Polity von Undine ================================================================================ Kapitel 3: Entscheidung ----------------------- Ich hatte schon immer ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl besessen. Schon als Kind schwirrten Fragen durch meinen Kopf, die sich einfach nicht logisch beilegen ließen. Auch mein Vater hatte diese Einstellung angeheizt. Oft saß er noch Abends mit meiner Mutter am Küchentisch und diskutierte bei einem Glas Rotwein. Sie fehlt mir, meine Mutter. Ihr weiches, warmes Gesicht, ihr strenger aber liebevoller Umgang mit uns. Klingt ideal, wie aus einem Hausfrauenroman, war sie aber nie. Sie mochte es zu Kochen und uns etwas schönes zu backen, liebte es ihre Finger geschickt für schöne Basteleien zu nutzen, gleichzeitig war sie politisch engagiert. Damals war sie eine der wenigen gewesen die es gewagt hatte für die Rechte der Frau einzutreten, in einer Zeit die diese langsam und stetig wieder beschnitt. Mein Vater hatte sie damals auf eine dieser Veranstaltungen kennengelernt. Ich lächelte mein SmartP an, während ich im Skyliner saß, einer elektrischen Bahn die mich bald an meinen Zielort gebracht haben sollte. Auch hatte ich es genossen in ihrer Bibliothek zu sitzen, ihren Worten zu lauschen wenn sie uns eine Geschichte vorlas oder von Geschichte und Kultur erzählte. Wenn sie Wissenschaft der Religion gegenüber stellte und uns mahnte alle Seiten der Medaille zu beleuchten. Ein Satz hatte sich jedoch in meinen Kopf gebrannt: »Kinder, wenn ihr manchmal nicht weiter wisst, traurig seid oder eingeengt, dann haltet euch vor Augen euch vorzustellen wie die andere Seite denken würde. Warum könnte sie das tun? Weshalb seid ihr in dieser Situation? Und jetzt kommt das schwierigste, denn es gibt eigentlich kein richtiges gut und böse. Es gibt keine Engel und keine Teufel, jeder Mensch hat etwas das ihn dazu bewegt, etwas das uns zu Menschen macht. Denn Menschen sind sind weder gut noch böse.« »Dann sind wir pures Chaos«, hatte meine Schwester darauf geantwortet. Damals war ich sechzehn gewesen und auch wenn ich den Sinn noch nicht richtig erfassen konnte, etwas hatte es in mir bewegt. Meine Handlungen konnten Bedächtig sein, waren Emotionen jedoch übermäßig stark war ich in der Lage Dinge zu tun und zu sagen die unkontrolliert gewaltig sein konnten. Es war eine Einsicht der Dinge die mir viel erbrachte. Ich vermisse sie und auch meinen Vater. Der Blick aus der Bahn zeigt mir die Lichter der Stadt, welche so unnatürlich hell den Himmel erleuchten und Unmengen von Elektrizität kosten. Es fühlt sich alles so fern an, so falsch, so unnatürlich und gekünstelt. Ohne dass ich es steuern kann tippe ich meinen SmartP erneut an, wähle mich in Satellit ein und folge dem Stromnetz auf dem Bildschirm. Ich denke kurz nach, tippe es an und plötzlich fällt das Licht aus, der Zug bremst kurz ab bis sich die Notreserve einschaltet. Eins. Zwei. Drei. Ich tippe erneut auf den Bildschirm und die Bahn ist wieder vollständig versorgt. Ich lausche der Ansage, erhebe mich und verlasse den Zug der soeben angekommen ist. Die Menschen wirken besorgt und vielmehr verlassen den Zug, sodass ich mich ihnen zuwende und sie beobachte. Wieviel Macht hätte ein Kollektiv? Ich verwerfe den Gedanken. Georgs Büro ist beleuchtet. Ich blicke auf meine Uhr und schlucke das angespannte Gefühl hinunter. Ich müsste sauer sein, wütend, voll von Hass, aber ich kann es nicht. Ich nehme mir einen Kaugummi und drücke dann den Code ein. Die Tür öffnet sich und gibt mir einen sterilen Raum frei. Während ich durch den Gang trete hallen meine Schritte wieder und ich kämpfe gegen das erneut aufkommende Gefühl von Angst und Ungewissheit. Ich weiß nicht wieso ich hier bin, was ich hier soll, noch weshalb er dies tut. Ich bin getrieben von Angst und Neugier. Ich muss wissen was ihn bewegt und außerdem herausfinden welche Informationsquellen er benutzt. Ich brauche etwas um Georg in seine Schranken weißen zu können, etwas dass mir eine gewisse Macht verleiht. Unbedingt, jetzt. Der Aufzug bringt mich langsam nach oben, ich meide die Treppe, zu große Angst das meine Beine nachgeben und ich zusammensacke. Die Türen öffnen sich – und geben ein perfektes Bild auf IHN frei. Irritiert bleibe ich stehen, mit erschrockenem Gesichtsausdruck, überrumpelt, nein, mehr überwältigt ob seines perfekten Gesichts, dass diesen ungewohnten Ausdruck zeigt. Langsam tragen mich meine Füße hinaus, die Türen schließen sich mit einem 'bing', nehme mich zusammen und zwinge mir ein Lächeln auf. Gott hat es wahrlich gut mit ihm gemeint, er erscheint mir sonnengeküsst mit einer ganz besonderen Ausstrahlung, beinahe, aber nur beinahe hätte ich das Interview und damit meinen eigentlichen Besuchsgrund vergessen. »Möchtest du mich nicht mit in dein Büro nehmen?«, frage ich nach einigen Augenblicken, bis mich das Gefühl beschleicht es dauert zu lange. Er wirkt gehetzt, etwas chaotisch, blasser als sonst und gar nicht als ob es sein Ziel wäre mich hier abzufangen. Wahrscheinlich war dies der Fall und ich hatte einfach zu viel erhofft. Ich verschränke meine Arme automatisch. »Was passiert?« Georg antwortet nicht, scheint in Gedanken, doch bald schüttelt er leicht den Kopf und blickt mich entschlossenen an, als hätte er einen Entscheidung gefällt. »Es ist gut das du hier bist«, sagt er. Wahrlich? »Ich bin sehr erzürnt, ich hoffe das ist dir bewusst«, antworte ich steif. Dann lacht er plötzlich und bringt mich damit aus dem Konzept. Ich fühle mich vor den Kopf gestoßen, gleichzeitig prickelt mein Körper. Sein Lachen hat etwas … undefinierbares. Ich bekomme jedoch keine weitere Antwort und folge ihm still in sein Büro. Ich hoffe dass ich meinen Standpunkt zumindest klar gemacht habe und nicht wie eine graue Maus dastehe. Ganz in Gedanken bemerke ich erst sehr spät das er mehrere Bildschirme, Holos geöffnet hat die über unseren Köpfen angeordnet sind. Erst dachte ich es wären Umfragewerte, dann erblicke ich die Zahlen, die Server, einige Programme und bin überrascht. Wahrlich. Erneut spüre ich dieses einzigartige Kribbeln und wende mich Georg zu. Er selbst beobachtet mich aus den Augenwinkeln und scheint mit meiner Reaktion zufrieden. Das lässt einige Schlüsse zu. Er hat eine Ahnung über gewisse Vorlieben meinerseits. Er ist kein stinknormaler Politiker. Und ich weiß praktisch nichts über ihn. Georg holt eines der Holos näher, die Sensoren erfassen seine physische Beschaffenheit der Haut, das Log, welches wie eine projizierte Seite aussieht lässt sich prima führen. Ich nehme es an ohne ein Wort zu sagen an und überfliege die Seite. Ich bin fasziniert und erschrocken zugleich. Auf einmal fällt mir das Atmen schwerer und mein Herz fängt zu rasen an. Ich halte alte Arbeitsdaten meines Vaters in der Hand, die sich aber nicht um den Chip handeln. Es sind ältere Aufzeichnungen, Dinge die eigentlich gelöscht sein sollten. Eine Dimension tut sich auf die mich in eine Enge drängt, denn erneut hat er etwas gegen mich in der Hand und ich Zweifel an seinen Motiven. Motive für seine politische Karriere. Und meine Wenigkeit. Ich blicke auf und gebe ihm das Holo zurück. Er lässt es lässig nach hinten gleiten und wartet auf eine Reaktion meinerseits. Ich möchte nach einem weiteren Holo greifen, seine Hand packt jedoch mein Handgelenk. Meine Hand verkrampft sich während ich sie zu einer Faust balle. Ruhe. »Das gehört mir«, höre ich mich ruhig sagen. Er lächelt, lässt mein Handgelenk los und greift sich eine weitere Log die ein weiteres Holo zeigt. Bilder zeigen sich, während er eines aktiviert, projiziert sich eines vor uns und zeigt eine zerstörte Fabrik. Ein Büro folgt, ebenfalls zerstört. Leichenteile in explodierten Räumen. Meine Mutter die lächelnd uns anblickt und im nächsten Moment tot, - erschossen, auf dem Boden liegt. Ich höre mein Handgelenk knacken, das Blut rauscht in meinen Ohren, mein Bild verschwimmt, während ich instinktiv handle. Im nächsten Moment brennt meine Hand und Georg liegt am Boden, reibt sich sein Kinn. Jetzt ist es an mir zu lächeln, ich habe ihn überrascht und mich gleich mit. Doch diese Wut die keinen klaren Gedanken zulässt treibt noch immer sein Unwesen in mir, ich fühle eine unheimliche Glut in mir, die sich jeden Moment zu entladen droht. Und währenddessen ist Georg wieder bei sinnen, erhebt sich und überrascht nun mich. Ich fühle schmerzhaft die Wand hinter mir. Er drückt mich stetig, langsam, wie ein Schraubstock gegen mich, seine Blick ebenso wütend wie ich. Er kommt mir näher. Mein Herz pocht laut, es rast nicht mehr und erneut fühle ich dieses undefinierbare Kribbeln. Erst war mir kalt, dann heiß, so fühlt es sich an während er mich mit seinen Augen und Händen zerdrückt. Physisch kann ich ihm auch nicht viel entgegensetzen. Dann kommen seinen Lippen sehr nahe … er macht mir Angst, ist mein einziger Gedanke in diesem Moment. »Du hast keine Ahnung«, haucht er mir entgegen. Wie auch? »Ich möchte dir etwas zeigen und dich um etwas erbitten. Ich erwarte keine weiteren schlagenden Argumente oder ich werde Marc bescheid geben das er es ja doch mal mit dir versuchen kann.« Das schlägt ein wie eine Bombe. Nicht Marc und ich möchte auch nicht wissen was er von mir will. Jetzt hält er mir eine Hand auf den Mund, sein Körper drückt sich gegen mich. Ich kann ihn spüren, ihn einatmen, seine Nuance in mich ziehen. … Mein Herz brennt. Gleichzeitig regt sich Widerstand in mir, ich möchte es ihm vergelten. »Wenn du damit klar kommst, dann nickst du jetzt, wenn nicht....«, er ließ es unausgesprochen, aber ich konnte es mir denken. Allerdings antworte ich ihm nicht. Mein Blick ist jedoch hart und ich möchte das er es unausgesprochen weiß, in diesem Moment wünsche ich ihm alles erdenklich schlechte. Erneut kommt er näher. Seine Augen sind faszinierend. Und böse. »Also?« Ich höre es, - als ich ihm in die Hand beiße und den Moment des Schmerzes in seinen Augen genießen. Dann liege ich auf dem Boden – und lache. Lache vor Wut, dann vor Verzweiflung, bis ich schluchze. Nicht mehr lange und ich verliere den Verstand. Ich bin einfach fertig. Mittlerweile liege ich auf dem Rücken und lese eine Holo nach der anderen. Ich sauge Zeitungsberichte, interne Berichte, Polizei, Politik und sonstige Informationen in mich hinein. Ich vergleiche die Geschehnisse von damals, von denen ich weiß wie sie angeblich sein, mit den denen wie sie angeblich waren. Allzu traurige Fotos werden beiseite gelassen beiseite und ich ordne alle Informationen ein. »Und du sagst du hast die Informationen woher?«, frage ich erneut, doch er weigert sich seid einer Stunde mir weitere Informationen zu geben. Allerdings haben wir einen Deal. Ich helfe ihm bei einer internen Angelegenheit, er gibt mir Informationen die ich sonst nicht in einer derart geordneten Form bekommen würde. »Sind eigentlich alle Politiker so zwielichtig wie du?« Georg raucht seine Zigarette mit einer Ruhe die mir nie an ihm aufgefallen ist. Vorhin hat er noch ganz anders gewirkt. »Die meisten sind schlimmer als ich«, erwidert er schließlich. Dann bekomme ich ein Holo bei dem die Informationen im Sekundentakt eingehen. Sofort ist Georg bei mir und wirkt wieder aufmerksamer. »Dafür brauche ich dich.« Er tippt den Bildschirm an. Ein Hackernetzwerk. Ich kenne es, jedoch nur flüchtig da es ein Umschlagspunkt ist bei dem Jedermann zugegen sein kann. »Du musst da rein, mich mitnehmen und etwas für mich klären«, sagt er. Skeptisch blicke ich ihn an. »Da kommt man nur mit Einladung hinein und ich hab keine.« Georg lächelt. »Du bekommst sicherlich eine, dich kennt man.« Erneut spüre ich ein Kribbeln, dieses Mal jedoch ein ungutes. »Hör auf mich zu verarschen. Ich will jetzt wissen wer du bist, woher du das weißt und warum ich den scheiß für dich machen soll.« Georgs Brauen gehen nach oben, während er mich nun selbst skeptisch betrachtet. Dann nimmt er mir das Holo weg, öffnet ein paar Dateien darauf und zeigt sie mir. Mich kennt man unter Tenebre. Unter diesem Namen habe ich schon ein paar Dinge lahm gelegt, aber mehr als Experiment, nie um etwas wirklich wichtiges zu erreichen. Strom, Wasser, Fernsehen und Internet, war meist nie schwer zu bewerkstelligen. Er zeigt mir seine Holo,seine ID und ich halte die Luft an. Zeitlupe. Und blicke auf, denn er ist Sol. Es gibt unzählige Hackernetzwerke, es gibt jedemenge Untergrundorganisationen, doch es gibt nur drei Adressen die wirklich etwas bewirken konnten. Axres. Saint. Und die Liga der Gerechtigkeit. … Das waren eben Comicfans, die aber wirklich etwas drauf hatten. Wenn ich neben Gretchen mal Zeit hatte war mir die Truppe in Axres ans Herz gewachsen, wir setzten uns dafür ein Informationen frei zugänglich zu halten. Und Sol war in den letzten zwölf Monaten ein Emporkömmling gewesen, ein Neuer, mit jede Menge Talent. Ich stellte ihm eine Frage, eine universelle die nur Mitglieder wussten und als er mir die richtige Antwort nannte knickte ich leicht ein. Das rückte natürlich alles in ein anderes Licht, gleichzeitig war ich im Netz nicht ganz so geschützt wie ich mir erhofft hatte. Ich rieb mir den Nasenrückenrücken um meine Kopfschmerzen zu verjagen, doch unaufhörlich wurde der Schmerz stärker. Man musste es ansehen, denn Georg wirkte ehrlich besorgt um mich. »Alles in Ordnung? Oh Gott, ich hoffe ich hab dir keinen Schock verpasst.« Hah, ein Idiot. Ich blickte auf, in seine Augen, forschte nach einem Zeichen von etwa das mir verriet dass er mich anlog. Oder besser, dass es ein Traum war, doch meine Schmerzen waren so real wie ein ehrlich besorgter Georg der mir irgendwie anders erschien. Gelöster. »Wie hast du mich gefunden?«, erkundige ich mich. Neugier und Furcht mischen sich in mir. Doch Georg schüttelt den Kopf und stößt einen Seufzer aus. »Das kann ich dir leider noch nicht sagen.« Instinktiv möchte ich ihm eine weitere Faust verpassen, doch ich schlucke die Wut. So würde ich nicht weiter kommen. »Was wird hier gespielt? Mit mir?«, zische ich. »Es ist kein Spiel und es tut mir Leid dass ich dir keine Auskunft geben kann, aber es ist zu deiner eigenen Sicherheit.« Ich stehe auf, packe im am grauen Hemdkragen, blicke in seine himmlischen Augen, die mich so verkniffen anblicken. Verräterisches Herz … Dann lasse ich ihn los, es hat eh keinen Zweck. »Lass uns an die Arbeit gehen.« Georg zu meiner rechten, den blinkenden Bildschirm vor mir, fällt es mir schwer mich zu konzentrieren. Ich schaffe es nicht in das Netzwerk hinein zu kommen, etwas blockiert mich und Georg wird hinter mir immer unruhiger. »Sonst ging das doch auch schneller bei dir..« Ich verkneife mir eine böse Bemerkung und versuche es erneut, aber langsam zweifel ich an mir. Georg wird immer ungeduldiger, schnippst mit seinen Fingern gegen den Stuhl und bringt mich schier zur Verzweiflung. »Bitte.« »Was?«, fragt Georg. »Sei still.« Ich muss schließlich herausfinden was los ist. Der 'neue' Georg ist irgendwie kindischer als ich erwartet hätte. Dann bin ich im System kann jedoch nicht viel mit der Datenflut anfangen. Ich müsste mich direkt hinein begeben und auch Georg ist enttäuscht als er die Flut der Zahlen sieht. Ich höre ihn murmeln, während er aufsteht und durch das Zimmer geht. Ich schnappe Wörter wie Verflucht, Politik und Idioten auf und Frage mich wer Georg in Wahrheit ist. Der eiskalte Politiker, der mich erpresst oder der Hacker Sol, welcher sich für die Gerechtigkeit eingesetzt hat? Ob er mir nur nahe kommen wollte? War das alles dafür letztendlich inszeniert? Er reißt mich aus den Gedanken als sein Gesicht mich von der Seite leicht streift. Ich kann ihn riechen, herb und kräftig, mit einer unterschwelligen Note die mein Herz immer zum rasen bringt. »Es bringt nichts über dem herkömmlichen Weg«,sagt er ,»du musst dich anschließen.« Und dann ist er an meinem Hinterkopf, ich spüre wie seine Finger meine Haare nach oben schieben, ich bekomme eine Gänsehaut und sein Finger findet meinen 'Zugang'. Ich blinzle, einmal, zweimal und halte dann still. Ich hätte wissen müssen das er auch dieses Geheimnis um meine Person weiß. Und dann blickt er mich wieder an, diesem Mal tragen seine Lippen ein sanftes Lächeln. »Es ist gut dass dein Vater so ein grandioser Erfinder war, ansonsten hätte er dich nicht retten können.« Ich starre ihn mit offenem Mund an. Man sagt der Fortschritt der Wissenschaft sei ein Rückschritt der Menschlichkeit. Ich sage der Kapitalismus hat uns kaputt gemacht. Aber bezieht man alle Institutionen ein, Religion, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Ethik und was es nicht noch gibt, dann ist alles daran schuld. Unser Unvermögen aus der Vergangenheit zu Lernen und die Gier nach mehr. Ich war fünfzehn als damals von Gegnern meines Vaters entführt worden war. Sie standen für eine friedliche Zukunft, mit Chancengleichheit, ohne Hang zu Luxus oder Krieg und ich sollte ihr abschreckendes Beispiel ein. Doch wer Hass sät erntet die Saat des Hasses und so grassiert ein ekliger Kreislauf in denen sich die Menschen von jeher zu übertrumpfen ersuchen. Was so friedlich begann endete in einem Desaster mit viel Blut und Tränen. Es war ein Unfall, meine Entführer hatten mir nichts getan, das vegetarische Essen war sogar ganz lecker, aber als sie mich nach dem Deal wieder abgeben wollten, wusste niemand das der Aufzug präpariert worden war. Überlebt haben einzig diejenigen welche die Treppen benutzt hatten, Wache hielten oder in anderen Stockwerken waren. Alle im Aufzug waren kaputt, wie ich es gerne nannte. Ich unter ihnen. Ein kaputter Körper bei dem das zentrale Nervensystem durchtrennt worden war. Mein Körper war außerstande sich zu versorgen, nur wenige Augenblicke und ich wäre unrettbar gewesen. Doch mein Vater hatte es geschafft, hatte ein künstliches Rückenmark erschaffen, es mit dem Pons und dem peripheren Nervensystem verbunden und so etwas noch nie da gewesenes geschaffen. Ich war praktisch tot gewesen … Nun gut, einige Funktionen haben danach nicht mehr so recht funktioniert und er musste mir nachhelfen, doch ich hatte einen Vorteil. Menschen die künstliche Körper besaßen, welche in einer Art Serienfertigung vonstatten gingen und mein Körper der aus nur wenigen künstlichen Teilen bestand und eine Individuelle Beschaffenheit hatte von der viele träumten. Allerdings war ich ein Prototyp meines Vaters und Prototypen neigen dazu gewisse Schwächen zu haben. Was ich jetzt fühle ist Angst, nein Furcht, nein – Ungewissheit. Meine Gedanken lege ich mir auf die Zunge. »Warum weißt du davon?« Das erste mal seid längerer Zeit schwingen starke Emotionen meinen Worten mit. Wie? »Wenn du das für mich erledigst kannst du dich hinlegen. Morgen werde ich es dir dann erklären.« Politiker. Hacker. Verräter? Meine Glieder fühlen sich so schwer wie Blei. Und ich mich träge. Ich kann kaum atmen. Mein Herz rast. Warme Lippen legen sich auf mich nieder, ich erkunde sie, mache mich mit ihrer weichen Beschaffenheit vertraut. Stoppeln schrammen meine empfindliche Haut, während Haut an Haut reibt und mein Herz so schnell rast dass ich das Gefühl habe den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. Aber den habe ich nicht unter meinen Füßen, mein Körper wird in die Matratze gedrückt. Ich kann meine Augen nicht öffnen, seine Hand schirmt mich ab, die andere wandert meinem Körper hinab. Wo bin ich? In seinem Bett? Er kitzelt meine Haut, kneift hinein und alles kribbelt so herrlich. Dann öffnet sich ein Finger und gibt Sicht auf sein schönes Gesicht frei. In seinen Augen sitzt der Schalk und bevor ich etwas sagen kann spüre ich ihn erneut. Zähne vergraben sich in meinem Fleisch und dann küsst er mich wieder, so unendlich langsam dass ich das Gefühl habe bald zu zergehen. Wie eine Leibspeiße beginnt er mich langsam zu vernaschen und ich kann nichts dagegen machen außer erregt zu keuchen, gelegentlich entlockt er mir auch schreie. Ich bin total entrückt. »Du bist mein«, murmelt er immer wieder. Ich wache auf. Total verschwitzt und mit einem harten Phallus. Mein Herz klopft, meine Gedanken wirbeln durcheinander. Ich greife mir in den Nacken und beruhige mich nur langsam. Aber eine weitere Entscheidung formt sich. Ich werde bei Georg bleiben und sehen wohin uns diese Reise führen wird. Er ist ein brillanter Taktiker, dass muss ich ihm lassen, umso neugieriger bin ich auf die Zukunft. Georg kannte Vater und dieser ihn, also habe ich ihn auch gesehen, doch ich besitze keine Erinnerung an ihn. Er ist Sol und ein aufstrebender Politiker. Ich werde ihm helfen und gleich übermorgen wird er den nächsten Kampf in einem weiteren Interview angehen. Wenigstens weiß ich nun was er im Schilde führt … und gemeinsam können wir das schaffen. Die Stadt wird uns gehören und danach der ganze Staat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)