Dear You von Couscous (Ein Artikel von P. Clearwater) ================================================================================ Kapitel 1: Investigations ------------------------- Penelope unterdrückte ein Gähnen, während sie auf die Haushälterin wartete. Überraschenderweise hatte sie diese nicht geweckt, obwohl die Sonne im Osten noch nicht mal als schmaler Lichtstreifen zu sehen war. Das verschlafene Städtchen Cornwall lag in sichtbarer Entfernung und seine Muggelbewohner ahnten nichts von dem großen Verlust der Zaubererwelt, der sich unweit von ihnen ereignet hatte. In ihrem Kopf wandelte Penelope diesen Gedanken in eine Überschrift um, doch sie verwarf sie sogleich wieder. Es klang klischeehaft und berechenbar, wie alles, was sie in den letzten Monaten geschrieben hatte. Dass ihr Chefredakteur ausgerechnet sie aus dem Bett gescheucht hatte, damit sie exklusiv über den Tod des ehemaligen Zaubereiministers berichtete, war und blieb ihr ein Rätsel. Er sah ein Talent in ihr, wie er immer wieder betonte, das sie selbst nicht erkennen konnte. „Ich will alles”, hatte er ihr aufgetragen, „Mord- und Verschwörungstheorien, Jugendfehler, vertuschte Skandale, alles, was Sie finden können. Befragen Sie Nachbarn, Freunde und Verwandte, aber zuallererst suchen Sie sein Landhaus auf.” Die Augen ihres Chefs hatten bei der Aussicht auf diesen Zeitungsartikel geleuchtet, und das nicht nur, weil sein Gesicht in diesem Moment in den Flammen ihres Kamins erschienen war. Seit Jahren versuchte er sein zweitklassiges Klatschblatt zu einer Konkurrenz für den Tagespropheten zu machen, doch bisher war er kläglich gescheitert. Diesen Artikel hatte er bereits seit Ewigkeiten geplant. Er hatte eigene Spitzel in der Nähe des stets schwächer werdenden Ex-Zaubereiminsters postiert, die ihm Bescheid gaben, sobald diesen das Zeitliche segnete. Penelope durfte es also nicht in den Sand setzen. Endlich öffnete die Haushälterin die Tür und bedachte Penelope mit einem missbilligenden Blick. Während der größte Teil der Zaubererwelt entweder gar nicht von diesem tragischen Ereignis wusste oder angemessen trauerte, musste Penelope dieser Frau als Parasit vorkommen, der bereits nach wenigen Stunden den Tod eines verehrten Menschen kommerziell ausschlachten wollte. Penelope lächelte und bedankte sich freundlich und schob sich dann an der Haushälterin vorbei in den Eingangsbereich von Kingsley Shacklebolts Privatwohnsitz. Sie ließ ihren Blick über die Möbel schweifen. An der Wand hingen einzelne Bilder von Familientreffen und lachenden Kindern. Shacklebolt war nicht verheiratet gewesen und hatte keine eigenen Kinder gehabt, deswegen vermutete Penelope Neffen und Nichten auf diesen Photos. Es gab ein paar Bilder aus den Zeiten des Orden des Phönix, der mittlerweile seit mehr als zehn Jahren inaktiv ruhte. Ein Brief lag auf der Kommode, zweimal hastig gefaltet, sodass sich das oberste Drittel einladend öffnete. Penelope zögerte. Der Brief war offensichtlich dort positioniert worden, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Zu hell leuchtete das Pergament auf dem dunklen Walnussholz. Entweder hatte der Hausherr persönlich den Brief dort abgelegt oder jemand anderes war vor Penelope hier gewesen. Zweiteres bestätigte sich, als sie den Brief hochhob und ihr ein schwerer Duft in die Nase stieg. Zu süßlich und zu aufdringlich, um einen Mann wie Shacklebolt gehört zu haben. Nichtsdestrotrotz klappte sie den Brief auf und begann zu lesen. Meine Liebe, es gibt keinen Grund hier deinen Namen zu nennen. Du wirst diesen Brief niemals lesen, denn ich werde ihn nicht abschicken. Glaube nicht, dass ich meine Meinung ändere oder dass irgendjemand dies hier schließlich lesen muss. Es ist sogar wichtig, dass das niemand liest. Leute würden Fragen stellen, vielleicht sogar meine Loyalität bezweifeln. Es sind dunkle Zeiten und wir müssen uns gegenseitig vertrauen können. Unser, nun nennen wir es mal „Treffen" heute hat mich nachdenklich gestimmt. Wie kann es sein, dass wir beide auf so unterschiedlichen Seiten stehen? Ist es wirklich so lange her, dass wir gemeinsam in der Bibliothek saßen und für die Prüfungen lernten? Dass du meine Verwandlungsaufzeichnungen „verschönert” hast, weil ich den letzten Keks aus deinem Lernvorrat geklaut hatte? Allein diese Erinnerungen festzuhalten weckt so viele weitere. Vielleicht werde ich in späteren Briefen noch mehr aufschreiben. Du warst nie jemand, der sich hinter anderen versteckt hätte oder ihnen blindlings gefolgt wäre. Bei Merlin, du hast Zeit mit MIR verbracht, einem Gryffindor, der noch dazu ein schlechter Schüler war. Du hast keine Ausrede dafür gebraucht, sondern warst mit mir befreundet, weil du es wolltest. Das bedeutet für mich, dass du deinen Überzeugungen folgst. Auch heute noch... Doch es ist für mich unverständlich, wie man dieser Überzeugung sein kann. Wie gerne würde ich deine Begründung hören, doch ich traue mich nicht dich zu kontaktieren. Seitdem ich dich gesehen habe, höre ich nicht auf über dich nachzudenken. Ich hoffe, dass ich jetzt, wo ich mir das Gröbste von der Seele geschrieben habe, vielleicht ein bisschen schlafen kann. Penelopes Herz raste. Wenn es wirklich stimmte, was hier stand, dann hatte sie ihren Leitartikel gefunden. Doch obwohl die äußere Form mit den Schriftproben übereinstimmte, die sie gesehen hatte, konnte sie nicht einfach ausschließen, dass es sich um eine Fälschung handelte. Ganz im Gegenteil zeigte vieles darauf hin, dass ihr jemand eine Falle stellte. Es war zu offensichtlich, sie hatte den Brief innerhalb der ersten Momente gefunden, die sie in diesem Haus verbracht hatte. Wenn Penelope eines von Journalismus verstand, dann, dass es niemals so einfach war. Auch die Schreibweise und die Formulierungen schienen nicht recht zu Shacklebolt passen zu wollen. Natürlich hatte sie ihn nicht persönlich gekannt, sodass sie ihre Einschätzung nur auf öffentliche Reden und Interviews stützen konnte. Doch wenn dieser Brief wirklich zur Zeit des 1. Krieges entstanden war, dann hatte Shacklebolt Hogwarts schon lange verlassen und war bereits ausgebilderter Auror. In seinem Brief klang er wie ein Jugendlicher, der die Welt zum ersten Mal als Erwachsener wahrnimmt. Vorsichtig legte Penelope den Brief wieder an seinen Platz. Sie würde nicht auf einen solch plumben Trick hereinfallen, beschloss sie. Doch bereits nach wenigen Schritten geriet ihr Entschluss ins Wanken. Auf der Schwelle zwischen Eingangsbereich und Wohnzimmer klebte ein weiterer Brief. Einen Augenblick beäugte sie ihn misstrauisch, doch dann siegte ihre Neugier. Der Brief schien ein wenig später verfasst als der erste. Wieder war er an die ominöse Unbekannte gerichtet, die Shacklebolt anscheinend verehrt hatte. Diesmal wurde die Vergangenheit der beiden näher behandelt. Auch wenn Penelope fand, dass die schwierige Freundschaft zwischen einem Gryffindor und einer Slytherin als Klassiker und damit als wenig kreativ galt, bewunderte sie den Autor für die Details, die sie immer wieder kurz in Versuchung führten, den Briefen doch Glauben zu schenken. Es war nicht weiter überraschend, dass am Hutständer ein weiterer Brief wartete. Obwohl sie wusste, dass mit jeder weiteren Zeile ihr Bild von Kingsley Shacklebolt verfälscht und nachhaltig verändert wurde, konnte Penelope nicht widerstehen. Sie folgte der Spur und tauchte in die fiktive Vergangenheit von Kingsley Shacklebolt ein. Mit jedem Schriftstück entfalteten sich die Ideen des Verfassers mehr und mehr. Neben Beschreibungen aus Hogwartszeiten fanden sich Erzählungen aus Shacklebolts Arbeit. Er kritisierte Dumbledores Entscheidungen so junge und erfahrene Hexen und Zauberer beim Orden mitwirken zu lassen, obwohl er deren Motivation verständlich und löblich fand. Die namenlose Frau wurde einmal mehr zu seiner Vertrauten, jedoch ohne jemals davon zu wissen. Und über allem thronte die Frage, ob er was wagen sollte, mit ihr persönlich zu sprechen. Auch Penelope spürte das Bedürfnis in sich aufsteigen mit dieser erfundenen Todesserin zu reden. Mit ihr ein Interview zu führen und ihre Seite der Geschichte zu hören. Sie wollte diesen Artikel schreiben, in ihrem Kopf suchte sie bereits nach einem passenden Einstieg. Sie verfluchte sich selbst, weil sie auf diese zugegebenermaßen fesselnden Fälschungen hereinfiel und, dass ausgerechnet in diesem Moment ihre Inspiration zurückkam. Sie zerknüllte das letzte Pergament und warf es wütend auf den Boden. Sie hatte schon zu viel Zeit hiermit verschwendet. Sie konnte keine Unwahrheiten veröffentlichen, das verletzte ihre Überzeugung und Journalistenehre. Ihr Chef würde nie verstehen, wieso sie sich mit diesem Unsinn aufgehalten hatte. Sie eilte zum Ausgang und rief im Vorbeigehen der Haushälterin einen Abschiedsgruß zu. Als sie die Hand auf den Türknauf legte, fiel ihr der Zettel auf, der an der Innenseite der Haustür klebte. Er war strategisch so platziert, dass man ihn nur beim Hinausgehen bemerken konnte. Innerhalb einer Sekunde war sie sich sicher, dass dies das Ende der Spur war. Na? Neugierig geworden? :-) Komm spielen... Ich warte im Ozkar XOXO Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)