es: ein Rad. Ein Ramenstand, genauso wie Davis es sich vorgestellt hatte. „Und? Wie findest du es?“ Schon fast mit Besitzerstolz präsentierte T.K. im das kleine Wunder. „Jetzt kommt das Beste: Weil es gebraucht ist, kriegen wir es für nicht mal die Hälfte. Ich habe mit den anderen telefoniert und sie dazu überredet, dass wir es kaufen.“ „Wir schenken es Davis“, erklang Tais Stimme hinter Ken. „Dafür kriegt er nie wieder etwas zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Und ich will kostenlose Suppe bis ans Ende meines Lebens.“ „Ihr müsst es noch reparieren und wieder etwas verschönern, aber mir hat es lange Zeit gute Dienste geleistet.“ Erst jetzt nahm Ken die lächelnde, ältere Frau wahr, die neben Davis‘ zukünftigem Laden stand. „Und… ihr seid wirklich tolle Freunde. Das freut mich sehr. Ich brauche es nicht mehr und freue mich, wenn wieder jemand es nutzen kann. Da gebe ich es gerne an euch weiter. Die anderen Käufer… haben Pech.“ Sie zwinkerte ihm zu und nahm dann einen Umschlag entgegen, den Tai in der Hand hielt. „Viel Spaß damit. Und sagt mir Bescheid, wenn euer Freund seine erste Tour macht, dann komme ich vorbei und esse eine Nudelsuppe bei ihm.“ „Da haben wir ja noch einige Arbeit vor uns.“ Sora sah das Fahrrad misstrauisch an. „Wir brauchen neue Räder, der Rahmen ist leicht verzogen.“ „Und außerdem brauchen wir dringend einen neuen Anstrich“, das war Mimi, die sich nach vorne gedrängt hatte. „Hattet ihr zwei euch ein Logo überlegt?“ „Was?“ „Na ja… ein Logo. Ein Motiv, das nur Davis hat. Etwas, womit er sich von den anderen unterscheidet.“ „Oh… nein.“ Ken schüttelte den Kopf. Daran hatte er wirklich nicht gedacht. „Ts, ts, ts.“ Yolei trat – ebenfalls kopfschüttelnd – an seine andere Seite. „Also habt ihr auch keine Flyer oder sonstige Werbung, nicht wahr?“ „Dann überlasst das mal Izzy und mir, richtig, Izzy? Wir werden euch was Schönes zaubern. Und ihr repariert diesen Schrotthau… äh… das Fahrrad. Und den Anhänger.“ Kapitel 3: King and Lionheart ----------------------------- Es dauert mehrere Tage und Nächte, doch irgendwann hatten sie es geschafft. Davis‘ Zukunft erstrahlte in neuem Glanz und das Logo, das Izzy und Yolei entworfen hatten, war der letzte Schliff, den sie noch gebraucht hatten. Zwar hatten sie auch professionelle Hilfe gebraucht, doch konnte Ken hier nun endlich auch seinen Teil beisteuern, nachdem die anderen das Gefährt ohne sein Zutun gekauft hatten. Überglücklich betrachtete Ken das, was die Freunde gemeinsam geschafft hatten. Es war wirklich ein Prachtstück und er freute sich unglaublich, wenn er bald Davis‘ Gesicht sehen würde. Er hatte sich mit ihm für heute im Park verabredet. Die anderen hatten alle schon gute Verstecke ausgekundschaftet und T.K. als derjenige, der diese geniale Idee hatte, würde mit dem Rad vorbeifahren und vor ihnen stehen bleiben. Ein guter Plan… Doch insgeheim hatte Ken immer noch die Befürchtung, dass Davis das Geschenk ablehnen würde oder beleidigt wäre. Jeder Schritt zu dem Park, der Park, in dem er vor ein paar Tagen die anderen eingeweiht hatte, fiel im schwerer und seine Füße ließen sich kaum noch anheben. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, die anderen einzuweihen? „Reiß dich mal am Riemen, er wartet schon“, zischte Mimi ihm zu, deren gerade pink gefärbter Haarschopf hinter einem Busch hervorlugte. Und tatsächlich straffte Ken die Schultern und ging nun direkt auf Davis zu. „Ken! Alles klar? Was wolltest du besprechen? Doch nicht das Gleiche wie Tai, oder? Ich kann es nicht mehr hören: Shou nutzt dich aus, so kannst du deinen Traum nie erfüllen. Was soll ich machen? Ich habe doch keine andere Wahl, oder? Vielleicht kann ich ja irgendwann mal mein eigenes Restaurant leiten, aber eben nicht jetzt. Das verstehst du doch, oder?“ Davis sah ihn fragend an, doch Ken brachte nur ein „Hallo?“ heraus. „Oh entschuldige. Ich bin nur grad so… egal. Hey, wie geht’s?“ Verlegen grinste sein Freund ihn an und Ken bekam ganz heiße Ohren. Bloß nicht rot werden, bloß nicht rot werden. „Also, was gibt’s? Ich kann nicht so lange, ich soll nachher die erste Schicht bei Shou übernehmen.“ „Ähm…“ Sehr intelligent, Ken, wirklich sehr intelligent. Doch er wusste wirklich nicht, wie er anfangen sollte. Stattdessen dumm aus der Wäsche zu schauen war allerdings auch nicht sinnvoll. Wie sollte er das denn jetzt anfangen? Unglücklich sah er sich um, bis er sie entdeckte, die Rettung in Form von Tai und… nein! Davis Eltern, die Motomiyas waren an Tais Seite. Was hatte er vor? Davis war Kens Blick gefolgt und erstarrte langsam. „Was soll das? Ich werde nicht zur Schule gehen, das bringt mir doch nichts.“ „Sag das nicht mir“, endlich war Ken in der Lage zu antworten, „Ich weiß auch nicht, was das soll. So war das nicht geplant.“ „Ach? Und wie war es dann geplant?“ Davis sah ihn unnachgiebig an, doch Ken konnte keine Antwort geben. Viel zu viele grauenvolle Szenarien gingen ihm durch den Kopf: endgültiger Bruch mit den Eltern, Davis kündigte ihm die Freundschaft, alle würden ihm die Schuld geben. „Wir kommen in Frieden, ja?“ Tai hob entschuldigend die Hände und Ken war sich nicht sicher, ob das ihm oder Davis oder beiden galt. „Ich dachte mir nur, deine Eltern sollten jetzt dabei sein, es wird gleich immerhin ein wichtiger Moment für dich.“ „Ach ja? Willst du mir wieder erzählen, wie schlecht es mir bei Shou geht?“ Während Davis sich immer mehr in Rage redete, kamen die anderen aus ihren Verstecken und näherten sich langsam, doch er kriegte es gar nicht mit. Ken hingegen hörte das Klingeln und wusste, gleich wäre es so weit. Er hatte das Gefühl, vor Spannung zu vibrieren. „Jetzt halt aber mal die Luft an und schau da hin.“ Tai drehte Davis an den Schultern um, auch die sehr ruhigen und zurückhaltenden Motomiyas sahen nun in die Richtung, aus der T.K. nun vergnügt angefahren kam. „Das…“ Ken kam es immer noch wie ein Wunder vor, wenn das passierte, aber Davis war sprachlos. Auch seinen Eltern ging es nicht besser, obwohl er das Gefühl hatte, dass ein leichtes Lächeln die Lippen von Herrn Motomiya umspielte. T.K. stoppte nun genau vor ihnen, wieder grinste er Ken an, der das Gefühl hat, dieses Grinsen wurde immer breiter. Ein leichter Stoß von Tai ließ ihn nach vorne stolpern, direkt neben Davis. „Die anderen… also wir…“, irgendwie fehlten ihm die richtigen Worte, um zu erklären, was alles passiert war, also entschloss sich Ken, es kurz zu halten: „Das gehört dir.“ „Was Ken sagen wollte, ist, dass wir zusammen gelegt haben“, vervollständige T.K. das, was Ken begonnen hatte. „Richtig. Dafür kriegst du nie wieder Geschenke von uns!“, unterbrach ihn Tai, während Yolei fast gleichzeitig etwas von „Lebenslanger Gratisessen“ dazwischen rief. Und dann begannen alle Freunde wild durcheinander zu reden, während Ken die ganze Zeit auf Davis sah und darauf wartete, dass dieser sich regte. Doch immer noch war er, ein ungewohnter Anblick, zur Salzsäule erstarrt. „Ihr habt ihm das gekauft?“ Es war seine Mutter, welche es mit dieser schlichten Frage schaffte, dass die Gespräche verstummten. „Ihr habt ihm das gekauft.“ „Junge, du hast unglaubliche Freunde. Du solltest dich bedanken.“ Davis‘ Vater war neben ihm getreten, legte die Hand auf seine Schulter. „Ich wünschte, ich hätte Freunde gehabt, die sich so für mich eingesetzt hätten.“ Davis sah seinen Vater an, sah dann zu seinen Freund und auf das Geschenk, seinen eigenen kleinen Ramenladen. „Ihr…“ Er stockte. „Warum?“ Tai legte den Kopf schief, sah ihn an und erwiderte dann nur: „Ich konnte deine Trauermiene nicht mehr sehen. Ganz ehrlich? Was sollte denn das? Warum hast du so leicht aufgegeben, hm?“ „Genau. Du hättest uns gleich fragen sollen. So musste Ken uns aufklären.“ „Hast du so wenig Vertrauen in unsere Freundschaft?“ „Jetzt sag einfach ‚Danke‘, du Idiot.“ „Ich…“ Davis drehte sich um, so dass er die anderen nicht mehr sah, doch Ken konnte sein Gesicht immer noch sehen. Es war rot und wenn er sich nicht täuschte, nein, er musste sich schon sehr täuschen, lief da eine Träne die Wange runter. „Danke. DANKE! DANKE, DANKE, DANKE! Ihr sollt mein ersten Gäste sein, ich koche euch, was ihr wollt!“ Ein gelöstes Lachen ging durch die Runde und Ken sah in rundum glückliche Gesichter. „Ken, wir müssen reden“, flüsterte ihm Davis leise zu, bevor er sich umdrehte und von seinen Freunden feiern ließ. ~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~*~*~*~* ~* „Mein Vater bezahlt mir Unterhalt.“ Sie waren jetzt schon seit einer Weile in Tais viel zu kleiner Wohnung und feierten ausgelassen. Ken hatte immer noch Davis‘ Worte im Ohr und fürchtete sich vor dem Gespräch, doch jetzt war es wohl soweit. Er fühlte, wie die Couch nachgab, als Davis neben ihm drauf sank. „Wie bitte?“ „Ich sagte, er zahlt mir Unterhalt. Die Miete, damit Tai sie nicht alleine tragen muss.“ „Oh, das ist gut.“ Unsicher knabberte Ken an seiner Unterlippe und umklammerte wieder einmal die Couch-Lehne. „Du hast es ihnen erzählt.“ Ein schlichter Satz und Ken wusste nicht, was er war, Vorwurf, einfach nur eine Feststellung… Vorsichtig warf er einen Blick auf Davis, der ihn fast schon übermütig anlächelte. „Ich hätte es ihnen nicht gesagt. Okay, nur Tai, aber den Rest hätte ich angelogen.“ „Warum? Ich meine, sie sind deine Freunde, für solche Moment hat man doch Freunde, oder?“ „Stimmt… aber du weißt ja, das ist mein großer Traum und irgendwie habe ich mich geschämt. Ich weiß nicht, es ist seltsam, aber es wäre auch real geworden.“ Das war ein so Davis-untypischer Satz, dass Ken ihn erst mal sacken lassen musste. „Ach, ist ja auch egal. Eigentlich wollte ich mich nur bei dir bedanken. Bei dir persönlich! Ohne dich hätte das alles nicht geklappt. Du bist irgendwie mein Schutzengel!“ Lachend umarmte ihn Davis, was Ken stocksteif werden ließ und ging dann, etwas von „Trinken“ und „Durst“ murmelnd in die winzige Kochnische, die sich an das Wohnzimmer anschloss. Er schlängelte sich durch die anderen durch, machte Scherze und war endlich wieder der Davis, den er vermisst hatte. „Wann sagst du es ihm endlich?“ Wieder sank das Sofa zur Seite ab, dieses Mal war es Tai, der sich neben ihn fallen ließ. „Gute Frage.“ Kari schob sanft seine Hand weg und setzte sich auf die Lehne, die daraufhin bedenklich quietschte. „Was soll ich ihm sagen?“ Ohne die Lehne, die er mit der Hand umklammern konnte, fühlte Ken sich gerade etwas verloren und verschränkte daher die Hände fest miteinander. Auch als Tai ihm vorsichtig an den Kopf klopfte, konzentrierte er sich lieber auf seine Hände. „Stell dich nicht dumm und vor allen Dingen, halte uns nicht für dumm.“ „Aber das tue ich doch gar nicht!“ Immer fester drückte er die Hände aufeinander. „Du opferst seit Monaten deine Zeit für ihn, du verbringst mehr Zeit mit diesem Nudelsuppenzeug als mit der Schule“, fing Tai an und seine Schwester ergänzte ihn anschließen: „Du hast uns mobilisiert, warst bereit, dein ganzes Geld für ihn auszugeben und bist in letzter Zeit immer total nervös in seiner Nähe. Und du wirst rot.“ Die Geschwister sahen sich an und flüsterten ihm wie aus einem Munde ein „Du bist in ihn verliebt“ zu. „Also. Wann sagst du es ihm?“ Ken schüttelte den Kopf, betrachtete wieder seine Fingerkuppen. „Ich sage es ihm, wenn die Zeit dafür reif ist. Und das ist sie noch nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)