Shinigami Haken Kyoukai desu - Shinigami Dispatch Society von Frigg ================================================================================ Kapitel 3: Der erste Schultag ----------------------------- Lily rannte. Ihre Schultasche schlug ihr unangenehm gegen das rechte Bein, doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Sie hatte an ihrem ersten Schultag verschlafen und durfte es sich nicht leisten, zu spät zu kommen. Der verdammte Wecker hatte einfach nicht geklingelt! Ihre ersten Tage in der Shinigami Dispatch Society hatte sie im Archiv verbracht und Akten geordnet. Ronald Knox war ein netter Mentor. Er war bestimmt, aber auch freundlich. Im Gegensatz zu William T. Spears. Er war kühl und abweisend. Seine Arbeit erledigte er nüchtern und sachlich. Lily fragte sich ja, ob er privat genauso war. Sie hatte die letzten Tage auch wieder mit Alan, Eric und Ronald zu Mittag gegessen. Es war angenehm, mit ihnen zu essen und etwas über ihre Arbeit zu erfahren. Mit einem ihrer Lehrlingskollegen hatte sie bisher keine Bekanntschaft machen können, auch hatte sie noch nicht herausfinden können, wer noch alles in der gleichen Etage wohnte wie sie. Wenn sie in den Flur kam, traf sie niemanden an. Die Glocke der Akademie ertönte und kündigte damit den baldigen Beginn der ersten Stunde an. Lily rannte durch das Eingangstor der Akademie und blieb kurz stehen, um nach Luft zu schnappen. Ihr Atem glich einem Keuchen. Doch sie konnte sich jetzt keine Pause erlauben und rannte in das Gebäude, die Stufen hinauf zum Klassenzimmer. Schliddernd blieb sie vor dem Zimmer stehen und konnte durch die geschlossene Tür die Unruhe hören, die darin herrschte. Schnell richtete sie ihre Kleidung und öffnete die Tür. Innerlich wappnete sie sich gegen alles. Immerhin waren, außer ihr selbst, nur Jungs in ihrer Klasse. Lily hatte keine Ahnung, mit was sie alles rechnen musste. Vorsichtig ging sie in den Klassenraum. Die Gespräche verstummten, doch als alle sahen, dass nur sie es war und nicht der Lehrer, fingen die lauten Gespräche und das Gelächter wieder an. Lily sah sich unsicher um. Sie waren schlimmer als ein Rudel Hyänen. Eine Papierkugel traf sie hart am Kopf und alle brachen in Gelächter aus. Finger zeigten auf sie. Aus dem Augenwinkel sah sie eine weitere Papierkugel auf sich zukommen. Schnell duckte sie sich und konnte ausweichen. Doch eine Dritte ließ nicht lange auf sich warten. Die Schultasche wurde schnell zu einem Schild umfunktioniert, mit der sie die Kugel abwehrte. Wachsam schaute sie ihre Mitschüler an. Niemand schien mehr eine Papierkugel bereit zu halten, dennoch wurde sie von allen beobachtet. Lily wollte jetzt nur noch schnell zu ihrem Platz, ehe den Jungs etwas Neues einfiel, mit dem sie sie piesacken könnten. Vorsichtig, aber bestimmt, ging sie zu ihrem Tisch, landete jedoch plötzlich hart auf dem Boden. Jemand hatte ihr ein Bein gestellt. Lily spähte auf und sah in das Gesicht eines schwarzhaarigen Jungen. Er beugte sich zu ihr herunter. „Nur weil du eine Frau bist, bekommst du keine Sonderbehandlung“, flüsterte er und sah sie mit kühlem und herablassendem Blick an. Dieser Ausdruck in seinem Gesicht dauerte nur für den Bruchteil einer Sekunde an, aber er war von einer Intensität, die sie schaudern ließ. Lily ließ sich nichts anmerken und stand auf. Sofort kam ein Junge an ihre Seite und lachte lauthals. Für eine Sekunde dachte Lily, sie würde taub werden von der Lautstärke. Er legte ihr seinen Arm um die Schulter und deutete mit dem Finger auf sie. „Ich glaube, nun ist sie wütend!“ Lily warf dem Jungen nur einen Seitenblick zu. Er war ein Stück größer wie sie und hatte rötlich braune Haare. Genervt und mit einem tiefen Atemzug nahm sie seine Hand von ihrer Schulter, während er noch immer lachte. „McNeil! McNeil!“, rief ein anderer und schien sich kaum noch halten können vor Lachen, „Bist du auch ok?“ Wieder brachen alle in lautes Grölen aus. Lily verstand absolut nicht, was daran witzig war. Sicherlich war es diese Art von Humor, für den sie ein Y-Chromosom benötigte, wie die Jungs es hatten, um ihn zu verstehen. Der erste Schultag begann ja schon mal nicht so gut. Genervt ließ sich Lily auf ihren Platz nieder und legte ihre Tasche ab. „Ihre Beine sehen aus, als könnte sie schnell laufen. Sicherlich schneller als Nakatsu!“ Lily hörte nur mit halbem Ohr zu und warf einen Blick zu dem Jungen. Sie war nie schnell im Laufen gewesen und sicherlich würde sie nicht schneller als ein Junge sein. Ihr Blick fiel auf den Jungen mit dem rotbraunen Haar, der ihr den Arm umgelegt hatte. Sein Gesichtsausdruck war ungläubig. Doch alle starrten zu ihren Beinen, die ab den Knien unbedeckt waren. Deutlich spürte sie, wie das Blut wieder in ihre Wangen schoss. Plötzlich wurde sie von hinten unter den Armen gepackt und vom Sitz hochgezogen. „Was soll das?!“, stieß sie hervor und versuchte ihre Arme frei zu bekommen, „Lass mich los!“ Der Junge verstärkte seinen Griff, als sich jemand vor ihr kniete und ihre Waden betastete. Lily wurde rot. Der Junge konnte gerade noch ausweichen, als sie ihm einen Tritt verpassen wollte. „Hört sofort auf mit dem Unsinn und lasst mich, verdammt noch mal, los!“ „An den Beinen ist nichts Besonderes“, sagte er, als würde er so etwas öfters tun und wandte sich ab. Alle Augen waren noch immer auf Lily gerichtet, der man deutlich ansehen konnte, wie unangenehm es ihr war. „Man kann es normalerweise eher an der oberen Körperhälfte sehen. Vielleicht hat sie aber auch Armmuskeln!“, feixte ein anderer. „Ich werde es prüfen!“, meinte der Junge mit den rotbraunen Haaren. Er stand von seinem Platz auf und kam geradewegs auf sie zu. So gut es ging, versuchte Lily, sich noch mehr zu wehren. Vergebens. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Die Sekunden zogen sich dahin. „Lass mich los! Hört auf damit!“, schrie sie, doch niemand schenkte ihren Worten Beachtung. Als der Junge direkt vor ihr stand, hörte sie auf, sich zu wehren und sah ihm wie versteinert in die Augen. Ihr Blick war panisch, aber auch wütend. Ihre Atmung wurde flacher. Seine Hände legten sich auf ihren Bauch und tasteten ihn ab, bedacht unterhalb ihres Brustkorbes zu bleiben. Danach suchte er ihre Oberarme nach Muskeln ab. Überrascht sah er sie an. „Da ist ja gar nichts!“, rief er laut, „Das sind Mückenmuskeln!“ Lily knurrte und trat dem Jungen hinter ihr mit ganzer Kraft auf den Fuß. Ihre Absätze machten es für ihn nur umso schmerzhafter. Mit einem unterdrückten Aufschrei ließ er sie los und Lily funkelte ihn mit wütendem Blick an. Dann sah sie zu dem anderen und trat ganz dicht an ihn heran. „Was willst du, Mückenmuskel?“, fragte er gelangweilt, aber auch herausfordernd, „Willst du dich jetzt mit mir anlegen? Mir in die Eier treten?“ „Auf so etwas lasse ich mich nicht ein“, sagte sie nur und drehte ihm den Rücken zu. Doch sofort packte er ihren Arm und drehte ihn auf den Rücken. Ein überraschter Laut entfuhr ihr. „Was soll das denn heißen?“ Der Griff war schmerzhaft, aber ertragbar. „Sind wir dir nicht fein genug? Sind wir dir zu primitiv? Willst du das damit sagen?“ „Los, Nakatsu!“, rief der Junge, der ihr das Bein gestellt hatte. Wenn sie bei der Namensliste richtig aufgepasst hatte, war sein Name Kayden Bloom. Lily wandte sich unter dem Griff und drehte sich zur Seite, so dass ihr Arm nun nicht mehr auf dem Rücken lag. Nakatsu ließ ihre Hand los und legte seine stattdessen auf ihren Rücken, während er mit seinem Bein gegen ihre Kniekehle drückte, um ihr so das Gleichgewicht zu nehmen. Lily beugte sich nach hinten, spürte eine flüchtige Bewegung der Finger an ihrem Rücken während Nakatsu mit seinem Bein ihren Fuß weg zog, so dass sie unsanft auf dem Boden landete. Lautes Gelächter brach wieder los und Beifall wurde geklatscht. Der Junge wandte sich gelangweilt von ihr ab. Sie war keine Konkurrenz für ihn, das ließ er sie spüren. Schnell stand Lily auf und befühlte die Stelle, die Nakatsu berührt hatte. Eine kurze Schamesröte überzog ihr Gesicht, wurde aber von der Wut, die in ihr aufkochte, schnell beseitigt. Dieser Nakatsu hatte ihr tatsächlich einen der beiden Verschlüsse ihres BHs geöffnet. Lily warf ihm einen vernichtenden Blick zu, den er mit einem frechen und überheblichen Grinsen erwiderte. Sie ließ sich auf ihren Platz fallen und war froh, als William T. Spears in den Raum kam und alle sofort auf ihren Plätzen waren. Wenigstens jetzt würde sie ihre Ruhe haben. Der Vormittag ging schnell vorbei. Ihre ersten Stunden bestanden daraus, wie die Menschen lebten, die Wirtschaft der Shinigami, Datenverarbeitung, Rechnungswesen und einer Lesestunde. Viele Dinge, wie das Leben der Menschen und Wirtschaftskunde, waren Wiederholung. Die Datenverarbeitung brachte neues Wissen mit sich. In diesem Bereich lernten sie die wichtigsten Berichte zu schreiben und Anträge auszufüllen. Das Fach Rechnungswesen beschäftigte sich mit der Abrechnung der Lohnkosten, Ausgaben der Society, Unkosten bei den Aufträgen und Umbuchungen zu den einzelnen Abteilungen. Die Lesestunde befasste sich mit der menschlichen Literatur. Sie mussten Texte von berühmten Autoren lesen und besprechen. Hauptsächlich ging es dabei um Religion oder Liebe. Lily verbrachte ihre Mittagspause in der Gartenanlage. Die Mensa war zu voll gewesen und sie brauchte eine Pause von ihren Kollegen. Ronald, Alan und Eric hatte sie auch nicht gesehen. Sie hatte es nicht eilig. Ihre Pause dauerte noch eine ganze Stunde und die wollte sie in vollen Zügen auskosten. Immerhin war es wieder ein sonniger Tag und auch die Temperatur war angenehm. Lilys Blick fiel auf eine Bank und sie war froh, ein nettes Gesicht zu sehen. Zielsicher ging sie auf den Shinigami zu. „Hallo, Mr. Humphries“, sagte sie und beugte sich über die Rückenlehne, doch der Anblick ließ sie verstummen. Alan Humphries lag ausgestreckt auf der Sitzgelegenheit. Seine Augen waren geschlossen und sein Gesicht wirkte friedlich. Lily war sich nicht sicher, ob er schlief. Sie biss sich auf die Unterlippe, wollte sie ihn doch nicht wecken. Lily ließ ihre Tasche auf den Boden fallen und lehnte sich gegen die Bank. Es war vielleicht besser, wenn sie ihn aufweckte. Wer wusste schon, wie lange er dort lag und ob er nicht bereits seine Arbeitszeit verschlief. Vorsichtig beugte sie sich über die Lehne und berührte Alan an der Schulter. „Mr. Humphries?“, fragte sie vorsichtig und schreckte mit einem leisen Aufschrei zurück, als er plötzlich seine Augen öffnete und sie ansah. Doch schnell wurde klar, dass es ein Fehler gewesen war, sich auf die Lehne der Sitzbank zu stützen. Die Bank kippelte und fiel mit Lily zu Boden. Alan wurde unsanft von seinem Platz geworfen und landete hart auf ihr. Kurz keuchte Lily vor Überraschung, sowie mangelnder Luft auf. Alan blickte sie verwirrt an. Leise stöhnte er vor Schmerz. „Es…es tut mir leid…“, stammelte Lily schnell. Alan ging von ihr herunter und richtete sich auf. Er war noch immer recht verwirrt, reichte Lily aber die Hand und half ihr aufzustehen. „Sie sind echt merkwürdig…“, murmelte er und strich sich das Gras von der Kleidung. Lily schaute Alan mit rotem Gesicht an. „Ich wollte nicht…ich meine…es tut mir leid…“ Der Shinigami sah Lily an und musste lachen. „Es ist doch nichts passiert!“, wehrte er ab und richtete die Bank wieder auf. Alan ließ sich darauf nieder und deutete Lily Platz zu nehmen. Unsicher ließ sie sich auf den, ihr dargebotenen Sitz nieder. „Wie war Ihr erster Schultag?“, fragte er plötzlich. „Oh…ähm…“ Lily überlegte. Sollte sie ihm wirklich die Wahrheit sagen oder lieber die Vorfälle am Morgen verschweigen? Ein Blick zu ihm sagte ihr, dass er es merken würde, würde sie lügen. Die Halbwahrheit sollte reichen. „Ganz okay. Es ist nicht leicht so unter den ganzen Jungs. Aber ich komme schon irgendwie klar.“ „Ich verstehe. Welche Fächer haben Sie noch heute?“ Lily zog ihren Stundenplan aus der Tasche und warf einen Blick darauf. „Noch zwei Stunden Biologie, eine Stunde Geschichte der Menschen und zwei Stunden Training.“ Alan nickte. „Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen ein paar Tricks zeige, wie Sie sich gegen die Jungs wehren können?“ Überrascht sah sie Alan an. „Woher…? Ich meine, ich sagte doch gar nichts davon, dass die Jungs mir etwas getan haben. Wie kommen Sie darauf?“ Alan erwiderte ihren Blick wissend, lehnte sich zurück und lächelte sie freundlich an. „Vergessen Sie nicht, ich war auch einmal jung und ein Lehrling. Wir haben uns auch immer gegenseitig geneckt und Kräftemessen veranstaltet. Sie werden da keine Ausnahme bilden in der Klasse, nur weil Sie eine Frau sind. Die Jungs werden Sie prüfen und testen, wie weit sie gehen können. Wenn Sie sich nicht wehren, haben Sie keine Chance in der Abteilung.“ „Oh…okay…Dann zeigen Sie mir bitte ein paar Tricks.“ „Wir haben noch etwas Zeit. Das reicht für ein paar grundlegende und einfache Techniken.“ Alan nickte zufrieden und stand von der Bank auf. Er deutete Lily ebenfalls aufzustehen. Sie stellte sich neben ihn und er legte gleich damit los, ihr die Kniffe zu zeigen. Es fing damit an, wie man sich aus einem Schwitzkasten befreite und sich gegen jemanden wehrte, der einem die Arme festhielt. Alan zeigte ihr ebenfalls, wie man jemanden mit wenigen Bewegungen zu Boden bringen konnte. Als die Mittagspause vorbei war, was recht schnell passierte, bedankte sie sich herzlich bei ihm und lief zurück zur Akademie. Sie war jetzt besser gerüstet, sollten ihre Klassenkameraden noch einmal solche Dinge vorhaben, wie am frühen Morgen. Doch gegen jegliche Erwartung lief der Rest des Tages friedlich ab. Lily saß abends an ihrem Schreibtisch und arbeitete an den Schulaufgaben. Es war nicht wenig, was Mr. Spears ihnen aufgegeben hatte. In jedem Fach hatte er ihnen Aufgaben gegeben. Die meisten mussten bis zum nächsten Tag erledigt werden. Seufzend lehnte sich Lily in ihrem Schreibtischstuhl zurück. Müde nahm sie ihre Brille ab und fuhr sich über die Augen. Sie brannten ein wenig. Erschöpft vom Tag fuhr sie sich durch ihre langen Haare und setzte sich wieder die Brille auf. Sie brauchte dringend eine Pause. Sie ordnete die Papiere und stand auf. Es war Zeit für eine Erfrischung. Lily ging gerade in die kleine Küche und holte sich eine Flasche mit Mineralwasser, als es an der Tür klopfte. Sie stellte die Flasche auf ihren Schreibtisch und öffnete die Tür. Ein kleiner Schrei entfuhr ihr. Schnell drehte sie sich um und hielt sich schützend die Hand vor Augen. Sie ging ein paar Schritte zurück. Der schwarzhaarige Junge, der in der Tür stand, hatte nur eine etwas längere Unterhose mit Leopardenmuster an. Sein gesamter Oberkörper war unbekleidet und um den Hals trug er eine Kette mit einem kleinen silbernen Kreuzanhänger. „Ist Nakatsu hier?“, fragte der Junge und sah sich in ihrem Apartment neugierig um. „Nein…“, presste Lily hervor und hoffte, dass er schnell wieder gehen würde. Er stöhnte auf und sah sich noch einmal kurz um. „Ich wollte mir nur sein Shampoo leihen. So ein Mist!“, meinte er und ging dann wieder. Lily wollte gerade die Tür schließen, als der nächste Junge vor ihr stand. Dieser trug statt einer Unterhose nur ein großes Duschhandtuch mit Totenköpfen darauf um die Hüften, das ihm bis zu den Knöcheln reichte. Was war das für eine Etage, schoss es Lily durch den Kopf ehe sie sich erneut umdrehte und dem Jungen den Rücken zuwandte. „Hast du Shampoo? Weißt du wo Nakatsu ist? Das hier ist doch sein Zimmer, oder?“, fragte er und noch ehe sie ihm eine passende Antwort an den Kopf werfen und die Tür zuschlagen konnte, kam der nächste Junge herein. Ebenfalls nur mit einem großen, bunten Handtuch um den Hüften und der gleichen Frage, ob sie Shampoo habe und wisse, wo dieser Nakatsu sei. „Nein, habe ich nicht und jetzt raus hier! Das ist mein Zimmer und einen Nakatsu findet ihr hier garantiert nicht!“, schrie sie wütend und versperrte ihnen den Weg. Als die beiden fort waren, warf sie die Tür zu. Es gab einen lauten Knall und sie seufzte, ging zum Schreibtisch und trank einen Schluck aus der Wasserflasche. Wie kamen sie nur darauf, dass dieser Nakatsu hier wohnte? Wenn sie nicht alles täuschte, waren es ausnahmslos alles Jungs aus ihrer Klasse gewesen. Der Tag schien immer merkwürdiger zu werden. Unruhig und noch immer sauer wippte sie mit dem Fuß. Wenn sie nur an diesen Nakatsu dachte, hätte sie vor Wut laut aufschreien können. Lily stand auf und ging selber unter die Dusche. Sie versicherte sich, dass sie die Tür auch richtig geschlossen hatte und ging dann ins Badezimmer. Das warme Wasser tat gut und ließ sie ein wenig entspannter werden. Lily hörte, wie jemand an ihre Zimmertür klopfte, doch sie kümmerte sich nicht darum. Sie genoss das warme Wasser. Die Tür war zu und ohne Schlüssel konnte diese von außen auch nicht geöffnet werden. Doch Lily ahnte nicht, wer da vor ihrer Tür stand. Es war Nakatsu, ebenfalls nur mit einem großen Handtuch bekleidet, wie die anderen Jungs vor ihm auch. Er klopfte mehrmals gegen die Tür, doch niemand öffnete ihm. Deutlich vernahm er das Geräusch der Dusche. Es war kalt im Flur und er wollte sich nur eine Kleinigkeit ausleihen. „Als ob mich das aufhält…“, murmelte er und zog einen Toupierkamm an seiner Hüfte hervor. Er zog ein paar Haare daraus. Die Spitze, um die Haare voneinander zu trennen, war dünn genug, um in das Schloss zu passen. Er kniete sich vor das Türschloss und schob die Spitze hinein. Es dauerte auch nicht lange, da hörte er den Riegel aufgehen. Er schob sich durch den Türspalt und schloss diese wieder leise. Seinen Kamm verstaute er wieder an seiner Hüfte. Nakatsu sah sich in dem Zimmer um. Alles war sauber und ordentlich. Er fragte sich, welchem Jungen aus der Klasse dieses Zimmer gehörte. Alle hatten gemeint, es sei seines, doch sein Zimmer lag daneben. Es hatte die Nummer vierundneunzig und nicht dreiundneunzig. Niemand wusste also, wem es gehörte. Die Zimmer der vollwertigen Shinigami auf dieser Etage waren einundneunzig, zweiundneunzig und siebenundneunzig. Im Zimmer Nummer einundneunzig wohne William T. Spears. Das Zimmer zweiundneunzig bewohnte Ronald Knox und siebenundneunzig gehörte Alan Humphries. Es musste also jemandem aus der Klasse gehören. Nakatsu ging auf leisen und nackten Sohlen schnell durch das Zimmer. Das Badezimmer zu finden, war nicht schwer und es war auch nicht abgeschlossen. Er öffnete die Tür und warmer Wasserdampf schlug ihm entgegen. Hinter der milchigen Glaswand der Duschkabine konnte er eine Gestalt erahnen, jedoch nicht sagen, wer es war. Er öffnete die Kabine einen Spalt und griff mit der Hand blind zur Ablage für die Shampoo-Flaschen und fand auch eine. „Ich leih mir das mal aus“, sagte er, nahm die Flasche an sich und schloss wieder die Kabinentür. Er verließ das Zimmer genauso schnell, wie er gekommen war. Lily hörte deutlich, wie die Badezimmertür geöffnet wurde und ihr Herz blieb stehen. Wie kam derjenige nur herein? Wer war das überhaupt? Sie horchte und wartete ab, was passieren würde. Ihr Herzschlag war unnatürlich schnell. Die Kabinentür wurde einen Spalt geöffnet und eine Hand tastete blind nach der Ablage. Lily drückte sich an die Wand und wartete ab. Sie konnte gepflegte Nägel erkennen und ein kleines, schwarzes Armband. Die Finger waren fein und gelenkig. Das Handgelenk war schmal, aber eindeutig das eines Mannes. Ihre Atmung ging flacher und panisch starrte sie die Hand an, die nach dem Shampoo griff. Lily konnte einen rotbraunen Haarschopf erkennen. Nakatsu! Das würde er ihr büßen! Nakatsu war der einzige Junge mit solchen Haaren. Am liebsten wäre sie ihm sofort hinterher gerannt und hätte ihm ins Gesicht geschlagen. Aber sie zügelte sich. Immerhin würde sie ihm nur mit einem Handtuch bekleidet gegenüberstehen. Lily brummte unverständlich vor sich hin und beendete ihre Dusche zügig, ehe noch weitere Klassenkameraden auf die Idee kommen würden, in ihr Zimmer einzubrechen. Sie würde ihre Zimmertür zukünftig abschließen müssen. Ein Blick auf den Schreibtisch sagte ihr, dass sie eigentlich noch lernen müsste, doch ihr Magen verlangte nach Nahrung. Sie würde erst einmal in die Mensa gehen und zu Abend essen, sonst würde sie sich gar nicht mehr auf Schularbeiten konzentrieren können. Sie öffnete die Tür, als sie plötzlich Nakatsu davor stehen sah. In seiner Hand hielt er ihre Shampoo-Flasche. Seine Kleidung bestand aus einem weißen Hemd und einer dunkelblauen Hose. Sicherlich mehr als er vorhin getragen hatte. Er starrte sie entgeistert an. „Oh…McNeil…ist das dein Zimmer?“, fragte er und spähte an ihr vorbei, als würde er hoffen, noch jemanden zu sehen. Nakatsus Anblick brachte die Wut wieder in ihr hoch, die sich den ganzen Tag angestaut hatte. Ohne groß darüber nachzudenken, ballte sie die Hand zur Faust und schlug zu. Sie traf genau seine Nase. Er stolperte ein wenig zurück, die freie Hand auf die Nase gedrückt und ein überraschtes Keuchen entfuhr ihm. Mit seinen Fingern tastete er nach Blut, fand aber keines. Entgeistert sah er sie an. „Ja, das ist mein Zimmer!“, schrie sie wütend zur Antwort und wartete auf eine andere Reaktion von ihm, als seinen fassungslosen Blick. „Und was fällt dir überhaupt ein, in mein Zimmer einzubrechen?!“ Nakatsu schien nicht zu wissen, was er sagen sollte, also machte er eine Geste, dass sie sich beruhigen sollte. „Komm runter, McNeil…Ich…ähm…wollte dir dein Shampoo zurückbringen…“ Er reichte ihr die Flasche, die sie daraufhin sofort an sich nahm. Sie fühlte sich vom Gewicht her fast leer an. Sicherlich hatte die halbe Klasse damit geduscht. „Ich wusste nicht, dass es dein Zimmer ist. Ich dachte, es gehöre jemand anderem aus der Gruppe. An dich hat irgendwie keiner dabei gedacht…“ Nervös fuhr er sich durch die nassen Haare und sah sie mit roten Wangen an. „Hast du kurz eine Minute? Ich würde gerne kurz mit dir reden.“ Lily zog ungläubig die Augenbrauen nach oben, trat aber einen Schritt zur Seite, um ihm Platz zu machen. Mit einer einladenden Geste wies sie ihn hinein und schloss die Tür hinter sich. Sie war schon sehr gespannt und wollte es nur schnell hinter sich bringen. „Was möchtest du denn?“, fragte sie desinteressiert und verschränkte die Arme. Nakatsu stand im Zimmer, trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Seine Hände hatte er in den hintersten Hosentaschen gesteckt, nahm sie dann aber heraus und hielt sie vor seinen Körper. Er schien nicht zu wissen, wohin mit ihnen. „Erst mal, guter Schlag. Der kam wirklich überraschend und tat auch weh.“ Nachdrücklich betastete er noch einmal seine Nase. „Aber was ich eigentlich will, ist…ähm…Ich wollte nur sagen, dass es mir leid tut.“ Ihr Blick ging kalt über sein Gesicht. „Was genau meinst du? Dass du mich heute früh zum Narren gehalten und mich bloßgestellt hast? Dass du versucht hast, mir den BH zu öffnen? Dass du in mein Zimmer eingebrochen bist? Dass du einfach so in mein Badezimmer gekommen bist und dich an meinen Sachen bedient hast? Was von all dem? Sag es mir.“ Ihre Stimme war abweisend und ließ deutlich hören, dass sie sich von ihm beleidigt fühlte und wütend war. Sie stemmte die Hände in die Hüfte. „Wegen heute früh und auch wegen eben. Ich wäre nie rein gekommen, wenn ich gewusst hätte, dass es deins ist.“ Sie atmete tief durch und rief sich zur Ruhe. Immerhin hatte er den Anstand, sich zu entschuldigen. Geduldig wartete sie ab, was er noch zu sagen hatte. „Ich wollte dir auch noch sagen, dass ich ziemlich beeindruckt bin.“ Sein Blick glitt kurz zu ihr. „Heute Nachmittag beim Training. Die ganze Gruppe hat gedacht, du würdest die vielen Runden vom Trainer nicht durchhalten. Aber du hast dich gut gehalten und das hat mich beeindruckt. Dein Schlag von eben war auch nicht von schlechten Eltern. Ich dachte, du seist so ein Mädchen, das bei jedem bisschen gleich jammert und rumflennt. Deswegen haben wir dich heute früh auch so auf die Schippe genommen. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel?“ Lily war sich nicht sicher, was sie von den Worten halten sollte. Sie trat näher an Nakatsu heran und verschränkte die Arme. „Das soll ich dir glauben?“ „Ich respektiere dich wirklich. Lass uns noch einmal von vorne anfangen und Freunde werden!“ Er streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin Nakatsu Shinamoto. Mein Name ist komisch, ich weiß. Mein Vater ist aus Asien. Er wurde hierher versetzt und lernte hier meine Mutter kennen. Was soll man machen, wenn einem die Eltern so einen Namen geben?“ Er zog die Schultern hoch und blickte sie erwartungsvoll an. Nakatsu lächelte sie an und es wirkte ehrlich. Lily beäugte ihn noch einen Moment misstrauisch, dann nahm sie seine Hand an. „Na gut. Ich nehme deine Entschuldigung an. Aber wehe du brichst noch mal in mein Zimmer ein, dann setzt es mehr als nur einen Schlag!“ Nakatsu lachte und legte ihr, wie am Morgen, einen Arm um die Schulter. Er sah sie an und es hatte den Eindruck, als würde er sie das erste Mal richtig ansehen. „Nein, das werde ich nicht. Ich hoffe, wir werden gute Freunde.“ Lily beobachtete ihn und fragte sich, wie lange er sie noch so im Arm halten wollte, als ihr auffiel, dass er einen verträumten Blick angenommen hatte. Er schien zu bemerken, dass er sie zu lange ansah und wandte schnell den Blick ab. Sein Arm verschwand auch von ihrer Schulter. Nakatsu wippte kurz auf und ab. Seine Hände hatte er in den Hosentaschen vergraben. „Also, wenn du nichts dagegen hast, werde ich jetzt zur Mensa gehen, wie ich es eben schon vor hatte.“ „Oh…ähm…ja…okay…Wir sehen uns dann!“ Er ging an ihr vorbei und verschwand mit schnellen Schritten aus ihrem Zimmer. Verwirrt sah sie ihm nach. Das war mehr als komisch gewesen, aber vielleicht war er auch nur so. Lily zog die Schultern hoch und verließ ihr Zimmer. Sie ging gerade die Treppe hinunter und war im Flur des achten Stockes, als ihr Alan über den Weg lief. Er sah müde aus und wankte beim Gehen ein wenig. Seim Hemd war ein Stück offen. „Mr. Humphries, ist alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt. „Ja“, gab er nur zurück und ging an ihr vorbei. Lily sah ihn besorgt an. Er sah gar nicht gut aus. Sie zögerte. Ihr Magen knurrte fürchterlich, doch konnte sie Mr. Humphries nicht so alleine durch die Gegend torkeln lassen. Lily biss sich kurz auf die Lippen. Sicher war sicher. Sie folgte ihm zurück zu den Treppen, was sich als richtig erwies. Denn nur wenige Augenblicke später brach er vor den Stufen zusammen. Panisch stürzte Lily zu ihm und drehte ihn auf den Rücken. Er atmete noch. Sie konnte es gut daran erkennen, wie seine Brust sich hob und senkte. „Mr. Humphries? Hören Sie mich?“, fragte sie ängstlich und tippte mit der Hand gegen seine Wangen, wie sie es im Erste Hilfe Kurs gelernt hatte. Sie berührte ihn an der Schulter und schüttelte ihn leicht. Doch er gab nur ein Brummen von sich. Wenigstens schien er sie zu hören. Sicherlich war er nur übermüdet. Erleichtert atmete Lily auf und stellte beruhigt fest, dass er seine Augen einen Spalt öffnete. Alan hob den Kopf. Ihre Hand lag noch immer auf seiner Schulter, während er sich aufrichtete und wieder die Augen schloss. Plötzlich spürte sie seine Lippen auf ihren. Lilys Augen weiteten sich. Der Kuss dauerte auch nicht lange und er ließ sich wieder zu Boden sinken. Lily wich erschrocken zurück und berührte ihre Lippen. Sie verstand nicht, was passiert war. Ihr Herz hämmerte. Ihr Blick ging zu Alan, der am Boden lag und ein Schnarchen von sich gab. „Er schläft…?“, murmelte sie ungläubig. „Lily?“ Erschrocken sprang Lily auf und sah in die Richtung aus der die Stimme gekommen war. Am Treppengeländer, das nach unten führte, standen Eric Slingby und Ronald Knox. „Oh…hallo“, brachte sie hervor und hoffte, dass niemand den Kuss mitbekommen hatte. „Lily? Ich dachte, du wolltest in die Mensa?“, hörte sie plötzlich eine andere vertraute Stimme. Lily wandte den Kopf. Vor ihr stand Nakatsu und sah auf die Gruppe. „Hab ich etwas verpasst?“, fragte er und seine Augen gingen zwischen ihr, Alan und Eric und Ronald hin und her. Die letzten beiden Stufen ignorierte er und sprang sie hinunter. Eric ging auf Alan zu, zog aus seiner Jacketttasche einen Schlüssel, warf ihn Lily zu und nahm die Arme des am Boden Liegenden. Ronald half ihm und hob Alans Beine hoch. „Schließ sein Zimmer auf“, sagte Eric nur. „Was ist mit ihm passiert?“, fragte Lily vorsichtig, während die beiden Shinigami Alan die Treppe hinauf trugen. Sie folgte den beiden und sah auf den Anhänger für die Zimmernummer. Alan wohnte in derselben Etage wie sie und das gar nicht weit weg von ihr. Als sie mit Alan vor dessen Tür standen, schloss Lily schnell auf und Ronald und Eric brachten ihn in sein Schlafzimmer. Nakatsu war ihnen neugierig gefolgt und sah Lily fragend an, die nur die Schultern hochzog und ihn ahnungslos ansah. „Danke“, sagte Eric und zog Alan das Jackett aus. „Was ist mir ihm passiert?“, fragte Lily erneut und betrachtete den schlafenden Shinigami. „Er hat getrunken“, antwortete Ronald nüchtern. „Aber ich rieche keinen Alkohol“, gab sie zurück und erinnerte sich an den Kuss. Sie hatte überhaupt keinen Alkohol an ihm riechen können. „Es war auch nicht viel“, gab Eric zu und klopfte dem schlafenden Alan aufs Bein, „Er hat nur ein Glas Wodka getrunken. Aber Alan trinkt nie. Er muss die Gläser verwechselt haben. In seinem war nur Wasser und in meinem war der Alkohol. Er verträgt einfach nichts. Das eine Glas reicht aus, um ihn betrunken zu machen.“ Ronald nickte zustimmend. „Wenn Alan trinkt, lässt er seine Hemmungen fallen und sagt oder tut Dinge, die er nie tun würde.“ „Zum Beispiel?“, wagte Lily zu fragen. „Er fängt an Dinge zu sagen, die er nie sagen würde. Das erste Mal, als ich ihn betrunken erlebt habe, hat er einer Frau die Meinung gesagt. Sie ging uns allen ziemlich auf die Nerven, doch haben wir es ihr nie gesagt. Das war vor zwei Jahren etwa. Ich hatte gerade mit meiner Lehrzeit angefangen und die Frau ebenfalls. Doch sie hatte erhebliche Probleme, die Sachen zu verstehen und Alan war für sie zuständig. Sie löcherte ihn ständig mit Fragen, sodass er Schwierigkeiten hatte, seine eigene Arbeit zu verrichten. Ständig machte sie Fehler und verstand die einfachsten Dinge nicht. Bis Alan ihr die Meinung auf unserer Weihnachtsfeier sagte“, erzählte Ronald, „Jemand musste ihm heimlich Fusel in sein Getränk gegeben haben. Denn wir alle haben gesehen, dass er nur alkoholfreie Sachen zu sich genommen hatte. Wir wissen jedoch bis heute nicht, wer es war. Jedenfalls hatte er mehr als ein Glas mit Alkohol getrunken und ziemlich einen im Tee. Er ging dann auf sie zu und sagte ihr die Meinung, aber richtig und ohne irgendwelche Verschönerungen. Danach lief sie weinend aus der Society. Sie erschien danach auch nicht mehr zum Dienst. Wir wissen nicht, was aus ihr geworden ist, aber wie ihr euch denken könnt, hat sie aufgehört. Alan hat das ziemlich mitgenommen. Seitdem ist er vorsichtig, wenn er auf Feiern etwas trinkt, damit so etwas nicht noch mal passiert. Aber ab und zu passiert es halt doch, dass er Alkohol trinkt.“ Lily und Nakatsu nickten. „Oder er fängt an zu küssen“, sagte Eric plötzlich. „Was?!“, stieß Nakatsu aus. „Ja, egal, ob Mann oder Frau. Er fängt dann an zu küssen. Wir haben ihm schon heimlich den Spitznamen Knutsch-Monster gegeben. Aber egal, was er tut oder sagt, er kann sich am nächsten Tag an nichts erinnern“, erzählte Eric. „Mich hat er auch schon geküsst. Auf der eben erwähnten Weihnachtsfeier. William und Grelle ebenfalls“, sagte Ronald. „Mich ebenso“, fügte Eric hinzu und sah zu Lily. „Sie haben ihn doch gefunden, oder? Hat er irgendetwas gemacht?“ Lily lief rot an und dachte wieder an den Kuss. Er hatte also nichts zu bedeuten. „Ähm….“ „Es ist nichts, wofür man sich schämen muss!“, sagte Ronald und klopfte ihr auf die Schulter. Er musste ein wenig lachen. „Er hat Sie also geküsst!“ Zaghaft nickte Lily und stand auf. Ihr war eindeutig der Appetit vergangen. Sie wollte nur noch zurück in ihr Zimmer, doch auch auf die Schularbeiten würde sie sich nicht mehr konzentrieren können. Sie verabschiedete sich von ihrem Mentor und Eric und verließ, gefolgt von Nakatsu, das Apartment. „Er hat dich also wirklich geküsst?“, fragte er, als sie im Flur waren. Lily nickte. „Erzähl es aber niemanden, bitte.“ Nakatsu nickte. „Klaro! War dein Erster, oder?“ Wieder nickte sie und schloss ihr Zimmer auf. Lily verabschiedete sich auch von ihm. In ihren sicheren vier Wänden seufzte sie auf und lehnte sich an die Tür. Was war das nur für ein Tag gewesen? Lily ließ sich zu Boden gleiten und sah nachdenklich auf das Laminat. Nakatsu stand vor Lilys Tür und lehnte sich mit einem Arm dagegen. Er biss sich auf die Unterlippe. Was war nur los mit ihm? Er stieß sich ab und ging mit schnellen Schritten in sein eigenes Zimmer. Unruhig ging er darin auf und ab. „Nein. Nein. Nein. Das kann nicht sein! Ausgeschlossen!“ Seine Gedanken kreisten und schlugen Purzelbäume. Sein Atem ging schneller als gewöhnlich und sein Herz schlug so schnell, als wäre er einen Marathon gelaufen oder erneut die einhundert Runden in der Trainingshalle wie am Nachmittag. Verstört, ängstlich und von einer leichten Panik erfüllt, blieb er am Fenster stehen und griff sich an die Brust. Genau an die Stelle, wo sein Herz war. Nakatsu konnte fühlen, wie schnell es gegen seine Brust schlug. Jeden einzelnen Herzschlag fühlte er genauso stark im Hals. „Warum schlägt mein Herz so schnell?“ Seine Stimme klang leicht abgehakt und es hatte den Anschein, als würde er keuchen. Er atmete schnell ein und aus und schüttelte den Kopf. Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. Hier lief etwas ganz und gar nicht so, wie es sein sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)