Wenn er wüsste... von Edphonse15 ================================================================================ Kapitel 3: Dritte Strophe ------------------------- Dritte Strophe Ich erwachte ein paar Stunden später im Krankenzimmer. Dort blickte ich an eine weiße Decke. Das helle Licht blendete und ich schloss sogleich wieder meine Augen. Ich spürte, dass jemand neben mir saß und erahnte auch, wer das war. Aber nachsehen tat ich nicht. 'Was macht er noch hier?', fragte ich mich im Stillen; konnte mir die Antwort aber bereits denken. „Jo?“ Natürlich war es Er. Wer auch sonst? Ich wusste nicht, wie ich nun reagieren, was ich nun tun sollte – daher blieb ich liegen, tat so, als würde ich weiterschlafen. „Mit dir hat man echt nichts als Ärger...“, grummelte der Schwarzhaarige leise. 'Tut mir ja Leid!', entgegnete ich ihm gedanklich. Ich wusste, dass ich es ihm erklären sollte. Aber wie? Wie sollte ich ihm das klarmachen, was mich schon so lange fesselte? Würde er es verstehen? Würde er weiterhin an meiner Seite sein? Ich konnte nicht erahnen, wie Azuma darauf reagieren würde. „Jo? Was ist los?“ So Einfühlsam kannte ich diesen alten Sturkopf gar nicht. Und irgendwie tat es mir Leid, dass ich ihm immer solche Sorgen bereitete... Ich seufzte leise, was mein Gegenüber jedoch mitbekam. „Nun?“ Ich spürte genau den stechenden Blick, den er auf mich richtete. Es fiel mir immer schwerer, mich nicht aufzurichten und ihn anzusehen. Doch ich durfte ihm nichts davon erzählen. Ich wollte nicht, dass er mich verließ, mich womöglich verstieß. „Rede, Jo!“ Seine eindringliche Stimme ging mir durch Mark und Bein. Wie lange würde ich dem noch standhalten können? „Wenn du nicht freiwillig redest, muss ich Gewalt anwenden.“ Er brachte das wirklich überzeugend rüber. Und sicherlich würde er seinen Worten Taten sprechen lassen. Aber ich konnte einfach nicht. Stille. „Du willst es also nicht anders?“ Ich schwieg weiterhin. „Gut.“ Für einen kurzen Moment hatte ich geglaubt, er würde wirklich Gewalt anwenden. Doch stattdessen war es nur still geworden im Zimmer. Mit einem Male jedoch spürte ich seine Hand an meinem Arm. Reflexartig schlug ich diesen weg, wich zurück und sah den Anderen kreidebleich an. Ich atmete schwer, wusste nicht, was ich nun machen sollte. „Jo...?“ Skeptisch sah mich Azuma an. Ich sah meinen Freund an; unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Sollte ich es ihm erklären? Alles? Was damals passierte und mich auch heute noch verfolgte? Ich konnte nicht. „Entschuldige. Ich bin müde. Kannst du mich jetzt bitte allein lassen?“ Da ich es eh nicht über mich brachte, drehte ich mich nun einfach auf die andere Seite und schloss die Augen. Es war schwer ihn jetzt zu sehen. Azuma blieb noch kurz, wohl verwirrt und sich fragend, was mit mir los war, doch dann ging er schließlich. Ich war erleichtert, nachdem er das Zimmer verlassen hatte. „Wie könnte ich es ihm je sagen...?“ Es ging nicht. Nicht nach allem, was zwischen uns war. Wüsste er es, würde er sich sicher von mir abwenden. Und das wollte ich nicht. „Ich war doch nur wegen ihm zurückgekommen...“, murmelte ich in mich hinein, den Kopf im Kissen vergrabend. „Nur wegen ihm...“ Am nächsten Tag durfte ich wieder gehen. Geradewegs machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer, in dem gerade keiner war. Dort atmete ich tief durch und setzte mich dann auf mein Bett. „Er wird mich fragen...“ Garantiert. So war er. Er konnte einfach nicht anders. Auch wenn es mir nicht ganz klar war, warum. Zwar mochte er Gefühle für mich hegen, doch war er nicht der Typ, der sich gern um andere kümmerte. Von besonderen Personen abgesehen... „War ich auch so jemand Besonderes für ihn?“ Ich blickte auf und sah aus dem Fenster. 'Wenn dem so wäre...' Ein seichtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. 'Aber selbst wenn. Er darf mir nicht mehr so nahe kommen.' Dazu hatte ich mich entschlossen. Nach dem gestrigen Tag und der aufkommenden Erinnerungen der letzten Nacht – ich durfte ihn nicht mehr so nah an mich heran lassen. Nie wieder. „So schwer das auch ist...“ Ich richtete mich auf und kramte ein paar Sachen zusammen, ehe ich mich auf den Weg zum Unterricht machte – war ich doch eh schon spät dran. Durch die Entschuldigung des Arztes war es kein Problem, dass ich erst zur dritten Stunde erschienen war. Dass ich den Stoff nachholen sollte, wurde mir dennoch ans Herz gelegt. Ich nickte dem nur stumm zu und setzte mich an meinen Platz. Auf die Fragen der Anderen reagierte ich nur knapp. Ich wollte mich nicht erklären; hielt es auch nicht für nötig. Nur die Blicke Azumas machten mir zu schaffen, doch auch die schaffte ich es zu ignorieren. Und sollte er mich fragen, so würde ich auch ihn abweisen. Komme was wolle. Gegen Ende des ersten Blocks und in der Pause kam Azuma wirklich auf mich zu. Finster blickte er drein – eigentlich wie immer und doch anders. „Jo.“ Knapp und mit wütender Stimme sprach er mich an, doch ich würdigte ihn keines Blickes. „Was soll das? Rede endlich und sieh mich an.“ Würde ich nicht. So bald nicht mehr. „Jo!“ Seine lauter werdende Stimme erschütterte Mark und Bein. Ich hatte alle Mühe, mich nicht doch umzudrehen. Tief nur atmete ich kurz ein, packte das letzte Heft weg und stand auf. „Ich geh zur Toilette.“ Ohne ihn oder die Anderen anzusehen verließ ich das Klassenzimmer. Dass sie mich alle konfus ansahen war mir egal. 'Es ist besser so', dachte ich mir und stieß einen lauten Seufzer aus. Ich kann es niemandem sagen. Wer weiß, was sie sonst von mir halten würden...? Es ging nicht. „Ich darf nicht“, versuchte ich mich selbst zu überreden und öffnete die Tür zur Herrentoilette. „Findet ihr sein Verhalten auch so komisch?“, begann Kurachi und verschränkte die Arme, dabei eine Augenbraue hochziehend. „Ja. So hat er sich noch nie benommen...“ Azuma schwieg. „Azuma? Hast du ihn wieder geärgert?“ Der Schwarzhaarige sah seinen rothaarigen Freund grimmig an, wandte sich schließlich ab. Er hatte nichts getan! Er konnte selbst nicht sagen, was mit dem Brünetten los war. 'Was hat er nur?' Ein paar Tage gingen friedlich an uns vorbei. Am Samstag hatte ich mich für ein paar Stunden in die Stadt begeben, um mir ein neues Buch zu besorgen. Mit dem Buch unterm Arm machte ich mich wieder auf den Rückweg. Dabei übersah ich, dass Azuma an mir vorbeifuhr. Der Andere hielt wenig später an und wartete, bis ich an ihm vorbeikam. Sein grimmiger Blick fiel sofort auf mich, woraufhin ich skeptisch stehen blieb. „Azuma! Lang nicht gesehen. Wie geht’s?“, meinte ich sarkastisch, hatten wir uns doch gestern erst noch unterhalten. Der Schwarzhaarige antwortete erst nicht, brachte dann nur leise Worte heraus: „Was ist zur Zeit mit dir los?“ Ein wenig zuckte ich daraufhin zusammen. War es etwa offensichtlich, dass ich mich etwas zurückzog? Dass ich mich anders benahm? Ich hatte gehofft, dass es niemanden auffallen würde – aber dafür schien er mich doch zu gut zu kennen. Genauso wie ich ihn. Auch nach all den Jahren noch. „Nicht ist los. Wie kommst du darauf?“ Ich lächelte, während ich die Schultern etwas hob. „Du bist es eher, der sich hier komisch benimmt!“ „Jo!“ Er wusste genau, dass ich nichts vor ihm verheimlichen konnte. Aber ganz egal. Ich durfte jetzt nicht klein beigeben. „Das bildest du dir nur ein. Wirklich“, versuchte ich ihn zu überzeugen und ging zwei Schritte weiter. „Ich muss zurück. Wir sehen uns.“ Ich winkte ihm noch zu, ehe ich meinen Weg fortsetzte. Zu meinem Glück folgte er mir nicht. 'Aber er wird mich wieder fragen...' Und was sollte ich dann machen? Ich konnte es ihm doch nicht sagen. Wer weiß, war er dann von mir halten würde...? In der Johoku zurück begab ich mich schnell auf mein Zimmer, um Azuma nicht mehr begegnen zu müssen. Doch ich war nicht schnell genug. „Jo!“ Seine Stimme hallte über den leeren Flur. Ich blieb wie versteinert stehen. Nur langsam hob ich meinen Kopf, mich nur um ein viertel zu ihm umdrehend. „Ja?“ Der Schwarzhaarige kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Mir stand der Schweiß auf der Stirn. „Jo. Red' endlich. Irgendwas ist doch mit dir?“ So fürsorglich war er doch sonst nur bei... Ich schloss meine Augen und lächelte. Er hatte sich nicht verändert. „Du bildest dir das alles nur ein“, gab ich ihm erneut zu verstehen und sah ihm nun in die Augen. „Es ist nichts.“ „Du lügst.“ Ich hielt inne. Gab es denn gar kein Entkommen? „Nein...“ „Jo. Komm mit!“ Ich konnte nichts darauf erwidern, so schnell hatte er mich am Arm gepackt und mit sich mitgezogen. „H-He!“, rief ich noch aus, doch konnte ich mich gegen seinen Griff nicht wehren. Was würde er nun mit mir machen...? [Fortsetzung folgt...] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)