Little Talks von darkblues ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Little Talks Jack atmete tief durch, als er beim nächtlichen Rundflug über seine geliebte Heimat glitt. Die Nacht war kalt und es schneite leise über die Dächer der Stadt. An den Mundwinkeln des Frostgeist zupfte ein Lächeln. Er liebte es, um die Geisterstunde herum in den Städten herumzufliegen. Dann prangten dort nämlich hier und da Lichter, die alles in ihrer Umgebung wärmer erscheinen ließen. Und nichts erfüllte sein kaltes Herz mehr, als es in der vorweihnachtlichen Zeit schneien zu lassen. Sanft strich der Wind über sein kurzes, silbrig- weißes Haar. “Ich weiß”, murmelte er zu seinem alten Freund zu. Er musste langsam nach Hause. Der Mond hatte es heute schwer den Nachthimmel zu erhellen, weil ihn ein paar Wolken daran hinderten. Jack bemerkte es und winkte ihm zu. Seitdem er vom Mann im Mond, kurz MiM, als Hüter ausgewählt wurde, betrachtete er ihn mit ganz anderen Augen. Früher hatte er MiM alleine für sein Unglück, als Wintergeist, den niemand zu sehen schien und wiedergeboren zu sein, zur Rechenschaft gezogen. Wie oft hatte er die erbitterten Fragen an ihn gestellt, warum er hier war, was der Sinn sein sollte, warum niemand ihn sehen konnte, obwohl er alles dafür getan hatte. Der Himmelskörper hatte stets nie geantwortet, ihn im Unwissen gelassen, und dafür hatte Jack ihn, in den dunkelsten Stunden seines Daseins, gehasst. Doch jetzt ergab alles seinen Sinn. Durch die Hüter hatte er herausgefunden, wer er war, und was sein Innerstes war, sodass er den Schlüssel gefunden hatte, endlich gesehen zu werden. Endlich wahrgenommen zu werden! Von den anderen Hütern hatte der Frostjunge erfahren, dass der Mann im Mond einst seine Eltern im Kampf gegen Pitch verloren hatte, die zu Zeiten des goldenen Zeitalters gespielt hatte. Lange, lange vor Jacks Zeit und den Hütern des Lichts. Und nun lebte der Mann im Mond alleine auf diesem Planeten, elternlos, umgeben von seinen Mondbots, den riesenhaften Schmetterlingen und den komisch aussehenden Raupen. Mandy besaß ein gigantisches Teleskop, soviel Sandy es mit seinen Bildern aus Sand, in Ausdruck gegeben hatte. Der Mann im Mond war selbst auch ein Hüter- der Hüter der Wünsche und Träume der Kinder. Ein Fiepen riss ihn aus seinem Gedankengang und er schaute sich um. Ein kleines, buntes Geschöpf in türkisblauen Farben- ähnlich wie einem Kolibri- kam auf ihn zugeflogen. Jack konnte sich ein Lächeln zu verkneifen. Babyfee landete wie gewohnt auf seiner Schulter und knuffte ihn in die Wange. “Lange nicht mehr gesehen, kleine Zahnfee.” Beim Anblick des Wintergeistes, errötete das kleine Geschöpf sofort und gab ein leises Summen von sich. Nun mit einem neuen Begleiter unterwegs, flog er über den dunklen Wald hinweg. Sein Ziel war der See. Sein See, in dem er wiedergeboren wurde und sein zweites Leben begonnen hatte. Babyfee währenddessen kuschelte sich an seinen Hals, weil ihr kalt von der Nachtluft war. Dass der Wintergeist nicht im Geringsten Wärme spendete, störte sie nur wenig. Jack entdeckte den See, glitt eine Runde herum, bevor er schlussendlich auf einem Ast einer nah gelegenen Tanne landete. Gähnend streckte er sich und machte es sich auf den Ast gemütlich. Den Stab ließ er locker auf seinen Schoß gleiten und verschränkte die Arme. Er hatte lange nicht mehr geschlafen. Zu viele Tage und Nächte hatte er durchgemacht, um zu sehen, wie viele Kinder nun an ihm glaubten. Alleine durch die ganze Welt fliegend hatte er sie gezählt und war erstaunt über ihre Ausmaße. Es waren zwar nicht so viele wie bei Nord, doch es genügte ihm -nein. Schon alleine das Wissen, dass er gesehen wurde, stimmte ihn zufrieden und ein spitzbübisches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Da machte es auch nichts aus, wenn man ein paar Tage über die Stränge schlug. Aber jetzt musste er ruhen, neue Kräfte sammeln und den wunderbaren Tag ausklingen lassen, der voller Schneeballschlachten, Schabernack und Schneestürmen gewesen war. “Etwa schon müde, Frost?”, säuselte es finster an seinem Ohr. Wie von der Tarantel gestochen schreckte Jack hoch und umklammerte schnell seinen Stock. Er hatte gerade mal die Augen zugemacht, als diese unverkennbare, kalte Stimme ihn aus seinen schönen Gedanken gerissen hatte. Umherschauend, betrachtete er seine Umgebung. Es gab weit und breit keine Anzeichen für irgendeine Person. Babyfee hatte sich ebenfalls aufgerafft und versteckte sich ängstlich in seiner Bauchtasche. Hatte er sich etwa verguckt? Oder spielte sein Verstand gerade verrückt? Es war unmöglich. Diese Stimme… Schnell schüttelte Jack den Kopf. Nein, es konnte nicht sein, dass Pitch Black nach wenigen Monaten, nachdem sie ihn außer Gefecht gesetzt hatten, schon wieder auftauchte. “Hast du mich vermisst?” Diesmal kam es von weiter unten und Jack sprang vom Baum, um eine bessere Aussicht zu bekommen. Und tatsächlich. Am Rande des Sees, stand Pitch, in seine schwarzen Roben eingehüllt, ein höhnisches Lächeln auf den Lippen, sodass seine spitzen Zähne hervorblitzen. Seine goldgelben Augen blitzten gefährlich auf und er legte wie gewohnt seine Hände stets auf den Rücken, während seine pechschwarzen kurzen Haare sich wie eh und je sich nach hinten wölbten. Weiß traten die Knöchel an Jacks Hand hervor, als er den Stab fest umklammerte und unweit von Pitch auf der Erde ankam. “Was willst du, Pitch? Möchtest du dir noch einen Tritt in den Hintern holen, bevor ich dich in dein Loch werfe?” Pitch schwieg, doch das stumme Lächeln blieb auf seinen Lippen. Jack verengte die Augen und hielt seinen Stab so, dass er gegen den Schwarzen Mann gerichtet war, immer bereit, ihm eine Frostwelle abzuwerfen. Er hatte was vor, aber was nur? Der Boogeyman hob beschwichtigend die Hände. “Ich bin nicht gekommen, um zu kämpfen, Jack.” Stirn runzelnd, betrachtete Jack ihn genauer, gab aber seine Kampfposition noch nicht auf. Man wusste ja nie… Schließlich hatte er ihn schon mehrmals belogen, da war er lieber auf der sicheren Seite. Pitch sah wirklich nicht danach aus, als wolle er sich auf einen Kampf einlassen. Mehr noch. Im fahlen Mondlicht sah er fast schon kränklich aus. Tiefe, dunkle Ringe bildeten sich unter des Boogeymans Augen, mehr denn je. Zwar war er recht groß und hatte für gewöhnliche eine schlanke Figur, doch jetzt zeichneten sich schon die ersten Rippen ab. Er wirkte schwach und kränklich. Also waren seine eigenen Ängste und Albträume mit ihm schonungslos umgegangen. “Ich wollte lediglich deinen Dank.” Verwirrt, zog Jack die Augenbrauen zusammen und stellte seinen Stock neben sich auf den schneebedeckten Boden. “Was hast du da gerade gesagt?” Pitch lachte kalt auf und hielt sich die Stirn. Wie armselig dieser Frostjunge doch war. “Was gibt es da zu lachen? Soll ich dir etwa danken, dass du mich reingelegt hast und meinen Stab zerbrochen hast? Soll ich dir danken, dass du fast die Hüter des Lichts vernichtet hast und die Kinder mit Albträumen geplagt hast?”, aufgebracht, warf er die Arme in die Luft. “Was willst du, Pitch Black. Wenn du nur hier bist, um meine Zeit zu verschwenden, dann geh!” Ein schmieriges Lächeln zeichnete sich auf des Boogeymans Gesicht ab. Mit bedächtigen Schritten, trat er zu dem Wintergeist hin, der wieder seine Angriffposition eingenommen hatte. Er wusste es wirklich nicht. “Überlege, Jack Frost. Wenn ich, mit meinem brillanten Plan nicht gewesen wäre, ständest du immer noch in Menschenmengen und würdest von niemanden gesehen werden.” Jack stockte der Atem. Pitch ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und umkreiste galant den Jüngeren. “Das stimmt nicht!” “Oh doch, du weißt, dass es wahr ist. Ich kann deine Angst gerade zu schmecken.” Sein Grinsen riss nicht ab, als er mit säuselndem Ton fortfuhr: “Keiner hätte sich um dich geschert. Nicht der Mann im Mond, nicht die Hüter, die dich bis dato nur als Unruhestifter abgestempelt hatten. Sie hätten dich weiter so dahinvegetieren lassen. Niemand wäre für dich da gewesen. Der Mann im Mond hatte nicht auf deine Fragen geantwortet, die ganzen Jahrhunderte lang. Und irgendwann, wärest du auch verschwunden. Wie jemand, den es eigentlich gar nicht gibt.” Automatisch schütze Jack schnell seine Ohren ab. Er wollte das nicht hören. “Hör auf damit!”, rief er verzweifelt. Er war jemand. Er war Jack Frost, versuchte er sich einzureden. Die Kinder glaubten an ihn, im Gegensatz zu Pitch. Dieser verdammte Pitch! Der Boogeyman drehte die Wörter so herum, wie es ihm gerade passte. //Er spielt nur mit dir,// hörte er sich selbst in Gedanken schalen. //Er möchte, dass du verzweifelt wirst.// Doch der Schwarze Mann dachte gar nicht erst aufzuhören. Er labte sich gerade an Jacks Reaktion, fühlte seine Angst, die immer größer wurde. “Wenn ich nicht gewesen wäre…” flüsterte er einschleimend und legte ihn die knochigen Hände auf die Schultern, sodass der Wintergeist aufsehen musste, “…dann wärest du ein Nichts. Ich bin der einzige, der sich je um dich gekümmert hat. Der dir einen Handel angeboten hat, während die Hüter erst durch Zutun des Mann im Mondes deine Einsamkeit ein Ende machte. Niemand hätte es gekümmert, außer mir.” Er beugte sich leicht vor, bis sein Atem auf Jacks Gesicht tanzte. “Wir zwei müssen nicht allein sein Jack, ich glaube an dich. Vertraue mir.” Und mit diesen Worten, ließ der Schwarze Mann den Frostjungen allein. Allein mit seinen Gedanken, die nun zu rasen begannen. Ein “Was wäre wenn… “ Wenn es wirklich so gekommen wäre… Ein “Was wäre wenn… “ Wenn er damals auf Pitchs Handel eingegangen wäre… Ob unbewusst oder nicht, der Boogeyman hatte einen Funken Zweifel in Jack aufkeimen lassen, egal wie noch so klein er war. Einen Zweifel gegenüber den Hütern. Einen Zweifel gegenüber dem Mann im Mond selbst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)