Wild Beasts von jakey-lynn (Träume nicht dein Leben, leb' deinen Traum! - Für die Freiheit lohnt es sich zu kämpfen!) ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 4 - That's the Way my Heart goes oder Herzgeflüster Teil 3 ----------------------------------------------------------------------------- Kapitel 4 - That's the Way my Heart goes oder Herzgeflüster Teil 3 Als der junge Mann aus dem Bad herauskam, geisterten ihm noch immer allerhand Gedanken im Kopf herum. Sie einfach abzustellen, hatte überhaupt nicht geklappt. Die Dusche hatte ihn gar nicht entspannt und ihm zu einem klareren Verstand verholfen. Im Gegenteil! Jetzt machte er sich nur noch mehr Grübeleien, als vorher! Er verfluchte gerade seinen kleinen Bruder, der ihm so ein bescheuertes Wort an den Kopf gepfeffert hatte, das ihm diesen ganzen Ärger erst eingebrockt hatte! Apropos, kochte der etwa Essen? Kurz abgelenkt blieb der 21-Jährige stehen, um anhand des Geruchs zu erkennen, was sein jüngerer Quälgeist so fabrizierte. Allerdings holte ihn meine Stimme zurück in die Realität, ehe er wahrnehmen konnte, was es zu essen geben würde. Hatte er gerade richtig gehört? Ich wollte von Ruffy wissen, was Liebe war? Neugierig geworden blieb er mitten im Gang stehen. Ihm war es gerade egal, ob er noch nass und nur mit Handtuch bekleidet dort stand. Ihn interessierte es brennend, was sein kleiner Bruder dazu sagen würde. „W-wieso willst du das ausgerechnet von mir wissen?“ „Ich hätte nur gerne gewusst, wie sich das anfühlt und wie es dazu kommt.“ „Kennst du das denn nicht?“ „Nein.“ Also hatte er Recht gehabt. Ich wusste wirklich nicht, was Liebe war. Ohne, das er es wollte, geschweige denn verhindern konnte, keimte Hoffnung in ihm auf. Oh, er verfluchte sich dafür, dass er hier lauschte! Das gehörte sich nicht! Vor allem nicht als Arzt! „A-aber wieso kommst du wegen so einer Frage zu mir?“ „Ich dachte, du bist mein älterer Bruder und kennst dich vielleicht damit aus.“ „Ähm, klar bin ich das. Willst du da nicht doch lieber Ace fragen? Der kennt sich bei so was sicher besser aus, als ich.“ »Schiebt er sie etwa ab? Weiß er bereits, was Sache ist?«, fragte sich der Sommersprossige unsicher. „Ich schäme mich davor, ihm diese Frage zu stellen.“ „Wieso?“ „Ich halte es nicht für richtig ihn um eine Antwort darauf zu bitten. Ich will ihn nicht kränken.“ »Mich kränken? Etwa wegen heute Morgen? Vergiss das! Komm einfach her und frag mich! Um Himmelswillen frag mich einfach! Bitte! Ich könnte dir so vieles sagen. Mehr als diese Knalltüte es je könnte! Bitte, wieso hörst du mein Flehen nicht?!«, dachte sich der junge Mann beinahe völlig verzweifelt und biss sich in seine Hand, um auch ja keinen Laut zu machen. „Ich verstehe. Kate, Liebe ist ein überaus starkes und gewaltiges Gefühl. Wenn du es so nennen willst, das Mächtigste von allen. Wenn deine Liebe von jemand anderem erwidert wird, kann sie das Schönste sein, das du je empfinden durftest. Trifft aber das Gegenteil zu, kann es sein, das sie dich von innen zerstört. Du bekommst starke Schmerzen, die äußerlich nicht sichtbar sind. Außerdem kann sie zu einem richtigen Alptraum werden, der manchmal sogar Jahre andauert, bis du richtig loslassen kannst, um wieder frei zu sein. Doch es werden immer Narben bleiben, die nur vergehen, wenn du quasi den Richtigen oder die Richtige findest. Dieser besondere Jemand wird auch Seelenverwandter genannt. Er ist jemand, der dich einfach nur ansieht und weiß, was du denkst, was du fühlst, ja, sogar was du sagen willst. Leider trifft das nicht sehr oft ein. Dadurch das Liebe das mächtigste Gefühl von allen ist, kann es sehr qualvoll für denjenigen werden, dessen Liebe du nicht erwiderst.“ „Klingt, als hättest du das alles schon mal erlebt.“ »Natürlich hat er das schon mal erlebt! Zwar nicht am eigenen Leib, aber er hat Erfahrung darin. Bitte, Ruffy, was wirst du ihr nur raten?« Langsam aber sicher wurde der 21-Jährige verdammt ungeduldig und zappelig. Immer wieder liefen kalte Schauer seinen Rücken hinunter, die bei ihm eine Gänsehaut verursachten. Ein leichtes Zittern brachte seinen Körper zum Beben. „Wie erkenne ich, dass ich jemanden liebe?“ „Wie du das erkennst? Das … das kann ich dir nicht so genau beantworten, denn das ist von Mensch zu Mensch verschieden.“ „Wie würdest du erkennen, dass du verliebt bist?“ „Ich? Tja, dazu kann ich nur sagen, dass mir Liebesfilme und Liebeslieder sehr oft weitergeholfen haben.“ „Was meinst du damit?“ „Geh in dich, denke vielleicht mal über den ein oder anderen Film nach, den wir heute gesehen haben. Eventuell verstehst du es dann.“ »Ruffy, du bist wirklich … ich finde einfach kein geeignetes Wort. Verdammt, warum ist es hier so kalt?« Zitternd und bibbernd vor Kälte drehte sich der Sommersprossige um und erkannte die Ursache. »Welcher Vollpfosten hat die Terrassentür offen gelassen?! Ach ja, das war ja ich. Ich bin heute wirklich vergesslich! Kein Wunder, das ich da ein Gift zusammengebraut hab, das man nicht mal als Essen BESCHIMPFEN kann!« Ärgerlich schlug er sich die Hand ins Gesicht. Er sollte schleunigst was tun. Die eisige Luft, die ihm um seinen feuchten Körper und durch seine klatschnassen Haare strich, war alles andere als angenehm. Der junge Mann spürte bereits, wie seine Nase zu kribbeln anfing. Nur knapp konnte er ein Niesen unterdrücken. Das Letzte, was er wollte war, entdeckt zu werden. Allerdings machte es ihm sein, bereits unterkühlter, Körper nicht gerade leicht. Wieder unterdrückte er ein Niesen. Wieso stand er immer noch hier? Vielleicht hoffte er auf eine Antwort. Auf eine positive. Doch wie könnte er sich über so eine freuen, wenn er sich noch eine fette Erkältung aus reiner Dummheit einfing?! Gerade als er aufgeben wollte, ließ ihn ein leises Flüstern inne halten. Überrascht riss er die Augen auf. Hatte er gerade richtig gehört? Bildete er sich doch nichts ein? Das Zittern seines Körpers erinnerte ihn wieder daran, dass er sich anziehen musste. Deshalb beeilte er sich umso mehr, endlich den Weg in sein Zimmer zu finden. „Was?“, fragte Ruffy perplex. Sicher war er sich nun doch nicht, wegen dem, was er da eben gehört hatte. Wollte er doch eine Gewissheit haben, dass er sich nicht geirrt hatte. „Ich bin in Ace verliebt“, kam es wieder unbewusst über meine Lippen. Der 19-Jährige hatte sich verblüfft umgewandt. Er glaubte nicht, was er da soeben mitbekommen hatte! Trotzdem hatte er es mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört. „Meinst du das ernst?“, bohrte der Strohhutjunge vorsichtig nach, machte ein paar Schritte auf mich zu. Verdutzt und leicht geschockt starrte ich mein Gegenüber an. „Ich … i-ich glaube schon. Ja.“ Meine Augen weiteten sich immer mehr. Ich saß kerzengerade, beide Beine am Boden. „Oh, mein Gott!“, platzte es aus mir heraus, ehe ich mir beide Hände über meinen Mund schlug. Meine Augen glitzerten vor Aufregung. „Ganz ruhig“, versuchte mich Ruffy zu besänftigen, der sich mit Mühe und Not sein Grinsen verkneifen musste, indem er sich auf die Lippen biss und sie zusammenzog. Behutsam nahm er meine Hände runter, legte mir seine an die Schultern und blickte mir tief in meine giftgrünen Seelenspiegel. „Atme tief ein und aus. Das ist nur der erste Schock. Der geht gleich vorbei. Versuche dich zu entspannen. Keine Sorge, es wird alles gut werden.“ „Was wird gut werden?“, ertönte plötzlich die tiefe Bariton-Stimme hinter uns. Ruffy und ich schrien gleichzeitig überaus erschrocken auf, woraufhin ich ihm geradewegs in die Arme sprang, er mich an sich drückte und sich mit mir umdrehte. Der Neuankömmling blickte verwirrt zwischen uns hin und her. „Hab ich euch erschreckt?“, wollte er vorsichtig wissen. „Erschreckt ist nicht das richtige Wort!“, versuchte sein Bruder möglichst ruhig herauszubringen. „Zu Tode erschreckt trifft es besser“, setzte ich hinzu. Mein Herz hämmerte so wild in meiner Brust herum, das ich das Gefühl hatte, ich würde gleich ohnmächtig werden. „Tut mir leid, ich dachte, ihr hättet mich gehört“, entschuldigte sich Ace verdrießlich und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Als sich meine und seine Blicke trafen, fühlte es sich so an, wie wenn mein Herz stehen bleiben und dreifach so schnell weiter schlagen würde, als zuvor. „Ich gehe duschen“, beschloss ich eilig, sprang aus Ruffys Armen und machte mich auf den Weg zur Treppe. „Ähm, das Bad ist oben die zweite Tür links“, rief mir der 19-Jährige hinter her. Ace blickte zu seinem Bruder, der nur mit unbewegtem Ausdruck zurückschaute. Der Ältere verzog seine gesamte Miene zu einer überforderten und deutete in einer schnellen Bewegung hinter mir her. „Willst du nicht …?“, begann der Strohhutjunge, wurde aber von dem anderen mit einer hektischen Wegrichtung unterbrochen und aufgefordert, das zu tun, was er wollte. Ruffy nickte schnell und verschwand. „Warte, Kate, ich helfe dir!“ Mit diesen Worten war Ace allein. Ein wenig verzweifelt legte er sich seine Hände ins Gesicht und atmete tief aus. Unruhig lief er im Kreis. Er würde garantiert noch die Nerven verlieren, falls sich diese nicht eh schon von ihm verabschiedet hatten. »Verdammt, wo hab ich mich da nur wieder reingeritten?«, fragte sich der Sommersprossige überlastet. Sein Herz drohte zu zerspringen. Sein Atem ging stoßweise. Keuchend ließ er sich auf den Sessel fallen und starrte in die Luft. Gerade war es ihm egal, was sein Bruder sagen würde, aber er musste unbedingt mit ihm reden. Wurscht, was er wusste und was nicht. Er brauchte schleunigst Antworten, ansonsten sah er schwarz! Ruhig atmete Ace tief ein und aus. Hin und wieder musste er ein Niesen unterdrücken. Hatte er sich etwa doch erkältet? »Na ja, wenn man so leichtsinnig ist wie ich, wäre das verständlich«, dachte der Sommersprossige bitter und ließ seufzend seinen Kopf hängen. Kaum war ich aus dem Wohnzimmer draußen, sah ich schon mein nächstes Hindernis: Die Treppe. Kräftig schluckend begann ich mich mit meinem rechten Arm am Geländer hochzuziehen und das dazugehörige Bein auf dieser Seite zum Hochspringen zu nutzen. Das war mühseliger, als ich es mir gedacht hatte. Da hörte ich Ruffys Stimme, der mir mitteilte, welches Zimmer es war. Nur wenige Sekunden später kam er bereits mit den Worten „Warte, Kate, ich helfe dir!“ zu mir gerannt. Ich hatte gerade einmal 3 Stufen geschafft, was für meine Verhältnisse eine äußerst schwache Leistung war. Der Strohhutjunge schüttelte nur den Kopf, hob mich hoch und stieg mit mir die restlichen Stiegen hinauf. Oben angekommen zeigte er mir die genaue Tür. Davor wartete ich noch auf ihn, damit er frische Sachen für mich holen konnte. Innerhalb kürzester Zeit war er wieder an meiner Seite, öffnete mir die Türe und legte die Klamotten auf eine Ablage. Das Licht drehte mir Ruffy ebenfalls auf. Danach legte er mir ein Badetuch heraus. Im Bad selbst herrschte eine drückende Hitze. „Was hat der hier nur aufgeführt? Ich hab gesagt, er soll sich duschen gehen und keine Sauna eröffnen! Ähm, Duschgel, Shampoo steht in der Dusche auf der Seite. Badetuch hab ich dir hier neben die Klamotten gelegt. Lass dir ruhig Zeit mit dem Duschen. Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich einfach oder meinen Bruder. Einen von uns. Die Holzstiegen sind extrem rutschig. Ich spreche für ihn und mich, wenn ich sage, dass du uns besser rufst, bevor du runtergehst. Schließlich wollen wir beide nicht, dass du hinunterrollst. Das tut nämlich verdammt weh. Glaub mir, das hab ich schon ein paar Mal durchgemacht. Dabei hab ich mir sogar mal den Arm gebrochen. Also bitte, tu mir den Gefallen und rufe einen von uns. Das würde uns beide sehr beruhigen. Wir werden warten bis du fertig bist. Vorher fangen wir nicht zu essen an. Also, viel Glück. Entspanne dich, das wird schon.“ Aufmunternd lächelte mir Ruffy zu, umarmte mich und strich mir über den Rücken. Obwohl seine Nähe eine tröstende Wirkung auf mich hatte, war ich zutiefst verunsichert. Wie würde es nun weitergehen, wenn ich wusste, was Sache war? „Es wird sich alles regeln“, versicherte mir der 19-Jährige, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Weißt du etwa schon, was ich denke?“ „Sorry, es war irgendwie verständlich, das du dich das gefragt hast. Verhalte dich einfach nur normal. Das wird schon, Schwesterchen. Du wirst sehen.“ Sanft löste er sich von mir und lächelte mich an. Ruffy gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, ehe er sich abwandte, das Bad verließ und die Türe hinter sich schloss. Nun war ich also allein mit meinen Gedanken und Gefühlen. »Fabelhaft«, schoss es mir ironisch durch den Kopf. Danach machte ich mich daran mich von den Klamotten, so wie sämtlichen Verbänden, zu entledigen und stieg unter das angenehm warme Wasser. Der Strohhutjunge hingegen trippelte die Stiegen hinunter und trat seufzend ins Wohnzimmer. Vom Weiten beäugte er seinen Bruder, der auf dem Sessel saß und vor sich hin starrte. Kurz schüttelte er seinen Kopf. »Das wird heiter werden! Auf, auf in die Schlacht!«, dachte der 19-Jährige bei sich. „Also, was gibt’s?“, begann Ruffy und lehnte sich an eine Ablage in der Küche, direkt gegenüber von Ace. „Was weißt du?“ „Ich weiß vieles“, gab der Jüngere gelassen von sich. In Gedanken fragte er sich bereits, wie oft er diesen Satz in letzter Zeit gehört hatte. „Verkaufe mich nicht für dumm, Kleiner. Weißt du, was zwischen ihr und mir ist?“ „Ja, aber mehr werde ich dazu nicht sagen.“ „Musst du auch nicht. Meine unachtsame Handlung und deine Bezeichnung mir gegenüber lässt mir keine Ruhe.“ „Ah, deshalb die Sauna“, bemerkte Ruffy lakonisch. „Verarsche mich nicht. Ich hab keine Nerven mehr.“ „Verständlich, die hast du dir alle erfolgreich weggekickt.“ Ace legte sich einen Arm über die Augen und atmete tief ein und aus. Danach sah er wieder zu seinem Gesprächspartner. „Kann ich mit dir normal reden, ohne das du einen sarkastischen Kommentar einbringen musst?“ „Kommt drauf an, ob du mir die mögliche Gelegenheit dazu bietest“, grinste der Jüngere überschwänglich breit. „Was meintest du damit, dass ich ein „hirnloser, liebeskranker Verrückter“ bin?“ „Das fragst du mich noch? Du machst dir die ganze Zeit Gedanken darüber, du benimmst dich wie einer, merkst es sogar und willst es dann immer noch von mir wissen?“ „Kannst du mir nicht eine normale Antwort geben?“ „Nö, so lange du nicht von selbst darauf kommst, kann ich dir nicht helfen. Ich mische mich da nicht ein und werde nichts sagen, das dich beeinflussen kann.“ „Und was soll ich jetzt tun?“ Ruffy schüttelte nur den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. „War kalt da oben, ha?“ Die Augen des Strohhutjungens blitzten herausfordernd und streng auf. Der Rest seiner Miene blieb unergründlich. Für diesen Moment sollten nur seine Seelenspiegel sprechen. Anhand des kurzzeitigen Aufflackern des nachtschwarzen Tons, war dem Jüngeren sofort klar, dass er ihn erwischt hatte. „Der nasse Boden hat dich verraten. Du konntest es echt nicht lassen. Mir war klar, dass du dort oben bist und vermutlich lauschst. Dein gedankliches Flehen war nicht zu überhören. Ich kenne dich mittlerweile sehr gut. Schließlich sind wir zusammen aufgewachsen. Außerdem bist du mein Bruder und ein Teil von mir. Dennoch hätte ich, ehrlich gesagt, Besseres von dir erwartet. Gut, ich bin auch nicht besser, aber ich bin unparteiisch, da darf ich mir das erlauben. Ich hoffe, du hast dadurch deine Bestätigung bekommen, die du brauchst. Du wirst jetzt damit selbst zurecht kommen müssen. Wenn du krank wirst, oder es vielleicht schon bist, werde ich dich nicht unterstützen. Dummheit werde ich niemals fördern, es sei denn, sie ist lustig und unterhaltsam, aber ansonsten nicht. Ich will kein einziges Mal auch nur ein angedeutetes Jammern von dir hören. Du hast dir das alles selbst zuzuschreiben, also wirst du auch allein damit klar kommen und dich selbst heilen. Wie du das anstellst, ist mir ganz gleich. Hauptsache, du tust es. Wie gesagt: Ich bin unparteiisch. Du erfährst von mir nichts, was Kate mir im Vertrauen gesagt hat und umgekehrt ist das genauso der Fall. Aber sei ehrlich!“ Während Ruffy geredet hatte, waren seine schwarzen Augen immer dunkler und bedrohlicher geworden. Sein Mund, so wie sein ganzer Ausdruck, gaben nichts über sein Befinden preis. Seine Stimme sprach für sich. Ace saß nur dort und hatte ihm stumm gelauscht. Er konnte dazu keine Stellung nehmen. Es war überdeutlich in jedem Satz herauszuhören gewesen, dass er das alles zur Kenntnis nehmen und sich nicht noch ein Mal so blöd aufführen sollte. Ich wusste nicht, wie lange ich schon unter der Dusche stand, aber das war mir egal. Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit nur um Ace. Nichts anderes schien sich mehr in meinem Kopf zu befinden, außer ihm. Ständig sah ich ihn vor mir, wie er mich anlächelte und seine nachtschwarzen Augen jedes Mal strahlten, wenn er mich ansah und mit mir redete. Wie er immer rot wurde, wenn ich ihm was erzählte, das mir an ihm gefiel. Verträumt schloss ich die Augen. Ich konnte direkt die Nähe und Wärme seines Körpers an meinem spüren. Den herrlichen Klang seines Herzens hören, der nur mir gehörte und mein allerliebstes Geräusch war. Seine sanfte, tiefe Bariton-Stimme drang an mein Ohr. Zufrieden seufzte ich auf. Obwohl dies alles nur Vorstellung war, kam es mir vor, wie wenn es die pure Realität wäre. Ich sehnte mich schon jetzt nach seiner Zuneigung, seiner Nähe, seiner Wärme und dem Wohlbefinden, das ich jedes Mal verspürte, wenn er mich dicht zu sich zog. Ruffy hatte Recht gehabt. Liebe war wirklich ein schönes Gefühl, aber was wäre, wenn Ace sie nicht erwidern würde? Könnte ich ihm dann je wieder in die Augen schauen? Könnte ich ihm dann je wieder nahe sein, ohne diesem schmerzlichen Verlangen von ihm geliebt zu werden? Betrübt öffnete ich meine Augen. Diese Ungewissheit machte mich krank. In der Schule verspürte ich so was nie. Obwohl das Meiste, was dort geschah, nicht mit rechten Dingen zuging und nicht unbedingt vorhersehbar war, hatte ich dennoch immer eine gewisse Ahnung gehabt, was auf mich zukam. Aber hier und jetzt, in diesem Moment, fühlte ich mich wie ein hilfloses, neugeborenes Kind, das ohne Eltern aufwuchs und nicht wusste, was mit ihm geschah. Zum allerersten Mal in meinem Leben verspürte ich richtige Angst, Schwäche, Unsicherheit und totale Versagensängste. Ace war mir so unendlich wichtig, das ich ihn um keinen Preis der Welt je verlieren wollte. Seit ich ihn kennengelernt hatte, hatte ich ihn heimlich gegen andere verteidigt und beschützt, obwohl er durchaus selbst im Stande ist, dies zu tun. Für Ruffy galt dasselbe, aber bei ihm war das von Anfang an etwas völlig anderes gewesen. Ihn sah ich als Kumpel, als Bruder. Klar war er mir auch wichtig, doch in einer anderen Art und Weise, als Ace. Wie sollte ich mich in Zukunft ihm gegenüber verhalten? Natürlich würde ich weiterhin ehrlich zu ihm sein. Allerdings brauchte ich eine Bestätigung, das er dasselbe für mich empfand, wie ich für ihn. Warum hatte ich nicht früher darauf geachtet? Dann wäre es jetzt viel leichter für mich. Aber das war nun mal der Nachteil, wenn man, so wie ich, keinerlei Ahnung von Beziehungen und vor allem Liebe hatte. Wie sollte ich diese denn auch besitzen, wenn ich mein ganzes bisheriges Leben allein verbracht hatte, ohne jegliche Familie, Verwandte, Freunde oder gar Liebe? Das einzige Mal wo ich so was empfunden hatte, war in der Nähe von Tieren. Doch das konnte man nicht wirklich zählen, denn das war wieder etwas völlig anderes, als diese Art von Liebe, die man einem Menschen gegenüber birgt. Dadurch, das ich meine ganzen Jahre hindurch nur verachtet, schikaniert, gefoltert, betrogen, belogen und ausgeschlossen worden war, hatte ich auch nie zu irgendwem Nähe gesucht. Keiner von ihnen hatte je normal mit mir gesprochen, geschweige denn ein ehrliches, freundliches Lächeln zustande gebracht. Egal ob es Männer oder Frauen waren. Der Einzige war mein Vorgesetzter, aber den konnte ich schlecht da einordnen. Schließlich war er erstens viel zu alt für mich und zweitens hatte der eine Familie. Außerdem kannte ich den jetzt gerade mal fast 2 Jahre. Trotzdem war er der einzige Mensch, dem ich je Vertrauen schenken konnte. Seit Ruffy und Ace in mein Leben getreten waren, lief dieses wortwörtlich drunter und drüber. Dennoch konnte ich nicht leugnen, dass alle beide nun die wichtigsten Personen in diesem darstellten. In ihnen hatte ich wahre Freunde gefunden. Sie hatten sich für mich aufgeopfert und mich gerettet, was speziell auf den Sommersprossigen zutraf. Ohne ihn hätte mich Tysons Gang nicht nur halb zerstückelt, sondern auch jämmerlich verbluten lassen. Wäre Ace nicht gewesen, wäre ich an meinen Verletzungen vermutlich gestorben. So hart das auch klingen mag, aber es war die reinste Wahrheit. Allein die zwei genähten Wunden sprachen für sich. Behutsam fuhr ich über sie drüber. Ace hatte Recht. Meine schweren Verletzungen würden lange Zeit brauchen, um zu verheilen. Obwohl ich heute beim Frühstück mir nur einen Spaß erlaubt hatte, um mit Ruffy eine spielerische Rangelei zu starten, wurde mir nun bewusst, dass mir genau diese vermutlich noch schlimmere Schmerzen eingebracht hätte, als ich sie ohnehin schon hatte. Mein sogenannter Bruder hätte diesen Moment sicher lustig und spaßig gefunden. Allerdings war ihm klar gewesen, dass mein momentanes Befinden eine solche Aktion nicht zuließ. Mir hingegen war dies vollkommen entgangen. Immerhin hatte ich noch nie immens schwere Wunden davongetragen, die mich in irgendeiner Art und Weise behindert hätten. Hier handelte es sich wieder einmal um das allererste Mal. Seufzend drehte ich das Wasser ab, zog den undurchsichtigen Vorhang zur Seite, stieg heraus und trocknete mich ab. Das Bad selbst war mittelgroß, mit einer Badewanne, die auch als Dusche fungierte, einem großen Waschbecken auf der gegenüberliegenden Seite, über dem ein gigantischer Spiegel in die Wand eingearbeitet war, einer Ablage für Klamotten, einem Regal, auf dem Handtücher lagen, Zahnputzzeug, Rasierzeug und Reserve Duschgel und Shampoo standen und einer Waschmaschine, die auch als Trockner diente. Der Boden und die Wände waren gefliest und in hellgrün, türkis und weiß gehalten. In der Mitte zwischen der Badewanne und dem Waschbecken lag ein großer, breiter, flauschiger, hellgrüner Teppich. Generell kam mir das Bad sehr idyllisch vor. Der Raum hatte etwas ungemein Friedliches an sich, das ich nicht beschreiben konnte. Ich schlüpfte wieder in meinen BH und eine Boxershorts, die mir Ruffy geliehen hatte. Danach zog ich mir das grüne T-Shirt und die schwarze Bermudas an, die mir bis in die Kniekehlen reichte. Ein wenig ulkig kam ich mir schon vor, da alles überhaupt nicht meiner Größe entsprach, aber das störte mich nicht weiter. Da meine Haare ohnehin schon trocken waren, hängte ich das Badetuch auf, warf die benutzten Klamotten in den dafür vorgesehenen Wäschekorb, drehte das Licht ab und verließ das Bad. Sofort fiel mir die Stille in der Wohnung auf. Einzig und allein das Kratzen des Kochlöffels in der Pfanne, verriet mir, dass im unteren Geschoß jemand war. Kurze Zeit hielt ich inne. Obwohl Ruffy mich gebeten hatte, nach ihm oder seinem Bruder zu rufen, kam ich mir komisch vor, das zu tun. Auch wenn ich noch verletzt war, so konnte ich mich mittlerweile wieder viel freier bewegen, als vorher. Außerdem bereiteten mir keinerlei Stiegen irgendwelche Probleme. Ich besaß eine enorme Wendigkeit und genug Gefühl in meinen Füßen, um abzuwiegen, wo ich langlaufen konnte und wo nicht. Dennoch entschied ich mich dafür, das zu tun, was in meiner jetzigen Situation richtig war. Schließlich wollte ich keinem von den beiden Sorgen bereiten. Oh, Mann, diese zwei machten mich tatsächlich noch vernünftig! „Ruffy! Ace!“, rief ich etwas zaghaft nach ihnen. Während ich unter der Dusche gestanden hatte, hatten die Brüder kein einziges Wort mehr gewechselt. Sie mussten auch nicht reden, um zu wissen, was im jeweils anderen vor sich ging. Vor allem Ruffy war sich sehr wohl bewusst, dass er alles nötige gesagt und getan hatte, um Ace und mich auf die richtige Spur zu bringen. Ob und wie wir das jedoch anstellen würden, stand nicht in seiner Macht. Der Strohhutjunge würde sich niemals einmischen, das hatte er, sowohl seinem Bruder, als auch mir, mehrmals vermittelt. An diese „Regel“ würde er sich genauestens halten und sie niemals brechen. Zwar wurmte es ihn ein bisschen, dass er Ace so aus dem Konzept gebracht hatte, weil ihm das Wort „liebeskrank“ herausgerutscht war, würde es aber dennoch nicht zurücknehmen. Nur so hatte sein Bruder, hoffentlich, begriffen, worauf er achten musste. Der 19-Jährige schob noch die Kartoffeln in der Pfanne hin und her, damit sie gleichmäßig gebraten wurden. Das Fleisch selbst lag auch noch drin. Er würde es dann nur mehr herausnehmen und das Abendessen konnte serviert werden. „Ruffy! Ace!“, hörte er mich rufen. Augenblicklich wandten sich die Brüder einander zu. Der Jüngere der beiden machte eine auffordernde Kopfbewegung. Der andere sah ihn ein wenig hilflos an. „Geh nur“, bestätigte Ruffy so leise, dass sein Bruder ihn gerade noch verstehen konnte. Ein kurzes Lächeln ging über dessen Gesicht. Wenige Augenblicke später, hörte ich leichtfüßige Sprünge auf der Treppe, die in meine Richtung kamen. Ich stand immer noch bei der Badezimmertür und wartete geduldig. Als ich erkannte, wer von den beiden gekommen war, spürte ich, wie mein Herz immer schneller schlug und mein Bauch zu kribbeln anfing. Mit jedem Schritt, den er näher kam, wurde das Schlagen kräftiger. Direkt vor mir kam er zum Stehen. Ein wenig unsicher blickte ich zu ihm auf. Seine nachtschwarzen Augen strahlten mir entgegen und ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen. Innerlich freute ich mich wahnsinnig, dass er es war, der mich holen kam. Auch bei mir schoben sich die Mundwinkel nach oben. Ohne, das ich es richtig realisieren konnte, war ich auf ihn zugegangen, hatte meine Arme um seinen Oberkörper geschlungen und drückte ihn an mich. Es dauerte nicht einmal eine Sekunde, da fühlte ich schon, wie er meine Umarmung erwiderte. Zufrieden seufzte ich auf und kuschelte mich an ihn. Wieder vernahm ich den Klang seines Herzens. „Ich hab dich vermisst, Ace“, nuschelte ich an seiner Brust. Sofort spürte ich, wie er mich näher an sich drückte und seine Hände ins T-Shirt krallte. „Ich hab dich auch vermisst, Kate.“ Oh, das war Musik in meinen Ohren. Mehr wollte ich nicht hören. Ich brauchte keine langen Reden. Einzig und allein diese Worte, seine Nähe, seine Wärme, seinen Klang und das Wohlbefinden, das er mir vermittelte, waren alles, was ich zur Zeit brauchte. Ich wollte ihn nicht loslassen, dennoch mussten wir langsam aber sicher essen gehen. Behutsam hob mich Ace auf seinen linken Arm und drückte mich mit seinem anderen an sich. Ich legte meinen rechten um seinen Hals und schmiegte mich an seine Schulter. In dieser Stellung hätte ich Jahre verweilen können, ohne sie je satt zu haben. Wahnsinnig gerne hätte ich ihm gesagt, dass ich ihn lieb hatte, aber das entsprach ja nicht mal annähernd so viel, wie ich inzwischen wusste, was ich wirklich für ihn empfand. Wie gern hätte ich ihm diese 3 Wörter, die so einfach schienen und doch so irrsinnig schwer waren, mitgeteilt. Allerdings besaß ich nicht die nötige Sicherheit diese auch wirklich von mir zu geben. Also müsste ich ihm irgendwie anders vermitteln, wie sehr ich ihn mochte. Kurzerhand zog ich ihn mit meiner linken Hand zärtlich in meine Richtung und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Auch wenn es für den Anfang nicht die Welt war, so wollte ich, dass er es zumindest aus den kleinen Gesten erkannte. Meine rechte Hand vergrub sich in seinen Haaren und kraulte ihn im Nacken. Die andere streichelte ihn liebevoll an seiner rechten Gesichtshälfte, während ich meine linke Wange an seine schmiegte, sodass sich unsere Schnitte an diesen miteinander verbanden. Ace gab einen tiefen, schnurrenden Laut von sich und gab sich schmunzelnd den Berührungen hin. Lächelnd stellte ich fest, dass es ihm durchaus gefiel, was ich da tat. „Hör nicht auf“, bat er mich sehnsüchtig. „Das gefällt dir sehr“, bemerkte ich. Daraufhin gab er nur ein Schnurren von sich. ~(Here's a little something to keep in mine Tell your little secrets and I tell you mine)~ „Ace, ich will dich niemals verlieren. Das würde ich nicht ertragen.“ „Ich will dich aber auch nie verlieren, Kate. Das wäre das Allerschlimmste für mich. Du hast mir so wahnsinnig gefehlt, obwohl wir nicht mal richtig voneinander getrennt waren.“ „Ach, Ace, du mir doch auch.“ Ich schmiegte meine Wange stärker an seine, schloss meine Augen, kraulte ihn mit meiner Rechten weiterhin im Nacken und streichelte ihn mit meiner Linken an seiner anderen Seite. Eine gefühlte Ewigkeit standen wir einfach nur so da, ohne uns zu bewegen, geschweige denn was zu sagen. Die Zeit um uns herum schien still zu stehen. Keiner von uns beiden wollte, dass dieser Moment der Zweisamkeit je endete. Trotzdem war eine unsichtbare Wand mitten uns, die sich immer weiter zwischen uns drängte, je mehr wir unsere Gefühle für uns behielten. Mein Herz klopfte schmerzhaft gegen meine Brust. Es verlangte nach seiner Zuneigung, seinen herzlichen Worten. Doch genau diese blieben ihm verwehrt. „Lass uns essen gehen“, flüsterte Ace schließlich und setzte sich mit mir in Bewegung. Allmählich hörte ich auf ihn zu kraulen, ließ meine Hände sinken und legte meinen Kopf an seine Schulter. Plötzlich wollte ich seinen Herzschlag nicht hören. Ich wollte nicht wissen, wie er jetzt klang. Er würde mich nur traurig machen. Dabei hätte ich nur so erkannt, wie der Schwarzhaarige wirklich fühlte. ~(Dam di Dam di dam dam dei dei That's the way that my heart goes Dam di Dam di dam dam dei dei You're the only one who knows There I go and know this is my way And I'm so in love it shows Dam di Dam di dam dam dei dei That's the way that my heart gooooes)~ Als wir im Wohnzimmer ankamen, setzte mich Ace wortlos auf den Platz, den ich beim Frühstück schon gehabt hatte. Ruffy und er hatten ebenfalls ihre gewohnten Sitze eingenommen. Stumm stellte der Strohhutjunge uns unsere jeweiligen Teller vor die Nase. Ohne Worte begannen wir schweigend unser Abendessen. Wir tauschten keinerlei Silben, geschweige denn Blicke. Jeder von uns hing seinen eigenen Gedanken nach. Zum allerersten Mal in dieser Wohnung, verspürte ich eine drückende Stille um mich herum. Das einzige Geräusch war das Klappern unseres Bestecks und das gelegentliche Schlucken unserer Getränke. Ace schlief nicht einmal beim Essen ein. Obwohl es hart klang, wäre es mir dieses Mal sogar egal gewesen. Ich hätte nicht auch nur den Blick von meinem Teller abgelassen. Auch wenn die Brüder für ihren überaus großen Appetit und ihrer Schnelligkeit beim Essen bekannt waren, so war jetzt nichts davon zu sehen. Sie aßen beide im selben Tempo wie ich. Keiner dachte auch nur im entferntesten daran irgendwas hinunter zu schlingen. Ruffy und Ace wäre es überaus unangenehm gewesen vor mir fertig zu sein. Denn auf diese Weise wären sie quasi gezwungen gewesen eine Unterhaltung anzufangen. Doch worüber sollten wir denn reden? Die Ausgelassenheit, die wir alle am Morgen an den Tag gelegt hatten, war gänzlich verschwunden. Wir wussten nicht, was wir besprechen sollten. So lange, wie Ace und ich nicht über unsere wahren Gefühle sprechen konnten, wären wir beide in Sachen Kommunikation beträchtlich eingeschränkt. Ich merkte es allein an der vorherigen Situation. Wir wussten einfach nicht mehr, woran wir bei dem jeweils anderen waren. Meine giftgrünen Augen wirkten betrübt und leblos. Dazu musste ich nicht in den Spiegel sehen, ich merkte es auch so. Schließlich steckte ich meinen letzten Bissen in den Mund, kaute und schluckte ihn hinunter. Sorgsam legte ich das Besteck auf die Seite und trank mein Cola aus. Anhand des Geräuschpegels, wusste ich, dass die anderen beiden ebenfalls fertig waren. In einer fließenden Bewegung stand ich mit meinem Teller und dem leeren Glas auf, trat in die Küche und verstaute alles im Geschirrspüler. Die Brüder taten es mir gleich und schalteten ihn am Ende ein. Das erste Mal seit wir uns zum Essen eingefunden hatten, sahen wir uns an. „Ich werde auf der Couch schlafen“, gab ich den beiden zu verstehen. „Dann müsst ihr euch keine Sorgen um mich machen, das ich die Treppe hinunterfalle.“ „Ist gut“, nickte Ruffy. „Eine Decke müsste eh noch dort liegen. Ich werde dir noch einen Polster bringen.“ „Musst du nicht. Ohne schläft es sich auf dem Sofa besser“, unterbrach ich ihn sanft. „Okay, wenn du das so willst, werde ich dir nicht widersprechen. Gute Nacht, Schwesterchen. Schlaf gut“, wünschte mir Ruffy und umarmte mich kurz. „Schlaf gut, Kate“, schaltete sich auch Ace ein und drückte mich ebenfalls. „Schlaft gut, ihr beiden. Bis morgen“, gab ich den beiden zu verstehen. „Bis morgen“, versicherten sie mir synchron, wandten sich zum Gehen, stiegen die Treppe nach oben und verschwanden in ihren Zimmern. Nachdenklich und leicht bedrückt drehte ich das Licht ab, schnappte mir die Decke und legte mich auf die Couch. Ehrlich gesagt fühlte ich mich gar nicht danach zu schlafen. Eine unbestimmte Zeit lang starrte ich an die Zimmerdecke. Obwohl es so dunkel war, das man kaum die eigene Hand vor Augen sehen konnte, stierte ich in die Finsternis. Keine Ahnung, was ich sehen wollte. Vielleicht irgendein Licht. Wieder herrschte Stille in dem Raum. Nicht einmal der Geschirrspüler machte ein Geräusch. Irgendwie fühlte ich mich genauso, wie in meinem Häuschen. Da regte sich auch nie etwas. Na ja, wie auch? Schließlich wohnte ich dort allein und nichts und niemand hauste weit und breit. Wer sollte sich auch schon in die Nähe des Waldes trauen? Nicht umsonst hatte ich mir das als „Zuhause“ ausgesucht. Keine Menschenseele sollte sich je dorthin verirren. Denn das würde zu großen Komplikationen führen. Vor allem, weil ich dann nie wieder sicher wäre. Da fiel mir wieder ein, dass ich morgen allein den Heimweg bestreiten müsste. Zuerst würde ich von der Schule mein Rad holen und anschließend nach Hause fahren. Und das möglichst bevor die Sonne untergegangen war. Zum Glück hatten wir über das Wochenende keinerlei Hausaufgaben bekommen. Ein weiterer, geringer Vorteil an der Cameroon High. Davon gab es reichlich wenig. Wenig begeistert drehte ich mich auf die rechte Seite und fiel endlich in einen seichten, unruhigen Schlaf. Wenige Stunden später wachte ich schweißgebadet und keuchend auf. Ich hatte keinerlei Erinnerung an meinen Traum. Das Einzige, das ich wusste war, dass es ein Alptraum gewesen war. Davon hatte ich Nacht ein, Nacht aus, genug. Was mich wunderte war, dass ich in der vergangenen keinen einzigen gehabt hatte. Vielleicht war ich einfach nur zu erschöpft gewesen, um mir irgendwas Schlechtes zusammenzureimen. Ein starkes Zittern suchte meinen Körper heim. Nur mit Mühe konnte ich es verhindern, das meine Zähne klapperten. Automatisch zog ich meine Beine an meinen Körper und die Decke bis zum Kinn. Allerdings half das überhaupt nichts. Meine Hülle spendete überhaupt keine Wärme. Mir wurde immer kälter. Außerdem war da schon wieder diese Einsamkeit, die immer dann in mir aufkeimte, wenn ich nach irgendwelchen Alpträumen aufwachte und keine Ruhe mehr fand. Leicht rieb ich mir den Schlaf aus den Augen und stand langsam auf. Normal half es mir immer, wenn ich mich ein wenig bewegte. Deshalb schlich ich um die Couch herum und die Treppe hinauf. Noch immer zitterte ich unaufhörlich. Die unangenehme Kälte kroch bis in meine Knochen. Jedes einzelne Körperteil bestand aus Eis. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wo ich hin wollte. Dennoch blickte ich zwischen den Türen zu beiden Seiten hin und her, ehe ich die allerletzte auf der rechten anvisierte. Sie war gleich neben der Terrassentür. Ohne lange zu überlegen öffnete ich die Zimmertür einen Spalt und schlüpfte hindurch. Auf den Fußballen tapste ich geräuschlos durch den Raum und kam vor dem Bett zum Stehen. „Ace? Bist du noch wach?“, flüsterte ich in die Stille. Eine kurze Bewegung sagte mir, dass er es tatsächlich noch war. „Kate? Was ist los? Kannst du nicht schlafen?“ „Nein“, gab ich zu. „Willst du zu Ruffy? Oder brauchst du was?“ „Kann ich bei dir bleiben?“, wollte ich wissen. „Natürlich.“ Ace rutschte näher zur Wand an seiner Rechten und hielt mir bereitwillig die Decke auf. Kurzerhand krabbelte ich zu ihm ins Bett und klammerte mich automatisch an seinen warmen Körper. Das Zittern hatte keine Spur nachgelassen. Mir war eiskalt. Ich suchte geradewegs seine Nähe. „Kate, du frierst ja und zitterst“, bemerkte der Ältere erschüttert. „In der Nacht kühlt mein Körper immer stark ab“, erklärte ich ihm. Kurz ließ mich der Sommersprossige los und zog sich seinen Kapuzenpulli aus. „Zieh meinen Pulli an, dann wird dir gleich wärmer.“ Schnell half er mir in die Ärmel hinein und stülpte ihn mir über den Kopf. Das Kleidungsstück war wirklich wohlig warm und roch nach ihm. Das es mir viel zu groß war, störte mich überhaupt nicht. „Wird dir dann nicht kalt?“ „Ach was, ich ziehe mir einfach einen anderen an. Hauptsache du frierst nicht. Warte kurz, ich hole dir Socken und eine Decke. Schön liegen bleiben.“ Vorsichtig stand Ace auf, stieg über mich drüber aus dem Bett und ging eilig zu seinem Schrank. Sekunden später flogen schon allerhand Klamotten durch die Gegend. Irgendwann wurde er jedoch endlich fündig. Mit besagten Utensilien kam er zu mir zurück und zog mir die Socken an. Außer denen hatte er auch eine Wolldecke geholt, in die er mich sorgsam einwickelte. Einen neuen Pulli hatte er sich zwischendurch auch schnell angezogen. Danach schlüpfte er wieder, auf der Innenseite des Bettes, unter die große Decke. Behutsam drückte er mich an seinen warmen Körper und nahm meine Hände in seine rechte. Seine eigene war so groß, das meine beiden hineinpassten. „Wird dir schon wärmer?“, erkundigte sich Ace besorgt. „Ja, vielen Dank, Ace.“ „Gern geschehen. Wieso konntest du denn nicht schlafen?“ „Ich glaube, ich hab nur schlecht geträumt, kann mich aber nicht erinnern. Was ist mit dir? Wieso bist du noch wach?“ „Ach, mir geht einfach nur ziemlich viel im Kopf herum. Tut mir leid, falls ich irgendwie abweisend zu dir war. Du verwirrst mich nur mit deinem Verhalten. Ich weiß, ehrlich gesagt, nie, woran ich bei dir bin.“ „Tut mir leid, bei mir wechselt die Stimmung leider echt schnell. Das hat aber nichts mit dir zu tun. Dieses Verhalten hab ich mir im Laufe der Jahre angeeignet, um mich zu schützen. Ich will dich nicht damit kränken. Außerdem tut es mir leid, das ich dir gestern in der Früh keine richtige Antwort geben konnte. Ich wollte dich nicht verletzen. Es fällt mir irrsinnig schwer Gefühle auszudrücken, die ich vorher noch nie gehabt hab. Ich hab wahnsinnige Angst vor Zurückweisung.“ „Ach, Kate. Es ist schon in Ordnung. Ich wusste ja nicht, dass du dich mit so was nicht auskennst. Ich habe auch irrsinnige Angst vor Zurückweisung, obwohl ich daran eigentlich schon gewöhnt sein müsste.“ „Wieso?“ „Ich hab schon mehrere Beziehungen hinter mir, aber jede einzelne bestand nur aus Oberflächlichkeit. Bei keiner einzigen wurden meine Gefühle erwidert. Ich war nur jemand für Zwischendurch. Also niemand von Bedeutung.“ Während er geredet hatte, hatte ich deutlich den Schmerz und die Betrübnis in seiner Bariton-Stimme vernommen. Augenblicklich schmiegte ich mich näher an seine Brust und küsste ihn auf seine Nase. „Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen, wie solche Frauen, dir das überhaupt antun konnten. Ich könnte das nicht. Vor allem, weil ich dich in gewisser Weise kenne und weiß, wie du tickst. Ich würde dich nicht gehen lassen. Niemals. Da reiße ich mir lieber das Herz heraus und zerfetze es in Einzelteile, als auch nur einem einzigen geliebten Menschen oder Tier mit Absicht weh zu tun. Das könnte ich nicht. Vor allem bei dir könnte ich es nicht.“ Ich spürte, wie Ace mich mit seinem Linken Arm an sich drückte, mir zwei Küsse auf meine Nase hauchte und seine Stirn an meine legte. „Auch wenn es nur ein bildlich-gesprochener Vergleich war, so könnte ich es niemals ertragen, wenn du dir wirklich das Herz herausreißt. Das … wäre furchtbar für mich“, wisperte der Ältere und zog wehleidig die Augenbrauen zusammen. Kurz spielte er mit dem Gedanken, mir seine wahren Gefühle zu gestehen, entschied sich aber dennoch dagegen. Sanft entzog ich dem Sommersprossigen meine, nun warme, linke Hand und kraulte ihn im Nacken. Sofort entspannte er sich und gab ein tiefes, wohliges Schnurren von sich. Leicht verschränkte ich meine andere Hand mit seiner. Vorsichtig löste ich den Kontakt unserer Stirn, legte meinen Kopf unter sein Kinn und schmiegte ihn an seinen Hals, ohne damit aufzuhören ihn im Nacken zu kraulen. „Ich bin froh, dass du bei mir bist, Ace. Du hast so eine wohlige Wärme. Wenn ich bei dir bin, fühle ich mich beschützt und nicht mehr allein. Ich will nicht mehr ohne dich sein, Ace. Es tut mir leid, wenn ich in der Schule dir und Ruffy gegenüber distanzierter bin, als außerhalb. Allerdings muss ich das tun. Ihr könnt mich nämlich nicht vor jedem beschützen. Vor den Männern schon, aber nicht vor den Frauen. Die sind in gewisser Weise sogar noch brutaler, als die anderen. Am Montag wird sowieso alles drunter und drüber gehen, wenn alle erfahren, dass Tysons Gang aus dem Weg geräumt wurde. Da wird alles in sich zusammenbrechen und die Brutalität und Kriminalität wird sich enorm steigern. Obwohl die Gang die Gefährlichste von der ganzen Schule ist, hat sie dennoch die anderen zwielichtigen Gestalten in Schach gehalten, damit alles „seine Ordnung“ hat. Aber jetzt, wo die weg ist, werden andere um den Machtanspruch kämpfen. Du und Ruffy müsst aufpassen. Zum Unterricht selbst wird es vielleicht nur beschränkt kommen. Glaub mir, alle haben es auf mich abgesehen. Tysons Gang hat in gewisser Weise auf mich aufgepasst. Als ich mich jedoch gegen sie gestellt hab, war ich ihr sofort ein Dorn im Auge. Es ist schwer ein genaues Schema in der Schule zu erkennen, wenn man neu dazu kommt. Ich bin schon seit Anbeginn darin verwickelt und muss mich durchschlagen. Ich hab nie irgendwo dazugehört und werde es auch nie. Ich bin ein eigener Mensch in dieser Welt. Deshalb habe ich gelernt, mir alles und jeden, was und wen ich sehe genauestens einzuprägen und im Auge zu behalten. Aus diesem Grund muss ich mich auch allein durch die Gänge bewegen und kenne jeden noch so kleinsten Winkel, jeden Spind und jeden Menschen in dieser Schule. Jede Ebene hat eine eigene Bedeutung und Funktionsweise. Alles ist ein hochsensibles System, das durch den kleinsten Schaden sofort in sich zusammenbricht. Ich bitte dich um alles in der Welt, passe auf dich auf. Ich werde Ruffy morgen dasselbe erklären. Ich weiß, dass ich verletzt bin und keinerlei Kämpfe bestreiten sollte, aber wenn es hart auf hart kommt, muss ich mich verteidigen. Ihr könnt mich nicht in jeder Hinsicht beschützen. Ich weiß, dass das alles furchtbar hart klingt, aber es ist so. Ihr müsst verdammt vorsichtig sein. Geht am besten durch den Hintereingang, den ich auch benutze. Außer mir tut das sowieso niemand, da keiner den kennt. Doch sobald wir in der Schule sind, müssen wir getrennte Wege gehen, so lange, wie es nötig ist. Ansonsten kommt es zu gewaltigen Komplikationen. Ich halte nichts von Geheimniskrämerei, aber in diesem Fall ist sie wichtig. Ich wünschte, ich könnte es dir genauer erklären. Ich will mich nicht allein durchkämpfen und schon gar nicht von deiner Seite weichen, Ace. Aber wenn du und Ruffy mit mir gesehen werdet, seid ihr automatisch ein leichteres Ziel für alle. Ab Montag werden die Machtansprüche beginnen und ihr werdet darin verwickelt sein. Vor allem werdet ihr auch viele Kämpfe bestreiten müssen. Bitte, ich bitte dich von ganzem Herzen, passe auf dich auf, Ace. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn du verletzt wirst und ich es nicht verhindern kann.“ Während ich geredet hatte, hatte Ace mir aufmerksam zugehört. Immer fester umklammerte ich seine Hand und presste ihn an mich. Ich wollte ihm nahe sein, wollte ihn nie wieder entbehren. Inständig hoffte ich, dass er sich an meine Worte halten würde und sie verstand. Es hatte mich eine enorme Anstrengung gekostet, ihm das alles mitzuteilen. Aber es tat gut, dass er es nun wusste, so war er vorbereitet auf das weitere Geschehen. „Kate, das ist Wahnsinn, was du mir da erzählt hast. Das ist furchtbar, was du schon all die Jahre durchmachen musstest. Wie soll ich dich in dieser Hölle allein lassen können? Das ist schrecklich, was du da von mir verlangst, vor allem, weil ich nun weiß, wie es weitergeht. Ich kann dich doch nicht dir selbst überlassen, wenn ich deinen momentanen Zustand kenne. Wie kann ich da rechtzeitig kommen, um dir zu helfen? Diese Schule ist gigantisch. Es ist ein Wunder, wenn ich überhaupt zu meiner nächsten Stunde finde. Schließlich hab ich, ehrlich gesagt, keine besonders gute Orientierung. Wie soll ich dich denn da finden?“, verzweifelte der 21-Jährige. „Ich weiß, wie ich dich finde, Ace.“ „Wie?“ „Anhand deines Herzschlags. Du hast mir seinen Klang geschenkt. Mein Herz würde ihn immer finden und überall wiedererkennen. Willst du mal meinen Herzschlag hören?“ Ich merkte, wie der Sommersprossige sich leicht bewegte und behutsam seinen Kopf an meine Brust legte. Unsere Hände hielten einander immer noch fest. „Wow, der ist wunderschön“, wisperte Ace verträumt. ~(Dam di Dam di dam dam dei dei That's the way that my heart goes Dam di Dam di dam dam dei dei You're the only one who knows There I go and know this is my way And I'm so in love it shows Dam di Dam di dam dam dei dei That's the way that my heart gooooes)~ „Sein Klang ist überaus kräftig und wild. So was Schönes hab ich noch nie gehört. Mein Herz wird dich wiederfinden. Auch wenn wir getrennt sind, werde ich auf es voll und ganz vertrauen und kommen und dich retten. Ich lass dich nicht allein, Kate. Ganz bestimmt nicht. Das verspreche ich dir. Ich werde kämpfen und auf mich aufpassen. Das ist das Mindeste, das ich tun kann. Wenn du mich brauchst, werde ich für dich da sein. Ich verspreche es dir, Kate.“ Vorsichtig ließ sich Ace wieder neben mich gleiten und zog mich an seine Brust. Sofort kuschelte ich mich eng an ihn. Beschützend stellte er sein rechtes Bein über meine und schlang seinen linken Arm um meinen Oberkörper. Sein Kopf lag über meinem. Nach wie vor umklammerten sich unsere rechten Hände. „Danke, Ace“, flüsterte ich. Langsam glitt ich hinab ins Reich der Träume, spürte seinen Körper an meinem, fühlte, wie er zärtlich meine Hand streichelte, lauschte seinem herrlichen Herzschlag und hörte seinen ruhigen, gleichmäßigen Atem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)