Hunters von Fay_Fee (Die Erinnerungen des alten Silver) ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel Fünf ----------------------- ~Kapitel Fünf~ Der Dolch des Ketzers. Nachdem er etwa zwanzig Bücher durchsucht hatte, war Kayt sich sicher, die Antwort auf seine Frage zu haben. Der Dolch war klein, also leicht zu verstecken. Mit einer silbernen Klinge, geschmiedet aus einem sehr seltenen Material, welches man nur am Grund des tiefsten Ozeans finden konnte. Mit anderen Worten, fast unerreichbar. Er versuchte sich anhand der Beschreibung ein Bild von der Waffe zu machen. Der Griff müsste golden sein, mit Inschriften einer vergessenen Sprache. Kayt saß in einer kleinen Taverne. Vor einigen Tagen war er mit ein handvoll seiner Soldaten aufgebrochen. König Sorth befahl die Prinzessin zu finden und zu ihm zurück zu bringen. Königin Nigra bat darum, sie lediglich aufzuspüren und sie im Auge zu behalten. Kayt war sichtlich genervt von der Situation. Niemand hat die drei gesehen. Angeblich. Er konnte sich einfach nicht mehr Vorstellen, dass das ganze mit rechten Dingen zuging. Noch einmal schaute er sich die Bilder auf den neuen Steckbriefen vor ihm an. Die Prinzessin hat das Volk nie zu Gesicht bekommen. Wenn sie ihre Palastkleidung gegen einfache Bauernkluft getauscht hatten, würde sie niemandem groß auffallen. Dieser Blake, nun ja, ungewöhnlich war der Junge schon, aber ebenfalls nicht sonderlich auffällig. Kayt schaute sich den letzten Steckbrief, den Grund seines Zweifels, an. Zoran. Wie kann es sein, dass dich niemand gesehen haben will? Seit sechzehn Jahren lebte Kayt schon auf dem großen Kontinent, aber nie zuvor hatte er so jemanden wie diesen Zoran gesehen. Schon allein seine massige Statur hob ihn von den dürren Bauern und den feinen Palastbewohnern ab. Aber diese Haare. Kein Mensch kann behaupten, ihm würde so etwas abnormes nicht im Gedächtnis bleiben. Du bist genauso wenig ein normaler Mensch wie ich. Aber was bist du dann? Die Tür sprang auf und ein Mann in Uniform kam hastig auf ihn zu. Er salutierte vor ihm und erstattete ihm Bericht. »General, ich habe Neuigkeiten! Die Entführer wurden hier in der Nähe von einer Bäuerin gesichtet. Sie waren auf zwei Pferden unterwegs, Richtung Osten.« Aufgeregt sprang Kayt auf. »Osten? Bist du sicher?« Der Soldat zuckte erschrocken zusammen. »Ähm... J-ja, so hat es die Alte beschrieben.« Verdammt, die Bergpässe! Er warf dem Wirt einige Münzen auf den Tisch und stürmte ohne ein weiteres Wort nach draußen. »Ihr!« sprach er zu seinen Soldaten »Zurück zum Palast, erstattet Königin Nigra Bericht. Ich komme bald nach. Kein Wort zum König!« Er schwang sich auf sein Pferd und ohne ein weiteres Wort jagte er in den Wald hinein, Richtung Osten. Um die Mittagszeit waren die beiden Entführer mit ihrer Geisel und einer neuen Begleiterin auf einem Feldweg unterwegs. Das Korn um sie herum war hoch gewachsen und längst reif für die Ernte. Sie waren für eine Weile abgestiegen. Sie hatten nur zwei Pferd und die ganze Zeit je zwei ausgewachsene Personen tragen zu müssen, wollten sie ihnen nicht zumuten. Zoran und Fay führten die Gruppe an. Blake ging einige Meter hinter ihnen und Sharon bildete, etwas abgeschlagen, das Schlusslicht. Fay drehte sich um und rief der Prinzessin zu. »Jetzt komm schon, Lady! Nimm die Beine in die Hand und lauf mal ein bisschen schneller!« Zoran konnte Fay auf Anhieb gut leiden. Er mochte ihre Ehrlichkeit, ihre anhaltend ruhige Art und ihr selbstbewusstes Auftreten. Und irgendwie spürte Zoran, dass sie ein gutes Herz hatte. Dennoch wunderte er sich schon eine Weile darüber darüber, dass Fay die ganze Zeit ihre schwarze lange Jacke trug und die Kapuze nicht ein einziges Mal absetzte. Und das, obwohl die Sonne schien. Fay schüttelte verständnislos den Kopf. »Oh man, dieses Mädchen!« sprach sie zu Zoran. »Man könnte meinen, sie hat heute erst das laufen gelernt. Ich wette mit dir, in ihrem Palast kann sie den ganzen Tag auf hohen Schuhen über die Marmorböden rennen.« Zoran musste schmunzeln. Ein Windstoß kam auf und Fay zog die Kapuze noch tiefer in ihr Gesicht. »Sag mal« begann Zoran »hast du Angst vor der Sonne?« Sie schaute in an. »Nein, wieso?« »Weil du dich schon den ganzen Tag vor ihr versteckst.« »Ach so.« Fay grinste. »Ich mag einfach keinen Wind.« Hinter ihnen war ein Schnaufen zu hören. »Wäre es zu viel verlangt, mal eine kleine Pause einzulegen? Meine Füße tun mir weh und Hunger habe ich auch.« Zoran konnte hören, wie Blake mit seinen Zähnen knirschte. »Wir sind noch keine sechs Stunden unterwegs! Außerdem hast du, dank der da« er deutete auf Fay »üppig genug gefrühstückt.« Sharon stampfte aus Protest bei jedem Schritt lauter mit ihren Füßen. »Die blöde Kuh da ist mir total egal, ich will eine Pause!« Zoran zuckte mit den Schultern und lächelte Fay entschuldigend an. »In Zukunft prüfe ich vorher mit wem ich es zu tun habe und dann entscheide ich, ob ich mein Essen teile.« Es war deutlich zu hören, dass Blake immer und immer genervter war von dem Gejammer ihrer Geisel. »Man sollte meinen, eine Adelige kann sich besser benehmen.« Genervt rollte Fay mit den Augen, zog einen Apfel aus ihrem Rucksack und warf ihn Sharon zu. »Hier, jetzt iss und sei ruhig.« Zoran stöhnte auf. »Nicht allzu weit von hier soll ein See sein, da können wir halt machen. Die Pferde brauchen eh Wasser.« Siegessicher grinste Sharon ihre neue Wahl-Rivalin Fay an. »Hast du gehört? Wir machen jetzt doch eine Pause.« »Ähm,« sprach Zoran weiter »bis dahin müssen wir aber noch mindesten drei Stunden laufen.« Siegessicher grinste Fay zurück. »Hast du gehört? Noch drei Stunden laufen.« Abrupt blieb Sharon stehen. »Nein! Ich laufe nicht weiter. Ich will eine Pause und zwar jetzt!« Hilfesuchend schaute Zoran zu Blake. Dieser jedoch lief einfach vorbei und beachtete die verknatschte Prinzessin gar nicht. Fay zuckte unbeteiligt mit den Schultern. »Meinetwegen, bleib ruhig stehen. Wenn du magst auch bis in die Nacht. Du bist die Prinzessin, dein Wort ist ja quasi Gesetz.« Sharon lächelte selbstzufrieden und wollte es sich gerade am Straßenrand gemütlich machen. »Wenigstens EINE, die es verstanden hat.« Fay drehte sich um und ging weiter. »Ja, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Wildhunde das auch verstehen werden, wenn sie dich zu ihrem Abendessen auserkoren haben.« Zoran hatte schwer damit zu kämpfen, sich ein Grinsen zu verkneifen. »W-Wildhunde? Das... das meinst du nicht ernst. Du bluffst nur!« Fay drehte ihren Kopf nach hinten. »Wenn du da sitzen bleibst, wirst du es früher oder später schon selbst herausfinden.« Die folgenden Stunden verliefen ziemlich ruhig. Sharon trottete schweigend neben Blake her und hielt Ausschau nach Dingen die sie eventuell gefährden könnten. Fay und Zoran liefen hinter ihnen her. Sie waren auf einer hochgewachsenen, hügeligen Wiese unterwegs. Fay hatte ihre Schuhe ausgezogen und lief Barfuß weiter. Zoran hatte seine Jacke ausgezogen und genoss die Nachmittagssonne. »Was ist das da für ein Zeichen?« Sie deutete auf das blaue Drachenmal, welches auf Zorans linkem Oberarm prangte. »Eine Tätowierung?« Es war ihm unangenehm, darauf angesprochen zu werden. Er wusste es ja selbst nicht so ganz genau. Seine Antwort viel dementsprechend knapp aus. »Lange Geschichte.« Fay nickte zwar, wirkte aber irgendwie enttäuscht. »Hast du denn ein Tattoo?« Sie grinste wieder. »Was wäre, wenn? Würde das dein Bild über mich ändern?« »Nun, ich kenne dich noch nicht lang genug. Ein wirkliches Bild von dir habe ich mir noch nicht machen können. Aber, ehrlich gesagt, überraschen würde es mich schon, wenn du eines hättest.« Herausfordernd schaute Fay ihm in die Augen. »Was traust du mir denn in der Richtung zu?« Zoran mimte ein nachdenkliches Gesicht. Dann musste er grinsen. »Ein Gnom. Direkt auf deinem Hintern!« Fay's herzliches Lachen war wahnsinnig ansteckend. So fröhliche Menschen hatte Zoran nur sehr selten auf seiner Reise gesehen. »Hey ihr zwei Kindsköpfe, da hinten ist der See!« »Fay schaute auf. Hinter dem nächstgelegenen Hügel lag ein kleiner, klarer See. »Na bitte, wer sagt's denn.Und wir haben nur knapp vier Stunden gebraucht.« Sharon rannte los. Sie wollte wohl schnell ihre Füße zur Erholung ins kühle Nass eintauchen. Doch bis zum Ufer kam sie gar nicht erst. Aus einem Nahegelegenen Gebüsch sprang plötzlich ein riesiges Tier hervor uns stürzte sich auf die Prinzessin. Zoran, Fay und Blake stürmten sofort los. Das Tier drückte seine massigen Pfoten auf ihre Brust. Lauthals schreiend, zappelte und wand sie sich unter dem Tier. »Sharon, bleib ganz ruhig!« rief Fay ihr zu. Blake zückte sein Schwert. »Das ist eine Weidenkatze. Der Schreihals muss sich beruhigen, sonst macht sie kurzen Prozess mit ihr.« Zoran suchte mit seinen Augen nach Schwachstellen an dem Biest. Es war über zwei Meter lang, mit goldrotem Fell und langen spitzen Ohren. Dieses Exemplar war besonders kräftig, es musste mindestens zweihundert Pfund wiegen. Seine gefletschten Zähne hätten einen Hals mit Leichtigkeit komplett durchbohren können. Und Weidenkatzen, das wusste Zoran, waren verflucht schnell. »Was schlagt ihr vor?« fragte Fay vorsichtig. Blake hob sein Schwert »Angriff!« Er stürmte auf das Tier und Sharon los und holte aus. Doch ehe er die Bestie erwischen konnte, sprang sie mit einem gewaltigen Satz zur Seite und versteckte sich im hohen Gras. Fay und Zoran rannten ebenfalls auf Sharon zu und stellten sich mit dem Rücken zu ihr. »Alles in Ordnung? Geht es dir gut?« Sharon viel das Atmen sichtlich schwer, trotzdem schaffte sie es sich aufzurappeln. »Ich... habe... das Vieh... nicht bemerkt.« Ganz leise sprach Blake ihr Anweisungen zu. »Du musst versuchen ganz ruhig zu Atmen und gib jetzt keinen Laut von dir.« Sharon tat wie ihr geheißen. Zoran suchte die Fläche vor sich ab. Keine Spur von dem Tier, das Gras war zu hoch. Er hörte weder ein rascheln, noch ein knurren oder Pfoten. Nur der Wind, der über die Halme wehte. »Da ist es!« rief Sharon plötzlich. Zoran wirbelte herum. Unbemerkt war die Weidenkatze auf einen der vielen Felsen am Seeufer geklettert, bereit zum Sprung. Mit einem riesigen Satz stürzte sie sich auf Zoran. Er sprang einen Schritt zurück und schlug ihr mit der Faust auf die raue Nase. Blake hob wieder sein Schwert und wollte ihr einen letzten Hieb versetzen, doch ehe er dazu kam, war die Katze bereits wieder auf dem Boden gelandet und ihm ausgewichen. Fay spannte die Kristallschnur zwischen ihren Fingern und wartete darauf, dass sie angegriffen wurde. Die Bestie kreiste langsam um sie herum. Dann hob sie Blitzschnell eine ihrer Pfoten und schlug damit nach Fay. Diese kam leider nicht dicht genug an sie heran um ihr die Pfote abzuschneiden, aber dennoch schien sie das Tier zumindest verletzt zu haben. Die Weidenkatze heulte laut auf, humpelte nun ein wenig. Ihre linke Vorderpfote blutete stark, Fay hatte ihr eine Kralle abgetrennt. Blake nahm diese Gelegenheit sofort wahr und stürzte sich auf das verletzte Tier. »Nein!« schrie Zoran laut auf. Blake rollte sich auf dem Boden, die Bestie über ihm. Dann plötzlich fing sie heftig an zu zucken und sackte schließlich auf Blake zusammen. Vorsichtig schlich Zoran auf das Tier zu. »Blake? Bist du verletzt?« Nichts rührte sich. Sharon, immer noch nach Luft ringend, stand unter Schock. »Ist er... tot?« Plötzlich bewegte sich das Tier. »Verdammt, es lebt noch!« rief Fay und brachte sich wieder in Kampfposition. Doch sie hatte sich geirrt. Mit einem kräftigen Ruck warf Blake mit Mühe die tote Weidenkatze von sich herunter. Dabei zog er ihr ein langes Messer aus der Brust. Seine Kleidung war Blutverschmiert, er selbst schien aber unverletzt. »Bah! Das Vieh stinkt wirklich ekelhaft.« Etwas wackelig stand er auf und begutachtete seine Kleidung. »Die Sachen kann ich bestenfalls noch verbrennen.« Mitleidig sah sich Zoran Blake's zustand an. Er sah nicht nur schrecklich aus, er hatte den, für Zoran unerträglichen, beißenden Geruch des Blutes angenommen. Er musste sich von ihm wegdrehen damit ihm nicht schlecht wurde. Hinter ihm stand Fay, die ihre Kristallschnur wieder in die Gürteltasche packte. Dann krächzte Sharon plötzlich los. »Du bist ja verletzt!« »Nein, nein« winkte Blake ab. »Das ist nur das Blut der Katze, sie hat mich nicht erwischt.« »Nicht du, sie! Fay, dein Arm blutet!« Selbst überrascht hob Fay ihre beiden Arme hoch, dann zuckte sie zusammen. Auf ihren rechten Unterarm klaffte eine tiefe Schnittwunde, die stark blutete. »Autsch, verdammt. Sie muss mich vorhin mit ihrer Pfote erwischt haben.« Zoran deutete zum nahegelegenen See. »Kühlen und auswaschen. Wer weiß, wo das Vieh schon alles war.« Mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht ging sie zum Seeufer. Zoran folgte ihr. »Ähm...« begann Blake »Wo sind denn die Pferde?« Abrupt blieb Zoran stehen und schaute sich hektisch suchend um. Die Pferde waren weg. Völlig blass sprang Sharon auf und lief aufgebracht hin und her. »Was ist passiert? Wo sind sie hin?« Blake zog Mantel und Hemd aus. »Instinkt. Als die Weidenkatze angriff haben sie Panik bekommen und das Weite gesucht. Die werden wir vermutlich so schnell nicht einholen können. So ein Dreck!« »Soll das etwa heißen, dass wir ab jetzt NURNOCH laufen?« Zoran seufzte. »Ja, genau das heißt es.« »Zoran? Bringst du mir eben meinen Rucksack? Der müsste da irgendwo in deiner Nähe liegen.« Er fand den Rucksack wenige Meter von sich entfernt. Er hob ihn auf, klopfte ihn ab und brachte ihn zu Fay, die sich am Wasser einen gemütlichen Platz unter einem Baum gesucht hatte. »Dank dir.« Sie zog ein großes Tuch heraus und hielt es ins Wasser. »Zoran, irgendwo in da drin ist eine kleine Holzkiste, würdest du sie mir geben?« Während Fay sich mit dem Nassen Tuch die Wunde sauber machte fing er vorsichtig an in ihrer Tasche zu suchen. Ganz wohl war ihm nicht dabei, in den Sachen einer Frau zu wühlen. Zum Glück fand er die Kiste schnell. Sie war grob gearbeitet und mithilfe einer Lederschlaufe und eines kleinen Holzpflocks geschlossen. Als Fay sie öffnete erkannte Zoran, dass es sich um eine Art Medizinkiste handelte. In ihr waren einige verschiedene Kräuter und Pflanzen zur schnellen Heilung vom Krankheiten und Verletzungen. Während er Fay dabei half, etwas heilendes und schmerzlinderndes Bergmoos auf ihrer Wunde zu verteilen konnten sie hinter sich Sharon und Blake streiten hören. »Ich werde auf gar keinen Fall Wochenlang durch die Gegend laufen!« »Du hast keine Wahl, Püppchen! Laufen oder sterben!« »Dann kauft halt in der nächsten Stadt neue Pferde!« Blake lachte laut auf. »Du hast vielleicht Vorstellungen! Was glaubst du, was ein halbwegs guter Gaul kostet? Mal ganz abgesehen davon, die nächste Stadt ist fast drei Wochen Fußmarsch von hier entfernt.« Das nächste was Zoran und Fay hörten war ein verzweifelter, grässlich greller Aufschrei einer vermutlich vollends schockierten Prinzessin. »Zoran?« »Ja?« »Irgendwo in meinem Rucksack sind auch noch Ohrentropfen.« Als Sharon sich endlich beruhigt hatte, war es bereits dunkel. Sie lag an dem Baum, unter dem Fay zuvor gesessen hatte und schlief tief und fest. Auf einem Felsen nicht weit von ihr lag Blakes ausgewaschene Kleidung. Er selbst saß mit Fay und Zoran am Lagerfeuer und wärmte sich auf. Es war deutlich kühler als noch am Tag und so hatte er sich in eine warme Decke gehüllt. Zoran lehnte an einem Stein und schaute mal wieder verträumt in die Sterne. »Sagt mal, Jungs, ich hab da mal eine Frage.« Aus seinen Träumen gerissen schaute Zoran Fay an. »Die wäre?« Sie drehte ihren Kopf zu Sharon, schaute dann wieder Zoran an und machte ein schmunzelndes Gesicht. Dann deutete sie mit dem Daumen über ihre Schulter auf die tief schlafende Prinzessin. »Warum habt ihr sie nicht einfach an einen Baum gefesselt und seit abgehauen?« Beschämt blickte Zoran zu Blake. Der aber wich seinem Blick aus und rutschte noch etwas näher an das Feuer. »Ähm... Na ja... Das war halt irgendwie... Wie geht’s deinem Arm?« Sie streichelte über die gut verbundene Schnittwunde. »Wieder besser, danke.« Dann zwinkerte sie ihm zu. »Ich wette, ihr bereut es jeden Moment.« Zoran nickte traurig. »Hättet ihr sie nicht wenigstens knebeln können?« Blake schnaufte. »Knebeln? Wir hätten ihr bei Zeiten die Zunge herausschneiden sollen.« Fay und Zoran mussten zustimmend lachen. »Und, was habt ihr beide gemacht, bevor ihr euch in der Zelle begegnet seid?« »Was geht dich das was an?« blaffte Blake sie an. Zoran warf ihm einen bösen Blick zu. Daraufhin zuckte Blake nur mit den Schultern, drehte sich um und legte sich hin. Fay schüttelte mit dem Kopf. »Oh man, dieser Kerl.« Dann schaute sie Zoran an. »Was ist mit dir?« Nachdenklich schaute er über den See. Es war fast Windstill und seine Oberfläche sehr ruhig. Nur die herabfallenden Blätter warfen ab und an kleine, sehr feine Wellen. Er dachte über den Sinn seiner eigentlichen Reise nach und sein Herz wurde schwer. Was sage ich ihr? »Zoran?« Traurig schaute er sie an. »Ich... schaue mir die Welt etwas genauer an.« Ihre leuchtend grünen Augen trafen seine violetten Monsteraugen. So empfand Zoran sie zumindest. Ihr Blick schien seinen Kopf zu durchsuchen. »Genau genug, um zu finden, was du suchst?« Er musste lächeln. »Ich hoffe es.« Ihr Blick wanderte weiter, über sein ganzes Gesicht. Dann schaute sie auf seine Haare. Jetzt fühlte Zoran sich unbehaglich. Er mochte es nicht, wenn man ihn so musterte. Und schon gar nicht aus nächster Nähe. »Weißt du, was ich mich schon die ganze Zeit Frage?« begann sie, ohne den Blick von seinem Gesicht zu lassen. Oh nein, bitte nicht du auch noch. Frag mich nicht was ich bin. Frag mich bitte, bitte nicht, was ich bin! »Wie alt bist du eigentlich?« Überrascht sackte Zoran zusammen. »Wie? Was?« Die Anspannung, die er bis eben noch verspürte, viel von ihm ab. »Du willst wissen, wie alt ich bin?« Wieder lächelte Fay ihn an. »Ja. Ich kann es beim besten Willen nicht einschätzen.« Damit hatte er jetzt nicht gerechnet. Zoran fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Ich bin vierunddreißig.« »So alt schon?« Wie? ALT? »Und was ist mit dir? Wie alt bist du? Dreizehn, vierzehn?« »Hey!« Sie stupste ihn mit dem Ellenbogen in die Seite. »Ich bin einundzwanzig.« Beide mussten lachen. »Man, ihr zwei Gackerliesen, könnt ihr nicht mal die Schnauze halten? Ich will schlafen!« Wütend und meckernd drehte Blake sich wieder um. Zoran wünschte Fay noch eine gute Nacht und kletterte auf den Baum, an dem Sharon schlief. Fay legte sich ebenfalls an den Baum, deckte sich zu und schlief bald darauf ein. Zoran lag wie gewohnt auf einem Ast und hielt Wache. Noch lagen auf dem See nur wenige Blätter, aber das würde sich bald ändern. Es war bereits Anfang des neunten Jahresmonats, Herbstbeginn. Zoran konnte bereits spüren, wie die Nächte kühler wurden. Der Herbst war immer nur von kurzer Dauer. Und da sie sich auf dem Weg immer tiefer in Richtung Osten befanden, würde er sogar noch kürzer sein. Blake hatte Recht, ohne die Pferde lagen drei Wochen Fußmarsch vor ihnen. Zwei Wochen Zeitverlust. Rechtzeitig an den Bergpässen zu sein, bevor sie unpassierbar zu geschneit waren, war nun nicht mehr möglich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)