Scare me von Reid (Criminal Minds) ================================================================================ Kapitel 6: Verlegenheiten ------------------------- Ein Schlag in die Magengegend hätte vermutlich keine stärkere Reaktion hervorgerufen, als Dereks Worte, gepaart mit seinem forschenden, erwartungsvollen Blick. Spencer konnte quasi fühlen, wie die Farbe zunächst aus seinem Gesicht wich, um dann, mit aller Macht in einem leuchtenden rot zurück zu kehren. Seine Wangen glühten heiß und er spürte, wie sein Körper schauderte. Seine Eingeweide zogen sich zusammen, als wollten sie alle Gesetze der menschlichen Anatomie ignorieren. Himmel, musste dieser unmögliche Mann ausgerechnet jetzt damit anfangen, wo er ohnehin schon nicht wusste, wo ihm der Kopf stand? „Reid?“ „Das... das war kein Kuss, das weißt du genau!“ stammelte Spencer und verfluchte sich für den kleinen Kiekser, den seine Stimme am Ende des Satzes machte. Er konnte sich in allen Facetten an den Abend erinnern, von dem Derek Morgan nun sprach. Selbst wenn er nicht über ein überdurchschnittliches Gehirn verfügt hätte, die ganze Peinlichkeit, die mit dieser Situation zusammenhing, machte es ihm unmöglich das Geschehene zu vergessen. Das Team war gerade aus Sparks, Nevada zurückgekehrt, hatte einen Fall erfolgreich abgeschlossen, der alle, ohne Ausnahme wochenlang in Atem gehalten hatte. Am Ende gelang es den Profilern, vier entführte und teilweise über Monate gefangen gehaltene Kinder aus der Gewalt eines Mannes zu befreien, dessen Skrupellosigkeit selbst den erfahrensten Cops, die das Team zur Unterstützung herbeigerufen hatten, das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die Kollegen hatten sich an einer Hotelbar eingefunden, offiziell um ihren Erfolg mit ein paar Drinks ausklingen zu lassen, doch der bittere Nachgeschmack darüber, dass sie nicht alle Opfer hatten retten können, sondern nur einen kleinen Teil, blieb. Auch wenn niemand diese Tatsache aussprach, so war sie doch in den Köpfen aller verankert. Spencer trank selten Alkohol, er vertrug ihn nicht sonderlich gut, außerdem fürchtete er dessen Wirkung. Nicht die volle Kontrolle über seinen Geist zu haben, war etwas, das ihm seit jeher als das schlimmste, anzunehmende Ereignis ängstigte. Dennoch hatte er sich zu einem weiteren Glas Wein überreden lassen und zu schon recht später Stunde waren es nur noch Morgan und Reid, die sich angeregt über Dinge unterhielten, die belanglos waren, stupide, aber so herrlich normal, dass sie ein wenig von dem gesehenen Grauen abzulenken vermochten. Rückblickend betrachtet war alles, was dann geschah, aus einer albernen Laune heraus geboren. Keine große Sache, aber für Dr. Spencer Reid etwas, das ihn in seinen elementarsten Grundfesten schon recht schwer erschütterte. „Du warst es doch, der mich provoziert hat.“ zischte er nun und starrte, beinahe bockig auf das Heck des Wagens vor ihnen, während er zu verbergen versuchte, dass er unheimlich verlegen war. Tatsächlich hatte er Derek nur 'schocken' wollen, indem er ihm einen dicken Schmatzer auf die Wange drückte. Etwas, was ihm niemand zugetraut hatte, erstrecht nicht der smarte dunkelhäutige Agent. Leider hatte sich dieser in genau diesem Moment zu ihm herumgedreht, so dass die Lippen des jungen Statistikers sich zielgenau auf die des älteren Kollegen gelegt hatten. „Das war nichts, als ein dummer Zufall.“ fügte er noch hinzu und konnte sich gerade noch verkneifen, die Arme vor der Brust zu verschränken und somit den Eindruck eines trotzigen Kindes zu perfektionieren. „Zufall, ja?“ Derek lachte leise und schüttelte ein wenig den Kopf. „Dr. Spencer Reid, der anderen nicht einmal die Hand zur Begrüßung reicht, küsst mich zufällig genau in dem Moment auf die Wange, als ich mich umdrehe. Was würde wohl Sigmund Freud dazu sagen, hm?“ Nun war es deutlicher Spott, der in seiner Stimme mitklang und dafür sorgte, dass Spencer wütend nach Luft schnappte. „Es war ein Versehen, Morgan, ich hab dir gesagt, dass es mir leid tut.“ der Jüngere der Beiden presste die Lippen aufeinander und atmete dann mehrere Male tief durch. „Tja, weißt du Reid, wenn es tatsächlich ein Versehen war, dann verstehe ich nicht, warum du dich seitdem mir gegenüber so distanziert verhällst.“ „Das tu ich doch gar nicht.“ „Nein? Komisch, kommt mir aber so vor.“ Derek seufzte und strich sich über den kahl geschorenen Kopf. „Es braucht dir nicht leid tun. Es war nur ein Kuss, Kleiner. Davon geht die Welt nicht unter, hörst du? Ein Kuss. Etwas schönes. Du tust fast so, als wäre es es etwas dramatisches. Bitte sag nicht, dass es so schlimm war, das würde nämlich ziemlich an meinem Ego kratzen.“ Nun war es ein wirklich spitzbübisches Grinsen, das die vollen Lippen des Agents zierte, während er den jüngeren kurz aber eingehend musterte. „Du verstehst das nicht, können wir das Thema einfach lassen, bitte?“ „Wie soll ich es auch verstehen, wenn du nicht mit mir redest, Reid?“ Erschöpft strich Spencer sich durch das halblange, braune Haar und schloss für einen Moment die Augen. Wieder begannen die Gedanken in seinem Kopf einander zu umschlingen, sich gegenseitig aus dem Weg stoßend und doch nicht mal annähernd ein klares Bild formend. „Fahr rechts ran, bitte.“ murmelte er und löste bereits den Sicherheitsgurt. „Bitte was?“ „Ich sagte, fahr rechts ran!“ „Okay okay... willst du mir jetzt wirklich eine Szene machen?“ Derek schnaubte ungläubig und schaltete den Warnblinker ein, während er am Straßenrand hielt. Spencer jedoch schenkte ihm nur einen finsteren Blick und stieg aus dem Auto. Bereits in dieser Sekunde wusste er, dass er vollkommen unfair handelte und maßlos übertrieb, aber die ganze Sache verwirrte ihn selbst viel zu sehr, als dass er sich weiterhin auf engsten Raum mit Derek und seiner, für dieses sensible Thema viel zu offensiver Art, auseinander setzen konnte. Der junge Agent schlug die Tür des dunklen SUV zu und drückte seine lederne Tasche an den schlanken Leib. Zielstrebig marschierte er auf die Treppe zur U-Bahn Station zu, und verschwand in dem dunklen Schacht. Dass Derek Morgan fluchend seine Faust gegen das unschuldige Lenkrad schlug, bekam er nicht mehr mit, ebenso wenig wie den unscheinbaren Mann mit dem schütteren Haar, der ihnen schon eine geraume Zeit in seinem alten, schmutzigen Toyota gefolgt war, und nun dem Objekt seiner leidenschaftlichen Begierde durch den Rückspiegel hindurch wehmütig nachblickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)