Der Weg aus dem Kampf von Shirokko (Wenn Träume Berge versetzen) ================================================================================ Kapitel 54: Gewählter Tod ------------------------- Kapitel 54 Gewählter Tod In den nächsten Tagen besuchten sie noch vier weitere Magiersiedlungen, nur eine davon war nennenswert größer als die erste, aber in ausnahmslos jeder wurden sie misstrauischer begrüßt, da Lians Anwesenheit als Beweis für Dhaômas Identität fehlte. Aber immer war es Tyiasur, der den entscheidenden Unterschied machte, indem er Bilder aus den Erinnerungen der beiden Drachenreiter an alle weiterschickte, und damit ihr Misstrauen überwand. Die meisten Magier verabschiedeten sie mit einem Winken. Dann ließen sie die bewaldeten Zonen hinter sich und überflogen ein Gebirge. Es gab kaum Pflanzen, geschweige denn Schnee und es war einigermaßen warm, dennoch flogen sie noch ein wenig weiter, um am Tage länger Sonne genießen zu können, die aus den Tälern ausgesperrt war. Auf einer Art Steppe mit sehr seltsamen Tieren beschlossen sie schließlich, dass es weit genug war. Zwei Wochen waren sie geflogen und Mimoun würde auch so schon lange genug brauchen, um nach Hause zu kommen. Es gab einen großen See, es gab einige Bäume, es gab Sanddünen und weite Grasflächen, dazu genügend Beute und viel Fläche, auf der man laufen oder über die man fliegen konnte, wenn man unternehmungslustig war. Sie schlugen ihr Lager am Rande des Sees auf. Während sich Dhaôma in der näheren Umgebung umsah, suchte Mimoun in einem größeren Radius nach potenzieller Bedrohung. Die Tierwelt hier war faszinierend. So völlig unbekannt. Ganze Herden großer grauer Ungetüme stampften über die Ebene. Ein wenig erinnerten sie den Geflügelten an die Erddrachen auf der Grasebene der Dracheninsel. Sie waren genauso massig, aber nicht ganz so gutmütig, wie er feststellen musste. Mit hohem Kreischen und tiefem Donnern zeigten diese Tiere ihren Unmut über seine Gegenwart und schnell drehte er wieder bei. In weiter Entfernung sah er eine feine Linie aus unterschiedlichsten Brauntönen über die Ebene ziehen. Neugierde trieb ihn dorthin. Es war unglaublich. Eine schier unzählbare Masse an Klauenträgern schritt unter ihm entlang. Einige beschleunigten, als sein Schatten auf sie fiel, einige brachen flink zur Seite aus. Als der Geflügelte schließlich zu seinen Freunden zurückkehrte, berichtete er voller Begeisterung von diesem Erlebnis und der Tatsache, dass bei dieser Masse an Tieren niemand mehr Hunger zu leiden hatte. Es war so unvorstellbar für Dhaôma, dass Tyiasur ihm einfach das Bild aus Mimouns Erinnerung zeigte. Eine weitere Tierart dieser Gegend konnten sie bewundern, als Lulanivilay von seiner Jagd zurückkam. Es war weiß und schwarz gestreift und sah ansonsten fast so aus wie die Esel in Dhaômas Stadt. Die nächsten Tage hielt sie überhaupt nichts an Ort und Stelle. Sie zogen zu Fuß über die Ebene und wieder einmal bestimmte Dhaôma das Tempo, während Tyiasurs Wasserbedürfnis den Weg entlang eines ungewöhnlich geraden Wasserlaufes vorschrieb. Einige Tage später fing es an. Mimoun fühlte sich beobachtet. Das Gefühl war nur kurz und gleich wieder verschwunden und er dachte zunächst, es sei Einbildung, aber als es mit der Zeit immer wiederkam, vertraute er sich doch seinen Freunden an. Daraufhin witterten die Drachen und Tyiasur suchte die nähere Umgebung geistig nach Menschengedanken ab, aber er wurde nicht fündig. Dennoch ließ sich Mimouns Gefühl nicht beruhigen. Schon am nächsten Tag war es wieder da. Da das nicht normal war, wies er seine Freunde mit einem Wink an, weiter zu gehen und sonderte sich ab. Sein Weg führte ihn nicht direkt in die Richtung, die ihm sein Instinkt riet. In weitem Bogen schlenderte er zu der Stelle, an der er ihren Beobachter vermutete. Dort angekommen, war niemand da. Wie zu erwarten. Misstrauisch und neugierig hockte er sich hin und suchte am Boden nach Spuren. Das Gras war ein wenig zur Seite gedrückt, kaum wahrzunehmen. Vorsichtig strichen seine Finger über die Stelle und der junge Geflügelte richtete sich wieder auf. Sein Blick glitt über die Umgebung, seine Ohren registrierten jedes Geräusch. Doch da war nichts Auffälliges. Seinen Blick gen Boden gerichtet, schlich er weiter. Spuren waren kaum zu entdecken. Wer auch immer hier gewesen war, wusste, wie er sich zu verbergen hatte. Da es keinen Sinn hatte, wahllos in der Gegend herumzustreunen, kehrte er zu seinen Freunden zurück. Kurz klärte er sie über seine Eindrücke auf. Irgendwie mussten sie es schaffen, ihren Verfolger dazu zu bewegen, sich zu zeigen. Auch in den nächsten Tagen wurde es nicht besser. Das Gefühl blieb, aber jetzt ließen sich keine Spuren mehr finden. Wer auch immer sie verfolgte, war vorsichtiger geworden. Es blieb aber auch nur bei dem Gefühl. Da war niemand, der sie angriff, es gab keine aggressive Handlung. Warum also folgte man ihnen? Eines Morgens wurden die Freunde von einem Schrei aus dem Schlaf gerissen. Alarmiert schoss Mimoun hoch und lauschte. Ein wenig flussabwärts waren heftige Bewegungen zu vernehmen und er hastete dorthin, als Fauchen anzeigte, dass Tyiasur sich dort befand. Was er sah, ließ ihn stocken. Dort stand geduckt eine Person und belauerte den blauen Wasserdrachen, der mit aufgestellten Stacheln dicht über der Wassergrenze schwebte. Als der Geflügelte durch das Gebüsch trat, fuhr der Kopf herum und die dunkelbraunen, fast schwarzen Augen starrten ihn mit einer Mischung aus Angst und Misstrauen an. Man hätte die Frau für eine Geflügelte halten können, denn es ragte aus ihrem Rücken ein einzelner, unförmig wirkender Flügel, für diesen Körper zu klein. Etwas störte diese Vermutung jedoch: Ihre Haut wirkte heller, die Ohren nicht so spitz wie es für Geflügelte üblich war. Sie hatte sich ein aus unterschiedlichen Brauntönen bestehendes Tuch kompliziert um den Körper geschlungen, in der Mitte durch ein einfaches Band gehalten. Die ebenfalls braunen Locken waren in einem einfachen Knoten gebändigt. Sie fiel in dieser Umgebung wirklich kaum auf. Noch während er sie anstarrte, schnellte ihre Hand, die bisher ins Gras gestützt gewesen war, in seine Richtung und etwas Flirrendes entwickelte sich in Mimouns Richtung. Nur durch Tyiasurs bildliche Warnung war es ihm möglich, rechtzeitig den Arm zu heben, bevor ihm das Ende des aus mehreren Riemen geflochtenen Stricks ins Gesicht knallen konnte. Dafür wickelte es sich nun schmerzhaft um sein Handgelenk. Reflexartig griff er zu und hielt den Riemen mit der Hand fest. Bevor er seine Verblüffung völlig überwunden hatte, hatte sie sich auch schon umgedreht und war zwischen den Sträuchern am Ufer des Flusses verschwunden. Fassungslos starrte er auf das Leder in seiner Hand und dann auf die Stelle, an der sie verschwunden war. Was war das denn jetzt gewesen? Dhaoma wurde von Tyiasur gerufen, als längst alles vorbei war. Der Drache wusste jetzt, wo sie waren, hatte sie mit seiner Gabe verfolgen können und Bilder ihres Verstecks sandte er an seine drei Freunde. Es kostete Lulanivilay nur Minuten, um aufzuwachen, Dhaôma einzusammeln und einige Dutzend Meter weiter direkt neben Mimoun zu landen. Seine Nüstern blähten sich witternd, während der Magier zu seinem Freund eilte, um zu erfahren, was passiert sei. Die Verwirrung seines Freundes war beinahe greifbar. „Hier sind wirklich Menschen? Etwa Magier?“ „Ja. Nein. Ich weiß nicht.“, murmelte Mimoun und schüttelte dann entschieden den Kopf. Er löste den Riemen von seiner Hand und band ihn sich um die Hüfte. Sollte er ihr noch einmal begegnen, würde er ihn ihr zurückgeben. „Sie sah nicht aus wie ein Magier. Aber auch wenn sie einen Flügel besaß… ich weiß nicht. Sie tut mir Leid. Sie konnte nicht fliegen. Nicht damit.“ Gedankenverloren rieb er sich das Handgelenk und sah in die Richtung, in der sie verschwunden war. „Und sie schien Angst vor mir zu haben. Ich hatte keine Zeit, mich zu erklären. Sie hat mich sofort angegriffen. Anscheinend war es nicht Neugier, die sie in unserer Nähe gehalten hat.“ Also eine Hanebito. Aber wieso sollte sie einen ihresgleichen angreifen? Ob sie wohl schlechte Erfahrungen gemacht hatte? Musste wohl so sein. Aber warum hatte Mimoun dann auf seine Frage nicht eindeutig verneint, wenn es ein Hanebito war? „Gehen wir sie suchen.“, sagte er leise. „Tyiasur weiß, wohin, und ich möchte wissen, was wir verbrochen haben, dass man uns beschattet und dass man dich angreift. Wenn wir mit ihnen reden, dann klärt sich vielleicht ein Missverständnis auf und vielleicht können wir bei ihnen den Winter beginnen, eine positive Strömung zu schaffen.“ Hauchzart fuhr seine Hand über Mimouns Rücken, aber er war sich dieser Geste nicht bewusst. Besorgt sah er in die Richtung, in die auch Mimoun gestarrt hatte. „Vilay? Was ist mit dir?“ „Es riecht nach Rauch und verbranntem Fleisch.“ Unwohl sah Dhaôma Mimoun an. „Gehen wir?“ „Dann kann ich ihr ja das hier wiedergeben.“, lächelte der Geflügelte. Er fühlte sich unwohl dabei. Nicht wie bei den Magiern. Die hatten ihn gehasst. Das war ein anderes Gefühl als die Angst, die er in ihren Augen gesehen hatte. Damit konnte er mittlerweile gut umgehen. „Wir müssen vorsichtig sein. Am besten bereiten wir für den Notfall alles für eine schnelle Flucht vor.“ Und schon machte er sich auf den Weg, um ihre Sachen zusammenzuschnüren. Wortlos half der Braunhaarige, während seine Gedanken rasten. Hier waren Hanebito, die nicht flogen. Wenn sie fliegen würden, hätten sie sie sehen können. Es gab hier auch weit und breit keine fliegenden Inseln oder die geduckten Häuser aus Stein und Leder. Aber egal, wer das war, sie hätten sie bemerken müssen! Wie oft war Lulanivilay auf der Jagd gewesen? Oder hatten sie ihretwegen nicht gejagt? Seine Hände verharrten in der Arbeit und sein Blick wurde von dem Gebüsch wie magisch angezogen. Sein Kopf war voller Sorge, dass ihre Anwesenheit diese Leute vielleicht hungern ließ. Oder dass Mimoun angegriffen worden war, weil diese Leute ihn für einen Verräter an den Hanebito hielten. Auch das zweite Paar Hände kam zur Ruhe und ein unglücklicher Blick aus grünen Augen ruhte auf dem Magier. Lautlos trat der Geflügelte an ihn heran und strich mit den Fingern einige Fransen aus der Stirn. „Es ist okay. Wir gehen kein Risiko ein. Sollten sie uns nicht zuhören wollen, werden wir uns umgehend zurückziehen. Niemandem wird etwas geschehen, ich verspreche es dir.“ Vielleicht war schon zu viel geschehen, aber Dhaôma nickte und fuhr dann fort, Lulanivilay sein Geschirr anzulegen. Wenig später waren sie abflugbereit und sie erhoben sich in die Lüfte. Tyiasur gab ihnen die Richtung vor und es dauerte nicht lange, da landeten sie auf einem baumlosen Platz inmitten von Arbeitsgeräten wie Webrahmen oder Gerberpötte. Menschen waren nicht zu sehen, aber ihre Blicke waren überdeutlich zu spüren. „Friede sei mit euch zwischen Himmel und Wasser. Wir sind hier, um zu reden!“, rief der Magier. Es kam keine Antwort. „Egal, wie gruselig wir auch aussehen mögen, wir tun niemandem etwas! Wir sind hier, um über Frieden zu reden!“ Mit vorsichtigen Bewegungen löste Mimoun den Riemen. Er wollte niemanden durch hastige Bewegungen provozieren. „Hier. Das hat eine der euren bei uns vergessen.“, erhob auch er seine Stimme und legte den zusammengerollten Riemen einige Schritte entfernt von ihnen ab. Langsam trat er wieder an die Seite des großen Drachens. Als er sich wieder zu dem zurückgebrachten Fundstück umwandte, war die Frau plötzlich da. Wie aus dem Nichts war sie dort aufgetaucht und bückte sich langsam nach dem geflochtenen Leder. Dabei behielt sie die Gruppe der Eindringlinge fest im Blick. Kaum stand sie wieder, schnellte ihr Arm nach vorn und der Riemen erreichte mit einem lauten Knall knapp vor Mimouns Gesicht seine volle Länge. Es fiel dem Geflügelten nicht schwer, stillzuhalten. Tyiasur hätte ihn gewarnt, hätte sie vorgehabt, ihn zu treffen. „Geht. Ihr seid hier nicht willkommen.“ „Warum nicht?“ Dhaôma war erschrocken bei dem Knall, jetzt war er nahezu wütend. Sie hatte es gewagt, Mimoun ein zweites Mal anzugreifen! Dagegen war ihr seltsames Aussehen für ihn kaum bemerkenswert. „Was haben wir euch getan? Wir wussten bis heute nicht einmal, dass ihr hier lebt, warum werden wir so unfreundlich behandelt?“ Ja, es war fast so wie bei den Magiern, wie bei seiner Familie. Die hatte ungebetene Besucher auch so brüsk abgewiesen. Die Frau schwieg. Dafür sprach Tyiasur in den Köpfen seiner Freunde. „Sie haben Angst. Angst, dorthin zurück zu müssen, von wo sie geflohen sind. Sie verstecken sich und jeder Fremde wird als Gefahr für ihren zerbrechlichen Frieden angesehen. Ich habe ihr bereits gesagt, dass ihr ihnen nichts Böses wollt.“ Mimoun tätschelte den Hals seines Drachens und lächelte sanft. „Manche finden es erschreckend, wenn plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf spricht.“, wies er ihn darauf hin. „Ich werde ihnen beim nächsten Mal vorher Bescheid geben.“, versprach Tyiasur und Mimoun lachte leise, als er sich wieder der Frau zuwandte. „Entschuldige bitte meinen Freund. Er hatte nicht vor, dich zu erschrecken.“ Nacheinander stellte er sich und seine Freunde vor. „Wir werden euch nichts tun.“ Wieder knallte es dicht vor seinem Gesicht. „Geht!“ Dhaôma starrte auf die Frau vor ihm. Zum ersten Mal sah er sie genauer an und wusste nun, was Mimoun meinte, als er sich nicht sicher war, ob Magierin oder Hanebito. Sie hatte von beiden etwas. Tyiasurs Hinweis, sie hätte Angst vor ihnen, drückte auf seine Brust, und seine Hände begannen zu zittern. Während er sich noch weigerte, die Konsequenz aus alldem zu ziehen, wusste er unterbewusst bereits Bescheid. „Du bist wütend, Freiheit.“, stellte Lulanivilay fest und stupste ihn an, was ihn aus seiner Starre riss. Die Bewegung war holzig, als er nach dem Geschirr griff und aufstieg. Er brauchte dringend Zeit zum Nachdenken, musste das alles erstmal verstehen! „Mimoun?“ Ein weiterer Blick zu der Frau trieb ihm die Tränen in die Augen und hastig wandte er sich ab, damit sie es nicht sah. „Bitte, Vilay...“ Und der Drache startete mit einem liebevollen Gurren, ein Geräusch, das man von ihm kaum je gehört hatte. Kurz wechselte sein Blick zwischen ihr und seinem Freund, bevor ein trauriges Lächeln seine Lippen umspielte. „Tut mir Leid, dass wir euch Kummer bereitet haben. Es war wirklich nicht unsere Absicht. Wenn ihr es wünscht, werden wir versuchen, euch nicht mehr zu belästigen.“ Und ohne eine Antwort abzuwarten, folgte er seinen Freunden. Es brauchte nicht viel, den Drachen und seinen Reiter einzuholen. Er ließ sich vom Wind knapp oberhalb des Schuppentieres tragen, seine Flügelschläge denen des Drachens angepasst, und fuhr Dhaôma sacht durch die Haare. „Alles okay?“, wollte er wissen. „Angst ist vielleicht schwerer zu überwinden als Hass.“ Ob alles okay war? Nichts war okay. Der Magier holte tief Luft und wischte sich über die Augen. „Hast du ihre Kleider gesehen? Das sind Magierkleider! Die einfachste Sorte. Von armen Schichten! Aber sie trägt es wie jemand, der höher gestellt ist. Und…“ Verzweifelt runzelte sich die Stirn. „Mimoun, das war ein Halbling, nicht wahr? Ein Mischwesen aus Hanebito und Jagmarr. Hast du von so etwas schon einmal gehört?“ Seine Hände krallten sich in das Leder. „Vielleicht leben hier Hanebito und Magier friedlich zusammen. Wie bei den Drachen! Tyiasur hat doch was von Frieden gesagt!“ Aber so hatte sie nicht gewirkt. Wenn hier Magier und Hanebito leben würden, dann hätte sie sich einem Fremden, der sie vielleicht ablehnt, nicht zeigen müssen, dann hätte sie ein anderer abwimmeln können. Aber es war kein anderer zu sehen gewesen. Bedeutete das nicht, dass hier noch mehr Halblinge lebten? War das die Angst, die sie hegten? Waren sie geflohen vor der Ablehnung der Magier und hatten Angst, dass sie ihnen hierher folgten, um sie zu verhöhnen oder Schlimmeres? Dhaôma konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es auch nur einen Magier gab, der nicht zumindest entsetzt war. Wie er sein Volk einschätzte, waren diese Wesen durch die Hölle gegangen. „Zerbrechlichem Frieden.“, korrigierte Mimoun leise. „Jede noch so kleine Störung könnte ihn zerbrechen lassen.“ Immer wieder strichen seine Finger über den braunen Haarschopf. „Und wenn die beiden Völker hier wirklich zusammenleben sollten, hätten sie keinen Grund gehabt, uns fort zu schicken.“ Mitfühlend ruhte der Blick des Geflügelten auf seinem Magier. „Aber dessen bist du dir durchaus selbst bewusst geworden, nicht wahr?“ „Sie wollen nichts Böses. Sie hat dich nicht getroffen, obwohl sie es konnte, nicht wahr? Sie hat absichtlich danebengehauen. Wenn sie uns schaden wollten, würden ein paar Pfeile reichen, wir hätten es nicht einmal bemerkt, bevor wir gestorben wären.“ „Sie hätte mich nicht treffen können. Die Reichweite war zu gering.“, korrigierte Mimoun. „Es war eine Warnung, dass ich keinen Schritt näher kommen sollte. Aber du hast Recht. Auch sie hoffen auf Frieden und sie klammern sich an jedes bisschen, das sie kriegen können.“ Der Geflügelte ging wieder ein wenig auf Abstand, um bequem fliegen zu können. „Na komm. Suchen wir uns einen ruhigen Ort, an dem wir unser Frühstück bekommen. Der Tag hat ein wenig turbulent begonnen, fürchte ich.“ Und schon begann er tiefer zu segeln. Dhaôma gab Lulanivilay das leise Zeichen, dass er Mimoun folgen sollte, und als sie landeten, hatte er einen Entschluss gefasst. „Mimoun, es tut mir Leid, wenn sie dich für einen Lügner halten, aber ich will noch nicht gehen. Ich möchte versuchen, mit ihnen zu reden. Sie sollen verstehen, dass wir ihnen nichts Böses wollen, egal wie lang es dauert. Bis zum Frühling haben wir doch ohnehin nichts Besseres zu tun, oder?“ „Du machst es schon wieder, Freiheit.“ „Was?“, verwirrt sah Dhaôma zu seinem Drachenfreund. „Du versuchst wieder jemanden zu retten, obwohl es deinem Traum nicht hilft.“ „Du hast selbst gesagt, dass es nicht unmöglich ist.“ „Sicher. Kann ich diesmal helfen?“ „Wenn du willst, gerne. Mimoun?“ Der rechte Fuß zog Kreise in den Boden, während der Besitzer mit verschränkten Armen dastand und nachdenklich auf die sich bildenden Formen starrte. Sie hatten wirklich nichts Besseres zu tun. Aber ihr Gegenüber hatte es diesmal friedlich probiert. Vielleicht würde es beim nächsten Mal nicht so harmlos ablaufen, da sie sich endgültig bedroht sahen. Mit einem abgrundtiefen Seufzen streunte er zu Dhaôma hinüber und lehnte schließlich seine Stirn an die des Freundes. Ein sanftes Lächeln huschte über seine Züge. „Du wärst nicht mein naiver Magier, wenn du etwas anderes vorgeschlagen hättest.“ Ruckartig wandte er sich ab und begann aufzuzählen. „Wir brauchen einen festen Rastplatz. Von allen Seiten einsehbar, damit sie, wenn sie auf die Idee kommen, uns beobachten zu wollen, alles sehen. So merken sie, dass wir friedlich sind und nichts vor ihnen zu verbergen haben. Wasser muss in der Nähe sein. Jagdgründe nicht zu weit entfernt. Ich glaub, das war es erst einmal. Ach nein. Nicht zu dicht an ihrem Lager. Wir wollen ja keine Bedrohung darstellen.“ „Ich dachte, wir könnten ihnen helfen. Du sagtest doch, sie können nicht fliegen. Aber Jagen ist nicht so einfach, wenn man nicht fliegen kann. Wir könnten ihnen doch beim Jagen helfen. Oder ich lasse essbare Pflanzen wachsen. Oder wir versuchen, Handel mit ihnen zu treiben.“ Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe herum, dann lächelte er. „Aber da wir wirklich viel Zeit haben, wäre es vielleicht besser, wenn ich meine Magie nicht zu offensichtlich einsetze, nicht wahr? Schließlich sind sie vor Magiern geflohen. Vielleicht haben sie Angst davor, magisch angegriffen zu werden.“ „Und wenn wir überfallartig bestimmen, dass wir sie bei der Jagd unterstützen oder Handel treiben wollen, wäre das auch die falsche Vorgehensweise. Wir sollten ihnen Zeit lassen, sich an unsere Gegenwart zu gewöhnen. Deshalb ein frei überschaubarer Rastplatz. Dort kannst du auch Magie wirken. Schließlich war Pflanzen wachsen zu lassen auch das Erste, das in meinem Dorf für Aufsehen gesorgt hatte. Und sie beruhigte, schließlich ist das harmlos.“ Dhaôma seufzte, dann nickte er. „Also ein Rastplatz innerhalb eines halben Tagesmarsches von ihnen entfernt. Vilay, kennst du da einen Platz?“ „Sicher.“ Der Drache flatterte mit den Flügeln und wirbelte eine Menge Staub auf, sanft griff er Dhaôma mit der einen Klaue und Mimoun mit der anderen und flog los, den stolzen Blauen auf seinem Kopf tragend. Wenige Minuten später landete er auf einer Anhöhe, an deren Fuß ein See lag. Das einzige, das die Sicht ein wenig störte, war eine große Rubinie, deren Duft die gesamte Luft erfüllte und schwer machte. Glücklich setzte er seine beiden Freunde ab, rollte sich zusammen und blinzelte sie an. „Schön hier, nicht?“ Es war immer wieder ein Erlebnis von einem Drachen getragen zu werden. Vor allem, da es jedes Mal unterschiedliche Varianten waren. Am Hosenbund gepackt, auf dem Rücken getragen, unter den Bauch geklemmt und nun das. Wie eine Puppe unter den Arm geklemmt. Mimoun konnte nicht anders, als zu lachen. „Du bist echt einzigartig.“ Sachte klopfte der Geflügelte gegen den Hals des großen Freundes. Dann nahm er sich die Zeit, die Umgebung ein wenig näher in Augenschein zu nehmen. Zufrieden nickte er. Sie entsprach fast völlig seinen Bedingungen. Zwar war er sich nicht sicher, ob die Entfernung nicht doch noch zu gering war, aber das blieb abzuwarten. Voller Elan schlug er die Hände zusammen. „Dann wird jetzt gefrühstückt.“, beschloss er und begann Lulanivilay von seiner Last zu befreien. Sie aßen Wurzeln, Früchte und die Reste ihrer letzten Jagd. Danach machte sich Mimoun daran, die Gegend abzusichern, und Dhaôma ließ Moose und Gräser wachsen, die ihnen eine weiche Unterlage sein würden. Später hoben sie gemeinsam ein Loch aus, in dem sie Feuer machen würden, das Holz müsste Dhaôma später wachsen lassen. Mit Lulanivilays Hilfe war das jedoch kein Problem. Ein zweites Loch wurde ihre Vorratskammer, da gegartes Fleisch Raubtiere genauso anzog wie frisches. Die beiden Drachen waren schließlich auch nicht ständig da, um ihr Lager zu beschützen. Es dauerte gerade mal einen Tag, da meldete ihnen Tyiasur, dass die Beobachter zurück waren. Dhaôma wurde kribbelig und wollte mit ihnen reden, aber seine Freunde rieten davon ab, so dass der junge Mann sich schließlich frustriert in Mimouns Arme kuschelte, um den Drang zu unterdrücken. Dort dauerte es nicht lange, bis er einschlief. Ein amüsiertes Schmunzeln huschte über die Züge des Geflügelten und seine Finger glitten durch die braunen Strähnen. „Hab noch ein wenig Geduld.“, flüsterte er dem Schlafenden zu. „Du weißt doch, dass Vertrauen Zeit braucht. Und wir haben einen ganzen Winter über Zeit.“ Anschließend übergab auch er sich dem Schlaf. An das Gefühl, beobachtet zu werden, gewöhnte er sich sicher mit der Zeit. Am nächsten Morgen verhinderte sein unnachgiebiger Griff, dass Dhaôma sich ihm entziehen konnte. Sie hatten nicht vor, weiterzuwandern, da konnte man ruhig noch ein wenig länger liegen bleiben. Lange konnte Mimoun Dhaôma nicht halten. Auch wenn er nicht wandern oder mit den anderen reden konnte, ihm blieben andere Dinge, denn endlich hatte er einmal Zeit, seine Samen zu sortieren. Von Aylen hatte er ein paar gegerbte Häute bekommen, die er nun in kleine Beutelchen zerschnitt, in die die unterschiedlichen Häufchen kamen. Essbare in einen, Heilende in einen anderen, Giftige in den nächsten, Bäume wieder in einen anderen und so weiter. Der Tag verflog unter dieser Tätigkeit für ihn förmlich. Mimoun musste ihn ernsthaft daran erinnern, dass er essen sollte. In den nächsten Tagen legte Dhaôma einen Garten an. Mimoun musste schaufeln, damit Wasser auch die hinteren Beete erreichen konnte, für die Pflanzen sorgte er selbst. Und während Mimoun und Lulanivilay sich um die Jagd und Erforschung der Gegend kümmerten, verbesserte er hier und da seinen Garten, ließ einiges zur Reife kommen oder verdorren, um zu düngen. Er langweilte sich und lenkte sich mit dieser Tätigkeit ab, bis er auf den Gedanken kam, dass er probieren könnte, ob die Pflanzen dieser Gegend nahrhaft waren. Dann begann die Monsunzeit und das Gießen oder Regenrufen wurde überflüssig. Gleichzeitig erschwerten die Wassermassen auch die Erkundungsgänge der Jäger, da man kaum zehn Meter weit sehen konnte durch die dichten Schleier aus Wasser. In einer eigens für diese Wetterlage entworfenen Baumhöhle harrten sie auf besseres Wetter und stellten nach einigen Tagen fest, dass der Garten völlig verwüstet und der Fluss meilenweit über die Ufer getreten war. Die Erhöhung, auf der ihr Lager sich befand, war eine Insel geworden und der einzige, der das ausgiebig genoss, war Tyiasur. Irgendwie kamen sie auf den Gedanken, dass die Behausungen der Halblinge diesen Wasserpegel kaum überragten, was Sorge aufkommen ließ. Sie diskutierten ein wenig, ob es immer noch ratsam war, sie machen zu lassen und zu ignorieren, aber diesmal setzte Dhaôma sich durch. Sie würden nicht landen, wenn es nicht notwendig war, aber sie würden wenigstens nachsehen, ob etwas passiert war, um notfalls zu helfen. Schon von oben konnten sie sehen, dass die Lichtung vor den Felsen überschwemmt war. Aus dem Wasser ragten noch einige Stämme, aber von den Halblingen war nichts zu sehen. Schließlich war es Tyiasur, der ihnen den Aufenthaltsort preisgab. Und diesmal konnten sie erkennen, dass es sich um eine große Siedlung handelte. Es waren mehr als vierzig Personen auf den Felsenplateaus, die unterschiedlicher nicht aussehen konnten. Einige hatten Flügel, andere nicht, einige waren klein, andere hatten sehr kurze Arme oder grünliche Haut oder verkrüppelte Ohren. Irgendwie konnte Dhaôma verstehen, dass sie sich versteckt hielten. Es war beruhigend zu wissen, dass sie sich in Sicherheit hatten bringen können. Aber sie sahen auch nicht so aus, als wären sie mit ihrer Gegenwart einverstanden. Mimoun konnte es nachvollziehen. Hier hatten sie weniger Schutz als auf der Lichtung unterhalb der Felsen. Tyiasur löste sich von ihm und tauchte in die Fluten hinab. Es hätte den Geflügelten nicht weniger kümmern können. Sein Drache kannte den Weg zu ihrem Lager. Und er wusste, dass er diese Menschen in Frieden lassen sollte. Der kleine Blaue würde also nichts Unüberlegtes tun. Schon wollte der Geflügelte abdrehen, als sein Begleiter wieder auftauchte und in Richtung der Halblinge schwebte. Eindeutig verstimmt rief Mimoun seinen Freund, doch unbeirrt landete das Schuppentier direkt an der Kante, legte etwas ab und sprang zurück in die Fluten. Erst jetzt kehrte er auf Mimouns Schulter zurück. Bevor Tyiasur jedoch die unausgesprochene Frage beantwortete, wandte er sich dem Magier zu. „Eine Frau war alt und alle sind traurig, weil sie zum Sterben zurückgeblieben ist. Ihre Kammer hat sich aber nicht mit Wasser gefüllt. Sie hockt dort unten und wartet. Entweder, dass das Wasser zurückgeht oder auf den Tod. Sie kämpft nicht und gab ihr Schicksal in die Hand der Zeit.“ „Sie ist noch immer da unten?“, fragte Dhaôma entsetzt. „Will sie etwa ertrinken?“ Sein Blick huschte zu den Höhlen hinüber, die unter dem schlammigen Wasser nicht zu sehen waren. „Wie lange ist sie schon da unten? Hat sie Lebensmittel? Genug Luft? Wie lange dauert es, bis das Wasser wieder zurückgeht?“ Er meinte mit dem Fragenschnellfeuer Tyiasur, aber seine Aufmerksamkeit ruhte auf dem Wasser. „Kannst du mir den Weg beschreiben? Dann kann ich hinuntergehen. Ich könnte ihr doch helfen wie Addar.“ „Komm, viel Zeit bleibt nicht mehr.“, war dessen einzige Antwort und schon sprang er zurück in die Fluten. Dhaôma folgte auf den Fuß, allerdings platschte es bei ihm viel lauter. Unter Wasser aktivierte er seine Magie, so dass Mimoun den leichten bläulichen Schimmer noch sehen konnte, bis er unter den Felsen verschwand. Der Weg war verschlungen, aber Dank Tyiasur tauchte der Braunhaarige wenig später in einer stockfinsteren Höhle wieder auf. Den einzigen Lichtschein verbreitete er selbst, aber auch dieser ging, nachdem die Magie versiegte. „Wer bist du?“, erklang eine raue Stimme. In Dhaômas Ohren klang sie schwach. „Ich bin Dhaôma. Ich komme, um dir zu helfen.“ „Ich brauche keine Hilfe mehr.“, kam zögerlich die Antwort. „Meine Zeit ist gekommen.“ „Sag das nicht. Man darf das Leben nicht so leicht beenden. Es gibt immer diejenigen, die sich grämen, weil jemand Geliebtes stirbt. Und wenn derjenige auch noch von sich aus beschließt zu sterben, ist es für die Zurückgebliebenen doppelt schwer. Außerdem gibt es bestimmt schönere Arten zu sterben, als zu ersticken oder zu ertrinken, meinst du nicht?“ Stoff raschelte, als die Frau sich näherte. Kühle Finger rau wie Sandpapier strichen über die Haut des Magiers. „Du bist noch jung. Als ich jung war, habe auch ich viele gehen sehen, die ich nicht gehen sehen wollte. Aber für jeden kommt irgendwann die Zeit. Und nicht jeder kann entscheiden, wie er geht. Das ist eine große Gnade, auch wenn es sich für jemanden in deinem Alter grausam anhören mag.“ „Willst du nicht mehr leben? Ich könnte dir wirklich helfen. Addar habe ich auch geholfen, damit er wieder laufen und atmen konnte.“ Lange Zeit herrschte Schweigen. „Ich würde gerne noch bleiben. Aber auch wenn sie nie das Gefühl aufkommen lassen würden, ich spüre selbst, wie ich meiner Familie Tag für Tag mehr zur Last werde. Deshalb habe ich diesen Weg gewählt. Es ist besser, es nicht noch länger hinauszuzögern.“ „Willst du es versuchen? Wenn du nach der Heilung am Körper immer noch sterben willst, werde ich dir nicht mehr im Wege stehen, aber ich denke, solange es eine Hoffnung gibt, sollte man diese nicht einfach aufgeben. Du siehst es nicht, aber ich habe heilende Magie. Damit kann man zwar nicht jedes Altersgebrechen verschwinden lassen, aber wenigstens einiges verbessern, was durch das Alter schwach wird.“ Dhaôma griff nach der Hand und drückte sie sachte. „Tyiasur sagt, sie seien traurig. Er hat nicht davon gesprochen, dass sie froh wären, wenn du stirbst.“ Kehliges Lachen klang durch die dunkle Höhle. „Sie sind meine Familie, meine Freunde. Warum sollte ich auf die Idee kommen, dass sie mein Tod glücklich machen sollte?“ Der Druck der Hand wurde stärker. „Wenn ich es zulasse… wie viel Zeit bliebe mir dann noch?“ „Das weiß ich nicht. Das kommt auf deinen Lebenswillen an, auf die Umstände, in denen du lebst, und welchen Gefahren du dich aussetzt. Ich weiß auch nicht, was ich bewirken kann, ohne es auszuprobieren. Zusätzlich müsstest du mir weit genug vertrauen, um durch das Wasser mit mir zu gehen, und zurück zu deiner Familie laufen, denn wenn du hier bleibst, kann ich gar nichts für dich tun, weil die Luft schon jetzt knapp ist. Es sieht nicht so aus, als würde das Wasser bald verschwinden.“ „Deine Stimme ist angenehm. Ich spüre keine bösen Absichten.“ Vorsichtig löste sie ihre Finger aus seiner Hand und legte sie, nachdem sie seinen Arm als Führung genutzt hatte, über seine Augen. „Du bist ein gutes Kind.“ „Du kannst so etwas fühlen?“ Bewunderung überspielte die Freude über das Kompliment. „Kommst du mit? Sie warten doch alle. Ich bin mir sicher, meine Freunde werden dir helfen, auf das Plateau zu kommen, damit du den Weg nicht selbst laufen musst.“ „Ja.“, war die simple Antwort auf alle gestellten Fragen. „Ich weiß nur nicht, ob es so einfach wird, wie du es dir wünscht.“ Dennoch tastete sie sich zu dem Gang vor, den sie jahrelang immer wieder beschritten hatte. „Warte. Ich werde dir schon hier helfen, damit du es einfacher hast, okay?“ Und ohne eine Antwort abzuwarten, initiierte er die Magie, sobald er sie wieder berührte. Das sanfte, bläuliche Licht legte sich über seine Wangen und enthüllte eine wirklich runzelige alte Frau, die beinahe aussah wie eine Magierin, wären die spitzen Ohren und die mandelförmigen Augen nicht. Aber ihr Aussehen tat nichts zur Sache. Der Braunhaarige schloss die Augen und begab sich auf die Reise in ihren Körper. Wie schon bei Addar stellte er fest, dass ihre Leber nicht mehr die Stärkste war und ihr Herz Kräftigung nötig hatte. Überall fand er Abweichungen von den Körpern, die er bisher kannte, Anomalien, die ihm seltsam unnütz vorkamen, aber über all diesen Strukturen stand ein funktionstüchtiger Organismus. Er konnte ihr helfen, aber hier unten spürte er Lulanivilays Hilfe nur schwach, deswegen beschränkte er sich darauf, ihre Muskeln zu stärken und die Blockade im Kreuz zu lösen, die immense Schmerzen verursachen musste. „Unglaublich.“, murmelte sie. Langsam löste sie sich von dem Magier vor ihr und tastete über ihre Brust. „Das fühlte sich schön an. Es passt so wunderbar zu deiner Stimme.“ „Ich bin noch nicht fertig, aber es wird mir helfen, wenn Lulanivilay in der Nähe ist.“ Dhaôma lächelte breit. Ihre Freude war greifbar und das wiederum machte ihn froh. „Tyiasur, kannst du uns hinausführen? Ich werde meine Magie dafür brauchen, das Wasser von ihr fernzuhalten, aber dafür muss ich wissen, wo es ist und wie es fließt.“ Der kleine, blaue Drache erwies sich als geschickt darin, die Verhältnisse genauso zu beschreiben, wie es Dhaôma nützlich war, so dass sie wenig später von Lulanivilay am Grunde des Wassers abgeholt werden konnten. Damit sich die Alte nicht erschreckte, erklärte ihr Dhaôma zuvor, wer Lulanivilay war, aber als der Drache seine Klauen unendlich sanft um den zerbrechlichen Körper legte, und Dhaôma das Wasser zurückkehren ließ, bis nur noch ihr Kopf trocken war, sah man doch ein wenig Unruhe zwischen den Falten. Und dann waren sie draußen. Dhaôma winkte Mimoun zu, um ihm zu sagen, dass alles gut war, bevor sich der Drache auf den Weg zu dem Plateau machte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)