Just Kai. von lady_j ================================================================================ Kapitel 6: #13 -2. Teil ...und immer noch kein Ende xD ------------------------------------------------------ „Du bist Kai Hiwatari, oder?“ Träge wendete er sich dem Mädchen zu, das neben ihm saß. Ihr ging es noch ein bisschen besser, als ihm, aber sie war ja noch nicht allzu lange hier. Die Dementoren würden sie schon fertig machen, da war er sich sicher. Bei ihm hatten sie es auch verdammt schnell geschafft. Er hatte einige Tage in einer Art Untersuchungshaft verbracht, da er so dumm gewesen war, vor den Greifern zu fliehen. Aber die hatten ihn bei Weitem nicht so mürbe gemacht, wie die paar Minuten in diesem Gang. „Hm“, brummte er und rieb sich fröstelnd über die Arme. „Wusste ich’s doch. Loreen Martins war in dich verknallt, aber du hast sie abblitzen lassen. Das fand ich gut. Loreen ist eine Schlampe.“ Er hob bloß eine Augenbraue und musterte erneut die kalte, schwarze Wand gegenüber, während regelmäßig einer der Dementoren sein Blickfeld kreuzte. Seit er hier saß, in diesem verfluchten Keller des Ministeriums, erinnerte er sich öfter den je an seine Zeit in der Abtei. Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf, von denen er dachte, dass er sie schon längst vergessen hatte. Plötzlich entsann er sich der schlimmsten Momente seiner Kindheit: Wie Black Dranzer unheilvoll aufleuchtete und eine gewaltige Explosion auslöste…die Schmerzen, die sich jetzt wieder in seinen Körper zu fressen schienen…und vor allem das Wissen, dass er vielleicht durch seine Leichtsinnigkeit Menschenleben auf dem Gewissen hatte…All dies lähmte ihn förmlich. Er musste seine letzten Kräfte mobilisieren, um diese Gedanken zu verdrängen. Wenn er ganz ehrlich war, war das einzige, was von seinem Stolz noch übrig war, sein Schweigen. Kai hatte verdammt noch mal Angst. Nicht nur, dass die Vergangenheit in seinem Kopf herumspukte; er stand kurz vor seiner Befragung hinsichtlich seiner magischen Abstammung und er hatte nichts, wirklich gar nichts, vorzuweisen. Und was dann? Was, wenn sie ihn tatsächlich verurteilten –und das würden sie bei dieser „Beweislage“ ja wohl tun. Kam er dann nach Askaban? Oder schlimmeres? „Hast du Zauberer in der Familie?“, fragte das Mädchen. Mechanisch schüttelte er den Kopf. „Oh.“ Ja, oh!, dachte er sarkastisch. „Hm, das erklärt auch, warum du nicht nach Durmstrang gegangen bist…“, überlegte sie laut und Kai konnte nicht anders, als die Augen zu verdrehen. „Gib einfach an, du wärst mit den Peverells verwandt“, raunte sie ihm dann plötzlich zu, „Ich meine, jeder Zauberer ist mit den Peverells verwandt! Wie gut bist du in Geschichte der Zauberei?“ „Geht so“, brummte er. „Gut. Wenn sie dich irgendwas fragen…kram in deinem Kopf nach Leuten, von denen man in Geschichte hört. Das sind auch alles Verwandte von den Peverells. Tu einfach ein bisschen reinblütig und erzähl ihnen was…“ „Woher weißt du das?“ „Unsere Nachbarin hat es so gemacht.“ „Warum bist du hier?“ Sie hob die Schultern. „Halbblut“, sagte sie, „Ich muss nur beweisen, dass mein Vater „reinblütig“ ist…“ Und verzog angewidert das Gesicht. Kai beneidete sie unwillkürlich. Nicht nur, dass sie in diese Welt hineingeboren wurde, nein, jetzt würde sie wahrscheinlich auch hier mit dem Schrecken davon kommen. Und er selbst? Er hatte sich blöderweise auf die ganze Sache eingelassen, als er noch gar nicht dazu imstande gewesen war, eigene Entscheidungen zu treffen –und man sah ja, was dabei herausgekommen war. Warum musste er auch ausgerechnet dann zum Zauberer ausgebildet werden, wenn Lord Voldemort wieder die Macht ergreifen wollte? Wäre er nur ein Jahr früher geboren worden, hätte er jetzt wenigstens einen Schulabschluss. Sein Leben hatte aber auch ein beschissenes Timing. „Weißt du eigentlich, wie das da drin abläuft?“, fragte das Mädchen nun wieder. Kai öffnete den Mund, um eine ungeduldige Antwort zu geben, doch da flog mit einem Mal die Tür des Gerichtssaales auf und ein silbrig schimmernder Hirsch schoss in den Gang. Schlagartig wurde die Luft wärmer, denn die Dementoren wichen vor dem Hirsch zurück, als wäre er giftig für sie. Kai hatte von diesem Phänomen gehört: Das war wohl ein Patronus. Doch er konnte sich nicht lange darüber Gedanken machen, denn dem Patonus folgte ein Grüppchen Menschen. „Wer von Ihnen hat einen Zauberstab?“, fragte ein großer Mann mit dunklem Bart. Kai tastete automatisch nach seiner Gesäßtasche und fluchte leise. Natürlich hatten die Greifer ihm seinen abgenommen. „Sogen Sie bitte dafür, dass immer jemand mit einem Zauberstab jemanden ohne begleitet!“ Plötzlich fühlte er eine Hand in seiner. Das Mädchen hatte nach ihm gegriffen und hob zuversichtlich ihren eigenen Zauberstab. Und dann mussten sie auch schon laufen. Was im Endeffekt alles passiert war, während sie aus dem Ministerium flohen, wusste Kai später nicht mehr. Alles war durcheinander. Er erinnerte sich, dass er irgendwann in der Haupthalle mit der seltsamen Statue des Magierpärchens gewesen war und wahrscheinlich in irgendeinen Kamin geschubst wurde. Dann befand er sich plötzlich in einer schmuddeligen öffentlichen Toilette und schließlich wieder unter freiem Himmel, wo das Mädchen, dessen Namen er immer noch nicht kannte, mit ihm apparierte. Sie landeten am Piccadilly Circus in einer Nebengasse. „Scheiße“, entfuhr es seiner Begleiterin, „Was war das denn?“ „Sieht so aus, als wären wir jetzt auf der Flucht“, bemerkte Kai und stellte erleichtert fest, dass er sich zumindest selbstsicherer anhörte, als er sich fühlte. Sie schien seine Worte kurz sacken zu lassen und atmete einmal tief aus. Dann streckte sie entschlossen die Hand in seine Richtung aus. „Vicky Gardener“, stellte sie sich endlich vor, „Wir werden wohl noch eine Weile das Vergnügen haben, Kai Hiwatari. Also, du brauchst einen Zauberstab? Ich werd’s mal mit Accio versuchen…“ Sie führte den Aufrufezauber aus, und die nächsten Minuten verbrachten sie damit, gebannt in den Himmel zu starren. Kai glaubte nicht wirklich daran, dass man mit Accio etwas, das in den Händen des Ministeriums war, herbeiholen konnte, doch dann – „Sieh mal!“, rief Vicky. Nur Sekunden später sah er ungläubig auf seinen Zauberstab hinab. In den nächsten Wochen und Monaten reisten Vicky und er quer durchs Land. Sie war wirklich gut im apparieren, und so kamen sie schnell voran. Den Winter verbrachten sie in einem Bungalow, wie Kai es sich schon vorgestellt hatte. Sie schützten sich mit einigen Zaubern. Sobald es jedoch wieder wärmer wurde, verließen sie den Ort, denn es kamen Gerüchte auf, dass immer intensiver nach Leuten wie ihnen gefahndet wurde. Ab und an stießen sie auf andere Flüchtlinge, die es genauso hielten. Manchmal waren ehemalige Mitschüler dabei. Doch auch wenn sie sich eine Zeit lang zusammenschlossen, trennten sich die Gruppen bald wieder, denn es war einfach sicherer, in kleineren Verbänden zu reisen. »Mein Gott, Kai, was ist denn los bei euch?« Yuriys Stimme klang gehetzt und sehr verzerrt durch den alten Telefonhörer. Kai stand in einer Kleinstadt an einer Telefonzelle, da er damals auch sein Handy an die Greifer verloren hatte. »In den Nachrichten kommen laufend irgendwelche Katastrophenmeldungen aus Großbritannien. Ist dieser Lord Dingsda etwa daran schuld?« „Wahrscheinlich“, antwortete er knapp, „Aber wie du hörst, geht es mir gut. Es ist soweit alles in Ordnung.“ »Bis auf die Tatsache, dass du auf der Flucht bist, meinst du wohl!«, herrschte Yuriy ihn an, »Verdammt, komm doch einfach auf den Kontinent! Das muss doch irgendwie zu schaffen sein, was wollen die denn von dir, die achten doch bestimmt nicht auf jeden kleinen Zauberlehrling, der sich über die Grenze schummelt!« „Ich glaube, bei Schlammblütern greifen sie härter durch…“, murmelte Kai. »Bei was?« „Ach nichts.“ Er seufzte. „Hör zu, Yura, ich melde mich wieder, sobald es möglich ist, okay? Ich muss jetzt weiter, bevor uns noch jemand aufspürt…“ »Aber-« Er legte auf. Schließlich fanden sie ein abgelegenes Loch in Schottland, an dem sie eine Weile bleiben konnten. Im Moment waren sie zu dritt, denn eine ältere Dame, Mrs. Longbottom, hatte sich zu ihnen gesellt. Nachdem Todesser sie zu Hause angegriffen hatten, weil ihr Enkel wohl Hogwarts aufmischte (das erzählte sie mit unverhohlenem Stolz), war sie ebenfalls auf der Flucht. „Sieh mal, es gab Schokolade im Angebot.“ Stolz schwenkte Kai die prall gefüllte Einkaufstüte und fühlte erleichtert, wie der Zauber nachließ, mit dem Vicky seine Gesichtszüge verändert hatte. Sie machte nun große Augen. „Wow, wo hast du das alles her?“ „Tja…“, sagte er gedehnt, „Ich habe vielleicht kein Verließ in Gringotts, dafür aber eine schwarze American Express.“ „Und…ist das wertvoll?“ „Oh Vicky, hat dir deine Mutter denn gar nix beigebracht? Sagen wir’s so: wenn wir Muggelprobleme hätten, könnte ich beinahe alle mit dieser kleinen Karte lösen. Nur leider haben wir ein großes magisches Problem, daher nützt sie uns nur zum Einkaufen.“ „Schade“, brummte sie und nahm ihm endlich die Tüte ab. Gemeinsam gingen sie in das Zelt, das Mrs. Longbottom beigesteuert hatte. Drinnen war es beinahe so geräumig wie in einer kleinen Wohnung. Er hatte die alte Dame einmal gefragt, warum sie nicht einfach das Land verließ. Doch sie wollte zum einen die Heimat einfach nicht verlassen und war zum anderen eine äußerst kämpferische Natur. Sie war bekennende Potter-Anhängerin. Auch Kai hatte angefangen, nachzudenken. Mit Vicky wäre es durchaus möglich, auf den Kontinent zu apparieren, doch er fragte sich inzwischen, ob er das überhaupt noch wollte. Irgendwie fühlte er sich als ein Teil der britischen magischen Gesellschaft, und so schien es ihm nur legitim, dass er zusammen mit all den anderen diese Krise auf sich nahm. Was er von Potter halten sollte, wusste er dennoch nicht. In Slytherin hatte man nie gut von ihm gesprochen, aber das musste ja nichts heißen. Allerdings war Potter wie vom Erdboden verschluckt, und niemand wusste, ob er vielleicht geflohen war oder tatsächlich im Geheimen gegen Voldemort agierte. Sie hörten Potter Watch, sobald sie es empfingen, aber selbst von dort kamen nur spärliche Informationen. „Kai?“ Mrs. Longbottom kam zu ihm, „Wir müssen reden, Junge.“ Gemeinsam gingen sie nach draußen; Mrs. Longbottom holte eine alte Pfeife heraus und Kai daraufhin die Packung Zigaretten, die er sich gegönnt hatte. Die ersten Minuten verbrachten sie schweigend nebeneinander stehend, während sie ihre ersten Züge nahmen. „Vicky erzählte neulich etwas“, fing sie dann an, „Du hast da wohl einen ganz prächtigen Geist bei dir.“ Kai zog erst die Augenbrauen hoch, doch dann wusste er, was sie meinte. Er holte eine Kette unter seinem Shirt hervor, an der der Bit seines Blades in einem Anhänger baumelte. Das hatte er sich von Max abgeguckt. Mit der Erinnerung kam ein Gefühl in ihm hoch, als wäre seine Zeit mit den Bladebreakers schon seit Ewigkeiten vorüber, dabei hatten sie vor nicht einmal drei Monaten noch eine Weltmeisterschaft geschlagen. Er zeigte ihr das Emblem des Phönix‘. „Suzaku“, sagte er, „Sie ist eigentlich kein Geist... “ Mrs. Longbottom blies nickend Rauch aus. „Nun, die genauen Unterschiede sind ja nicht so wichtig. Kann deine Suzaku uns im Notfall ein wenig unter die Arme greifen?“ Kai hob die Schultern. Er wusste zwar, dass er das Bit Beast auch rufen konnte, ohne seinen Blade dabei zu benutzen, aber er hatte noch nie ausprobiert, wie wirkungsvoll seine Attacken dann waren. „Ich kann es nicht sagen“, meinte er schließlich, „Aber in der Regel macht sie jedem Feuer unterm Hintern. Wortwörtlich.“ Suzaku bekam bald eine Gelegenheit, sich zu beweisen. Voldemorts Greifer spürten sie auf. Kai wusste auch später nicht, wie das passieren konnte, denn sie hatten eigentlich immer aufgepasst. Aber er kannte nun einmal nicht alle Geheimnisse der Zaubererwelt, also gab es wohl immer noch Dinge, die ihm unerklärlich erscheinen mussten. Jedenfalls, man hatte sie gefunden. Urplötzlich wurden um das Zelt Stimmen laut, gerade, als sie es sich drinnen bequem gemacht hatten. Sofort sprangen sie alle auf und zückten ihre Zauberstäbe, während schon die ersten Flüche durch die Plane knallten. „Protego!“, rief Vicky, und fürs erste waren sie geschützt. Mrs. Longbottom führte eine gelungene Ganzkörperklammer aus, und das erste, was Kai einfiel, war ein Schockzauber. Dann war es draußen ruhig. Sie blickten sich angstvoll an, verständigten sich stumm. Vicky nahm den Schutzzauber zurück und sie traten vorsichtig nach draußen. Dort lag ein Greifer, den ein Klammerfluch getroffen hatte. Ansonsten war niemand zu sehen. Das Zelt ging in Flammen auf. Sie wirbelten herum, und Kai musste zur Seite springen, um einem unheilvoll grünen Blitz auszuweichen. Hier war scheinbar eine ganze Mannschaft angerückt, um ihnen den Garaus zu machen. Mehr durch Zufall als durch Können gelang es ihm danach, eine der Gestalten zu schocken, doch bald erkannte er, dass sie umzingelt waren. Und dann kroch ihm Kälte in die Glieder. Furchterregende Kälte. Mit einem Mal tauchte aus dem Dunkel seiner Erinnerungen Volkovs maskierte Fratze auf und ließ sich einfach nicht mehr verdrängen. „Dementoren!“, sprach Vicky seine Gedanken aus; ihre Stimme zitterte. „Patronus“, fauchte Mrs. Longbottom auf Kais anderer Seite. Die Spitze ihres Zauberstabs leuchtete silbrig. Sie holte noch einmal tief Luft und rief: „Expecto Patronum!“ Vor ihnen erschien eine fette, silberne Kröte. Der Patronus stellte sich schützend vor sie, doch noch immer feuerten die Greifer Flüche ab. Mit einer entschlossenen Bewegung schob Kai seinen Zauberstab zurück in die Tasche. So kamen sie hier nicht weiter. „Gib mir Deckung“, sagte er zu Vicky und versuchte dann, so gut es ging in sich zu gehen. Energisch schob er Volkovs Gesicht, das immer noch in seinen Gedanken spukte, zurück. Er hatte Übung darin; selbst in den schwierigsten Battles gelang es ihm, sein Bit Beast zu rufen. Aber in Battles ging es normalerweise auch nicht um Leben und Tod… Er spürte Suzakus Anwesenheit. Indem seine Fähigkeiten als Blader zugenommen hatten, hatte sich auch die mentale Bindung zu ihr verstärkt. Es war nicht mehr nötig, dass der Gegenstand, in dem sie steckte, in Bewegung war. Indem er den mentalen Fluss zu ihr stabil hielt, konnte er sie aus jedem beliebigen Ding befreien. Der Phönix brach schließlich aus seinem Bit hervor und erhellte mit einem Mal die ganze Umgebung. Erst jetzt sahen sie, wie viele Greifer es wirklich waren. Mit einem Wort: Es waren zu viele. Doch Suzaku ging auf sie los, wie es nur ein geistähnliches Wesen konnte: Sie erzeugte unglaubliche Hitze, setzte hier und da Umhänge in Brand und ging doch einfach durch sie hindurch. Sogar die Dementoren wichen vor ihr zurück. Aber ihr wirksamstes Mittel war der Schrecken, den sie verbreitete. So etwas hatten die Greifer noch nicht gesehen. Kai nutzte die Chance, die sich ihnen nun bot und packte die erste Person, die er erreichte, bei der Hand. Es war Vicky. „Komm schon!“, herrschte er sie an, denn sie starrte immer noch ungläubig sein Bit Beast an. Sein Ruf schien sie wachzurütteln, denn als sie an Mrs. Longbottom vorbeirannten, stieß sie sie an, und die alte Dame setzte sich mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit in Bewegung. Gemeinsam schlugen sie sich durchs Unterholz des kleinen Wäldchens, das ihnen bis jetzt Schutz geboten hatte. „Wir müssen uns trennen!“, rief Kai nach hinten und sprach damit aus, was sie wohl alle schon gewusst hatten, als die Greifer aus dem Nichts aufgetaucht waren. Jetzt, wo sie von Suzaku wussten, wäre er bekannt wie ein bunter Hund. „Ich bleib bei dir“, keuchte Vicky, und auch das hatte Kai schon geahnt, deshalb reagierte er gar nicht auf ihre Worte. „Viel Glück!“, rief in diesem Augenblick Mrs. Longbottom, und dann disapparierte sie. Vicky und er hielten daraufhin an. Kai versuchte, seinen Atem möglichst leise zu halten und in den Wald hinein zu lauschen. Es war nichts zu hören. Nur ein vager Schein in der Ferne zwischen den Bäumen ließ auf einen Brand schließen; entweder war es das Zelt oder Suzaku. Er rief sie stumm zu sich und spürte, wie ihr Geist wieder in den Anhänger sank. „Wir müssen hier weg“, beschloss er und Vicky nickte. Der Griff ihrer Hand verstärkte sich und sie zog ihn in die bekannte drehende Bewegung. „Wo sind wir?“ „Verbotener Wald“, murmelte Vicky, „Außerhalb des Schlossgeländes. Es war das erste, das mir eingefallen ist.“ „In Ordnung. Gehen wir.“ „Wohin?“, fragte sie, „Nach Hogwarts?“ Er hob die Schultern. „Lass es uns versuchen. Dort werden sie als letztes nach Schulschwänzern wie uns suchen, oder?“ „Aber wie kommen wir unbemerkt rein?“, fragte sie noch immer zweifelnd. Kai improvisierte laut: „Wir gehen erstmal aufs Schlossgelände. Dann besorgen wir uns Uniformen…mit Accio oder so, oder wir gehen runter in die Waschküche und überreden die Elfen…und dann…suchen wir uns ein Versteck…“ „Klingt gut“, meinte Vicky, doch er wusste, dass sie das nur sagte, weil ihr nichts Besseres einfiel. Nicht einmal zwei Stunden später liefen sie wie ganz gewöhnliche Schüler durch die Gänge von Hogwarts. Mit mildem Erstaunen hatte Kai bemerkt, dass Vicky eine Ravenclaw war, während sie passende Schuluniformen gesucht hatten. Das erklärte jedoch auch, warum sie sich zuvor nie begegnet waren. „Okay…“, murmelte sie, „Wir können ja nicht einfach in den Unterricht spazieren…aber wo, verdammt, sollen wir uns verstecken?“ „Wir können nicht die einzigen sein“, überlegte Kai, „Die alte Longbottom hat doch immer von ihrem Enkel und seine Untergrundbewegung geredet…irgendwo im Schloss muss eine kleine Rebellion abgehen, meine ich.“ In diesem Augenblick machte Vicky einen erschrockenen Satz zur Seite und trat ihm auf den Fuß. Kai sog scharf die Luft ein und wollte sie schon anfahren, als er ihren ausgestreckten Zeigefinger bemerkte. „Die war eben noch nicht da!“, stieß sie aus, während sie auf die Tür vor sich deutete. Kai musterte erst Vickys Gesicht und dann die Tür. Wenn in Hogwarts aus dem Nichts etwas auftauchte, konnte es nie schaden, sich die Sache genauer anzusehen. Er hob die Schultern und stieß die Tür auf. Augenblicklich wurden sie angestarrt. Vielleicht zwanzig verängstigte Gesichter blickten zu dem kleinen Treppenabsatz hoch, auf dem sie standen. Vicky hatte sich schmerzhaft fest in seinen Arm gekrallt. Der Raum war groß, es gab sogar eine Empore. Überall baumelten Hängematten von der Decke, und die Ecken des Raumes waren in den Farben dreier Häuser der Schule gestaltet worden. „Ist das hier die Rebellenallianz von Hogwarts?“, fragte Kai unbekümmert. „Da seid ihr richtig“, kam die Antwort aus der Menge. Ein Junge in ihrem Alter erhob sich. Er sah übel mitgenommen aus. „Wir sind Dumbledores Armee.“ Er kam auf sie zu und streckte die Hand aus, doch als sein Blick auf Kais Brust fiel, stockte seine Bewegung. „Du bist ein Slytherin?“, fragte er scharf, und augenblicklich wurde protestierendes Gemurmel laut. Die Blicke wurden feindselig. Kai hob eine Augenbraue und sah zurück zu Vicky, die ebenfalls recht erstaunt wirkte. „Soll das heißen, ich bin der einzige Slytherin, der je zu euch gekommen ist?“, fragte er ungläubig und erntete Nicken. Viele der Schüler hatten jetzt drohend ihre Zauberstäbe erhoben. Kai konnte nicht anders, er strich sich resigniert mit der Hand übers Gesicht und durch die Haare. Nach all dem Stress und der Gefahren, durch die sie die letzten Monate gegangen waren, wurde hier auf einmal alles wieder auf ihre Häuser reduziert. Er hätte lachen mögen, wenn es nicht so einen bitteren Nachgeschmack gegeben hätte. „Wisst ihr, mir geht diese ganze Häuser-Kacke langsam so was von auf den Sack…“, murmelte er und sagte dann laut: „Ja, in Gottes Namen, ich bin aus Slytherin. Ich kann nicht behaupten, dass das die beste Entscheidung ist, die euer blöder Hut jemals getroffen hat.“ „Aha“, unterbrach jemand altklug, „Aber ihr Slytherins hattet immer ein Stein im Brett der Todesser, oder?“ „Keine Ahnung!“, entgegnete Kai, der seine Stimme nicht länger in annehmbarer Lautstärke halten konnte. „Ich bin muggelstämmig. Ich war die letzten Monate damit beschäftigt, den Todessern aus dem Weg zu gehen.“ Damit hatte er ihre Mäuler wohl erstmal gestopft. Er hatte absolut keine Lust mehr, sich weiter mit irgendwelchen dummen Schülern über Häuser zu streiten. Vicky ergriff das Wort: „Du bist Neville Longbottom, oder?“, fragte sie den Anführer, der immer noch vor ihnen stand und nun nickte. „Wir haben deine Großmutter getroffen und mit ihr gegen Todesser gekämpft. Es geht ihr gut, obwohl wir einen Slytherin bei uns hatten. Reicht das, damit wir bleiben dürfen? Wir sind ziemlich müde.“ Nevilles Blick wanderte von ihr zurück zu Kai. „Wie kommt es, dass Muggelstämmige nach Slytherin kommen?“, fragte er argwöhnisch. „Frag den verdammten Hut“, entgegnete Kai, „Aber ich kenne ein paar mehr. Frag mich nicht, wo die geblieben sind. Wahrscheinlich außer Landes.“ „Na gut.“ Neville seufzte. „Bleibt hier. Wir können jeden gebrauchen. Außerdem hat der Raum euch hier reingelassen, also kannst du schon mal kein Spitzel für die Carrows sein. Und sieh mal, er hat dir sogar schon eine Slytherin-Ecke eingerichtet.“ Kai blickte an ihm vorbei zu einer Nische, wo das Banner von Slytherin hing, das vorher noch nicht dagewesen war. Die Leute wichen davor zurück, als wäre es verbotenes Territorium. „Ich hasse Grün“, murmelte Kai, „Muss das denn sein?“ In diesem Augenblick verschwand das Banner und er machte große Augen. „Was ist das denn bitte für ein genialer Raum? Krieg ich stattdessen ein Nirvana-Poster?“ An der Wand erschien die Bandflagge, die auch zu Hause in seinem Zimmer hing. „Geil, der macht ja echt alles!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)