We went nuts... von Couscous (...to make this party happen) ================================================================================ Prolog: Kleine Einführung ------------------------- Datum: 09. August Uhrzeit: 23:54 Ort: Italienische Küste Der Strand war verlassen. Die Menschenmassen, die nur ein paar Stunden zuvor hier entspannt, gebadet und gespielt hatten, waren jetzt beim Essen, in einem der neuen Clubs in der Innenstadt oder gingen zu Bett. Nur die Liegestühle und eingeklappten Sonnenschirme warteten darauf, dass sie alle morgen wiederkamen, um noch einen ungestörten Urlaubstag zu verbringen. Allein drei Gestalten schlichen, aller Gewohnheit zum Trotz, über den Strand. Die Liegestühle lauschten, um die Gesprächsfetzen aufzuschnappen, die der Wind ihnen zutrug. Der Mond schien hell am wolkenlosen Himmel, doch diese Lichtquelle schien nicht ausreichend zu sein. „Au, ver-”, schimpfte die eine Gestalt eine der Gestalten und hielt sich das Schienbein. Die Vorausgehende drehte sich um: „Kannst du dich vielleicht mal beeilen? Das ist jetzt das dritte Mal, dass du dir was anhaust.” Wie es schien, antwortete die Andere durch zusammengebissene Zähne, denn folgende Worte waren für sämtliche Liegestühle nur schwer zu verstehen. „Es ist dunkel, natürlich sehe ich nichts. Was machen wir hier überhaupt?” „Der Mond scheint ja wohl hell genug.” „Das ist keine Antwort auf meine Frage.” „Du kriegst auch keine. Ist ja sonst keine Überraschung mehr. Hältst du mich für blöd?” Bevor jedoch die andere zurückschnappen konnte, mischte sich die dritte ein, die bisher nichts gesagt hatte: „Mädels, nicht streiten...” „Wir streiten nicht, wir-” „Diskutieren, ja, ich weiß”, sagte die Dritte und wäre es hell gewesen, hätte man sehen können, wie sie die Augen verdrehte. Sie wandte sich flüsternd an die Vorausgehende: „Ist es noch weit?” Diese schien kurz zu überlegen. „ Ich glaube nicht, aber wir müssen uns ohnehin beeilen. Ich habe Fred versprochen, vor Mitternacht da zu sein. Kommt schon.” Die Mädchen setzten ihren Weg über den dunklen Strand fort. „Wenn noch einmal jemand sagt, ich sei nicht tollpatschig”, grummelte die Hinterste. Die Mittlere und anscheinend die Mittlerin gesellte sich zu ihr. „Und? Schon aufgeregt?” „Ein bisschen”, antwortete die Hinterste wahrheitsgemäß. „Man wird ja nicht alle Tage volljährig.” Bevor sich dieses überaus interessante Gespräch fortsetzen konnte, hörte man die Vorderste rufen: „Ich hab's gefunden! Hier ist es!” Beide sahen auf. Und tatsächlich, ungefähr 200 Meter entfernt, in einer Art Steinbucht, flackerte das warme Licht eines Lagerfeuers. Jetzt konnte es losgehen. Kapitel 1: Looooong Story ------------------------- Part 1: Datum: 13. Juli Uhrzeit: 17:13 Ort: Fuchsbau „Das ist vollkommen wahnsinnig”, stellte Hugo fest. „Nein”, korrigierte Louis, „das ist genial. Das wird ihr bestimmt gefallen. Klasse Idee, Fred.” Er nickte begeistert, doch Hugo schien nicht überzeugt. „Wahnsinn”, murmelte er vor sich hin, „wie sollen wir das schaffen?” „Wir sind Zauberer, Hugo, das sollte ein Kinderspiel werden!”, sagte Fred, „außerdem haben wir noch fast einen Monat Zeit.” Mit einem Mal klopfte es an der Küchentür und Leslie streckte ihren Kopf hinein. „Na, seid ihr endlich fertig?”, wollte sie grinsend wissen, „ich würde mal sagen, der Garten ist jetzt gnomfrei.” Verwundert sahen die drei Jungs sie an. Fred mit gerunzelter Stirn, Hugo mit hochgezogener Augenbraue und Louis schlichtweg perplex. „Aber”, begann Hugo, „dazu braucht man mindestens-”. „Fünf Stunden, ja”, ergänzte Leslie, „aber ihr habt offensichtlich die Zeit vergessen.” Freds Blick schnellte zur Küchenuhr. „Verdammt”, entfuhr es ihm und er wuschelte sich einmal durch die Haare, wie er es sich von seinem Cousin und bestem Freund James angewöhnt hatte. „Haben wir wirklich solange gebraucht?” Leslie kicherte leise, sie fand die ganze Situation offensichtlich sehr witzig. „Und, welche wichtigen Themen habt ihr besprochen?” „Wir planen eine Geburtstagsfeier”, erklärte Hugo. „Komm her und schau's dir an. Fred hat sich ausgetobt, das kann man nicht mehr erklären. Ich glaube, er ist außerdem der einzige, der's noch versteht.” Während Leslie die Pläne studierte, konnte man beobachten, wie ihre Augen immer größer wurden. Schließlich verkündete sie: „Ich will auch so eine Party! Fred, das ist der Hammer.” „Danke. Dein Freund glaubt nicht, dass es funktionieren wird.” Wenn der Kommentar Hugo verärgert hatte, ließ er es sich nicht anmerken, zudem stellte Leslie in diesem Moment die nächste Frage: „Für wen ist denn die Party?” Die drei jungen Männer warfen sich vielsagende Blicke zu, doch keiner öffnete den Mund, um Leslie die gewünschte Information geben. Diese sah sich sprachlos im Raum um. „Das ist jetzt nicht euer Ernst. Kommt schon. Wieso darf ich es denn nicht wissen? Hugo?” Der Angesprochene biss sich auf die Lippe. „Du kennst sie nicht”, versuchte er sich herauszureden. „Ein Grund mehr, mir zu sagen, wer sie ist. Eine Freundin von euch?” Hugo blickte hilfesuchend zu Fred, der ihm sofort zur Seite sprang. „So was in der Art. Wir kennen sie... aus der Schule.” Leslie schien verwirrt. „Aber wenn sie in Hogwarts war...” Das war zu viel für Louis. Er prustete los und auch Hugo und Fred konnten sich das Lachen kaum verkneifen. Nur Leslie fand das verständlicher Weise überhaupt nicht lustig. Sie wartete ungeduldig mit verschränkten Armen und zuckendem Fuß, bis die drei sich wieder eingekriegt hatten, dann sah sie erwartungsvoll in die Runde. „Sorry, Leslie”, meinte Fred entschuldigend und Hugo legte ihr versöhnlich einen Arm um die Schulter, den sie allerdings sofort wieder abstreifte. „Ich will jetzt sofort wissen, wer sie ist”, verlangte sie, „und warum das so ein großes Geheimnis ist.” Hugo seufzte. „Es ist kein Geheimnis, wir wollten dich bloß ein bisschen ärgern.” „Sie heißt Lena”, fügte Louis hinzu, „und wir kennen sie aus der Grundschule.” Leslie ging ein Licht auf. „Ah, von der Muggelgrundschule, die ihr gezwungen wart zu besuchen...” „Genau”, bestätigte Fred, „und sie wird diesen Sommer volljährig, das wollen wir feiern.” „Ihr habt all die Jahre Kontakt gehalten?”, Leslie war beeindruckt, doch ein synchrones Kopfschütteln zerstörte ihre Illusion. „Wir haben sie eigentlich erst vor kurzem wiedergetroffen”, sagte Hugo, „was übrigens eine sehr lustige Geschichte ist.” Bevor Hugo anfangen konnte, wurde die Haustür aufgeschlossen, energisch aufgestoßen und schließlich stürmte jemand ins Wohnzimmer, wo dieser Jemand anscheinend begann, Bücher durch die Gegend zu werfen. „Das wird die Herrin des Hauses sein”, meinte Louis grinsend. „Lucy liebt ja große Auftritte.” „Kleeblatt?”, rief Fred. „Wir haben Besuch.” Für einen Moment wurde es still im Wohnzimmer, dann trat eine strahlende Lucy in die Küche. „Hey, was macht ihr denn alle hier? Haben euch eure Vermieter rausgeworfen?”, fragte sie und begrüßte alle mit einer Umarmung. „Sie planen Lenas Geburtstag”, erklärte Leslie und verdrehte die Augen. „Wirklich? Seid ihr schon fertig?” Leslie stampfte gespielt verärgert mit dem Fuß auf. „Wieso kennen die alle, bloß ich nicht?” Lucy kicherte vor sich hin. Während Louis' langatmigen Erklärungen, hatte Fred genügend Zeit, Lucy genau zu beobachten. Und die Art, wie sie über Hugos Kommentare lächelte, Louis andächtig zuhörte, und ständig ihre Bluse glatt strich, machte ihn wütend. Schlichtweg wütend, weil er es ihr schon so oft gesagt hatte, aber sie nie auf ihn hören wollte. Es war nicht Lucy, die dort in der Küche stand. Lucy hätte nicht höflich gelächelt, sondern lauthals gelacht, sie hätte Louis andauernd unterbrochen, um irgendwelche unwichtigen Details zu erfragen und ihr wäre es eigentlich egal, wie viele Falten ihre Bluse warf. Wie jedes Mal, wenn die Familie zu Besuch kam, gab es die spontane, lustige und ein wenig verrückte Lucy Weasley nicht mehr, und ein merkwürdiger Klon ihrer großen Schwester Molly nahm ihren Platz ein. Woher diese Eigenart stammte, wusste Fred nicht, nur, dass sie sie bereits seit jungen Jahren hatte. Lucy wollte und konnte einfach nicht sie selbst sein, wenn Familienmitglieder anwesend waren. Waren es Fremde oder enge Freunde, kannte sie dieses Problem nicht. Dann lachte sie über jeden Blödsinn, war für jeden Unsinn zu haben und stellte den Gleichgewichtssinn eines jeden Anwesenden auf die Probe. Fred wusste nicht, ob es nur ihm auffiel, aber die Molly-Klon-Sache hatte einen Nachteil, denn während diese Selbstbeherrschung und dieses Benehmen bei dem Original sehr natürlich wirkte, musste sich Lucy wirklich anstrengen, um diese Fassade aufrechtzuerhalten. Sie warf ständig einen Blick über die Schulter, um sich zu versichern, dass niemand sie durchschaut hatte, war ständig angespannt und überlegte, was die richtige Reaktion war. Und obwohl sie sich dieser Tatsache vielleicht nicht bewusst waren, wirkte sie sich unterbewusst auch auf ihre Gesprächspartner aus. Früher oder später kam jede Unterhaltung ins Stocken und schließlich zum Stillstand, weil Lucys Verhalten auch andere nervös machte. Fred übernahm keinerlei Haftung für den Wahrheitsgehalt dieser Aussage, schließlich hatte noch kein Ministeriumsangestellter eine Untersuchung diesbezüglich angestellt, aber er war sich doch ziemlich sicher. Fred wusste ebenfalls nicht mehr, wie oft er Lucy gesagt, dass sie sich idiotisch benahm und, dass sie sicher alle viel lieber mögen würden, wenn sie sich wie sie selbst verhielt. Schließlich sei es bei ihm auch so. Und immer lachte sie dann, ihr lautes, unverfälschtes und unglaublich ansteckendes Lachen, tat seine Behauptung als Unsinn ab, und dass er mal wieder zu viel nachdenken würde. Fred vermutete, dass ihr selbst gar nicht auffiel, wie sehr sie sich verstellte. Sie schob ihre Erschöpfung nach Familienfeiern immer auf die vielen Gänge beim Essen. Und wieder einmal fragte sich Fred, wieso Lucy immer alles so kompliziert machen musste. Eine Hand, die vor seinen Augen auf und ab wedelte, holte ihn wieder in die Realität zurück. „Fred, ich habe dich etwas gefragt. Würdest du mir bitte zuhören?”, fragte Lucy mit einem zu süßlichem Lächeln auf dem Gesicht. Er fing die Hand ab, bevor sie ihm ins Auge piksen konnte, und lächelte ebenso süßlich zurück. „Ja, Kleeblatt?” „Wo steckt denn unser verehrter Cousin, der sich zudem noch als dein bester Freund rühmt?” Es war kein Geheimnis, dass James und Lucy eine Art privaten Kleinkrieg führten. Zum einen, da James meinte, eine Molly könnte man noch ertragen, zwei jedoch seien zu viel des Guten, zum anderen natürlich, da James Lucy solange provozierte, bis sie sich auf seine Ebene (auf der sie sich eigentlich auch aufhielt) herabließ, und ihn ebenso mit bissigen Kommentaren bezüglich seiner Quidditchfähigkeiten, neuesten Frauengeschichten oder beruflichen Errungenschaften nervte. James gehörte zu den wenigen Personen, die Lucys wahres Wesen erkannt hatten und ebenso wie sein bester Freund konnte James das nicht mitansehen. Fred zögerte. Eigentlich wollte er nicht mit Lucy sprechen, solange sie sich so benahm, dennoch war die Frage berechtigt und auch die anderen sahen ihn neugierig an. Er lächelte gezwungen und beschloss Lucy eine letzte Chance zu geben: „James ist immer noch in Rumänien. Ihr wisst schon, weil wir ja fertig mit der Schule sind. Im Gegensatz zu ... euch." Er grinste und sah Lucy herausfordernd an. Fred, der seine magische Ausbildung bereits vor einem Jahr abgeschlossen hatte, und sein bester Freund, der es in diesem Jahr hinter sich gebracht hatte, machten sich des Öfteren einen Spaß daraus, ihre jüngeren Cousins und Cousinen diesbezüglich zu ärgern. Hugo und Louis hatten noch zwei Jahre vor sich, Lucy würde dieses Jahr den Abschluss machen und Leslie durfte sich noch auf drei Jahre Hogwarts freuen. Wie erwartet brachen seine Freunde in laute Rufe der Empörung aus. „Bild dir bloß nichts ein”, rief Louis. „Ja genau, ”, ergänzte Leslie, „wir werden es voll krachen lassen ohne dich.” „Und nen besseren UTZ kriegen wir sowieso”, beendete Hugo diese ungemein ausgearbeitete Argumentation. Nur Lucy sagte nichts und hielt sich mit einem kleinen Lächeln zurück. Wären sie allein gewesen, hätte sie sich schon längst auf Fred gestürzt und am lautesten geschrien. Dieses Spiel „Du-musst-nach-Hogwarts-und-ich-nicht-mehr”, ging wie so viele Traditionen auf Victoire und Teddy zurück und jeder Weasley/Potter freute sich darauf, endlich der Größere sein zu dürfen. Selbst Leslie ließ sich auf dieses Spiel ein, nur Lucy schwieg. „Möchtest du mir etwas sagen?”, versuchte es Fred ein letztes Mal. Für einen Moment dachte er, Lucy würde einknicken und ihm endlich ihre Meinung sagen, aber dann lächelte sie nur breit und fragte: „Bleibt ihr zum Abendessen? Grandma Weasley ist nicht da, also mache ich Schinken-Käse-Nudelauflauf.” Während die anderen begeistert zustimmten, hatte Fred genug. Es geschah nicht oft, dass ihn etwas aus der Fassung brachte und einen Wutanfall war noch viel seltener, aber diesmal ging er ohne ein weiteres Wort aus der Küche und begann sich im Wohnzimmer abzuregen, indem er das Chaos wieder aufräumte, dass Lucy hinterlassen hatte. Dann ließ er sich auf die Couch fallen und dachte nach. Nachdenken half immer, fand er, denn so entdeckte man Lösungen. Doch es fiel ihm keine ein. Er war viel zu wütend auf Lucy und ihre wahnwitzige Überzeugung, dass sie unbedingt jemand anderes sein wollte. Und als Leslie, Louis und Hugo fröhlich plappernd die Küche verließen, um den Tisch zu decken, sah Fred seine Chance. Er ging an ihnen vorbei zurück in die Küche und räusperte sich. Lucy, die gerade mit ihrem Zauberstab das Wasser erwärmte und gleichzeitig den Schinken sich selbst in Stückchen schneiden ließ, wandte sich zu ihm um. Einen Moment lang sagte keiner von ihnen etwas, dann fragte Lucy: „Was sollte das denn?” „Das könnte ich dich fragen”, gab ungerührt Fred zurück. Lucy lachte hell auf. „Mich? Wieso? Ich benehme mich nicht schon die ganze Zeit merkwürdig und renne dann vollkommen unbegründet aus der Küche.” „Nein, du kommst nach Hause, wirfst erstmal alle Bücher aus dem Regal und betrittst dann die Küche, als wäre nichts geschehen. Und zu allem Überfluss bist du nicht du selbst”, antwortete Fred mit unterdrückter Wut. Lucy starrte ihn perplex an und brachte durch diesen Moment das Wasser zum Überkochen. Fred zog seinen Zauberstab und ließ die Temperatur wieder sinken. Lucy gab die Nudeln ins Wasser. Dann sagte sie ganz leise: „Wenn das wieder auf deine Theorie hinausläuft, dass ich mich anders benehme, wenn-” „Das ist keine Theorie, Lucy, das ist die Wahrheit. Soll ich unsere Gäste fragen, damit du mir endlich glaubst?” „Nein”, fauchte sie, denn jetzt war auch sie wütend, „ich will nicht, dass du irgendwen fragst, ich will, dass du dieses Thema endlich ruhen lässt.” Sie ging zum Vorratsschrank, um den Käse rauszusuchen und ihm aus dem Weg zu gehen, doch Fred hatte nicht vor aufzugeben. Nicht dieses Mal. Er versperrte ihr den Rückweg zur Feuerstelle. „Macht es dir so sehr Angst?”, fragte er und war ehrlich besorgt, „dich so zu zeigen, wie du bist.” Sie suchte einen Ausweg, kam aber nicht an ihm vorbei. „Es macht mir keine Angst...”, murmelte sie, doch Fred sprach sofort weiter. „Warum dann? Ich kenne dich und es ergibt absolut keinen Sinn, Lucy. Wie kann man nur so wenig Selbstbewusstsein haben?” Sie antwortete nicht, sondern versuchte sich an ihm vorbeizudrängen, bis sie merkte, dass er sich um keinen Zentimeter bewegte. In einem letzten Ausweg hob sie ihren Zauberstab und drohte: „Aus dem Weg, Fred, es reicht jetzt.” Ihre Augen blitzten wütend, doch sie konnte noch nicht ahnen, dass Fred ebenso wütend war. Er war schneller als sie und entwaffnete sie mit einem schnellen „Expelliarmus”. Und noch bevor sie reagieren konnte, machte Fred einen großen Schritt und drängte sie an die Wand. Tränen traten in ihre Augen, nie hätte jemand sie damit gerechnet, dass Fred so aggressiv vorgehen konnte. „Im Gegensatz zu deinen, sind meine Worte nicht leer”, zischte er. Er hatte es wirklich satt, sie hatte auf seine anderen Methoden nicht reagiert, jetzt versuchte er es auf diese Weise. Er war noch nie in seinem Leben so sauer auf irgendjemanden gewesen. „Bitte...”, murmelte sie und sah ihn aus den großen, traurigen Augen an, doch diesmal ließ er sich nicht erweichen. Er schlug mit der Faust gegen die Wand. „Verhext noch mal, Lucy. Merkst du nicht, wie albern das ist? Wenn du nur erkennen könntest, dass ich dich genauso liebe wie du bist. Wenn du nur wüsstest, wie fertig es mich macht, wenn du dich so verstellst. Das bist nicht du, Lucy! Ich bin mir sicher, dass die anderen das auch so sehen! Du musst dich nur trauen, sie werden dich lieben! Vertrau mir! Warum musst du immer alles so kompliziert machen?” Plötzlich verließ ihn seine Wut, verrauchte von einem Moment auf den anderen. Er ließ von ihr ab, stolperte ein paar Schritte zurück, bis er an der gegenüberliegenden Wand lehnte. Lucy eilte aus der Küche, ohne sich noch einmal umzudrehen. Fred atmete schwer. Seine Aggressivität überrascht ihn selbst. Er wusste, dass er zu weit gegangen war, aber er bereute es nicht. Er hatte es nicht mehr ertragen können, wenn sein Wutanfall dazu beitrug beigetragen hatte, dass Lucy wenigstens ein bisschen nachdachte, war er es wert gewesen. Er spürte, wie er, wie unter dem Imperius-Fluch, aufstand und den Auflauf weiter kochte, doch seine Gedanken blieben weiterhin bei Lucy. Er ahnte, dass es sie eine ganze Weile kosten würde, bis sie wieder bereit war, mit ihm zu sprechen. Und doch konnte er nicht verhindern, dass Hoffnung in ihm aufflammte, als Lucy ihn zum Abschied küsste. Hoffnung, dass sie erkannt hatte, wie Recht er hatte und ihm verziehen hatte. Doch wieder einmal ging Fred auf, dass nichts im Leben mit Lucy so einfach war. Ihre Lippen berührten seine nur solange, wie es nötig war, um den Anschein zu waren. Damit die anderen nichts ahnten. Wie unsinnig, dachte Fred, warum musste Lucy immer alles so kompliziert machen? Part 2 Datum: 22. Juli Uhrzeit: 13:17 Ort: Freds Apartment „Ich kann nicht mehr”, jammerte Leslie. Obwohl seine Freundin sonst nicht zur weinerlichen Sorte Mädchen gehörte (oder eher gerade deswegen), verstand Hugo sie nur allzu gut. Die alljährliche Junihitze hielt London in ihrem Griff und zudem war die Luft an diesem Tag unangenehm feucht, was zwar bedeutete, dass heute Abend die Erlösung in Form von Regen kommen würde, aber dennoch machte es ihre Aufgabe noch schwieriger. Hugo biss sich auf die Lippe, um sich nicht zu einem sarkastischen Kommentar hinreißen zu lassen und ging tapfer weiter die Treppen hoch. „Warum muss dein Cousin auch im achten Stock wohnen?”, fuhr Leslie fort und packte Louis' Füße, die ihr beinahe aus den verschwitzen Händen glitten, fester. Hugo schnaubte. „Das Problem ist ja viel eher, dass wir noch nicht alleine zaubern dürfen. Hätte Fred auf meine Anrufe oder unser Klingeln reagiert, müssten wir den hier nicht die Treppen raufschleppen. Also wenn du bitte meinen Cousin festhalten würdest, damit ich ihn dann schlagen kann...” Leslie kicherte erschöpft. „Wie viele Stockwerke sind es noch?” Hugo verrenkte seinen Kopf und warf einen Blick nach oben und unten. „Mal sehen, sechs haben wir schon, das heißt wir sind im siebten, dann ist es der nächste.” Er bemerkte, wie Louis sich regte, und hoffte inständig, dass sein Cousin nicht in den nächsten Minuten aufwachen würde. Er hatte eine vage Vorstellung davon, was er selbst tun würde, wenn er aufwachte und einen Treppe hochgetragen würde. Sie erreichten Freds Haustür, schweißüberströmt und atemlos, aber dennoch ohne größere Verletzungen. Hugo grinste. „Auftrag ausgeführt, Les!” Er hob eine Hand zum High-Five und Leslie schlug ein. Freds Apartment war nicht abgeschlossen, was Hugo verwunderte, aber als er die Wohnung verdunkelt und vollkommen chaotisch vorfand, ahnte er, weshalb man nichts von seinem älteren Cousin gehört hatte. „Leslie”, fragte er, „hast du was von Lucy gehört, in den letzten Tagen?” Sie sah ihn verwundert an. „Ja, wieso?" „Hat sie irgendwas gesagt?” „Nein, wieso sollte sie-?" Bevor Leslie fertig sprechen konnte, trat eine zerzauste Gestalt aus dem Schlafzimmer. Seine Haare waren noch mehr verwuschelt als sonst und, obwohl er eigentlich Wert auf einen gepflegten Kleidungsstil legte, trug Fred Weasley heute eine Jogginghose und einen Bademantel. Genau wie Hugo erwartet hatte. „Meine Güte, was ist denn mit dem passiert? Der sieht ja schlimmer aus als Louis”, sagte Leslie erschüttert. „Gib Louis noch ein paar Tage, dann sieht er auch so aus", murmelte Hugo, „das ist das typische Weasley-Trennungsschmerz-Syndrom..." „Hugo? Leslie?”, fragte Fred ungläubig, „was macht ihr denn hier?" Er sah aus, als hätte er Mühe, beide Augen gleichzeitig offen zu halten. „Louis abliefern”, erklärte Leslie, „du musst heute auf ihn aufpassen.” „Das überfordert ihn wahrscheinlich”, murmelte Hugo so leise, dass nur Leslie ihn hören konnte. Tatsächlich sah sich Fred verwirrt in seinem katastrophal unordentlichen Apartment um. „Aber warum kommt ihr da so früh? Und wieso braucht er einen Baby-Sitter? Ist er nicht schon...?” Der Gedanke an Louis' Alter schien Freds ohnehin angeschlagenes Gehirn völlig zum Stillstand zu bringen. Er ließ sich auf seine Couch fallen. Hugo seufzte und setzte sich neben seinen Cousin. „Habt ihr euch immer noch nicht versöhnt, du und Lucy?” Fred sah nur mäßig überrascht aus, dass Hugo Bescheid wusste, hatte er doch den Grips und die Kombinationsgabe seiner Mutter geerbt. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Sie hasst mich. Oder noch schlimmer, sie hat Angst vor mir. Dabei will ich nur das Beste...” Bevor Fred in Tränen ausbrechen konnte, unterbrach ihn Hugo: „Was auch immer du getan hast, wird schon werden. Sie kann ja nicht ewig sauer sein. Glaub mir, alles wird gut.” Fred sah ihn zweifelnd an, sagte jedoch nichts mehr. „Sehr schön, da jetzt ja alles geklärt ist, könntest du bitte auf Louis aufpassen? Er ist auch ganz lieb. Schläft nämlich seinen Rausch aus.” Fred sah noch immer nicht überzeugt aus. „Hat er nicht ... Eltern?”, wollte er wissen. Hugo schnitt eine Grimasse. „Oh ja, Onkel Bill und Tante Fleur werden sich sicherlich freuen, wenn ich ihnen ihren Sohn in diesem Zustand vorbeibringe. Ich habe einen Ruf zu verlieren, Fred.” Fred ahnte, dass er keine Wahl hatte, er war ja nicht einmal in Höchstform dazu fähig, seinen Cousin in einem Wortduell zu schlagen, und gerade jetzt war er von seiner Höchstform Lichtjahre entfernt. Hugo sprang von der Couch auf und schleppte zusammen mit seiner Freundin Louis die letzten Meter zu seinem Cousin. „Wir sind dann in ein paar Stunden wieder da. Leslie und ich kaufen unsere Schulsachen.” Das „Vergiss nicht, James anzurufen!”, als sie aus der Tür verschwanden, registrierte Fred kaum. *** Als Louis aufwachte, war er einige Momente lang vollkommen orientierungslos. Er wusste nur, dass ihm das helle Sonnenlicht Kopfschmerzen bereitete. Erst als er seinen Cousin Fred erkannte, der von einem Tisch zum nächsten rannte, um auf irgendwelchen Zeichnungen etwas zu vermerken, verstand er, dass er sich wohl in dessen Wohnung befinden musste. Seitdem Hugo gegangen war, hatte Fred seine Wohnung auf Vordermann gebracht und jetzt erinnerte nichts mehr an das Chaos, dass man nur zwei Stunden zuvor hier vorgefunden hätte. "Morgen", murmelte Fred, während er ein paar Tagespropheten beiseite räumte, um mehr Platz für seine Ausführungen zu schaffen. "Morgen", antwortete Louis und versuchte sich aufzusetzen, doch ein heftiger Schmerz durchzuckte seinen Kopf und ihm wurde schwarz vor Augen. Reflexartig vergrub er sein Gesicht in den Händen und stöhnte. "Fred, hast du-?", begann er. "Im Bad", bemerkte sein Cousin geistesabwesend und jagte zurück in die Küche. Louis tapste schwerfällig durch die Wohnung und versuchte sich fieberhaft zu erinnern, warum er einen solchen Kater hatte. Er musste wirklich viel getrunken haben, denn er konnte sich nicht erinnern, was gestern Nacht geschehen war oder wie er hierher gekommen war. Im Bad fand er sofort die Flasche mit der blauen Flüssigkeit, die auch seine Eltern zuhause aufbewahrten. Er trank einen Schluck und spürte sofort, wie der Druck auf seinem Schädel nachließ. Sekunden später wünschte er sich, es wäre nicht so gewesen. Ohne Kopfweh kehrte die Erinnerung an ihren angestammten Platz zurück. Er erinnerte sich daran, gestern Nachmittag in die Winkelgasse gefloht (^^) zu sein, um Anju zu treffen. Anju... Die ihm gesagt hatte, dass ihre Beziehung keinen Sinn mehr hatte. Er hatte nicht damit gerechnet. Überhaupt nicht. Hatte sie nur angestarrt und gefragt, ob es ein schlechter Witz sei. Fred steckte den Kopf zur Tür hinein und sah ihn fragend an. "Alles klar, kleiner Cousin?" Louis schnitt eine Grimasse. "Lust zu reden?", hakte Fred nach. Louis zuckte mit den Achseln. "Nicht wirklich." "Komm mit. Hilf mir mit den Einladungen", verlangte Fred und lächelte wissend. Widerwillig trottete Louis ihm hinterher und begann, Einladungen zu schreiben. "Ich weiß, wie es dir geht. Lucy und ich reden seit Tagen nicht miteinander", stellte Fred fest, während sie arbeiteten. "Aber ihr habt euch nicht getrennt", gab Louis zurück, "sonst würdest du hier nicht so gemütlich sitzen und deine Wohnung wäre nicht in diesem Zustand." "Keine Ahnung", gab Fred vergnügt zurück, "ich denke nicht darüber nach. Ich arbeite lieber. Ich habe eine Party zu organisieren." Louis schüttelte ungläubig den Kopf. Nur sein Cousin konnte sich dermaßen in ein Event verbeißen. "Wie kann man nach einem Jahr Beziehung plötzlich einfach aufhören?", platzte es plötzlich aus Louis heraus. Fred sah milde überrascht aus. "Wir waren doch so glücklich. Wir haben uns im Urlaub kennen gelernt. Letztes Jahr im August in Südfrankreich. Und letzte Woche an ihrem Geburtstag sind wir doch extra ans Meer gefahren. Wir haben uns am Strand geküsst. Wie am Anfang. Wie um Himmels Willen kommt sie darauf, dass unsere Beziehung keinen Sinn mehr hat?" Wütend klebte Louis ein paar Leuchtsterne auf die Vorderseite, die in unterschiedlichen Sprachen das Wort "Einladung" verkündeten. "Es gab ja wohl überhaupt keine Anzeichen! Verhext noch mal!" Louis schnappte sich einen neuen Bogen Pergament und begann eine weitere Einladung. Dann kam ihm ein schrecklicher Gedanke. "Ich habe alles falsch gemacht." Fred schnaubte. "Ganz sicher nicht, Louis. Du bist nicht derjenige, der diese Beziehung in Stücke geschlagen hat." Louis sah ihn mit großen blauen Augen an. "Woher willst du das wissen? Vielleicht habe ich sie ganz furchtbar behandelt!" Sein Cousin zog eine Augenbraue hoch. "Das glaubst du doch selber nicht, Junge! Das ist nicht deine Schuld, dieses Mädchen ist einfach eine Harpyie." Er schnappte sich Louis´ fertige Einladungen und packte sie in Briefumschläge. Während Louis herauszufinden versuchte, was sein Cousin ihm sagen wollte, machte sich der auf den Weg in die Küche, um etwas Essbares zu finden. Als er wieder zurückkam, hatte er eine Tüte Bonbons bei sich. "Von meinem Dad", erklärte er, "also pass auf. Angeblich sind es Himbeer-Sahne-Bonbons, aber ich bin mir da nicht so sicher. Leider habe ich nichts anderes." Louis zuckte nur mit den Schultern und stopfte sich gleich zwei in den Mund. "Na ja, jedenfalls verdient dich diese ... blöde Hexe nicht. Eines Tages wird sie merken, was für eine bescheuerte Idee es war, dich abzusägen. Aber dann ist sie einsam und alleine mit all ihrem Bedauern und ihren Geheimnissen." Freds Worte wirkten wie Felix Felicis auf Louis. Seine Stimmung besserte sich merklich und er grinste breit. "Danke, Kumpel. Du hast das echt drauf." Fred nickte: "Nur bei meinen eigenen Beziehungen funktioniert das nie." Louis konnte nicht aufhören zu grinsen. "Das wird schon wieder, die kriegt sich schon wieder ein", verkündete er und schlug Fred auf den Rücken. Dann brach er in einen Kicheranfall aus. Bald kugelte er sich auf dem Boden, doch was Fred mehr beunruhigte, waren die rosa-grünen Flecken im Gesicht seines Cousins. "DAD!", rief er aus und griff nach den Bonbons. "Gute-Laune-Drops?" Im selben Moment öffneten Hugo und Leslie, bepackt mit vielen Tüten, die Wohnungstür und strahlten herein. "Hey, das klingt nach einer Menge Spaß, ihr zwei", sagte Leslie, während Hugo bereits bei dem Ausdrucks des Entsetzens in Freds Gesicht lachen musste. Nach einem ausführlichen Gespräch mit George Weasley, einem aufwändigen Zauberverfahren und diversen Lachanfällen allerseits, konnte man Louis wieder unter Muggel lassen. Dennoch aßen sie zuerst gemeinsam ein sehr verspätetes Mittagessen, das Hugo und Leslie sich im Tropfenden Kessle hatten mitgeben lassen, sozusagen als Entschädigung für Freds Mühe. Insgesamt war es ein sehr lustiger Tag, währenddessen jedoch alle Parteien an ihre Zukunft dachten. Doch keiner von ihnen konnte ahnen, was geschehen würde. Louis hatte keine Ahnung, dass er binnen drei Wochen über Anju hinwegkommen würde. Und diesmal mit einem Mädchen, dass ihm in jeder Weise ebenbürtig war. Und wenn er in ein paar Jahren zurücksah, würde er erkennen, wie widersprüchlich Anju gewesen war. Wie sie ihn innerlich zerrissen hatte, ohne dass er es bemerkte. Ihm sagte, dass er gehen sollte, obwohl sie ihn gleichzeitig zurückhielt. Das neue Mädchen an seiner Seite würde nicht so sein. Wenn sie ihn umarmte, würde er Wärme spüren. Und wenn sie ihn küsste, war es ernst gemeint. Fred hatte keine Ahnung, dass seine Beziehung noch lange nicht am Ende war. Ganz im Gegenteil, Lucy und er würden noch einen weiten Weg zusammen gehen. Und Hugo und Leslie hatten keine Ahnung, dass sie eines Tages als Messlatte gelten würden, wie gut ein Paar zusammenpasste. Im Moment machten sich die beiden auch nur Gedanken um das neue Schuljahr. Aber eines stand fest: Keiner von ihnen würde jemals auf diese Art und Weise eine Beziehung in Stücke schlagen. Part 3: Datum: 3. August Uhrzeit: 17:43 Ort: Venedig „Es muss doch hier irgendwo sein”, murmelte James, während er fieberhaft sein Hotelbett durchwühlte, „Mum wird mich umbringen.” Seine Eltern hatten ihm zum Beginn seiner Weltreise ein Muggelhandy gegeben, damit er sie im Notfall schneller kontaktieren konnte, doch da er nicht mal auf seinen eigenen Zauberstab aufpassen konnte, war es eigentlich kein Wunder, dass er es mal wieder verlegt hatte. Nur dieses Mal schien es unauffindbar. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es nicht in seinem Hotelzimmer war, eilte er die Treppen hinunter in den Eingangsbereich. Hier hatte er vor einer halben Stunde noch mit Fred telefoniert, der ihm wieder einmal erklärt hatte, was er bis zur großen Party noch tun musste. Sein bester Freund war offensichtlich der Ansicht, James hätte das Erinnerungsvermögen eines Goldfisches und kontaktierte ihn deshalb konsequent jeden Tag mindestens fünfmal. Seitdem er in Venedig angekommen war, hatte er also drei Eulen, elf Anrufe und 24 kleiner Briefchen auf dem Handy erhalten, von denen er immer noch nicht genau wusste, wie er sie lesen sollte. Aber das würde auch nicht das Problem seien, wenn er sein Handy nicht bald wieder fand. Er stellte sich an die Rezeption und klingelte einmal. Sofort eilte ein braun gebrannter junger Typ hinter die Theke und strahlte ihn an. „Buon giorno!” „Ja, ja, auch buon giorno...”, sagte James, „wurde hier vielleicht ein Handy abgegeben? Ich suche meines nämlich.” Der Hotelangestellte strahlte ihn immer noch an. „Was ist Handy?” James stöhnte. Es war ja klar, dass Zauberer nicht immer wussten, was ein Handy war. „Ein kleiner silberner Kasten. Ich habe ihn verloren. Er klingelt manchmal.” „Ich bin erst kurz hier, ich weiß nicht, wo Fundsachen sind”, erklärte der andere ohne die Miene zu verziehen. Langsam wurde James ungeduldig. „Und wer weiß es?” „Meine Kollege es wissen.” Keiner bewegte sich. James konnte es nicht fassen. „Können Sie dann den bitte holen?” „Aber natürlich. Ich seien gleich wieder da”, sagte sein Gegenüber und verschwand. James ließ seinen Kopf auf die Theke sinken. Das konnte ja heiter werden. So bemerkte er nicht, wie sich eine junge Frau ihm von hinten näherte und ihn schließlich vorsichtig antippte. „Was?”, sagte James, noch immer mit dem Gesicht zum Tisch. „Sie haben ein Handy verloren? Ich habe eins gefunden”, sagte die junge Frau und hielt ihm sein Handy unter die Nase, oder eher neben das Gesicht. James schreckte hoch und schnappte sich sofort sein Handy. „Oh bei Merlin, zum Glück haben Sie es gefunden. Sie sind ein ... Engel.” Vor lauter Erleichterung umarmte er sie, was sie mit einem kleinen, überraschten Quieken quittierte. Als er sie wieder losließ, hatte sich ein leichter Rotschimmer auf ihren Wangen gelegt und sie lächelte ihn verlegen an. Süß, dachte James, doch bevor er sich noch einmal äußern konnte, deutete sie zur Tür und sagte: „Ich muss dann wohl los, meine Freundin wartet auf mich, wir machen eine Tour und die fängt bald an. Irgendwo am Markusplatz und wir müssen wohl laufen...” Als sie bemerkte, dass sie wohl zu viel redete, wurden ihre Wangen noch röter und ihr Lächeln noch verlegener. James fiel ein auf, dass er ihre Augen mochte. Keiner von beiden sagte etwas, James, weil er vollkommen überwältigt war, die Frau, weil sie offensichtlich nicht wusste, was. Dann hauchte sie, „Adieu”, drehte sich um und ging zur Tür. James starrte ihr hinterher, noch immer vollkommen perplex. Er beobachtete, wie ihre braune Haarmähne um die Ecke verschwand, und wusste plötzlich, dass er sie nicht einfach so gehen lassen sollte. Doch bevor er zu einer wilden Verfolgungsjagd ansetzen konnte, hielt ihn ein älterer Herr am Arm zurück. „Hallo? Suchen Sie nach mir?”, fragte er. James sah in seinen Augen und in dem unsicheren Lächeln auf seinen Lippen, dass er wohl schon mehrere Gäste angesprochen hatte und erkannte, dass es sich vermutlich um den Kollegen des unfähigen Rezeptionisten handelte, trug er doch die gleiche Kleidung. James riss sich los, rannte nach draußen und rief über seine Schulter zurück: „Hat sich geklärt. Trotzdem: grazie.” Draußen vor dem Hotel blickte er sich hektisch um. Links oder rechts? Wo war sie nur hingegangen? Was hatte sie gesagt? ... Markusplatz! Da er, im Gegensatz zu seinem Bruder, mit einem sehr guten Orientierungssinn gesegnet war, wandte er sich nach links und jagte die Straße entlang. Er zauberte eine Lücke in die Menschenmenge vor ihm und die Muggel wurden beiseite gedrängt. Lachend scherzten sie über den starken Wind. Als er um die nächste Ecke bog, sah er sie. Ihre braunen Haare wehten im Wind und ihr weißes Sommerkleid umspielte ihre Beine. Er setzte zum Endspurt an und legte eine Hand auf ihre Schulter. Sekunden später erkannte er, dass er das besser nicht getan hätte. Die junge Frau wirbelte herum und schlug ihm ins Gesicht. Während James zurücktaumelte, hörte er ihren erschrockenen Aufschrei. „Bei Merlin, Sie sind es!” Er hob die Hand, um zu zeigen, dass es ihm gut ging. „Das tut mir leid. Das wollte ich nicht. Merlin, wieso erschrecken Sie mich so? Ich dachte, Sie wollten...” Wenn sie sich aufregte, nahm ihr Geplapper einen französischen Akzent auf. „Ist schon gut”, unterbrach James sie, „ist noch alles heil. War ohnehin mehr Überraschung als Ihre Schlagkräftigkeit.” Sie sah ihn ungläubig an. „Und es tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht. Also hatte ich es gewissermaßen verdient”, fügte er hinzu. Die junge Frau lächelte. Wieder ertappte sich James bei dem Gedanken, dass es wirklich zu süß aussah. „Was wollten Sie denn? Haben Sie noch etwas verloren? Dann muss ich Sie enttäuschen, ich habe nichts weiter gefunden.” Ihre Worte erinnerten James an seine eigentliche Idee. „Ich wollte Sie zum Essen einladen, so als Dankeschön.” Ihr Lächeln verrutschte. „Ich glaube nicht-”, setzte sie an, doch James unterbrach sie ein weiteres Mal. „Ich weiß, Sie kennen mich nicht, aber glauben Sie mir, ich gebe garantiert nicht so schnell auf. Da nehme ich lieber noch ein paar Schläge in Kauf.” Sie hob eine perfekt geformte Augenbraue. „Meine Freundin würde Sie jetzt beim Wort nehmen.” Er lachte. „Da Sie aber nicht Ihre Freundin sind, treffen wir uns um neun vor dem Hotel, damit ich Sie in ein schickes Restaurant entführen kann?” Sie nickte und diesmal erreichte ihr Lächeln ihre Augen. „Sehr schön”, sagte James zufrieden, „da wir das geklärt hätten, wie heißen Sie eigentlich?” *** James war nervös. Bereits seit zehn Minuten zappelte er vor dem Eingang des Hotels und wartete auf Joséphine. Er konnte nicht fassen, dass er es war, der nervös war und auf seine Verabredung wartete. Es waren in seinen bisherigen siebzehn Jahren seines Lebens immer die Frauen gewesen, die auf ihn gewartet hatte. Sei es seine Mutter, die darauf wartete, dass er sein Zimmer aufräumte oder eine seiner vielen Verehrerinnen, die darauf warteten, dass er sie ansprach. Doch zum ersten Mal in seinem Leben konnte James Potter nicht aufhören an eine ganz bestimmte Person zu denken. Er hatte nicht einmal den Stadtrundflug auf den Leongreifen genießen können, weil er dauernd an sie dachte. Er wollte wieder sehen, wie das Sonnenlicht auf ihrem Haar glänzte, und so sehr wissen, wie sich ihre Lippen anfühlten, dass er sie in seinen Tagträumen mindestens tausendmal geküsst hatte. Und merkwürdigerweise wollte er ihr unbedingt immer wieder sagen, wie viel sie ihm bedeutete, obwohl er sie nicht einmal richtig kannte. James hatte keine Ahnung, wieso er auf einmal solche Anwandlungen verspürte. „James?” Überrascht, nein eher vollkommen perplex, blickte James auf und sah seiner Cousine Dominique direkt in die himmelblauen Augen. „Mini? Was machst du denn hier?” Doch anstatt ihm zu antworten, wandte sich Dominique an Joséphine, die neben ihr stand und nicht minder verwirrt aussah: „Tu parlerais de lui? Il est le super mignon mec?” Joséphine nickte. „ Connais-tu il?” „Il est mon cousin, tu ne sais pas?” James, der sich von seinem ersten Schreck erholt hatte, sagte: „Mesdames, ich möchte darauf hinweisen, dass ich zwar kein Wort verstehe, aber es durchaus Sinn ergibt, dass du die Freundin bist, Mini. Nach dem, was ich von dir gehört habe.” Dominique riss die Augen auf. „Qu'est-ce-que tu as lui dit?”, verlangte sie von Joséphine zu wissen. Die lächelte unbeholfen. James zwinkerte ihr zu und griff wieder ein: „Nachdem du den ... Verehrer nun kennst, Mini, habe ich deine Erlaubnis mit Joséphine auszugehen?” Dominique sah ihn misstrauisch an, doch dann nickte sie. „Ich behalte dich im Auge, James Potter.” *** „Dominique, mach die Tür auf oder ich sprenge sie weg! Ich mein's ernst!”, schrie James gegen das Holz der Zimmertür und hämmerte noch einmal dagegen. Er zog seinen Zauberstab, als Dominique ihm mit nichts als einem Handtuch bekleidet die Tür öffnete. „Bist du eigentlich irre, Potter?”, fauchte sie. James drängte sich an ihr vorbei. „Wurde auch Zeit, Weasley. Was hast du deiner Cousine von mir erzählt?” Dominique sah ihn verständnislos an. „Was ist dein Problem? Ist das Date nicht nach deinen Vorstellungen verlaufen? Hat dein Potter-Charme versagt?”, spöttelte sie, doch als James darauf nur mit einem Zähneknirschen reagierte, musste sie lachen. So sehr lachen, dass sie sich am liebsten auf dem Boden gekugelt hätte. Stattdessen ging sie sich umziehen. James schnaubte und ließ sich auf ihr Bett fallen. „Eigentlich ist das nicht witzig, Mini. Das macht mich fertig. Wieso tut sie das? Wie tut sie das? Warum frage ich mich die ganze Zeit, wo sie ist und was sie macht? Ob sie alleine ist oder jemand hat, der sie liebt? Manchmal fühlt es sich an, als würde mein Herz überlaufen vor Gefühlen. Was soll ich nur tun?” Noch immer kichernd kam Dominique zurück ins Zimmer und ließ sich neben ihn fallen. „Dich hat's total erwischt, lieber Cousin. Aber ich muss dich enttäuschen, ich habe absolut nichts damit zu tun. Was hast du denn mit ihr gemacht?” „Ach, das Übliche. Ich war mit ihr essen, es gab total leckeres Spargelrisotto...” Dominique knuffte ihn in die Seite. „Woher wusstest du, dass sie Spargel liebt?” „Autsch! War nur so eine Ahnung, naja, jedenfalls hat sie immer nett gelächelt, aber sie war nicht begeistert, und dann bin ich mit ihr auf den Campanile gestiegen.” „Du bist was? Wie bei Merlins Bart bist du denn da rauf gekommen?” James winkte ab. „Unwichtig, Mini. Tatsache ist, dass ich nicht weiß, was ich falsch gemacht habe, und es wirklich dringend wissen muss. Denn als ich versucht habe, sie zu küssen, hat sie gesagt, dass ich zwar ganz nett bin, aber sie nicht dasselbe empfindet! Und heute weicht sie mir schon den ganzen Tag aus!” Seine Stimme klang dermaßen verletzt und entsetzt, dass Dominique wieder kichern musste. James runzelte die Stirn. „Tja, mir gegenüber hat sie nicht wirklich viel erwähnt. Ich glaube, sie mag dich schon, aber irgendwie scheinst du sie noch nicht von deiner Würdigkeit überzeugt zu haben”, sagte Dominique, nachdem sie sich wieder eingekriegt hatte. James stützte sich auf einen Arm und sah auf Dominique herab. „Mini, du musst mir helfen. Sag mir, wie ich ihr Herz gewinnen kann, weil ich absolut keine Ahnung habe. Dieses Mädchen stellt mich vor ein komplettes Rätsel, weil keine meiner Strategien zu funktionieren scheint.” Dominique seufzte. „James, ich werde dir nicht dabei helfen, irgendein Mädchen rumzukriegen, das du dann wieder fallen lässt, und schon gar nicht bei meiner Cousine. Ehrlich gesagt, finde ich es ganz gut, dass du auch mal einen Korb bekommst.” „Ich liebe sie”, sagte James vollkommen ernst. Dominique lachte kurz, bis sie merkte, wie ernst es ihrem Cousin war. „Du bist wahnsinnig, Potter, ehrlich. Wie kann man jemanden lieben, den man nicht kennt? Das ist verletzter Stolz!” James schüttelte vehement den Kopf. „Ich schwöre, das ist es nicht. Ich weiß nicht, wieso ich so empfinde, aber ich schwöre bei allen Quidditchgöttern, dass Joséphine alles ist, was ich will.” Er schien den Tränen nahe und Dominique starrte ihn entsetzt an. „Du meinst das richtig ernst, oder? ... Verdammt noch mal!” Dann hielt sie inne und dachte nach. Schließlich sagte sie: „Wann ist diese Party noch mal?” „Am Abend vom 9., wieso?” „Wir kommen auch dahin und dann kommst du zu ihr und sagst: 'Hallo, suchst du nach mir...?” Part 4: Datum: 9./10. August Uhrzeit: 23:42 Ort: Felsenbucht in Italien „Wir haben es wirklich geschafft”, stellte Hugo zufrieden fest. „Und es ist genauso genial, wie Fred es geplant hatte”, fügte Louis hinzu. „James hat ja auch die perfekte Location gefunden”, stimmte Fred mit ein und sein bester Freund trank zustimmend von seinem Cocktail. Sie befanden sich in einer Felsenbucht am Strand. Tausende Lampions schwebten über ihren Köpfen und ein großes Feuer brannte in der Mitte. Rund herum hatten sich die Partygäste auf Picknickdecken ausgebreitet oder unterhielten sich am Buffet. James' kleine Schwester Lily versuchte noch den besten Musikmix zu zaubern, aber ansonsten war alles bereit. Nur das Geburtstagskind fehlte noch. „Nicht zu fassen, oder?”, murmelte James, so leise, dass nur sein bester Freund ihn hören konnte. „In ein paar Minuten ist unsere Freundin volljährig. Wir sind volljährig. Merlin, ich erinnere mich noch ganz genau an unseren ersten Schultag. Wäre Lena nicht gewesen, wären wir gleich am ersten Tag als Zauberer aufgeflogen.” Fred lächelte, als er in Erinnerungen versank. Für ein kleines Mädchen hatte sie sich wirklich schnell von dem Schock erholt, dass plötzlich alle Federmäppchen auf den Tischen getanzt hatten. „Du hast dein Geschenk?”, fragte er plötzlich ganz besorgt. James sah ihn kopfschüttelnd an. „Das habe ich dir vor drei Sekunden gesagt, ehrlich, Fred.” Der hob abwehrend die Hände. „Ist schon gut. Sag mir lieber, wo deine Angebetete steckt.” „Da vorne, bei Dominique.” James seufzte. „Ist sie nicht wunderbar?” „Ja, ganz hübsch”, antwortete Fred abwesend, in diesem Moment abgelenkt durch das Erscheinen von Lucy. James bemerkte es. „Wir sind schon zwei, ne? Wir sollten hingehen und mit ihnen sprechen.” „Ja, sollten wir”, stellte Fred fest, ohne Lucy aus den Augen zu lassen. In diesem Moment ertönte Leslies Stimme vom Eingang der Bucht. „Sie kommen! Feuerwerk bereit machen!” Während Hugo und Louis die Raketen positionierten, schaute Fred auf seine Armbanduhr. „Sie sind pünktlich.” „Wundert dich das?”, fragte James lachend. „Nach dem,was du mir von der Freundin erzählt hast, plant die genauso gerne wie du.” Fred zählte die Sekunden herunter bis Mitternacht. Im passenden Moment gab er Louis das Zeichen. Und so erschien pünktlich zum Anbruch des neuen Tages, dem 10. August, eine leuchtende und glitzernde 18 am Himmel über dem kleinen Dörfchen. Die Zahl löste sich auf und wurde durch ein „Happy Birthday, Lena!” ersetzt. Und mit einem weiteren Knall verwandelte sich der Schriftzug in eine riesige Sonne, in Anspielung auf die Bedeutung ihres Namens, die kurz zwinkerte und schließlich als Glitzerregen über den Neuankömmlingen niederging. „Alles klar”, rief Fred über die Musik hinweg, „und jetzt das Lied!” Fred war so in seinem Element, dass er nicht merkte, wie einige der Partygäste die Augen verdrehten und ihn belächelten, darunter sein bester Freund. Sie sangen ein Muggel-Geburtstagslied, das Lena einst Fred gezeigt hatte, der es nie vergessen hatte, und deshalb heute eine halbe Stunde eingeübt hatte, dieses Lied zu singen: „Heute kann es regnen, stürmen oder schneien, denn du strahlst ja selber wie der Sonnenschein...” *** Die Party war ein voller Erfolg. All der Stress und die Mühe, die sie in den letzten Wochen gehabt hatten, hatten sich endlich gelohnt. Fred beobachtete strahlend, wie alle Gäste zum Geburtstagskind strömten, um sie zu umarmen und ihr alles Gute zu wünschen. Er würde warten, es hatte Zeit, bis er sein Geschenk überreichen musste. „Woran denkst du eigentlich, wenn du alleine bist?” Er musste den Kopf nicht drehen, um zu wissen, wer da sprach. Er lächelte in sein Eisteeglas und trank einen großen Schluck. Er stellte das Glas ab und zog Lucy in eine Umarmung. „Ich habe dich vermisst”, flüsterte er und spürte, wie sie sich an ihm festhielt. „Es tut mir leid”, setzte Lucy an, doch Fred hatte keine Lust, jetzt Entschuldigungen auszutauschen. „Sei einfach ruhig. Ich komm schon klar”, bat er, doch sie schüttelte den Kopf. „Ich muss das jetzt loswerden, Fred.” Sie befreite sich aus seiner Umarmung und er betrachtete sie von oben bis unten. Sie sah verändert aus. Lucy holte tief Luft und sagte: „Ich habe mir wirklich Gedanken darüber gemacht. Was du gesagt hast. Immer wieder, habe ich darüber nachgedacht. Und dann als ich dich hier stehen sah, so vollkommen zufrieden mit dir selbst und gelöst und frei, da habe ich mich gefragt, wie es sich wohl in deiner Haut anfühlen mag. Wie du dich gerade im Moment fühlst, so ganz alleine, abseits der Menge. Und du sahst so aus, als ginge es dir immer noch gut. Ohne Verkleidung. Ohne Lügen.” Eine einzelne Träne lief über ihre Wange, gefolgt von anderen. Ihre Schultern bebten und Fred wusste, wie schwer ihr das fallen musste. „Das will ich auch, Fred. Aber ich brauche deine Hilfe”, schloss Lucy und konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Fred schloss sie wieder in seine Arme, als Antwort auf ihre ungestellte Frage, mit der festen Absicht, sie nicht so bald wieder loszulassen. *** Louis hielt es einfach nicht mehr aus. Er war umgeben von glücklichen Menschen, Hugo hatte ihm sämtliche alkoholischen Getränke untersagt und er war mit der Gesamtsituation unzufrieden. Auch wenn er bereits einen großen Schritt nach vorne getan hatte, was das Überwinden seiner Beziehung mit Anju anging, so nervte es ihn trotzdem tierisch, wenn er von glücklichen Paaren umgeben war, so stellte er fest. Sogar Lucy und Fred nervten ihn gerade, obwohl er doch gehofft hatte, dass die beiden wieder zueinanderfinden würden. Als Ablenkung blieb ihm nur noch das magische Picknick, das sie für diese Feier organisiert hatten. Er nahm sich also noch einen Teller, füllte ihn mit gebratenen Reisnudeln und wollte sich gerade ein ruhiges, abgelegenes Plätzchen suchen, damit er im Selbstmitleid versinken konnte, als ihm ein Mädchen ins Augen fiel, das auf seiner Picknickdecke saß und ihn lächelnd beobachtete. Er hob eine Augenbraue und sie klopfte neben sich auf die Picknickdecke. Louis sah sich um, ob auch wirklich er damit gemeint war, und folgte dann ihrer Einladung. Ihre Augen leuchteten. Louis war sich nicht sicher, ob es am Schein des Feuers lag oder ihre Augen das immer taten, doch es gefiel ihm. „Die Nudeln sind lecker”, sagte sie. Louis nickte. „Ist mein dritter Teller.” Beide schwiegen, bis sie sagte: „Ich bin Romy, Leslies Schwester, aber das weißt du sicher, Louis.” Er runzelte die Stirn. „Kennen wir uns, Schwester von Leslie?” Sie lachte. „Wir gehen seit fast 6 Jahren auf eine Schule, sehen uns also fast jeden Tag auf den Gängen, aber sonst nicht.” „Oh”, ein wenig peinlich war es schon für Louis, „sorry...” „Kein Problem. Du siehst traurig aus.” Etwas überrascht, dass man es ihm ansah, und dass sie so direkt war, zuckte Louis mit den Schultern. „Ich bin nicht so in Feierlaune.” Das Leuchten in ihren Augen wurde dunkler, stattdessen packte sie seine Hand und zog ihn auf die Beine. „Komm mit. Wir machen einen Spaziergang.” „Wieso?”, fragte Louis verstört, wollte er doch eigentlich nur seine Nudeln essen. „Spaziergänge machen den Kopf frei”, war die schlichte Antwort. Louis wollte weiter protestieren, doch dann erkannte er, dass er vielleicht genau das nötig hatte. Die Vergangenheit einfach ignorieren, seine Erinnerungen für diesen einen Abend verbannen. Sie war(en) es nicht wert, erinnert zu werden. Nur vergessen, kein Mitleid. „Du bist merkwürdig”, befand Louis, als sie zielstrebig die Party verließen. Sie drehte sich um und strahlte ihn an. „Danke! Man sagt, ich bin meiner Patentante ähnlich.” Aus irgendeinem Grund fand sie das super und jetzt wo das Feuer seine Sicht nicht mehr trübte, konnte er auch sehen, dass ihre Augen immer noch leuchteten. *** James beobachtete, wie sein Cousin Louis mit einem Mädchen entfernte. Na klasse, dachte er, sogar Louis hat jetzt ein Mädchen. James nahm einen großen Schluck von seinem Feuerwhisky und schüttelte den Kopf. „James! Der wievielte Feuerwhisky ist das?” Eine empörte Dominique hatte sich zu ihm gesellt. „Hmm, lass mich überlegen...”, grinste James und Dominique schnappte nach Luft. „Nur ein Scherz, Mini, das ist immer noch mein erster.” „Besser so, Potter. Da drüben wartet nämlich unser Zielobjekt.” „Ich bin mir nicht sicher, ob das so eine gute-” „Jetzt geh schon!” Mit diesen Worten schubste in seine Cousine in Richtung Joséphine, die sich gerade mit Scorpius Malfoy unterhielt. James warf Dominique einen verärgerten Blick zu, fand aber, dass er jetzt das Beste aus dieser Situation machen musste. „Entschuldigung, aber ich muss die Dame kurz entführen”, erklärte James und schnappte sich Joséphine, um sie in einen Tanz zu führen. Sie lächelte Scorpius entschuldigend an und sah dann James an. „Was soll das?”, zischte sie, „ich unterhalte mich gerade.” James sah sie unbekümmert an. „Du gehst mir ja sonst die ganze Zeit aus dem Weg. Also habe ich die Gelegenheit genutzt. Außerdem hätte dich Rose wahrscheinlich gemeuchelt, wenn sie euch gesehen hätte.” „Kein weibliches Wesen darf mit Scorpius sprechen? Klingt nicht nach Rose.” „Nicht wenn besagtes weibliches Wesen Veela-Gene hat und zudem wunderschön ist.” Joséphine wurde rot und James lachte leise. „Wieso habe ich nur das Gefühl, dass du nicht genug Komplimente bekommst?” „Was willst du?”, fragte Joséphine unvermittelt, als sie abrupt stehen blieb. „Warum tust du das?” „Darf ich mich jetzt nicht mehr verlieben?” „Aber das tust du nicht, du liebst meine Veela-Gene, eine Illusion, das hast du selbst gesagt.” Ihre Augen waren traurig. James seufzte. „Wenn Madame aufgepasst hätte, wüsste sie, dass ich sagte 'und zudem wunderschön ist'. Ganz abgesehen von deinem Veela-Charme und der damit verbundenen Schönheit, hast du deinen ganz eigenen Zauber, Joséphine. Ich kenne diese Veela-Gene schon mein ganzes Leben lang und dennoch möchte ich Victoire oder Dominique nicht heiraten.” „Aber-, Moment, du willst was?” „Musst du eigentlich immer widersprechen? Du kannst dich nämlich auch täuschen, wenn du beschließt, deine Augen zu verschließen. So zu tun, als könntest du es nicht sehen, wird genauso wehtun, Joséphine. Gib mir, gib uns eine Chance. Ich lie-” Weiter kam er nicht, denn Joséphine küsste ihn. Irgendwo im Hintergrund hörte er Dominique jubeln. *** Es war in den frühen Morgenstunden, die Sonne erhob sich gerade über der Felsenbucht, als sich Lena neben Fred in den Sand fallen ließ. Er legte einen Finger an die Lippen und deutete auf Lucy, die in seinem Arm eingeschlafen war. „Diese Party war ... das war total hart”, stellte Lena fest und konnte nicht aufhören zu grinsen. „Freut mich, dass es dir gefallen hat”, antwortete Fred, „du weißt doch, wenn du glücklich bist, dann bin ich auch glücklich.” „Also nächstes Jahr wieder?” Er schnaubte und sie beide lachten leise. „Zauberer als Freunde zu haben ist ein extremer Vorteil”, sagte sie und strich ihren Pony aus ihrem Gesicht. „So muss ich wenigstens nicht mehr aufräumen.” Fred konnte nicht anders und lehnte sich vorsichtig zu ihr, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Eine Weile saßen sie im weichen Sand und beobachteten die aufgehende Sonne. Sie erhob sich und klopfte etwas Sand von ihrem Kleid. „Ich und die anderen gehen jetzt nach Hause. Wir sehen uns?”, fragte Lena. Fred nickte. „Natürlich. Auf die eine oder andere Weise.” „Na dann, bleibt wohl nichts anderes zu sagen, als: Bis dann und sag den anderen schöne Grüße.” „Mach ich. Und hey?” „Ja?” „Happy Birthday!” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)