Hunters von Fay_Fee (Die Erinnerungen des alten Silver) ================================================================================ Kapitel 8: Kapitel Acht ----------------------- ~Kapitel Acht~ Den erhofften Schutz vor dem Regen bot der dichte Wald leider nicht. Sie waren bereits durchnässt bis auf die Haut, da ging der Gewittersturm erst richtig los. Der Wind blies so stark, dass sie aufpassen mussten, nicht von den herabfallenden Ästen erschlagen zu werden. Über ihnen zuckten die Blitze im Sekundentakt. Durch den dichten Regen konnten sie kaum etwas sehen. Und es wurde von Minute zu Minute kälter. »Ich kann nicht mehr!« rief Sharon durch den lauten Sturm und den Donner. »Was? Ich versteh dich nicht!« rief Zoran zurück. »Ich sagte ich kann nicht mehr! Das ist zu anstrengend!« »Sie hat Recht, Zoran!« Er versuchte durch den Sturm zu erkennen, von wo aus Fay ihm zurief. »Wir brauchen einen Unterschlupf!« »Was?« »Wir brauchen einen Unterschlupf!« »WAAAS?« »WIR. UNTERSCHLUPF. JETZT!« »Ich hab kein Wort verstanden! Lasst uns zuerst einen Unterschlupf suchen!« Zoran versuchte irgendwas ausfindig zu machen, wo sie sich in Sicherheit bringen konnten, aber er konnte so gut wie gar nichts sehen. Noch dazu war es bereits dunkel. Er wollte die Hoffnung schon aufgeben, da spürte er von irgendwoher einen warmen Lufthauch. Er tastete um sich , bis er Sharons Arm zu fassen bekam. »Was ist los?« »Folgt mir!« Sharon hielt sich mit der linken Hand an Zorans Jacke fest, mit der Rechten hielt sie Fay's Hand. Blake lief dicht neben Zoran her, damit sie sich nicht verlieren konnten. Vor sich konnten sie nun felsige Hügel entdecken. Und zwischen den massiven Steinbrocken fanden sie schließlich eine Höhle. »Glück gehabt!« sagte Fay und legte ihren nassen Rucksack und Mantel ab. Blake schaute sich in der Höhle um. Sie war um einiges größer, als es auf den ersten Blick schien.Ihre Decke war beinahe vier Meter hoch. Tiefer in der Höhle war es Stockdunkel. Sharon zitterte vor Kälte. »Können wir nicht ein Feuer machen?« Zoran deutete nach draußen. »Dann viel Spaß bei der Brennholzsuche. Sei froh, dass wir überhaupt im Trockenen sind.« »Hey, Zoran. Was glaubst du, wie weit geht es dort hinein?« Vorsichtig ging Zoran ein Stück tiefer in die Höhle. Dann nahm er einen Stein von Boden auf und warf ihn in die Dunkelheit. Nach einigen Sekunden konnten sie aus der ferne ein dumpfes Echo hören. »Ich würde sagen, ziemlich tief.« Plötzlich war aus der Dunkelheit lautes, schrilles Gekreische zu hören. Sie mussten sich die Ohren zuhalten, so sehr schmerzte es. Das Geschreie erfüllte die gesamte Höhle. Dann folgte wieder Stille. Fay war die Erste, die sprach. »Was um Himmels Willen war denn das? War das ein Mensch?« Blake schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ein Mensch so schreien kann. Das war was anderes.« Sharon ging einen Schritt rückwärts. »Glaubt ihr, dass ist das, wovon der Pförtner gesprochen hat?« »Vermutlich.« »Fay?« »Ja, Blake?« »Drei Silbermünzen wenn du zuerst gehst.« Bevor Fay protestieren konnte, war Zoran bereits losgegangen. »Ähm, willst du da wirklich reingehen?« Er drehte sich um. »Ja, das will ich.« »Dann gehen wir eben alle.« schlug Blake vor. Doch Zoran schüttelte nur den Kopf. »Nein. Jemand muss auf die Sachen aufpassen. Da drin könnten sie hinderlich sein.« Kopfschüttelnd schaute Fay Zoran an. »Mir ist aber nicht ganz wohl dabei, dich alleine gehen zu lassen. Blake oder ich sollten mitkommen.« »Ich will, dass Blake bei mir bleibt!« rief Sharon plötzlich dazwischen. Verwundert sahen die drei Anderen sie an. »Und wieso ausgerechnet ich?« »Weil ich ganz sicher nicht mit der da alleine bleiben möchte.« Fay zuckte nur mit den Schultern. »Gut, meinetwegen. Bleib halt mit Blake hier und passt auf die Sachen auf.« »Nur weil Prinzessin das sagt? Vergiss es, ich gehe mit.« Fay stemmte ihre Fäuste in die Hüften. »Wolltest du mir nicht eben sogar noch Geld dafür geben, dass ich gehe?« Blake wollte protestieren, gestand sich aber wohl ein, dass er dieses Mal verloren hatte. Genervt setzte er sich in die Nähe des Höhleneingangs und starrte schmollend in die stürmische Nacht. »Wollen wir?« Fay nickte, wenn auch etwas zögerlich. »Gut, dann los.« Und so gingen beide vorsichtigen Schrittes in die unbekannte Dunkelheit. Vorsichtig tasteten sie sich an der Wand entlang, bedacht darauf, den Abstand zwischen ihnen so gering wie möglich zu halten. Sie konnten die Hand vor Augen nicht sehen. Die Luft war warm und trocken. Unter ihren Füßen knirschte und knackte es. Nach schier endlosen Minuten wagte Fay Zoran im Flüsterton anzusprechen. »Du hast schon einen Verdacht, oder?« »Was meinst du?« »Du glaubst zu wissen, was hier auf uns wartet, hab ich Recht?« Er glaubte es nicht nur, er wusste es tatsächlich. Dieses Geschrei hatte er in seiner Kindheit schon einmal gehört. Und er erinnerte sich, dass das kein gutes Ende nahm. »Das was wir da eben gehört haben war der Schrei einer Harpyie.« »Eine Harpyie? Bist du dir sicher?« »Ich war mir schon lange nicht mehr so sicher.« Plötzlich ertastete Zoran etwas, das an der Wand hing. Ohne ein Wort blieb er stehen. Fay, nur zwei Schritte hinter ihm, rempelte ihn von hinten an. »Wieso bleibst du denn einfach so stehen?« »Ich glaub, ich hab hier eine Fackel ertastet.« »Eine Fackel?« »Ja, ich bin mir ziemlich sicher. Gib mir mal deine Feuersteine.« Er konnte hören, wie Fay in ihren Gürteltaschen wühlte. Dann ertastete sie seine Hand und gab ihm die Steine. »Glück gehabt, die sind trocken geblieben.« Nach einigen erfolglosen Versuchen hielt Zoran endlich eine brennende Fackel in der Hand. »So, endlich etwas mehr Licht.« Im Schein des Feuers schauten die beiden sich um. Die Höhle war etwas breiter geworden. Trotz des Lichts, dass die Flammen ihnen nun bot, konnten sie kaum weiter in den Gang hineinschauen. Es schien so, als würde die Dunkelheit das Licht einfach verschlucken. »Zoran? Schau mal auf den Boden.« Der Boden unter ihren Füßen war übersät mit Knochen. Menschenknochen. »Siehst du die ganzen Schädel? Wenn die in der ganzen Höhle verteilt sind, müssen es hunderte sein.« Zoran deutete mit der Fackel auf den Gang. »Sollen wir weiter?« »Wie lange sind die Beiden jetzt eigentlich schon unterwegs?« fragte Sharon, während sie in einem Buch las. Blake schaute aus dem Höhleneingang hinaus. Der Sturm legte sich langsam, am Nachthimmel waren keine Blitze mehr zu sehen. »Keine Ahnung.« Sharon klappte ihr Buch zu. Sie konnte sich irgendwie nicht richtig darauf konzentrieren. Unsanft stopfte sie es in ihre neue, graue Tasche. Das war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie überhaupt eine Tasche brauchte. Wozu auch? Im Palast waren es ihre Bediensteten, die alles für sie schleppten. Was hätte sie jetzt nicht darum gegeben, daheim ein heißes Bad zu nehmen und danach in einem ihrer Seidennachthemden an ihrer Kommode zu sitzen und sich zu frisieren. Sharon dachte immer seltener an den Palast. Sie fühlte sich auch nicht mehr als Geisel von Blake und Zoran. Eigentlich war sie ihnen sogar fast ein bisschen Dankbar. Als Kind hatte sie ihre Eltern oft angefleht, den Palast verlassen zu dürfen, ihren Vater auf seinen Reisen zu begleiten. Doch ihre Mutter hatte nur stets darüber gelacht. Was wolle sie denn da draußen? Die Welt wäre gar nicht so spannend. Ihre Mutter. Sharon hatte von ihr nie viel Liebe erfahren. Sie hatte immer das Gefühl, als stünde sie im Weg. Zurückblickend betrachtet wunderte sie sich auch gar nicht darüber, dass ihre Mutter sie nach der Entführung möglichst lange fernhalten wollte. Sie hatte aber schon vor langer Zeit aufgegeben, darüber nachzudenken, wieso ihre Mutter so war. Und auch jetzt wollte sie keinen weiteren Gedanken an sie verschwenden. Stattdessen richtete sie ihr Interesse auf Blake. Er wirkte geheimnisvoll und unnahbar, wenn er so schweigend in die Ferne schaute. In letzter Zeit erwischte sie sich immer häufiger dabei, wie sie ihn heimlich beobachtete. Seine ruhige, manchmal aufbrausende Art. Sein Mut und seine Kampflust. Ob sie wohl die Art Frau war, für die er sich interessieren würde? Oder gefiel ihm etwas anderes besser? Schweigend blickte Sharon in den Finsteren Gang, in dem Fay und Zoran vor einer gefühlten Ewigkeit verschwunden waren. Zoran ließ den Blick nicht von der Kreatur ab, die über ihnen kreiste. Wenn die Flügel und die Raubvogelartigen Beine nicht wären, wäre sie eine wahre Schönheit gewesen. Braune Locken bis zu den Schultern, sinnliche Lippen und goldene, stechende Augen. Der Rest ihres Körpers war der einer Frau. Einer nackten Frau. Die Beiden waren zu unvorsichtig gewesen und noch bevor sie die Harpyie ausfindig machen konnten, hatte diese sie schon längst zu ihrer Mahlzeit auserkoren. »Zoran? Wie gut stehen unsere Chancen?« »Gegen die da könnten wir es schaffen. Die Anderen dürften ein größeres Problem darstellen.« »Ich hatte befürchtet, dass du so was sagen würdest.« Die vielen Knochen konnten niemals von nur einer dieser Bestien sein, dachte Zoran. Irgendwo, tiefer in der Höhle, musste ihr Nest sein. Plötzlich streckte die Harpyie ihre Krallen aus uns stürzte auf ihn herab. »Achtung!« Er und Fay sprangen auseinander. Die Krallen der Bestie bohrten sich in den Boden, auf dem sie eben noch standen. Zoran stand dicht an die Höhlenwand gepresst und suchte nach Fay. Diese war auf einen kleinen Felsvorsprung geklettert, der ihr etwas besseren Überblick verschaffte. Die Harpyie jedoch schien sich nur auf Zoran zu konzentrieren. Schreiend kam sie auf ihn zugeflogen, bereit dazu ihre spitzen Zähne in sein Fleisch zu bohren. Zoran hielt abwehrend die Fackel vor sich, was die Harpyie für einen kurzen Moment aufhielt. Genau in dieser Sekunde warf Fay einen großen Felsbrocken nach ihr. Sie hatte Glück und traf ihren Rücken. Zuckend lag die Harpyie nun vor Zorans Füßen. Er trat auf sie zu um ihr den Gnadenstoß zu geben, doch dann traf ihn der Blick ihrer Augen. Das sanfte Leuchten, wie flüssiges Gold, umfasste sein Herz und füllte es mit Wärme und Mitgefühl. Er war wie gefesselt und merkte nicht einmal, wie die Harpyie ihre Klauen hob, bereit, sie in seine Brust zu stoßen. »Zoran!« In letzter Sekunde schlitterte Fay, mit einem Messer in der Hand, neben ihn und rammte die Klinge ins Herz der Bestie. Nach einem Mark erschütterndem Schrein sackte das Biest in sich zusammen. Zoran brauchte einen Moment um sich zu fangen. »Fay, ich... Ich hab keine Ahnung, warum ich nicht...« Fay grinste. »Ich schon.« Sie deutete auf den nackten Leib der Harpyie. »Du hast ihr auf die Brüste geglotzt.« Zoran schreckte auf. »Was? Nein! Ich hab nicht...« »Oh doch, ich hab es genau gesehen.« »Stimmt nicht, ich würde nie, also, so gucken.« Fay lachte laut auf. »Da denkt man, man schließt sich einem anständigen Kerl an und dann doch nur so was.« »Ich hab ihr da nicht hingestarrt!« »Zum Glück haben wir Winter und ich muss nicht Hitze bedingt freizügig gekleidet sein.« »Fay!« Lachend klopfte sie ihm auf die Schulter. »Ich mach doch nur Spaß.« Grummelnd stapfte Zoran an ihr vorbei und marschierte schnellen Schrittes weiter. Fay rannte ihm hinterher. »Jetzt komm schon, dass war doch nicht ernst gemeint!« Blake schaute sich von seiner Position am Höhleneingang aus um. Es war ihm so, als würden sie von jemandem beobachtet werden. Er glaubte, einen Schatten im Wald gesehen zu haben. Es hätte auch ein Tier sein können, aber ein Gefühl in ihm sagte, dass es ein Mensch sein musste. Der Prinzessin sagte er nichts davon. Sie hätte nur wieder zu plärren angefangen. »Was ist denn da draußen bloß so wahnsinnig interessant, dass du nicht mal für fünf Minuten für etwas anderes zu begeistern bist?« Er rollte genervt mit den Augen. »Hier drin gibt es nichts was mich interessiert.« Konnte das kleine Biest nicht mal eine Sekunde still sein? Da, schon wieder! Der Schatten schien sich zu nähern. Kampfbereit ertastete Blake langsam das Schwert an seinem Gürtel. Da begann der Boden unter seinen Füßen zu zittern. Rasch wurde das Zittern zu einem Beben. »Was ist denn jetzt los?« rief Sharon aufgeregt. Fay und Zoran kauerten hinter einer Felssäule und betrachteten das Spektakel, dass sich vor ihnen abspielte. Sie waren in einer gigantischen, hell erleuchteten Höhle angekommen. In ihr war eine Ruine eines sehr alten Tempels. Und vor dem Altar steckte ein goldener Stab im Boden. Er über einen Meter lang und an seiner Spitze befand sich ei hellblauer Kristall. Ein heiliges Relikt. Nur zu gerne hätten die Beiden sich den Stab einfach genommen und wären damit zum Ausgang zurückgekehrt. Doch zuerst galt es einen Weg zu finden, die dutzenden von Harpyien zu überlisten, die um den alten Tempel herum nisteten. Die beiden wagten nur im Flüsterton miteinander zu reden. »Was denkst du, wie viele sind das?« Zoran suchte mit seinem geschärften Blick die Höhle ab. »Fünfzig, wenn nicht sogar mehr.« Er konnte Fay tief durchatmen hören. »Wir sollten vielleicht besser von hier verschwinden.« Sie schüttelte den Kopf. »Das kannst du vergessen, ich werde diesen miesen Schlampen da oben nicht einfach ein Relikt überlassen!« Grinsend schaute Zoran sie an. »Du bist wirklich ein waschechter Hunter.« Sie deutete mit dem Kopf auf einen schmalen Pfad einige Meter von ihnen entfernt. Wenn sie dicht genug am Boden blieben könnten sie vielleicht unentdeckt bis zum Altar vordringen. Wortlos kletterten sie über die Felsen und krochen nahezu Geräuschlos vorwärts. Über ihnen konnten sie die Schwingen der Harpyien hören und das knacken von Knochen. Dann hörten sie etwas, von dem Zoran nicht einmal wusste, dass es möglich war. Die Harpyien begangen zu reden. »Knochen, immer nur Knochen. Seit Wochen hatten wir kein Fleisch mehr!« hörten sie eine der Bestien. »Sei bloß still! Ich habe schon genug Hunger!« »Wenn wir nicht bald wieder einen Menschen zu packen kriegen, wird Aurora uns die Köpfe abreißen!« Zoran war erstaunt, wie lieblich ihre Stimmen im Vergleich zu ihrem schrecklichen Gekreische doch klangen. »Wer ist heute dran mit Jagen?« »Ich war erst gestern!« »Und ich erst vor drei Tagen!« stritten die Harpyien über ihren Köpfen. Fay und Zoran hatten bereits die Hälfte des Weges unentdeckt hinter sich gebracht. Stellte sich nur die Frage, wie sie unbemerkt den Stab aus dem Boden ziehen könnten. Plötzlich wurde es ruhig in der Höhle. Nichts war mehr zu hören. Kein Gekreische, kein Gerede. Fay und Zoran vernahmen nur noch das Geräusch von einem einzigen Paar Harpyien Schwingen. Sie mussten gigantisch sein. Fay wagte es ganz kurz aufzuschauen. Auf der Spitze des Altars hatte sich eine riesige Harpyie niedergelassen. Sie hatte langes, goldenes Haar. Aus ihren Flügeln ragten, anders als bei den anderen, zwei menschliche Arme. Dann begann sie mit butterweicher Stimme zu sprechen. »Wieso streitet ihr, meine schönen Schwestern?« Lauter Tumult war zu hören. Ein jede beschuldigte die Andere. Fay und Zoran waren nun fast am Ende ihres Weges angekommen. Da wurde es wieder Still. Die große Harpyie hatte ihren Arm erhoben, deutete ihren Schwestern zu Schweigen. »Wieso sich die Mühe machen und extra hinausfliegen? Nehmen wir doch erst einmal die beiden Exemplare, die sich in unsere Mitte verirrt haben.« Fay und Zoran blieb nicht einmal eine Sekunde Zeit um zu realisieren, da wurden ihre Schultern schon von den massigen klauen der Harpyien gepackt. Sie wurden von den Bestien hochgehoben und direkt vor dem Stab fallen gelassen. Mühsam rappelten sie sich hoch. Zoran ballte die Fäuste. Fay zückte ihr Messer. Vor ihnen landete die blonde Harpyie. Sie war mehr als doppelt so groß wie die, die sie zuvor im Höhlengang erledigt hatten. Und die war schon beinahe so groß wie Fay. Zoran fing ruhig an zu sprechen. »Aurora, nehme ich an?« Die Harpyie lachte schrill auf. »So so, sieh an. Wir hatten schon lange keinen Besuch mehr hier.« Sie machte einen Schritt auf die beiden zu, doch die wichen zurück. »Lasst mich raten, ihr seid auch solche törichten Schatzjäger, die versuchen, an unser Relikt zu kommen.« Sie deutete mit dem Kopf auf den Stab, doch weder Zoran noch Fay wagten es sich umzudrehen. Hinter Aurora waren die Schreie ihrer Harpyien Schwestern zu hören. »Töte die Menschen!« »Reiß ihnen das Fleisch von den Knochen!« Doch Aurora schrie nur wütend zurück. »Seit ruhig, ihr dummen Gänse! Das sind keine Menschen. Zumindest keine normalen.« Zoran und Fay warfen sich ganz kurz einen Blick zu, wandten sich dann aber wieder der Harpyie zu. Sie schaute sich zuerst Zoran ganz genau an. »Ich weiß nicht genau, WAS du bist, aber zumindest woher. Du kommst aus den nördlichen Gebirgen, das sieht man sofort. Und du...« sie wandte sich Fay zu. »Du kommst von der eisigen Ostinsel. Eine von den Verbannten, habe ich recht? Vor vielen hundert Jahren hatte ich das Glück, einen von euch kosten zu dürfen. Sein Fleisch war so zart wie kaum ein zweites.« Als sie Fay musterte fiel ihr Blick auf das Messer in ihrer Hand. Schreiend wich sie zurück. »Blut! Das Blut meiner Schwester klebt an deinem Messer! Du hast eine meiner Schwestern getötet. BRINGT SIE UM!« Zoran ballte Kampfbereit die Fäuste. Er wusste, dass sie keine Chance hatten, gegen alle Harpyien zu gewinnen. Die Bestien erhoben sich von ihren Plätzen, breiteten die massigen Flügel aus und rasten auf sie zu, bereit zu töten. Plötzlich spürte er ein leichtes beben unter den Füßen. Es wurde stärker und stärker. Dann viel ein Felsbrocken von der Decke, viel auf eine der Harpyien hinab und begrub sie unter sich am Boden. Aufgeregt verharrten die Harpyien in der Luft. Weitere Felsbrocken stürzten herab, erschlugen die Bestien oder verletzten sie. Auch Aurora wurde von einem von ihnen am Kopf erwischt. Reglos lag sie nun vor ihnen. Verwirrt schaute Zoran sich um, bis sein Blick auf Fay haften blieb.Ihr Blick war konzentriert und gleichzeitig völlig leer. Unter ihrem schwarzem Haar konnte er sehen, wie ihr Stigma grün aufleuchtete. »Fay?« »Der Stab.« »Was?« »Hol den Stab.« Nach kurzem zögern ergriff Zoran den goldenen Stab und zog ihn mit einigem Kraftaufwand aus dem Boden. Dabei musste er aufpassen, dass er nicht selber von einem Felsbrocken getroffen wurde. »Ich hab ihn.« Fay's Stigma hörte augenblicklich auf zu glühen. Ihr Blick war wieder klar. Das Beben hatte aufgehört. Trotzdem vielen immer mehr und immer größere Felsbrocken von der Decke hinab. Sie hatten nun beinahe alle Harpyien unter sich begraben. Zoran fürchtete, dass diese nicht einzigen bleiben würden. »Zoran?« »Ja?« »Weißt du, ich habe diese Art von Kraft noch nicht so ganz unter Kontrolle.« Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit. »Soll heißen?« »Lauf!« Zoran zögerte keine Sekunde und er und Fay spurteten los in Richtung des Ausgangs. Immer wieder mussten sie ausweichend zur Seite springen oder sich in letzter Sekunde wegducken. Als sie den dunklen Gang erreichten blieb ihnen keine Zeit durchzuatmen. Die gesamte Höhle schien ihre Struktur verloren zu haben, denn auch der Gang begann einzustürzen. Zoran schnappte sich die Fackel, die er in die Felswand gesteckt hatte und sie rannten den Gang entlang. Hinter ihnen krachte die Decke der Höhle unter tosendem Lärm ein. Sie hatten keine Ahnung, wie lange sie vorher unterwegs waren, wie lang der Gang sein würde. Zoran fürchtete schon das schlimmste, als er endlich einen blassen Lichtschein vernahm, das Ende des Ganges. »Blake? Sharon?« »Ja?« »Raus hier!« Ohne weiter zu fragen schnappte sich Blake alles was er greifen konnte und warf es aus dem Höhleneingang. Sharon schnappte sich ihre Tasche und flüchtete ebenfalls nach draußen. Kurz bevor sie den Ausgang erreichte packte auch Fay ihren Rucksack und in allerletzter Sekunde schafften sie und Zoran es hinaus ins freie. Hinter ihnen krachte die Höhle zusammen. Die Spitze des Felshügels war ebenfalls in sich zusammengefallen. Die vier Gefährten standen im Regen, Fay und Zoran schwer atmend. Die Fackel war im Regen ausgegangen. »Was um alles in der Welt habt ihr da drin denn gemacht?« Zoran und Fay schauten sich schwer atmend an. »Fay hat mir ihre Fähigkeiten als Hunter unter Beweis gestellt.« Zoran hielt den goldenen Stab in die Höhe. Er wollte gerade anfangen zu erzählen, als es hinter ihnen laut krachte. Aurora, die größte der Harpyien, breitete ihre Schwingen im verregneten Nachthimmel aus. Auf ihrer Stirn klaffte eine riesige Wunde. »DU! Mädchen aus der alten Zeit! Das wirst du mir büßen!« Pfeilschnell flog sie, zum Angriff bereit, auf Fay zu. Doch plötzlich mitten in der Luft, blieb sie stehen, Ein unerträglicher Schrei entfuhr ihr. Sie krümmte sich und viel vor ihnen zu Boden. In ihrer Brust steckte eine Bronzener Wurfstern. Jemand hatte sie attackiert. Doch war es keiner der vier Gefährten gewesen. Blake zog sein Schwert. »Vorsicht! Das muss der Schatten sein!« Blake, Fay und Zoran stellen sich Rücken an Rücken um Sharon, die gar nicht wusste, was um sie herum geschah. Zoran warf ihr den goldenen Stab zu. »Hier, pass' drauf auf!« Fay spannte ihre Kristallschnur um die Finger. Zorans Blick schweifte Aufmerksam umher. Wie aus dem Nichts tauchte Blitzschnell ein Schatten auf, zog den Wurfstern aus der toten Harpyie, sprang in die Luft und landete auf einem Felsvorsprung. »Wer bist du?« rief Fay. Keine Antwort. Er trug einen dunkelgrauen Mantel mit einer Kapuze. Er streckte seine Hand in Richtung Sharon aus und deutete auf den Stab in ihren Händen. »Er will das Relikt.« flüsterte Fay. Er hob seinen Kopf und soweit, dass er die vier gut im Blick hatte. Zoran konnte einen Blick auf seine Augen erhaschen. Sie waren silbergrau und eiskalt. Dann plötzlich steckte er den Wurfstern weg und zog drei Flugblätter aus der Tasche. Er musterte die Zettel ganz genau. Dann warf er sie ihnen zu Füßen, sprang wieder in die Luft, über sie hinweg und verschwand beinahe Geräuschlos im Wald. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)