Wie schwarze Wolken am Himmel [MMFF] von Reeney ================================================================================ Prolog: Infiltration -------------------- Obwohl der Sommer gerade erst angefangen hatte, herrschte seit Tagen eine enorme Hitze. Die Luft auf den Straßen der Metropole war noch stickiger als sonst und selbst die Sonnenanbeter unter der Bevölkerung sehnten sich nach Regen. Zu der Mittagszeit trieben sich fast ausschließlich Touristen unter freiem Himmel herum, oder eben die Leute, die wegen Terminen oder der Arbeit nicht im kühlen Heim bleiben konnten. Unter den Passanten befand sich eine schlanke Frau. Nicht wenige Blicke zog sie auf ihrem Weg auf sich. Die langen, braunen Haare, die leicht gebräunte Haut, die straffen, langen Beine und das Figur betonende, schwarze Kostüm sorgten immer wieder dafür, dass ein paar Männer sie mit lasziven Blicken musterten. Sie selbst achtete darauf nur wenig, auch wenn sie es immer wieder genoss. Nach ein paar weiteren Metern blieb sie vor einem hohen Gebäude stehen. Die teure Sonnenbrille verschwand in ihrer kleinen, vergleichsweise billigen Handtasche, ehe sie ihr Ziel noch einmal aus dunklen Augen begutachtete. Es handelte sich um das Polizeipräsidium, das mit etwas Glück bald ihr vorübergehender Arbeitsplatz sein würde. Auf ihren hohen Schuhen stolzierte sie die Auffahrt hinauf, trat in das Gebäude ein, worauf sie sich in einer großen Eingangshalle wiederfand. Ihr Blick hatte noch nicht einmal den ganzen Raum erfasst, da wurde sie bereits von einem gehetzt wirkenden Beamten angesprochen. „Sie müssen Kudo Yimoe sein. Takagi mein Name.“ Auf den Zügen der Brünetten bildete sich ein charmantes Lächeln, bevor sie die Hand des Polizisten entgegen nahm. „Ja. Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ „Entschuldigen Sie die Frage, aber Sie sind nicht zufälligerweise mit Kudo Shinichi oder seinen Eltern verwandt? Diese Familie hat uns schon oft bei Fällen geholfen und da sie schon den gleichen Namen tragen…“ Die Brünette schüttelte den Kopf. „Nein. Das muss Zufall sein.“ Der dunkelhaarige Mann kratzte sich kurz verlegen am Kopf, bevor er zu einem Aufzug am Rande der riesigen Halle nickte und sie beide den Weg zu diesem antraten. „Ach und wundern Sie sich nicht, wenn die Kollegen anfangs nicht ganz so freundlich auf Sie reagieren. Ihr Vorgänger ist erst vor kurzem verstorben und sein Tod nimmt uns alle noch etwas mit.“ Ein schlichtes Nicken kam von Seiten der Brünetten. „Natürlich. Mir selbst fällt es nicht leicht, Yukimarus Tod zu akzeptieren. Besonders da er es war, der mir diesen Job empfohlen hat.“ „Stimmt ja. Sie kannten ihn näher.“ Erneut nickte sie, während der Polizist auf den Knopf des Aufzuges drückte, worauf die metallenen Türen aufgingen und sie einstiegen. Takagi drückte einen weiteren Knopf, dann setzte sich der Aufzug in Bewegung. Die Augen der Frau lagen musternd auf dem Mann neben ihr. „Sagen Sie, habe ich das richtig verstanden und ich habe den Job schon?“ „Ja, ihre Bewerbung kam einfach zur richtigen Zeit und da ihr Vorgänger eine Empfehlung für Sie abgegeben hat, hielt der Polizeipräsident ein Bewerbungsgespräch nicht für nötig. Hat man Ihnen das denn nicht mitgeteilt?“ „Nein. Man hatte mir gesagt, ich solle heute zu einem Bewerbungsgespräch kommen.“ Der Beamte lächelte. „Nun, dann freut es mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass sie den Job haben. Der Chef hätte Sie zwar gerne auch persönlich empfangen, nur ist er zurzeit leider erkrankt.“ „Das ist schön“, entgegnete Yimoe mit einem breiten Lächeln. Tatsächlich freute es sie, dass sie so schnell den Job bekam. Selbst wenn ihr jemand zuvorgekommen wäre, hätte sie früher oder später die Nachfolge Yukimarus, der bei der Polizei unter anderem für die Kontrolle von Personalien, Informationenbeschaffung über bestimmte Personen und Eintragungen in die Akten verantwortlich war, angetreten, dieser Weg war allerdings der Einfachste. Im achten Stock hielt der Aufzug an und der Inspektor führte die Brünette über einen langen Gang zu dem Raum, der ihr neues Büro werden sollte. Das Zimmer war in einem schlichten Weiß gehalten, viele Aktenschränke standen an den Wänden, während in der Mitte eine Insel aus vier Schreibtischen stand. An jedem ein Computer, doch nur an einem eine Vase mit einem kleinen Blumenstrauß als Andenken an den kürzlich verstorbenen Beamten. Zu dem Verwundern der Brünetten war keiner ihrer neuen Kollegen anwesend. Das ihr Begleiter keiner von diesen war, wusste sie schon aus anderen Quellen, wobei sie sich wunderte, dass er es war, der ihr ihren neuen Arbeitsplatz zeigen sollte. „Im Moment sind die anderen Drei in der Mensa beim Mittagessen. Wenn Sie wollen kann ich sie Ihnen gleich vorstellen, damit Sie auch von diesen in Ihre Arbeit eingewiesen werden“, begann der Polizist wieder zu erklären. „Sie bekommen den Schreibtisch ihres Vorgängers. Das ist der mit den Blumen. Hinter der Tür“ – er deutete mit seinem Zeigefinger auf eine Tür auf der anderen Seite des Raumes – „befinden sich die Personenakten. In digitaler Form gibt es diese zwar auch, aber gerade bei sehr komplexen Persönlichkeiten oder bereits verstorbenen Leuten sind nur die wichtigsten Daten im Register auf dem PC vermerkt. Im Übrigen werden alle drei Dezernate Informationen bei Ihnen anfordern, Sie werden also genug zu tun haben.“ Die Frau nickte kurz, um zu zeigen, sie habe alles verstanden. Genaugenommen wusste sie schon alles, was sie für diesen Job zu wissen brauchte, doch musste sie das dem Beamten nicht unter die Nase halten. Immerhin wusste dieser nicht, dass sie schon vor dem Tod Yukimarus wusste, dass dieser an Krebs zu sterben hatte, und sich aus diesem Grund von ihm in alles Wichtige hat einweisen lassen. Sie ging weiter in das Zimmer hinein, blieb an ihrem Schreibtisch stehen und wandte sich dann wieder dem Polizisten zu. „Inspektor, wie kommt es, dass Sie für mich zuständig sind und nicht einer…“ Weiter musste sie gar nicht reden, da lächelte ihr Takagi auch schon entgegen und setzte mit der Antwort an. „Die Mittagspause. Keiner wollte auf diese verzichten. Also verstehen Sie das bitte nicht falsch, Ihre Kollegen sind sehr nett, nur fällt es ihnen schwer, nach dem Tod ihres Partners gleich jemand Neuen zu empfangen, der ihn sozusagen ersetzt. Ich bin mir aber sicher, dass sie sich, wenn sie Sie erst mal treffen, gut um Sie kümmern werden.“ Verständnisvoll nickte Yimoe, bevor der junge Inspektor erneut das Wort erhob. „Ich würde Ihnen noch den Rest vom Präsidium zeigen, danach müssten auch Ihre Kollegen wieder zurück sein und Sie könnten sich schon langsam einarbeiten. Vorausgesetzt Sie können heute schon anfangen?“ Kurz wirkte die hübsche Frau überrascht, fing sich allerdings sehr schnell wieder. „Oh, natürlich kann ich gleich anfangen. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich auch lieber gleich hier umsehen. Ich bin mir sicher, den Rest der Wache wird mir auch noch später mal jemand zeigen können.“ Sie fügte noch ein Lächeln hinzu, damit es nicht zu sehr so wirkte, als würde sie ihren Gegenüber loswerden wollen. Diesen schien das allerdings nicht zu stören. Er nickte mit einem freundlichen Lächeln, fragte noch einmal nach, ob es dann in Ordnung sei, wenn er wieder an seine Arbeit ging, was Yimoe bejahte. Wenig später fiel die Tür ins Schloss und sie war ganz allein in ihrem neuen Büro. Erleichtert stieß sie die Luft aus, ließ sich auf dem Drehstuhl an ihrem Schreibtisch nieder, während sie ihr Handy aus ihrer Handtasche kramte. Sie wählte eine ihr wohlbekannte Nummer und es dauerte nicht lange, bis sich eine raue Stimme am anderen Ende der Leitung rührte. „Vermouth, wie lief’s?“ Ein spitzes Grinsen umspielte die Lippen der Frau, die man unter mehreren Namen kannte. Innerhalb der Organisation hieß sie Vermouth, manche kannten sie auch als Vineyard Sharon oder Vineyard Chris. Für ihre aktuelle Mission wählte sie den Namen Kudo Yimoe und dabei war es kein Zufall, dass der verschwundene Schülerdetektiv den gleichen Namen trug. Tatsächlich wurde davon erhofft, dass jemand ihr eine Spur geben konnte, diesen zu finden, denn das sie bereits wusste, in welcher Rolle der Oberschüler geschlüpft war, hielt sie gekonnt vor ihren Vorgesetzten geheim. Während diese nach dem Jungen suchen ließen, da die Annahme von seinem Überleben immer stärker wurde sowie das er dadurch zur Gefahr für die ganze Organisation wurde, die beseitigt werden musste, hoffte sie insgeheim, dass Shinichi besagte Organisation zu Fall bringen würde. Ihre neue Position ermöglichte es ihr, dem geschrumpften Teenager zu helfen ohne dass er jemals davon erfahren würde. „Ich bin drin. Scotchs Empfehlung hat den Polizeipräsidenten sofort überzeugt.“ Bei diesen Worten sowie dem Anblick der Blumen wanderten ihre Erinnerungen kurz zu Yukimaru oder Scotch, unter welchem Namen er als Mitglied der Organisation bekannt war. Er war ein großartiger Mann gewesen, der seit vielen Jahren die kriminelle Vereinigung mit Informationen fütterte, ihnen wenn es sein musste falsche Identitäten verschaffte, so wie auch noch kurz vor seinem Ableben die von Kudo Yimoe. Es war schade, dass man seinen Krebs nicht hatte aufhalten können, doch wenigstens konnte sie nun seine Arbeit für die Organisation fortführen, bis sie jemanden gefunden hatten, der dafür geeigneter sein würde. „Das freut mich.“ Die dunkle Stimme Gins riss sie aus ihren Gedanken. „Morgen startet ein Testlauf des verbesserten Apoptoxin 4869. Deine Dienste werden also bald benötigt.“ Vermouth war keine der Befürworter dieser Strategie mit dem Gift. Nachdem der Organisation bekannt wurde, dass das eigentlich tödliche Gemisch in manchen Fällen den Körper in den eines Kindes verwandelte, setzte ihr Team aus Chemikern und Forschern dieses Bereiches alles daran, diese Wirkung gezielt zu erhalten. Gäbe es ein paar Mitglieder in ihren Reihen, die zwar den Körper eines Kindes besaßen, aber gleichzeitig ihren Verstand behielten, dann ließe sich dadurch viel erreichen. Egal ob im Bereich der Observation, von Mord und Diebstahl oder Handel. Das Netz der Organisation würde sich erweitern, sie würden noch mächtiger werden und ihre Gegner besser täuschen können. Wie schwarze Wolken am Himmel, würden sie die Menschen beeinflussen, ohne dass ihnen selbst Gefahr drohte, vernichtet zu werden. Selbst eine silberne Kugel würde dann machtlos sein. Doch es blieb noch Zeit. Momentan bot der Himmel der Sonne noch genug Chancen, durch den Smog das Leben der Bürger mit Wärme zu füllen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)