Seelenverwandt von Couscous (2026 - 1979) ================================================================================ Kapitel 2: 15. September 1979: Wohl eher erst der Anfang -------------------------------------------------------- Molly kam unsanft auf dem Boden auf. Kleine Steine drückten in ihre ungeschützten Beine und leichter Nieselregen legte sich auf ihr penibel gebürstetes Haar. Als sie die Augen öffnete, musste sie feststellen, dass sie nicht länger im Holzschuppen oder gar im Fuchsbau war. Sie befand sich in einer kleinen Gasse mit schummrigen Licht, nur mit ihrem Nachthemd bekleidet und ihrem Zauberstab in der Hand. Langsam richtete sie sich auf und fegte die Kieselsteinchen von ihren Beinen. Der Weg war gestreut, wie es die Muggel im Winter manchmal taten, um nicht auszurutschen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand und sie vermutete, dass es sich bei dem roten Telefon wohl um einen Portschlüssel gehandelt haben musste. Plötzlich kamen die Erinnerungen wieder. Das Telefon. Ihr Großvater. Feuer. Molly musste sofort wieder zurück. Wahrscheinlich machten sich schon alle große Sorgen um sie und ihren Großvater und fragten sich, wo sie solange blieben. Sie zückte ihren Zauberstab und wollte sich gerade auf der Stelle drehen, um zurück zum Fuchsbau zu reisen, als sie Stimmen hörte. Sie lachten, riefen sich gegenseitig etwas zu und schienen sich prächtig zu amüsieren. Doch Molly lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, denn sie klangen nicht wie bei einem harmlosen Ausflug unter Freunden, die vielleicht ein wenig zu viel getrunken hatten. Sie konnte nicht genau sagen, worum es bei ihrem Gespräch ging, doch die lauten Stimmen klangen bedrohlich. Das Lachen einer Frau klang so kreischend, wie hysterisch und sorgte dafür, dass sich Mollys Nackenhaare aufstellten. Was auch immer diese Gruppe von Leuten im Sinn hatte, es würde nicht freundlicher Natur sein, dessen war sich Molly sicher. Die Stimmen kamen näher. Molly wusste, dass sie weglaufen musste, dass sie keine Zeit mehr hatte zu disapparieren. Einen Moment noch war sie wie erstarrt, dann rannte sie. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie lief, versuchte nur, die Stimmen hinter sich zu lassen. Doch als hätten sie bereits ihre Spur aufgenommen, kamen sie beharrlich näher. Endlich schienen sie leiser zu werden und Molly hielt an, um nach Luft zu schnappen. Wenn sie vorher keine Ahnung gehabt hatte, wo sie war, dann war sie jetzt vollkommen verloren. Sie holte noch einmal tief Luft und wollte sich bereits wieder auf der Stelle drehen, als sie etwas hörte, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wieder dieses irre Lachen. Molly rührte sich keinen Zentimeter mehr, obwohl sie wusste, dass es falsch war. Sie schluckte und wartete darauf, dass man sie entdeckte, wie ein Kaninchen in der Falle. Dann zog sie jemand in eine dunkle Seitengasse und drückte sie an eine Wand. Molly wollte schreien und war drauf und dran ihren Angreifer zu verfluchen, als sie seine Stimme an ihrem Ohr hörte: „Sei bloß still oder sie finden uns!” Als sie begriff, dass ihr zumindest im Moment mehr Gefahr von den gruseligen Menschen in der Nebengasse drohte, beschloss sie dem Mann neben ihr zu vertrauen und verhielt sich ganz ruhig. Die Stimmen waren jetzt laut wie nie zuvor. Molly konnte nicht verhindern, dass ihre Ohren die Gespräche mit verfolgten. Und von dem, was sie hörte, wurde ihr schlagartig übel. Diese ... Objekte sprachen von Folter und Mord und immer wieder hörte sie die Stimme der lachenden Frau, der das anscheinend am meisten Freude bereitete, da sie ununterbrochen vor sich hin kicherte. Sie konnte nicht anders, sie musste wissen, wie Menschen aussahen, die zu so etwas fähig waren, und warf einen Blick um die Ecke. Sie erstarrte wieder, die Gruppe war in schwarze Umhänge gehüllt und alle trugen eine silberne Maske. Sie kannte diese Uniform, sie kannte sie aus ihren Geschichtsbüchern. Das waren Todesser. Mollys Gedanken rasten. Wie konnte das sein? Man hatte doch alle Todesser gefunden und bestraft, so stand es in den Büchern. Außerdem waren diese Menschen, soweit sie das beurteilen konnte, kaum älter als sie selbst und die Todesser von damals müssten nun im Alter ihrer Großeltern sein. Konnte es sein, dass junge Erwachsene ihrer Generation Gefallen an den Ideen und den Taten dieser Gruppierung fanden? Ihre Gedanken verwirrten sie, sicherlich konnte das nicht sein. Ihre Beine wackelten und sie sank unsicher zu Boden. „Hey, hey, lass das!” Sie hörte die Stimme des jungen Mannes, doch sie ignorierte ihn. Ihre Beine wollten sie nicht länger tragen. Soweit sie das im Halbdunkel erkennen konnte, fuhr er sich einmal verzweifelt durch die Haare. „Werd´ jetzt bitte nicht ohnmächtig, das kann ich grade gar nicht gebrauchen.” Molly hörte, wie die Todesser weiter zogen und ihr Retter seinen Zauberstab entzündete, um ein wenig Licht in die Dunkelheit zu bringen. Dann ließ er sich neben sie auf den Boden fallen und sie warteten schweigend. Schließlich, nach einigen Minuten, bog ein zweiter junger Mann um die Ecke und verkündete: „Sie sind weg. Gerade disappariert. Alles klar, Tatze?" In seiner Stimme hörte Molly Mitgefühl und Sorge. „Tatze” nickte und stand auf. „Wir müssen nach Hause. Dumbledore will bestimmt morgen den Bericht haben.” Er wandte sich an Molly. „Du solltest jetzt besser nach Hause gehen. Das war ziemlich knapp, Mädel.” Mollys Kopf schwirrte immer noch, doch sie lockerte den Griff um ihren Zauberstab, den sie zuvor fest umklammert hatte. Der andere Mann beäugte sie misstrauisch. „Wer bist du überhaupt? Und was machst du hier? Weißt du nicht, wie gefährlich es hier ist?” Der Erste winkte ab. „Vergiss es, Moony. Sie ist nicht gefährlich. Nur ein bisschen verwirrt. Musste von mir gerettet werden.” Er grinste ein Grinsen, von dem er wohl dachte, dass es ihn unwiderstehlich machte. Molly beschloss, ihn weiter zu ignorieren und antwortete seinem Freund: „Mein Name ist Molly Weasley und ich bin ... auf der Durchreise. Wenn Sie mir dann noch Ihre Namen nennen könnten. ” Offensichtlich hatte sie etwas Falsches gesagt, denn „Moony”s Blick wurde nur noch misstrauischer. „Du bist sicher nicht Molly Weasley”, stellte er fest und sein Freund lachte: „Du bist wahrscheinlich nicht mal eine Weasley.” Molly sah in wütend an. „Was soll das heißen?”, fragte sie irritiert. Er zog die Augenbrauen hoch und nahm eine ihrer braunen Haarsträhnen in die Hand. „Weasleys haben rote Haare. Ist ´ne Regel.” Sie widerstand der Versuchung, seine Hand wegzuschlagen und erwiderte stattdessen: „Viele meiner Cousinen haben eine andere Haarfarbe und noch nie-” Sie brach ab, als sie merkte, dass es die beiden nicht interessierte. Vielmehr schienen sie im Stillen miteinander zu kommunizieren, so dass Molly nicht mithören konnte. Sie nutzte die Chance, um ihre Gegenüber genauer zu beobachten. Beide schienen in ihrem Alter zu sein, doch da hörten die Gemeinsamkeiten auch schon wieder auf. Während der eine, nach Mollys Ansicht, etwas zu lange, schwarze Haare hatte und graue Augen, die allerdings viel dunkler schiene, und aussah, als könnte nichts auf der Welt ihn erschüttern, war der andere ein gutes Stück kleiner mit hellbraunem Haar und sorgenvollen grün-braunen Augen. Einige kleine Narben zierten sein Gesicht und hätte Molly ihre Neugier nicht kontrollieren können, hätte sie ihn gefragt, woher er sie hatte, da sie keiner Art von Fluchnarben ähnelten. Am meisten verwirrte sie jedoch ihre Kleidung. Wer, der wenigstens ein wenig in Sachen Mode respektiert werden wollte, trug solche Umhänge? Der Schnitt war völlig unvorteilhaft und diese merkwürdigen Stehkrägen erst. So etwas trug man seit Jahren nicht mehr. Molly kannte sie nur von den Photos ihrer Großeltern aus deren früheren Jahren. Sie war so in deren Aussehen vertieft gewesen, dass sie nicht gemerkt hatte, wie sie angesprochen worden war. „Bitte, was haben Sie gesagt?" „Tatze” schmunzelte und beantwortete die Frage an ihrer Stelle. „Kann eine Frau heutzutage nicht mehr in einem Nachthemd spazieren gehen, ohne dass man gleich Fragen stellen muss? Das ist doch nicht merkwürdig, Moony.” Molly hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. „Es ist nicht merkwürdiger als Ihre Umhänge! So etwas trägt man doch seit den 90ern nicht mehr." Die beiden tauschten einen Blick, von dem der eine ganz klar besagte, dass sie, wie er bereits gesagt hatte, ein bisschen verwirrt war. "Also ist unser Modestil so fortschrittlich? Das wusste ich gar nicht. Muss ich unbedingt Lily unter die Nase reiben, wenn sie das nächste Mal über unseren Aufzug lacht", stellte Tatze amüsiert fest. Molly schnaubte, die höchste Form des Ausdrucks ihrer Verachtung. "Ganz ehrlich, im Jahr 2026 sollte man sich anders kleiden." Während sich über Moonys Augen eine steile Falte bildete, grinste Tatze immer breiter. "Tja, dann habe ich ja Glück, dass ich im Jahr 1979 lebe." Molly setzte bereits zu einer Erwiderung an, als sie erkannte, was er gerade gesagt hatte. "Bitte?", keuchte sie und war froh, dass sie bereits saß. In ihrem Kopf drehte sich wieder alles und trotzdem erkannte sie ein Muster. Todesser... Altmodische Umhänge... Dumbledore... Jemand legte eine Hand auf ihr Knie und sie erkannte Moony, der sie besorgt ansah. "Wie heißen deine Eltern?" Obwohl die Frage sie verwirrte, antwortete sie: "Audrey und Percy Weasley." Sie sah, wie Erkenntnis in seinen Augen aufflackerte. "Du kommst aus der Zukunft", stellte er fest. Molly nickte, dann schüttelte sie den Kopf. "Nein, ich meine, ja, aber das kann doch nicht sein", stammelte sie und sah hilfesuchend zu Moony, der ihr fest in die Augen sah. Tatze starrte von einem zum anderen und war zum ersten Mal, seit sie ihm begegnet war, sprachlos. Moony holte tief Luft und sagte: "Wir haben heute den 15. März 1979, Percy Weasley ist gerade mal vier Jahre alt und du hast offensichtlich keine Ahnung, wie gefährlich diese Zeiten sind." "Sie könnte lügen", schlug Tatze vor. "Oder ihr könntet es", antwortete Molly, die sich an diese Hoffnung klammerte, obwohl sie tief in ihrem Herzen wusste, dass es nicht so war. Das rote Telefon war offenbar eine Art Zeit-Portschlüssel gewesen. Moony schüttelte den Kopf. "Sie lügt nicht, Tatze." Der schluckte. "Was machen wir jetzt?" Beide warfen Molly in ihrem kurzen, weißen Nachthemd einen Blick zu. "Wir können sie nicht hier lassen", sagte Tatze und musterte sie noch einmal von oben bis unten, "wir müssen sie zu Dumbledore bringen. Er wird wissen, was zu tun ist." Moony nickte. "Aber nicht heute Abend. Das würden uns alle überfordern. Morgen ist noch genügend Zeit." "Und was sollen wir jetzt mit ihr machen? Wir können sie ja wohl nicht bei uns einquartieren", meinte Tatze. Moony antwortete nicht. Tatze starrte ihn entsetzt an: "Das ist jetzt nicht dein Ernst. Diese Wohnung gehört den Rumtreibern, sie hat da nichts zu suchen. Wir haben nicht mal ein Bett für sie." Molly wünschte, sie würden nicht über sie sprechen, als wäre sie nicht anwesend. Gleichzeitig wollte sie Moony gerne sagen, dass er sich nicht um sie kümmern musste, dass sie alleine klar kommen würde. Aber sie hatte ja nicht einmal Geld mit sich und zudem keine Ahnung, in welcher Stadt sie sich befand. Moony seufzte. "James ist doch sowieso die ganze Zeit bei Lily, sein Bett ist frei." Tatze starrte seinen Freund fassungslos an, doch mit einem letzten Blick auf die zitternde Molly gab er nach. „Na gut. Für heute Nacht jedenfalls. Vielleicht schickt Dumbledore sie morgen ja wieder heim.” Molly wusste nicht, ob es sie erleichtern sollte, dass sie eine Bleibe im Jahr 1979 gefunden hatte, aber angesichts der Tatsache, dass sie müde und nass war, ergriff sie mit Freuden Moonys Hand. Plötzlich fiel ihr etwas ein. „Namen”, murmelte sie, „ich kenne eure Namen nicht. Ich vermute, dass „Tatze„ und „Moony” nicht eure echten Namen sind.” Tatze sah sie mit funkelnden Augen an. „Du bleibst wohl bei deiner Molly-Weasley-Geschichte?” Molly nickte und sah ihm fest in die Augen. Er wich ihrem Blick nicht aus. „Der da heißt Remus Lupin und mein Name ist Sirius Black.” Lupin. Teddys Vater. Molly betrachtete noch einmal sein Gesicht und suchte nach Ähnlichkeiten mit seinem Sohn. Was würde Teddy sagen, wenn sie ihm erzählte, dass sie seinen Vater kennen gelernt hatte? Wenn sie es ihm jemals erzählen könnte... Plötzlich hatte sie Heimweh. Sie war 47 Jahre von zu Hause entfernt und kurz davor mit zwei wildfremden Männern in deren Wohnung zu apparieren. Hatte sie eigentlich den Verstand verloren? Sie hatte zwar ihren Zauberstab, aber... Doch bevor sie ihre Bedenken in Worte fassen konnte, packte Sirius sie bei der Hand und drehte sich auf der Stelle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)