Chess von Asako (Das Leben ist wie ein Schachspiel...) ================================================================================ Kapitel 4: White Queen: Fourth Try ---------------------------------- „Asako jetzt komm mal wieder runter. Du fährst zu schnell aus der Haut.“ Asako schnaubte verächtlich, verschränkte die Arme und fuhr sich durch die Haare. Ob der Alkohol, so wenig es auch war, denn Osa wusste, wie wenig sie vertrug, lockerte ihre Zunge und der ganze Frust, den sie schon seit dem Tag in sich hielt an dem sie Tsukigumi beigetreten war, in sich hielt. Zwar war es ihr irgendwie peinlich, dass sie gerade vor Kashi so die Fassung verloren hatte, aber sie konnte sich einfach nicht zurückhalten. Ayaki's Verbissenheit, ihr arrogantes Machtgehabe und Verhalten, diese Sturheit trieb sie einfach nur in den Wahnsinn. Sie sah einfach nicht, wie sehr alle anderen unter ihr litten. Sie wusste zwar, dass das Stück fertig werden musste und dass ihr Zeitplan knapp war, aber musste sie desshalb so zum Tyrannen werden? Wohl nicht. „Ich fahre nicht aus der Haut. Es ist doch wahr. Du bist doch auch nicht so auch wenn du Stress hast.“ Osa schmunzelte etwas und lehnte sich an die Theke, verschränkte dabei die Arme. „Ich renne auch jedem Trödler hinterher wenn er nicht sputet.“ „Aber nicht in diesem Ausmaße. Du hast sie noch nicht erlebt.“ „Nein aber ich höre sonst keinen aus Tsukigumi, der sich beschwert.“ Alles, was Asako darauf antworten konnte, war ein leises 'Hmpf'. Ihre Freundin hatte schon irgendwie Recht. Ausser ihr beschwerte sich sonst keiner. Die Tsukigumi-Vice schob es darauf, dass sie alle vor Ayaki kuschten. Insbesondere wenn zwischen ihnen mal wieder die Scripte durch die Gegend geflogen waren machten sie alle einen großen Bogen um ihren Top Star. Das musste sie Osa aber nicht weiter unter die Nase reiben. Stattdessen biss sie die Zähne aufeinander, starrte auf den Boden und krallte sich in ihre Handflächen. Kurz darauf bemerkte sie, wie der Hanagumi-Star vor ihr stand, ihr die Hände an die Wangen legte und Asako dann doch in die sanften Augen der anderen sah. Sogleich merkte sie, wie sie ein wenig runter kam und sie sich zumindest etwas entspannte. Dennoch fühlte sie, wie sie etwas rot anlief. Obwohl sich die zwei Schauspielerinnen schon so lange kannten wurde sie bei Masa immer noch so kribbelig wenn sie ihr nahe kam. „Spiel doch einfach eine Weile mit. Lass dich mal drauf ein. Sie mag vielleicht ein Tyrann sein, aber sie ist immer noch dein Boss, Asa. Ob es dir passt oder nicht, du wirst tun müssen, was sie will.“ Erneut wanderte der Blick des Tsukigumi-Vice etwas nach unten. „Du hast ja Recht.“ „Ich weis. Also sei brav. Immerhin hast du Hanagumi noch mit zu vertreten. Auch wenn du offiziell in Tsukigumi bist.“ „Mein Herz wird immer in Hanagumi sein“, murmelte die Jüngere, lächelte etwas und legte die Hände an Masa's Oberarme, krallte sich leicht hinein und legte die Stirn an die ihrer Freundin. „Bei dir.“ Die Mundwinkel ihrer Freundin zuckten zu einem weiteren Lächeln, doch sie löste sich dann wieder von ihr, wobei Asako ein enttäuschtes Seufzen unterdrückte. Schon wieder raste ihr Herz und sie hätte die andere am liebsten festgehalten. „Geht es dir jetzt besser?“, fragte Osa dann doch wieder und sie nickte etwas. „Ja. Aber ich denke ich geh wieder in mein Zimmer. Ich bin müde und wenn ich nicht genug Schlaf bekomme drehe ich morgen durch.“ „Ach ja. Ich glaube, dass du demnächst sogar ein wenig Ruhe vor Saeko haben wirst?“ „Was? Wieso das?“ Dann wurde Asako doch hellhörig. Sie würde ihre Ruhe vor dem Top Star haben? Beim Training auch noch? Das wäre zu schön um wahr zu sein. „Wao meinte, dass sie, Mari und Saeko zusammen ein Fotoshooting hätten. Sie wird also demnächst mindestens den halben Tag weg sein.“ Die Laune des Tsukigumi-Vice hob sich schlagartig. Das war ja mehr als wunderbar. Vielleicht... „Hast du denn an besagtem Tag Zeit?“ Osa lachte etwas, nickte leicht. „Dachte mir, dass du das fragst. Ich habs einrichten können. Also ja.“ Fröhlich umarmte die Tsukigumi-Darstellerin ihre Freundin kurz, lächelte glücklich. Und Osa lachte leicht. „Danke. Ich brauch das denke ich dringend. Wir sehen uns dann.“ „Bis dann. Komm einfach her wenn du die Zeit findest. Und schlaf gut.“ An den darauf folgenden Tagen hatte nichtmal Ayaki es geschafft ihre Laune wieder runter zu ziehen. Zumindest nicht so arg, wie es gewöhnlicherweise der Fall gewesen wäre. Dank ihrer Laune investierte sie auch mehr Arbeit in das, was sie tat, sodass der Top Star auch nicht wirklich etwas an ihr rum zu mäkeln hatte, auch wenn Asako die andere mit ein paar sarkastischen Bemerkungen auf die Palme gebracht hatte. Kashi hatte sie damit mehr als verwirrt, aber ihre Freundin hatte es einfach so hingenommen. Ihre Laune nur noch weiter unterstützend hatte sie in Tsukigumi noch eine neue Bekanntschaft gemacht, Kiriya Hiromu. Die quirlige, junge Frau war gänzlich auf ihrer Wellenlänge und auch sie schien mit Ayaki's ewiger Rumscheucherei nicht viel anfangen zu können. Zwar schniefte die minimal kleinere Otokoyaku etwas durch die Gegend, sie war wegen Grippe eine Zeit abwesend gewesen, doch das hinderte sie nicht daran mit ihr zu albern und sie hier und da ab zu lenken wenn ihre Stimmung zu kippen drohte. Schnell hatte sie angefangen sich mit Kiriyan und Kashi auch ausserhalb des Trainings zu treffen und Asako und Kashi waren sich einig, dass Kiriyan ein Bischof wäre, wenn es zum Schach käme. Eher weil sie in einer Bischofsrobe sicherlich lustig aussähe anstelle ihrer Charaktereigenschaft, wobei ihr Charakter da auch mit in die Wahl reinfiel. Kiriyan, verwirrt wieso ihre zwei Freundinnen Schachfigurrollen verteilten, nahm es einfach hin. Sie hatte etwas erzählt in der Richtung, dass Yuuhi, Asako vermutete Oozora Yuuhi dahinter, und eine gewisse Beni das Selbe behauptet hatten. Besonders an dem Tag, von dem sie wusste, dass sie nur den halben Tag trainieren würden und die andere Hälfte mit Osa verbringen konnte, wurde der Tsukigumi-Vice hibbelig, doch strengte sich nicht sonderlich an, wesshalb sie von Ayaki einen erneuten Anschiss bekam. Asako überspielte es mit einem Lächeln. „Darf man fragen, was es da zu grinsen gibt?“, fragte der Top Star sichtlich gereizt, obendrein heiser, doch der Vice grinste immer nur noch. Sie wollte zu einem sehr viel weiterem Schlag ausholen, wollte sagen, dass der Tag ohne sie der beste werden würde, den sie seit einer Ewigkeit gehabt hatte, dass es ihr egal war, wenn sie an die Decke ging, aber sie entschied sich für etwas anderes. „Tut mir leid, aber mit den tiefen Augenringen, die du hast kann ich dich nicht ernst nehmen. Und die Ladies von der Maske werden dir sicher auch noch einen Vortrag halten.“ „Andere Leute arbeiten im Gegensatz zu dir auch Nachts.“ „Ach arbeiten nennst du das? Deinem Gekrächze nach hast du heute Nacht ganz andere Sachen getrieben.“ Es war ihr bewusst, dass es ein Schlag unter die Gürtellinie war, doch sie war so ruhig geblieben, dass es ausser Ayaki selbst und Kiriyan, die direkt hinter ihr stand, keiner mitbekommen hatte. Dem sonst so gefasste Top Star schlich sich dann doch plötzlich ein kleiner Rotstich auf die Wangen und sie zog von dannen. Es war ein persönlicher, wenn auch nur kleiner Triumph gewesen, doch Asako grinste etwas mehr. „Wow Asa. Das war gemein“, meinte Kiriyan, die zu dem Vice hoch sah. Selbige setzte sich zu ihrer Freundin, sah zu ihr. „Na aber es ist doch wahr. Ist Milady eigentlich vergeben?“ „Soweit ich weis nicht. Aber wette da nicht mit mir. Du weist, dass das innerhalb Takarazukas...“ Asako rollte mit den Augen. „Ja ja. Ich weis.“ Innerhalb Takarazukas waren zwischenmenschliche Beziehungen jeglicher Art, die über Freundschaft hinaus gingen, strickt untersagt, sei es mit einer anderen Schauspielerin, dem Direktorium oder zu jemand Aussenstehendem. Auch das Geschlecht spielte dabei keine Rolle. Unter den Schauspielerinnen kam es dennoch hier und da angeblich zu Beziehungen, immerhin verkörperten die Otokoyakus perfekte Männer und waren auch von den Takarazuka-Darstellerinnen selbst sehr begehrt, nicht aus. Wer mit wem und wann und warum, das blieb jedoch meistens unter den Pärchen. Gerüchte waren dennoch immer und überall. Besonders die Top Stars bekamen immer die übelsten Gerüchte ab. „Und du triffst dich mit Haruno?“ „Sobald wir hier fertig sind, ja.“ Wenn sie daran dachte, dann hibbelte es in dem Tsukigumi-Vice und sie musste wieder lächeln. Sie hatte die ganze vergangene Zeit damit verbracht wie sie diesen Tag gestalten sollte. Sie hatte so ziemlich alles genaustens durchgeplant, hatte sogar das Mittag-/Abendessen vorbereitet, welches Osa so gerne mochte, hatte die Klamotten angezogen, die sie zusammen gekauft hatten und hatte eine Weile länger vorm Spiegel gestanden als normalerweise. Ihre Kleidung bestand aus einem weißem Hemd, einer schwarzen Jeans und ein paar weißen Stiefeletten, ebenso einer Halskette mit einem kleinem, weißen Stein daran. „Na dann hast du ja viel vor.“ „Ja ich...“ Ayaki unterbrach sie, indem sie ihren üblichen Platz in der Mitte des Raums einnahm wenn sie etwas zu sagen hatte. Sie klatschte in die Hände und in Asako kam die Vorfreude auf. „Nun meine Lieben“, begann der Top Star und Asako lies das Script in ihre Tasche gleiten. „Wie ihr wisst hab ich heute ein Shooting. Ich werde für den Rest des Tages nicht da sein. Ihr könnt von mir aus ein wenig früher schluss machen, aber ich habe den Direktor angewiesen euch noch ein paar Stunden zu beschäftigen.“ Asako schnaubte etwas. Diese Frau wusste es ihr die Vorfreude zu vermiesen. Aber gut. Osa würde ihr nicht weglaufen. Der Abend gehörte ihr. Der Rest des Trainings verlief so viel ruhiger als sonst, wahrscheinlich gerade weil Ayaki nicht dabei war. Sie, Kiriyan und Kashi hatten dabei wohl den meisten Spaß. Sie unterhielt sich auch ab und an mit Yuuhi, mit der sie sonst überhaupt gar keinen Kontakt hatte, doch kaum, dass der Direktor das Ende des Trainings verkündet hatte war sie aus dem Raum. Sie wollte endlich zu Masa und den langersehnten Abend mit ihr verbringen. Sie war nervös, doch sie war dann doch mehr oder minder zuversichtlich. Hoffendlich. Der Weg zu der Wohnung ihrer Freundin war ihr nie so lang vorgekommen, besonders, weil sie vorher noch bei sich vorbeigeschaut hatte und ihre Tasche abgelegt hatte, ebenso wie ihre Jacke, die würde sie ja nicht brauchen, und schnappte sich stattdessen die Dosen mit dem Essen und Nachtisch, ein paar gezuckerte Aprikosen und ein paar Törtchen, und machte sich auf den Weg zu ihrer Freundin. Dort begrüßte sie Masa schon mit einem freudigem Gesichtsausdruck. „Das hat aber gedauert. Hast du nicht gesagt du kommst früher?“ Asako trat in die Wohnung ein, entledigte sich ihrer Stiefeletten. „Eigentlich schon, aber Ayaki meinte ein Miststück sein zu müssen und hat uns länger machen lassen obwohl sie es nicht kontrollieren kann.“ Masa rollte mit den Augen. „Was?“ „Wolltest du dich nicht zusammenreisen?“ „Mach ich doch. Ich hab mich benommen die letzten Tage.“ „Ja davon hab ich gehört.“ Asako sah kurz auf den Boden, sah etwas bedrückt drein. Von Ayaki zurechtgestutzt zu werden war eine Sache, bei Osa eine andere. „Tut mir leid.“ „Egal“, seufzte ihre Freundin und warf einen Blick auf die Dose. „Was hast du mitgebracht?“ Wieder besserer Laune öffnete sie die größere der Dosen. „Unser Abendessen. Ich hab auch die Törtchen gemacht, die du so magst.“ „Na du hast dich ja ziemlich ins Zeug gelegt.“ Der Tsukigumi-Vice wurde etwas rot und lächelte leicht. „Ach was. Lass uns essen, ja? Ich schiebe gewaltigen Kohldampf.“ Die zwei Freundinnen traten in die Wohnung ein, wobei Asako sich an den schon gedeckten Tisch setzte und anfing das Essen zu verteilen. Auch Osa hatte eine Kleinigkeit gemacht. Es würde reichen dass sie beide satt wurden. „Die Törtchen sind wirklich gut“, schwärmte Masa, als sie in eines der glasierten Törtchen biss und sich wohl besonders über die Füllung freute. Asako war eine bessere Bäckerin als Köchin, aber die Törtchen waren selbst für sie ein Meisterwerk. Etwas verträumt sah sie ihre so begeisterte Freundin an, lachte etwas. „Schön, dass sie dir schmecken. Ich hab mir damit immerhin Mühe gegeben.“ „Sie sind fantastisch. Ist das ein neues Rezept?“ „Mehr oder minder. Ich hab mich mal an einer anderen Füllung versucht. Ist sie gut? Ich wusste ja dass du Aprikosen magst...“ „Mehr als gut. Probier mal.“ Masa hielt ihr den restlichen Teil des Muffins hin, wobei Asako einmal abbiss und sich mit dem Finger über die Lippen fuhr, sich den übrig gebliebene Füllung von den Fingern leckte. Es fehlte noch ein bisschen Zucker, aber wenn es nach ihr ging, dann hätte sie schon von Anfang an die doppelte Menge rein gepackt. Nur Masa ass nich so wirklich gerne Süßes. „Vielleicht kann ich die ja öfter machen, wenn ich die Zeit dafür finde.“ „Mir würdest du damit eine helle Freude machen.“ Ihre Freundin lächelte und Asako fühlte, wie die Wärme in ihr wieder hochkroch. Den Hanagumi-Star so glücklich zu sehen wärmte ihr Herz und sie vergaß den Stress der ganzen letzten paar Tage für einen Moment. Die Frau ihr gegenüber schob sich den Rest des Törtchens in den Mund. Vielleicht war das ein ganz guter Augenblick... „Sag mal Masa... kann ich mal mit dir über was reden?“ „Klar. Um was geht’s?“ „Kennst du eigentlich die Gerüchte, dass ein paar von den anderen Schauspielerinnen eine Beziehung haben sollen?“ Masa kratzte sich an der Wange, lehnte sich zurück und streckte sich angeblich ausgiebig. „Ist doch offensichtlich, dass ein paar von uns was miteinander haben. Wir sind auch nur Menschen, wenn auch berühmte. Desshalb hällt sich sowas ja auch hinter geschlossenen Türen. Wieso fragst du?“ „A-ach“, stammelte die Jüngere. „Weist du... ich dachte... uhm...“ Jetzt auf einmal wurde sie doch etwas nervös, fühlte, wie sie rötlich anlief und stand stattdessen auf. „Lass uns das Geschirr in die Küche bringen. Hier steht es doch nur rum.“ Sie fühlte die verwirrten Blicke Masa's im Rücken als sie das Geschirr zusammenräumte und sich in die Küche verzog. Dort angekommen stellte sie die dreckigen Teller und das Besteck in die Spüle, lehnte sich auf der Theke auf und atmete durch. Sie hatte sich geschworen das durch zu ziehen. Es würde schon alles gut gehen. Diese ganzen kleinen Anspielungen, die sie sich immer zuwarfen, die Blicke, die sie manchmal von Masa bekam und wie sie sich immer freute, wenn Asa ihr etwas gutes tat... Der Hanagumi-Star musste ihre Gefühle einfach erwiedern. Diese Nacht vor wenigen Jahren hatte ihr gezeigt, dass da einfach etwas sein musste. Wenn nicht, dann wusste sie nicht, was sie wohl tun würde. „Asa?“ Asako fuhr herum und sackte etwas in sich zusammen als Masa im Türrahmen stand, sich an aben diesen gelehnt hatte. „Ist wirklich alles okay?“ „Ich... ja“, sate sie knapp und lächelte. „Hm... na gut... Ich hab einen Film ausgeliehen. Wollen wir uns den ansehen?“ Der Tsukigumi-Vice nickte nur etwas und Masa machte im Türrahmen kehrt, ging zurück in die Wohnung. Das war doch zum verrückt werden. Sie sollte einfach mit der Sprache rausrücken. Wenn sie das ganze noch mehr in die länge ziehen würde, dann würde sie es wieder ein paar Jahre nicht tun. Asako biss sich auf die Zunge, sties sich von der Theke ab und folgte ihrerm König. Diese stand am Esstisch, hatte die Hülle der DVD geöffnet, die sie ausgeliehen hatte, und blätterte in dem Heft, welches sich darin befunden hatte. Auf leisen Socken trat sie hinter die andere, wobei Masa noch in den Text vertieft zu sein schien, legte die Hände an deren Seite. Für eine Sekunde sprang die gleichgroße Frau auf der Stelle. „Man Asako. Erschreck mich doch nicht so.“ Den Schock, den sie ihrer Freundin verpasst hatte ignorierend schob sie die Hände über das weiße Shirt ihrer Freundin, lies sie erst auf dem Bauch ruhen und legte dabei die Stirn an deren Hinterkopf. „Asa? Was ist?“ „Ich liebe dich“, hauchte sie leise und für eine Sekunde schien die Zeit still zu stehen. Asako festigte ihren Griff etwas, traute sich nach einer gefühlten Ewigkeit erst wieder zu sprechen. „Schon so lange. Schon seit...“ „Hatten wir das Thema nicht schon durchgekaut?“, kam es von der anderen, unterkühlt, sodass der Tsukigumi-Vice etwas verschreckt zusammenzuckte und ihren Griff lockerte. Masa drehte sich in ihrem Arm und sah sie an. Den Blick, den die andere hatte konnte sie aber nicht deuten. Er war so neutral, was sie nicht minder schön machte, doch das machte es Asako schwer zu deuten, was die andere gerade dachte. „Masa...“ „Ich hab dir gesagt, dass der Kuss nur ein Versehen war. Wir hatten beide ziemlich viel Alkohol intus und es war spät.“ Die Tsukigumi-Darstellerin merkte, wie ihr die Gesichtszüge entgleiten mussten und wie ihre Beine weicher wurden. Sie verstand nicht so ganz, worauf ihre Freundin hinaus wollte, starrte stattdessen zu Boden, versuchte es irgedwie zu fassen. „Asako.“ Sie sah wieder auf. „Das ganze ist jetzt schon... wie viele Jahre her? Du steigerst dich da in was rein.“ „Ich steigere mich in gar nichts rein!“, platzte es aus der Jüngeren heraus. Sie bereute es sofort, doch ihr Temperament tat den Rest und ging erneut mit ihr durch. Wenn es um Masa ging wurde sie leicht emotional. „Ich weis doch, was ich fühle. Ich weis, dass ich mir nichts einbilde.“ Der Hanagumi-Star seufzte schwer, fuhr sich durch die Haare und hielt sie dann an den Oberarmen fest. „Asa hör mir zu. Ich liebe dich. Aber nicht so, wie du es vielleicht denkst. Du bist meine beste Freundin und wirst es immer bleiben. Aber mehr als Freundschaft wird es einfach nicht.“ Erneut fühlte die Vice etwas in sich zerbrechen, auch wenn sie den Inhalt von dem, was ihre Freundin da sagte nicht ganz fassen konnte, obwohl ihre Worte so klar waren. „A-aber Masa...“ Sie trat einen Schritt zurück, fühlte die Tränen in den Augenwinkel und fasste sich an die Stirn. Sie biss die Zähne aufeinander und wurde, gewollt oder nicht, laut. „Du kannst mir nicht erzählen dass da nichts ist! Das kann einfach nicht!“ „Hör auf zu schreien...“ „Den Teufel werd ich tun! Jahrelang machst du mir Hoffnungen mit allem was du tust! Du lässt mich in dein Bett, die ganzen Blicke, die Komplimente? Du kannst mir nicht erzählen, dass dir der Kuss gar nichts bedeutet hat!“ „Ich sagte doch das war der Alkohol!“, auch Osa wurde lauter. „Scheiß auf den Alkohol! Das ist doch nur Ausrede!“ „Hör gefälligst auf, Asako! Akzeptier einfach, dass es über Freundschaft nie hinaus gehen wird!“ „Ich will aber nicht nur Freundin für dich sein!“ „Es geht nicht immer nur nach deinem Kopf!“ Der durchaus wütende Tonfall der anderen lies sie dann doch zurückzucken. „Du bist eine erwachsene Frau, also hör auf die Prinzessin zu spielen. Ich kann nicht mehr Gefühle für dich entwickeln nur, weil du es willst. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht vorhabe irgendeine Beziehung ein zu gehen solange ich noch Takarazuka angehöre.“ Den letzten Teil hatte sie schon gar nicht mehr gehört, starrte ihre Freundin nur fassungslos an. Deutlicher hätte Osa es dann doch nicht machen können. Asako fühlte, wie ihre Hand zitterte und ihr Körper sich taub anfühlte. Sie hatte ihre Hoffnungen gänzlich in diesen Abend gesetzt und Osa hatte sie abgewiesen. Fast tranceartig setzte sich ihr Körper fast automatisch in Bewegung nachdem sie den Blick von den Augen der anderen losgerissen hatte. Der Hanagumi-Star wollte sie am Arm festhalten, doch der Vice zuckter zurück als die Fingerspitzen sie berührten. „Ich... sollte gehen“, murmelte die Jüngere monoton, war sich nicht so sicher, ob das wirklich sie war, die da sprach. Ihre Stimme kam ihr mit einem Mal so fremd vor. Was genau die andere noch sagte, als sie ihr den Rücken zugedreht hatte, vernahm sie nur noch dumpf, ging stattdessen in den Eingangsbereich, wo sie ihre Stiefeletten überzog und die Wohnung verlies ohne weiter auf die andere zu achten. Wie von selbst steuerte ihr Körper durch die inzwischen stockdusteren Gänge des Takarazuka-Dorms. Ihr Kopf und Geist versuchten immer noch irgendwie ein zu ordnen, was da zwischen ihr und Osa vorgefallen war, doch sie kam nicht dahinter. Den Fehler suchte sie bei sich. Was hatte sie falsch gemacht? War sie zu voreilig gewesen, zu direkt? Oder hatte sie einfach die falschen Worte gewählt? Osa verärgert? Sie wusste es nicht. In ihrem Kopf überschlug sich alles und Asako fühlte die Tränen von ihrem Kiefer tropfen. Dabei versuchte sie sich zusammen zu reisen. Sie wollte die Zeit zurückdrehen, verhindern, dass dieser Abend jemals passiert war und Osa einfach von weitem weiter anhimmeln, flehen, dass diese irgendwann ihre Bitte erhören würde. Aber so konnte sie ihrem König nicht mehr unter die Augen treten. Bei jedem anderen hätte sie wohl einfach mit den Schultern gezuckt und hätte mit ihrem Leben weiter gemacht, doch seit Takarazuka war Osa ihr ganzer Lebensinhalt gewesen. Sie hatte alles nach dieser Frau ausgerichtet. Ihre Beine stoppten und Asako hob den inzwischen trübe gewordenen Blick. Es war stockfinster, doch sie wusste genau, wo sie sich befand. Unter diesem Baum, der um diese Jahreszeit nichts anderes trug als ein paar knochige, fast gruselig wirkende Äste, hatte sie Osa kennen gelernt. Damals hatte sie unter diesem Baum gesessen, hatte frustriert geweint und ihre Probleme in sich hinein gefressen. Die damalige Schülerin hatte sich einfach zu ihr gesetzt, stundenlang, hatte ruhig gewartet bis ihre Tränen versiegt waren und sich alles angehört, was die Jüngere zu sagen gehabt hatte. Wieso sie diese früher fremde Frau in ihr Leben gelassen hatte wusste sie bis heute nicht, doch sie war zu ihrer besten Freundin geworden. Freunde. Nicht mehr. Mit dem Rücken lehnte sich Asako gegen die Borke, rutschte dabei hinunter und fühlte, wie der rauhe Kork an ihrem Rücken durch das dünne Hemd hindurch kratzte. Ihr war kalt, viel zu kalt, doch ihre Glieder protestierten dagegen sich zu rühren, die Umgebung war matt und schwarz, verschwommen. Sie schloss die Augen und sackte etwas weiter in sich zusammen. Die umliegenden Geräusche nahm sie nur durch einen dumpfen Schleier hindurch war und auch das Gefühl wich schnell aus ihren Gliedmaßen. Sie fühlte sich so wertlos wie nie zuvor in ihrem Leben. Wie viel Zeit vergangen war wusste sie nicht, doch sie glaubte unterschwellig eine Stimme zu hören. Inzwischen machte sie ihr eigenes Atmen taub und ihr Brustkorb tat fürchterlich weh. Obendrein schaffte sie es kaum die Augen zu öffnen, doch als sie es dann doch tat, wohl nur einen Spalt, half es ihr gar nichts. Sie fühlte sich, als ob man sie in eiskaltes Wasser geworfen hätte, welches sie stockend ein und aus atmete und durch welches sie sehen musste. Ihre Lider fielen wieder zu und erneut überrannte ein Schmerz ihren Brustkorb. Nochmals hörte sie diese Stimme, etwas deutlicher, aber immer noch übertönt durch den Atem, der in ihren Ohren wiederhallte. Für einen Moment glaubte ihr verwirrter Verstand, dass es Osa sei. War ihre Freundin vielleicht doch zu ihr gekommen? Hatte sie es sich nochmal überlegt? Asako fühlte einen plötzlichen Ruck an ihrem Körper, der so sehr schmerzte, dass sie am liebsten geschrien hätte, doch ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Auf den Schmerz folgte jedoch eine ganz angenehme Wärme, leicht und flüchtig. Aus Angst, dass diese Wärme auf einmal einfach verschwinden könnte versuchte sie ihre Arme etwas zu bewegen, diese fest zu halten, doch jetzte Bewegung zog sich wie ein Blitz durch ihren Körper. Sie nickte wohl einen Augenblick weg oder ihr Kopf entschied sich für eine Weile einfach aus zu setzen, doch als ihr Kopf wieder aufmerksamer wurde war diese stechende Kälte, die sich wie Nadeln in ihre Haut gebohrt hatte, weg. Sie fror noch immer, doch nicht mehr so heftig. Sie spürte, wie ihr Gewicht verlagert wurde und wie etwas unter ihr nachgab, wesshalb sie erneut versuchte die Augen ein wenig zu öffnen nur um kurz darauf geblendet zu werden. Da war schon wieder diese Stimme, doch noch immer konnte sie kein Wort davon verstehen. Eine Zeit lang darauf passierte nichts. Dann jedoch wurden ihre Arme bewegt und Asako entwich ein leises Wimmern, dass in ihren Ohren so viel lauter war als normalerweise. Die Bewegung schmerzte und diese unterträgliche Hitze auf ihrer Haut machte es nur schlimmer. „Ich bin gleich fertig“, hörte sie dumpf, konnte aber nicht sagen, wem diese Stimme gehörte. Sie wollte etwas sagen, doch wieder verweigerte ihr Körper ihr den Dienst, der dumpfe Laut kehrte in ihre Ohren zurück und ihre Umgebung wurde still. Der Druck löste sich um ihren Brustkorb, gefolgt von einem weiterem, intensiverem Schmerz, der Asako nach vorne kippen lies, doch etwas hielt sie in der aufrechten Position. Wie schon zuvor wurde es vor den Augen der anderen schwarz, doch als sie wieder einigermaßen zu sich kam, die Muskeln ihres Körpers fühlten sich noch immer zerrissen und durchstochen an, fühlte sie eine angenehme Wärme, die sie einmummelte und zum Schlafen einlud. An ihrem Oberkörper war nochmal eine intensivere Hitze, die ihren so gereizten Brustkorb etwas beruhigte und nach der sie nochmals griff, es irgendwie schaffte diese Hitze im Arm zu behalten und daraufhin die Augen zu schliesen. Alles in ihr schrie nach Ruhe, nach Schlaf um die Ereignisse des Abends zu vergessen. Bevor ihr Körper den Geist aufgab und sich dem Bedürfnis hingab spürte sie weiche, warme Finger auf ihrer Stirn, die ihren dröhnenden Kopf zumindest für einen Augenblick etwas beruhigten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)