Unverhoffte Nachbarn von Jeanne-Kamikaze- (Wenn Nachbarn interessant werden) ================================================================================ Kapitel 6: Ein Anschlag ----------------------- 6. Kapitel: Ein Anschlag Drei Tage später war Sherlock bereits früh morgens auf dem Weg zum St. Bart’s. Das ständige Vibrieren seines Handys kündigten eingehende Anrufe von Lestrade und Mycroft an, doch er ignorierte sie geflissentlich, obwohl seine Stimmung allmählich ins Genervte überging. Leider war er aber selbst schuld daran. Noch in der Nacht auf Montag hatte er völlig begeistert Lestrade angerufen und verkündet den Durchbrauch in dem Lagerhallenfall entdeckt zu haben- dass Catherine ihn eigentlich entdeckt hatte, hatte er verschwiegen. Seitdem hatte er sich jedoch bei dem DI nicht mehr gemeldet. Kein Wunder also, dass dieser keine Ruhe gab. Seine Chefs saßen ihm sicher schon in Nacken und Sherlock war Lestrade schon irgendwie dankbar, dass er ihm so freie Hand ließ, doch er verspürte nicht die Lust dem Detective Inspector zu erklären, dass es momentan etwas Wichtigeres für ihn gab, als dieser Fall. Greg würde das eh nicht verstehen. Warum sollte er es auch? Offensichtlich hatte er sich nun auch bei Mycroft beschwert, der seitdem Sherlock mit Telefonanrufen terrorisiert und das konnte sein Bruder wahrlich ausgezeichnet. Selbst der Taxifahrer warf Sherlock mittlerweile genervte Blicke durch den Rückspiegel zu und rollte mit den Augen. War denn heutzutage denn jeder so schnell genervt? Handys klingelten doch immer und ständig. Das war ja nun wirklich nichts Außergewöhnliches. Nun gut, Sherlock war ja selber genervt, das lag aber daran, dass Mycroft ihn selbst die Nacht über nicht in Ruhe gelassen hatte. Dass Lestrade auch immer gleich zu Sherlocks Bruder rennen musste. Missmutig schloss Sherlock die Augen und versuchte das Vibrieren zu ignorieren. Das einfachste wär es gewesen, einfach sein Handy auszuschalten, doch das konnte er aus zweierlei Gründen nicht. Einerseits konnte John ihn dann nicht erreichen, wenn irgendwas war und andererseits könnte auch Moriarty ihn jederzeit wieder anrufen. Beides durfte Sherlock nicht verpassen. Also blieb das Handy an und summte weiterhin seine stumme Melodie, doch er ignorierte es weiterhin. Sollte Lestrade seinen Kopf doch selbst einmal anstrengend. Nachdem er zu Mycroft gegangen war, würde er ihn erst Recht zappeln lassen. Geschah dem DI recht. Niemand sagte Sherlock wann er was zu tun hatte. Außerdem stand heute wirklich etwas Wichtigeres an. Der Fall konnte auch weiterhin warten. Sollten die Zwei doch denken, dass er in seinem Gedankenpalast war, dann gaben sie vielleicht endlich Ruhe. Catherine war die letzten drei Tage immer noch nicht aufgewacht, auch wenn das künstliche Koma bereits am nächsten Tag wieder aufgehoben worden war, und heute wurden die Ergebnisse der Untersuchungen bekannt geben. Die Ärzte hatten sämtlichen Mist mit ihr durchgezogen. MRT, Kernspin, EKG, Blutwerte, Pulsmessungen und so vieles mehr, dass selbst Sherlock ganz flau wurde. Er hasste Ärzte und in dem Moment war er ein wenig froh darüber, dass Catherine im Koma lag und von alldem nichts mitbekommen hatte. Heute würden sämtliche Auswertungen vorliegen und somit würde sich heute entscheiden wie Catherines Behandlung fortgeführt werden sollte. Sherlock seufzte leise. John hatte die erste und letzte Nacht bei ihr im Krankenzimmer verbracht. Wenn es nach dem Arzt gegangen wäre, hätte er alle drei Nächte auf diesem ungemütlichen Besucherstuhl verbracht, doch in der zweiten hatten sowohl die Krankenschwester als auch Sherlock selbst ein Machtwort gesprochen. Catherine wurde überwacht und jeder Abfall ihrer Werte würde sofort einen Alarm auslösen. Was sollte John also tun? In dem Krankenzimmer würde er nur ins Grübeln kommen und das wollte Sherlock vermeiden. Also hatte er ihn mit seiner ruppigen Art einfach nach Hause geschleift, nicht auf sein Gezeter achtend, und hatte so lange in Johns Schlafzimmer gestanden, bis dieser eine Schlaftablette genommen hatte. Er war sowieso hoffnungslos übermüdet gewesen, da konnte selbst Sherlock nicht zwei weitere Nachtwachen verantworten. Gestern jedoch, am dritten Tag, hatte er keine Chance gehabt. Catherine hatte am späten Abend, kurz bevor sie beide hatten gehen wollen, einen Fieberschub bekommen. Bis auf 39,2°C war ihre Temperatur plötzlich hochgeschnellt und ab diesem Moment war es undenkbar gewesen John wieder mit in die Bakerstreet zu nehmen. Also hatte Sherlock schließlich nur geseufzt und ihm seinen Wunsch gelassen. Selbst ihm war nicht entgangen wie wichtig es dem Arzt war. Wenn Jemand krank war, konnte John seine Berufung einfach nicht abschalten, das wusste er. Deshalb war Sherlock gestern Abend alleine nach Hause gefahren, doch auch er hatte nur wenig Schlaf gefunden. Das St. Bart’s kam einige Minuten später in Sicht und kurz bevor Sherlock das Krankenhaus betrat, zog er noch einmal sein Handy hervor. 35 Anrufe in Abwesenheit von Lestrade, 30 von Mycroft. 1:0 für den DI. Sherlock verdrehte kurz die Augen und schaltete dann sein Blackberry aus. Normalerweise hielt er nichts von dieser Regelung, er wusste, dass die Strahlung keinerlei Auswirkungen auf die Geräte hatte, doch nun war es ihm eine willkommene Ausrede. Kurz ließ er seinen Blick über das große, klobige Gebäude mit der ockerfarbenen Fassade streifen, dann ging er hinein. Seine Füße liefen den Weg quasi alleine, während Sherlock sich seine Gedanken machte. Einige Momente später öffnete er die Tür und sah direkt, dass Dr. Peters bereits da war und heftig mit John am Diskutieren war. Irritiert blieb Sherlock kurz in dem Türrahmen stehen und beobachtete wie John wild gestikulierend mit dem Arzt sprach und immer wieder den Kopf schüttelte. Was ging denn hier vor? Schließlich wedelte sein Mitbewohner mit einer Hand und schickte so Dr. Peters fort. Dieser blieb kurz stehen, blinzelte, doch John hatte sich bereits abgewandt und hatte sich zu Catherine ans Bett gesetzt. Seufzend wandte Dr. Peters sich ab, warf Sherlock einen Blick zu und verließ den Raum. Die Tür fiel ins Schloss. Sherlock blinzelte kurz und ging dann zu John, ließ sich auf den zweiten Stuhl nieder. „Was ist passiert?“, fragte er. John seufzte und strich sich durch sein aschblondes Haar. „Hier stimmt etwas nicht, Sherlock. Ganz und gar nicht…“ „Was hat Dr. Peters gesagt?“, hakte er nach und blickte zu Catherine. Der Herzmonitor piepte leise, monoton vor sich hin, doch sie sah nun etwas kräftiger aus, auch wenn ihr Anblick noch immer erschreckend war. Überall von ihrem Körper gingen Schläuche ab. Magensonde, einen für ihre Notdurft. Nur auf einen Beatmungsgerät hatten die Ärzte verzichtet- aber nur, weil John und er darauf bestanden hatten. Catherine atmete eigenständig und sollte das auch tun. „Wenn man krank ist, sollte man doch eigentlich einen erhöhten Leukozyten Wert haben, richtig?“, sagte John verbissen und seufzte noch einmal. Sherlock sah ihn fragend an, nickte aber. „Sicher…aber?“ Er warf ihm einen fragenden Blick zu und runzelte die Stirn. So wie John es formulierte, schien auch aus medizinischer Sicht etwas nicht in den Zusammenhang zu passen. „Ein normaler Mensch hat normalerweise 4.000-10.000 Leukozyten pro Mikroliter. Je nachdem wie sehr das Immunsystem gerade beansprucht wird und wie aktiv die Zellen im Roten Rückenmark sind, die diese produzieren.“, erklärte John und faltete die Hände in seinem Schoß. „Und bei ihr ist das nicht so?“, fragte der Dunkelhaarige. John schüttelte den Kopf und blickte zu dem Gesicht von Catherine, was als einziges unter der Decke hervorragte. Sherlock begann allmählich nachzudenken. Immer weniger passte fadenscheinig in das Bild und die Ahnung in seinem Kopf verhärtete sich. „Catherine hat gerade einmal 1000“, antwortete der Blonde dann todernst. „Und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?“ „Gar keine…es passt nicht.“, knurrte der Blonde missmutig. Unruhig kaute John auf seiner Unterlippe und starrte vor sich hin. „Worüber haben Sie dann mit Dr. Peters diskutiert?“ Sherlocks blaue Augen sahen ihn irritiert an. Offensichtlich hatte Dr. Peters sein Urteil schon gefällt, das hatte er in dessen Augen gesehen, doch John war offensichtlich anderer Ansicht. „Über die Interpretation der Daten…“ Noch einmal schüttelte John den Kopf, als wolle er verstehen, was in dem Kopf des anderen Arztes vorging, doch sein Verstand wollte es nicht begreifen. Tief Luft holend wandte er sich an Sherlock und blickte ihn aus Augen voller Unverständnis an. „Laut Dr. Peters Diagnose ist Catherine HIV positiv.“ Sherlock machte große Augen und konnte ein hohles Lachen kaum verkneifen. Nun schüttelte auch er ungläubig den Kopf. „Das kann nicht sein. Der HIV Virus wird nur über Sex oder direkten Blutaustausch übertragen.“, sagte Sherlock mit seinen typischen herablassenden Ton. Dieser Idiot von einem Arzt. Diese Diagnose war völlig unmöglich. Weder hatte Catherine Sex gehabt, noch hatte sie gefixt. „Er ist der Meinung, dass sie einmal eine Blutspende bekommen hat, die verunreinigt war.“ „Das glauben Sie aber nicht.“, stellte er nüchtern fest. „Nein, ich weiß es. Ich weiß, dass Catherine noch nie im Krankenhaus war. Sie hat es mir gesagt, als wir uns über meinen Job unterhalten haben. Die einzig anderen Möglichkeiten wären Sex oder Drogen. Geschlechtsverkehr fällt schon einmal weg, da sie ja noch Jungfrau ist. Und fixen…das kann ich mir einfach nicht vorstellen.“ „Nein…sie hat garantiert nie gefixt. Das würde ich sofort erkennen.“, sagte Sherlock überzeugt. John blinzelte ihn kurz irritiert an, doch Sherlock erwiderte nur den Blick und zuckte mit den Achseln. „Was? Ich habe schließlich mal Drogen genommen, als ich jung war. Gucken Sie nicht so überrascht.“ Kurz schien es, als wollte John etwas erwidern, doch dann blinzelte dieser, seufzte und ließ es dabei bewenden. Es war ja nicht so, dass Sherlock stolz auf diesen Teil seiner Vergangenheit war. Im Gegenteil, doch damals hatte Sherlock in ihnen die einzige Zuflucht gesehen. Ein ständig arbeitender Verstand konnte einen wahnsinnig machen, man fand keine Ruhe, konnte kaum schlafen oder sich entspannen. Er war damals so jung gewesen und hatte das Gefühl gehabt unter dem ständigen Druck bald zu zerbrechen. Erst in den Drogen hatte er Ruhe gefunden und Erlösung. Das wäre aber auch beinahe schief gegangen und er wäre für immer im Drogensumpf abgerutscht. Na ja, Sherlock war ja schon immer leichtsinnig gewesen. „Der HI Virus ist aber nicht gefunden worden, nehme ich an?“, fragte Sherlock dann um das Thema zu wechseln. Er wusste, dass John nicht viel von diesem Teil seiner Vergangenheit hielt. Er war ihm dann immer diesen Blick zu, der gemischt war aus Entrüstung und Enttäuschung. Dabei hatte er ihm schon tausend Mal gesagt, dass er kein Held war. Zum Teufel noch mal, eher war er geisteskrank als das, aber doch schien John so etwas in der Art in ihm zu sehen. Einen Übermenschen, etwas, was über den Dingen stand. Fakt war aber, auch Sherlock hatte einen normalen Körper, der Entzugssymptome durchlitt, Hunger und Durst hatte. Sherlock stand nicht so sehr über den Dingen, wie John vielleicht meinte, er konnte sie nur besser ignorieren um zu denken. John schüttelte den Kopf und ergriff Catherines Hand, starrte sie an, als hoffte er, dass ein langer, bittender Blick sie aufwecken würde. „Was schätzen Sie denn, was mit Catherine los ist?“ Er versuchte den Arzt mit Fragen abzulenken. Sherlock wusste, dass wenn er John an seinen Beruf erinnerte, die alte Professionalität zurückkehrte. In diesen Momenten vergaß er ein wenig die Vorwürfe, die er sich noch immer machte. Anders zu helfen wusste Sherlock in diesem Moment nicht. John seufzte und fuhr sich unruhig durchs Haar, sah zu Catherine und dann zu Sherlock zurück, bevor er noch einmal resigniert seufzte. „Ich habe keine Ahnung, Sherlock. Wirklich nicht. Es passt alles nicht zusammen.“ „Dann sollten wir die Fakten noch einmal durchgehen und sehen, dass wir einen Kontext finden.“, sagte Sherlock ernst und schlug die Beine über. John sah ihn an und nickte. „Gut…gute Idee, vielleicht sehen Sie etwas, was ich übersehe.“ „Dann muss es schon etwas ziemlich verrücktes sein.“ Sein Mundwinkel zuckte ein wenig und auch John ließ ein kleines Lächeln sehen. Der Witz war schwach, dessen war er sich bewusst, doch ihm kam momentan kein besserer in den Sinn. Es war, als läge eine bleierne Schwere in diesem Raum, die alle Leichtigkeit erstickte und selbst Sherlock hinab zog. Als hätte jemand ein bleischweres Gewicht an seine Seele gehängt. Kurz schüttelte Sherlock den Kopf und die schwermütigen Gedanken zu vertreiben und wedelte mit der Hand kurz durch die Luft. „Dann erzählen Sie mir mal alle Fakten, die wir haben.“ „Nun…wie Sie schon wissen, hat Catherine die Grippe.“, setzte John zögernd an, griff nach der Akte am Fußende ihres Bettes und blätterte darin. „Und die hat sie wirklich?“ Er nickte. „Ja, der Influenza Virus ist in ihrem Blut gefunden worden. Aber der Rest ihres Blutbildes…“ Der Arzt schlug die Seite um und betrachtete die nächsten Werte. „… ist nicht besorgniserregend.“ „Nur die Leukozytenzahl ist entschieden gering.“, murmelte Sherlock und ließ realitätsverloren seinen Blick schweifen. John nickte wieder und beobachtete ihn, er spürte das, doch er begann eine Art Pinnwand in seinem Kopf aufzuziehen auf die er alles heftete, was John ihm sagte. Grippe, Viertel der üblichen Anzahl von weißen Blutkörperchen, Rest unauffällig, natürliches Koma trotz stabiler Vitalwerte- waren die ersten Posten auf dieser Wand. Nun musste er nur noch die Verbindung finden. „Seltsam ist nur, dass sie dann Fieber bekommen hat gestern Abend.“, murmelte dann John, der nun auf einen undefinierbaren Punkt auf der Wand starrte. „Wie meinen Sie das?“, frage Sherlock nun verwirrt und warf ihm einen fragenden Blick zu. „Entzündungen, Rötungen, Fieber und so weiter sind Abwehrreaktionen des Körper auf Fremdkörper, aber bei einer Leukopenie, wie eine zu geringe Anzahl an Leukozyten genannt wird, treten diese nicht mehr auf, weil einfach viel zu wenige weiße Blutkörperchen vorhanden sind.“ „Was können die Gründe für Leukopenie sein?“ Nachdenklich lehnte er sich in dem Stuhl zurück und legte seine Fingerspitzen an die Lippen, während er die neue Information in sein Gedankendiagramm einordnete. „Alles Mögliche.“ John machte eine unbestimmte Bewegung mit der Hand. „Virale Infektionen wie es bei HIV der Fall ist, allergische Reaktionen, Krebs, Autoimmunerkrankungen, wobei das Knochenmark selbst als Fremdkörper angesehen und abgebaut wird.“ Kurz zuckte er mit den Schultern. Sherlock beobachtete ihn genau und sah, dass er all diese Möglichkeiten an sich ausgeschlossen hatte. Die dunkel blauen Augen wanderten durch den Raum, während er nachdenklich an seiner Unterlippe kaute. Er wusste, dass John das immer tat, wenn ihm etwas nicht behagte oder zu denken gab. „Aber Sie glauben, dass es keiner dieser Möglichkeiten ist.“ Entschieden schüttelte er seinen Kopf auf Sherlocks Frage hin und ein leises Fluchen entwich ihm. „Dann wären die Blutwerte anders…irgendetwas Auffälliges, doch ich finde einfach nichts. Der Rest ist vollkommen unauffällig. Ebenso wie der Kernspin, die MRT und auch das EKG. Ihr Gehirnfluss ist normal, genauso ihr Kreislauf. Eigentlich müsste sie längst wach sein.“ Frustriert schnaubte John, fuhr sich durchs Haar und legte den Kopf auf die Matratze. Sherlock sah ihn an und fühlte sich ein wenig überfordert. Er wollte John helfen, wusste aber nicht wie. Stattdessen schloss er die Augen und begann alle Fakten noch einmal durchzugehen. „Was ist hier nur los, Sherlock?“, murmelte John, hob den Kopf aber nicht von der Matratze. „Das ist alles einfach nicht möglich.“ „Doch ist es, John. Wir haben nur noch nicht erkannt wie es möglich ist.“, sagte Sherlock ruhig und legte ihm nach einigem Zögern eine Hand auf die Schulter. Irritiert sah John zu ihm auf. Seine blauen Augen leuchteten wehleidig, aber auch verwirrt. „Was?“ Sherlock schüttelte kurz den Kopf und strich sich unbewusst mit einem Finger über die Lippen, als er wieder die Hand von der Schulter nahm und blickte ihn nachdenklich an. „Das ist das Problem von euch gewöhnlichen Menschen.“, begann er zu erklären. Das Schnauben von John ignorierte Sherlock, kommentierte es sogar mit einem verschmitzten Grinsen, doch in Wirklichkeit wollte er etwas anders mit diesem Gespräch bezwecken. Eigentlich wollte er versuchen John damit aufzumuntern, doch darin schien er ziemlich unfähig zu sein. „So meinte ich das nicht…und das wissen Sie auch.“, fuhr Sherlock ruhig fort, sogar mit einem leicht versöhnlichen Ton in der Stimme. „Die meisten nehmen die Fakten, sagen sie sind unmöglich und verwerfen sie wieder. Sie glauben eher, dass sie einen Fehler gemacht haben oder die Fakten abweichen anstatt einfach mal aus den gegebenen Gedankenmuster auszubrechen und verwegenere Wege zu gehen.“ „Und Sie tun das nicht?“, fragte John, noch mit ein wenig Vorsicht in der Stimme, aber auch mit ehrlichem Interesse. „Nein, natürlich nicht…ich glaube eher, dass die Fakten richtig sind und mag die Lösung noch so unglaublich sein. Wenn das Unmögliche ausgeschlossen ist, ist das was übrig bleibt die Lösung, so unwahrscheinlich sie auch erscheinen mag.“ Sherlocks glitt zu John und ein leichtes, zaghaftes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Ich glaube Ihnen, dass die üblichen Erklärungen auf Catherines Fall nicht zutreffen. Also müssen wir nun zu unüblichen Erklärungen übergehen. Verstehen Sie?“ Lange sah John ihn an, blinzelte irritiert. War es wirklich so schwer zu verstehen? Drückte sich Sherlock so kompliziert aus? Er hatte wirklich geglaubt, dass er es nun leicht und verständlich ausgedrückt hatte. Er hätte ja auch mit Fremdwörtern um sich werfen können, aber das hätte die Situation nur noch mehr gefährlich ins Wanken gebracht, weshalb er sich entschlossen hatte sich ruhig und mitfühlend zu geben. „Was ich meine ist…“, setzte Sherlock an und wedelte mit der Hand um seine Ausführungen zu unterstreichen. „Die meisten Menschen sagen: „Ok, das sind die Fakten, aber sie können nicht passen, also überprüfen wir sie noch einmal, solange bis sie passen. Ich hingegen vertraue auf das, was ich herausgefunden habe und sage: Gut…das sind die Fakten. Wie bringe ich sie alle in einen Zusammenhang? Verstehen Sie, John? Es sind zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die gleichen Begebenheiten.“ Als Sherlock endete, sah er lange seinen Mitbewohner an, der über seine Worte nachdachte, sie abwog und abschätzte. Seine blauen Augen blickten nachdenklich vor sich hin, doch schließlich nickte er. „Und Sie glauben, dass diese Denkweise die Richtige ist?“ Sherlock zuckte mit den Achseln. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon? Vielleicht ist auch mal die eine richtig, mal die andere, aber da in diesem Fall die erste Variante nicht zu funktionieren scheint, sollten wir es doch zumindest mit der zweiten einmal versuchen, oder?“ Nachdenklich schürzte John die Lippen, nickte dann aber. Sherlock erwiderte es leicht und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, faltete die Hände über seinen Lippen. Stumm betrachtete er seine Pinnwand und begann zu überlegen. Fakt war: Catherine hatte die Grippe und zu geringe Leukozytenzahl. Das verminderte Immunsystem konnte auch dafür verantwortlich sein, dass sie ins Koma gefallen war. Aber offensichtlich hatte noch keiner eine Lösung gefunden, was die Ursache dafür war. Die typischen Erklärungen schienen nicht…Moment! Sherlock hielt inne und blinzelte. Typische Erklärung…vielleicht…Ein Gedanke begann in ihm Form anzunehmen. Was, wenn es hierbei es sich nicht um herkömmliche Meinungen ging? Was wenn man anders herum vorgehen musste? „Oh…“, sagte Sherlock nur und senkte langsam die Hände herab. Er öffnete die Augen und nahm gar nicht wahr, dass John ihn noch immer durchdringend betrachtete, es wohl die ganze Zeit getan hatte, während er nachgedachte. „Haben Sie eine Idee?“, fragte John und blickte ihn an. Sherlock stand von seiner Idee getrieben auf und lief durch den Raum, während seine Gedanken zu rasen begannen, allmählich eine Erkenntnis formten. Schließlich blieb er vor dem Fenster stehen und sah hinaus wie die ersten Blätter von dem Bäumen fielen. „Wie lange ist die Inkubationszeit von Grippe, John?“, wollte er wissen ohne sich zu dem Arzt umzudrehen. Dieser sah ihn irritiert an, blinzelte, antwortete aber umgehend: „Meist wenige Stunden.“ „…hmm…wann wurde sie krank? Sonntagmorgen nicht? Das heißt vermutlich hat sie sich Samstagmorgen angesteckt…Samstagmorgen…Samstagmorgen…was hat sie Samstagmorgen gemacht?“ Seine Stimme überschlug sich beinahe, als ein Sturm aus Erinnerungen ihn überflutete. Bilder prasselten auf ihn ein, buhlten um die Aufmerksamkeit seines Verstandes, doch mit einer Handbewegung ließ er sie innehalten und nur in Zeitlupe vor seinem geistigen Auge vorbeifliegen. Mit einigen Gesten stieß er manche beiseite, wenn sie unwichtig waren oder zog sie näher heran. Dann jedoch schien es, als würde ein Funke überspringen und die Lösung in ihm entfachen. Ein Ereignis, was er als unwichtig abgestuft und irgendwo hin in seinen Gedächtnispalast geworfen hatte. Oh, wie hatte er damals als unbedeutend einstufen können? „Sherlock?“, riss ihn John aus seinen Gedanken. Kurz hatte Sherlock den Drang frustriert zu schnauben, weil John ihn schon wieder beim Überlegen unterbrach, doch der Gedanke hatte sich bereits manifestiert, sodass er ihn nicht verlor, also unterließ er es ausnahmsweise einmal. Langsam drehte er sich zu John um und sah ihn an. „Was, wenn nicht die Grippe die Ursache für die Leukopenie ist, sondern ihre Folge?“ Seine Augen leuchteten vor Aufregung, als er John diese Frage stellte, doch dieser schien es nicht zu begreifen. Irritiert runzelte er die Stirn. Grundgütiger, wie konnte man mit solch einem einfältigen Verstand nur leben? Das musste doch schrecklich frustrierend sein. Aber vielleicht passte hier ja so gut: Was man nicht kennt, kann man nicht missen. „Wie meinen Sie das?“, fragte nun auch John nach und bestätigte somit Sherlocks Vermutung. Ein ärgerliches Schnauben entfuhr ihm, noch bevor er es zurückhalten konnte. Konnte John nicht einmal seinen Verstand benutzen? Hatte er ihn nicht schon lange genug gelernt, dass er nicht allmählich beginnen sollte, selbstständig zu denken? Warum musste er ihm immer alles haarklein erklären. Es war wirklich frustrierend. Dabei dachte Sherlock doch immer, dass man eine gewisse Grundintelligenz besitzen musste für ein Medizinstudium. Als er jedoch Johns Blick sah, zwang sich Sherlock zu Ruhe und atmete tief ein. John war einfach am Ende, er war verzweifelt und frustriert. Er hatte sich oft genug in den letzten drei Tagen mit noch einfältigeren Doktoren herumgestritten und für Catherines Interessen gekämpft. Wehe sie würde ihm dafür nicht dankbar sein, dann würde Sherlock ihr in den Hintern treten. Er legte ein Lächeln auf seine Lippen und ging auf John zu. Wahrscheinlich wirkte es noch nicht einmal echt, er war darin nie besonders gut seine Augen mitlächeln zu lassen, doch er hoffte, dass John zumindest versehen würde, was er damit versuchte zu bezwecken. „Was…wenn die Grippe nur ein zufälliges Ergebnis war und die Leukopenie das eigentliche Ziel?“ Seine nachdenkliche Stimme schwebte durch den Raum und ließ John erschaudern. Diese Frage schien ihn ihm Gedanken in Gang zu bringen. Sherlock wollte ihm helfen, damit er es selbst erkannte. Vielleicht würde ihn das ein wenig bestärken und ihn ein wenig wieder aufbauen. „Moment…was? Wollen Sie damit sagen, dass sie zuerst eine zu geringe Anzahl von Leukozyten hatte und auf Grund dessen die Grippe sich ausgebildet hat?“ Ungläubig sah John Sherlock an und richtete sich halb in seinem Stuhl auf um zu ihm aufblicken zu können. „Die Möglichkeit besteht zumindest.“, sagte Sherlock schlicht. „Aber wie ist das möglich?“ „Gut.“ Er sah ihn an und lächelte. „Sie beginnen die richtigen Fragen zu stellen, John. Überlegen Sie weiter.“ Vielleicht half ihm das ja auf eine Art und Weise. Sherlock half es immer sich abzulenken, wenn er sein Gehirn benutzen konnte. Er wusste nicht, ob es auch bei John funktionieren würde, doch einen anderen Weg kannte Sherlock nicht. In so einem kleinen Moment wünschte er sich doch manchmal, dass es in ihm einen Schalter für Gefühle hätte. Wenn er sie brauchte, könnte er den Schalter umlegen und dann legte er ihn wieder um und konnte die Distanz wieder wahren. John rang mit seinen Händen und kaute nachdenklich auf der Unterlippe. Seine blauen Augen wanderten unruhig hin und her und Sherlock fand es amüsant mal wen anderen beim Nachdenken zuzusehen. „Also…Catherines Immunsystem wurde irgendwie geschwächt…und bekam deshalb eine Grippe…also wie wurde es geschwächt? Sie hat nie die typischen Symptome gezeigt für Leukopenie…“, sagte John nachdenklich. „Wie also…wie…wie…wie?“ „Was, wenn es beabsichtig war?“, gab Sherlock ihm einen kleinen Denkanstoß. „Beabsichtigt…aber das ist doch unmö…“ John stockte, blinzelte und warf Sherlock einen schockierten Blick, sodass dieser sich nun sicher war, dass der Groschen gefallen war. „Moment, Sie haben gesagt, Sie hatten ein seltsames Gefühl in ihrer Wohnung?“ Wieder nickte Sherlock und sah ihn aus ernsten Augen an. „Es war als könnte ich kriminelle Absichten spüren. Nicht, dass ich daran glauben, aber es war einfach so eine Ahnung in mir.“ „Vielleicht ein Gift.“, murmelte der Arzt. „Aber ich weiß von keinem Gift, dass die Leukozyten herabsetzt…und dann müsste der toxikologische Test doch etwas ergeben haben.“ „Was sagte Dr. Stabelton damals in Baskerville? Wenn es möglich ist, macht es irgendwer irgendwo garantiert. Nur die Ethik bestimmt die Grenzen der Wissenschaft.“, erklärte Sherlock ruhig und seine grauen Augen wanderten durch das Krankenzimmer. „Es kann irgendeine Chemikalie sein, ein modifizierter Hemmer für die Leukozyten…“ „Moment mal, jetzt ganz langsam.“ Kopf schüttelnd hob John die Hand, so als wollte er die Gedanken abhalten, die ihm gerade kamen. „Wolle Sie damit andeuten, Sherlock…dass Jemand vorsätzlich Catherine vergiftet- oder was auch immer- hat?“ „Das wäre eine logische Erklärung.“ Sherlock nickte bekräftigend. Genau das war es, was er sich all die Zeit gedacht hatte. „Aber warum?“ John schrie beinahe entsetzt auf und sprang vom Stuhl. Ungläubig schüttelte er den Kopf, sein Gesicht kreidebleich. „Das hätte leicht ihren…Tod bedeuten…Oh Gott, Sherlock! Man wollte sie umbringen!“ Wieder nickte Sherlock nur und warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. Er sah, dass John es nicht wahr haben wollte, dass er es nicht glauben wollte. Doch sie hatten alles Unmögliche ausgeschlossen und das Mögliche blieb. Jetzt wusste er auch, warum er diese kriminelle Energie in ihrer Wohnung gespürt hatte. „Aber warum?“, rief John, als die Erkenntnis ihn überrollte und er fühlte sich wahrscheinlich hundeelend, überfordert von dem, was er gerade entdeckt hatte. Offenkundig hatte Sherlock sich getäuscht, er war nicht stolz darauf, dass er es herausgefunden hatte, so wie er es sonst immer gewesen war. Menschliche Gefühle waren wirklich kompliziert. Aber eigentlich hätte er es sich ja denken können. John war viel zu…Sherlock suchte nach gedanklich nach dem richtigen Wort…gebunden an die Werte der Gesellschaft. Eigentlich hätte er ahnen müssen, dass sein Mitbewohner die Tatsache eher schockierte als aufbaute, aber vielleicht war Sherlock trotzdem noch in der Lage es positiv enden zu lassen. Schließlich wussten sie nun wonach sie suchen mussten und vielleicht könnte es alles gut werden. Nicht, dass es ihn wirklich interessierte, aber wenn John deprimiert war, wurde das Zusammenleben deutlich anstrengender und für Sherlock kaum auszuhalten. Schnulzige Musik den ganzen Tag, Seifenopern und doch eine beträchtliche Menge Alkohol, gepaart mit einer Menge Selbstmitleid. Bloß nicht. Na gut…vielleicht wollte er doch ein klein wenig John helfen. Aber wirklich nur ein klein bisschen. Er hatte kein Herz, nein, Sherlock Holmes hatte kein Herz. Hoffentlich. Verdammt! Nicht schon wieder hoffen. Hastig schüttelte Sherlock den Kopf und konzentrierte sich wieder auf die Situation. //Sherlock, vergiss das!//, mahnte er sich im Stillen. //Das hier verspricht gerade ein äußerst interessanter Fall zu werden. Konzentrier dich darauf!// „Wegen dem Warum habe ich schon eine Vermutung.“, gestand er schließlich ein. „Aber dafür muss ich erst etwas überprüfen…“ Kurz holte er tief Luft und seine Augen begannen wieder zu Leuchten. „Doch wenn ich richtig liege, dann verspricht das hier noch äußerst spannend zu werden.“ Aufgeregt klatschte er in die Hände und drehte sich sogar ein wenig im Kreis. Ein Biochemischer Angriff! Direkt vor seiner Nase! Oh, das klang einfach zu schön um wahr zu sein. „Sherlock!“, zischte John aufgebracht und warf ihm einen wütenden Blick zu. Irritiert hielt er inne und sah seinen einzigen Freund an. „Können Sie nicht einmal auf das Timing achten? Catherine sollte getötet werden und sie springen hier rum wie ein Kind, dass eine Spielekonsole geschenkt bekommen hat zu Weihnachten.“ Johns Stimme bebte vor Wut und seine Augen funkelten ihn durchdringend an. Für einen kurzen Moment überrumpelte Sherlock das so sehr, dass er beinahe sich entschuldigt hätte, doch dann geschah etwas anders. „…ni…nicht…so…laut…“, kam eine krächzende Stimme vom Bett, ließ die beiden Freunde herumfahren. „Catherine!“, riefen sie beide gleichzeitig. Müde, trübe, hellblaue Augen sahen sie an, blinzelten irritiert. „Sie sind wach?“ John formulierte es als Frage, doch es war eine Feststellung. Große, blaue Augen sahen auf sie hinab. „Offen…“ Sie hustete stark und schloss kurz die Augen. „…kundig.“ Ein kleines, schwaches Lächeln legte sich auf ihre noch immer blassen Lippen. Dann glitt ihr Blick jedoch zurück zur Decke und runzelten irritiert die Stirn. „Wo…bin ich…hier?“ „Im St. Bart’s. Sie waren drei Tage ohnmächtig.“ Noch bevor John etwas sagen konnte, hatte Sherlock ihn zur Seite geschoben und war vor sie getreten. Er glaubte, dass es besser war, dass er diese Frage beantwortete. Catherine war verwirrt und da war es besser wenn ihr jemand ruhig und sachlich erklärte, was vorgefallen war. Alles andere würde sie nur unnötig aufregen und wer weiß was auslösen. Kurz hörte er ein leises Murren in seinen Rücken, aber dann sah John wohl ein, dass es so besser war. Zumindest verließ er den Raum. Vermutlich um eine der Schwestern zu holen. „Ohnmächtig?“, flüsterte sie schwach, doch ihre Augen weiteten sich geschockt. „Sch…“, sagte er nur und setzte sich auf den Stuhl, auf dem gerade eben noch John gesessen hatte. „Es ist alles wieder gut.“ „Nichts ist gut…ich…lag im Koma…“ Ihr Blick glitt langsam zu Sherlock und er sah, dass sie noch immer große Schmerzen hatte. Langsam stand er auf, blickte zu ihr hinab und betrachtete sie. Catherine versuchte diesen zu erwidern, doch ihr fielen die Augen zu. Er seufzte leise. „Machen Sie sich keine Gedanken, Catherine. Schlafen Sie eine Runde.“ Damit wandte er sich ab zum Gehen. Er wollte zurück zur Bakerstreet und seine Vermutung überprüfen, die er in Bezug der ganzen Geschehnisse hatte. Mit langen Schritten verließ er das Zimmer. „Sher…lock…“, rief sie noch einmal mit aller Kraft und ließ ihn innehalten. Ihre Stimme war immer noch zittrig, doch sie versuchte ihn aufzuhalten. Er blieb stehen, wartete, sah sie aber nicht an. „Haben Sie…den Mörder…aus der Lagerhalle?“ Sherlock musste zugeben, dass er ein wenig überrascht von dieser Frage war. Er hatte gedacht, dass sie ihn nun anbetteln würde zu bleiben, ihm sagen würde, dass sie ja solche Schmerzen hätte, das würden gewöhnliche Menschen doch tun, oder? Doch Catherine war eben kein gewöhnlicher Mensch. „Nein…“, sagte er ruhig und hielt seine straffe Haltung bei. Er wollte keine Emotionen zeigen. Es sollte bloß eine einfache Feststellung sein. Gerade, als er wieder gehen wollte, hörte er ihre dünne Stimme wieder. „Das ist…meine Schuld.“, murmelte sie leise. Oh ja, es war verdammt noch mal ihre Schuld und jetzt hielt sie ihn noch immer ab seine Arbeit zu tun. „Ich bin auch echt zu nichts nütze.“ Allmählich verlor Sherlock die Geduld. Wollte sie jetzt etwa die Mitleidstour? Sollte er zu ihr gehen, ihren Kopf tätscheln und sagen: Ach was, nein. Sie können nichts dafür, dass sie ohnmächtig geworden sind. Ok, sie konnte wirklich nichts dafür, aber das musste er ihr ja nicht unter die Nase binden. Bloß nicht, das würde ja anstrengend werden. Warum mussten sich Menschen eigentlich immer im Selbstmitleid baden und darum betteln, dass sie bemitleidet werden. Da konnte Catherine aber lange warten, bis sie auch nur irgendetwas dergleichen von ihm hören würden. Das ist ja völlig widerlich. Da musste man ja aufpassen, dass man auf dem Schleim nicht ausrutschte, den man absonderte. „Es tut mir leid, Sherlock…Ich wollte Sie nicht davon…abhalten.“ Gerade als er gehen wollte, hörte er diesen leisen Hauch. Es war der erste Satz, den sie an einen Stück herausbrachte und es ließ ihn doch innehalten. Kurz schloss er die Augen. „Schon gut…“, sagte er nach einigem Zögern. Sie wollte kein Mitleid. Überraschend. Sie hatte sich einfach ehrlich dafür entschuldigt, dass sie ihn von der Arbeit abhielt. Kurz drehte er seinen Kopf zu ihr um. „Ich muss nun gehen. Etwas herausfinden. John ist sicher gleich wieder hier und wird Ihr Händchen halten, was sie sich ja so sehr wünschen.“ Warum schwang bloß Verachtung in seiner Stimme mit? Catherine hatte nichts getan, wofür er sie verachten müsste. Eines war aber klar, der Treffer hatte gesessen. Ihre blauen Augen sahen ihn geschockt an, dann schloss sie die Augen und murmelte noch einmal: „Tut mir leid…“, was Sherlock kaum hören konnte, es auch gar nicht hören wollte. Manchmal verstand er sich selbst nicht. Etwas neben seiner Irritation wuchs noch etwas anderes in seinen Kopf, etwas, was ihn mit schnellen Schritten aus dem Krankenhaus trieb. //Ich werde ihn finden, wer auch immer Ihnen das angetan hat.//, dachte Sherlock, als er ein Taxi rief. ~*~ Drei Minuten später trat John wieder ins Krankenzimmer, gefolgt von zwei jungen Schwestern, die Catherine offensichtlich untersuchen wollten, doch dieser fühlte sich unbehaglich. Sie wandte sich ab, sah John flehend an, bis dieser seufzte, nur resigniert den Kopf schüttelte und die Schwestern dann wegschickte. „Wo ist Sherlock?“, fragte er, als die beiden Krankenschwestern das Zimmer verlassen und die Tür geschlossen hatten. „Gegangen…“, brachte sie nur schwer hervor und blickte zu ihm. „Typisch…“, seufzte John und ließ sich neben ihr aufs Bett fallen. Sie hasse Krankenhäuser, das hatte sie ihm gesagt. Man kam hier nur hin, wenn es einem wirklich schlecht ging, hatte sie gemeint. Deshalb hasste sie diese Orte. Hier widerfuhr einem nichts Gutes. „Wie geht es Ihnen?“ „Müde…“, nuschelte sie nur und John merkte, dass ihr das Sprechen noch immer mehr als schwer fiel. Sie wollte die Hand heben, sie ausstrecken, doch dann spürte sie ein unangenehmes Ziehen in der Hand. Hastig holte sie sie unter der weißen Decke davor und erstarrte, als sie zwei Zugänge entdeckte. Einen in ihrem Handrücken, einem in ihrer Armbeuge. Mit großen Augen sah sie nach links und sah all die Geräte an die sie angeschlossen war. Entsetzt warf sie den Kopf hin und her und sah immer mehr Maschinen. Panik überflutete sie und flaue Übelkeit ließ ihren Magen verkrampfen. Catherine würgte, hustete und ihre Augen zitterten. Großer Gott, sie lag im Krankenhaus! Im Krankenhaus! Erst jetzt begann sie die Worte von Sherlock richtig zu begreifen. Sie hatte im Koma gelegen. Im Koma! Die Panik wurde stärker, kam über sie wie eine Welle aus Eiswasser. Sie jappste, ihre Atmung wurde kurz, während sie begann an den Zugängen zu reißen. Das alles verhieß nichts Gutes, überhaupt nichts Gutes. Sie musste hier raus! Raus, raus, raus! Raus aus diesen sterilen, weißen Wänden, die sie glauben ließen, sie wäre in der Klappsmühle. „Catherine!“, hörte sie Johns tiefe, ruhige Stimme wie von einem weit entfernten Ort. „Beruhigen Sie sich! Es ist alles gut. Alles ist gut, hören Sie?“ Catherine schüttelte nur entgeistert den Kopf. Alles war gut? Wem wollte John denn das erzählen. Sie wollte etwas sagen, ihn anschreien, doch kein Ton verließ ihren Mund, stattdessen breitete sich ein Feuer durch ihre Kehle aus, ließ sie wimmern und in die Kissen sinken. Panisch sah Catherine zu John. Ihre Augen zitterten vor blanker Angst. „Ganz ruhig…sch…ich bin ja bei Ihnen. Ist alles gut.“, flüsterte John sanft und ergriff ihre Hand. „Es wird nichts passieren, Catherine. Ihnen wird nichts geschehen, in Ordnung?“ Die plötzliche Wärme, die von seiner Berührung ausging, ließ sie innehalten, ihn ansehen. Mitleid, aber auch Ruhe gingen von seinen blauen Augen aus und sie holte zitternd Luft, nickte aber schließlich. Alles war gut. John war da. Er würde auf sie Acht geben. Langsam ebbte das Zittern in ihrem Körper ab und sie umklammerte seine Hand ein wenig fester. Catherine fühlte sich wirklich schlecht. Ihr Kopf pochte unangenehm, während ihre Gedanken so träge waren wie Wackelpudding. Hinzukam die bleierne Müdigkeit, die schon das Aufhalten der Augen zu einem Staatsakt machte. Sprechen grenzte da schon fast an ein Weltwunder, zumal ihre Kehle wie ausgetrocknet war. Die Sahara war nichts dagegen. Der Rest ihres Körpers hingegen war kalt und taub, so als wäre wirklich alles eingeschlafen, nur ihre Hand war warm, weil John sie umfasste hatte. Catherine suchte seinen Blick um etwas zu finden, worauf sie sich konzentrieren konnte. John sah sie nur ruhig an, ließ sie sich beruhigen und sprach kein Wort. Erst jetzt sah Catherine wie müde und schlecht der Arzt aussah. Er blinzelte müde, hatte dicke Augenringe und Bartstoppeln. Generell wirkte es, als wäre er am Ende seiner Kraft, doch er hielt durch und kämpfte dagegen an. Die Kleidung hatte er sicher auch nicht gewechselt. Doch warum? Langsam begann Catherine darüber nachzudenken und entdeckte eine Decke, die über die Lehne des zweiten Stuhls gehängt worden war und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. John musste bei ihr geblieben sein, während sie im Koma gelegen hatte. Vielleicht hatte er gar mit den anderen Ärzten gestritten und sich für sie eingesetzt und doch sagte er nichts, verlangte nichts. Langsam drehte sie ihren Kopf zu ihm um und lächelte ihn an. Es kostete sie all ihre Kraft, doch sie tat es. „Danke…John…für alles…“, flüsterte sie schwach. John erwiderte das Lächeln zaghaft und lehnte sich ein wenig weiter vor. „Sie haben mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ „‘tschuldigung.“ Die beiden sahen sich kurz an, fingen dann aber leise an zu Lachen. Catherines Hals protestierte stark, doch es war ihr egal. Es ging gerade nicht um sie, sie wollte John etwas dafür zurückgeben, was er in den letzten drei Tagen für sie getan hatte. Zumindest für John, denn Sherlock hatte sie offensichtlich mehr als verstimmt damit. Diese Verachtung, die mit seinem bösen Kommentar mitgeschwungen war, hatte sie verletzt und schwer getroffen. Sie hatte den beiden niemals irgendwelche Umstände machen wollen und Sherlock machte sich sicher nichts aus Krankenwache. Dennoch war er da gewesen, obwohl er dem Mörder des Lagerhauses immer noch nicht gefunden hatte. Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz flau im Magen. Kurz drückte sie noch einmal Johns Hand, ließ sie dann aber los und sah ihn aus ernsten Augen an. „Gehen Sie nach Hause, John. Sie brauchen dringend Schlaf.“, flüsterte sie sanft und sah ihn an. John hingegen sah sie ungläubig an, schüttelte den Kopf. „Ich werde eh nur schlafen…bin hundemüde…bitte!“ Flehend sah sie ihn an. Ihre großen Augen bettelten darum, dass er endlich Ruhe fand. Lange erwiderte John ihren Blick, zögerte und seufzte, während er sich durchs Haar fuhr. „Sie werden eh keinen Widerspruch akzeptieren, richtig?“ Catherine lächelte leicht amüsiert und nickte. „Ich kann so dickköpfig sein wie Sherlock…nur bin ich charmanter.“, erwiderte sie unschuldig. Ein Lachen kam von dem Arzt, doch dann seufzte er wieder und nickte. „In Ordnung…sonst bekomm ich den ganzen Abend diesen Dackelblick zu sehen.“ „Und einen unwiderstehlichen Augenaufschlag.“ Wieder lachten sie beide. Schließlich stand John langsam auf, verabschiedete sich und ging zur Tür. „John…über was habt ihr gestritten, als ich aufgewacht bin?“ Kurz hielt der Arzt inne, legte seinen Kopf nachdenklich schief, doch dann drehte er sich mit einem Lächeln zu ihr um. „Das Übliche halt. Sie wissen doch wie Sherlock ist.“ Kurz war Catherine skeptisch, doch das Lächeln überzeugte sie und sie nickte lächelnd. Dann übermannte die Müdigkeit sie und sie schloss die Augen. Dadurch sah sie nicht mehr, wie Johns Lächeln verschwand, als er durch die Tür ging und wie er sich schämte, weil er sie angelogen hatte. ~*~ Sherlock sah von mehreren Schriftstückten auf, als John die Wohnung betrat. Missmutig legte John seine Jacke weg und ging zu ihm ins Wohnzimmer. „Oh, Sie sind noch wach?“, fragte er verwundert und zog die Augenbrauen zusammen. „Offenkundig.“, erwiderte Sherlock genervt und wandte sich wieder den Papieren zu, sah sie sich an, sortierte sie nach einem seltsamen System und schrieb sich Sachen auf. Das verwunderte John. Sherlock schrieb nie etwas extra noch einmal heraus. „Was tun Sie da, Sherlock?“, fragte er deshalb, als er sich einen Tee zu kochen begann. Sherlock schnaubte nur und warf ihm einen wütenden Blick zu. „Einer Vermutung nachgehen…“, antwortete er jedoch überraschend schlicht. John bemerkte, dass er einfach nur in Ruhe arbeiten wollte, doch er konnte sich die Frage nicht verkneifen. „Sie werden mir nicht sagen, was sie ist, richtig?“ „Nein.“ Sherlocks Stimme wurde dunkler, gefährlicher. John war nah dran, ihn wütend zu machen. Was auch immer er da tat, es musste kompliziert sein. Deshalb beschloss John sich mit den Tee zusammen in sein Zimmer zurückzuziehen, auch wenn er bezweifelte, dass er diese Nacht Schlaf finden würde. Wie sollte man auch in diesem Sturm von Erkenntnissen, die der heutige Tag gebracht hatte, auch Ruhe finden? ~*~ Der nächste Morgen hielt einen Paukenschlag für die beiden Männer bereit. Als sie im Krankenhaus angekommen waren, war Catherines Zimmer leer gewesen. John hatte sofort wütend die Schwestern aufgesucht und erfahren, dass sie bereits entlassen worden war. Diese Gleichgültigkeit in der Stimme der älteren Schwester hatte selbst Sherlock auf die Palme gebracht. Ihre Vitalwerte waren stabil gewesen und sie wäre fit genug gewesen um nach Hause zu gehen, hatte sie nur schlicht gemeint und mit den Schultern gezuckt. Waren denn alle hier inkompetent? Das Mädchen hatte drei Tage in Koma gelegen und am nächsten Tag hatten sie sie einfach gehen lassen? Und wie dumm war Catherine einfach zu gehen? Nun saßen sie wieder im Taxi, John im gegenüber, und fuhren so schnell es ihnen möglich war zurück zur Bakerstreet. Im Krankenhaus hatten sich die Dinge überschlagen. Während John schäumend vor Wut sofort davon gestürmt war, war Sherlock noch einige Momente stehen geblieben. Seine Gedanken hatten begonnen in seinem Kopf zu rasen. Kurz hatte er die Augen geschlossen und begonnen nachzudenken, bis ihn eine Erkenntnis härter getroffen hatte als ein Hammerschlag. Sofort war er John hinterher gerannt, hatte ihn zugerufen, dass sie sich beeilen mussten, denn wenn Sherlock sich nicht täuschte- und das tat er eigentlich nie-, dann war Catherine in großer Gefahr. Nun fuhren sie zurück zu ihrer Wohnung, in der Hoffnung, dass sie schnell genug waren. Langsam löste sich Sherlock von den vorbeifliegenden Schlieren der Londoner Innenstadt. Er sah John an und bemerkte dessen irritierten Blick. Kein Wunder, hatte Sherlock ihm noch nicht erzählt, was er herausgefunden hatte. „Catherines Bruder ist nicht einem einfachen Raubmord zum Opfer gefallen.“, begann Sherlock und ließ sich zurück in die Lehne sinken. John sah ihn kurz verwundert an, nickte dann aber. „Ja, zu diesem Schluss bin ich auch gekommen, als ich mir die Akte angesehen habe. Alles war zu unauffällig.“ Sherlock nickte zustimmend und ließ kurz nachdenklich seinen Blick schweifen. „Am Samstagmorgen hat Catherine mir etwas gebracht, was sie bei einer Aufräumaktion gefunden hatte. Es handelte sich dabei um Dokumente ihres Bruders, die sie unter einem zweiten Boden in seinem Schreibtisch gefunden hatte. Das sagt sie zumindest. Ich habe es zunächst nicht als wichtig erachtet. Sie sahen aus wie ganz gewöhnliche Dokumente…jeder Mensch hat ja manchmal seltsame Ideen. Warum sollte Jeffrey sie also nicht einfach unter einem zweiten Boden versteckt haben? Doch nach gestern…“ „Da glaubten Sie, dass diese Dokumente verantwortlich für den Anschlag waren?“, fragte John ungläubig. Sherlock nickte knapp und sah ihn direkt an. „Es war nicht einfach, doch nach einiger Zeit habe ich herausgefunden, dass sie nur fadenscheinig unwichtig waren, aber unterm UV Licht zeigten sie ihren ganzen zerstörerischen Inhalt.“ „Die Dokumente von gestern Nacht…“, hauchte John und schüttelte in den Kopf. „Was stand drin?“ „Jeffrey war vermutlich kein einfacher leitender Angestellter einer Immobilienfirma. Die Dokumente waren Kopien von Auftragsschreiben an Serben. Drogen, Prostitution, Menschenhandel. Alles dabei.“ „Serben? Aber wie kam Jeffrey da heran?“ „Ich weiß es nicht genau.“, gestand Sherlock ein und fuhr sich nachdenklich über die Lippen. „Doch ich denke er war in Wahrheit ein Spion.“ „Ein Spion?“, wiederholte John, schüttelte kurz den Kopf. „Großer Gott…wo ist Catherine da nur hineingeraten?“ „In Mächte, die sie nicht kontrollieren kann.“, antwortete Sherlock schlicht. „Und von denen sie vermutlich nicht einmal weiß. Ich denke nicht, dass sie weiß, dass ihr Bruder ein Spion war. Ich denke, dass Jeffrey sie als Beweis verwenden wollte um die Drahtzieher anzuklagen. Er war sehr akkurat war das anging, doch anscheinend waren die Hintermänner schneller.“ „Sie haben ihn umgebracht…“ Wieder nickte Sherlock. „Sie haben die Akte gesehen von seinem Tod. Nichts wurde gestohlen, aber alles durchsucht.“ „Sie haben die Dokumente gesucht.“ Gut, John begann zu verstehen. „Und offensichtlich nicht gefunden.“ „Deshalb haben sie Catherine vergiftet. Sie sollte nichts finden, aber warum erst jetzt? Sie lebt schon drei Monate in der Bakerstreet.“ John blinzelte irritiert, dachte aufgeregt nach. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, der Grund ist, weil sie sie gefunden hatte, weil sie sie mir gegeben hatte. Entweder es war ihr Bruder selbst, der den Umschlug vergiftete, damit diejenige, die sie finden werden, sie nicht zerstören können, doch ich erachte das als unwahrscheinlich. Solche Substanzen sind meist nicht besonders lange aktiv und das Risiko war einfach zu hoch. Es hätte viel zu leicht schief gehen können. Also sind die Serben wahrscheinlich. Aber warum erst jetzt, das haben Sie richtig erkannt. Wenn sie wirklich hätten verhindern wollen, dass Catherine etwas fand, dann hätten sie gleich töten sollen, erst Recht auf diese Art und Weise. Sie hatten es Jeffrey schon geschafft es wie einen einfachen Raubmord aussehen zu lassen. Warum also sollten sie einen solchen Aufwand betreiben um dessen Schwester aus dem Weg zu räumen?“ „Weil Catherine die Dokumente für sie finden sollte.“ John weitete geschockt die Augen, als er erkannte worauf sein Freund hinauswollte. „Und nun war sie nicht mehr von Nöten.“ Sherlock nickte schwer, fuhr sich über die Unterlippe und sah aus dem Fenster. Nächste rechts, gerade aus, übernächste links, Ampel, Berufsverkehr, Baustelle. Mit Glück wären sie in fünf Minuten an der Bakerstreet. Sie konnten nur hoffen, dass sie schneller als die Serben waren. „Richtig…sie sollte dann möglichst unauffällig verschwinden, damit Niemand eine Verbindung zu ihrem Bruder ziehen würde. So würde es aussehen, als wenn sie an den Folgen irgendeiner Krankheit gestorben. In diesem Fall halt einer Grippe. Niemand würde das als verdächtig empfinden.“ „Niemand außer Ihnen…“, stellte John nachdenklich fest. „Nun, das ist mein Job.“, sagte Sherlock ruhig. „Aber wenn ich richtig liege, bedeutet dass, das sie in Gefahr schwebt. Der Plan der Serben ist gescheitert. Catherine ist am Leben und hat die Informationen sogar an mich übergeben. So gut wie dieser Ring organisiert ist, denke ich, dass sie wissen wozu ich in der Lage bin und deshalb werden sie…“ Sherlock zögerte kurz, wedelte hilflos mit der Hand in der Luft. „…Vorkehrungen treffen. Catherine ist nun ein Risikofaktor, den sie nicht dulden werden. Allerdings werden sie es nicht riskieren es in ihrer Wohnung zu Ende zu bringen. Zu auffällig.“ Sherlock seufzte schwer und rieb sich über die Augenbrauen. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, doch er glaubte nicht, dass sie diesen noch gewinnen konnten. Dieser illegale Ring war zu gut organisiert, als dass sie nicht wüssten, dass Catherine auf dem Weg nach Hause war. Sie hatte einen Vorsprung von einer halben Stunde. „Großer Gott.“, sagte John atemlos und seine Augen waren vor Schreck geweitet. „Sherlock, wir müssen etwas unternehmen!“ „Was denken Sie, tun wir gerade?“, erwiderte Sherlock ernst. „Das Taxi fährt so schnell es kann und zu Fuß sind wir auch nicht schneller. Wir haben keine andere Wahl, als auszuharren.“ ~*~ Fünf Minuten stürmten die beiden geradezu aus dem Taxi. Sherlock hatte bereits bezahlt, kannte er den Taxipreis für die Strecke doch nur zu gut und stürmten in 220. Noch während sie die Treppe hinauf hasteten, spürte Sherlock, dass etwas nicht stimmte. Er hörte das Quietschen eines offenstehenden Fensters und sein Verstand schlussfolgerte schnell, was das bedeutete. Als John gerade an ihm vorbeihastete, packte er ihn am Arm und zog ihm hinter die Wand. „Langsam, John.“, mahnte er ihn und hielt ihm eine Pistole hin. „Wir wissen nicht, ob die Serben in der Wohnung sind und Sie tun Catherine keinen Gefallen, wenn Sie blindlings in eine Falle tappen.“ John warf ihm einen Blick zu, biss sich auf die Lippen und nickte. Er nahm die Pistole von Sherlock und gemeinsam schlichen sie die Treppen hinauf, öffneten die angelehnte Tür. Das Knarzen schien die ganze Luft zu erfüllen und Sherlock spürte wie John eben ihm erschauerte, dann sahen sie sich an, nickten und stürmten hinein. Sherlocks Vermutung bestätigte sich aber leider umgehend. Die Wohnung war ein reinstes Chaos. Stühle, Sessel und eine Vase waren umgeworfen worden, waren zeugen eines Kampfes. Catherine war wohl in die Wohnung getreten, wo die Serben bereits gewartet hatten und sie überwältigt hatten. Sie hatte sich gewehrt, um sich geschlagen, getreten, doch es hatte alles nichts genutzt. Sie war einfach noch zu geschwächt gewesen und Sherlock vermutete, dass mindestens drei Männer in der Wohnung gewesen waren. Nachdem sie Catherine ausgeknockt hatten, waren sie mit ihr über die Feuerleiter verschwunden, die in eine schmale Seitengasse endete und die Serben vor neugierigen Blicken abschirmten. Sherlock holte hart Luft, schloss die Augen und presste die Lippen zusammen. Zu spät! Sie waren zu spät. Er war nicht schnell genug gewesen. Verdammt! Nun wurde das Wettrennen nur noch schneller. Entführungsopfer starben meist innerhalb der ersten 48 Stunden und die Killer wollten Catherine vermutlich sofort beseitigen, sobald sie unbeobachtet waren. Ihnen blieb nicht viel Zeit, wenn sie sie denn retten wollten. Vermutlich handelte es sich hier sogar um zwei Zellen des Rings. Wie beim schwarzen Lotus. Eine Partei war zum Schmuggeln, die andere zum Ermorden und vermutlich wusste keiner der einen wer in der anderen war. Das war wichtig, falls doch mal Jemand geschnappt wurde und Sherlock musste sich vielleicht bald entscheiden, was ihm wichtiger war. Catherine zu retten oder den Ring zu stoppen. „Großer Gott…“, hörte er John wispern, als er neben ihn trat und sich fassungslos umsah, während er die Pistole hoffnungslos senkte. „Was ist hier passiert?“ „Ist das nicht offenkundig, John?“, antwortete Sherlock mit unheilvoller Stimme, wandte sich zu ihm an und erwiderte dessen Blick aus starren, graublauen Augen. „Catherine ist entführt worden.“ ~*~ soohooo. das ging ja doch schneller als gedacht :D *trommel wirbel* der spannungsbogen steigt. ich hoffe ich hab die kleine Auflösung und den Übergang von vermeintlicher Krankheit zum Verbrechen logisch hinbekommen^^ Und wuhu: das erste Kapite, wo ich aus der sicht von jedem der 3 geschrieben habe^^ wie toll^^ hat spaß gemacht auhc wenn sherlock mich echt die letzten nerven gekostet hat. So viel spaß es auch macht ihn zu schreiben, so schwierig ist es auch und ich habe nie das Gefühl ihm gerecht zu werden. *kopf schüttel* nun ja^^ wie dem auch sei. Nächstes Kapitel wird schwierig...vielleicht noch vor silvester. Hätte auch nciht gedacht dieses vor Heiligabend fertig zu kriegen^^ seht es also als weihnachtsgeschenk von mir :) Alles Liebe, frohes Fest und falls vorher kein Update kommt, einen guten Rutsch :) Jeanne:) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)