Die Ferne des Himmels von Midnight (Zurück auf los) ================================================================================ Kapitel 11: Die grausame Wahrheit --------------------------------- Etwa zwei Wochen später... "Was willst du hier?", grummelte ich, als ich Jorden die Tür öffnete. Er war nun wirklich der Letzte mit dem ich gerechnet hatte. Seid der Party mied ich ja auch jeglichen Kontakt mit ihm. Und das hatte auch einen Grund. Ich wusste einfach nicht wie ich mit ihm umgehen sollte. Immerzu wenn ich an ihn dachte, hatte ich so ein schrecklich unbehagliches Gefühl. Jetzt wo er vor mir stand und so erwartungsvoll zu mir hochblickte, wurde es nur noch unerträglicher. Mit seinen Fingern zupfte er sich am Saum seiner Jacke herum und wirkte erst ein wenig unentschlossen, ehe sein Blick sich korrigierte und ernster wurde. "Ich möchte wissen, warum du mich plötzlich ignorierst!? Was habe ich dir getan, dass du mich so behandelst!?" Um ehrlich zu sein. Rein gar nichts. Nein. Es war alles meine Schuld! Obwohl ich mich doch gar nicht schuldig fühlen müsste! Schließlich tat ich ja nichts Verwerfliches. Ich hatte niemanden betrogen, oder belogen, keine unechten Gefühle vorgegaukelt, niemandem irgendwelche Versprechen gemacht, nichts getan, was der Andere nicht auch wollte. Und trotzdedem löste Jorden diese Schuldgefühle in mir aus. Als tat ich ihm irgendwas schreckliches an. Wenn ich an Gott glauben würde, würde ich ihn fragen, ob er mich für alles bestrafen wollte, für das, was ich ihm angetan hatte. Dabei fühlte ich mich so reumütig wie noch nie in meinem Leben. Das einzige was ich zu bedauern hatte war meine Ex, die mich einfach zu tode nervte! Und dieses Gefühl, dass sich manifestierte wie ein lässtiger Parasied! Ich hasste dieses Gefühl! Ich hasste es, dass nicht damit umgehen konnte! Ich hasste es, dass ich überhaupt so viel darüber nachdachte! Ich hasste es, dass Jorden dieses Gefühl in mir auslöste! "Ach ich hatte einfach keine Lust. Wollte halt mal meine Ruhe haben. Außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass wir uns jemals als Freunde betitelt hätten. Ich habe keinerlei Verpflichtungen dir gegehüber mich zu melden oder so! Also lass mich einfach in Ruhe!", erklärte ich ihm. Immerhin war es die Wahrheit. Auch in diesem Punkt, hatte ich ihm nie irgendwelche Hoffnungen gemacht! Also, wieso war er nur so schrecklich hartnäckig! "Keine Lust? Willst du mich verarschen? Du ignorierst mich seid der Party! Danach warst du doch auch schon so komisch. Was ist passiert?", wollte er hartnäckig wissen. Sein Blick war entschlossen, seine Lippen hingegen pressten sich fest auf einander, wie die eines kleinen Kindes. Auf eine Weise...fand ich das sogar...fast süß. Für einen Moment war ich sprachlos. Alles um mich herum spielte verrückt. Hatte ich je schon mal jemanden süß gefunden? Wohl kaum! Kurz schüttelte ich den Kopf. Welch Hirngespinste mir da auch immer im Kopf herum spuckten...Sie mussten aufhören! Sie verwirrten mich eh nur und meine Welt, drohte nur noch mehr aus allen Fugen zu geraten. Dabei sollte sie doch so bleiben wie sie war. Versteckt in einem Winkel zwischen allen anderen Welten, in denen die Menschen lebten. Dort wo sie niemand sah und in Ungleichgewicht bringen konnte! Doch Jorden schien es mir unmöglich zu machen. Er machte mir schon wieder Chaos in meinem Kopf. Er durchschaute mich und das gefiel mir nicht! Auch meine Lippen pressten sich fest auf einander und mein Blick musste ziemlich angespannt und genervt sein. Denn ein Blick auf seine Beine verriet mir, wie sehr ihn das Alles beschäfftigen musste. Mehr, als mir lieb war. Seine Hände drückten sich fest an seine Knie. Ob er das überhaupt spürte? Warum tat er das nur? Doch nicht wirklich meinetwegen! Er wirkte dabei fast so, als hoffte er inständig etwas zu spüren, was nicht da war. Nicht mehr. So wie damals. ... "Nein Bitte! Lasst mich in Ruhe! Ich hab euch doch nichts getan!", jammerte der kleine, dicke Junge, der sich an die Wand der Jungentoilette drängte. Umzingelt von drei älteren Jungs, die eine Klasse über ihm waren. "Was? Na und ob du uns was getan hast. Du lebst!", lachte Benjamin kalt. Der Junge, sah ihn angsterfüllt an. "A...ber.", stotterte der Kleinere. "A..ber was?", echote einer der Anderen lachend. "Was meinst du, was wollen wir heute mit ihm machen?", "Ich weiß was! Wir waschen seine Haare in der Toilette!", meinte der zweite begeistert. Benjamin schüttelte den Kopf. "Nein, ich weiß was Besseres!", grinste er. Über dem Kleineren verdunkelte es sich. Zitternd und ängstlich, rutschte er langsam, die glatte, kalte Wand herunter, die Hände an seine Knie gedrückt, als wolle er etwas fühlen, was nicht da war. Gelächter, wo man auch hinsah. Alle lachten und zeigten mit dem Finger auf ihn. Der Kleine rannte, rannte um sein leben. Gepeinigt, verängstigt, weinend. "Sieh mal, der Dicke aus der C.", "Iiihhh, ist ja eklig!", spottete ein anderer Junge. "Der ist ja nackt!", Empörung bei den Mädchen. Da rannte der Kleine, ohne Kleidung durch den Korridor. Gelächter. "Die haben ihm die Sachen geklaut." Niemand tat irgendwas. Keines der anderen Kinder half ihm. Selbst die Lehrer schienen immerzu weg zu sehen. Solche gemeinen Streiche waren schon längst keine Seltenheit mehr. Niemand kümmerte sich um den kleinen, hilflosen Jungen... Zu diesem Zeitpunkt wusste ja noch niemand um die ungeahnten Konsequenzen die sich aus einem dieser grausamen Streichen ergeben würden... ... Verstand er denn nicht, was für ein grausamer Mensch ich war? Schließlich habe ich ihm nie irgedwas Gutes getan. Ihn immer nur gequält und grausame Dinge angetan, ohne einen Grund dafür zu haben. Was machte ihn nur so optimistisch, dass wir Freunde werden könnten? Warum hasste er mich nicht? Oder war das Alles nur Schein? Nein! Das konnte ich nicht glauben! Seine Hände drückten sich noch immer fest an seine Knie und sein Blick hatte noch immer bestand. Dieser Kleine war doch unverbesserlich. Ich seufzte tief. "Sag mal, was versprichst du dir eigentlich davon?", fragte ich plötzlich, wärend ich ihn fest ansah, direkt in seine klaren Augen. Für Sekunden wich sein Blick nach unten, ehe er mich wieder ansah "Na, ich hoffe wirklich,...das wir Freunde werden können! Benjamin! Ich verstehe dich einfach nicht! Ich verstehe nicht warum du mich so sehr hasst!", antwortete er mit, lauter, ausdrucksvoller Stimme, dessen Worte einen schweren Beigeschmack hatten. Sie setzten irgendwas frei, was tief in mir verankert war. Ihn hassen? Ich wusste nicht mal genau, was das für ein Gefühl das war, das ich für ihn empfand. Ich wusste nur, dass ich seinen Anblick nicht ertragen konnte. Schon damals nicht. Seine Art und Weise brachte mich einfach auf die Palme. Wenn er mich verängstigt ansah, wenn er sich von mir pisacken ließ. Wenn er einfach nur da saß und aß und scheinbar mit niemandem was zu tun haben wollte. Er setzte sich komplett ins Aus. In seine kleine Ecke, in der er sich unbeobachtet zu fühlen schien. Aber ich habe ihn immer gesehen. Ganz egal, wo er sich auch versteckte. Ich fand ihn immer. Seine Angst gab seinem Gesicht so viel Leben, dass sich sonst nie zeigte und gleichzeitig wollte ich ihm wehtun. Ich glaube, ich wollte sogar dass er mich hasst, weil es die einzige Emotion war, von der ich glaubte, dass ich sie bei ihm als Endresultat auslösen konnte. Doch ich konnte spüren, dass er mich trotz allem niemals hasserfüllt ansah. Nein, in seinen Augen flackerte die Angst und noch etwas, was tief in ihm verborgen war. Stärke! Die Stärke, dass alles zu ertragen und zu dem Menschen zu werden, der er jetzt war. Ja, Jorden war stark. Er war das genaue Gegenteil von mir. Ich war all das, was ich nicht sein wollte. Ein ängstlicher Feigling, der davon rannte, weil er den Anblick eines Menschen nicht ertragen konnte vor lauter Schuldgefühlen. Vielleicht war ich auch nur ein Ertrinkender, der einen Rettungsanker suchte, dessen Farbe ihm nicht gefiel und ihn deshalb nicht ergriff...ein storrisches Kind... Aber ihn hassen? Nein...ich hasste ihn nicht...! "Ich kann dir leider nicht versprechen, dass wir Freunde werden. Freundschaften schließen war noch nie so mein Ding.", erklärte ich ihm wahrheitsgemäß. Auch wenn es früher immer so wirkte, als hätte ich Freunde, entsprach das nicht der Wahrheit. Keiner von denen mochte mich, weil ich, ich war. Sie mochten mich, weil meine Eltern reich waren, weil ich ständig Scheiße baute und weil sie sich in der Gruppe stark fühlten. Dabei wollte ich doch nichts, außer die Aufmerksamkeit meiner Eltern. Dafür musste Jorden all die Zeit leiden, obwohl er rein gar nichts für meine Probleme konnte. Alles was ich brauchte war ein Opfer. Jemanden, den ich einfach nicht leiden konnte. Das war die grausame Wahrheit! Doch es gab noch eine andere Wahrheit. Nicht wahr? "Aber wieso sollte es denn nicht funktionieren? Wir haben uns doch...ganz gut verstanden oder?", wiedersprach er mir. "Wenn dir das Alles so unangenehm wäre, hättest du dich doch nicht mit mir abgegeben!", wurde er lauter. Seine Hände zitterten bereits, sein Blick zeigte, dass er verärgert war. Presste die Lippen zusammen, bevor er wieder das Wort ergriff. "Spring doch endlich mal über deinen verdammten Schatten!", schrie er heraus, wie eine verzweifelte Klage. Sein Blick ernst und gleichzeitig voller Hoffnung. Es musste ein Wunder sein, dass er sie noch nicht aufgegeben hatte. So wie es jeder andere täte, der in seiner Situation war. Nur das Jorden nicht jeder andere war. Jorden hatte bewiesen, dass es auch anders ging. Das ging mir gegen den Strich! Trotzdem konnte ich nichts dagegen tun. Es war, als sein ich machtlos. Emotionslos zuckte mit den Schultern. "Mach was du willst...", grummelte ich. Jorden zauberten diese Worte ein Lächeln aufs Gesicht, obwohl meine Antwort, auf seine Worte nicht wirklich passte. "Willst du mich noch lange hier stehen lassen, oder darf ich endlich rein? Das wird langsam ungemütlich hier draußen.", meinte er und schon trat ich zurück. Das musste schon ein Reflex sein. Sonst wäre ich nicht so inkonsequent. Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen und Jorden rollte in seinem Rollstuhl Richtung Treppenaufgang, wo er auf mich wartete. Wie so oft fragte ich mich, warum meine Eltern an alles gedacht hatten, nur nicht an einen Aufzug. Ich folgte Jorden und hob ihn aus seinem Rollstuhl, um ihn die Treppe hinauf zu tragen. Nachdem ich ihn auf meinem Sofa abgesetzt hatte, holte ich seinen Rollstuhl hoch, damit er sich frei bewegen konnte, wenn er wollte. Zum Glück konnte man das Ding zusammenklappen, sonst wäre es echt umständlich. "Hier, dein Rollstuhl. Willst du dich wieder reinsetzen?", Jorden schüttelte den Kopf. "Danke, aber nein. Hast du Lust einen Film zu gucken? Irgendwie habe ich da richtig Lust drauf.", ich zuckte mit den Schultern. Ganz ernsthaft, es war mir egal was wir taten. Hauptsache ich musste dafür nicht viel tun nd ich hatte meine Ruhe... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)