Nur Worte... von bumble ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hallo zusammen, tut mir leid, dass meine Fortsetzungen zu meinen anderen Stories so lange dauern, daher gibts jetzt was kleines für zwischendurch^^ Dieser Oneshot ist für meine allerliebste Sid_Vicious, die mich immer inspiriert und ein Haus mit Garten in meinem Herzen hat. Sorry, Schatz, dass ichs einfach nicht eher hinbekommen habe, aber besser spät als nie. Ich hoffe es macht dir Freude. Und allen anderen Lesern wünsche ich natürlich auch viel Spaß. Ich hoffe, es gefällt euch. *TeeeinschenkundSchokoladeverteil* Anmerkung: Nix meins, weder Ron noch Draco noch das Potterversum, nur die Idee kommt von mir^^ _________________________________________________ Weil wir manchmal eben die richtigen Worte brauchen, damit die falschen an Bedeutung verlieren. Nur Worte… Es tat weh. Auf eine Art, die ich nie für möglich gehalten hätte. Auf einmal. Einfach so. Ohne dass ich den Grund kannte. Aber es tat weh. Meine Brust schmerzte. Ich hatte das Gefühl, mein Herz hätte einen Riss bekommen. Es waren nur Worte gewesen, nur Worte. Die mir nicht fremd waren. Die ich schon so oft gehört hatte. Doch das erste Mal überhaupt ließen sie mich nicht kalt. Ganz im Gegenteil. „Weasley, du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen.“ Da waren sie. Seine Worte. In meinem Kopf. Die ganze Zeit. Ich konnte sie nicht ausblenden, mich nicht ablenken. Und es tat immer noch weh. Als ich heute Morgen aus dem Bett stolperte und zum Frühstück hetzte, als ich mit Harry und Hermine sprach, als ich den so verhassten Zaubertränke-Unterricht betrat, hätte ich nicht gedacht, dass so etwas passieren würde. Dass es mich so aus der Bahn werfen würde… Wir wurden in Teams eingeteilt. Ein Slytherin und ein Griffindor. Und weil mich so unsagbares Glück verfolgte, geriet natürlich ausgerechnet ich an Draco Malfoy. Und da die Herstellung von Zaubertränken nicht unbedingt zu meinen Stärken gehörte, war ich wohl keine große Hilfe. „Weasley, du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen.“ Nur Worte. Aber sie trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Völlig unerwartet. Und es waren nicht nur die Worte selbst. Es war auch die Art, wie er sie gesagt hatte. So völlig gleichgültig. Als wäre ich es einfach nicht wert, dass man sich mit mir befasste. Er hatte mich beleidigt, wie sooft. Dennoch war es anders. Diesmal. Weil es wehtat. Zum ersten Mal. Ich war einfach herausgestürmt. So schnell ich konnte. Damit niemand die Tränen sehen würde, die ich so schwer zurückhalten konnte. Von denen ich nicht wusste, woher sie kamen. Und als Harry mir hinterherlief und mich am Arm packte, habe ich ihn angeschrien. Ihm gesagt, er solle verschwinden. Ich habe meinen besten Freund weggestoßen. Aber ich konnte ihn im Moment einfach nicht ertragen. Ich wollte allein sein. Niemand sollte mich so sehen. So, wie ich jetzt hier am See saß und heulte. Aber die Tränen kamen einfach von allein. Es hatte mich jede Menge Mühe gekostet, sie so lange wie nötig zurückzuhalten. Es war erbärmlich. ICH war erbärmlich. Es waren doch nur Worte gewesen. Nur ein paar blöde Worte. Von einem Kerl, auf dessen Meinung ich keinen Wert legte. Der mich nicht verletzen konnte. Eigentlich. Doch irgendetwas war anders. Heute. Und wenn ich darüber nachdachte, dann war es nicht nur heute anders gewesen. Es war anders geworden. Vor einigen Wochen. Irgendwie anders. Aber wie? Ich wusste es nicht. Ich war mir auch nicht sicher, ob ich es wirklich wissen wollte. Ich hatte mich wie ein Volltrottel verhalten. Für den er mich wahrscheinlich auch hielt. Malfoy. Dieses Ekel. Dieses verdammte Frettchen. Doch es tat immer noch weh. Ich zuckte zusammen. Da waren Schritte. Hinter mir. Ob Harry es vielleicht doch nicht aufgegeben hatte? Aber als jemand nur wenige Meter hinter mir stehen blieb, wusste ich, dass es nicht mein bester Freund war. Dass es überhaupt kein Freund war. Er war da. Ganz still. Ohne sich weiter zu bewegen. Ohne etwas zu sagen. Und trotzdem wusste ich es. Er verriet sich durch nichts. Und dennoch war es unverkennbar er. Niemand schwieg so wie er. Niemand schwieg so wie Draco Malfoy. Ich wollte ihn verfluchen, ihn anschreien, ihn verprügeln. Aber eigentlich wollte ich nur nicht, dass er mich so sah, so schwach. Ich wusste, ich würde es nicht ertragen, wenn er es noch einmal sagen würde. Wenn er sich über mich lustig machen, wenn er mich verspotten würde. Nicht jetzt. Es würde nur noch mehr schmerzen. Aber warum nur? „Was ist passiert mit uns, Weasley?“ Ich zuckte wieder zusammen. Er hatte mich überrascht. Ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, obwohl ich es doch eigentlich erwartet hatte. Doch ich hatte nicht erwartet, dass seine Stimme so…ruhig sein würde. So…warm. So ohne jeden Angriff. Ohne jeden Spott. Ich versuchte, mir möglichst unbemerkt über mein Gesicht zu wischen, um die verräterischen Spuren zu beseitigen, und räusperte mich, bevor ich sprach. Schweigen war noch nie eine meiner Stärken gewesen. „Was meinst du?“ Hoffentlich konnte er die Tränen nicht hören. „Was ich meine… Warum schaffen es meine Worte, dich zu schocken? Warum bringen sie dich dazu, hier zu sitzen und zu heulen? Und warum…tun sie mir leid?“ Er war immer leiser geworden. Ich spürte, wie meine Augen sich weiteten. Es tat ihm leid? Hatte er das wirklich gesagt? Doch das Echo in meinem Kopf war sich ganz sicher. Ich war einfach nicht mehr in der Lage dazu, ihn nicht anzusehen. Und mein Blick schien ihm zu verraten, was ich dachte. Er seufzte völlig untypisch, bevor er näher kam und sich einfach neben mich setzte. Ich konnte nicht aufhören, ihn zu mustern, während er unbeirrt aufs Wasser sah. Aber er sagte einfach nichts. Und dann verließen die Worte schneller meinen Mund, als ich denken konnte. „Was tut dir leid?“ Als ich meine Stimme hörte, erschrak ich vor mir selbst. Ich klang kratzig und matt. So gar nicht wie gewohnt. Als wäre ich jemand anderes. „Was ich vorhin gesagt habe…“ Das hier war merkwürdig, für uns beide. Ich spürte es. Wir waren nicht wir selbst, nicht wie sonst. Aber ich konnte nicht aufhören. Vielleicht auch gerade deshalb. „Was genau meinst du?“ Ich wusste, was er meinte. Er wusste es. Aber ich musste es hören. Von ihm. „Dass du zu nichts zu gebrauchen bist…“ Da waren sie wieder. Nur Worte. Und sie ließen mich nicht aufhören. „Und das tut dir leid?“ „Ja…“ „Warum?“ Und auf einmal fing er an zu lachen. Nicht laut. Nicht sehr. Nur ganz leicht. Aber trotzdem… Und als er mich plötzlich ansah, konnte ich es in seinen Augen erkennen. Ich hatte das Gefühl, es wäre das erste Mal, dass er mich wirklich ansah. Mir direkt in die Augen blickte. Dann seufzte er. „Du wirst wohl nicht aufhören nachzuhaken, bis ich es dir gesagt habe, was?“ Und immer noch war er so ruhig. Und sein Blick so fest. Ich konnte ihm nicht standhalten. Seit wann konnte ich ihm denn nicht standhalten? Ich senkte den Kopf und nickte nur. Ich wollte es wissen. Ich musste es wissen. Und zwar von ihm. Denn der Schmerz war noch da. „Also gut.“ Er wandte den Blick ab und schaute erneut über den See. Ich brauchte es nicht zu sehen, um sicher zu sein. Eine Weile saßen wir einfach nur schweigend da. Ich dachte bereits, dass er es dabei belassen würde, als ich wieder seine Stimme hörte. „Ich glaube, es ist nicht wahr. Dass du zu nichts zu gebrauchen bist. Du bist zwar nicht gerade eine große Hilfe bei der Zubereitung von Zaubertränken, aber…“ „Aber…?“ Er seufzte wieder. „Weasley, kannst du nicht einfach mal die Klappe halten und nur zuhören? Geduld ist eine Tugend, weißt du?“ Er klang nicht annähernd so genervt, wie ich erwartet hatte. Sondern unnatürlich entspannt. Beinahe schon amüsiert. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. Er war nicht der Draco Malfoy, den ich kannte, von dem ich ein klares Bild, eine feste Meinung hatte. Den ich hasste. Mit dem ich mich bis aufs Blut stritt. Der mich so wütend machen konnte, dass ich die Kontrolle verlor. Dessen Worte sonst aber an mir abprallten. Aber vielleicht lag es auch an mir. Vielleicht war ich ja einfach nicht mehr Ron Weasley. Der Typ mit der großen Klappe. Der sich nicht so einfach von einem Malfoy zum heulen bringen ließ. Der sich nicht vorstellen konnte, auch nur ein ruhiges Gespräch mit ihm zu führen. Vielleicht war es ja aber auch etwas von beidem. Vielleicht waren wir beide…anders. Die Worte des blonden Slytherin rissen mich erneut aus meinen wirren Gedanken. „…und dann habe ich Potter vom Astronomieturm geworfen.“ „Was?“ Ungläubig blickte ich ihn an. Was erzählte er denn da? „Weißt du, Weasley, dafür, dass du mich hier mit Fragen löcherst und ständig nachhakst, bist du erstaunlich unaufmerksam. Wollte nur mal testen, ob du mir überhaupt noch zuhörst. Anscheinend nicht wirklich.“ Sein Blick war…verschmitzt, würde Hermine jetzt wahrscheinlich sagen. Das passte irgendwie. Und auch ein bisschen vorwurfsvoll. Ich musste wirklich abgedriftet sein, dabei wollte ich es doch unbedingt wissen. „Ähm…sorry. Ich…kannst du es noch mal wiederholen?“ Ich versuchte, ihn möglichst entschuldigend anzusehen. Was an und für sich schon völlig absurd war. Was zur Hölle war nur los mit mir? „Nur wenn du mir erst eine Frage beantwortest.“ Er blickte mich herausfordernd an. Was sollte ich jetzt antworten? Wenn ich ablehnte, wäre unser Gespräch vermutlich sowieso beendet. Hatte ich also eine Wahl? „In Ordnung…“ „Warum…hatten meine Worte so eine Wirkung auf dich?“ Irritiert wandte ich den Blick ab. Auf diese Frage war ich irgendwie nicht vorbereitet gewesen. Als erstes in den Sinn schoss mir… „Ich weiß es nicht…“ „Es hat wehgetan, oder?“ „Ja…“ Ich antwortete einfach. Was spielte es noch für eine Rolle. Er wusste es bereits. „Warum?“ „Das…ist jetzt schon die dritte Frage, Malfoy.“ „Warum?“ Sein Blick war fest, unumstößlich. Er würde nicht aufhören. „Ich weiß es nicht.“ Ich spürte, wie ich wütend wurde. „Warum?“ Seine Stimme wurde lauter, energischer. „ICH WEISS ES NICHT!“, schrie ich ihm entgegen. Wir schauten einander fest in die Augen. Seine waren dabei so unsagbar tief und undurchdringbar, in meinen vermutete ich einen Sturm. Nur einen Moment später, ohne dass ich erfassen konnte, wie es dazu gekommen war, wie er so unglaublich schnell sein konnte, fand ich mich unter ihm wieder. Er hielt meine Hände fest, doch ich war viel zu erschrocken, viel zu…gefangen von seinem Blick, als dass ich auch nur versucht hätte, mich zu wehren. Er war einfach so unsagbar…nah. Und wieder erkannte ich mich selbst nicht. Nur weil er mir fest in die Augen blickte, leistete ich plötzlich keinen Widerstand mehr? Fing keine Prügelei an? Setzte mich nicht mit all meinen Kräften zur Wehr? „Kannst du es spüren, wie anders es zwischen uns ist?“ Es war nur ein Flüstern, aber genauso gut hätte er mich anschreien können. Es wäre nicht weniger intensiv gewesen. Ich nickte. Wie sooft heute. Ich traute den Worten nicht, die in meinem Hals steckten. „Und trotzdem kennst du den Grund nicht?“ Wieder ein Nicken von mir. Ich wusste den Grund wirklich nicht. Vielleicht wollte ich ihn aber auch nicht kennen. Ich war mir nicht sicher. Im Augenblick war es schwer genug, überhaupt zu denken. Ich war irgendwie…abgelenkt. Vom Denken. Und je näher mir sein Gesicht kam, umso weniger machte alles einen Sinn. Was würde jetzt passieren? „Du bist echt nervtötend und dazu noch verdammt schwer von Begriff, außerdem der beste Freund vom selbsternannten Retter der Zaubererwelt, den ich auf den Tod nicht ertragen kann, und so tollpatschig, dass es schon lächerlich ist. Du kapierst einfach gar nichts, sodass man meinen könnte, in deinem Schädel befinde sich lediglich ein Quäntchen Helium, das dich aufrecht gehen lässt. Und dein dümmlicher Gesichtsausdruck führt auch nicht gerade dazu, dass du in einem besseren Licht dastehst.“ Er seufzte. „Und trotzdem…schaffe ich es irgendwie nicht mehr, dich zu hassen,…weil…“ Er verstummte und blickte mich einfach nur an. Ich fühlte, wie ich ungeduldig wurde. Er konnte doch nicht an so einer Stelle einfach schweigen! „Weil…?“ Meine Stimme klang rau. Obwohl mir nicht entgangen war, dass er mich soeben wieder beleidigt hatte, hallten immer nur seine letzten Worte in meinem Kopf wieder. Er hasste mich nicht. Nicht mehr. Und ich glaubte ihm. Weil ich dieses Gefühl nur zu gut kannte. Weil ich selbst nicht mehr in der Lage war, ihn zu hassen. So sehr ich es auch versuchte. So absurd dies alles auch war. So wenig Sinn, wie es machte. Und bevor ich reagieren konnte, überbrückte er die letzte Distanz zwischen uns und ich spürte seine Lippen auf meinen. Lippen, die erstaunlich weich waren, was mir zu meinem Entsetzen nicht entging. Vor Schreck weiteten sich meine Augen, doch ich war nicht fähig mich zu bewegen. Es war falsch, das wusste ich, nur schien mir das im Moment völlig egal zu sein. Es war, als stünde die Welt still. In meinem Kopf herrschte absolute Leere und mein Herz klopfte so heftig gegen meine Brust, als wollte es sie sprengen. Das hier war einfach… Doch einen verwirrenden Augenblick später war es auch schon vorbei. Als ich meine Augen, von denen mir gar nicht bewusst gewesen war, dass ich sie geschlossen hatte, wieder öffnete, blickte ich in tiefes, unergründliches Grau. Sein Blick war so fest, dass ich das Gefühl hatte, er sähe direkt in meine Seele. Als wäre ich ein offenes Buch, in dem er einfach lesen konnte, ohne auch nur die erste Seite aufschlagen zu müssen. Es schien mir, als wüsste er mehr über mich als ich selbst. Aber das hier war Draco Malfoy, verdammt noch mal! Er wusste gar nichts über mich. Er kannte mich nicht, würde mich auch nie kennen. Wir waren Feinde. Wir hatten nichts gemeinsam, überhaupt nichts. Und dieser Kuss konnte auch nur ein weiterer Versuch gewesen sein, mich zu demütigen. So, wie er es immer versucht hatte. So, wie er eben war. Er würde sich niemals ändern. Nicht er. Zwischen uns würde sich niemals etwas ändern. Wütend stieß ich ihn von mir und stürzte mich im nächsten Moment auf ihn. Ich schrie ihn an. „Was soll der Scheiß? Willst du mich verarschen?“ Ich beleidigte ihn. „Du Arschloch! Du…du…Frettchen!“ Ich schlug auf ihn ein. Mit aller Kraft. Mit all meiner Wut. Er wehrte meine Schlage ab, tat sonst aber nichts. Er schlug nicht zurück. Er sagte nichts, verteidigte sich nicht. Er sah mich einfach nur an, was mich innehalten ließ. Wir befanden uns in der gleichen Position wie zuvor, nur mit vertauschten Rollen. Keuchend erwiderte ich seinen Blick. Es war einfach so schwer, ihn nicht zu erwidern. „Alles ist anders, Weasley. Es hat sich nichts verändert und trotzdem ist alles anders.“ „Das stimmt nicht. Nichts ist anders.“ Ich wollte ihn anschreien, wütend klingen, doch es gelang mir nicht. „In Ordnung. Dann stimmt es also nicht, dass du dich seit Beginn des Schuljahres immer wieder dabei ertappst, dass du mich beobachtest, manchmal sogar ohne es zu bemerken? Aber du erkennst es daran, dass du weißt, wie ich meinen Kaffee trinke, wie ich mir die Haare aus dem Gesicht streiche, was ich am liebsten esse…“ Seine Stimme war ruhig. Ich versuchte, seine Worte in meinem Geist zu widerlegen. Aber… „Dann stimmt es auch nicht, dass du jedes Mal, wenn wir uns auf dem Gang begegnet sind, versucht hast, jeglichen Streit zu vermeiden? Dass du nicht versucht hast, mich zu provozieren? Dass du dich auf meine Beleidigungen nicht eingelassen hast? Dass da einfach keine Wut mehr übrig war, die unser Aufeinandertreffen sonst stets bestimmt hat?“ Ich schluckte. Er hatte Recht. Ich ging jedes unserer Treffen durch, das mir einfiel. Er hatte Recht. Ich hatte es weitestgehend vermieden, mit ihm zu streiten. ICH! Mit IHM! „Dann stimmt es nicht, dass du kein Interesse mehr an irgendwelchen Mädchen hast? Dass du vor allem plötzlich keine romantischen Gefühle mehr für Granger hast?“ Verdammt. Verdammt! Verda… Er hatte Recht. Wieso hatte er Recht? Ich wusste, dass er Recht hatte. Aber er war Draco Malfoy. Er durfte einfach nicht im Recht sein. Er durfte es nicht… „Und es stimmt auch nicht, dass du den Kuss genossen hast?“ Ich zuckte aufgrund seiner Worte zusammen. Er hatte mich geküsst… „Es hat dir nicht gefallen?“ Sein Blick war fragend und immer noch so unerträglich intensiv. Ich hasste diesen Typen. Echt. Ich hasste ihn so sehr. Für alles, was er war. Für alles, was ich war, wenn er auftauchte. Und er war verdammt noch mal ein Todesser. Genau! Er war böse. Ich war gut. „Und dieser Kuss hat mir absolut nichts bedeutet!“ „Hat er nicht?“ Ich erschrak. Hatte ich das eben laut gesagt? Er lächelte. Warum zur Hölle lächelte er? Verdammt. „Warum hat er dir nicht gefallen?“ Seine Stimme war immer noch so abartig ruhig. „Weil du ein Todesser bist. Und ein Arschloch. Und…eben du!“ Ich wusste selbst, dass diese Begründung nicht besonders…stichhaltig war. „Bin ich nicht.“ Was? „Was? Du?“ „Nein, du Trottel. Ich bin schon ich. Und meinetwegen auch ein Arschloch. Manchmal. Aber ich bin kein Todesser…“ Was? „Was?“ Wow, ich übertraf mich heute wirklich wieder einmal selbst an ausgefeilter Rhetorik, wie Hermine mir jetzt sagen würde. Und dass der Slytherin unter mir jetzt auch noch anfing zu lachen, machte es irgendwie nicht besser. Und trotzdem fiel mir einfach keine passendere Frage ein. Daher stellte ich sie einfach noch einmal. „Was?“ „Ich bin kein Todesser.“ Mein Blick musste weiterhin äußerst ungläubig sein, denn er verdrehte auf malfoyische Art und Weise die Augen. „Wenn du mir nicht glaubst, dann überzeug dich selbst. Er hat mich nicht gekennzeichnet.“ Ich sah automatisch auf seinen Unterarm, der von seinem Pullover verdeckt wurde. Ich war verunsichert. Er war ein Malfoy. Harry war sich ganz sicher, dass er was im Schilde führte. Dass er ein Anhänger des dunklen Lords war. Ich hatte mich davon anstecken lassen. Jetzt würde ich mich selbst überzeugen können. Zitternd strich meine Hand über den Stoff und legte schließlich die darunterliegende Haut frei. Makellose, milchweiße Haut. Ohne irgendein Zeichen… „Kein dunkles Mal…“ „Nein. Hab ich ja gesagt.“ „Ja…aber…“ Bewies das irgendwas? Ich war mir nicht sicher. „Aber?“ „Das heißt nicht, dass du nicht auf deren Seite stehst.“ Ich schaute ihn skeptisch an. Er hatte die Augen geschlossen und atmete tief durch. Ohne es wirklich zu bemerken, wanderte mein Blick über sein Gesicht. Dieses Gesicht war wirklich… Ich zuckte zusammen, als ich durch graue Seelenspiegel wieder aus meiner Beobachtung gerissen wurde. Ich merkte, wie ich rot anlief. Er verwirrte mich. Wie schaffte er das bloß? Und wieso war es mir plötzlich so wichtig, auf welcher Seite er stand? Ich wusste es doch, eigentlich. „Würde es etwas ändern?“ „Was meinst du?“ Was meinte er? „Würde es etwas ändern, wenn ich nicht mehr auf deren Seite stehen würde? Würde es eine Rolle für dich spielen?“ „Ja…“ Und der Klang dieses einen Wortes ließ mich zu meinem eigenen Erstaunen erkennen, dass es stimmte. Es spielte eine Rolle. Es war mir wichtig. Er war mir wichtig. Dieses verdammte Arschloch. Und wieder lächelte er. Auf eine Art, die mir das Blut ins Gesicht trieb. Die mich nervös machte. Die mich meinen Blick nicht abwenden ließ. Die mich festhielt. Und als ich seine Hand an meiner Wange spürte, verlor ich die Kontrolle. Ich konnte einfach nicht anders. Wie er zuvor, presste ich meine Lippen auf seine. Als ich zart ihre Erwiderung spürte, schlossen sich meine Augen wie von selbst. Die Hast meines ersten Impulses wurde sanft. Wärme zog sich durch meinen ganzen Körper. Es war einfach…perfekt. Was völlig absurd klang. Aber es fühlte sich so richtig an. Ich dachte, es könnte gar nicht besser sein, bis ich eine feuchte Zunge an meinen Lippen spürte, die kleine Blitze durch meine Glieder schickte. Und als ich ergeben meinen Mund öffnete und unsere Zungen sich berührten, explodierte ein Feuerwerk in meinem Bauch. Es war nur ein Kuss. Es war nicht mein erster. Dennoch war alles anders. Weil er es war. Weil ich ihn wollte. Weil es wehgetan hatte. Ich löste mich keuchend von ihm, als ich dies erkannte. Er hatte mir wehgetan. Und es hatte nur so sehr geschmerzt, weil er es war. Weil ich ihn nicht mehr hasste, sondern… „Weasley, du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen.“ Da waren sie wieder. Seine Worte. In meinem Kopf. Und nun, nachdem ich bemerkt hatte, warum sie mich so trafen, verletzten sie mich nur noch mehr. Mit gesenktem Blick wandte ich mich von ihm ab und setzte mich wieder in Richtung See ins Gras. Ich schloss meine Augen. Es war sicher nur ein Spiel gewesen. Und ich war darauf hereingefallen. Ich war wirklich ein Trottel. „Weasley?“ Ich meine, wie konnte man so bescheuert sein? Er hatte mir doch klar gesagt, was er von mir hielt. Wie konnte ich glauben, er wollte sich entschuldigen? „Weasley?“ Aber ich hatte es eigentlich gar nicht geglaubt, ich hoffte es, immer noch, so sehr. Doch eigentlich wollte er mir nur zeigen, was ich niemals haben könnte, wie erbärmlich ich doch war. Er würde mich lächerlich machen, wie er es immer getan hat. „Ron?“ Meinen Namen aus seinem Mund zu hören, war völlig absurd. Ich mochte es. Verflixt. „Hey, Ron, was ist los?“ Seine Stimme war warm. Und auch wenn ich mir sicher war, dass ich es bereuen würde, hob ich meinen Blick. Diese verfluchten Augen. „Was ist los?“ Verdammte, dämliche, tiefgraue Augen. Wie immer konnte ich kein Stück in ihnen lesen. Sie waren ein Rätsel für mich. Doch sie erschienen mir nicht so kalt wie gewohnt. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. „Weasley, du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen.“ Ich versuchte seinen Tonfall so weit wie möglich nachzuahmen, auch wenn es mir nicht wirklich gelang. Ihn fehlerfrei zu imitieren war einfach nicht möglich. Dafür war er schlicht zu…speziell. Als er meine Worte, na ja, eigentlich seine Worte, vernahm, glaubte ich, eine Reaktion in seinen Seelenspiegeln zu erkennen, bevor er seufzte und mir kurz über die Wange strich. Warum tat er das nur? Und warum verabscheute und mochte ich es gleichzeitig? Einen weiteren Moment hielt er mich mit seinem Blick gefangen, dann wandte er sich ab und setzte sich direkt neben mich ins Gras. Einen Augenblick lang war es unerträglich still, bis er begann zu lachen. Einfach so. Völlig frei. Ohne höhnischen Unterton. Ohne Spott. Mit warmer Stimme. Malfoy. Draco Malfoy. Lachend. Draco… „Wenn ich mir meine eigenen Worte so durch den Kopf gehen lasse… Weißt du, was das Ironische daran ist?“ Er sah mich an. Immer noch lächelnd. Sogar seine Augen lächelten. Diese verdammten Augen. Er schien auf eine Antwort zu warten, daher schüttelte ich den Kopf. Ich konnte leider nichts Ironisches daran erkennen. Zumindest nicht, wenn ironisch das bedeutete, was Hermine mir vor Kurzem erklärt hatte. Er wandte seinen Blick wieder von mir ab und richtete ihn auf den See. Tief sog er die frische Luft in seine Lungen. Und ich konnte nicht damit aufhören, ihn anzustarren. „Es ist ironisch, weil…ich dich brauche…“ Es war nur ein Flüstern, so leise. Aber es erreichte mich mit einer Wucht, die kein Gebrüll hätte bewirken können. Ich spürte, wie sich meine Augen völlig perplex weiteten. ER brauchte MICH? Ich meine… „Hä?“ Und wieder lachte er. „Weißt du, deine Rhetorik ist wirklich verblüffend, Ron.“ Oh, anscheinend hatte ich wieder laut gedacht. Ich sollte mir das wirklich mal abgewöhnen. Und er hatte es wieder getan. Er hatte mich bei meinem Vornamen genannt. Eigentlich nichts Besonderes. Trotzdem fühlte es sich…gut an. Verdammt… Sein Seufzen riss mich erneut aus meinen Gedanken und meinen wirren Gefühlen. Doch seine Worte warfen mich gleich wieder zurück. „Es klingt komisch, wenn ich so was sage, oder? Gerade zu dir. Ich wollte es ja selbst nicht glauben. Aber wenn man sich ständig dabei ertappt, wie man an jemanden denkt, der einem eigentlich egal sein sollte, dann schafft man es irgendwann einfach nicht mehr, sich selbst zu belügen.“ Und wieder seufzte er. Das tat er wirklich häufig heute. Ich könnte mich daran gewöhnen. Und dieser Gedanke erschreckte mich. Weil ich es wollte. Mich daran gewöhnen. Wenn… Gab es denn irgendeine Chance, dass es nicht nur heute, nur jetzt so sein würde? Aber wie war es eigentlich? Was waren wir? Und viel wichtiger: Was könnten wir sein? Könnten wir etwas anderes sein als das, was wir immer gewesen sind? „Ich weiß, du zweifelst daran, dass das hier echt ist. Das…tue ich auch. Die Frage ist, ob es einen Versuch wert wäre. Wäre es das wert?“ Während dieser kurzen, so bedeutungsvollen Frage, sah er mir direkt in die Augen, nur um seinen Blick danach wieder auf das ruhige Wasser zu richten. Ich hatte in diesem Moment das Gefühl, die Zeit würde stillstehen. Ob er öfter so sein konnte? So…warm? So…echt? War das vielleicht eigentlich der echte Draco? Draco… Auch daran könnte ich mich gewöhnen. Aber…wäre es das wert? „Ja…wenn…“ „Wenn was?“ Ich zuckte zusammen. Hatte ich es schon wieder getan? Wahrscheinlich. Ich musste wirklich aufhören, laut zu denken. Nun seufzte ich. Er hatte mich angesteckt. Vielleicht könnte ich das auch. Vielleicht… Jedenfalls könnte ich es versuchen. Aber nur wenn…wenn… „Auf welcher Seite stehst du? Ich meine, du bist ein Malfoy. DER Malfoy. Von DEN Malfoys. Den bösen Malfoys. Also… Du bist das eben!“ Meine Stimme war immer lauter geworden. Was hatte ich da eigentlich erzählt? Aber so war es doch. Oder? „Im Prinzip hast du recht. Ich bin ein Malfoy. Werde ich wohl auch immer sein. Aber…“ Er schüttelte den Kopf und fuhr sich über die Augen. „Weißt du, mein Vater wollte vor ein paar Monaten, in den letzten Ferien, dass ich das dunkle Mal erhalte. Es wäre eine Ehre, meinte er. Ich wäre der jüngste Todesser aller Zeiten. Ich könnte dadurch wieder gutmachen, womit er beim dunklen Lord in der Kreide stand, sagte er. Es wäre für die Familie. Es wäre unser Schicksal. Bla bla bla. Und…ich war bereit dazu. Ich hatte damit gerechnet. Es vorhergesehen. Es war mir doch schließlich vorherbestimmt, oder? Jeder erwartete es von mir. Meine Eltern. Der dunkle Lord. Der Orden. Dumbledore. Potter. Du. Jeder. Aber…ich konnte es nicht…“ „Warum…?“ Warum? „Weil…ich wusste, dass… Wenn ich das mache, dann…wäre da nicht einmal eine minimale Chance, dass…dass… na ja, das hier eben. Dass wir hier sitzen. Dass wir uns unterhalten. Dass wir vielleicht…“ Er blickte mich direkt an. „Dass du mich nicht leiden kannst, weil ich nun einmal ich bin, wie du gesagt hast, damit kann ich leben, denn das kann ich nicht ändern. Aber wenn du mich hasst, weil ich…dein Feind bin, auf der falschen Seite stehe…damit…hätte ich nicht leben können… “ Seine Stimme war ganz leise. Doch seine Worte waren laut. Jedenfalls in meinem Kopf. Und je öfter ich sie gedanklich wiederholte, umso lauter wurden sie. Meinetwegen. Er war meinetwegen kein Todesser geworden. Wegen mir… „Im…Moment stehe ich wohl auf keiner Seite, aber…falls du glaubst, dass…du bereit dazu wärst, würde ich gern auf deiner stehen…“ „Warum?“ Er hatte es schon gesagt, aber ich konnte es nicht glauben. Es war…absurd. Nur ein Traum. Das alles hier. Ich würde aufwachen und alles wäre wie zuvor. Und doch wünschte ich mir, dass es tatsächlich passierte, dass es echt war. Weil ich wusste, dass ich es wollte, dass ich bereit war. Auch wenn ich mich daran gewöhnen müsste. Aber ich stellte es mir nicht allzu schwierig vor. Weil er lächelte. Mit seinen Augen. Bevor ich seine Worte vernahm, wendete er seinen Blick wieder dem ruhigen Wasser zu. Ich tat es ihm gleich. „Weil…ich…gern bei dir wäre. Egal wie die Geschichte endet…“ Seine Stimme war fest und entschlossen. Draco… Und da waren sie. Wieder nur Worte. Worte, von denen ich nie geglaubt hätte, sie jemals zu hören. Vor allem nicht von ihm. Und doch waren sie da. Und sie änderten alles. Weil es die richtigen waren. Jedenfalls für mich. Ich konnte ein Lächeln nicht mehr unterdrücken. Denn ich hatte ohne zu suchen etwas gefunden, was irgendwie gefehlt hatte. Und auch wenn es immer noch absurd war, so machte es doch auf unerklärliche Art und Weise Sinn. Für mich… Und wie von selbst legte sich meine Hand auf seine… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)