Bleeding Hearts von RubyRose (Bis(s) dass der Tod uns nie mehr scheidet) ================================================================================ Kapitel 12: Zuhause gibt es Ärger --------------------------------- Es vergingen weitere Wochen, die ich mehr als glücklich mit meinem Victor verbrachte. Ich liebte diese Zeit, in der ich so furchtbar viel Spaß hatte und endlich damit begann zu leben. Nur hatte mein Dad langsam Verdacht geschöpft. Ich blieb immer öfter viel zu lange weg, zumindest sofern es nach seiner Meinung ging. Ich hatte keine Lust mehr mich ganz alleine um den Haushalt zu kümmern. Ich mochte nicht mehr für ihn kochen und seine dreckige Wäsche waschen. Ich hatte keine Lust mehr dazu jedes noch so kleine Staubfusselchen aus jeder Ecke des Hauses zu saugen. Langsam wurde mir immer mehr bewusst, dass ich mich bei mir Zuhause einfach nur wie ein Dienstmädchen vorkam. Oder beinahe so wie ein Ersatz für eine Ehefrau, zumindest was die Versorgung des Mannes und des Haushaltes anging. Alles andere wäre ja auch... wirklich merkwürdig gewesen. Brrrrr. Ich ließ meine Hausarbeit also mit der Zeit immer mehr schleifen, weil ich mehr Zeit mit Victor verbrachte und mit ihm, Jason und anderen Freunden unterwegs war. Mir fiel überhaupt nicht auf, dass ich eigentlich niemals mit Victor alleine gewesen war, immer war jemand dabei gewesen bisher. Aber das hatte mich auch nie gestört. Viele Jahre lang war ich völlig einsam gewesen und hatte eigentlich so gut wie keine Freunde gehabt. Jetzt genoss ich das richtig, dass immer jemand um mich herum war, und dass ich Freunde hatte, mit denen ich meine Zeit verbringen konnte. Mit Lilly traf ich mich nicht mehr sehr oft, und wenn sie mich dann einmal erwischte, sagte sie immer, dass sie das sehr schade fand, und dass sie gerne wissen würde, was denn mit mir passiert sei. Dabei hatte sich doch gar nicht viel verändert, fand ich. Ich hatte nur endlich zu mir selbst gefunden. Ich hatte herausgefunden dass ich auch jemand anders sein konnte als dieses graue und unscheinbare Mädchen, das ständig nur zuhause rum hockte und völlig einsam war. Sie war zwar meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt, aber manchmal hatte ich doch schon das Gefühl, dass sie mich einfach nicht verstehen konnte. Lilly hatte sich schließlich nie so gefühlt wie ich und konnte deswegen auf einfach gar nicht verstehen wie toll es für mich war plötzlich beliebt zu sein bei anderen Jugendlichen in meinem Alter. Ich hatte eine gewisse Anerkennung, und das wollte ich nie wieder in meinem Leben hergeben müssen. Eines Abends saß ich in meinem Zimmer auf meinem Bett und hatte meinen Laptop vor mir auf der Decke liegen. Ich surfte im Internet und schaute bei Facebook nach was meine Freunde gerade so taten. Jetzt, da ich viel mehr Freunde in meiner Liste hatte, war das auch gleich viel interessanter, und andere Freunde zeigten auch endlich Interesse an den Dingen, die ich so postete. Früher, in der Zeit vor meiner Beziehung mit Victor Blackraven, war selbst Facebook für mich immer eine mehr als einsame Sache gewesen. Ich hörte wie unsere Haustür aufgeschlossen wurde, und schwere Schritte im Flur verrieten mir, dass mein Dad von seiner Arbeit in der Werkstatt nach Hause gekommen war. Er war heute ein bisschen später dran als sonst, es war bereits nach 11 Uhr abends. Normalerweise war er spätestens um 10 Uhr abends daheim und wollte etwas Warmes essen. Das Essen hatte ich schon, wie üblich, vor gekocht. Ich kam ja schon immer viel früher aus der Schule und hatte dann schließlich auch Hunger, also kochte ich meistens schon immer am Nachmittag und ließ meinem Dad dann etwas übrig, das er sich dann am Abend in der Mikrowelle noch einmal aufwärmen konnte. Für heute gab es nur eine Erbsensuppe aus der Dose, weil ich einfach keine große Lust gehabt hatte zu kochen. Dafür hatte es gestern Schnitzel mit Kartoffelecken und Salat gegeben. Ich fand, wenn ich mich am Tag zuvor mit dem Essen wirklich Mühe gegeben hatte, dann durfte es auch mal zwischendurch ein Fertiggericht geben. „Stella? Bist du Zuhause?“ Mein Dad rief nach mir, und ich antwortete ihm. Ich öffnete die Tür meines Zimmers und schaute nach wo er gerade war. Mein Dad stand in der Küche vor dem Herd und blickte seufzend in den Topf, der ungefähr zur Hälfte mit dieser dicken grünen Pampe namens Erbsensuppe gefüllt war. „Hey, Dad. Was gibt es? Was möchtest du von mir?“ Mein Dad drehte sich zu mir um. Er sah müde aus, aber in seinen Augen funkelte irgend etwas. Oh oh... Das bedeutete wirklich nichts Gutes. „Setz dich bitte hin, Stella“, sagte er und wies mit seiner Hand auf einen der zwei Küchenstühle, die an unserem winzig kleinen Esstisch standen. Nachdem meine Mutter uns verlassen hatte waren wir von einem Haus, das meinen Eltern gehört hatte, ich diese Wohnung hier gezogen, die nur auf zwei Bewohner ausgelegt war. Ich setzte mich und ahnte nichts Gutes. Irgend etwas stimmte da doch nicht... „Ich muss mal ein ernstes Wort mit dir reden.“ Da hatten wir es ja, jetzt war es amtlich, ich würde Ärger bekommen. Aber wofür nur? Fieberhaft dachte ich darüber nach was ich womöglich angestellt haben könnte, aber mir wollte einfach nichts einfallen. Ich hatte doch alles richtig gemacht, oder etwa nicht? In der Schule benahm ich mich so gut und brav wie immer, und auch meine Noten hätten nicht besser sein können. Ich war eben ein kleiner Streber, ich war schon immer gut in der Schule. Das hatte mich bisher leider schon oft dem Spott meiner Mitschüler ausgesetzt. Ich wusste wirklich nicht, warum man immer auf jemandem herum hacken musste, nur weil er gut in der Schule war und wirklich sehr gute Noten mit nach Hause brachte. Also um meine schulischen Leistungen konnte es hier nicht gehen, so viel war schon einmal klar. Aber was war es denn dann? Was hatte ich denn bitte getan, dass so schlimm sein konnte, dass mein Dad „ein ernstes Wort“ mit mir reden musste? Ich sollte es schon sehr bald erfahren, ob es mir nun lieb war oder nicht. Mein Dad setzte sich auf den anderen der beiden Küchenstühle, nachdem ich dort Platz genommen hatte, und blickte mich ernst an. „Ich habe heute mit Hank gesprochen“, begann er. Hank Johnson war einer von Dads besten und ältesten Freunden. Er arbeitete in dem Gemischtwarenladen in Moores Mill, und die beiden trafen sich ziemlich oft, vor allem wenn mein Dad zwei mal in der Woche die Einkäufe für uns erledigte. „Und“, wollte ich von ihm wissen. „er meinte, er hätte dich mit einem Jungen gesehen.“ „Wirklich?“ Ich versuchte so zu tun als wäre ich ganz cool, aber in Wirklichkeit bekam ich Panik, dass mein Dad das mit Victor und mir herausfinden würde. Das wäre absolut furchtbar! „Stella, hast du einen Freund?“ Ich druckste herum, als mein Dad mich so direkt auf die Sache ansprach. Ich hatte ihm Victor jetzt schon mehrere Monate lang verheimlicht, und ich wusste, dass mein Dad es wirklich nicht mochte, wenn ich mit anderen Jungs zusammen war. Da könnte ja sonst etwas passieren, meinte er immer. „Bevor du irgendetwas sagst, Stella: Lüg mich bitte nicht an.“ Ich seufzte tief. Ich steckte in einer ganz schön schlimmen Zwickmühle. So viel Anstand und Ehrgefühl hatte ich dann doch noch, dass ich meinen Dad wirklich nicht belügen wollte. Aber ich wollte auch mein Glück mit Victor auf's Spiel setzen, das wollte ich wirklich nicht. „Also? Ich höre. Und keine Ausreden.“ Ich schwieg zunächst und versuchte noch so lange es ging meine Antwort hinauszuzögern. Das einzige Geräusch, das zu hören war, war das Ticken der Küchenuhr über der Spüle. Tik tak, tik, tak, tik tak.... Dieses Geräusch in der Stille machte mich noch ganz wahnsinnig! Also platzte ich schließlich mit der Wahrheit heraus. „Ja! Ja, es stimmt, ich habe einen Freund. Und ich liebe ihn wirklich sehr!“ Dad erhob seine Stimme und wurde ziemlich laut. „Es ist mir egal wie sehr du ihn liebst, du weißt ganz genau, was ich davon halte, dass du einen Freund hast, nämlich absolut und überhaupt nichts! Du bist noch viel zu jung um einen Freund zu haben!“ „Aber ich bin doch schon 16 Jahre alt, Dad! Ich bin doch kein kleines Baby mehr! Soll ich etwa als alte Jungfer enden? Soll ich etwa Nonne werden? Willst du das für mich, Dad?“ Auch ich konnte nicht mehr ruhig bleiben. Bisher hatte mein Dad immer über mein Leben bestimmt, aber ich wollte das nicht mehr! „Ich will nicht, dass du diesen Jungen noch einmal wiedersiehst“, verlangte er hartnäckig. „Er könnte sonst wer sein und wer weiß was mit dir anstellen.“ „Ach Dad, was soll denn schon groß passieren?“ „Was passieren soll? Siehst du denn kein Fernsehen? Zum Beispiel könntest du schwanger werden, und wie willst du das mit deinen 16 Jahren anstellen ein Kind großzuziehen, willst du mir das mal bitte verraten?“ „Aber Dad, da brauchst du dir wirklich überhaupt keine Sorgen drum zu machen!“ „Nichts aber! Ich verbiete dir ihn je wieder zu sehen! Und die nächsten 3 Wochen hast du Hausarrest! Es reicht mir langsam, dass du immer erst spät mitten in der Nacht nach hause kommst. Du hast schule, Stella! Du hast hier Aufgaben zu erledigen, du kannst dich nicht dauernd draußen mit wer weiß wem herumtreiben! Das hat jetzt ein ende, ein für alle mal!“ „Dad!“ „Nichts da mit 'Dad'! Du hast jetzt Hausarrest und fertig ist die Sache!“ „Du bist so gemein“, brüllte ich und stand so abrupt auf, dass mein Stuhl nach hinten kippte und mit einem lauten Schlag auf dem Küchenfußboden landete. Wutentbrannt rannte ich in mein Zimmer und knallte die Tür hinter mir so fest zu wie ich es nur konnte. Ich konnte nicht mehr, heiße Tränen brannten mir in den Augen und liefen mir über das Gesicht. Das war so gemein! Ich wollte doch nur endlich glücklich sein! Ich wollte frei sein und leben wie jeder andere Teenager auch. Das war einfach nicht fair! An diesem Abend weinte ich mich in den Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)