Drogensucht - Bis(s) das Leid ein Ende hat von jennalynn (Wenn das Schicksal zuschlägt) ================================================================================ Kapitel 18: Kummer ------------------ Ich melde mich frisch aus den Feiertagen wieder zurück. Ich wünsche euch viel Spaß ******** Edward POV Mehr gab es zu diesem Thema im Moment nicht zu sagen. Die Entscheidung war gefallen. Jeder kannte seine Aufgabe. Auch wenn mir meine imaginäre Magenschmerzen bereitete. Ich wusste nicht, ob ich bereit für das was vor uns lag war. Ich wusste nur…dass ich bereit sein musste. Niemand verschwendete einen Gedanken an dieses…WAS WENN NICHT! Für jeden stand fest, dass es so geschehen wird. Das dieser Weg vorherbestimmt war…für uns alle. Bella würde bleiben…und Bella würde erleben, was Carlisle prophezeit hat…es gab keinen Zweifel. Auch wenn ich mir sicher war, das sie noch nicht fühlte was ich fühle…so musste ich darauf vertrauen, dass es früher oder später so sein wird. Auch sie wird sich gegen dieses undurchsichtige…aber dennoch unzerstörbare Band das uns an den anderen fesselte…nicht zur Wehr setzen können. Sie war mein…so wie ich ihr war! Sie wird lange brauchen um das zu verstehen. Doch trotz Unwissen, wird sie nicht von mir fort gehen können. Jede Faser ihrer selbst wird sie daran hindern. Ich hatte es noch nie erlebt, aber schon dutzende Male gesehen. Eine Verbundenheit die rein seelischer Natur war, war unverwüstlich. Der bloße Gedanke einer Trennung würde ihr seelische Schmerzen bereiten, die sie SO noch nicht erlebt hat…da war ich mir sicher. Jetzt konnte ich daran glauben. Jetzt konnte ich sicher sein, das auch wir in diesem einen Punkt keine Ausnahme waren, trotz dieser verzweifelten Lage in der sie steckte. Ich gebe zu…als ich sie in dieser Gosse sah hatte ich meine Zweifel. Auch als sie hier auf unserem Sofa lag konnte ich nicht glauben, dass sie mich SAH. Jetzt, fünf Stunden…es waren tatsächlich schon fünf Stunden vergangen seit sie eingeschlafen war… später, war das anders. Jetzt wo mein Verstand allmählich die Situation akzeptiert. Jetzt…nach diesem Gespräch und vor allem nach dem Einblick in Jaspers Gedanken. Sie hatte mich GESEHEN…anders als die anderen. Mit vertrauten Augen… Und ich…konnte darauf aufbauen. Ein harter Weg lag vor uns…aber es waren die kleinen Dinge die mir die Kraft gaben ihn mit ihr gemeinsam zu beschreiten. Der Gedanke einer glücklichen Zukunft spornte mich an…ohne Heroin…ohne Kummer…ohne Angst...und ohne Ungewissheit. Das Gefühl…als sie im Wagen in meinen Armen lag war überwältigend. Es war…als wäre ich endlich vollständig. Es fühlte sich neu und doch vertraut an. Ihre weiche Haut, die Wärme die von ihr ausging weckten Bedürfnisse in meinem inneren, die nichts mit dem blutdurstigen Monster zu tun hatten, das gelegentlich in den Vordergrund trat wenn Menschen mir zu nahe kamen. Ich hatte keine Sekunde Angst, sie ausversehen zu verletzen. Ich passte meiner Kraft automatisch ihren zerbrechlichen Körper an. Und so würde es in Zukunft bleiben…Etwas bei dem ich mir sicher sein konnte ohne Sicherheit zu haben. Denn jeder Quadratzentimeter meiner selbst würde mich daran hindern, ihr weh zu tun. Wir waren eins…vom Schicksal bestimmt zusammen zu sein. Zwei Teile eines Ganzen und niemals würde ich eines dieser Teile beschädigen können. Noch mehr Beschädigung würde diesen Teil zerstören. Carlisle hat recht…sie muss verarbeiten…muss sich zurück ins Leben kämpfen…um stark für eine Zukunft zu sein. Und ich wollte alles dafür tun, um ihr diesen Weg so leicht wie möglich zu machen. Ich stand, nachdem kleinere unwichtige Gespräche im Gange waren auf und schritt abermals zum Fenstern. Sah hinaus in den dämmernden Morgen. Wie immer war der Himmel mit dicken, verhangenen Wolken bestückt…es regnete…wie beinahe jeder Tag. Mein Herz schnürte sich zu…wenn ich daran dachte, dass sie Wochen lang…vielleicht sogar Monate lang bei einem solchen Wetter draußen war. Ob sie es immer geschafft hatte Schutz zu finden? Nicht auszudenken, sie saß im strömenden Regen nachts auf einer Parkbank. Vor einem Monat noch war es für Menschen bestialisch kalt draußen…der Winter war stärker als der letzte. Ich schüttelte den Gedanken ab…dort würde ich sie nie wieder hin gehen lassen…nie wieder sollte sie so unwürdig leben müssen. „Wie viel Gramm habt ihr besorgt?“ Ich drehte mich zu meiner Familie, lehnte mich mit dem Rücken gegen die dicke Fensterscheibe und sah wie Carlisle zwischen Emmett und Jazz hin und her. Panzerglas,… was für Vampire verdammt unnötig ist…aber wenn wir über Jahre weg sind, hatten wir es lieber geschützt vor allem und jeden. Ein verlassenes Haus…zog so ziemlich jeden an. So jemanden wie Bella…ich schluckte…ihr hätte ein verlassenes Haus in der Vergangenheit den perfekten Unterschlupf geboten. „Erst einmal nur 2 Gramm…wir wussten ja nicht, was du für Pläne mit ihr hast.“ „Gut…ihr musst nachher noch einmal los und mehr besorgen…wir brauchen einen Vorrat“, er fuhr sich wieder durchs Haar, blickte dann zu mir. Ich nickte…was sollte ich auch anderes tun? Bis sie breit für einen Entzug war, würde viel Zeit vergehen. Und somit…würde noch viel von diesem grässlichen Zeug den Weg in ihren Körper finden. Ich hatte es verstanden. „Und wir, werden nach der Schule Kleidung für sie besorgen“, warf Alice ein und Rosalie nickte zustimmend. „Ich muss Einkaufen…wir brauchen mehr Lebensmittel im Haus.“ Trotz Ernst der Lage, sah ich Esme deutlich die Freude an die sie bei dem Gedanken jemanden bekochen zu können empfand. Ich sah wieder aus dem Fenster…eine Eule starrte mich aus einem der Baumkronen an. Es war ein Wachsammer Blick, den man keinem Tier zutraute. Wir wussten es alle besser. Tiere waren uns in vielerlei Hinsicht näher als Menschen. Sie hatten dieselben animalischen Triebe wie wir, waren uns dennoch alle haushoch unterlegen. Als ich meine Oberlippe leicht nach oben rollte um ihr meine Zähne zu präsentieren, floh sie mit einem Aufschrei und verschwand im Wald. „Ich geh Jagen“, sagte Jasper plötzlich und erhob sich. Sofort schrillten meine Alarmglocken und keuchend drehte ich mich um. Doch er winkte lächelnd ab und beruhigte mich auf seine Art,…eine Welle Gelassenheit schlug auf mich ein, die mich binnen einer Sekunde von meinen Sorgen löste. „Du musst auch mir vertrauen Edward…ich werde keine Gefahr für sie darstellen“, sprach er voller Überzeugung. „Woher kannst du dir da so sicher sein?“ „Ihr Blut…es betört mich nicht.“ „Natürlich nicht…es ist verdreckt…aber irgendwann, wird es das nicht mehr sein“, so wünschte ich es mir jedenfalls. „Dann werde ich mich längst daran gewöhnt haben…“, er seufzte. „…und Alice wird es sehen und ihr werdet handeln können…falls dem nicht so ist. Aber…denkst du wirklich, ich würde dir das nehmen was alles für dich bedeutet?“ „Du wirst es nicht steuern können“, er schüttelte den Kopf und kam auf mich zu. „Ich lebe nicht erst seit gestern bei euch und mit eurer außergewöhnlichen Ernährung. Ich gehe zur Schule Edward, bin ständig unter Menschen…was ist los mit dir? Sonst hast du wesentlich mehr Vertrauen in mir…mehr als selbst meine Frau mir zuteil kommen lässt.“ Alice senkte beschämt den Blick und zauberte mir damit ein Lächeln ins Gesicht. Er hatte ja recht…sein Verlangen nach menschlichen Blut war deutlich weniger geworden. Aber wir wussten beide, das es noch immer schwer für ihn war und das…wenn er frisches Blut witterte, das Monster die überhand gewann. „Sie wird beinahe täglich bluten“, sprach ich meinen nächsten Gedanken aus. „Hattest du vorhin als Carlisle ihr den Druck setzte das Gefühl, ich würde mich auf sie stürzen?“ Ich schüttelte den Kopf und er klopfte mir auf die Schultern. „Ich habe es im Griff, Edward…glaub mir!“ „Ich werde das beobachten“, murmelte ich und er lachte. „Tu was du nicht lassen kannst…ich bin dann weg.“ „Warte…ich komm mit. Hinterher besorgen wir mehr von diesem Mist.“ Rief Emmett aus, gab seiner Rosalie einen verdammt lauten Schmatzer und hechtete hinter Jasper hinterher, der bereits an der Eingangstür war. Ich beobachtete aus dem Fenster, wie sie zwischen den Bäumen verschwanden, ehe ich mich losriss und mich zu dem Rest meiner Familie gesellte. Ich saß keine 10 Minuten, als ein leises Schniefen, ein unregelmäßiges Atmen und ein lauter Schluchzer meiner Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Noch ehe ich darüber nachdachte, sprang ich auf, rannte, wollte gerade die paar Stufen in den ersten Stock beschreiten, als Carlisle mich plötzlich von hinten am Arm packte. „Lass sie Edward“, sagte er so energisch das ich ergeben die Schultern hängen ließ. „Ich denk…ich soll für sie da sein…jetzt hinderst du mich daran.“ „Das war heute verdammt viel für sie. Gib ihr Zeit allein, um alles zu ordnen…lass sie weinen. Weinen hilft um Kummer zu besiegen…es wird Zeit das sie weint…sie hat es sicher lange nicht mehr getan. Mach nicht den Fehler alles zu überstürzen…lass sie auf dich zukommen.“ Es zerriss mir das Herz, als Carlisle mich bestimmt am Arm zurück ins Wohnzimmer zog. Wie sollte ich diese Zeit überstehen…wenn ich sie nicht mal weinen hören konnte? Bella POV Es schmerzte so sehr… Der unbändige Hass in mir fühlte sich an wie ein todbringendes Krebsgeschwür und es war, als würde es ständig in mir wachsen um mich irgendwann zu zerreißen. Ich hatte ihn vergessen. Nein…nicht vergessen aber…MEIN GOTT JACOB! Der Traum gerade eben, schickte mich radikal zurück in die Realität. Alpträume…sie waren keine Seltenheit in meinem Leben. Ständig überfielen sie mich mitten im Schlaf. Es war deutlich besser geworden durchs Heroin aber…dennoch waren sie da. Aber jetzt, war es ein ganz neuer. Einer, der mich nun auch zu erdrücken versuchte. Würde mich mein Unterbewusstsein nun jede Nacht sehen lassen wie die letzte wichtige Person in meinem Leben im nichts verschwand? Würde ich nun jede Nacht versuchen wollen zu ihm zu kommen, mich aber nicht bewegen können, während er immer durchsichtiger wird…bis er gar nicht mehr da ist? Ich weinte schon als ich erwachte…auch das war häufiger der Fall. Ruckartig setzte ich mich auf, stützte mein Gesicht in den Handflächen und weinte das erste Mal um meinen Freund. Das erste Mal mit vollem Bewusstsein. Selbst diese Lücke, konnte das Heroin nicht schließen. Würde es niemals schließen können. Wie konnte ich ihn nur alleine lassen? Ich hätte bei ihm bleiben sollen…so wie er immer bei mir…uns war! Seid Jacob in unser Leben getreten ist, hat er versucht uns vor allem und jeden zu beschützen. Egal welche Konsequenzen es für ihn bedeutete…nur wir waren wichtig in seinen Augen. Und ICH…was mach ich? Ich laufe weg…weg wie schon einmal, um alles was ich liebe zu verlassen. Aber was hätte ich tun sollen? Gegen seinen Willen bei ihm bleiben? Er hätte es sich niemals verziehen, wenn sie auch mich geschnappt hätten. Und ich wollte keine Schuldgefühle in seinen Augen sehen…wollte nicht sehen, wie er sich unnötig selbst foltert. Zusammen wären wir nicht geblieben…sie hätten uns unbarmherzig auseinander gerissen. Auch wenn ich mich anders entschieden hätte…wir hätten uns verloren…für immer. Aber so…wurde wenigstens sein Gewissen erleichtert…wenigstens seins! Das war ich ihm schuldig… Mein Gewissen jedoch, plagte mich…denn JAKE hätte mich niemals allein gelassen…NIEMALS! Er…war IMMER da…und jetzt…jetzt ist er nicht mehr da. Ich würde von einem Heulkrampf geschüttelt. Ich ertrug den Gedanken nicht…auch nur einen Tag ohne ihn zu sein. Er war im letzten Jahr alles für mich geworden. Nach Leahs Tod…der Mittelpunkt meiner Welt. Und die Ungewissheit über ihn machte mich fertig. Es macht mich so fertig nicht zu wissen WO er ist, WIE es ihm geht…OB wir uns jemals wiedersehen. Er war so schwach geworden…was wenn er… Ich erstickte einen Schrei ins Kissen. Vergrub mein Gesicht in dieses und gab mich meiner Schwäche hin. Ich verzehrte mich nach einem Druck…fand es aber falsch, weil ich verdient hatte zu leiden und…weil mich diese Familie nicht so sehen sollte. Also war ich machtlos mich gegen die Erinnerung zu wehren, die mich plötzlich einholte. Flashback „Schläft er?“ Ich nickte meiner Freundin zu, die auf beiden Armen nach hinten gestützt im Gras saß und das Gesicht in die selten scheinende Sonne streckte. Seufzend setzte ich mich zu ihr. „Sein Auge sieht jetzt schon aus wie eine überreife Tomate. Morgen wird es in allen Farben leuchten…ob er es aufbekommt mag ich bezweifeln. Ich glaub seine Rippen haben auch was abbekommen…hoffentlich sind sie nicht gebrochen.“ Sie hob den Kopf, setzte sich aufrecht hin und fuhr sich übers Gesicht. Die Sonne hinterließ ein unglaubliches Farbenspiel in ihrem pechschwarzen Haar. Es war faszinierend mit anzusehen. „Verdammter Esel…was muss er uns auch immer beschützen wollen.“ Ich zuckte die Schultern, lächelte allerdings wie sie selbst. Es war ein beruhigender Gedanke beschützt zu werden, auch wenn Jake seine Aufgabe,… die er sich selbst auferlegt hat… hin und wieder zu ernst nahm. „Sie hätten ihn umgebracht…“, ich hatte mit den Tränen zu kämpfen. Das Bild, von vor einer Stunde spielte sich in Dauerschleife in meinem Gehirn ab. Fünf Halbstarke kamen die…wegen Sonnenschein… menschenüberfüllte Straße entlang. Wir konnten ihr Gegröle schon von weitem hören. Einige ältere Leute reagierten sofort richtig, in dem sie mitten in der Bewegung kehrt machten. Uns jedoch beeindruckte die ganze scheiße nicht im Geringsten…ein Fehler, wie sich schon bald herausstellte. Es waren Affen…nicht mehr und nicht weniger, die Spaß daran hatten andere Leute anzupöbeln. Ein wahrlich unreifes Verhalten für jemanden der so erwachsen spielen wollte. Mit einem Augenrollen, schüttelten Leah und ich synchron die Köpfe, legten besagte zurück an die Hauswand und warteten auf Jake, der nur mal eben um die Ecke pissen wollte. Wir waren kurz davor unsere Zelte in dieser Straße abzubauen…wobei sich Zelte einzig und allein auf einem Pappbecher beschränkte, den wir irgendwo im Müll gefunden hatten und den Krempel, den wir immer dabei hatten. Alles hing von Jakes Blase ab, dann wollten wir weiter in den Stadtpark. Wir hatten ausreichend zusammengeschnorrt um uns mit einem Dealer zu treffen…Leah und ich teilten uns noch immer ein Viertel Gramm pro Druck und somit, brauchten wir täglich nicht Unmengen an Geld. Jake mit seinem Viertel allein, sprengte die Kasse damit schon um einiges mehr. Aber Okay…er drückte ja auch schon ein Jahr. Eigentlich wollten auch wir mehr, hielten uns aber zurück. Eigentlich nur wegen Jacob…es war noch immer wütend auf uns. Wobei sich auch hier die Wut, mehr auf ihn selbst konzentrierte. Er war der festen Überzeugung versagt zu haben…was wir beide nicht ganz verstehen konnten, immerhin war es unsere Entscheidung mit dem scheiß anzufangen. Zwar hatten wir einen seiner schwachen Momente genutzt aber…daran konnte er auch nichts ändern. Und obwohl wir schon einige Wochen drückten, hatten wir nicht das Gefühl falsch gehandelt zu haben. Ich war irgendwie auch froh darüber. Weil nun auch wir beide drückten, blieb weniger für Jacob übrig. Was bedeutet, er konnte seine Dosis nicht so erhöhen, wie er es wollte. Denn auch wenn er es nie zugeben würde, wollte auch er schon lange mehr. Viel mehr…ein Jahr abhängig und noch immer reicht das Geld nicht aus um ihn mehr als ein Viertel Gramm pro Druck zu liefern. Dabei müsste er mit einem Jahr schon gut 0,40 Gramm verdrücken um vollkommen befriedigt zu sein. Jetzt mit unserem Heroinverschleiß zusätzlich wird es noch schwerer für ihn sein, sein Ziel zu erreichen. Ich müsste mich eigentlich für den Gedanken schämen, es gut zu finden das er nicht erhöhen kann…weil es schrecklich für ihn sein muss, aber so wird er länger gesund bleiben und das ist…was ich vom ganzen Herzen will. Er und Leah…sie haben Besseres verdient als diesen scheiß. Es musste verdammt qualvoll sein, mehr zu wollen aber nicht bekommen zu können. Bei mir hält sich das Verlangen nach mehr noch in Grenzen. Aber ich war mir sicher, bald ganz genau spüren zu können, wie Jake sich fühlt. Irgendwann würden wir alle mehr brauchen. Und sicher, würden wir niemals so erhöhen können wie es uns beliebt… Die Typen kamen genau vor uns zum Stehen und sahen überlegen auf uns hinunter. Ich war zu gelassen um mir ernsthaft Sorgen zu machen. Vor zwei Stunden hatten wir das letzte Mal gedrückt, die Wirkung war noch immer bombastisch…alles war mir scheiß egal. Auch Leah weckte nicht den Anschein eingeschüchtert zu sein. So kam es auch, dass sie Seelig ihre erst kürzlich geklaute Schachtel Kippen aus der Jackentasche zog und sich genüsslich eine ansteckte, ehe sie mir die Schachtel reichte. Wahrscheinlich sahen diese Affen das als Provokation an, denn binnen einer Sekunde, flog unser Pappbecher durch die Gegend, verfehlte nur haarscharf jemand anderem am Hinterkopf und verschwand aus unserem Sichtfeld. Gott sei Dank, hatte ich bereits das Kleingeld in meine Tasche geschüttet. „Hirnlose Arschlöcher…geht’s euch gut oder was?“ Fuhr Leah die Typen an. Sie hatte von Natur aus eine ziemlich dunkle Stimme, die sich gerade im wütenden Zustand verdammt beängstigend anhören konnte. Doch es war nicht klug durchdacht von ihr, denn noch immer hatte sich die Anzahl dieser Affen nicht vermindert und unsere leider auch nicht verfünffacht. Demzufolge saßen wir nach Leahs Ausbruch gehörig in der Klemme, denn darauf hoffen, dass sie uns in Ruhe lassen würden nur weil wir Mädchen waren konnten wir nicht. Nicht bei halben Männern, die irgendwo zwischen dem Zwölften und Dreizenten Lebensjahr in der Entwicklung stehengeblieben waren. „Abschaum…ihr habt hier nichts zu suchen“, bekamen wir auch sofort Kontra. Denn obwohl sie nicht die Hellsten waren, ahnten sie sehr genug was wir waren. Fixerinnen…Kinder sah man in uns schon lange nicht mehr. Obwohl Leah gerade erst fünftzehn geworden und ich noch immer dreizehn war. Der eine packte mich unsanft am Arm und zog mich auf die Beine, während Leah einem anderen, der ebenfalls nach ihr greifen wollte eine ordentliche Ohrfeige verpasste. Da ich mir unsere Chance gleich recht niedrig einstufte, versuchte ich erst gar nicht mich zu wehren. Die Passanten wurden auf uns aufmerksam, kümmerten sich aber…wie nicht anders zu erwarten…einen scheiß um uns. Sie wollten nur schnell aus der Schusslinie verschwinden. Die Typen lachten…bis auf der, der sich die gerötete Wange hielt und hatten bereits diesen siegreichen Funken in den Augen…als sie auch Leah endlich gebändigt hatten und diese sich nun ebenfalls im Griff von zweien wiederfand…dabei aber unentwegt Flüche von sich gab. So war das schon immer…ich war eher ruhig und überblickte erst einmal die Situation…sie allerdings wurde zur Furie. Lange hingen wir allerdings nicht an ihnen fest, denn unser Retter bahnte sich bereits einen Weg durch die Menge und sein Gesichtsausdrück, hätte sogar einen hartgesottener Auftragskiller zum Schlucken gebracht. Der mich am Arm hatte, wurde durch einen genialen Fausthieb von den Füßen gerissen. Jake bewahrte mich vor einem Sturz in dem er mir einen Arm um die Hüfte schlang. Die anderen, waren von seinem plötzlichen Auftreten so erschrocken, dass selbst Leah losgelassen wurde. Die kam mit einem verächtlichen schnauben die paar Schritte zu mir und nahm meine Hand. Jake schob uns bestimmt hinter sich. Doch ehe er sich…so blöd er halt manchmal ist…auf alle fünf gleichzeitig stürzte, zischte er und ein… „Euch kann man keine fünf Minuten alleine lassen“, zu. Wir wollten ihn noch aufhalten, doch da war es schon zu spät. Er wandte sich mit einem „Scheißkerle“, an die noch immer überrumpelten Affen und schickte gleich drauf den nächsten zu Boden. Das löste sie dann jedoch aus ihrer Starre und auch in ihnen erwachte der Kämpfergeist. Etwas Derartiges ließen sie sich natürlich nicht bieten. Also gingen sie auf Jacob los. Als ich sah, wie er den ersten Tritt in den Magen abbekam brach ich sofort in Tränen aus. Leah brüllte derweil munter weiter, tätschelte mir aber tröstend die Schulter. Es benötigte einen Blick und wir waren entschlossen den Typen die Gesichter zu zerkratzen. Allerdings hatte Jake uns in den paar Monaten schon ziemlich gut einschätzen gelernt und somit warf er uns einen Blick zu, der uns genau dort stehen lassen ließ, wo er uns verfrachtet hatte. Niemals würde er es zulassen, dass wir uns in so große Gefahr begaben. Schaulustige hatten sich versammelt. Teils mit besorgten…teils mit erfreuten Gesichtern. Jake lieferte sich mit diesen Scheißkerlen einen wirklich guten Kampf. Er war allein…aber es hatte nicht den Anschein, dass dies ein Nachteil für ihn war…anfangs nicht. Er hatte einen bereits komplett aus dem Geschehen geknockt, musste aber selbst ziemlich einstecken. Leah neben mir wurde immer ruhiger und ein Seitenblick zu ihr offenbarte ebenfalls Tränen, die ihr Gesicht fluteten. ICH HASSTE ES…sie weinen und Jake…SO zu sehen. Ich wollte…nein wir wollten ihm helfen. Doch immer wieder sah er zu uns um sich zu vergewissern, dass wir uns auch brav raushielten. Warum ist er nicht einfach mit uns weggelaufen? Ehe diese Dreckssäcke das geschnallt hätten, wären wir schon längst auf und davon. Aber jaja ich weiß schon…niemand fasst seine Mädchen an! Es dauerte nicht lange und Jake war definitiv im Nachteil. Sie sahen alle ziemlich ramponiert aus, aber Jake war am schlimmsten dran. Den die Typen waren auch nicht von schlechten Eltern, alle groß und breit…wie Jake…aber sie waren eben zu fünft…okay…viert. Ich weinte bereits ganze Stauseen, schrie immer wieder das sie aufhören sollten, aber das taten sie nicht…sie taten es erst, als Polizeisirenen zu hören waren. Mir rutschte das Herz spontan in die Kniekehlen, panisch sah ich mich um. Da aber niemand Lust hatte einzufahren, sprangen sie auseinander, als hätten sie sich an irgendetwas verbrannt und türmten…den fünften, ließen sie einfach liegen…feine Kameradschaft! Jake tat es ihnen laut schnaufend gleich, packte uns beide an der Hand und zog uns mit sich. Jemand musste also doch die Polizei gerufen haben…egal wer es war, ich war ihm dankbar. Und jetzt lag er friedlich schlafend auf der Matratze…nachdem ich ihn notdürftig verarztet und er sich gegen die Schmerzen einen kleinen Druck verpasst hatte. Es sah glücklicherweise ernster aus als es war. Ein paar Abschürfungen, ein paar blaue Flecke, eine aufgeplatzte Lippe, ein zermatschtes Auge…nur seine Rippen machten mir Sorge. „Er würde uns mit seinem Leben beschützen“, hauchte Leah leise. „Genau davor hab ich Angst…“, flüsterte ich zurück. „Weißt du noch damals…als wir die erste Woche auf der Straße waren und dachten allein der Angst wegen, bald zu krepieren…Wir haben uns irgendwie zusammengerissen um zu überleben…doch die Angst steckte tief in unseren Knochen, obwohl wir uns von außen nichts mehr haben ansehen lassen und somit nicht mehr so verletzlich wirkten?“ Ich nickte…und sie lächelte. „Ich habe keine Angst mehr…seid wir bei Jacob sind, hab ich das Gefühl allen uns jeden überlegen zu sein.“ Ich wusste was sie meinte. Damals mussten wir uns täglich bei jemand anderen behaupten. Leah war äußerlich immer stärker als ich…doch der Anschein trog. Nur ich wusste, dass sie genauso viel Angst hatte wie ich. Sie konnte es nur besser verstecken. Trotzdem war alles besser, als dieses Drecksloch in dem wir bis zu unserer Flucht feststeckten. Aber jetzt…mit Jake an unserer Seite, hatten wir nichts mehr zu befürchten. „Ohne ihn…wären wir verloren gewesen“, sagte ich vollkommen überzeugt und sie stimmte mir nickend zu. „Und ich ohne euch…“, erklang plötzlich die raue Stimme unseres Helden hinter uns. Wir drehten uns nicht um, lächelten aber glücklich vor uns hin, als er sich direkt zwischen uns setzte. Dabei aber sauber darauf bedacht war, den Klagelaut nicht nach draußen zu lassen, nur damit wir uns keine Sorgen um ihn machen. Flashback Ende Ich sah aus dieser riesigen Glasfront, beobachtete die dicken Wassertropfen die sich ihren Weg über die Scheibe bahnten und wischte mir die Tränen weg. Wir waren so glücklich gewesen zu dieser Zeit. Wir hatten Jacobs Leben in gleichermaßen bereichert, wie er unseres. Natürlich hatten wir es nicht immer leicht. Es gab mehr beschissene Tage wie gute. Aber wir hatten immer UNS und nur das war wichtig. Egal wie wenig Geld zusammen kam, egal wie Deprie man sich fühlte…egal, welche Gedanken einen einholten…man war nie allein. Wir wollten bis zum Schluss zusammen sein. Und was kam dabei heraus? Leah starb…in einer stinkigen Gasse, umgeben von Hundescheiße und Müll und Jacob…war irgendwo, wo er nicht hingehörte. Und ich…saß in diesem riesigen Bett, welches mir genauso fremd wie diese Familie war. Meinen Glauben an die Menschheit und an Gott, hatte ich schon lange verloren…jetzt war ich dabei mich selbst zu verlieren. Was war richtig? Was falsch? War es richtig die Gastfreundschaft dieser Familie schamlos auszunutzen…wo etwas derartiges keinen meiner Freunde gegönnt sein sollte? Ich wusste, sie würde wollen dass es mir gut geht. Aber so…ich wollte gehen…konnte jedoch nicht. Ich wollte mich in meinem Leid suhlen und elendig dort krepieren wo ich hingehöre. Auf die Straße! Ich gehöre nicht in diese Welt. Aber wo war mein Platz? Wo gehöre ich hin? Würde Jacob mich hier sehen, würde er schelmisch grinsen und mir ein triumphierendes „Ich hab dir doch gesagt, dass du besseres finden wirst“, an den Kopf knallen. Dann würde er mir spielerisch in die Seite knuffen und mich anschließend fest in den Arm nehmen. Ich lächelte bei diesem Gedanken, obwohl meine Sicht sofort verschleierte. Er wird fehlen…immer! War das hier die Chance für mich, die ER sich immer für mich gewünscht hat? War ich deswegen machtlos dieses Haus zu verlassen? Jakes Wille? Es klang so absurd…und doch war es die einzige Erklärung die mir im Moment einfallen wollte. Fakt ist…ich war allein! Fakt ist…ich bin ein Junkie und würde hier ausreichend mit Dope versorgt werden! Und Fakt ist auch…ich wusste nicht, wohin ich sonst gehen sollte! Mit einem letzten Blick aus dem Fenster, rappelte ich mich auf und lief ins Bad. Ein neues Leben begann…und ich war nicht bereit dafür. ********* Ich wünsch euch allen falls wir uns nicht mehr hören…einen guten Rutsch ins neue Jahr. GGLG Alex Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)