Never a Hero von cork-tip (FF VII CC / Timetravel / Rebirth) ================================================================================ Kapitel 6: retreat II. ---------------------- „Was hast du getan?“ Angeal klang vorwurfsvoll und vielleicht ein bisschen ängstlich und fast hätte Genesis ihn dafür zurechtgewiesen, dass er sich so bereitwillig Lazards Anweisungen unterwarf. „Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie viel Ärger wir bekommen, wenn die jemandem erzählen, dass sie uns hier gesehen haben?“ „Wir sind doch keine Kinder mehr!“, zischte Genesis ein bisschen genervt, während er überlegte, wie er eine direkte Konfrontation umgehen oder zumindest Angeal davor bewahren konnte. Unter normalen Umständen hätte er sich die Mühe nicht gemacht, doch er konnte sehen, wie viel Angeal daran lag, hier nicht erwischt zu werden. In gewisser Weise konnte er es verstehen. Angeal hatte sich ehrlich gefreut, endlich Ausbilder zu werden, obwohl Lazard in Anbetracht seines Alters lieber noch eine Weile mit seiner Zulassung gewartet hätte und auch wenn Genesis bezweifelte, dass sich ein kleiner Abstecher ins „Spinnennetz“ negativ auf ihre Lebensläufe auswirken würde – in dem unwahrscheinlichen Fall, dass tatsächlich jemand davon erfuhr -, wollte er Angeal nicht in eine Situation hineinziehen, mit der er nichts zu tun haben wollte. Er hatte heute schon ein Mal seinen Willen durchgesetzt. Jetzt war es an der Zeit, Angeal gehen zu lassen und mögliche Konsequenzen alleine zu tragen. „Mach dir keine Sorgen“, sagte er und warf einen kurzen Blick über die Schulter. Der Turk sprach leise mit seiner Begleiterin; er konnte nichts verstehen. „Er hat mich erkannt, nicht dich. Wenn du gleich gehst, sehen sie dich wahrscheinlich nicht. Ich kümmer mich um die Sache.“ „Genesis …“ „Fürchtet nicht, edler Herr“, deklamierte er grinsend, weil er noch nie gewusst hatte, wie er mit einem offensichtlich besorgten Angeal anders umgehen sollte. „Euer Ruf soll keinen Schaden nehmen. Dem Gerechten geschieht kein Leid.“ Die blonde Frau nickte irgendetwas ab und beide Turks nahmen ihre Gläser in die Hand. Spätestens jetzt war klar, dass sie herkommen würden. „Geh jetzt“, drängte Genesis, weil Angeal immer noch zögerte, ihn mit etwas allein zu lassen, was er für eine Gefahr hielt. „Sonst ist es zu spät.“ Er musste ihm recht unsanft auf den Fuß treten, um ihn in Bewegung zu setzen, aber dann ging alles ganz schnell. Sie verzichteten auf eine ausführliche Verabschiedung, um keine Zeit zu verlieren, doch als Angeal Genesis passierte, legte er ihm Vorbeigehen die Hand auf die Schulter. „Das hättest du nicht tun müssen.“ Es war seine Art, sich für etwas zu bedanken, das ihm unangenehm war und Genesis nahm die Worte mit einem Lächeln zur Kenntnis. „Mach keinen Unsinn. Und … Schön, dass du heute da warst.“ Dann war Angeal weg und er hatte die Turks im Nacken. Er konnte ihre Blicke spüren und obwohl er wusste, dass er ihnen körperlich weit überlegen war, machte es ihn nervös. An Turks konnte man sich einfach nicht gewöhnen, egal wie jung, wie neu oder wie hübsch sie waren. „Kommandant Rhapsodos“, grüßte dieselbe Stimme wie Stunden zuvor. Wenigstens hatte der Turk den Anstand, leise zu sprechen, damit niemand auf sie aufmerksam wurde. Allerdings war er dreist genug, sich völlig uneingeladen dorthin zu setzen, wo bis vor kurzem noch Angeal gesessen hatte. Die blonde Frau folgte. Offenbahr hatten sie beide verstanden, dass sein Begleiter nicht wiederkommen würde. Genesis beschloss, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und begrüßte die unwillkommenen Gäste mit einer einladenden Geste. „Stets zu Diensten“, heuchelte er den unterwürfigsten Respekt. Dieser verdammte Bastard von einem Turk hatte ihm die wahrscheinlich einmalige Chance verdorben, Angeal betrunken zu sehen. „Und mit wem habe ich die Ehre?“ „Man nennt mich Gun“, stellte sich die Blonde vor und Genesis schob es auf seinen beeindruckend hohen Rang, dass sie so ehrlich war, ihn darauf hinzuweisen, dass dieser Name nichts mit ihrer bürgerlichen Identität zu tun hatte. Nicht unüblich für Turks, die noch irgendwo Freunde oder Familie hatten. „Tseng.“ Genesis speicherte den Namen unter „besser zu vermeiden“ ab. Er hatte den Eindruck, dass alles Interesse an dieser Unterhaltung von ihm ausging – die Frau, Gun, hätte wohl lieber einen Bogen um ihn gemacht – und wenn Turks Interesse an jemandem zeigten, bedeutete das selten etwas Gutes. „Ich könnte sagen ‚sehr erfreut‘, aber ich lüge nicht gerne“, fuhr er fort. Kein Grund, seinen Unmut völlig zu verhehlen, auch wenn er ihn in einen Mantel süßlich-theatralischer Unehrlichkeit hüllte. Er konnte sehen, dass wenigstens Gun seine Verstimmung ernst nahm. Wahrscheinlich hatte Tseng ihr keinen guten Grund genannt, weshalb sie unbedingt einem der SOLDAT-Kommandanten nach Feierabend auf die Nerven gehen mussten. Jedenfalls hatte sie Respekt, wie es sich gehörte. „Gibt es denn keinen einzigen Ort in Midgar, der nicht von Turks wimmelt? Ich fürchte, eure Abteilung hat zu viel Geld, wenn sie sich so viel Personal leisten kann.“ „Mit Verlaub: Nichts gegen die 400 Rekruten, die SOLDAT jährlich bekommt, Kommandant“, wagte Gun zu widersprechen. Willkommen im Krieg der Abteilungen. Ein Endlosthema, das sich so wenig lohnte, dass Genesis darauf verzichtete, sie darauf hinzuweisen, dass die Turks sich von den besten dieser 400 nicht wenige unter den Nagel rissen. Stattdessen winkte er müde ab. „Oh, bitte! ‚Kommandant‘! Wenn ihr schon ungebeten in meine Komfortzone eingedrungen seid, machen Förmlichkeiten auch keinen Sinn mehr. Es ist schon spät, wir sind im ‚Spinnennetz‘ und da steht Bier. Ich dachte, bei euch lernt man, sich der Situation entsprechend zu verhalten.“ Gun spielte nervös mit dem Saum ihrer Bluse und schielte nach Tseng, als wollte sie ihn bitten, sie aus dieser unangenehmen Situation zu retten. Zu Genesis‘ Überraschung lächelte der Turk. Weder wohlwollend, noch ehrlich amüsiert, aber er lächelte. In diesem starren Puppengesicht wirkte jede Regung fehl am Platz. „Genesis also“, bemerkte er und ließ sich noch ein Glas bringen, um die Flasche Rum anzubrechen, die noch unberührt auf dem Tisch stand. Wenn er schon viel getrunken hatte, ließ er sich nichts anmerken, aber auf Dauer würde Genesis zwangsläufig im Vorteil sein. „Es tut mir leid, dass wir deinen Freund vertrieben haben.“ 'Scheiße', dachte Genesis, weil er nicht wollte, dass sie sich zu sehr für Angeal interessierten, zuckte aber nur gleichgültig die Achseln. „Ich gehe davon aus, dass ihr einen Grund hattet. Alles hat einen Grund, nicht wahr?“ „Wutai“, erwiderte Tseng knapp und sein Gesicht blieb unlesbar. Dass Tseng selbst oder wenigstens seine Eltern aus Wutai stammten, war offensichtlich und Genesis fragte sich, wie persönlich diese Unterhaltung werden sollte. Tseng war ein Turk. Es war unwahrscheinlich, dass er einen Groll gegen die Männer hegte, die seine Heimat verwüstet hatten – wenn, hätte er vermutlich nichts gesagt oder sich direkt gegen Sephiroth gewendet, dessen Taten Genesis‘ oder Angeals Beiträge zu diesem Krieg weit in den Schatten stellten. Auf jeden Fall konnte sich Genesis nicht erinnern, Tseng in Wutai begegnet zu sein. „‘Wutai‘ ist kein besonders eng gefasstes Thema“, stellte er fest. „Und ich interessiere mich nicht sonderlich für Politik.“ Er hoffte, den Turk nicht zu sehr verärgert zu haben, während er dessen Begleiterin zuprostete. Weniger, um sie aufzumuntern, als um sie noch mehr einzuschüchtern. „Ich will mich dafür bedanken, dass du meinen Vater getötet hast“, sagte Tseng direkt und emotionslos. Genesis wäre vor Entsetzen fast vom Stuhl gefallen und er konnte sehen, dass es Gun nicht besser ging. Er konnte überhaupt nicht einschätzen, ob Tseng seine Worte ernst meinte – was objektiv betrachtet absolut fürchterlich, für Genesis jedoch die angenehmste Lösung gewesen wäre – oder ob er vorhatte, seine Familie zu rächen – was selbstverständlich nicht gelingen konnte und ein mehr als unglückliches Ende nehmen würde. „Wenn es nicht zuviel verlangt ist, würde ich gerne unter vier Augen darüber sprechen.“ Gun betrachtete außergewöhnlich interessiert ihre Schuhe, bemerkte Genesis beiläufig und hoffte, dass er nicht ganz so leichenblass und schockiert aussah wie sie. 'Mach keinen Unsinn', hörte er Angeal sagen und bat in Gedanken um Vergebung, bevor er mit einem Nicken Tsengs Bitte gewährte. Was konnte schon groß passieren? Mit einem einzelnen Turk würde er notfalls problemlos fertig werden. Und das mulmige Gefühl in seinem Magen sagte ihm, dass er diese Angelegenheit nicht ungeklärt lassen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)