You're second to none von Ryo (NaNoWriMo 2012) ================================================================================ Kapitel 13: Kapitel dreizehn ---------------------------- Als ich am nächsten Tag am Frühstückstisch saß, hätte ich unsere Eltern verfluchen können. Da sind sie wochenlang die Ersten aus dem Haus, kümmern sich einen Dreck um das Familienbeisammensein und ausgerechnet heute müssen sie einen auf Familienfrühstück machen. Ausgerechnet heute! Ich biss frustriert in meinen Toast, sah zu Jay, der mich nur sanft anlächelte. Er verstand, warum ich so gereizt war. Die letzten Male haben wir immer zu Zweit gefrühstückt und ausgerechnet heute hatten wir keine Möglichkeit alleine zu sein. Im Grunde regte ich mich übertrieben auf. Wir haben die ganze Nacht nebeneinander gelegen und wir würden den ganzen Schulweg für uns haben. Und trotzdem. Es wurmte mich. Wahrscheinlich war es, weil ich es immer noch nicht richtig realisierte. Als ich aufwachte dauerte es einige Momente, um zu begreifen, dass es wirklich kein Traum war. Und jetzt habe ich Angst, dass es trotzdem jeden Moment wieder zerplatzen könnte wie eine Seifenblase. Als ob er mir jeden Moment sagen würde, dass alles nur ein Scherz gewesen wäre. Um zu gucken wie ich reagieren würde. Ich machte mich wegen der Sache verrückt. Schnell schlang ich den Rest meines Toastes runter und ging zurück in unser Zimmer, packte meine Tasche für die Schule. Es war mir egal, was meine Eltern dachten. Nur weil sie einmal mit uns zusammen am Tisch saßen, sollten sie nicht einen auf fröhliche Familie machen. Im Grunde waren wir das zwar, aber wir gingen alle unsere eigenen Wege. Wir waren alt genug. Wir brauchten keinen mehr, der uns Morgens weckt oder der uns Frühstück und Mittagessen machte. Das konnten wir schon gut alleine. Nur wenige Minuten später kam Jay ins Zimmer. "Du denkst das selbe wie ich, nehme ich an?" Er ging zu mir rüber, umarmte mich von hinten und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Ein Schauer überkam mich, die Hitze kehrte zurück. Ich konnte diese Berührungen einfach noch nicht als selbstverständlich ansehen. Dafür hatte ich sie mir zu lange erträumt. Ich nickte. "Jay?" "Ja?" Ich überlegte, wie ich die Frage am besten stellen konnte. "Ich... hab Angst. Deinen Vorstellungen nicht gerecht zu werden." "Wie meinst du das?" Er ließ von mir ab, sah mir in die Augen. "Naja... was, wenn es nicht so wird, wie du es dir vorgestellt hast? Wenn es nicht klappt zwischen uns? Ich glaube nicht, dass wir dann wieder zurück in unsere alte Freundschaft gehen können..." "Darüber machst du dir jetzt schon Sorgen? Wir sind gerade mal einen Tag zusammen." Er hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. "Ich hab einfach nur Angst davor. Es ist zu schön um wahr zu sein, weißt du?" Ich schaute zum Boden. Das musste echt idiotisch klingen. "Mach dich deswegen nicht verrückt. Lass es einfach auf dich zukommen." Er strich mir über die Wange. „Wenn man zu viel denkt geht’s meistens schief. Lass dein Herz entscheiden.“ Haha. Ironie. Das Gespräch hatte ich vor wenigen Tagen auch schon mal mit mir selbst. Aber ich bin zu dem selben Schluss gekommen. Ich nickte. Auf dem Weg zur Schule stand ich vor dem nächsten Problem. Ich wollte seine Hand ergreifen, doch war das im Bereich des Möglichen? Ginge es in Ordnung? Wir wollten es schließlich nicht Öffentlich machen. Aber jeder wusste, dass wir uns als Brüder sehr nahe standen. Würden Geschwister Händchen halten? Ich war mir in diesem Punkt echt nicht sicher. Wahrscheinlich würden sie es nicht. Also vergrub ich meine Hände in den Taschen und ging einfach nur neben ihn her. Ich hatte es auch davor geschafft, normal neben ihn herzulaufen, also sollte das nun wirklich kein Problem sein. Und ich wollte niemanden die Möglichkeit geben, irgendwelche Gerüchte in die Welt zu setzen. Jay schaute zu mir rüber. „Worüber denkst du gerade nach?“ Es war schon fast unheimlich, wie er immer genau bemerkte, wenn mich etwas beschäftigt. „Darüber, was öffentlich okay ist und was nicht.“ Er blinzelte einmal. „Bleib mal stehen.“ Ich sah ihn verwirrte an, tat aber wie geheißen. Jay schaute sich um, lächelte dann und drückte mir einen Kuss auf die Lippen, den ich nach der ersten Schrecksekunde freudig erwiderte. Trotzdem schaute ich ihn fragend an, als er diesen wieder löste. „Wofür war der denn?“ „Um dir zu zeigen, dass du dir keinen Stress machen brauchst. Nur weil wir außerhalb unseres Zimmers sind, heißt es nicht, dass wir uns wie Fremde verhalten müssen. Wenn keiner zuguckt geht so was auch klar.“ Er ging weiter, ich folgte ihm. „Danke.“ In der Schule angekommen verabschiedeten wir uns. Ich ging in Richtung Sporthalle und traf Chris auf dem Weg. „Dem! Hey, alles in Ordnung? Hast du dich gut erholt von der Sache?“ Ich musste wirklich kurz überlegen was genau sie meinte, bevor es mir wieder einfiel. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. „Erholt ist wohl das richtige Wort.“ Durfte ich es ihr sagen? Sie wusste alles, was mich in den letzten Jahren betraf. Aber würde ich es nicht mit Jay abklären müssen? Andererseits kann ich meiner besten Freundin auf jeden Fall vertrauen, dass es unter uns bleibt. Ich griff ihr Handgelenk und zog sie ein wenig abseits von den anderen. Schließlich sollte es nicht jeder mitbekommen. „Ich muss dir was sagen.“ Mein Grinsen wurde größer. Ich konnte es nicht verstecken, so sehr ich es auch versuchte. „Jay und ich sind zusammen.“ Ihr Gesichtsausdruck war klasse. Ihre Augen wurden Größer, es schien, als hätte es ihr komplett die Sprache verschlagen. „Nein! Das... im Ernst jetzt? Du verarscht mich doch.“ Ich kicherte. „Ich glaubs ja selbst kaum. Aber es stimmt. Aber verrat es keinem.“ „Wie bitte hast du das geschafft? Da möchte ich jetzt aber alle Einzelheiten, ohne Ausnahme! Oh Dem, das ist wirklich klasse! Ich freu mich für dich!“ Sie umarmte mich vor Freude. Ich erzählte ihr die ganze Geschichte was gestern passierte, versuchte mich an alles zu erinnern, was jedoch nicht allzu schwer war. Ich glaube den gestrigen Tag werde ich in meinem Leben nicht vergessen. Es gongte und der Lehrer schloss die Sporthalle auf, so dass wir unsere Unterhaltung beenden mussten. Eilig ging ich in die Jungenumkleide und zog mir mein Sportzeug an. Ich hatte nicht wirklich Lust auf Sport, aber es war eine gute Gelegenheit um mich von meiner rosaroten Wolke herunter zu holen. Völlig verliebt durch die Schule zu taumeln war auch nicht wirklich die beste Idee. Es würde nur Fragen aufwerfen. Also nutzte ich die zwei Stunden um mich so gut es ging abzulenken. Der Plan war schön und gut, ging aber ziemlich nach hinten los. So sehr es mir auch gelang meine Gedanken im Sportunterricht von Jay wegzulenken, desto schneller kamen sie in der Pause zu mir zurück. Er berührte unauffällig meine Finger mit seinen, als er an mir vorbei ging und sich neben mich stellte. Ich wollte ihn berühren, wollte in küssen, hier und jetzt. Doch ich musste mich zusammen reißen. Warum fiel es mir jetzt nur so schwer? Es war doch sonst auch immer gegangen? Es war, als wäre die Sehnsucht nach ihm nun um einiges größer, als sie zuvor war. Vielleicht weil die Tabu Mauer jetzt nicht mehr existierte? Weil mein Verlangen nun legitim war? Dennoch wusste ich, dass keiner hier es richtig verstehen würde. Mir fiel auf, dass Summer gar nicht bei uns stand, so wie sonst immer. Wahrscheinlich war sie immer noch sauer. Aber das war mir egal, von mir aus konnte sie ruhig weg bleiben. Sie würde mir Jay nicht wieder wegnehmen. Das würde niemand. Die restlichen Stunden vergingen ungewöhnlich schnell. Mit diesen Glücksgefühl in meinem Bauch konnte ich recht gut dem Unterricht folgen. Die zweite Pause verlief nicht viel anders als die Erste. Ich würde mich einfach daran gewöhnen müssen mich zurück zu nehmen. Dafür hatte ich ihn dann abends zu Hause ganz für mich. Am Ende der siebten Stunde trafen wir uns vor dem Schultor, um gemeinsam zur Halle zu gehen. Jay zwar zwischenzeitlich nach Hause gegangen, da er eher Schluss hatte als ich. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken Blake wieder begegnen zu müssen, doch ich brauchte meine Sachen und wollte Jay auf keinen Fall alleine gehen lassen. „Keine Sorge, Dem. Wir gehen da nur eben rein, leeren das Schließfach und dann geht’s wieder ab nach Hause. Das dauert höchstens ein paar Minuten.“ „Und wenn er mich aufhält? Ich will wirklich nicht mit ihm reden...“ „Dann sorg ich schon dafür, dass er verschwindet bis wir wieder draußen sind.“ „Jay, es ist immer noch seine Halle.“ „Ja, aber es sind deine Sachen. Zur Not holen wir die Polizei und das will er sicher nicht. Immerhin würde es seinen Ruf schädigen.“ „Hmmm...“ Die Einwände klangen logisch, aber ich hatte trotzdem ein ungutes Gefühl. Als wir die Halle betraten war niemand zu sehen, außer ein paar Biker die trainierten. Es war komisch zu wissen, dass ich nun nicht mehr zu diesen zählte. „Wo genau ist dein Spind?“ Ich zeigte Jay diesen und öffnete das Schloss. Er kicherte. „Du hast meinen Geburtstag als Zahlenkombi?“ Ich merkte, wie ich rot wurde. Das war eine der Sachen, die er nie erfahren sollte... „Das ist wahnsinnig süss, Dem.“ „Hör auf, das ist schon peinlich genug.“ Ich öffnete den Spind und drückte Jay meine Klamotten in die Hand, außerdem die Gelenkschoner und zu guter letzt meinen Helm. Die restlichen Sachen – meinen Rucksack und Ersatzklamotten – nahm ich selbst in die Hand. Gerade wollte ich mich freuen, dass das alles so super gelaufen ist, dass ich mir gar nicht so viel Stress machen brauchte, als ich eine bekannte Stimme meinen Namen rufen hörte. „Demian!“ Es war Blake. Ich erstarrte. Drehte mich nicht um. Was sollte ich jetzt machen? Stumm an ihm vorbeigehen? Ihn grüßen? Was mir auch in den Sinn kam, alles war irgendwie falsch. „Komm.“, flüsterte Jay mir zu und ging voraus, ich folgte ihm stumm. Blake stellt sich uns in den Weg, beachtete Jay jedoch nicht groß. „Demian, bitte. Lass mich mit dir reden.“ Ich biss mir auf die Lippen. Ich wollte nicht mit ihm reden. Ich wusste nicht über was. Ich wollte das Thema hinter mir lassen und nie wieder daran erinnert werden. „Lass uns bitte durch, Blake.“ Jay übernahm das Sprechen für mich. „Wir haben es ein wenig eilig.“ „Demian, es tut mir wirklich leid. Ich... bitte, lass es mich erklären.“ Doch ich schwieg weiter und ging einfach aus der Halle. „Nimm wenigstens deine Preise mit.“ Ich horchte auf. Die hatte ich wirklich vergessen. Seit Samstag waren sie bei Blake in der Wohnung. „Ich hab sie hier. Ich hol die schnell, warte bitte.“ Damit verschwand er aus meinem Sichtfeld. Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt gewesen weg zu gehen, doch irgendwie lag mir auch etwas an den Preisen, zumal sie wohl meine Ersten und Einzigen sein würden. „Dem?“, Jay stellte sich neben mich, sah mich fragend an. Ich nickte nur. Es dauerte keine 5 Minuten bis Blake mit Pokal und Medaille wieder da war. Er drückte mir beides in die Hand und ich konnte es gerade noch so tragen. Es war mir unangenehm, dass er mit so nah kam, aber es ließ sich nicht vermeiden. „Danke...“, flüsterte ich leise, drehte mich dann um und ging, ohne noch einmal zurück zu sehen. Jay und ich gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. Ich war ehrlich froh, dass er dabei war. Ich wusste nicht, wie ich ohne ihn in meiner Nähe reagiert hätte. „Ich hoffe unsere Eltern sind nicht zu Hause. Sonst müssen wir uns gleich reinschleichen.“, sprach Jay nach einigen Minuten. Da hatte er allerdings Recht. Wenn sie die Kleidung sehen, würden sie bestimmt stutzig werden. Andererseits... „Und selbst wenn, sie wissen ja nicht, dass ich wieder gefahren bin. Die Sachen waren immerhin seit Ewigkeiten da drin.“ „Und der Pokal?“ „...Gut, Punkt für dich.“ Sowohl auf Pokal als auch auf der Medaille waren Name und Datum eingraviert. Da konnte man nichts verbergen. Doch wir hatten Glück und waren allein zu Hause. Nachdem wir die Sachen in unser Zimmer gebracht und erst einmal in der hintersten Ecke des Kleiderschrankes verstaut hatten, machten wir es uns auf meinem Bett bequem. Ich hatte die Musik angemacht, nicht zu laut, so dass man sich noch unterhalten konnte und lehnte gegen die Wand. Jay lag in meinen Armen gekuschelt, ich strich ihm über Nacken und Rücken. „Wie fandest du den heutigen Schultag?“, fragte er mich. Ich musste gar nicht lange überlegen. Von allen Sachen, die gerade in meinem Kopf schwirrten, auch wenn das sehr viele waren, war dieses Thema ziemlich präsent. „Seltsam. Es ist komisch genau zu wissen, dass da mehr ist zwischen uns und sich trotzdem wie immer zu verhalten. Um ehrlich zu sein hätte ich dich des Öfteren nur allzu gern überfallen.“ Er kicherte. „Ging mir ähnlich. Aber was meinst du? Wie sollen die anderen Pausen verlaufen?“ „Wie meinst du das?“ Ich dachte, die Pausen würden so wie die Heutigen sein. Wir würden normal in unserer Gruppe stehen, so wie wir das schon seit etlichen Jahren machen. Mir ist nicht in den Sinn gekommen, dass sich daran was ändern könnte. „Na ja. Wir könnten die Pausen auch zu zweit verbringen. Irgendwo, wo keiner sonst ist. Da gibt es immerhin genug Plätze im Gebäude.“ Ich überlegte kurz. Es war wahnsinnig süß, dass er diesen Vorschlag machte. Jedoch... „Meinst du nicht, dass wir uns dadurch eher ausgrenzen? Du bist immerhin noch ein Jahr länger als ich auf der Schule und ich will nicht, dass du dadurch dein letztes Jahr alleine verbringst. Außerdem, was für eine Begründung sollten wir bringen? Als Geschwister sehen wir uns eh schon wahnsinnig oft am Tag, das kommt seltsam, wenn wir dann auch noch in der Schule alleine sein wollen, oder nicht?“ „Hmmm...“ Jay dachte nach. Sagte eine Weile nicht. Aber es war genau das, was ich so befürchtete. Durch eine Beziehung sollten die sozialen Kontakte auf keinen Fall drunter leiden. Erst recht nicht zu seinen anderen Freunden. Das war in etwa das schlimmste, was passieren könnte. Denn wenn wir uns irgendwann einmal streiten oder wenn einer von uns einmal nicht da war, aus welchen Grund auch immer, brauchte man seine Freunde. Die sollen nicht an hinterster Stelle rücken. Auf gar keinen Fall. Jay seufzte „Du hast eigentlich Recht. Mir fällt gerade auch nicht ein, wie man es erklären könnte. Aber ich bin heute fast wahnsinnig geworden nur neben dir zu stehen und nicht einmal dein Hand halten zu können.“ „Und wenn wir... sagen wir zwei mal die Woche die Pausen zu zweit verbringen und die anderen Tage mit unseren Leuten? Oder wir nehmen beispielsweise immer nur die Erste für uns. Irgendwie wird sich das schon vertragen.“ „Ich hoffe...“, er drehte sich auf den Rücken, so dass er mich angucken konnte. Ich lächelte, lehnte mich zu ihm vor und küsste ihn. Seine Lippen waren jedes Mal so unglaublich weich und warm, es war zum schmelzen schön. Ich wollte es nie wieder missen ihm so nah sein zu können. Warum konnten wir es nicht einfach öffentlich machen und gut ist? Aber ich wollte Jay diesen Blicken nicht aussetzen. Mir selbst war das egal, ich geh in wenigen Monaten von der Schule ab, aber ihm wollte ich das nicht antun. Es war ja nicht nur das Problem, dass wir schwul waren. Das war nun wirklich nicht die Sache. Klar, es gab immer noch den ein oder anderen Idioten, der es bis heute nicht gecheckt hat, dass das Schikanieren aufgrund seiner Orientierung so was von von vorgestern ist, aber im Großen und Ganzen konnte man als Schwuler schon gut hier leben. Ich fragte mich insgeheim wie viele Leute wussten, dass wir Geschwister waren. Auf Papier hatten wir immerhin einen anderen Nachnamen, aber wir haben uns immer als Brüder betitelt, schon seit wir klein waren. Wahrscheinlich wussten es zu viele, als dass man sich deswegen keine Gedanken machen müsste. „Ist bei dir soweit alles okay? Ich meine wegen Blake?“ Jay schaute besorgt. Ich legte eine Hand auf seine Wange. „Ja, alles gut. Es war zwar nicht gerade angenehm ihn wieder zu sehen, aber das war das letzte Mal.“ „Und wenn du ihn mal zufällig in der Stadt antriffst? Immerhin ist das hier keine Weltmetropole.“ Tja... was würde ich dann machen... „In der Stadt sind genug Menschen, als dass etwas passieren könnte. Und sonst ignorier ich ihn und zur Not weiß ich mich immer noch zu wehren, wenn ich nicht gerade auf Drogen stehe. Und ich hab nicht vor noch mal etwas von ihm anzunehmen. Also keine Bange.“ Er schloss die Augen. „Okay.“ Ich wäre am liebsten für immer mit ihm so liegen geblieben, wenn meine Mutter uns nicht zum Essen gerufen hätte. Die Szene wiederholte sich. Meine Mutter hatte gekocht und bestand darauf, dass wir endlich mal wieder zu fünft gemeinsam essen. Weil wir das ja so lange nicht mehr gemacht haben. Ja, welche Schuld war das denn wohl? Ich hätte gemütlich mit Jay im Arm auf dem Sofa liegen können während wir Pizza futterten aber nein, wir saßen am Küchentisch, ohne Musik, ohne alles, nur mit dem Gelaber der beiden Erwachsenen. Ich stocherte in meinem Essen und verdrehte hin und wieder genervt die Augen. Auch Grace schien das alles nicht sonderlich zu gefallen. Jay kicherte, doch auch ihm konnte man ansehen, dass er Gezwungenerweise hier saß. Ma und Richard unterhielten sich über ihre wahnsinnig spannende Arbeit, die so wahnsinnig spannend war, dass sie nicht realisierten, dass sie völlig in ihre eigene Welt eingetaucht waren. Ich fragte mich ob sie bemerken würden wenn wir aufstehen. Aber besser nicht riskieren. Sonst gibt es hinterher nur noch ne Standpauke und darauf konnte ich verzichten. Wir Drei aßen relativ zügig auf und warteten auf eine Erlaubnis aufstehen zu dürfen. Als diese auch nach weiteren 15 Minuten nicht kam, stupste ich meine Mutter an. „Ma? Dürfen wir aufstehen? Wir sind fertig.“ Sie schaute verdutzt auf unsere Teller, die allesamt leer waren und dann auf ihre Portion, die immer noch voll wahr. Zwischen irgendeinem Gemecker, dass die Jugend von heute ja doch alles nur herunter schlingen würde und man sich die Mühe des Kochens gar nicht machen bräuchte, bekamen wir unsere Erlaubnis und verzogen uns nach Oben. Seufzend ließ ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen. Ich hatte mich nach dem Essen schnell ins Bad verzogen und mich extra beeilt, auch wenn ich nicht wusste warum. Wahrscheinlich einfach um Jays Anwesenheit schneller wieder zu genießen. Dieser saß auf seinen Bett, schrieb die letzten Sätze seiner Deutschhausaufgabe und legte dann das Schulzeug auf den Schreibtisch. Diesmal ging ich gleich in Richtung seines Bettes. Er rückte ein Stückchen, so dass ich genug Platz neben ihm hatte. Mein Bett würde noch richtig verlassen werden, wenn das so weiter geht. Aber mich störte es nicht. Ganz im Gegenteil. Ich spürte, wie die Arme meines Freundes sich um mich schlangen und erwiderte die Umarmung. „Es tut so wahnsinnig gut nicht alleine schlafen zu müssen.“ Er nuschelte, doch ich konnte ihn gut verstehen. Mein Herz meldete sich wieder stärker. Es schlug ständig schneller in seiner Nähe, doch in diesen besonderen Momenten spürte ich es so deutlich, als würde es gegen meine Brust trommeln. Als würde es mir beweisen müssen, dass es Echt ist, dass Träume dieses Gefühl nicht auslösen können. Aber er war okay. Mittlerweile durfte es das. Es konnte so schnell schlagen wie es wollte. Es hatte ein Recht dazu. Und das Recht würde ich ihm nicht nehmen. Um nichts auf der Welt. „Wir haben doch auch davor schon zusammen in einem Bett geschlafen.“ „Jaahh... aber nicht jede Nacht. Das kann man nicht vergleichen.“ Er drückte sich ein wenig näher. Jetzt sag mir bitte noch einmal jemand wie man sich nicht in ihn verknallen kann? Jedes seiner Wörter war so unglaublich Zucker... ich schloss die Augen. Spürte seinen Atem an meinem Hals. Spürte seine Wärme. Seinen Körper. Und er gehörte wirklich zu mir. Nicht zu irgendeinem wunderhübschen Mädchen. Zu mir. Nur zu mir. Auch wenn ich nicht wusste, womit ich ihn verdient hatte. Dennoch. Ich lächelte. „Ich bin glücklich, Jay...“ „Ich auch. Und wie. Schlaf gut.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)