Bittersweet Medicine von ScarletEye (Break x Reim) ================================================================================ Kapitel 2: Sweet ... -------------------- Keine zehn Minuten später kehrte er, ein silbernes Tablett in nur einer Hand balancierend, wieder zurück, mühte sich damit ab, die Tür hinter sich zu schließen, ohne dabei das Tablett fallen zu lassen und geriet ein wenig ins Schwitzen, als die Teetasse darauf gefährlich zu schwanken begann. Ächzend stellte er seine Last auf dem Nachttischchen ab. Break hatte es sich mittlerweile im Bett gemütlich gemacht, lehnte halb sitzend in seinen Kissen und starrte, augenscheinlich etwas benommen, doch durchaus wach, vor sich hin. Emily saß neben ihm auf dem Laken. „Na endlich ...“ Ungnädig verzog der Freund das Gesicht. „Ich bin schon am Verdursten!“ Reim errötete ob dieser unerwarteten Schelte, füllte hastig die zierliche, mit rosa Blütenmuster verzierte Tasse auf dem Tablett und reichte sie Xerxes. Break grinste versöhnlich, nahm zufrieden einen Schluck – und verzog angewidert das Gesicht. „Was um alles in der Welt ist das denn?“ Entgeistert starrte er die Tasse an. „D-d-das ist ein Erkältungstee“, stammelte Reim gekränkt. „Gegen deinen Husten. Und das Fieber!“ „Aber da ist ja überhaupt kein Zucker drin!“ Beleidigt, als habe Reim mit dem Tee einen gefährlichen Anschlag auf seine Person verüben wollen, schürzte Break die Lippen. „Aber ... aber Zucker ist ungesund!“, verteidigte sich Reim hastig. Mit großem Auge blickte der Freund zu ihm auf. „Ach, wie streng du bist“, seufzte er theatralisch und ließ sich matt noch tiefer in die Kissen sinken. „Gemein! Gemein! Gemein!“, krähte nun auch Emily. „Schon gut, schon gut!“ Abwehrend hob Reim die Hände. „Ich hole ja schon Zucker, okay?“ Rasch eilte er zurück in die Küche, packte hastig die Zuckerdose und flitzte zurück in Xerxes’ Krankenzimmer. „Siehst du, Emily, er ist doch ein guter Freund ...“ Tadelnd drohte Break der Puppe mit dem Finger, bevor er glücklich Zucker in seinen Tee schaufelte. „Unser bester Freund ...“ Reim lächelte gerührt, während Break geräuschvoll vor sich hin schlürfte, bis die Tasse leer war. „Aber wo sind eigentlich meine Bonbons?“, erkundigte sich Break da angelegentlich. „Du hast doch nicht etwa meine Bonbons vergessen?“ Unschuldig blinzelnd schaute er den Freund an. Sein Blick war noch immer glasig, die Wangen noch geröteter als zuvor. „Natürlich nicht“, beeilte sich Reim zu versichern, noch ganz betäubt von dem unerwarteten Kompliment, das er eben erhalten hatte. „Ich hole sie dir gleich!“ Er musste dreimal durch das ganze Gebäude hetzen, um die Bonbons zu finden, nur um keuchend und nach Atem japsend festzustellen, dass Break bereits schmatzend vor sich hinkaute, als er endlich wieder zurückkehrte, eine violett glitzernde Bonbonschachtel in der Hand. „Tut mir leid“, murmelte Break mit vollem Mund. „Ich habe doch noch welche in der Tasche meines Morgenmantels gefunden!“ „Also wirklich, Xerxes ...“, begann Reim entnervt, als Break ihm strahlend die Dose hinhielt „Willst du auch?“ Grummelnd und eher gnädig als wirklich in Versuchung nahm Reim mit spitzen Fingern eines der Bonbons und steckte es sich in den Mund. Karamell mit einem Hauch Himbeergeschmack. Er musste zugeben, Breaks Süßigkeiten waren immer ganz außergewöhnlich lecker! Der Geschmack besänftigte den Hauch von Ärger, der sich gerade noch in seinem Inneren hatte ausbreiten wollen und so schluckte er mit dem Bonbon auch die scharfe Bemerkung, die ihm eigentlich schon auf der Zunge gelegen hatte, hastig hiunter. Er hätte gern noch mehr gehabt, aber so weit ging Breaks Großzügigkeit dann doch nicht, denn er verstaute die Dose bereits wieder unter seinem Kissen. Seine Hand zitterte ein wenig dabei, wie Reim sehr wohl bemerkte. „Xerxes, vielleicht solltest du dich jetzt ein wenig ausruhen“, meinte er ernst. „Du hast Fieber, du solltest etwas schlafen.“ „Na gut ...“ Ergeben kuschelte sich Break in seine Decke und schloss – ungewöhnlich gehorsam – sein Auge. Zumindest für dreißig Sekunden. „Ich kann nicht schlafen, es ist so heiß hier“, maulte er dann. „Machst du ein bisschen das Fenster auf, ja?“ Reim legte ihm behutsam die Hand auf die Stirn. „Dein Fieber ist gestiegen“, stellte er besorgt fest. „Deshalb ist es heiß.“ „Aber ich kann kaum atmen!“ Demonstrativ hustete er, das Gesicht ins Kissen gedrückt. „Schon gut, schon gut, ich öffne ja das Fenster!“ Eilig sprang Reim auf, doch kaum hatte er den schweren Riegel der Fensterläden endlich aufgerissen, begann Break unter der Decke mit den Zähnen zu klappern. „Ach je, was machst du denn da? Es ist viel zu kalt!“ Reim unterdrückte ein Stöhnen. Break war wirklich ein schwieriger Patient! Doch er zitterte auch wirklich ganz erbärmlich, also schlug Reim hastig das Fenster zu. Geduldig drehte er sich wieder zum Freund um. „Soll ich dir vielleicht noch eine Decke bringen?“ Von Break war mittlerweile nur noch ein wirrer, weißer Haarschopf zu erkennen, der Rest hatte sich tief im Bett verkrochen. „Ja, meine Schmusedecke, aus meinem Zimmer“, ertönte es etwas gedämpft unter den Stofflagen. Ganz aufgelöst von einer Woge plötzlichen Mitgefühls hastete Reim in den zweiten Stock. Breaks Zimmer war ein unaufgeräumter Müllhaufen von einer Behausung, die Schmusedecke jedoch war leicht zu finden, denn sie lag ganz oben auf dem ungemachten und völlig zerwühlten Bett. Reim zog missbilligend eine Augenbraue hoch. Wie konnte man nur ein solches Chaos in seinem Schlafzimmer dulden? Sie hatten doch Dienstboten, die sich um so etwas kümmern konnten. Kopfschüttelnd schnappte er sich die Decke – ein veilchenfarbenes, selbstgehäkeltes Ungetüm mit kitschigen, rosa Blümchen darauf – und trippelte mit schnellen Schritten wieder zu Break zurück. Sein Unmut verflog, als er sah, wie der sich im Bett zu einer schmalen Kugel zusammengerollt hatte, Emily fest in seinen Armen haltend. Er schien zu schlafen, die Atemzüge gingen ruhig, das Gesicht war reglos und entspannt. Ein flüchtiges Lächeln glitt über Reims Gesicht. Er sah so ... friedlich aus, wenn er schlief. Beinahe ... unschuldig. Ein sonderbares Gefühl von Wärme durchströmte Reim. Sanft, fast zärtlich, entfaltete er die Schmusedecke über dem Schlafenden, strich ihm behutsam das Haar aus dem gesunden Auge und tupfte mit einem Taschentuch vorsichtig den Schweiß von der blassen Stirn. Xerxes regte sich unruhig. „Emily braucht auch ihre Schmusedecke“, murmelte er halblaut, ohne das Auge zu öffnen. Hastig, als hätte er sich verbrannt, zog Reim die Hand zurück. „Wie bitte?“ Sprach der Freund etwa schon im Fieber? Break jedoch öffnete träge sein Auge, blinzelte und wiederholte, immer noch nuschelnd. „Emily braucht auch ihre Schmusedecke ... Und ihr Bett ...“ „Ihr Bett?“ Reim starrte ihn irritiert an. „Emily hat ... ihr eigenes Bett?“, fragte er verwundert. Xerxes kicherte leise, schon wieder halb im Schlaf. „Aber natürlich ... Glaubst du etwa, ich schlafe jede Nacht mit einer Puppe im selben Bett?“ Entrüstet drehte er sich auf die Seite, sein Lachen ging langsam in ein Husten über, dann in tiefe, rasselnde Atemzüge. Reim klappte verblüfft den Mund zu. Bis vor zwei Minuten hatte Break keinerlei Probleme damit gehabt, mit Emily im Arm zu schlafen, doch die Puppe begann nun auch noch nörgelnd zu schreien: „Bett! Bett! Schmusedecke! Schmusedecke!“ Bevor Emily noch weiter herumbrüllen konnte, stürzte Reim aus dem Zimmer, um erneut in den zweiten Stock hinaufzuhetzen. Und tatsächlich: Auf dem Nachtkästchen unter dem Fenster fand er, halb versteckt zwischen Büchern und unordentlich aufeinandergehäuften Pandora-Unterlagen, ein winziges Puppenbettchen samt Federkissen und Häkeldecke. Die Decke hatte dasselbe Muster wie Breaks. Offensichtlich hatte der Freund auch sie selbst gemacht. Reim seufzte verwundert. Er hatte gar nicht gewusst, dass er Emily gegenüber derart fürsorglich war. Oder dass die Puppe eine solche Fürsorge überhaupt nötig hatte ... War sie etwa doch ... lebendig? Reim schluckte hart, wischte sich den Schweiß von der Stirn und verschob die Lösung dieser Frage auf später. Schnell packte er das Bett, um zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit aus dem zweiten Stock ins Erdgeschoss zu traben. Break schlief immer noch, allerdings viel unruhiger als zuvor. Schon wieder perlten winzige Tautropfen auf seiner blassen Haut, die ausgetrockneten Lippen formten lautlose Worte, ohne wirklich einen Ton hervorzubringen, und zweimal warf er den Kopf gequält hin und her. Emily lag still neben ihm. Sollte Reim ... sie einfach dort lassen? Unschlüssig stellte er das Puppenbett auf dem Nachttisch ab, nur wenige Zentimeter von Breaks aschfahlem Gesicht entfernt. Er würde Emily sicher in seiner Nähe haben wollen. Die Puppe jedoch begann wie irre zu kichern, als er die Häkeldecke über sie legen wollte. „Bett! Bett! Bett!“, krähte sie lauthals. „Du musst sie richtig ins Bett bringen, sonst schläft sie nicht“, murmelte Xerxes und hob träge ein Augenlid, langsam, als koste selbst diese winzige Bewegung ihn unglaubliche Anstrengung. Sein Blick war trüb und verschleiert, noch halb in Schlaf gefangen. Wieder kicherte die Puppe, ein durchdringender, in den Ohren schmerzender Laut. Es verstärkte sich noch, als Reim sie hochhob und in ihr Bettchen legte. Seltsam ... War die Puppe etwa ... kitzelig? Hastig zog Reim die Hand zurück, das Kichern jedoch hörte nicht auf. Wie um alles in der Welt sollte er sie zum Schweigen bringen? Hilflos suchte sein Blick den Breaks. „Du musst ihr einen Gute-Nacht-Kuss geben“, flüsterte der heiser. Das Sprechen schien ihn anzustrengen. Und überhaupt: Das Fieber musste seinen Verstand bereits umschlungen halten! Einen Gute-Nacht-Kuss?! Das sollte ja wohl ein Scherz sein! Entrüstet seine Brille zurechtrückend blickte Reim zuerst Emily, dann wieder Xerxes an. Obwohl ... Der Freund machte nicht den Eindruck, als sei er zu Scherzen aufgelegt. Mit mattem Blick starrte er ins Leere, die Lippen zuckten wie im Schmerz, die blassen Wangen glühten vor Fieber. Emily gebärdete sich in der Zwischenzeit wie ein durchgedrehtes Kleinkind, als wäre auch ihr Verstand vom Fieber benebelt. „Gute-Nacht-Kuss!“, plärrte sie schrill. „Küsschen, Küsschen, Küsschen!“ In Reims Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander wie ein aufgeschreckter Vogelschwarm. Was sollte er nur tun? Die Puppe einfach nach draußen bringen und damit riskieren, sich Xerxes’ zweifellos äußerst unangenehmen Unmut einzuhandeln, sobald dieser wieder fit war? Aber er konnte doch nicht ... Wenn es wirklich nur ein Scherz gewesen war, dann würde er sich damit zum Gespött von ganz Pandora machen! Reim schauderte heftig bei dem Gedanken, fasste sich dennoch ein Herz und nahm Emily erneut in beide Hände. Wieder kicherte die Puppe schrill. Xerxes Break, ich werde dir eigenhändig den Hals umdrehen, wenn du dich hiermit auch nur ein einziges Mal über mich lustig machst ..., dachte Reim drohend – und presste, die Kiefer fest aufeinandergedrückt, die Lippen auf Emilys Stirn. Die Puppe hörte auf herumzukreischen, wurde schlaff und still in Reims Händen. War sie ... eingeschlafen? Entgeistert starrte Reim das Spielzeug an, legte es hastig, als fürchte er, die Puppe könne ihn nun auch noch in die Finger beißen, in das winzige Holzbett und zog die kleine Miniaturdecke darüber. Emily blieb friedlich. Stattdessen ertönte ein halblautes Stöhnen von Breaks Bett her. Erschrocken wandte Reim den Kopf zur Seite. Für einen Moment war er so mit Emily beschäftigt gewesen, dass er den Freund um ein Haar vergessen hätte! Schuldbewusst trat er nun an dessen Krankenlager. Breaks Auge war wieder geschlossen, bewegte sich aber unruhig unter dem blassen Lid, von Alpträumen getrieben. Die schlanken, weißen Finger krallten sich haltsuchend in die Bettdecke, Schweiß lief über die glühenden Schläfen, tränkte das weiße Haar, das ihm in wirren Strähnen über der Stirn klebte. Ächzend warf er den Kopf hin und her, lautlose Worte entwichen den aufgesprungenen Lippen, ohne Reim zu erreichen. „Verdammt, Xerxes!“ Voller Sorge streckte Reim die Hand nach dem Freund aus, doch diesmal wagte er nicht, ihn tatsächlich zu berühren. Hilflos verharrten seine Finger über dem fiebrigen Körper im Bett. „Die Nervensäge braucht auch einen Gute-Nacht-Kuss“, wisperte da Emily, vom Nachttisch aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)