Ein Ende bedeutet immer auch einen Anfang von Fhin (Wenn aus Liebe Freundschaft und aus Freundschaft Liebe wird) ================================================================================ Kapitel 78: Die Entscheidung ---------------------------- Schweigend gingen sie durch die Straßen auf dem Weg zur Bibliothek. Es wurde schon langsam dunkel und die Luft war einigermaßen kühl. Keiner von beiden wusste, was er sagen könnte, um das Schweigen zu brechen. Für beide war die Situation gewöhnungsbedürftig. Sie waren in letzter Zeit nicht oft alleine gewesen und wussten nicht recht, wie sie sich verhalten sollten. Letztendlich war sich jeder seiner eigenen Gefühle bewusst, konnte die des anderen aber nicht einschätzen. Und keiner von beiden war jemand, der bei so etwas gern die Initiative ergriff. „Ähm…“, räusperte Amy sich schließlich, die diese Stille nicht mehr ertrug. „Was möchtest Du denn in der Bibliothek machen?“, fragte sie. Taiki sah sie nun an. „Ich weiß noch nicht, wie lange ich auf der Erde sein werde…“, begann er seine Antwort, wodurch Amy einen leichten Kloß in ihrem Magen verspürte. „…deshalb möchte ich so viel wie möglich über die Wissenschaften der Erde erfahren.“ „Achso…“, entgegnete Amy und Traurigkeit schwang in ihrer kurzen Antwort mit. Taiki sah sie fragend an. Irgendwie sah sie nicht glücklich aus, doch er traute sich nicht, etwas zu sagen. Er senkte den Blick und lief nun wieder schweigend neben Amy her. In der Bibliothek trennten sich ihre Wege vorübergehend. Amy ging zielstrebig auf die Regale zu, die Bücher über kognitive Rezeption enthielten. Taiki hingegen durchstöberte die Regale und nahm immer wieder mal ein Buch heraus, in dem er einige Seiten las, sie dann wieder zurückstellte oder sie sich unter den Arm klemmte. Als er einen Stapel Bücher zusammengesucht hatte, machte er sich auf die Suche nach Amy, die er schon nach kurzer Zeit an einem Tisch fand, die Augen konzentriert auf ihre Lektüre gerichtet. Leise ging er zu ihr herüber, zog den Stuhl ihr gegenüber zurück und setzte sich, die Bücher auf dem Tisch platzierend, hin. Amy schaute kurz auf und schenkte ihm ein Lächeln, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit widmete. Taiki wurde leicht rot, was sie jedoch nicht bemerkte, da sie ihren Blick wieder auf ihr Buch gerichtet hatte. Für einen Augenblick vergaß er ganz den Stapel Bücher, der neben ihm auf dem Tisch lag, und starrte das Mädchen ihm gegenüber an. Er konnte sehen, wie sich ihre tiefblauen Augen beim Lesen hin und her bewegten, manchmal an einer Stelle etwas länger verharrten. Ab und zu legte sie ihre Stirn in Falten und dann machte sie sich feinsäuberliche Notizen auf dem Block, der neben dem Buch auf dem Tisch lag. Irgendwann sah sie auf. Sie hatte Taikis Blick gespürt und sah ihn nun fragend an. Er fühlte sich ertappt und lief erneut rot an, bevor er kurz entschuldigend lächelte und schnell nach dem obersten Buch vom Stapel griff und es aufschlug, darauf bedacht, Amy nicht mehr anzusehen. Sie lächelte leicht, während auch ihre Wangen eine leichte Färbung annahmen. Hatte er sie grad etwa beobachtet? Doch das Lächeln verging ihr schnell und innerlich seufzte sie. Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass er sie auch mochte. Aber dann machte er immer wieder einen Rückzieher. Und er hatte sich gegen die Erde und für Euphe entschieden. Das hieß doch, dass sie gar keine Zukunft haben konnten, oder? Für den Rest des Abends fiel es ihr schwer, sich auf ihre Bücher zu konzentrieren. Immer wieder drifteten ihre Gedanken zu dem jungen Mann ihr gegenüber ab. Immer wieder riskierte sie einen kurzen Blick auf ihn und es entging ihr nicht, dass auch er ab und zu aufsah. Als schließlich eine Durchsage gemacht wurde, dass die Bibliothek bald schließen würde, standen beide auf. Sie liehen sich ihre Bücher aus und verließen dann das Gebäude. „Es ist schon richtig dunkel.“, stellte Taiki fest. „Ja.“, stimmte Amy zu. „Es ist auch schon recht spät. Ich werde schnell heimgehen. Morgen ist Schule und Du musst ja auch wieder früh raus wegen Tsuki.“ „Mhm…“, entgegnete Taiki nachdenklich. Eine Sekunden vergingen, bevor er wieder sprach. „Ich bring Dich noch heim.“ Überrascht sah Amy auf und in das ruhige Gesicht des Mannes, der hier neben ihr lief. „Das… das ist wirklich nicht nötig.“, versicherte sie ihm schnell. „Doch.“, sagte er schnell. „Um diese Zeit laufen komische Typen hier herum.“ Sein Blick war auf eine Gruppe junge Männer gerichtet, die mehrere Flaschen Alkohol bei sich trugen und laut gröhlten. Amy wurde leicht rot. Er wollte sie wohl beschützen. Sie musste unwillkürlich lächeln. „Na schön, dann musst Du mich eben beschützen.“, sagte sie vergnügt. Taiki sah sie überrascht an und schon wieder färbten sich seine Wangen dunkel. Als sie an der Gruppe junger Männer vorbei liefen, mussten sie schnell feststellen, dass Taikis Einschätzung richtig gewesen war. Die Blicke mehrerer Männer waren auf Amy gerichtet. Ein Pfeifen ertönte. „Hey Süße!“, sprach einer von ihnen sie mit einem widerlichen Grinsen an. Amy sah kurz auf, bevor sie ihren Blick wieder nach vorne richtete und ohne ihn weiter zu beachten weiter ging. Innerlich jedoch spannte sie sich deutlich an. Auch Taiki spannte jeden einzelnen Muskel an, seine Hände ballte er zu Fäusten. „Hey, ich rede mit dir!“, versuchte der Typ es erneut. Amy ignorierte ihn weiterhin. Er wollte jedoch nicht locker lassen. Er schritt nun auf sie zu und wollte nach ihrem Arm greifen. Dieser wurde jedoch von Taiki abgefangen, der den Betrunkenen um beinahe einen ganzen Kopf überragte und ihn mit finsterem Blick anstarrte. „Lass die Finger von meiner Freundin.“, sagte er bedrohlich, legte instinktiv den Arm um Amy und zog sie ein wenig näher zu sich. Amy riss die Augen auf. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass er sich so verhielt, sie so festhalten würde. Wütend funkelten sich die beiden Männer an, Taikis Hand immer noch um das Handgelenk des anderen gelegt. Jetzt kam auch Bewegung in die anderen Männer der Gruppe, die die Szene mit großen Augen betrachtet hatten. „Lass gut sein, Alter.“ sagte einer beschwichtigend und legte ihm die Hand auf die Schulter. Im selben Moment ließ Taiki ihn los und der Mann drehte sich nach einem letzten wütenden Blick auf ihn wortlos um und gesellte sich wieder zu seinen Freunden. Langsam entspannte sich Taiki und als er sichergehen konnte, dass der Mann nicht wieder zurückkam, bemerkte er erst richtig, dass er Amy immer noch fest an sich gedrückt hielt. Sie hatte sich ruhig verhalten und sich nicht bemerkbar gemacht. Schnell ließ er sie los. „Entschuldigung.“, sagte er errötend. Sie sah ihn mit großen Augen an. „Entschuldigung?“, hakte sie nach. „Wofür denn? Du hast mich beschützt!“ Verlegen sah er sie an. Er hätte es niemals zulassen können, dass sie von so einem widerlichen Kerl angemacht wurde. „Danke, Taiki.“, sagte sie und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln. Er räusperte sich verlegen. „Ähm… gern geschehen.“ Noch immer lächelnd hakte sie sich bei ihm unter, was ihn ebenso erstaunte wie freute. Den Rest des Weges legten sie so zurück. Sie unterhielten sich angeregt und das etwas merkwürdige Gefühl, welches sie beide auf dem Hinweg verspürten, war wie weggeblasen. Taiki war schon beinahe traurig, als sie schließlich vor Amys Haustür standen und es Zeit war, sich zu verabschieden. Er hatte diesen Abend mit Amy sehr genossen, besonders den Rückweg. Sie löste sich von seinem Arm und er spürte, wie es an der Stelle kalt wurde, an der sie eben noch gewesen ist und er ihre Wärme spüren konnte. Allein bei dem Gedanken wurde er schon wieder rot. „Danke, dass du mich nach Hause begleitet hast.“, sagte Amy, die ihm nun gegenüber stand und ihm lächelnd in sein Gesicht schaute. „Gern geschehen.“, erwiderte Taiki und erwiderte ihr Lächeln. Mal wieder musste er feststellen, wie hübsch sie eigentlich war mit ihrem kurzen blauen Haar und ihren großen blauen Augen. Ihre helle Haut strahlte in dem schwachen Licht der Nacht besonders. „Wir sehen uns sicher morgen.“, sagte sie noch, doch Taiki nahm sie kaum wahr, zu sehr war er von ihrem Anblick gefesselt. Sie errötete leicht unter seinem durchdringenden Blick und noch mehr, als er plötzlich, wie in Trance, seine Hand an ihre Wange legte. Er wusste nicht mehr, was er tat. Das einzige, was er in diesem Moment wahrnahm, war Amy. Das Mädchen, das ihm gegenüberstand und ihn mit großen Augen ansah. Er spürte ein angenehmes Kribbeln, welches sich von seiner Hand, mit der er ihre Wange berührte, durch seinen ganzen Körper zog. Noch immer konnte er seine Augen einfach nicht von ihr abwenden. Amy schloss kurz ihre Augen und genoss seine warme Hand auf ihrer Wange. Was grad wohl in ihm vorging? Er wandte seinen Blick nicht von ihr ab. Warum? Eine aufgeregte Spannung legte sich über sie, als sie abwartete, was als nächstes geschehen würde. Vorsichtig öffnete sie wieder ihre Augen. Taikis Blick wanderte indes zu ihren Lippen und ruhte dann auf ihnen. Sie sahen so verführerisch weich aus. Wie es sich wohl anfühlte, diese Lippen zu küssen? Ein angenehmer Schauer überkam ihn, als er daran dachte. Ohne es richtig zu merken, näherte er sich ihrem Gesicht immer mehr. Ihr Herz klopfte aufgeregt, als er ihr näher kam. Etwas unsicher lehnte auch sie sich ihm entgegen. Da er so viel größer war als sie, konnte sie sich ihm nicht weit entgegenstrecken. Es lag ganz bei ihm, was nun passierte. Nur langsam bemerkte er, was er grad eigentlich tat. Er war ihr so nahe, dass er sie atmen hören konnte. Er zögerte und wurde rot, als er merkte, wie nahe er ihr mittlerweile gekommen war. Es war, als würde er aus einer Art Trance erwachen, in die sie ihn durch ihre pure Anwesenheit versetzt hatte. Schnell wollte er sich zurückziehen, doch bemerkte er ihren erwartungsvollen Blick. Konnte es sein, dass sie es vielleicht auch wollte? Er war nie der Typ gewesen, der in solchen Situationen die Initiative ergriff. Eigentlich war er überhaupt noch nie in solch einer Situation gewesen. Es hatte auch noch nie ein Mädchen gegeben, welches er so mochte wie Amy. Seine Gedanken überschlugen sich. Er musste eine Entscheidung treffen. Sollte er es wagen? Sie küssen? Oder sie vielleicht kurz umarmen, um sich von ihr zu verabschieden? Doch das wollte er doch gar nicht. Er wollte sie küssen! Er hatte nur Angst, wie sie darauf reagieren könnte. Vielleicht würde sie ihn wegstoßen, ihn entsetzt ansehen und fragen, was in ihn gefahren sei. Aber vielleicht… vielleicht würde sie seinen Kuss auch erwidern, sich darüber freuen und ihn genießen. Wenn er nur wüsste, wie sie reagieren würde. Normalerweise tat er nichts, ohne die Konsequenzen abzuwägen. Aber in diesem Fall konnte er es nicht. Es entzog sich völlig seines Erfahrungsspektrums und es gab keine wissenschaftlichen Theorien, auf die er seine Entscheidung stützen könnte. Warum konnte er nicht so wie Seiya sein? Impulsiv handelnd, ohne über alles zu viel nachzudenken. Doch schließlich fasste er einen Entschluss. Er musste es einfach tun. Wenn sie ihn abweisen würde, würde er bald mit Kakyuu zurück nach Euphe gehen und er würde Amy nie wiedersehen. Oder zumindest nur selten, wenn er mal seine Freunde hier besuchte. Aber wenn sie den Kuss erwiderte, empfand sie vermutlich ebenso wie er. Und dann könnten sie ein Paar werden… Glücklich werden… Endlich überwand er die Distanz, die zwischen ihnen lag und legte seine Lippen auf die seiner heimlichen Liebe. Sein Herz klopfte stark gegen seine Brust und er wartete angespannt ihre Reaktion ab. Pures Glück durchfuhr ihn, als er spürte, wie ihre Lippen sich bewegten und sie den Kuss tatsächlich erwiderte. Er zog sie etwas näher zu sich und legte seinen linken Arm um ihre Taille, während seine rechte Hand noch immer an ihrer Wange lag. Er spürte, wie sie ihre Arme um seine Hüfte schlang und sich ihre Hände auf seinen Rücken legten. Sie konnte es kaum glauben, dass sie wirklich gerade in seinen Armen lag und ihn küsste. Wie lange hatte sie sich danach gesehnt? Es war aufregend und wunderschön. Seine Lippen waren warm und weich und sie konnte ganz deutlich seinen feinen Geruch wahrnehmen. Ihr Herz machte einen weiteren Hüpfer, als er seine Lippen leicht öffnete und sie seine Zunge spüren konnte. Sie stieg darauf ein und schon bald versanken beide in einem zärtlichen Kuss. Nachdem sie den Kuss gelöst hatten, zog Taiki sie fest an sich und legte seinen Kopf auf ihren. Kurz noch wollte er ihre Nähe genießen. Sie legte ihren Kopf an seine Brust und vergrub ihre Finger in seiner Jacke. Sie sog seinen Geruch tief ein, als ob sie ihn so für immer in sich bewahren wollte. Schließlich drückte er sie sanft von sich weg und sah ihr in die Augen. Auf den Wangen beider konnte man deutlich die Röte sehen, die dieser Kuss mit sich gebracht hatte. „Gute Nacht, Amy.“, sagte er sanft und sie musste unwillkürlich lächeln. „Gute Nacht, Taiki.“, erwiderte sie ebenso sanft. Er beugte sich noch einmal zu ihr herunter und legte seine Lippen sanft auf ihre, bevor er sie losließ und sich nun auf den Heimweg machte. Langsam drehte sie sich zu ihrer Haustür, zog den Schlüssel aus ihrer Tasche und schloss auf. Bevor sie eintrat, blickte sie noch einmal zurück und sah Taiki, der vor dem Eingangstor stehen geblieben war und sie ansah. Sie lächelte und konnte auch auf seinem Gesicht ein warmes Lächeln erkennen, welches ihr Herz erfreute. Nachdem sie endgültig das Haus betreten hatte und die Tür geschlossen hatte, setzte Taiki seinen Weg nach Hause fort. Er konnte nicht anders, als zu lächeln. Er hatte sich entschieden und das war gut so. In dem Moment, in dem sie seinen Kuss erwidert hatte, waren die Würfel gefallen. Er hatte sich nicht nur für sie, sondern auch für die Erde entschieden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)