Memoiren eines Piratenkapitäns von Jofu (Geburtstagsgeschenk für Mink !) ================================================================================ Kapitel 2: Aberglaube --------------------- "PRESSEN! PRESSEN!" Der Arzt drückte ihre Schenkel noch ein Stück weit auseinander und Geneviéve schrie erneut auf, das Kind schien sie innerlich zu zerreißen. Gehetzt huschte ihr Blick zur Tür, doch sie blieb verschlossen. Robert war nicht gekommen. "Ja gut so. Weiter!" Tränen liefen über ihre Wangen, ehe die nächste Wehe ihr wieder den Verstand raubte. David versuchte ihre Hand zu halten, doch sie entzog sie ihm stets aufs Neue. So wie es seit ihrer Ankunft in seinem Haus war. Das es nicht sein Kind sein würde, wusste er. Und dennoch hoffte er, dass Geneviéve ihn eines Tages lieben lernen könnte. Trotz seines Alters. Sie war eine der schönsten Frauen die er kannte und oft hatte er sie beobachtet, wenn sie unten am Fluss mit den anderen Frauen die Wäsche gewaschen hatte. Er hatte sich vorgestellt wie es wäre sie zu berühren, durch ihre hellen Haare zu streicheln, ihre weiche Haut zu liebkosen und nachts mir ihr im Bett zu liegen. Und als der Herr dann zu ihm gekommen war, um sie ihm zu versprechen, hatte er nicht lange gezögert. Vermutlich war der Lord selbst der Vater dieses Kindes. Bastarde wie dieses gab es viele auf der Welt. Das Mädchen schrie erneut aus Leibeskräften, sie sah nicht gut aus und hatte viel Blut verloren. David konnte es in den Augen des Arztes sehen, er war besorgt. Sie durfte nicht sterben, nicht sie! Entschlossen nahm er wieder ihre Hand in seine. Ihr blick zur Tür war ihm nicht entgangen. "Er wird nicht kommen, Geneviéve. Kämpfe. Gleich hast du es geschaft!" "Robert?" Antonella blickte ungehalten von ihrem Stuhl auf der anderen Seite des Tisches auf. "Robert!" Erst jetzt schien ihr Gemahl aus seinen Gedanken aufzuschrecken. "Ma Cherí?" Ihre Augen wurden schmal bei diesen Worten. Sie wusste, dass er schon längst das Interesse an ihr verloren hatte. Und auch bei wem seine Gedanken waren. "Robert" tadelte sie in dieser Kindlich trotzigen Art, auf die er schon als junger Mann hereingefallen war, doch nun kannten sie sich lange genug, dass er wusste wie kalt ihr Herz in Wirklichkeit war. "Ich sagte gerade wie ausgezeichnet die Köchin die Gans heute angerichtet hat. Ist dir aufgefallen wie still sie heute war, fast schon eine Wohltat!" Ein zartes Lachen folgte und Robert kämpfte sich ein Schmunzeln ab. Er wäre jetzt viel lieber bei Geneviéve gewesen, sie brauchte ihn und er saß hier und versuchte seine Gemahlin bei Laune zu halten. "Vielleicht ist ihr ja etwas auf den Magen geschlagen." Ein Fehler, schoss es ihm durch den Kopf als er das Funkeln in ihren Augen sah. War er also wieder auf ihr Spiel hereingefallen. Denn scheinbar wusste sie etwas und der lauernde Blick mit dem sie ihn nun musterte war kühl und gefährlich. "Du weißt es noch nicht?" Was wusste er noch nicht? Robert runzelte die Stirn. "Was meinst du? " Er hasste diesen Unsinn und allmählich verlor er die Geduld. "Ihre Tochter ist heute gestorben, bei der Geburt ihres Balges." Es bereitete ihr Genugtuung zu sehen wie bleich ihr Gemahl wurde. Genießend nahm sie noch einen Schluck Wein. "Sie soll geschrien haben wie ein Schwein." Robert sprang auf. Und Antonella donnerte den Krug auf den Tisch, das der Wein herausschwappte. "SETZ dich, Robert." Ihre Stimme war mit einem Mal gar nicht mehr liebreizend, sondern schrill und schneidend. "Hast du geglaubt, dass ich blind wäre und nicht mitbekommen würde wie du herumhurst und unseren Dienstmägden hinterhersteigst? Glaub nicht das ich mir das noch länger bieten lassen würde. Du hast diesen Posten hier nur durch meinen Vater erhalten. Diese kleine Hure hat es nicht anders verdient." Lord Surcouf zögerte noch einen Moment. Natürlich war seine Stellung ungewiss gewesen, aber mittlerweile fürchtete er nicht mehr ihren Vater, es war schließlich nicht so als wenn er hier in seinem eigenen Haus nichts zu sagen hatte. "Was ist mit dem Kind?" Seine Stimme klang gefasst, dabei pochte sein Herz in seiner Brust als wollte es dort zerspringen. Geneviéve sollte tot sein? Ein Gedanke, den er noch nicht zu ertragen wusste und die Sticheleien seiner Frau waren gerade nebensächlich, er musste zu ihr. Antonella zuckte die Schultern. "Eine Missgeburt, ungewiss ob de la Vivo es nicht schon ertränkt hat." Sie hatte noch nicht ganz zuendergesprochen als Robert sich schon auf den Weg zur Tür machte. Hinter sich hörte er seine Frau aufspringen. "ROBERT!" Noch einmal hielt er inne. "Ich habe keine Angst vor deinem Vater, Cheríe." Die Herrin war noch immer eine schöne Frau, mit ihren ebenholzfarbenen Haaren und den stechend blauen Augen, früher hatte sie viele Verehrer gehabt. Doch nur einer hatte ihr Herz damals berühren können und das war ein junger Lord gewesen aus St. Malo gewesen. Jetzt hatten sie sich beide verändert, hatten nicht das ineinander gefunden was sie damals geglaubt hatten zu sehen. Vielleicht waren die Erwartungen auch zu hoch gewesen, oder sie hatten sich zu schnell mit dem Gegenwärtigen abgefunden. "Was willst du tun? Sie ist tot, Robert. Du hast sie zuerst geschwängert und sie dann diesem Perversen zum Spielen gegeben und nun ist sie gestorben, weil sie deinen Bastard zur Welt gebracht hat. Er hat schneeweiße Haare, wie ein Greis. Die Leute reden bereits, sie sagen das Kind sei verzaubert, verflucht. Aus einer inzestuösen Beziehung entsprungen. Eine Strafe Gottes. Es mag nur ein Aberglaube sein, aber dennoch wird man Fragen stellen. Es ist besser er ersäuft es und..." "Schweig!" Er viel ihr barsch ins Wort. "Ich will von diesem Unsinn nichts mehr hören, du hörst dich schon an wie diese Waschweiber unten am Fluss. Oh ja, dir würde es gefallen wenn sie es erschlagen. Glaubst du, dass dann niemand mehr darüber reden würde was passiert ist, wo es herkam? Du widerst mich an." - "Glaub nicht das du jetzt einfach gehen kannst, du wirst bleiben, Robert. Hast du gehört! Gehst du jetzt brauchst du nicht wiederzukommen in dieses Haus!" Damit ging er und lies sie alleine in ihrer Wut, selbst durch die geschlossene Tür konnte er noch ihr Gezeter hören. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)