Schattenspiegel von JessMizukiro ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Langsam schlug ich meine Augen auf, während ich gleichzeitig das Gefühl hatte, als ob mir die Luft von einem tonnenschweren Gewicht aus den Lungen gedrückt wurde. Ich atmete tief ein und strich über meine nasse Stirn. Ich hörte von draußen Regen gegen das Fenster prasseln und strich mir eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann sah ich auf meine Hand, welche wirkte, als ob man das gesamte Blut aus ihr gesaugt hatte. Danach betrachtete ich meine durchnässte schwarze Kleidung und anschließend das Bett, auf welchem ich gelegen hatte. Die Bettdecke war hellblau bezogen und stand in einem recht freundlich eingerichtetem Zimmer. Die Wände waren weiß, jedoch zog sich ein bunter Streifen etwa mittig durch das Zimmer. Auch der Teppichboden war hier und dort etwas farbiger gehalten, während seine Grundlage ein dunkles blau war. Vorsichtig streckte ich mich und schob die Decke zur Seite. Meine Beine fühlten sich im ersten Moment recht taub an, jedoch folgten sie bald meinem Willen, sodass ich mich erheben konnte. Als ich mich ein zweites Mal umsah, fiel mir ein anderes Bett auf, welches ebenfalls blau bezogen war und recht ordentlich aussah. An den Kopfenden der Betten waren jeweils kleine Nachttische, auf denen wir etwas abstellen konnten. Etwas weiter hinten standen zwei Schränke, offenbar für Klamotten. Meine Augen huschten zur weißen Tür, als diese sich regte und eine schwarze Gestalt den Raum betrat. Die schwarzen Haare wehten leicht hinter ihr her und vor Schreck wich ich zurück, stolperte jedoch über meine eigenen Füße und fiel zu Boden. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“, eine freundliche Stimme kam aus der Richtung der schwarzen Gestalt und ich kniff kurz die Augen zusammen – das musste ein Alptraum sein! „Geht es dir gut?“, fragte die Gestalt und kam weiter auf mich zu, woraufhin ich noch ein Stück zurückwich. Ich kniff noch einmal die Augen zusammen und flüsterte leise zu mir selbst: „Wach auf, verdammt wach endlich auf!“ „Du bist doch schon längst wach.“, meinte die schwarze Gestalt und kicherte. Ihre schwarzen Haare reichten ihr etwa bis zur Taille und während sie ihre ebenso schwarze Hand nach mir ausstreckte sprang ich vor Schreck auf. Dabei stolperte ich jedoch und krachte mit dem Rücken gegen die Wand – Autsch! „Hast du dir weh getan?“, fragte die Gestalt besorgt und ich schüttelte nur den Kopf. Ich war nicht fähig auch nur ein Wort über meine Lippen zu bringen, während die Gestalt mich anblickte und den Kopf schief legte. „Mein Name ich Hikari-Mi. Du kannst mich aber auch Hika nennen. Wer bist du?“ Ich kniff mir leicht in den Arm – Au! Verdammt, das war wohl doch kein Traum. Ich kramte in Gedanken nach meinem Namen, doch er fiel mir nicht ein. Ich sah an mir herab und besah meine schwarze Kleidung. Ich trug offenbar eine Art Mantel und dazu eine lange Hose, sowie ein dunkles Oberteil. Dann sah ich wieder langsam zur Gestalt und konnte beobachten wie sie sich veränderte. Vor Schreck drückte ich mich noch etwas mehr an die Wand, während ihre Umrisse schärfer wurden und ihre Haut und Kleidung an Farbe gewannen. Was ging hier vor?! Hikas Oberteil wurde rot und der Aufdruck eines Regenbogens begann sich abzuzeichnen. Ihre Jeans wurde blau und ihre Haare wurden vom Ansatz bis in die Spitze langsam in ein dunkles rot getaucht. Ich blinzelte und sah an Hika hinab, als ob sie ein neues Weltwunder war. „Was – was war das?“, brachte ich nur leise hervor und ich sah wie sie lächelte. „Du bist bestimmt die Neue.“ Sie ging langsam auf mich zu und hielt mir ihre Hand hin. „Herzlich willkommen Kage-Mi.“ „Ist das mein Name?“, fragte ich verwirrt und betrachtete die Rothaarige. Wieso wusste sie meinen Namen? Zur Antwort bekam ich ein Nicken und sie deutete auf meine Brust: „Da steht er doch, Kage.“ Sie kicherte, während ich erstaunt das Namensschildchen an meiner Brust bemerkte. Ich legte eine Hand an den Mantel und zog die gleich wieder zurück, als mich Nässe und Kälte zugleich durchfuhren. „Du solltest dir etwas trockenes anziehen.“, meinte Hika nachdenklich und zog mich kurz darauf zum linken Kleiderschrank. Er bestand aus hellen Birkenholz und die Scharniere wirkten wie blank poliert. „Der ist doch leer.“, meinte ich leise, während ich beobachtete, wie Hika die Hand an den Knauf legte. „Hast du da schon einmal reingeschaut?“, fragte sie neugierig und zog die linke Türhälfte auf. In den nun sichtbaren Schubladen lagen zu meiner Überraschung gefaltete T-Shirts und Pullover in blau, schwarz und rot. Hika kicherte als sie mein verwirrtes Gesicht bemerkte und sagte: „So geht das am Anfang allen.“ „Allen? Es gibt hier noch mehr?“, fragte ich, während ich langsam einen dunkelblauen Pullover aus dem Haufen zog und ihm genau betrachtete. „Natürlich. Mit dir und mir sind wir vier Mi´s und außerdem gibt es noch drei Shi´s.“, antwortete das Mädchen und ich zog meinen Mantel aus. „Mi´s? Shi´s?“ „Mi´s sind die Mädchen und Shi´s die Jungen.“ „Wieso heißen wir so? Und wo sind wir hier?“ „Wir sind bei Joel. Er hat uns aufgenommen. Wir sind verlorene Seelen meint er.“ „Verlorene Seelen?“, Ich zog fragend eine Augenbraue hoch und pellte mich aus meinem Oberteil. Meine Haut war weiß und wirkte makellos, fast wie der Körper einer Puppe. „So nennt er uns jedenfalls. Er sagt wir gehören nirgendwohin und das wir froh sein können, dass er sich uns annimmt.“ „Er hat uns auch die Namen gegeben?“ Ich zog den blauen Pullover über und betrachtete die schwarze Haarsträhne, welche mir über die Schulter fiel. Sie glänzte noch feucht vom Regen und ich betrachtete meine weißen Hände, während Hikas Haut einen bräunlichen Ton aufwies. Aus dem obersten Fach kramte ich mir eine schwarze Jeans hervor, während ich aus den Augenwinkeln sah, wie Hika sich auf ihr Bett setzte. Sie antwortete nicht auf meine Frage und daher fasste ich meinen eigenen Entschluss. „Wenn du fertig bist, sollten wir dich zu Joel bringen.“, meinte sie schließlich und sah mehr den Boden an wie mich. Ich schloss gerade meine Hose und betrachtete ihr Gesicht, welches von Schatten eingehüllt wurde. Sie wirkte unglücklich, fast schon deprimiert. Ich ging entschlossen zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie blickte erschrocken auf und sah mich mit ihren dunkelblauen Augen direkt an, dann setzte sie wieder ein Lächeln auf, welches auf den ersten Blick natürlich und ehrlich wirkte. Doch nun, wo ich so nahe bei ihr stand, sah ich wie gekünstelt es aussah. Auch sie erinnerte mich an eine Puppe. Entschlossen stand sie auf und blickte mich direkt an. „Komm, ich muss dich zu Joel bringen. Er wird wissen wollen, dass du wach bist.“ Ich ließ meinen Arm wieder sinken und nickte stumm. Sie spielte mir ein fröhliches Mädchen vor, doch wie ein Regenbogen, begann auch ihre glückliche Fassade langsam wieder zu verschwinden. Irgendwie hatte ich Mitleid mit ihr, sie schien sich vor etwas zu ängstigen. Als ich auf den Flur trat, schloss sie hinter mir die Tür und ich hatte Zeit kurz den Flur zu betrachten. Er war in Brauntönen gehalten und vor den Fenstern hingen schwere Gardinen. Durch die verregneten Fenster konnte ich in der Ferne die Lichter der Stadt erkennen. „Wo sind wir hier, Hika?“ „Ich habe doch gesagt, wir sind in Joels Anwesen.“ „Aber es ist so groß.“ „Stell nicht so dämliche Fragen!“ Überrascht von ihrer spontanen, harschen Art zuckte ich leicht zusammen und betrachtete sie. Ein ängstlichen leuchten spiegelte sich in ihren Augen wieder, während sie mich diesmal freundlich bat. „Bitte, stell einfach keine Fragen.“ „Es tut dir weh, oder?“, fragte ich leise und sah wie sie zusammenzuckte und schluckte. Dann schüttelte sie den Kopf und bedachte mich wieder mit ihrem puppenhaften Lächeln. „Ach, so ein Quatsch!“ Langsam folgte ich ihr durch den Flur, welcher durch die schlechte Beleuchtung dunkel und bedrückend wirkte. Der Teppich wirkte alt und ausgetreten, war jedoch wunderschön verziert. Hier und da sah ich Schatten in einen anderen Gang ausweichen oder hinter Türen verschwinden, kaum das wir uns näherten. Ich war mir sicher, das wir hier nicht nur sieben Seelen waren, dafür war das Anwesen viel zu riesig. Doch warum wollte sie es mir nicht erzählen? Irgendetwas stimmte hier nicht und das nagte an mir. Auch das wir angeblich nirgendwo hingehörten konnte ich nicht glauben. Um ehrlich zu sein, war mir die ganze Geschichte suspekt. Wenige Meter vor einer großen Tür, blieb Hikari plötzlich stehen und drehte sich zu mir um. „Den Rest musst du alleine gehen. Ich gehe zurück ins Zimmer.“ Es hörte sich an, als ob sie ein Regelwerk vorlesen würde und ich vernahm, wie eine Uhr zur elften Stunde schlug. Draußen zogen sich die Regenwolken enger zusammen und der Regen wurde stärker. Er hing nun wie ein Schleier vor den Fenstern und man konnte kaum mehr als die dunklen Silhouetten der Bäume erkennen, welche nahe der Fenster standen. Ich sah Hikaris wehenden, roten Haaren hinterher, solange ich konnte. Sie wirkte fast wie eine Puppe, weniger wie ein Mensch – war das das Schicksal einer verlorenen Seele? Ich blickte zur Tür, welche leicht offen stand und aus der Licht auf den Flur drang. Langsam ging ich darauf zu und konnte bald eine dunkle Männerstimme vernehmen. Anstatt zu klopfen, sah ich durch den Türspalt in das hell erleuchtete Zimmer hinein. Auf einem großen Sessel hinter einem Schreibtisch saß ein Mann in einer schwarzen Kutte gekleidet. Seine braunen Haare waren zerzaust und auf seinem Gewand glänzen einzelne Regentropfen. In der Hand hielt er einen Telefonhörer und sprach zwar ruhig, aber dennoch so laut, dass ich jedes Wort mithören konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)