Hunters von Fay_Fee (Die Erinnerungen des alten Silver) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel Zwei ----------------------- ~ Kapitel Zwei ~ Sharon aß noch den letzten Bissen von ihrem Teller, sehr fein zubereiteter Fisch mit etwas Kräutersoße. Dann faltete sie ihre Serviette und stand auf. »Möchten Sie noch etwas zum Nachtisch? Einen Schokoladenkuchen vielleicht?« Sharon winkte ab. »Nein, ich hatte heute Nachmittag schon Schokolade, mir ist der Appetit auf Süßes für heute vergangen.« Der Mann machte eine leichte Verbeugung nach vorne und verschwand wieder in die Küche. »Haben Sie sonst noch einen Wunsch?«, fragte eine Dienstmagd. »Ja, ich möchte, dass ihr mir Josette auf mein Zimmer schickt, sie soll mir helfen, den passenden Schmuck für mein Festkleid zu suchen.« Die Dienstmagd nickte und eilte sofort los um die Dame zu suchen. »Ich werde mich jetzt in mein Zimmer begeben und dort etwas ausruhen, ich wünsche von niemandem außer Josette gestört zu werden.« Sharon wollte den Speisesaal verlassen, als plötzlich eine Wache durch die Tür hineinstürmte. »Verzeiht mir bitte die Störung, aber es ist dringend! Vor wenigen Minuten sind zwei äußerst gefährliche Häftlinge aus den Verliesen entkommen und bewegen sich frei im Schloss herum!« Sharon funkelte ihn zornig an. »Wie um alles in der Welt konnte das passieren?« Die Wache wischte sich nervös den Schweiß von der Stirn. »Wir können es uns selbst nicht genau erklären.« Sharon war wütend. »Können Sie mir erklären, wie ich jetzt in mein Schlafzimmer kommen soll? Da draußen, ganz allein, bin ich wohl kaum sicher!« »Natürlich nicht, meine Männer werden Sie selbstverständlich sicher begleiten.« Hinter der Wache traten vier weitere bewaffnete Männer herein und salutierten vor Sharon. »Finden Sie diese Verbrecher!« Mit diesen Worten verließ Sharon in Begleitung ihrer Leibgarde den Speisesaal. Sie war es gewohnt von Morgens bis Abends bedient zu werden. Sie brauchte nur mit dem Finger zu schnippen und ein jeder im Schloss hatte zu spurten. Sharon liebte es, so luxuriös zu leben. Das das Volk dieser Welt Hunger und Not litt, belastete ihre Seele nicht eine Sekunde. Sobald Sharon vor ihrem Gemach stand, schickte sie die Wachen wieder fort. Sie war der Meinung, die Flüchtlinge würden nicht bis zu den Gemächern vordringen können. Keine fünf Minuten nachdem sie ihr Zimmer betreten hatte, klopfte es schon an der Tür. »Wer ist da?« Die Tür öffnete sich und eine kleine, dürre Frau mit spitzem Gesicht und strengem Dutt trat hinein. »Josette! So schnell hatte ich gar nicht mit Ihnen gerechnet.« Die Frau machte einen Knicks und lächelte Sharon freundlich an. »Für meine beste Kundin kann ich gar nicht schnell genug sein.« Sharon mochte ihre Zuverlässige Goldschmiedin. Sie gab ihr den perfekten Glanz zu jedem Anlass. Sie besaß bereits eine beträchtliche Anzahl einzigartiger, sehr wertvoller Schmuckstücke, aber sie wollte schließlich herausstechen, wenn sie auf den Festen und Bällen die anderen jungen Mädchen traf und mit nur einer Kette wäre das natürlich unmöglich. »Lasst mich einmal euer Kleid sehen, damit ich eine Vorauswahl treffen kann.« Sharon ging in ihre Kleiderkammer und holte ein langes, rosafarbenes Samtkleid mit feiner weißer Spitze hervor. »Das ist wirklich ein außerordentlich schönes Kleid. Ein Geschenk seiner Majestät?« »Ja, er hat es mir anfertigen lassen für das Fest, dass in vier Tagen stattfindet.« Josette betrachtete das Kleid ganz genau. Sie betrachtete das Schnittmuster, die Spitze und den Glanz des Stoffes. »Ich habe schon mal einen ganz guten Eindruck von dem Kleid. Würdet ihr es bitte einmal für mich anziehen? Dann können wir es im Gesamtbild begutachten.« Sharon verschwand mit dem Kleid hinter einem Vorhang. Sie wollte es sich nur schnell überziehen, für eine 'richtige' Ankleide hatte sie keinen Nerv. Dann müsste erst ein Dienstmädchen kommen und ihr beim schnüren ihrer Korsage helfen. Als sie hinter dem Vorhang hervortrat sah sie, dass Josette bereits eine kleine Anzahl von verschiedenen Schmuckstücken bereitgelegt hat. »Ihr seht fabelhaft aus, Mademoiselle!« Sharon begutachtete die Auswahl auf dem Tisch. Es waren einige Ketten, Armreifen, Ohrringe und Broschen. »Haben Sie schon etwas entdeckt, was Sie gerne anprobieren würden?« Sie schaute weiter über die Auswahl. »Ja, diese Ohrringe dort, legen Sie sie mir an.« Josette nahm vorsichtig zwei Diamantohrringe aus einer Schachtel und legte sie Sharon an. Diese musterte sich einen Moment lang im Spiegel, drehte ihren Kopf nach links und rechts um ihre Auswahl zu begutachten. »Ja, ich denke ich werde sie am Samstag tragen, sie passen perfekt zu mir. Sie bringen meine Augen gut zur Geltung. Haben Sie dazu eine passende Kette oder einen passenden Armreif?« Sofort hing sie Sharon noch ein fein gearbeitetes Collier um den Hals und streifte ihr ein großes Armband über das Handgelenk. »Die sind alle fantastisch, ich kann mich gar nicht entscheiden!« »Wenn Mademoiselle gefallen daran hätte, könnte ich Ihnen noch eine Tiara dazu geben. Ich müsste sie allerdings holen.« Sharons Augen fingen an zu leuchten. »Holen Sie sie!« Josette machte eilig einen Knicks und verschwand zur Tür hinaus. Sich selbst begutachtend, drehte Sharon sich ein paar mal vor dem Spiegel. Der teure Schmuck glitzerte wie die Sterne einer klaren Neumondnacht. Das einzige, was noch mehr strahlte waren ihre Azurblauen Augen. Sharon war sich sicher, ihr Leben war perfekt. Bis dann plötzlich zwei wildfremde Männer in ihr Schlafgemach stürzten. Zoran schaute sich immer wieder um, als sie im Eiltempo durch den dichten Wald galoppierten. Sie waren schon eine ganze Weile unterwegs, die Pferde schnaubten vor Erschöpfung und der große Mond stand schon fast an seiner höchsten Position. »Ich glaube, wir haben sie schon vor einer ganzen Weile abgeschüttelt.« In der Nähe eines kleinen Baches kamen sie zum stehen. Die Pferde fingen sofort dankbar an das kühle Wasser zu trinken. »Was machen wir jetzt mit ihr hier?« Zoran hielt die strampelnde Geisel fest im Griff. Blake gab darauf eine sehr trockene Antwort: »Bind sie an den Baum da.« »Und womit bitteschön? Ich hab kein Seil dabei.« Lässig griff Blake in eine seiner Manteltaschen und zog ein langes, dickes Seil heraus. »Ich frag besser gar nicht erst.« Zoran nahm das Seil entgegen, schleifte das immer noch um sich schlagende Mädchen zu einer großen Tanne und band sie kurzerhand fest. Trotz ihrer heftigen Gegenwehr war das kein Problem für Zoran. Er war Nahkämpfe mit bloßer Faust gewöhnt. Und für gewöhnlich waren seine Kämpfer auch keine kleinen, zierlichen Persönchen. »Mach mich sofort los, du mieser Grobian! Ich warne dich! Mach mich sofort los oder ich...-« »...oder du was? Willst du den Wald noch mehr zusammenschreien? Glaub mir, wenn bis jetzt noch keiner da ist, dann wird auch keiner mehr kommen.« Das Mädchen wurde schlagartig ruhig und schaute wütend und zähneknirschend auf den Boden. Zoran hob ein paar umher liegende trockene Äste auf. Ein paar Meter weiter war Blake damit beschäftigt, eine Feuerstelle vorzubereiten. Er fegte ein paar Blätter vom Boden und legte so eine Stelle frei, um die er dann einige dicke Steine aus dem Fluss legte. Zoran stapelte die Äste in dem Steinkreis, warf noch etwas trockenes Laub dazu. »Reicht das oder brauchst du noch mehr?« »Nein, das sollte erst einmal reichen.« Mit diesen Worten holte Blake zwei rote Steine aus seinen Taschen und fing an sie neben dem kleinen Holzgebilde gegeneinander zu schlagen. Es dauerte eine Weile, bis einige Funken sprühten und schließlich ein warmes Feuer entbrannte. Die Pferde hatten sie an zwei Bäume direkt am Fluss gebunden, damit die Tiere weiter trinken und sich ausruhen konnten. Zoran nahm einen großen Schluck aus dem Wasserschlauch, den Blake ihm gereicht hatte. »Gibt es eigentlich irgendwas, was du nicht in deinem Mantel hast?« Blake, der mit einem Stock im Feuer herumstocherte, schaute ihn an und grinste. »Sagen wir einfach, ich erspare mir das herumschleppen von Taschen nur allzu gerne.« Verärgert schaute Zoran zu Boden. Er konnte nicht mehr seinen Rucksack aus dem Verlies mitnehmen, dazu musste er zu hastig fliehen. Blake schaute ihn an. »Ein paar Meilen von hier ist ein Dorf. Du besitzt noch genug Goldmünzen um dir eine Tasche und Proviant zu kaufen. Ich wollte sowieso dorthin, du kannst mich morgen begleiten.« »Sie werden sicher schon längst Steckbriefe von uns angefertigt haben und sie in der Gegend verteilen. Immerhin haben wir... Hmm... Wen genau haben wir da eigentlich entführt?« Beide blickten zu der Tanne, an der sie das Mädchen mit dem hässlichen Kleid gebunden hatten. Sie hatte aufgehört, sich befreien zu wollen, da ihr der raue Strick in die Haut schnitt. Sie stand ganz ruhig und offenbar vollkommen erschöpft da. »Hey Mädchen, sag uns deinen Namen!« Sie schreckte zusammen und zitterte am ganzen Körper. Zoran betrachtete sie und bekam Mitleid. »Komm schon Blake, du könntest aufhören so schroff zu sein. Wir haben sie heute schon genug verschreckt.« Blake stützte beleidigt seinen Kopf auf seine Hände. »Bitte, dann versuch du doch ihren Namen herauszufinden!« Zoran stand auf und ging auf das Mädchen zu. Sie schaute ihn böse, aber auch deutlich verängstigt an. »Keine Angst, ich werde dir nicht wehtun. Du hast sicher Durst.« Er hielt ihr das Wasser vor den Mund, doch sie drehte nur verächtlich den Kopf zur Seite. »Ihr zwei schmutzigen Wilden habt ja keine Ahnung, was euch noch blüht! Wenn der König erfährt, was ihr getan habt, wird er euch langsam und qualvoll hinrichten lassen!« Aus Richtung der Feuerstelle war nur ein verächtliches Lachen zu hören. »Glaubst du allen Ernstes, dass Sorth nur für so ein Püppchen wie dich eine ganze Armee entsenden wird? Was bildest du dir denn ein, wer du bist, Süße?« Das Mädchen funkelte ihn zornig an. »Mein Name ist Sharon Alleah Alessia Julie, Herzogin des Waldlandes und Erbin des Thronblutes.« Blake wich das Lachen schlagartig aus dem Gesicht. Er starrte ungläubig abwechselnd auf das Mädchen und auf Zoran, der Leichenblass dastand und den Wasserschlauch fallen ließ. »Zoran?« »Mir ist schlecht.« »Hast du das gehört?« »Die werden uns bis ans Ende der Welt jagen.« »Denkst du, sie meint das ernst?« »Der hat unseren sicheren Tod besiegelt.« »Das war SO definitiv nicht geplant!« »Wegen dem werde ich sterben.« »Der Alte wird uns die Köpfe persönlich abreißen...« »Du hast seine Tochter entführt!« »Was?« »Du hast verdammt nochmal SORTHS EINZIGE TOCHTER entführt! Du Irrer! Du kranker Idiot! Ist dir klar, was passiert, wenn die uns finden? IST DIR DAS KLAR?« Zoran schnaubte vor Wut. Am liebsten hätte er Blake am Kragen gepackt und eigens im Fluss ertränkt. Aber das würde ihm jetzt auch nicht mehr helfen. Zoran schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Noch einmal ließ er seinen gesamten Tagesablauf vor seinem geistigen Auge ablaufen. Am frühen Morgen wurde er von den Soldaten nahe der Palaststadt verhaftet und in den Kerker geworfen, wo er auf seine gerechte Strafe warten sollte. Dann brach er aus dem Kerker aus, schlug einen Diener des Königs nieder, entführte die Prinzessin und stahl ein Pferd. Wie um alles in der Welt sollte er da heile wieder raus kommen? Alles was er wollte, war ein Neuanfang. Die alten Lasten hinter sich lassen. Gleichgesinnte... Schon so lange hoffte er jemanden zu finden. Irgendjemanden, der ihm sagen konnte, wer er wirklich war. Was er wirklich war. Doch er fand nicht einmal Hinweise. »Bringt mich augenblicklich zurück zum Palast! Ich befehle es euch! Ihr dreckigen Banditen!« Zoran schaute der Prinzessin in die Augen. »Denkst du, bloß weil du uns beleidigst, bekommst du deinen Willen? Das hat vielleicht bei deinen Dienern und Mägden funktioniert, aber wir werden ganz sicher nicht vor dir kuschen.« Sharon fauchte ihn an. »Was glaubst du eigentlich, mit wem du hier redest du... du... was genau bist du eigentlich?« Blake schaute Zoran an. Selbstverständlich war es ihm sofort aufgefallen, aber er hatte keinen Grund ihn darauf anzusprechen. Seine Einstellung war es, dass er sich nicht in anderer Leute Angelegenheiten einmischte, wenn sie es auch nicht bei ihm taten. Zoran hatte bislang noch keinerlei Interesse an seiner Situation vor dem gemeinsamen Ausbruch gezeigt, weswegen Blake ihn an seiner Seite duldete. Aber etwas Neugierig hatte ihn Zorans ungewöhnliches Erscheinungsbild doch gemacht. Blake schaute zu, wie Zoran sich nach Püppchens Frage nervös seine langen, hellblauen, silbrig schimmernden Haare zu einem Zopf band. Auch seine Augen hatten eine seltsame Farbe, sie waren in einem kräftigen Violett und seine Pupillen schienen nicht rund zu sein, sondern breite Schlitze zu bilden. Blake hatte schon öfter Geschichten über Wesen gehört, mit seltsamen Haar- und Augenfarben, doch wurden sie niemals menschenähnlich beschrieben. Und so fragte sich Blake still in sich hinein, wer oder was Zoran war. Aber letztendlich ging es ihn nichts an. »Zoran? Lass uns schnell von hier verschwinden. Wenn die da wirklich die Tochter von Sorth ist, dann kann es nicht mehr lang dauern, bis sie auch hier nach ihr suchen.« »Hallo? Du hast meine Frage nicht beantwortet! Was bist du?« Entnervt wandte sich Blake ihrer Geisel zu. »Ich möchte doch meinen, dass du im Augenblick andere Sorgen hast als hier dumme Fragen zu stellen.« Zoran wollte soeben etwas sagen, als es plötzlich hinter Sharon aus dem Wald ein fernes Rascheln zu vernehmen war. Schlagartig wurden die drei ruhig und lauschten. Das Rascheln wurde lauter. Dann hörten sie auch das krachen schwerer Äste. Sharon freute sich. »Das müssen die Soldaten sein! Sie kommen um mich zu retten!« Blake betrachtete Aufmerksam das Waldstück, das hinter Sharon lag. »Das sind keine Soldaten. Das ist etwas viel größeres.« Blake schaute Zoran an, der offenbar angestrengt den Geräuschen lauschte. »Es ist allein. Dem Geräusch nach zu Urteilen ist es etwa drei Meter Groß und wiegt mehrere hundert Pfund. Und es schleift etwas schweres hinter sich her.« Blake war erstaunt von Zorans guten Ohren, da kam plötzlich ein Ohrenbetäubendes Gebrüll aus dem Wald. Zwischen den Bäumen trat ein gewaltiges Wesen hervor. Es war etwa so groß, wie Zoran beschrieben hatte. Es hatte eine schmutzige, ledrige graue Haut, die an vielen Stellen vernarbt war. Auf dem Rücken hatte es einige unschöne Buckel. Es zog ein Beil mit rostigen Nägeln darin hinter sich her. Und noch dazu stank es ekelhaft. Nach modriger Erde, nach Sumpf – und nach Verwesung. Zoran verzog angewidert das Gesicht und rieb seine Nase. Es schien, als könnte er diesen Gestank noch viel weniger ertragen als Blake oder Sharon. Blake griff fest um den Griff seines Schwertes, welches er auf der rechten Seite seinen Gürtels trug. »Keine Angst, Prinzessin, der tut uns nichts. Das ist ein Leichenfresser, der macht sich nichts aus Lebenden.« Blakes Worte schienen Sharon nur bedingt zu beruhigen. »Leichenfresser?« fragte sie in ängstlichem Flüsterton. »Die Leichenfresser graben die Toten aus um sie zu essen.« Blake waren diese Wesen keineswegs unbekannt, dennoch schüttelte es ihm bei diesem Gedanken. »Was will der hier?« Blake schaute sich um. »Er muss das Feuer bemerkt haben und hat gedacht, hier wäre ein Nachtbegräbnis.« Sharon musterte das Beil. »Wird er uns damit töten und dann verspeisen?« Blake verdrehte genervt die Augen. Er hatte keine Lust mehr, der Prinzessin ihre dummen Fragen zu beantworten. Doch wenn er schweigen würde, befürchtete er, würde sie panisch werden und Krach veranstalten. »Nein, Leichenfresser lieben den Geschmack von Verwesung und Moder. Wir wären ihm zu frisch. Das Beil benutzt er um Särge aufzubrechen.« Blakes Blicke suchten nach Zoran. Dieser stand reglos und schweigend da, nur ein Paar Schritte von ihm entfernt und ließ seine Augen nicht vom dem gefährlich wirkendem Eindringling ab, der langsam auf den Fluss zuging um daraus zu trinken. Dann sah Blake, wie Zoran langsam den Kopf schüttelte. »So wie du es beschreibst, war es früher einmal. Doch die meisten Menschen können sich heutzutage kein vernünftiges Begräbnis mehr leisten, dafür sind die Abgaben an das Königshaus zu hoch. Die Meisten verbrennen die Verstorbenen und verstreuen ihre Asche in den Flüssen oder im Meer. Das ist immer noch würdevoller, als die Toten einfach so in der Erde zu verscharren. Und die, die sich ein Begräbnis leisten können, zahlen auch für die Bewachung der Friedhöfe.« Blake ahnte, worauf diese Erklärung hinauslief. »Du willst damit sagen, dass er sich gar nicht erst die Mühe macht, nach schlecht bewachten Särgen zu suchen?« Zoran ballte seine Hände zu Fäusten. »Nein.«, sagte er ruhig » Er hat gelernt, die Toten selbst zu vergraben.« In diesem Moment drehte der massige Leichenfresser sich um und schwang sein Beil nach Zoran. Dieser wich mit einem Sprung nach Links aus und huschte hinter einen Felsen. Blake zückte sein Schwert und schnitt das Seil, mit dem Sharon gefesselt war, mit einem gezielten Hieb durch. »Schnell, versteck dich da hinten!« Sharon rannte zu der dichten Baumgruppe, auf die Blake gezeigt hatte und verschwand hinter dem dicksten Baumstamm. Blake wandte sich dem Leichenfresser zu, der mit seinem Beil ein Stück von dem Felsen abschlug. Als er sein Beil ein weiteres Mal zum Schlag hob, sprang Zoran auf den Felsen und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Der Leichenfresser schrie auf und taumelte ein paar Schritte zurück. Diese Gelegenheit nutzte Zoran und versetzte ihm mit seinen schweren Stiefeln einen tritt in den Bauch. Der Leichenfresser ließ sein Beil fallen und krümmte sich nach vorne. Zoran suchte nach Blake. »Jetzt, schnell!« Blake rannte auf den tief gebeugten Leichenfresser zu und schlug ihm mit einem einzigen kräftigen Hieb seines Schwertes den Kopf ab. »Oh man, der hatte ganz schön viel Kraft.« Blake begutachtete den halb zertrümmerten Felsen. Zoran klopfte sich etwas Staub ab. »Wo ist die Prinzessin?« In diesem Moment trat eine vollkommen verstörte Sharon aus ihrem Versteck hervor. »Habt ihr es erledigt?« Sie erblickte den Kopflosen Körper des Ungetüms, das Blake und Zoran zu Füßen lag. Das Haupt des Leichenfressers war in den Fluss gerollt. Blake nahm sein Schwert und wischte das Blut mit einem Lappen, den er aus seinem Mantel gezogen hatte ab. »Hey Püppchen, ich bin zwar kein Modeexperte, aber ich glaube ein rosa Kleid passt farblich nicht zu einem grünem Gesicht.« Zoran knackte mit den Fingerknöcheln. »Das Wasser aus dem Fluss können wir nicht mehr trinken, das ist verseucht.« Er ging zu den Pferden und band sie los. »Was meinst du Blake, können wir's riskieren?« Blake schaute nach Osten, wo sich langsam die Morgendämmerung ankündigte. »Wenn wir jetzt los reiten, sollten wir kurz nach Sonnenaufgang im Dorf sein. Falls dort schon Steckbriefe hängen könnten wir diese Entfernen, bevor der Markt öffnet und die Bewohner sie sehen. Das könnte uns Zeit verschaffen. Also, ja, wir können es riskieren.« Zoran räusperte sich und deutete unauffällig auf Sharon. »Und was machen wir damit?« flüsterte er. Blake zuckte mit den Schultern. »Bind sie wieder an den Baum.« Lautstark begann Sharon zu protestieren. »Ihr bringt mich Augenblicklich nach Hause!« »Nein, wir bringen dich nicht einfach nach Hause« begann Zoran »und hierlassen werden wir dich auch nicht. Wer weiß, ob nicht noch so einer davon hier in der Gegend ist.« Er nickte mit seinem Kopf in Richtung des toten Leichenfressers. »Es reicht schon, dass wir dich entführt haben, da wollen wir ganz sicher nicht auch noch für deinen Tod verantwortlich sein.« Sharon schaute suchend zwischen den Bäumen umher. Wohl darauf wartend, dass doch noch Soldaten auftauchen würden. Zoran stöhnte genervt auf. »Vergiss es, da kommt keiner mehr.« Er packte Sharon am Arm und zog sie unsanft vor sich auf sein Pferd, nachdem er selbst auf gestiegen war. Nur das Rauschen den Baches war zu hören. Und die Hufe zweier Pferde, die ihre Reiter in Richtung Osten trugen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)