Rewind von Asako (Alternative Storyline zu 'Behind the Scenes') ================================================================================ Kapitel 1: Fallen Angel ----------------------- „Egal was du mir jetzt gibst, ich werde es wegwerfen.“ Asako zuckte mit der Uhr in der Hand zurück. Egal was? Was sollte das jetzt wieder heißen? Verwirrt blickte die Otokoyaku auf, sah Saeko, inzwischen völlig durchnässt, in die Augen. Ihre Schminke war verlaufen, die Haare klebten an ihrem Gesicht, ebenso wie das nasse Hemd an ihrer Haut. Ihre Augen waren so streng, doch so sanft, so verstehend, dass es Asako beinahe das Herz brach. Das hatte sie doch gewollt oder? Dass Saeko zu ihr zurückkam. Der Blick des Tsukigumi-Stars fiel auf die Uhr, die sie noch immer in der Hand hielt, damit auch auf den Ring an ihrem Finger und sie verstand, worauf diese wundervolle Frau ihr gegenüber hinaus wollte. Der Ring symbolisierte alles, was in den vergangenen Jahren geschehen war, alles seit dieser Nacht, in der sie Elisabeth und den Tod gespielt hatten, alles, seit sie sich Kimu hingegeben hatte und damit alles vernichtet hatte, was Saeko wohl aufgebaut hatte. Saeko war bereit ihr noch eine Chance zu geben wenn Asako bereit war, alles hinter sich zu lassen. Sie könnte den ganzen Schmerz einfach vergessen und nochmal mit ihrem Engel, ihrem Tod, der Frau, der sie ihr Herz geschenkt hatte, ein neues Leben anfangen. Asako fühlte, wie ihr erneut die Tränen hochkamen und der Klos in ihrem Hals zunahm, drehte die Hand mit dem Ring ein wenig und starrte auf den kunstvoll eingearbeiteten, schwarzen Stein in dem weißgoldenem Ring. Sie hatte viele Stunden damit verbracht daran herum zu kritisieren, hatte alles, was während der Auftritte passiert war über Jahre hinweg bis ins kleinste Detail geplant gehabt, nur für Saeko. „Asako?“, fragte Saeko plötzlich und Asako schreckte etwas auf. Sie hatte gar nicht gemerkt wie das Wasser inzwischen durch ihre Kleidung durchgedrungen war und beinahe stechend kalt ihren Rücken hinablief. Erneut sah sie den völlig durchnässten Engel an, die sie mit inzwischen sehr sorgvollem Blick ansah, die leere Hand noch immer vor ihrer. Die Otokoyaku umklammerte die Uhr in ihrer Hand etwas fester. „Du... bist nicht glücklich mit dem, was ich getan habe, oder?“, fragte sie mit abknickender Stimme, versuchte dabei den Klos im Hals hinunter zu schlucken. „Nein. Aber wer wäre das schon?“ „Bist du sauer auf mich?“ Saeko schwieg, sah sie nur stumm an und nahm die Hand etwas zurück. „Worauf... worauf willst du hinaus?“, fragte Saeko dann leise. Asako lächelte nur etwas, sah erneut auf die Uhr. Sie hatte sie kaputt gemacht und damit alles wofür sie stand. Sie hasste ihr Leben, jeden Aspekt davon. Saeko war ihr Licht, ihre Hoffnung, aber verdient hatte sie das ganze nicht. „Ich bin zu einem Monster geworden, Saeko“, begann sie dann leise, ihre Stimme zitternd, wie der ganze Rest ihres Körpers. „Ein Dämon. Natsuki...“ „Ich weis, was du mit Chika gemacht hast. Es war nicht richtig, aber das ist nicht der Punkt.“ „Oh doch. Das ist der ganze Punkt. Ich kann nicht mehr zurück, obwohl ich es so gerne will. Was ich gemacht habe ist unverzeihlich.“ Saeko wollte erneut etwas sagen, doch Asako nahm die Hand der Älteren, platzierte die Uhr darin und schloss die schlanken Finger um das Silberschmuckstück, oder zumindest das, was davon übrig geblieben war. „Ich verdiente deine ganze Liebe nicht. Ich verdiene es nicht, dass du mir noch eine Chance gibst. Wer sagt mir, dass ich nicht das Selbe mit dir mache wie mit Natsuki?“ Fassungslos starrte Saeko auf die silberne Uhr und Asako sah das Entsetzen in ihren Augen, sah, wie sich Tränen darin sammelten. „Du würdest mir nicht wehtun, Asako“, hauchte Saeko leise, wobei ihre Stimme brach. „Denk nochmal darüber nach.“ „Ich tue es doch jetzt oder? So wie die ganzen letzten Jahre. Du bist eine so wundervolle Person, Saeko und du hast etwas besseres verdient als ein Monster wie mich.“ „Du bist kein Monster...“ Nur schwer und mit müden Augen sah Asako erneut auf, schloss sie aber, als sie sah, wie Saeko vor ihr in Tränen ausbrach. „Sag das Shio. Sag das Kimu, Mattsu, Chigi, Mirio oder Masao. Sag das Gaichi oder Yuuhi. Sag das Kiriyan. Sag das Osa. Sie alle haben mir gesagt, dass ich nicht mehr die bin, die ich mal war. Sie haben Recht. Ich bin nicht die Frau, in die du dich damals verliebt hast. Ich will dir aber als eben jene im Gedächnis bleiben. Ich will nicht, dass du siehst, zu was ich geworden bin.“ Asako beugte sich vor, lehnte die Stirn an die der anderen und legte die Hände an die aufgehitzten Wangen, fühlte die Tränen darüber liefen. Sie wollte die Nähe der anderen nur noch einmal fühlen, wagte es aber nicht, sich einen Kuss von ihrem Engel zu stehlen. Damit würde sie Saeko nur noch mehr verderben als sowieso schon. „Asako nein...“, hauchte Saeko leise, krallte sich an ihrem Oberteil fest. „Geh.“ Etwas in Saeko zerbrach. Ihre ganze Welt wurde mit einem Mal dunkel. Nur wegen diesem einem Wort. Sie wollte Asako nicht loslassen, wollte nicht sehen, wie sie sich selbst in diesen Abgrund stürzte und in ihrer eigenen Finsternis versank. So hätte das alles nicht laufen dürfen. Saeko hatte sie auffangen wollen, das Monster in ihr einsperren. „Geh.“ Die Stimme des Tsukigumi-Stars war noch immer dumpf in ihren Ohren, spürte nur, wie die kalten Finger ihre Wangen verliesen und Asako sich von ihr zurückzog, sich erhob und zum Rand des Daches ging. Alles was sie tun konnte war, auf den Rücken der anderen zu starren, zu sehen, wie die nassen Haare an ihrem Nacken klebten. Saeko's Blick wanderten über die Schultern hinunter zu ihrer Hand, an dem sie immer noch den Ring trug. Asako hatte sich entschieden. Die letzten Jahre hatten sie zerbrochen und jetzt war es zu spät. Ihr Engel war gefallen und es war zu spät um sie vor der Klippe zu schützen, über die sie sich gestürzt hatte. Wie von selbst fiel der Kopf der ehemaligen Otokoyaku hinunter. Alles vor ihren Augen wirkte verschwommen, doch sie sah, wie die Tropfen auf das angelaufene, zerkratzte Silber der Uhr fielen, die zwischen ihren Fingern lag. Tranceartig öffnete sie das Gehäuse der Uhr. Sie stand noch immer auf einer Uhrzeit, wobei der Sekundenzeiger lose im Uhrwerk hing. Das Glas war gesprungen und die Uhr irreperabel zerstört. Nochmals sah Saeko auf, bemerkte, dass Asako sich nicht von der Stelle bewegt hatte. Nur langsam stand sie auf, wollte eigentlich zu ihrer Freundin, zu ihrem Engel hingehen, aber da war diese unsichtbare Mauer, die Asako im Lauf der Jahre um sich gezogen hatte und sie zurückhielt. Sie kam nicht zu ihr durch. Als ob sie gegen jene Mauer gerannt wäre torkelte die Ältere zurück, fühlte, als würde ihr Herz in Stücke gerissen werden als sie das Dach verlies. Noch nie vorher hatte die Stille so in ihren Ohren weh getan wie in diesem Moment. Der Regen war nie so furchtbar kalt gewesen. Das Loch in ihrem Herzen wurde unendlich groß, sodass sie genau merkte, wie es sie verschlang. Es war vorbei. Alles. Nur das Netz ihrer eigenen Dunkelheit war noch präsent und Asako spürte genau, wie es sie erhang. Zeitlupenartig hob die Otokoyaku die Hand, besah den tiefschwarzen Stein an ihrem Finger, der sie immer mehr in seinen Bann zog. Der Stein fiel in das Loch in ihrer Seele und riss es nur noch weiter auf wie ein scharfes Messer in ihrem Fleisch. Sie zog das Weißgold vom Finger, lies ihn neben sich auf den Boden fallen. Sie wollte das alles nicht. Kein Ruhm, kein Geld, keine Macht. Doch das was sie wollte, hatte sie einfach nicht verdient. Nicht nach dem, was sie getan hatte. Sie war sich jeder einzelne ihrer Taten voll bewusst gewesen, hatte es dennoch getan obwohl sie wusste, dass sie Saeko damit wehtun würde. Jetzt war sie weg. Asako schloss die Augen. Es war vorbei. Saeko konnte nicht sagen, wie lange sie gebraucht hatte um durch das Treppenhaus wieder nach unten zu laufen. Eigentlich hatte man erwarten sollen, dass sich alles in ihr überschlug, doch in ihr herrschte nur diese furchtbare Leere. Sie hatte all ihre Hoffnungen in diesen Abend gesetzt und Asako hatte ihr den Rücken zugedreht. Sie hatte allen den Rücken zugedreht, die ihr hatten helfen wollen. Wieso war ihr schleierhaft. „Saeko!“, rief Osa, als sie mit Gaichi aus dem Wagen ausstieg. Auch Yuuhi stieg aus dem Auto, Shio, Kimu und Kiriyan kamen aus einem weiteren. „Was ist los? Wo ist Asa?“ Der ehemalige Top Star bekam keinen Ton heraus, lies den Kopf hängen und hob nur die zitternde Hand, in der sie die kaputte Silberuhr hielt. Osa verstummte und sie bemerkte nur, wie sich die anderen ansahen. „Ich hab versagt“, flüsterte Saeko leise, schluchzte etwas. „Verdammt dann prügeln wir es ihr halt rein!“, rief Osa, merklich aufgebracht, wobei ihre Stimme mitten im Satz abknickte. „Wir können doch nicht...“ „Osa!“, ermahnte Yuuhi sie und hielt sie an der Hand fest, als Osa in Richtung Haus loslief. „Wenn selbst Saeko es nicht geschafft hat...“ Den Rest der Unterhaltung der Truppe bekam die ehemalige Otokoyaku nicht mit, ging ein paar Schritte auf die Seite. Wenn sie gewusst hätte, dass es so enden würde, dann hätte sie es nie getan. Sie hätte Asako nie angesprochen, hätte ihr nie gestanden, wie sie fühlte. Dann wäre sie sicher mit Osa glücklich geworden. Sie hätte bei Natsuki bleiben sollen. Sie wäre stark genug gewesen, diese Einsamkeit zu ertragen, aus der Asako sie rausgeholt hatte. Die ehemalige Tod-Darstellerin hatte versagt. Saeko brauchte ein paar Sekunden, um das Schreien hinter ihr zu bemerken, zu bemerken, wie ein paar der Frauen in Richtung des Hauses hechteten. Langsam drehte sie sich um, folgte dann den Blicken der anderen. Der Moment, in dem sie den Schatten über den Rand des Hausdaches gleiten sah, schien ewig an zu dauern. „Asako!“ Kapitel 2: Reset ---------------- „Natürlich ist es meine Schuld! Ich hätte... Ich sollte...“ Diese Stimme. Es war so dunkel. Wo war sie? Dieser Geruch war ziemlich merkwürdig. „Selbst wenn du da geblieben wärst...“ Wer war nun das schon wieder? „...ich glaube nicht, dass wir sie hätten aufhalten können.“ Aufhalten? Wen? Vor was? Verdammt ihr Kopf dröhnte so stark, als ob eine Horde Elefanten drübergerannt wäre und verhinderte, dass sie geradeaus dachte. Jetzt, wo sie langsam zu sich kam spürte sie auch den Schmerz, der in ihrem ganzen Körper saß. Wie konnte das sein? Sie konnte sich nicht erinnern irgendetwas fatales gemacht zu haben. Ein Unfall beim Training vielleicht? „Ich hätte es wenigstens versuchen sollen anstatt sie ihrem Schicksal zu überlassen!“ Diese Stimme hatte irgendwie etwas vertrautes, auch wenn sie keinen Namen oder ein Gesicht zuordnen konnte. Eine Wärme schlich sich über ihre Hand und sie fühlte etwas feuchtes auf ihre Haut tropfen. Die Stimme schluchzte etwas. Befand sie sich neben ihr? „Wir haben alle irgendwie Schuld.“ Eine weitere Stimme, die ihr nichts sagte. „Die Idee war hirnrissig.“ Ein seufzen. „Es tut mir leid.“ „Dich trifft keine Schuld, Yuuhi.“ Osa? Sie klang so traurig. „Wir haben uns das alle zusammen ausgedacht.“ Was ausgedacht? Verdammt warum war es so schwer einfach die Augen auf zu machen? Ihr Körper gehorchte ihren Befehlen nicht, fühlte sich schlapp an und schmerzte. Wenn dieses lästige Piepen im Hintergrund nur nicht wäre. Es machte sie wahnsinnig. „Und was machen wir jetzt?“ „Ich weis es nicht.“ „Wir können nur warten und das Beste hoffen. Der Arzt sagt sie kommt durch.“ „Dem Himmel sei dank...“ Sie hörte, wie sich jemand im Raum bewegte. „Es ist ein Wunder, dass sie das überlebt hat.“ Überlebt? Redeten diese Stimmen von ihr? Osa... was hatte das alles zu bedeuten? Sie wollte die Augen erneut aufmachen, versuchte ihren Körper zu zwingen etwas zu tun. Doch noch immer keine Reaktion. „Sie hat aber einen ziemlichen Schlag auf den Kopf bekommen oder?“ „Zumindest hat man es mir so erzählt. Aber ansonsten ist sie bis auf ein paar Prellungen und Zerrungen unverletzt. Sie hat verdammtes Glück, dass da so viele Bäume standen.“ Schon wieder eine andere Stimme. Das ganze Wirrwarr an unbekannten Personen war verwirrend und ihr Kopf schmerzte nur noch weiter. Redeten die über sie? Oder jemand anderes? Erneut versuchte sie ihre Augen zu öffnen. Das konnte doch nicht so schwer sein... „Asako!“, rief die Stimme neben ihr plötzlich. Geblendet von dem plötzlichem Licht, weiß der Teufel wie sie die Augen aufbekommen hatte, blinzelte sie etwas. Die Personen im Raum schienen mit einem Mal auf zu springen. Stühle knarzten über den Boden und Absätze knallten am Boden. „Asako.“ Da war Osa's Stimme schon wieder. „Asako kannst du mich hören?“ „Ich hol den Arzt.“ Die Tür fiel ins Schloss als Asako es erneut schaffte die Augen zu öffnen, sah daraufhin Osa's sorgvolles Gesicht. Sie versucht zu lächeln, zu sagen, dass sie sie natürlich hören konnte, aber sie drehte nur den Kopf etwas zu der Hand, die über ihre Wange strich. Fast wäre Saeko erneut weinend zusammengebrochen, sackte stattdessen nur auf ihren Stuhl zurück und umklammerte die Hand des gefallenen Tsukigumi-Stars fester. Sie hatte nie vorher im Leben so furchtbare Angst um jemanden gehabt, konnte kaum glauben, dass Asako den Sturz vom Dach so mehr oder minder unbeschadet überlebt hatte. Wie lange sie schon zu siebt in dem Krankenzimmer verbracht hatten wussten sie nicht, aber es war viel zu lange gewesen. Asako hatte eine halbe Ewigkeit auf der Intensivstation gelegen, sodass Saeko mehr als einmal vor der Tür zusammengebrochen war und Gaichi sie hatte wegzerren müssen um sie zumindest einigermaßen zu beruhigen, insbesondere, als der Arzt ihnen mitgeteilt hatte, dass Asako jeden Augenblick ins Koma fallen könnte. Osa war aber nicht minderschwer dran, immerhin hatte ihre beste Freundin sich vom Dach ihres Hauses geworfen. Kiriyan und Yuuhi hatten Gaichi dabei geholfen die beiden Frauen zumindest etwas gut zu zu reden, auch, wenn sie genauso verstört waren wie Osa selbst. Shio und Kimu spielten die Laufburschen, informierten sich regelmäßig über Asako's Zustand bis sie schlieslich alle in das kleine Krankenzimmer gebracht worden waren. Irgendwann hatten sich Shio und Kimu vor die Tür gesetzt um eventuelle Presseleute, die sicherlich irgendwann auftauchen würden um den Skandal zu dokumentieren, ab zu halten und die Ärzte zum Schweigen zu verpflichten. Diese Geier hackten immer auf solchen Geschichten rum, was Asako sicherlich jetzt gar nicht gebrauchen konnte. Saeko schluchzte erneut, lehnte die Stirn an die kalte Hand ihrer Freundin. „Verdammt wie konntest du nur? Wieso Asako?“, fragte sie atemlos, erwartete aber keine Antwort. Der Arzt hatte ihr gesagt, dass sie wohl einige Zeit brauchen würde um wieder richtig zu sich zu kommen nach der Gehirnerschütterung, die sie erlitten hatte. Besagter Arzt betrat auch kurz darauf gefolgt von Kiriyan und Yuuhi den Raum, woraufhin Saeko aufsah. Sie rutschte etwas auf die Seite als der fast winzige Mann anfing die wieder zu sich gekommene Frau zu untersuchen. Diese wirkte etwas neben sich. „Was ist mit ihr?“, fragte Saeko dann doch ungeduldig. „Beruhigen sie sich“, sagte der Arzt, sah sich einmal im Raum um, wo die versammelten Frauen ihn erwartungsvoll ansahen. „Ich muss sie bitten den Raum für einen Moment zu verlassen. Ich möchte in Ruhe meine Arbeit machen.“ „Was? Nein!“, sagte Saeko sofort, aber Gaichi hielt sie am Arm. „Komm schon. Sie wird nicht umkommen. Warten wir vor der Tür.“ Osa sah dabei zu, wie die Freunde Saeko ziemlich widerwillig aus dem Raum zogen, wobei Saeko immer wieder Schulterblicke zu Asako warf. Zunächst wollte sich Osa ebenfalls weigern, sah aber ein, dass sie nichts tun konnte um den Zustand ihrer Freundin zu bessern. Sie erhob sich von ihrem Platz auf der anderen Seite des Bettes, wo Saeko gesessen hatte, sah nochmals auf die Otokoyaku hinunter. Sie hing an diversen Geräten, hatte eine Beatmungsmaske, mehr zur Sicherheit als Notwendigkeit, auf dem Gesicht und hing an unzähligen anderen Kabeln. Sie hatten alle Hebel in Bewegung gesetzt um den Top Star größtmöglich ab zu sichern, denn immerhin war sie nicht nur als Freundin wertvoll. In Takarazuka war nur die oberste Chefetage von Asako's Krankenhausaufenthalt informiert, wobei sich die Freunde einig waren es als Unfall dastehen zu lassen. Gerade als sie aufstand fühlte sie ein schwaches Zupfen an ihrem Ärmel, das genauso schnell wieder weg war. „Osa...“, flüsterte Asako leise, sah aus müden Augen zu ihr hoch. Osa beugte sich lächelnd über ihre Freundin und strich ihr über die Stirn. „Du musst eine Angst haben. Dir passiert hier nichts.“ „Geh nicht.“ Etwas bedrückt sah die ehemalige Hanagumi-Darstellerin zum Arzt, der sich auf die andere Seite des Bettes stellte. Asako sah etwas verängstigt zu dem fremden Mann, wobei Osa daraufhin die Hand unter ihre schob und Asako sich in ihre Finger krallte. „Na gut. Bleiben sie“, sagte der Arzt, drehte sich dann zu den restlichen Frauen, die noch im Raum standen. „Der Rest bitte raus.“ Hilflos sah Gaichi dabei zu, wie ihre besten Freundin wie ein wildes Tier das Wartezimmer auf und ab ging. Sie hatte ihre Freundin noch nie so aufgebracht und unkontrolliert gesehen wie in diesem Moment. Für gewöhnlich Riss Saeko sich am Riemen, egal wie schwer es ihr manchmal fallen mochte, doch Sena's kritischer Zustand wühlte in ihrer Freundin wohl alles auf. Irgendwie konnte sie die andere schon verstehen. Die Angst ihre Freundin zu verlieren musste unerträglich sein, lies sie wie ein eingesperrtes Tier auf und ab rennen. Dass Osa im Raum bei Sena geblieben war gab ihr dann aber doch zu denken. Sie konnte zwar verstehen, wenn Sena sich nicht von ihrer besten Freundin trennen wollte, aber stand Saeko ihr nicht viel näher? Dann aber wieder schien der Tsukigumi-Star gar nicht realisiert zu haben, dass noch jemand ausser Osa im Raum gestanden hatte. Vielleicht nur ihre Verwirrung. So ganz bei sich schien die jüngere nämlich nicht gewesen zu sein. „Saeko jetzt setz dich doch endlich mal hin“, meinte Gaichi schlussendlich und seufzte schwer. „Erst wenn ich weis, dass da drin alles in Ordnung ist.“ „Es hilft ihr aber nichts, wenn du den Kopf verlierst. Wenn du dich verrückt machst schadest du ihr nur mehr als dass du ihr oder dir hilfst.“ Das schien Saeko dann doch irgendwie verstanden zu haben, lies sich nach einigem Zögern in einen der Wartezimmerstühle fallen. Shio kam mit einem kleinem Tablett mit einigen Teetassen zu ihnen, verteilte diese. „Wir sollten alle erstmal runter kommen“, sagte die Blonde, setzte sich mit einer dampfenden Tasse neben Saeko. „Es wird schon alles wieder gut. Sena ist immerhin nicht schwächlich.“ Gaichi seufzte etwas. Sie wusste nicht so ganz, was sie von der jungen Sena halten sollte. Einerseits war sie eine unglaublich starke Frau, andererseits wie ein schwächliches Lamm. Ein Lämmchen im Wolfspelz. Oder ein Wolf im Schafspelz. So genau konnte das wohl keiner sagen nach dem, was in den vergangenen Jahren vorgefallen war. Die ehemalige Senka sah zur Tür, wo sie durch die Glasscheibe Osa mit dem Arzt sprechen sah. Die ehmalige Hanagumi ging daraufhin wieder in Richtung von Sena's Bett und der Arzt kam aus dem Zimmer, wodurch Saeko aufsprang und zu ihm lief. „Was ist mit ihr? Ist sie okay?“, fragte der ehemalige Tsukigumi-Star und der Arzt winkte die kleine Truppe mit sich. „Du hast uns einen ziemlichen Schrecken eingejagt“, sagte Osa, als sie sich wieder zu Asako ans Bett setzte. Der Tsukigumi-Star lächelte schwächlich. Dafür, dass sie erst kurz zuvor aufgewacht war kam sie ziemlich schnell wieder zu Kräften, wurde schnell wacher. Der Arzt hatte das Bett hochgestellt, sodass Asako in einer mehr oder minder aufrechten Position sitzen konnte. Noch immer hatte sie die Atemmaske über Mund und Nase, welche regelmäßig beschlug wenn sie sprach. Immerhin kam die Farbe langsam zurück in ihr Gesicht nach der Infusion, die der kleine Mann im weißen Kittel ihr verabreicht hatte. „Tut mir leid“, murmelte ihre beste Freundin leise, schloss etwas die Augen, als Osa ihre Hand nahm und diese festhielt. „Ich bin einfach etwas ungeschickt.“ „Ungeschickt ist wohl nicht ganz das richtige Wort“, meinte Osa leise lachend, hielt die Hand der anderen fester und strich sich mit der anderen eine der längeren Haarsträhnen hinters Ohr. Asako sah erneut auf, blinzelte etwas. Sie wirkte verwirrt und Osa zog die Augenbrauen zusammen, legte den Kopf auf die Seite. „Stimmt etwas nicht?“ „Seit wann hast du lange Haare?“ Die ehemalige Hanagumi-Darstellerin hatte zwei Mal hinhören müssen ehe sie verstand, was Asako gesagt hatte. Obendrein übertönte das nervtötende Piepen von den Geräten ihre Stimme um einiges. „Was? Schon eine Weile.“ „Ich dachte Otokoyaku dürfen keine langen Haare haben.“ „Otokoyaku dürfen auch...“ Osa stockte. Otokoyaku? Dachte Asako, dass sie noch in Takarazuka wäre? Die ehemalige Hanagumi lächelte etwas. „Der Sturz auf den Kopf scheint dir wohl nicht bekommen zu haben.“ Sie strich ihrer Freundin lächelnd über die Stirn. „Sortier erst einmal deine Gedanken und schlaf ein bisschen. Ich seh nachher nochmal nach dir.“ Asako lächelte etwas, schloss die Augen und legte den Kopf auf die Seite. Zumindest hörte sie einigermaßen, aber der Zustand ihrer Freundin machte ihr dann doch Sorgen. Leise ging die ehemalige Otokoyaku aus dem Zimmer, schloss lautlos die Tür hinter sich und schluckte schwer. Sie fühlte, wie ihr das Herz etwas runterrutschte. Was, wenn dieser Zustand anhielt? Noch immer hatte sie die Hoffnung, dass das nur temporär war und Asako schnell ihren Kopf wieder sortiert bekam. Die kleine Gruppe kam zu ihr, wobei besonders Saeko ziemlich bleich aussah. Dann hatte der Arzt wohl mit ihnen gesprochen. Er hatte festgestellt, dass die Gehirnerschütterung des Top Stars doch gravierender sein könnte als angenommen und dass sie Asako noch ein paar Tage unter Beobachtung haben wollten. „Hat sie was gesagt?“, fragte Gaichi, die an Osa herangetreten war. Die ehemalige Hanagumi schüttelte etwas den Kopf. Vielleicht war es besser, wenn sie zunächst nichts vom wirklichem Zustand ihrer Freundin erfuhren. „Nicht wirklich. Ich glaube auch nicht, dass sie schon stark genug dafür ist. Ich hab sie schlafen geschickt.“ Als Asako irgendwann doch wieder aufwachte waren ihre Kopfschmerzen schon um Längen besser, wenn auch noch nicht ganz weg. Sie schaffte es sogar sich mehr oder minder selbstständig auf zu setzen, auch wenn die freundlichen Krankenschwestern ihr noch immer helfen mussten, da sie noch an Schwindelanfällen litt. Generell war immer eine der Schwestern um sie herum um sie zu umsorgen während Osa nicht da war. Die Hanagumi-Darstellerin hatte immerhin auch noch zu tun anstatt sich immer nur um sie zu kümmern. Dennoch kam sie im Verlauf des Tages, Asako langweilte sich geradezu zu Tode, in ihr Zimmer und Asako lächelte glücklich als sie ihre Freundin sah. „Wie fühlst du dich?“, fragte Osa als sie sich zu ihr setzte. „Länge besser“, erwiederte die jüngere nur und sah auf den Schlauch, an dem noch immer ihre Infusion hing. „Aber wegen dem Zeug ist mir die ganze Zeit kalt. Aber wenigstens sind die Kopfschmerzen fast weg.“ „Immerhin etwas. Und wie fühlst du dich sonst?“ „Schwindelig. Sonst ganz gut.“ Asako runzelte etwas die Stirn als sie bemerkte, dass Osa nicht nur lange Haare hatte, sondern auch noch einen Rock. Sie blinzelte verwirrt. Sowohl die Haarlänge als auch die Hosen waren vorgeschrieben in Takarazuka. Wieso war es Osa erlaubt dagegen zu verstoßen? Obendrein konnte sie sagen, dass Osa auch nicht abgebunden war. „Du hast mir immer noch nicht gesagt wieso du lange Haare hast.“ Osa zupfte an eine ihrer Haarsträhnen, sah etwas bedrückt drein. „Osa was ist?“ „Kann ich dir ein paar Fragen stellen?“ „Was soll das Spielchen denn?“ „Ich will nur was nachprüfen.“ Für einen Augenblick zögerte Asako, schluckte leicht. Das Verhalten der anderen machte ihr irgendwie Angst. Dennoch nickte sie. „Na gut. Wird schon nicht so schlimm sein, oder?“ Osa lächelte etwas nervös. „Nein. Also sagt dir der Name Kiriyan noch was?“ „Uhm...“ Sie dachte angestrengt nach. „Nein?“ „Yuuhi?“ „Nein.“ „Gaichi?“ „Nein.“ „Wie stehts mit Saeko?“ Asako stockte erneut, hob eine der schlanken Augenbrauen, schüttelte dann aber den Kopf. „Nein das sagt mir alles gar nichts. Wer sind die Leute?“ Sie wusste nicht wieso, aber Osa wirkte einen Moment fast panisch. „Asako... was ist das letzte, woran du dich erinnerst?“ Die Otokoyaku legte sich zwei der kalten Finger ans Kinn, starrte einen Augenblick auf die Decke während sie erneut angestrengt nachdachte. „Wir haben letztens noch den letzten Auftritt von Cocktail aufgeführt.“ Sie lachte etwas. „Ich bin dabei die Treppe hochgestolpert und hätte dir fast den Mantel von den Schultern gerissen.“ Als sie aufsah und Osa's beinahe gequältes Gesicht sah war ihr Lächeln wie weggefegt. „...Osa?“ „Erinnerst du dich an nichts anderes?“ „Du bist Top Star geworden. Das ist jetzt aber wirklich das Letzte, was ich noch weis. Charlie ist ausgestiegen und...“ „Asako das ganze ist jetzt sieben Jahre her.“ Die Otokoyaku stoppte mitten im Satz und sank etwas in ihrem Bett zurück. Sieben... Jahre? Ihr fehlten sieben Jahre? Sie fühlte wie ihr Herz schneller schlug und sie anfing zu zittern. Die Gerätschaften reagierten entsprechend und das Piepen wurde lauter. „O-Osa ich...“ Ihre Freundin nahm ihre Hand, hielt diese fest. „Jetzt bekomm mal keine Panik. Das gibt sich wieder. Und da ist wirklich nichts anderes?“ Osa sah nur hilflos dabei zu, wie Asako erneut langsam den Kopf schüttelte. Dass es so heftig war hatte sie nicht geglaubt. Sie hatte daran geglaubt, dass Asa vielleicht ein paar Tage fehlten, Wochen höchstens, aber Jahre? Das ging über ihr Verständnis hinaus. Dann wusste sie nichts mehr von ihrem Wechsel nach Tsukigumi, von ihrem Aufstieg zum Top Star, von Kiriyan, Yuuhi, Gaichi, Kimu, Shio und vor allem Saeko. Der ehemalige Tsukigumi-Star würde daran schwer zu knabbern haben. „A-aber...aber...“ „Sht~“, sagte Osa erneut, setzte sich zu ihr aufs Bett und strich der jüngeren über die Haare. „Sieh erst einmal zu, dass du wieder stehen und Laufen kannst. Dann erzähle ich dir alles. Vielleicht erinnerst du dich dann.“ Nur mit sehr viel Mühe und Überredungskunst hatte Gaichi es doch geschafft Saeko zum nach Hause gehen zu überreden, auch, wenn ihre beste Freundin noch immer bei der ehemaligen Takarazuka-Darstellerin bleiben musste um sicher zu gehen, dass sie die Wohnung auch wirklich nicht verlies. Stattdessen rannte Saeko geradezu durch ihre Wohnung, genug Platz dafür hatte sie immerhin, schaffte es nicht, auch nur fünf Minuten auf einer Stelle zu bleiben. Sie machte sich Sorgen um Asako, aber der Arzt hatte es für besser befunden, wenn sie zunächst nur Kontakt zu Osa hatte um unnötige Aufregung zu vermeiden, den die Kopfverletzung, die sich die Jüngere zugezogen hatte, schien ihr nicht so wirklich bekommen zu sein. Die Art und Weise, wie der Arzt sie beschrieben hatte, gab ihr zu denken. „Und wenn noch was passiert? Dann bin ich nicht da und...“ „Selbst wenn etwas passiert“, unterbrach Gaichi sie und nahm einen Schluck von ihrem Tee, saß mehr oder minder gelassen auf der Couch, sah dabei zu, wie Saeko im Wohnzimmer auf und ab lief. „du könntest nichts tun. Das sind Spezialisten, die da gerade um Sena rumtanzen. Takarazuka wird den Teufel tun und den Lieblingsstar einfach so abkratzen zu lassen. Hab doch mal ein bisschen Mut.“ Saeko schluckte. Irgendwie hatte Gaichi ja schon recht. Sie war Schauspielerin, kein Mediziner. Gerade in so Momenten wäre sie aber gern einer. „Glaubst du sie wird wieder gesund?“ „Körperlich, sicher, aber Saeko du musst zugeben, dass sie Hilfe braucht. Ich kann einen deskreten Psychater beschaffen...“ „Nichts in der Richtung wirst du tun!“ Mit einem Mal wurde Saeko doch wütend. Ob es jetzt am Schlafmangel lag oder ob sie einfach der Gedanke daran Asako beim Seelenklempner zu sehen sauer machte wusste sie nicht. „Ich hab nicht vor nochmal dabei zu zu sehen, wie Asako sich kaputt macht. Ich lass sie nicht nochmal allein. Ich...“ Die Türklingel unterbrach den aufkeimenden Streit, wobei Saeko, die vor Schreck herumwirbelte, beinahe eines ihrer kostbaren Bilder mit von der Kommode gefegt hätte. Gaichi, die Ruhe in Persona, erhob sich von ihrem Platz und öffnete die Tür, lies Kiriyan, Yuuhi, gefolgt von Shio hinein. „Kimu entschuldigt sich. Irgendwas mit Natsuki. Sie macht wohl ziemlich Stress die letzten paar Tage“, sagte Shio, sah sich in der Wohnung um. „Ist Haruno noch nicht da?“ „Nein. Was sollte sie auch hier?“ Yuuhi schaltete sich ein nachdem sich der frisch gebackene Soragumi-Top Star auf dem Sessel niedergelassen hatte Kiriyan neben ihr auf der Couch. „Sie hat uns angerufen, dass wir so schnell wie möglich herkommen sollen. Sie meinte, es sei wichtig.“ Saeko erstarrte auf der Stelle, starrte auf den Boden und ballte die Hände zu Fäusten, sodass ihre Knöchel weiß anliefen. Wenn es wichtig war, dann ging es sicher um Asako, besonders, wenn sie selbst noch nicht da war. Sie wusste nicht wieso, aber die Nachrichten konnten einfach nicht gut sein. Wann hatte sie in den vergangenen Jahren mal eine gute Nachricht bekommen? Das einzig wirklich Gute, was seit ihrem Einstieg in Takarazuka passiert war, war die Bekanntschaft mit Asako gewesen, was ja nicht so lange darauf mit Glanz und Gloria in die Brüche gegangen war. Dennoch gab sie die Hoffnung nicht auf vielleicht doch endlich mit der Otokoyaku neu anfangen zu können. „Dann warten wir auf sie und hoffen, dass sie mal gute Neuigkeiten für uns hat.“ Wie lange Osa in ihrem Auto vor Saeko's Haus gesessen hatte wusste sie nicht, aber sie hatte darüber nachdenken müssen, wie sie es ihren Freunden am besten sagte. Asako's Erinnerungen an die vergangenen sieben Jahre waren geradezu ausgelöscht, auch, wenn sie dann doch nicht ganz weg zu sein schienen. Sie konnte keine Namen zuordnen, konnte nicht sagen, wer Person XY war oder was sie genau in diesen Jahren getan hatte, aber sie erinnerte sich noch an Scripttexte, an Lieder und anscheinend auch an Tanzschritte, die sie während dieser Blackout-Periode gelernt hatte. Zwar kannte Osa nicht alles davon, aber sie erinnerte sich ein bisschen an etwas aus Asako's Debut 'Earnest in Love', dem sie ja beigewohnt hatte, und ein paar Szenen aus anderen Stücken, die sie sich angesehen hatte, inklusive Elisabeth. Gerade an Elisabeth schien sie sich besonders gut zu erinnern, aber immerhin hatte sie dieses Stück schon oft genug gespielt um es im Schlaf zu beherrschen. Aber wie sie der Gruppe sagen sollte, dass sie sich nicht an ihre Freunde oder ihre Liebhaberin erinnerte wusste sie noch nicht. Saeko würde es wohl besonders schwer auffassen, gerade, weil sie so intensiv daran gearbeitet hatte ihre Beziehung zu retten. Osa hatte Asako nur einen groben Überblick gegeben über das was geschehen war. Von ihrem Wechsel zu Tsukigumi, Asako's Aufstieg zum Top Star und ihrem eigenen Abschluss mit diesem Status. Asako war in Tränen ausgebrochen als sie erfahren hatte, dass sie nicht mehr in Takarazuka war, aber hatte es dennoch besser aufgenommen als zunächst angenommen. Osa seufzte. Irgendwann würde sie es den anderen beichten müssen und es war besser sie erfuhren es von ihr als von einem der Ärzte. So gut diese Leute in den Kitteln auch waren, wenn es in die humane Richtung ging waren sie grob und erbarmungslos. Sie würden Asako's Amnesie eiskalt mit einem Brett vor die Stirn der anderen schlagen und dann einfach gehen. Schwermütig erhob sich die ehemalige Hanagumi-Darstellerin aus ihrem Wagen, striff noch den bunten Rock zurecht und zupfte an ihrer Bluse. Am liebsten wäre sie ewig drausen stehen geblieben, doch da klingelte schon ihr Handy. Gaichi's Nummer stand darauf, aber sie ignorierte den Anruf einfach. Immerhin stand sie direkt vor der Tür und klingelte stattdessen. Fast gleichzeitig verstummte das kleine, schwarze Gerät und Kiriyan öffnete die Tür. Wie sie es sich schon gedacht hatte fand sie das Grüppchen im Wohnzimmer vor, wobei Kimu unter ihnen fehlte. „Wo ist das Äffchen?“ Shio grinste nur schief als sich die anderen Frauen irritiert ansahen. Es war ein kleiner Gag zwischen ihr und Shio Kimu als Äffchen zu bezeichnen. „Sie kann nicht. Da ist wohl was bei ihr schief gelaufen.“ „Dann wird sie wohl bei Mattsu sein. Wie auch immer...“ „Was ist mit Asako?“, fragte Saeko sofort. Die Frau stand in der Nähe des Fensters etwas verloren im Raum. Sie sah aus, als hätte sie sich seit dem Sturz des Tsukigumi-Stars nicht mehr hingesetzt. „Geht es ihr gut?“ „Sie ist stabil und die Ärzte sagen, dass sie morgen auch schon wieder mit ihren Übungen beginnen kann. Wenn alles gut geht ist sie nächste Woche wieder auf den Beinen. Sie hat verdammtes Glück. Zumindest wenn es um ihren Körper geht.“ „Was soll das schon wieder heißen?“ Osa schwieg einen Moment, knirschte mit den Zähnen während sie überlegte, wie sie es ihren Freunden am besten beibringen sollte. „Nunja der Arzt hat euch doch von der Gehirnerschütterung erzählt. Die Platzwunde haben sie zwar genäht bekommen und davon wird auch nichts übrig bleiben, aber... aber...“ „Aber was?? Komm zum Punkt, Osa!“ „Kein Grund aggressiv zu werden.“ Osa schluckte leicht. „Setz dich Saeko.“ „Ich werde...“ „Setz dich! Oder ich behalte es für mich!“ Dann tat der ehemalige Tsukigumi-Star doch, wie ihr gehießen war und die ehemalige Hanagumi-Darstellerin sah Gaichi im Augenwinkel etwas schmunzeln. Während ihrer Beziehung hatte Gaichi wirklich ziemlich auf sie abgefärbt. Nachdem sich Saeko doch gesetzt hatte fuhr sie fort. „Ich habe mich eine Weile mit Asako unterhalten, ohne die ganzen Krankenschwestern. Sie hat mich gefragt, wieso es mir erlaubt war, dass meine Haare so lang sind und warum ich einen Rock trage.“ „Soll heißen?“ „Dass sie sich nicht erinnern kann, dass ich aus Takarazuka ausgestiegen bin.“ Allein Gaichi sah sie an, dass die ehemalige Senka wusste, worauf Osa hinaus wollte. „Das ist doch nicht weiter tragisch.“ „Doch ist es Saeko“, beteuerte Osa und lies sich auf den Hocker neben dem Tisch fallen. „Ihr fehlt noch mehr als das.“ „Wie viel?“ „Die ganze letzte sieben Jahre. Sie weis nichts mehr ab kurz vor dem Punkt, an dem wir Elisabeth zugeteilt bekommen haben. Sie erinnert sich weder an Tsukigumi, noch an euch...“ Sie sah explizit zu Saeko. „...noch von dir und eurer Beziehung, eurem Streit oder dem Sturz. Der Arzt sagt, dass es nur für eine Weile sein kann, der Zustand kann aber auch anhalten.“ Saeko fühlte, wie ihr die Gesichtszüge entglitten. Asako hatte Amnesie? Auch noch in diesem Ausmaße? Wie konnte das sein? Sie konnte sich erinnern, dass Menschen mit Kopfverletzungen dazu neigten das zu vergessen, was ihnen Schmerzen bereitete, aber die ganzen Jahre hatte Asako einfach so weggeschmissen? Gut, sie konnte es sich wohl nicht aussuchen, was genau sie vergaß, aber immerhin war sie bereit gewesen ihr Leben weg zu werfen anstatt nach der helfenden hand zu greifen. Die ehemalige Tsukigumi-Schaustelleri schluckte hart, lehnte sich zurück und rutschte dabei etwas hinunter, sackte in sich zusammen. Dabei bemerkte sie gar nicht, wie Kiriyan ihr die Hand auf die Schulter legte, stierte nur geradewegs auf den Glastisch vor sich. Asako hatte sie vergessen. Einfach so. Aber vielleicht erinnerte sie sich doch noch irgendwie an sie. Immerhin konnten die ganzen Gefühle nicht einfach weg sein, insbesondere, da Saeko sich felsenfest vorgenommen hatte Asako nicht mehr aus den Augen zu lassen und wenn sie dafür über Leichen gehen musste. Die Otokoyaku war immerhin ihr ein und alles und sie hatte schon so viel für sie weggeworfen, das letzte bisschen Stolz würde es nun auch nicht mehr tun. Vielleicht konnten sie ja auch gerade desshalb nochmal neu anfangen, einen völlig neuen Anfang wagen ohne Geheimniskrämerei und Lügen. Zwar würde sie Asako früher oder später alles erzählen müssen aber... „Wie viel hast du ihr erzählt?“ Gaichi riss sie aus den Gedanken und Saeko sah im Augenwinkel zur ehemaligen Senka. „Nur ein wenig. Das Gröbste sozusagen. Ich habe auch gesagt, dass ich euch vorstellen werde sobald sie etwas runtergekommen ist. Der Stress war dann doch etwas zu viel für sie. Aber so wie es aussieht will sie unbedingt wieder so schnell wie möglich zu Takarazuka zurück.“ „Was? Wieso?“ Yuuhi wirkte ein wenig verwirrt und Osa zuckte nur etwas abfällig mit den Schultern. „Das Theater ist ihr Leben. Ich glaube sie brennt auch darauf zu sehen, wie ihr Leben als Top Star so ist. Immerhin ist das jetzt für sie eine völlig neue Perspektive.“ Osa sah zu Kiriyan. „Wenn sie wieder zurück ist musst du auf sie aufpassen.“ „Ich? Wieso ich?“ Kiriyan sah aus, als wäre sie jeden Moment von der Couch gefallen. Der ehemalige Hanagumi-Star schmunzelte etwas, aber wurde sogleich wieder ernst. „Ich glaube nicht, dass Asako wollte, dass jeder von ihrer Amnesie weis. Du musst ihr ein bisschen unter die Arme greifen. Wenn das alles auch nur irgendwie an die Öffendlichkeit kommt, und sei es nur durch ein Verplappern der Jüngeren, wird sicherlich nach dem 'Wieso' gefragt. Das schadet uns allen gleichermaßen und für Asa bedeutet es nur noch mehr Stress.“ Für einen Augenblick hatte Saeko sich zurückhalten müssen sich darüber auf zu regen, wieso Osa sich nur Gedanken über den Ruf Takarazuka's machte, aber musste sich dann eingestehen, dass die ehemalige Hanagumi Recht behielt. Es half keinem, am allerwenigsten Asako, wenn sie durch einen Skandal nur noch mehr Stress bekam. Zur Zeit war sie wohl schlicht und ergreifend krankgeschrieben. Immerhin waren auch Top Stars nicht immun gegen Bakterien und Viren und Asako's Vorliebe im Regen nach drausen zu gehen war allgemein bekannt. So sehr sie ihre Freundin auch in die Arme schließen, sie küssen und sie nie mehr loslassen wollte, das musste noch warten. Wenigstens bekam sie dieses Mal die Chance sich die Liebe der anderen zu verdienen anstatt sie sich einfach zu nehmen und sie dann fallen zu lassen wie eine heiße Kartoffel. Das, was da wohl gerade im Krankenhaus lag, war Asako, wie Osa sie lieben gelernt hatte und es war die Frau, die auch Saeko im Gedächnis geblieben war. Sie wollte ihre Chance nutzen, soviel stand fest. „Gaichi?“, fragte Saeko mit einem mal und riss die Frauen damit aus dem Gespräch. „Hm? Was ist?“ Die Senka drehte sich etwas auf ihrem Platz um die noch immer in sich zusammengesunkene Saeko an zu sehen, die sich nur langsam wieder nach oben schob. „Denkst du, dass der Chef mich nochmal als Assistent einstellt?“ Die Senka hob die Augenbrauen, lehnte den Kopf an die Fingerrücken und stützte sich mit dem Ellbogen auf der Lehne auf. Saeko's Kündigung als Assistent war dem Chef vor einigen Jahren ziemlich missfallen, aber vielleicht waren es gerade diese Jahre, die es wieder gut machten. Saeko hatte Erfahrung, arbeitete gut mit Tsukigumi, immerhin hatte diese Troupe ihr Leben geprägt, und war besser ausgebildet als so viele andere in den Chefsesseln. Ihr war klar, dass sie nur wieder als Assistent arbeiten wollte um Sena näher zu sein. Vielleicht brauchte der junge Top Star die Nähe zu ihrer Freundin, ob sie sich nun erinnern konnte oder nicht. „Nun ich kann mal sehen, was sich machen lässt. Versprechen kann ich aber nichts.“ Sie sah nur, wie Saeko aufsprang und in ihr Schlafzimmer lief, konnte sich nur zu gut denken, was sie vor hatte und lächelte desshalb. Osa setzte sich an ihre Stelle. „Warum grinst du so?“ „Ich hätte nie geglaubt, dass sie mal so wird“, meinte Gaichi daraufhin nur leise, lehnte sich nach hinten an ihre Freundin. Osa legte den Arm um sie. „So?“ Kiriyan klang ein wenig verwirrt, hockte sich in den Schneidersitz und legte die Hände auf ihre Fußgelenke. „In wiefern 'so'?“ „Wisst ihr... ich hab sie nur einmal so in eine Person vernarrt gesehen. Aber das ist schon eine ganze Weile her. Als sie damals fallengelassen worden ist hätte ich nicht geglaubt, dass sie sich nochmal aufrafft.“ „Sie wurde fallengelassen?“ Gaichi zog die Augenbrauen zusammen. Jetzt hatte sie sich doch verplappert. Dennoch schüttelte sie den Kopf. Irgendwie war sie glücklich zu sehen, dass Saeko sich jetzt doch wenigstens einmal in ihrem Leben so um eine Person bemühte, bereit war, bis aufs äußerste zu gehen nur um ihr nahe zu sein. Dabei hatte sie die Hoffnung schon aufgegeben, spätestens nach dem Alptraum, der Saeko so lange geplagt hatte. Sie wusste genau, dass die andere den Alptraum immer noch hatte, jedoch nicht mehr in diesem Ausmaß. Obendrein schien sie dem jetzt entgegenwirken zu können. „Schon gut. Ich rede zu viel. Wir sollten sehen, dass wir uns absprechen, was wir bezüglich Sena machen.“ „Wir werden sie wohl rund um die Uhr im Auge behalten müssen“, sagte Yuuhi und sah zu Osa. „Glaubst du sie wäre einverstanden, wenn jeweils einer von uns bei ihr bleibt?“ „So glücklich wird sie darüber nicht sein. Es sei denn, wir geben ihr einen vernünftigen Grund. Asako ist immerhin nicht blöd.“ Gaichi grinste etwas breiter, sah im Augenwinkel, wie Saeko wieder zu ihnen stieß. Sie lies den Kopf nach hinten auf Osa's Schulter fallen, sah genau, was Osa durch den Kopf ging. „Wie viele Gründe willst du haben?“ Kapitel 3: Reload ----------------- Wie lange sie schlussendlich geschlafen hatte konnte sie nicht sagen, geschweigedenn wie viel Zeit sie in dem Krankenzimmer verbracht hatte, aber Asako ging es besser und besser. Dafür, dass ihre Freundin Krankenhäuser immer so verflucht hatte ging es ihr eigentlich ganz gut. Vielleicht lag es ja auch daran, dass sie Top Star war. Top Star... die junge Frau konnte es immer noch nicht so ganz glauben, dass sie diesen Status ihr Eigen nennen konnte. Laut Osa war sie sogar schon eine ganze Weile Top Star. Fast vier Jahre um genau zu sein. Vier Jahre von sieben, die aus ihrem Gedächnis gestrichen waren. Immer wieder versuchte Asako sich fast krampfhaft zu erinnern, aber es half einfach nichts. Alles, was sie über diese Zeit wusste, wusste sie von Osa. Sie hatte neue Freunde gefunden, eine Menge sogar, hatte nach Tsukigumi gewechselt, was ihr noch immer ein wenig suspekt war, denn immerhin hatte sie nur Erinnerungen an Hanagumi, und war aufgestiegen. Vom Vice zum Top Star. Asako lächelte etwas. Vom Top Star vor ihr hatte sie nur Geschichten gehört, Gerüchte. Ayaki Nao hieß sie, aber laut Osa waren sie inzwischen auch befreundet. Asako rollte sich auf die Seite, ihr war es immerhin noch immer verboten ausserhalb der Übungen auf zu stehen um sich zu schonen, und zog ein paar Bilder aus der Schublade neben dem Bett hervor. Osa hatte ihr die Fotos mitgebracht und laut ihr zeigten die Bilder ihre gesamte 'Gang', die aus sieben Personen, mit ihr acht, bestand. Wenn sie Langeweile hatte, und die hatte sie gerade in letzter Zeit sehr häufig, lernte sie Gesichter und Namen, die auf die Rückseite geschrieben waren. Inzwischen hatte sie sich die Namen mehr als gut eingeprägt, spielte wieder Memory mit den Bildern. Sie mischte die bunten Bilder durch, es waren ein paar Einzel- und Gruppenfotos dabei, die Gruppenbilder lag sie zunächst beiseite, und zog das erste vom Stapel. Die Frau mit dem Hundeblick. Oozora Yuuhi, Spitzname Yuuhi. Es war traurig, dass sie alles über diese Personen nur über Osa wusste, dennoch versuchte sie sich alle Informationen so gut wie möglich ein zu prägen. Die junge Frau war einst in Tsukigumi gewesen, stand einer anderen ihrer Freundinnen sehr nahe. Sie wechselte ein Jahr zuvor nach Hanagumi, kurz darauf zu Soragumi, wo sie erst vor ein paar Tagen ihr Top Star Debut gefeiert hatte. Osa hatte sie als recht zurückhaltend, wenn auch nicht gerade als schüchtern beschrieben. Sie hatte sich auch sagen lassen, dass der Frau durchaus der Gedultsfaden reisen konnte. Sie zog ein weiteres Bild vom Stapel. Hatsukaze Midori, Gaichi. Osa's Freundin. Noch immer konnte Asako es nicht wirklich glauben, dass Osa mit einer anderen Frau zusammenlebte, denn bissher hatte ihre beste Freundin immer nur Augen für sie gehabt, was ihr natürlich nicht entfallen war. Immerhin war sie nicht blöd. Gaichi, wie Yuuhi, wurde ihr als zurückhaltend beschrieben, durchdacht, aber durchaus gefühlvoll und fürsorglich wenn es darauf ankam. Sie hatte den Titel 'Grey Earl' verpasst bekommen. Die inzwischen aus Takarazuka ausgestiegene Frau gehörte einst zu den Senkas und sie hatten wohl ein Stück zusammen gespielt. Sie legte das Bild der ehemaligen Senka beiseite und zog das nächste. Suzumi Shio, gerufen Toyoko oder einfach nur Shio. Asako hatte sich ihren Namen wohl zuerst merken können, denn das Blond war mehr als ungewöhnlich für eine Otokoyaku. Hier und da färbten sich auch die Takarazuka-Darstellerinnen die Haare, Asako hatte schon mehr als einmal schwarze Haare anstelle ihres typischen Brauns gehabt, aber Blond gehörte eher zu den Exoten. Shio schien sie erst wenige Jahre zu kennen, zwei höchstens, dennoch standen sie sich laut Osa sehr nahe. Osa hatte ihr von regelmäßigem Kaffeeklatsch und fast täglichem Frühstück von ihr und Shio erzählt. Die Frau kam ihr sympatisch vor, auch wenn sie eine Hoshigumi war. Wie sie sich kennen gelernt hatten konnte Osa aber auch nicht sagen. Das nächste Bild zeigte Otozuki Kei, Kimu. Die Yukigumi-Darstellerin kannte sie schon etwas länger als Shio, aber dennoch war die hübsche Frau eine ihrer neusten Bekanntschaften. Osa hatte sie liebevoll als Äffchen beschrieben, fröhlich aber manchmal etwas treudoof. Trotzdem war sie emotional und wusste, was gut für sie und andere war. Sie war wohl eine der Stimmungskannonen der Truppe. Auf Kimu folgte Kiriya Hiromu, Kiriyan, ihr Vice. Es war zunächst sehr merkwürdig einen Vice zu haben. An den Gedanken konnte sie sich noch nicht so ganz gewöhnen. Asako sah auf das Bild. Die Frau war schön und ihr wurde nachgesagt, dass sie talentiert sei. Kiriyan stand ihr angeblich neben Shio und Osa mitunter am nächsten. Doch da war noch eine Person, dessen Foto sie noch nicht umgedreht hatte, die ihr noch angeblich viel näher stand. Asako konnte das noch nicht so ganz glauben, denn Osa war immerhin ihre beste Freundin. Dennoch wurde ihr gesagt, dass keine Person sie besser kennen würde als diese Frau. Ayaki Nao, Saeko. Asako legte das Bild der Frau vor sich auf die Decke, starrte es eine Weile an. Ayaki Nao war der Top Star vor ihr gewesen. Das erste, was Asako aufgefallen war, als sie mit Osa die Bilder das erste Mal durchgegangen war, war diese aussergewöhnliche Ausstrahlung gewesen, die diese Frau selbst auf dem Foto hatte. Sie war mehr als ausserordnendlich schön, strahlte eine schier unglaubliche Sanftheit aus. Das Bild zeigte Saeko mit einem Löffel und einem Pudding in der Hand, wie sie etwas verwundert in die Kamera sah, noch im Jogginganzug und ungeschminkt. Es schien ein Schnappschuss gewesen zu sein, aber Osa hatte ihr nur Bilder von dem Grüppchen gegeben, die die Frauen so zivil wie möglich darstellten. Doch gerade dieses Foto hatte sie eine ganze Weile angestarrt. Der Tsukigumi-Star fühlte eine gewisse Vertrautheit in diesem Blick, diesen dunklen Augen. Sie lächelte etwas. Osa hatte ihr versprochen, dass sie die anderen bald kennenlernen würde, sobald sie ihnen die Situation erklärt hatte. Die beiden Freunde waren sich einig gewesen, dass niemand ausser ihrem engstem Freundeskreis und den obersten Takarazuka-Chefs von ihrer Amnesie erfahren sollte. Es war für sie einfacher und Asako hoffte, dass sie, sobald sie etwas mehr Ruhe hatte oder sich ablenken konnte, sich wieder an alles erinnern zu können. Die Lücke in ihrem Kopf machte ihr dann doch zu schaffen, denn sie hatte das Gefühl etwas unheimlich wichtiges verpasst zu haben. Die junge Frau rieb sich über die Finger, legte etwas genervt stöhnend den Kopf in den Nacken. Sie langweilte sich furchtbar. Das Memory-Spiel war nicht ganz so befriedigend wie sie es erhofft hatte. Etwas entfernt stand Saeko mehr oder minder nervös vor dem Spiegel, richtete jetzt schon zum x-ten Mal ihre Haare und kontrollierte ihr Make-up. Sie hatte sich dazu entschieden ihre schulterlangen Haare ein ganzes Stück runter zu kürzen auf die Länge, die sie als Otokoyaku meistens hatte. Sie hoffte, dass Asako es damit leichter fiel sich an sie zu erinnern. Obendrein hatte sie sich für einen dunkelblauen Hosenanzug entschieden, richtete ihr Hemd und legte sich ihre Kette um den Hals. „Jetzt mach dich nicht verrückt. Du siehst gut aus. Du benimmst dich ja wie auf dem ersten Date“, sagte Osa scherzhaft, die in der Badezimmertür stand und stirnrunzelnd zu dem ehemaligem Tsukigumi-Star. „Du hast gut reden. Auch wenn sie sich erinnern sollte will ich einen guten Eindruck hinterlassen.“ „Sieh nur zu, dass du dich nicht verplapperst.“ „Ich pass schon auf. Ich bin nicht ganz so blöd, wie du mich immer dastellst.“ Osa lächelte nur schief, drehte sich auf der Hacke und ging aus dem Bad, gefolgt von Saeko, die den Kragen ihres Hemds kontrollierte. Es war der Tag, an dem Saeko endlich Asako besuchen wollte, auch, wenn Osa sich zunächst noch quer gestellt hatte. Die beste Freundin der Tsukigumi-Darstellerin war noch etwas beschütztend, aber schlussendlich hatte sie eine gehörige Abreibung von Gaichi doch überzeugt. Besser noch, Gaichi hatte Osa dazu gebracht Saeko alleine zu Asako zu lassen in der Hoffnung, dass die Anwesenheit der ehemaligen Takarazuka-Schauspielerin das Gedächnis der Jüngeren ankurbelte. Dennoch war Saeko furchtbar nervös, immerhin war ihr letztes Aufeinandertreffen nicht gerade glimpflich verlaufen. Sie fühlte noch immer, wie sie zitterte, wenn sie sich nochmal vor Augen führte, wie sie Asako im freien Fall durch die Luft Richtung Boden rasen sah, unfähig, den unvermeidlichen Aufprall noch zu vermeiden. Den eigentlichen Aufprall der anderen auf dem Boden hatte sie nicht gesehen, denn vor dem Haus der Tsukigumi-Schauspielerin standen einige Bäume, die den Blick versperrt hatten. Zu ihrem Glück. Saeko hätte nicht gewusst, wie es vielleicht ausgegangen wäre wenn das Gestrüpp dort nicht gewesen wäre. Allein die Vorstellung löste bei der ehemaligen Takarazuka-Darstellerin Krämpfe und Brechreiz aus. „Und du bist dir sicher, dass du das schaffst?“ Osa riss sie aus den Gedanken. Die ehmalige Hanagumi hatte inzwischen ihre Schuhe und die Jacke angezogen und stand in der Tür. „Ja ja. Ich schaff das schon. Ach ja... danke.“ „Dank nicht mir, sondern Gaichi. Wenn es nach mir ginge bekämst du Asako gar nicht mehr zu Gesicht.“ Da war es schon wieder. Saeko war sich sicher, dass es Osa wohl zu Recht gewesen wäre, wenn Saeko aus Asako's Leben verschwinden würde. Sie hatte es auch in Betracht gezogen, aber sie wollte unbedingt noch eine Chance. „Wenn es auch nur ansatzweise wieder so werden sollte wie vor vier Jahren... dann ja. Dieses Mal lasse ich nicht zu, dass sie sich zerstört.“ „Das hoffe ich...“ Als die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin schlussendlich vor dem Zimmer ihrer Freundin stand fühlte sie, wie ihr Herz bis zum Hals schlug und wie der Klos in ihrem Hals größer wurde. Sie hatte so furchtbare Angst, dass Asako sie verstieß, egal ob sie sich erinnerte oder nicht. Dass keine ihrer Freunde dabei war machte es nur schlimmer. Saeko atmete einmal tief durch, streckte den Rücken und strich sich eine Haarsträhne zurück. Nur eine Möglichkeit das raus zu finden. Sie klopfte, wartete ein paar Sekunden ehe sie eintrat. Asako, mit den Füßen am Kopfende und sich inzwischen auf den Unterarmen aufgestützt, sah zur Tür, blinzelte etwas. Saeko rang sich zu einem Lächeln durch. „Hallo Asako.“ Die Tsukigumi-Darstellerin setzte sich auf, ging in den Schneidersitzt und lächelte fröhlich. „Saeko! Hi!“ Der ehemalige Top Star hätte fast vergessen die Tür hinter sich zu schließen, hob irritiert die Augenbrauen. Hatte Asako sie da gerade beim Namen genannt? Ihr Herz machte einen Satz. Erinnerte sie sich also doch? Asako stockte leicht, lehnte sich dann nach vorne und fischte nach einem Stapel Papier. „Uhm Osa hat mir Fotos mitgebracht. Desshalb weis ich die Namen einigermaßen. Deiner Reaktion nach liege ich mit Saeko richtig?“ Fast hätte Saeko vergessen zu atmen, lachte dann etwas, lies die Schultern fallen und ging weiter in den Raum. Zwar war es etwas enttäuschend, aber vielleicht ganz gut, wenn Asako's Amnesie erst einmal anhielt. So konnte sie ihr zeigen, wie tief ihre Gefühle wirklich gingen. Mit einem Mal fand sie den Gedächnisschwund der anderen nicht mehr so schlimm. „Achso. Das wusste ich nicht. Wie geht es dir?“, fragte Saeko, setzte sich an das Bett der anderen. Die Bettdecke war runtergeworfen, die Fernbedienung lag auf dem zerknautschten Kissen und generell war das Bettzeug ziemlich aufgewühlt. Sie lachte etwas. „Du siehst aus als würdest du dich zu Tode langweilen.“ „Tu ich auch.“ Asako seufzte und zog die Stirn kraus, kratzte sich am Hinterkopf. Jetzt mehr als sonst merkte sie, wie süß die Jüngere doch sein konnte. Der gelbe Pyjama machte sie nur noch hinreisender. Osa hatte ihr den mitgebracht, damit sie nicht in dem Krankenhausschürzchen rumrennen musste, da ihre Kleidung ja inzwischen im Müll gelandet waren. Da es sich aber nicht um einen von Asako's Pyjamas handelte war dieser viel zu groß, aber damit schien die Jüngere kein Problem zu haben. „Ich darf nicht aufstehen, wenn ich nicht zu den Übungen gehe, auch wenn ich wohl in ein paar Tagen hier raus darf. Der Doktor regt sich immer fürchterlich auf, wenn ich nur im Zimmer rumlaufe. Und im Fernsehn läuft auch nicht wirklich etwas.“ Saeko lachte, lehnte sich auf ihrem Platz zurück und besah sich Asako nochmal genauer. Sie wirkte ausgesprochen fit, wie ein kleiner Sonnenschein und so ausgelassen, wie sie sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Neben diesem offensichtlichem Charme standen ihr die leicht zerwuschelten, ungemachten Haare ausgesprochen gut. „Klingt wie die reine Hölle. Und sonst keine Probleme?“ Asako tippte sich an die Schläfe. „Bis auf mein Blackout-Problem, nein.“ „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das ist...“ „Ein bisschen wie ein Filmriss, wenn ich mal wieder zu viel getrunken habe. Nur ohne den Alkohol. Und viel länger. Und mit weniger Kopfschmerzen.“ Darauf hatte Saeko keine Antwort, lächelte nur etwas und griff in die Tasche, die sie mitgebracht hatte. „Ich hab mal etwas mitgebracht. Ich wollte dir erst ein paar Süßigkeiten mitbringen, aber ich glaube die Ärzte hätten mich dafür gemeuchelt. Ich hab dafür ein Fotoalbum mitgebracht.“ „Oh super. Noch mehr Fotos“, lachte Asako, machte etwas Platz als Saeko sich zu ihr aufs Bett setzte und sie sich ansahen. „Tut mir leid. Ich hoffe nur, dass es deinem Gedächnis etwas hilft. Ausserdem sind ein paar echte Schnappschüsse dabei.“ Noch immer konnte Asako ihre Augen nicht von der anderen abwenden, merkte erst nachdem Saeko es gesagt hatte, dass sie ein recht großes, schwarz-goldenes Buch auf ihrem Schoß liegen hatte. 'Wow' war das erste gewesen, was sie gedacht hatte, als ihre ehemalige Vorgesetzte die Tür reingekommen war. Auf den Fotos sah die andere schon einfach umwerfend aus, aber in real gab es ihr eine Gänsehaut, wie sie sie noch nie vorher gehabt hatte. Asako entschied sich aber ihre offensichtliche Bewunderung zunächst so gut wie es ihr möglich war zu verbergen, immerhin kannte sie diese Frau kaum, zumindest nicht, dass sie sich daran erinnern konnte. Jedoch konnte sie nicht verhindern, dass sie in die Augen der älteren starrte. Sie waren einfach wunderschön. Warm, glitzernd und tiefgründig. Asako lächelte etwas, räusperte sich einen Moment und wandt ihre Aufmerksamkeit mehr oder minder dem Fotobuch zu. „Dann lass mal sehen.“ Saeko bejahte es nur, schlug dann das Fotobuch auf und sie begannen zusammen die Bilder durch zu sehen. Ein Großteil davon zeigte Tsukigumi, wobei Asako Kiriyan und Yuuhi hier und da mal wieder entdeckte, und Saeko erzählte ihr die Geschichten hinter den Fotos. Irgendwann nach der Hälfte rutschte sie etwas näher an die andere heran, hinter sie, und legte das Kinn auf ihre Schulter um einen besseren Blick auf die Fotos zu bekommen, spürte dabei wie ihr Herz einen Satz machte, als Saeko es ohne weiter nach zu fragen zulies. Einige der Geschichten waren zu komisch und Asako musste dabei lachen, auch, wenn sie sich an keine der Fotos erinnern konnte. Zwischendrin entdeckte sie sich immer wieder selbst auf den Fotos, wobei sie nach einem fischte und es genauer betrachtete. „Wo ist das her?“ Das Bild zeigte sie und Saeko, wie sie zusammen über einem Script hingen, sie selbst in einem blauem Musumeyaku-Rock und Saeko mit einem schwarz-gestreiftem Hemd. Asako war dabei dicht an Saeko rangerutscht, hatte eine Hand auf dem Oberschenkel der anderen, was durch das Script halb verdeckt wurde, und der damalige Top Star zeigte auf eine Stelle in den Papieren, berührte dabei die Hand der Jüngeren. Saeko fühlte, wie ihre Wangen heiß wurden. Das Bild hatte sie vergessen aus zu sortieren. Es war eines der sehr wenigen Fotos, dass deutlich machte, dass sie und Asako schon zu ihrer Top Star Zeit ein Liebespaar gewesen waren, auch, wenn es vielleicht nicht ganz so offensichtlich gewesen war. Es war entstanden während einer Pause zu den Elisabeth-Proben. Zu jener Zeit hatten sie sich aufgrund von Saeko's mehr als vollem Terminkalender ein paar Tage nicht gesehen gehabt, hatten es desshalb beim Training kaum geschafft die Finger voneinander zu lassen. Dennoch wirkte das Bild sehr harmonisch und man hätte es auch als innige Freundschaft interpretieren können. „Das war während einer Probe. Ich finde, der Rock stand dir ganz gut.“ Saeko entschied sich dazu das ganze als Scherz ab zu tun, sah zu Asako, die nur lächelte. „Ich finde das Bild süß. Wer hat das gemacht?“ „Kiriyan. Sie rennt immer mit einer Kamera herum. Ich lasse meine da lieber zuhause.“ Die andere sah noch immer auf das Bild, wirkte so unglaublich friedlich dabei. „Macht es dir was aus, wenn du mir das Fotobuch da lässt? Dann habe ich wenigstens etwas zu tun.“ Saeko klappte das Buch zu, legte es auf den Nachttisch. „Gern. Aber so lange bist du ja nicht mehr hier.“ „Hm?“ Verwundert sah die Jüngere auf, blinzelte irritiert. „Hat dir das noch keiner gesagt? Wir bringen dich übermorgen nach Hause damit du dich da auskurrieren kannst bis nächste Woche. Die Bedingung ist aber, dass einer von uns immer bei dir bleibt und dass der Arzt regelmäßig deinen Zustand überprüft. Die anderen werden dich morgen mal besuchen kommen.“ Seit Saeko ihr gesagt hatte, dass sie nach Hause durfte, hatte Asako nur noch weniger stillsitzen können als sowieso schon. Die zwei Tage waren schier unerträglich gewesen und selbst der Besuch der restlichen kleinen Gruppe hatte sie kaum ablenken können. Das Zimmer machte sie geradezu krank und das ewige weiß nervte sie fürchterlich. Sie wollte wissen, wo sie lebte, dann Saeko hatte ihr erzählt, dass sie aus dem Dorm ausgezogen war in eine andere Wohnung. Die Gruppe, die sie kennengelernt hatte, war ihr auf Anhieb sympatisch gewesen und sie fühlte eine gewisse Vertrautheit in der Art und Weise, wie sie miteinander umgingen. Auch liesen die Frauen sie für einen Momet ihre Amnesie einfach vergessen. Zwar war ihr aufgefallen, dass Shio und Kimu etwas zurückhaltender ware, als beispielsweise Kiriyan und Yuuhi, aber sie schob es einfach darauf, dass sie diese beiden noch nicht ganz so lange kannte wie den Rest. Gaichi allerdings war ihr etwas unheimlich, auch wenn sie mehr als freundlich zu ihr war. Sie hatte eine sehr erhabene Gestik und auch Osa's Anwesenheit machte es nicht gerade besser. Gaichi hatte ihren Titel wirklich verdient. Der Tsukigumi-Star war nur zu froh, dass Yuuhi ihr ein paar Klamotten für den Folgetag mitgebracht hatte, denn im Schlafanzug wollte sie nicht unbedingt nach Hause fahren. Obendrein war ihr nach einer Dusche, denn der Arzt verbot ihr selbst das. Zwar durfte sie sich waschen, aber das Selbe war es einfach nicht. Der Besuch der Gruppe verlief an sich sehr ruhig, auch, wenn Asako hier und da durch das Verhalten von Yuuhi und Kiriyan in Gelächter ausbrach. Die beiden waren wirklich zu süß. Yuuhi hatte etwas von einem Waschbär, Kiriyan dagegen erinnerte sie etwas an einen Panda, was sie auch gesagt hatte. Die beiden Schauspielerinnen hatten daraufhin ziemlich geschmollt, sodass Asako auch Kimu und Shio hatte kichern sehen, wobei Shio das eher hinter vorgehaltener Hand getan hatte. Gaichi und Osa grinsten nur breit. Als sie Kimu aber als Äffchen bezeichnet hatten konnte auch Shio sich nicht mehr halten, Kimu hockte daraufhin nur schmollend auf ihrem Stuhl und die Gruppe brach in schallendes Lachen aus. Saeko hatte die ganze Zeit neben ihr gesessen, brachte sich ab und an in das Gespräch mit ein, aber beobachtete die meiste Zeit nur die Gruppe ruhig. Asako fand es hier und da schon recht gruselig, dass sie nur einen flüchtigen Blick in eine Richtung werfen musste und Saeko wusste sofort, was sie dachte oder haben wollte. Obendrein hatte die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin ihre Lieblingssüßigkeiten mit reingeschmuggelt, wofür der Top Star mehr als dankbar war. Das Krankenhausessen schmeckte lahm und ihr war nach etwas Zuckerhaltigem. Vielleicht kannte Saeko sie doch sogar noch besser als Osa. Der Gedanke war gruselig, aber nicht ganz so gruselig, wie sie es zunächt geglaubt hatte. Eigentlich war der Gedanke sogar ganz angenehm. „Warum kann ich eigentlich nicht einfach nach drausen gehen?“, fragte Asako als Osa sie im Rollstuhl nach unten fuhr, legte dabei den Kopf in den Nacken um ihre Freundin ansehen zu können. Neben ihnen lief Yuuhi, die Asako's Tasche dabei hatte, wobei sie nicht wirklich viel dabei gehabt hatte. Bis auf den Schlafanzug, das Fotobuch und noch diversen anderen kleinkram war die braune Tasche leer. „Anweisung vom Arzt. Wir gehen dich jetzt noch abmelden und dann kannst du auch aus dem Ding aufstehen. Saeko dürfte drausen schon auf uns warten.“ Asako stöhnte genervt auf. Das war ja fast wie im Kindergarten. Und sie nannte man kindisch. „Jetzt zieh nicht so ein Gesicht. Wir sind ja gleich drausen.“ Der ganze formelle Kram dauerte für ihren Geschmack einfach viel zu lange. Sie wollte einfach nur aus dem Krankenhaus raus. Zwar waren die Krankenschwestern wirklich süß zu ihr gewesen, aber die Ärzte waren mehr als gruselig und nicht gerade freundlich. Dennoch war sie doch irgendwann drausen und zog sich aus dem Rollstuhl, taumelte kurz, da sie die Belastung der Beine einfach nicht mehr gewohnt war, aber stand dann doch mehr oder minder fest auf der Erde. Glücklicherweise hatte Yuuhi ihr ein paar Turnschuhe mitgebracht anstatt der üblichen Absätze, auch wenn die Schuhe in einem sehr peinlich pinkfarbenen Farbton waren. Warum hatte sie so Teile überhaupt? Sie war sich sicher, dass die Kiriyan gehörten, denn sie hatten schon festgestellt, dass die beiden dieselbe Schuhgröße hatten, was wohl schon oft zu Verwechslungen geführt hatte. Trotzdem freute sie sich, als sie Saeko sah, umarmte die Frau kurz und besah sie sich dann einen Augenblick. Sie hatte ein leichtes, weißes Sommerkleidchen an, was sie irgendwie süß wirken lies. Asako kicherte. „Was lachst du?“, fragte Saeko und lief leicht rot an. „Dass du mal Top Star warst ist verwunderlich. Das Kleid macht dich echt zum Mädchen.“ Saeko wurde tiefrot und sowohl Osa als auch Yuuhi prusteten vor sich hin, wobei Yuuhi wenigstens noch die Hand davor hielt. Asako warf aber nur einen sehr offensichtlichen Blick zu Osa, die sich dann nur an der Wange kratzte und schief grinste. Dass Osa noch mädchenhafter war als Saeko musste sie gar nicht erst sagen. Nur im Augenwinkel sah Saeko, wie Asako durch die Fenster starrte und sich ganz offensichtlich den Weg einprägte. Die Sache mit dem Kleid blieb ihr noch im Hinterkopf. Eigentlich hatte sie sich nichts dabei gedacht, als sie das Kleid angezogen hatte, aber Asako hatte wohl wieder ein paar Hosen erwartet. Immerhin war sie mal Otokoyaku gewesen und in dem Moment, an dem man die Otokoyaku-Einstufung bekam wurde einem das Männerdasein wie nichts anderes eingetrichtert. Ihr war es in ihrer Zeit nach Takarazuka in den ersten Monaten schwer gefallen sich von den Anzügen zu trennen, aber sie hatte schnell Gefallen an Kleidern und Röcken gefunden und hatte nicht weiter drüber nachgedacht. Aber die Jüngere schien sich darüber sehr zu amüsieren. Den Weg zu Asako's Wohnung hätte sie blind fahren können, denn allein in den vergangenen Tagen war sie so oft zwischen ihrer der Wohnung der jüngeren und dem Krankenhaus hin und her gependelt, dass sie sich schon Schleichwege gesucht hatte. „Tokyo ist ganz anders, als ich es in Erinnerung habe“, sagte Asako und drückte beinahe die Nase an die Scheibe. „Nun die Zeit bleibt halt nicht stehen.“ Obwohl es manchmal echt nicht schlecht wäre wenn, dachte sich Saeko zwischen ihren Sätzen. „Ich glaube aber, dass dir deine Wohnung gefallen wird. Ich hoffe es macht dir nichts aus, dass ich ein bisschen aufgeräumt habe.“ „Aufgeräumt? War es denn unordendlich?“ „Es ist ein Glas zu Bruch gegangen letztens. Nichts tragisches. Ausserdem hat Yuuhi...“ Sie schielte im Rückspiegel zu dem Soragumi-Top Star. „...auf der Suche nach etwas zum Anziehen für dich fast die Hälfte deiner Shirts aus dem Schrank gezogen.“ Yuuhi errötete, sank im Rücksitz etwas in sich zusammen. „Ich wollte sie noch zurücklegen aber ich hatte es eilig.“ „Naja jetzt sind sie wieder im Schrank.“ Mit großen Augen trat der Tsukigumi-Star in ihre Wohnung ein, sah sich blinzelnd um. Es war alles so fremd und doch so vertraut. Das erste, was Asako sofort ins Auge sprang, war der Sessel, der, komplett aus der Reihe fallend, mitten im Raum im Wohnbereich stand. Kichernd warf sich die Jüngere in den lilafarbenen Sessel, zog die Beine dabei an den Körper und legte den Kopf in den Nacken. „Wow das ist total toll. Und die Wohnung gehört wirklich mir?“ Sie sah zu Saeko, die den Schlüssel beiseite legte und die Tasche, die Asako achtlos im Gang hatte liegen lassen, auf einen Stuhl und sah lächelnd zu ihr. „Klar. Du verdienst ja auch genug um dir das leisten zu können. Obwohl ich immer noch nicht weis, wieso du den Sessel behalten hast.“ „Der war das erste Geschenk, dass ich mal von meinem Fanclub bekommen habe. Ich weis nicht, wie sie das rausbekommen haben, aber der, der in meiner Wohnung stand ist kaputt gegangen und ich liebe Lila.“ Asako lachte leicht. „Auf einmal stand er mit einem Zettel vor meiner Tür. Ich glaube ich habe fast geheult desshalb. Daran hängen so viele schöne Erinnerungen.“ Saeko lächelte zärtlich, nickte nur und schob den Stuhl näher an den Tisch. „Willst du noch was essen?“ „Nein danke.“ Asako schüttelte den Kopf, warf einen Blick durch die Wohnung. „Ist das Bett auch so groß?“ „Überzeug dich selbst.“ Saeko sah dabei zu, wie Asako freudig aufsprang und in Richtung des Schlafzimmers lief. Unterbewusst schien sie sich doch noch zu erinnern, denn sie lief geradewegs und ohne weiter darüber nach zu denken in Richtung des Zimmers. Sie konnte daraufhin nur lächeln. Yuuhi und Osa waren nicht mitgekommen, denn Yuuhi hatte noch ihre Probe und Osa hatte einen Anruf von ihrem Vorgesetzten bekommen, dass sie zu einer Besprechung musste. Demnach blieb es an Saeko bei Asako zu bleiben, was ihr auch nur ganz Recht kam. Saeko griff in ihre Handtasche, aus der sie ein Bild nahm, dass sie aus einer der Bilderrahmen von Asa hatte. Es zeigte sie und Asako in einer innigen Umarmung. Saeko hatte es für unklug gehalten das Bild in der Wohnung stehen zu lassen, wieso auch immer. Sie wollte Asako mit ihrer vergangenen Beziehung nicht überrumpeln. Ein Schrei aus dem Schlafzimmer riss sie aus den Gedanken und in ihr machte etwas einen Satz. Ohne weiter darüber nach zu denken lies sie das Foto fallen, rannte so gut es ihr möglich war ins Schlafzimmer und sah Asako, wie sie vor dem Bett hockte und gegen das Bettgestell rutschte, weg von ihrem Kleiderschrank. Eine ihrer Mäntel hing am Türrahmen, anscheinend hatte sie ihre Klamotten durchgesehen, aber was Saeko sofort ins Auge sprang war der Mantel, den sie als Tod getragen hatte, wie er wohl fallengelassen vor den Türen lag. Die ehemalige Tsukigumi-Schauspielerin hockte sich vor Asako, sah in ihr entsetztes, etwas bleich wirkendes Gesicht und legte ihr die Hand an die Wange. „Asako was ist los?“ „I-ich... ich...“, stammelte sie, zitterte und zog die Beine näher an den Körper bevor sie einmal sichtlich schluckte. „Ich weis es nicht...“ Saeko sah nur verwirrt drein. Hatte sie unkontrolliert auf den Todmantel reagiert? Aber wieso? „Komm“, sagte sie leise und nahm das Handgelenk der anderen, zog sie in ihre Arme. Asako klammerte sich an sie und die Ältere zog sie auf die Beine. Sie brachte ihre Freundin zurück ins Wohnzimmer, setzte sie auf die Couch. Asako, noch immer bleich, starrte stumm vor sich hin und hielt sich den Kopf. „Gehts wieder?“ Die Jüngere nickte leicht, lächelte leicht gequält und sah sie an. Saeko versuchte ebenfalls zu lächeln, aber sie sorgte sich zu sehr. Ob sie auf alles so reagierte, was mit ihrer Tod-Rolle zu tun hatte? Jetzt, wo sie so darüber nachdachte... wo war eigentlich ihr Ring geblieben? Sie hatte zwar andere Probleme gehabt als auf Asako's Hände zu achten, als sie im Krankenwagen mit dem Top Star ins Krankenhaus gefahren sind, dennoch konnte sie sich nicht erinnern, dass sich der Ring in irgendeiner Weise in ihrem Besitz befunden hatte. Dabei war der Ring das wichtigste für sie gewesen. Vielleicht sollte sie zunächst den Mantel und das komplette Tod-Kostüm entsorgen gehen, dass da noch in Asako's Schrank hing. „Ich bin gleich wieder da...“, sagte die Ältere, wollte aufstehen, aber Asako hielt sie fest. „Nein! Nein bitte bleib.“ „Ich bleib doch nicht lange...“ „Bitte.“ Saeko schluckte, sah auf Asako herunter, die sie flehend ansah und setzte sich kurz darauf wieder neben sie. Den Blick kannte sie. Asako hatte Angst allein zu sein. „Na gut. Macht es dir was aus, wenn du heute Nacht bei mir auf der Couch bleibst?“ Asako schüttelte glücklicherweise nur den Kopf. Die Ältere lächelte nur aufmunternd und strich der anderen kurz über die Haare. „Was war denn los?“ „Ich weis es auch nicht“, begann der Tsukigumi-Star, wich ihrem Blick dabei aus und starrte stattdessen zu Boden. „Ich hab mich nur umgesehen. Und... und ich hab den Schrank aufgemacht und hab mir ein paar Sachen angesehen. Und dann hatte ich diesen Mantel in der Hand.“ Asako schluckte, fing an zu zittern. Saeko nahm vorsichtig ihre Hand und die Jüngere krallte sich hinein, wobei die Ältere sah, wie sich kleine Tränen in den Augenwinkel der Jüngeren bildeten. „Ich hatte auf einmal so Angst. Und ich hatte so Kopfschmerzen.“ „Hast du immer noch Schmerzen?“ Asako schüttelte den Kopf. „Nein. Es ist genauso schnell wieder weg gewesen, aber... aber... ich weis es auch nicht. Ich hab Angst davor.“ Saeko schluckte etwas. Dann ging es also doch um den Tod. Vorsichtig strich sie der Jüngeren über den Kopf. „Sch~ Ich bin ja da.“ Das Herz der Älteren blieb für eine Sekunde stehen als Asako sich auf ihren Schoß schob, sich an ihrer Schulter festhielt und sich eng an sie kuschelte. Zögerlich legte Saeko die Arme um den zierlichen Körper der anderen, lehnte den Kopf an den der Jüngeren. Sie konnte nicht anders als leicht zu lächeln. Egal wie, Asako war einfach zu süß. Zärtlich drückte sie die Jüngere an sich. Am liebsten hätte sie der anderen gesagt, dass sie sie liebte, dass sie bei ihr bleiben würde und dass sie keine Angst haben brauchte und sie würde wohl sterben für nur einen Kuss, aber sie war glücklich die andere zunächst nur festhalten zu können. „Ich bleibe bei dir. Keine Sorge.“ So in Saeko's Armen zu liegen beruhigte den Tsukigumi-Star dann doch irgendwie. Was sie dazu geritten hatte sich auf den Schoß der Älteren zu setzen, aber der kurze Aussetzer ihres Gehirns war dann vielleicht doch etwas gutes gewesen. Diese Vertrautheit zu spüren und zu fühlen, wie zärtlich Saeko sie behandelte, die ganze Aufmerksamkeit war einfach wunderbar. Jetzt, wo sie so nahe bei der anderen war merkte sie auch, wie gut diese roch und wie weich sich ihre Haut anfühlte. Die Hand in ihren Haaren lies ihren Körper kribbeln und sie schloss daraufhin die Augen, merkte, wie ihre Wangen brannten. Was dachte sie da schon wieder? Eigentlich sollte sie in diese Richtung gar nicht denken, immerhin war es in Takarazuka tabu. Dennoch wollte sie diesen Moment einfach nur geniesen, schmiegte sich enger an die andere und vergaß damit den Schock, der bei ihr wie ein Blitz eingeschlagen hatte und noch immer in ihren Knochen saß und gab sich stattdessen der Wärme hin. Kapitel 4: Restart ------------------ Saeko hätte Tage damit verbracht so ziemlich alles aus Asako's Leben zu nehmen, dass auch nur im entferntesten Sinne etwas mit dem Tod und dem Elisabeth-Stück zu tun hatte. Ganz so leicht war es nicht, denn sie wollte nicht, dass die Jüngere auch nur irgendwie Wind davon bekam. Kiriyan und Yuuhi hatten ihr etwas dabei geholfen indem sie Asako abgelenkt hatten, entweder mit einigen Geschichten, indem sie den Top Star einfach aus der Wohnung geschleppt und ihr die Gegend gezeigt hatten oder indem sie mit ihr in der Küche gestanden und mit Asako gekocht hatten. Es hatte den Tsukigumi-Star ausgelastet und sie hatte dabei sichtlich ihren Spaß gehabt. Das Tod-Kostüm hatte sie in zwei Plastiktaschen gepackt, diese zu einem Packet geschnürt und das Päckchen in den Keller in die hintere Ecke verfrachtet. Wegschmeißen wollte sie das wertvolle Kleidungsstück nicht, denn immerhin steckte die Arbeit anderer Personen darin und hatte dann doch einen gewissen Erinnerungswert. Glücklicherweise wusste sie, wie selten Asako in den Keller ging, wenn sie nicht gerade alte Möbelstücke dorthin verfrachtete um Platz zu schaffen. Wenn Saeko nicht gerade ihre Zeit damit verbrachte zu verhindern, dass Asako eine erneute Angstattacke bekam, denn sie vermutete, dass Asako auf irgendetwas aus Elisabeth reagiert hatte nachdem sie sah, wie die Jüngere fast paralysiert vor dem Bild mit Elisabeth stand, hatte sie angefangen mit Asako Namen zu lernen. Sie lernte schneller als erwartet, erholte sich noch sehr viel schneller und schon nach wenigen Tagen war der Flummi kaum noch auf zu halten gewesen. Der Wecker klingelte früh morgens und Saeko schlug blinzelnd die Augen auf, murrte etwas als sie merkte, dass etwas an ihrer Seite fehlte. Die Nächte hatte sie mit Asako im Bett verbracht, denn die Jüngere war in den ersten Nächten immer so gegen Mitternacht verschlafen und mit müdem Blick zu ihr auf die Couch gekrabbelt. Irgendwann war sie einfach mit ihr ins Bett gegangen, wobei Asako nichts dagegen zu haben schien. Die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin setzte sich auf, erhob sich dann aus den Federn und streckte sich ausgiebig. Von ihr aus hätte es ewig so laufen können, denn Asako war mehr als liebenswert, auch, wenn sie sich noch nicht ganz traute einen Schritt weiter zu gehen. Ab und an bekam ihre Freundin wieder diese Momente, in denen sie wie ein scheues Reh wirkte und zurückscheute, insbesondere, wenn sie wieder nach einem Besuch ihrer Freunde alleine waren. Langsam tappste Saeko, noch immer Barfuß, aus dem Schlafzimmer, sah sich um. Es roch nach Frühstück und sie hörte, wie Asako durch die Wohnung lief, entdeckte die Jüngere auch schlussendlich in der Küche, wo sie, eine Scheibe Toast zwischen die Zähne geklemmt, zwei Tassen Kaffee eingoss. Sie war obendrein schon angezogen, wobei Saeko zuerst diese süßen, bunt geringelten Socken ins Auge fielen, die so gar nicht zum Rest ihres Outfits passten. Sie trug ein schwarzes Shirt, auf dem ein paar rote Engelsflügel gedruckt waren, eine typische, blaue Jeans und sie hatte sich eine Kette um den Hals gelegt. Sie wirkte ein bisschen wie ein Schuljunge. „Guten Morgen“, murmelte Saeko und lächelte etwas. „Du bist ja schon auf dem Sprung.“ „Morgen“, nuschelte Asako und biss von ihrem Toast ab. „Ich konnte nicht mehr schlafen und da dacht ich mir, ich mach schonmal Frühstück.“ Die Ältere warf einen Blick auf die Uhr, grinste etwas. „Du hast noch drei Stunden bevor Kiriyan dich abholt.“ „Ja aber trotzdem...“ Die Jüngere zog eine leichte Schmolllippe. „Es ist mein erster Tag und...“ „Du musst nicht so nervös sein. Es wird dir gefallen und keiner wird etwas merken. Kiriyan unterstützt dich wo sie kann. Da ihr sowieso eine neue Saison habt wird es auch keinem auffallen, dass du keine Ahnung hast von dem was als nächstes gemacht wird.“ „Apropos. Was steht denn als nächstes an?“ „Das weis ich nicht, aber es dürfte eine neue Komödie sein, also etwas, was dir liegen dürfte. Es wird keiner aus den Troupes nachfragen. Kimu wird Yukigumi und vor allem Natsuki von dir fernhalten, Shio lenkt Hoshigumi ab und Yuuhi hat bei Soragumi als neuer Top Star sowieso den größten Einfluss. Kiriyan wird dir mit Tsukigumi helfen.“ „Und was ist mit Senka? Ich kenne daraus keinen.“ „Gaichi meinte, dass sie mit jemandem geredet hat. Sie hat da wohl irgendwie Kontakte.“ Saeko trat zu der anderen, strich ihr kurz über die Haare und lächelte aufmunternd. „Dreh nicht durch. Es ist nicht so viel anders als das, was du noch weist. Nur mit mehr Aufmerksamkeit.“ Asako lächelte und setzte sich, sichtlich beruhigt, auf einen Stuhl, wo sie wieder an ihrem Toast knabberte und eine der Tassen heranzog. „Und du bist die nächsten Tage nicht da?“ Saeko schüttelte den Kopf. „Nein. Aber danach arbeite ich mit an meinem Konzept und dem nächsten Tsukigumi-Stück. Der Chef will sich wohl davon überzeugen, dass ich noch alles auf die Reihe bekomme, was ich mal gelernt habe.“ „Warum hattest du überhaupt aufgehört? Ich kann mir vorstellen, dass man als Assistent viel Spaß hat.“ „Schon, aber die Zeiten sind mehr als unmenschlich.“ „Und warum machst du jetzt weiter?“ Das, was sie eigentlich hatte sagen wollte schluckte Saeko hinunter, bevor es ihr über die Lippen kam. Stattdessen nahm sie sich eine Tasse und nahm einen Schluck daraus. „Ist doch egal. Hauptsache, wir können zusammen arbeiten, oder? Und du wirst froh sein, wenn Kiriyan nicht ganz so stark an dir klebt.“ „Wieso?“ „Denk nicht weiter drüber nach.“ Asako lächelte etwas, wobei das Frühstück an sich sehr gelassen verlief und der Tsukigumi-Star etwas runterkommen konnte. Sie hatte sich schon eine halbe Ewigkeit darauf gefreut endlich ihre Troupe kennen zu lernen und zu wissen, was das Leben als Top Star so mit sich brachte. Bissher hatte sie nur ihre beste Freundin Osa gesehen, wie sie sich als Top Star verhalten hatte, konnte an ihrem jetzigem Verhalten auch sagen, dass es einen ziemlichen Einschnitt in ihrem Leben gegeben hatte. Ob Gaichi etwas damit zu tun hatte sei einfach dahingestellt. Zwar war sie noch etwas nervös bei dem Gedanken von fast 70 fremden Menschen umgeben zu sein, die Durchschnittsgröße an Schauspielern in den einzelnen Troupes, aber immerhin wusste sie Kiriyan an ihrer Seite, die sie in den wenigen Tagen schon sehr ins Herz geschlossen hatte, und Saeko würde schlieslich auch bald zu ihnen stoßen. Aus irgendeinem Grund zog sie die Erkenntnis Saeko ein paar Tage nicht zu Gesicht zu bekommen irgendwie runter. Asako war nicht dumm, wesshalb sie schnell gemerkt hatte, dass das zwischen ihr und Saeko, obwohl Osa anderes behauptet hatte, nicht nur bei Freundschaft geblieben war. Manchmal spürte die Jüngere die Blicke des ehemaligen Tsukigumi-Stars im Rücken, spürte es an der Art und Weise, wie die andere sie berührte und schreckte desshalb ab und an zurück. Es fühlte sich nicht schlecht an, aber Asako traute sich aus irgendeinem Grund nicht. In ihrem Hinterkopf hielt sie etwas zurück, doch schon am Vorabend hatte sie sich dazu entschieden über ihren Schatten zu springen und endlich Klarheit zu haben. So wirklich vorran kam sie dabei jedoch nicht. Immer, wenn sie Saeko ansah, klappte in ihr etwas um und sie fühlte sich wie ein Schulmädchen, dass von ihrem Lehrer angeschnauzt werden könnte. Der Klingelton von Saeko's Handy riss sie aus den Gedanken. Da Asako sich schon zurechtgemacht hatte verbrachte sie ihre Zeit damit noch ein letztes Mal die Namen durch zu gehen. Das ganze war fast so schlimm wie vor einer Premiere. Ohne weiter darüber nach zu denken fischte Asako nach dem schwarzem Telefon auf der anderen Seite des Tisches und öffnete die Nachricht, überflog sie einmal und stand dann auf. Sie ging zum Badezimmer, wo Saeko sich zurecht machte und klopfte an die Tür. „Saeko? Du hast grade eine Nachricht bekommen.“ „Ich bin gleich da.“ „Da fragt aber jemand wo du bleibst. Wann ist denn dein Meeting gewesen?“ Kurze Pause von drinnen. „Halb 9, wieso?“ Asako ging aus dem Menü raus und warf einen Blick auf die Handyuhr, anschließend einen flüchtigen auf den kleinen, gelben Küchenwecker, der inzwischen zum kleinen, gelben Gangwecker geworden war. „Dann bist du schon 10 Minuten zu spät. Deine Handyuhr geht falsch.“ Vom Inneren des Badezimmers kam ein sehr lauter, obszöner Fluch, gefolgt von einem Rumpeln. Mehr oder minder gelassen ging Asako mit dem Handy in der Hand zum Eingangsbereich, nahm Saeko's Jacke vom Hacken und sah dabei zu, wie die Ältere ziemlich ungeschickt aus dem Bad gestolpert kam. Verdammt das hatte ihr gerade noch gefehlt. Gleich am ersten Tag wieder zu spät und das nur, weil diese blöde Uhr sich schon wieder verstellt hatte. Wieso das verfluchte Ding das manchmal tat war ihr schleierhaft, aber sie schien sich immer zu verstelle, wenn sie es am wenigsten gebrauchen konnte. Wenn sie sich beeilte, dann würde ihre Verspätung vielleicht nicht ganz so übel sein, aber Ärger würde sie garantiert bekommen, wenn es sie nicht gar den Job kostete. Dass sie ungeschminkt war störte sie in dem Moment reichlich wenig, stattdessen fiel sie fast über den Teppich im Wohnzimmer, schnappte sich ihre Tasche und ging in den Eingangsbereich, wo Asako ihr schon die Jacke entgegenhielt. „Danke“, murmelte sie, als sie sich die Jacke über warf. Kaum, dass sie die Hand an der Türklinke hatte rief Asako sie nochmals zurück. „Willst du dein Handy nicht mitnehmen?“ Fast hätte sie das vergessen. Ohne Handy war sie quasi verloren, besonders, weil sie unterwegs beim Meeting anrufen musste wie lange sie denn noch brauchte. Wenn der Verkehr gut floss, dann würde sie vielleicht eine Viertelstunde brauchen, wenn sie aber mal wieder in einen Stau kam würde sich das noch weiter rauszögern. Die Ältere drehte sich auf dem Absatz, ging zu Asako und nahm etwas ausser Atem und durch den Wind ihr Handy. „Danke. Was würd ich nur ohne dich machen.“ Ohne weiter drüber nach zu denken beugte sie sich vor, hauchte der Jüngeren aus reiner Gewohnheit heraus einen Kuss auf die Lippen, was sie aber sofort bereute. Asako reagierte nicht wirklich, starrte sie nur an, als Saeko, nachdem sie realisiert hatte, was sie getan hatte, zurücksprang. Für einen Moment vergaß sie in welcher Eile sie war und die beiden Frauen starrten sich einige Sekunden an. „A-Asako... Ich...“, stammelte die Ältere und hob etwas die Hand. Die Frau ihr gegenüber legte geistensabwesend zwei Finger an ihre Lippen. „Es tut mir leid...“ Erneut sah sie der Jüngeren einige Sekunden in die Augen, zitterte etwas. Hatte sie es jetzt ruiniert? Und das nur in einem Moment geistiger Umnachtung. Doch ehe sie es sich versah hatte Asako sie mit einem plötzlichem Ruck an die Tür gedrückt, die mit einem Knall zurück ins Schloss fiel, und Saeko fühlte den Atem der anderen gegen ihren Lippen. Für eine Sekunde blieb ihr das Herz stehen, fühlte die Lippen, nach denen sie sich so gesehn hatte. Der Zug an ihren Haaren verleitete sie dazu, leicht in den Kuss zu keuchen, wobei sie kurz darauf schon die neckende Einladung von Asako's Zunge spürte, die sie nur mit Freuden und gieriger, als sie es vielleicht gewollt hatte, aufnahm. Saeko musste etwas in die Knie, da ihre Absätze sie um einiges größer machte als die Jüngere, schlang die Arme fest um ihre Taille. Die Ältere fühlte, wie sie anfing zu zittern unter den zärtlichen Berührungen und für einen Moment waren ihre Sorgen gänzlich vergessen. Nur um kurz Luft zu holen löste sie sich von der kleineren Frau, öffnete die Augen einen Spalt. Selten zuvor hatte sie die andere als so wunderschön empfunden wie in diesem Moment, doch gerade als sie für einen erneuten Kuss ansetzen wollte stieß das laut klingelnde Handy an ihren Absatz und riss die beiden Frauen damit aus der Trance, wobei Asako etwas erschrocken von der größeren wegsprang. Hin und her gerissen fischte nach dem Störenfried und sah darauf, ging schließlich doch ans Telefon, wo ihr Gaichi's bezaubernde Stimme entgegenschrie. „Verdammt Saeko wo bist du?? Wir warten alle nur auf dich!“ „I-Ich... ich bin schon unterwegs.“ „Dann tu es auch! Der Chef kocht schon vor Wut. Mach es nicht schlimmer!“ Aufgelegt. Saeko stockte und starrte auf ihr Handy, sah dann zu Asako auf, die sie mit einem Blick ansah, den die Ältere nicht wirklich deuten konnte. „Asa...“ „Jetzt geh schon.“ „Aber...“ Asako lächelte, trat an sie heran und Saeko fühlte erneut die Lippen der anderen auf ihren. Erleichtert über diesen kurzen Kuss legte auch der ehemalige Tsukigumi-Star ein Lächeln auf und umarmte die kleinere einen Moment. Gaichi tobte vor Wut. Jetzt hatte sie Saeko diesen Job besorgt und dann versaute sie es. Wieso wusste sie nicht, aber dennoch trieb sie das ganze in den Wahnsinn. „Wo bleibt sie?“ „Sie ist unterwegs“, sagte Gaichi entnervt und legte sich die Hand an die Stirn. „Sollte sie das nicht schon vor fünfzehn Minuten gewesen sein?“ „Sie wird ihren Grund haben.“ „Das hoffe ich. Sie hatte schon damals den Drang ziemlich freizügig zu sein was Pünktlichkeit angeht.“ Gaichi sah kurz den Tisch entlang, beugte sich dann zu der Frau, die neben ihr saß und wurde etwas leiser. „Sie hat sich verändert. Gib ihr eine Chance.“ „Saeko ist gerade dabei sich die zu verspielen. Ich entscheide nicht, ob sie bleiben darf.“ Die Frau ihr gegenüber lehnte sich etwas weiter in ihrem Stuhl zurück und lächelte etwas. „Stimmt es eigentlich, was man so über sie hört?“ Auch die Frau gegenüber von Gaichi sprach etwas ruhiger, wobei sich die oberen Schichten von Takarazuka sich am Kopfende des Tisches unterhielten und schon die ersten Geschäfte abschlossen, für welche sie Saeko nicht brauchten. „Ist sie endlich vergeben?“ „Das geht dich gar nichts an Wataru“, sagte Gaichi entwas genervt. Die Ältere war sichtlich mit den Nerven am Ende. „Nicht so aggressiv.“ Die ehemalige Senka sah dabei zu, wie Wataru nur zweideutig lächelte. Kozuki Wataru, kurz Wataru, war die zweite Anwärterin auf den Posten, für den Saeko sich sich beworben hatte. Das Meeting war hauptsächlich dazu zu entscheiden, wer von den beiden Frauen, Saeko oder Wataru, der neue Assistent von Tsukigumi werden würde. Wataru, genau wie Saeko, war ein ehemaliger Top Star, verdammt talentiert obendrein. Sie war der Star von Hoshigumi gewesen, hatte im Vergleich zu Saeko aber mehr Erfahrung als Top Star. Das schlimmste aber, es war Saeko's erste große Liebe gewesen, doch Wataru hatte es damals beendet, mehr oder minder unter Druck und Erpressung. Gaichi wusste nicht, wie Saeko noch zu Wataru stand, aber sie hatte ihrer Freundin nicht gesagt wer da mit ihr um dem Posten konkurierte, was sie wohl noch zu hören bekommen würde. „Ich bin nicht aggressiv.“ Wataru lächelte nur breiter. Kaum, dass Saeko die Wohnung verlassen hatte war der Tsukigumi-Star mit weichen Beinen in ihren Sessel gesunken. Das war... atemberaubend gewesen. Wörtlich. Es war so... natürlich gewesen, so selbstverständlich und doch so gut. Einfach umwerfend. Asako leckte sich leicht über die Unterlippe, bibberte leicht, wenn sie den Augenblick nochmal Revue passieren lies. Sie hatte genau gewusst, wie sie Saeko dieses leichte Keuchen hatte entlocken konnte. Der Körper der anderen hatte sich einfach so wundervoll warm angefühlt, so vertraut, so neu und doch wollte sie mehr davon. Am liebsten hätte sie die andere nicht gehen gelassen, aber welche Wahl hatte sie schon gehabt? Du hast keine Wahl. Sie wird dich nochmal verlassen. Asako sprang auf, wirbelte herum und blickte sich erschrocken in ihrem Wohnbereich um. Wo war das hergekommen? Es war doch sonst keiner in der Wohnung. Der Top Star schüttelte verwirrt den Kopf, ging ein paar Schritte in der Wohnung und trat ans Fenster heran, bestaunte etwas die Aussicht. Die Wohnung hatte wirklich perfekte Lage. Der Anblick, wie die Sonne über die Dächer stieg war einfach himmlisch mit an zu sehen. Asako warf einen Blick auf die Reflektion im Fenster, kontrollierte flüchtig ihr Make-Up und ihre Frisur. Ihre Haare waren noch immer so, wie sie sie immer hatte. In den sieben Jahren hatte sich das nicht verändert? Merkwürdig, dabei probierte sie doch gerne ab und an etwas anderes aus, und sei es nur eine andere Haarfarbe. Gedankenverloren schob die Tsukigumi-Darstellerin ihre linke Hand in die Haare, zog die Haarsträhnen zurück und strich sie sich hinters Ohr. Ob sie sich die zurückflechten sollte? Es wäre mal etwas anderes und stände ihr bestimmt gut. Ein leichtes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Der Gedanke war mehr als verlockend... Abermals sprang sie auf der Stelle als mit einem mal ihre Türklingel los ging. Wollten die Leute, dass sie einen Herzinfakt bekam? Der Uhrzeit nach zu urteilen musste das Kiriyan sein, die sie zur Probe abholen wollte. Dann stieg doch die Nervosität in ihr hoch. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück, aber einen Rückzieher hatte sie noch nie gemacht. Nicht bei der Aufnahmeprüfung für die Takarazuka-Schule, noch für die Auftritte. Das würde schon irgendwie funktionieren. Asako schnappte sich ihre Tasche von dem schwarzem Sofa, sprang geradezu in ihre Schuhe und schulterte die tiefgrüne Jacke bevor sie die Treppe hinunter und Kiriyan entgegen lief. „Guten Morgen, Asako“, sagte Kiriyan fröhlich, begrüßte den Top Star freundlich. „Fit?“ „So fit, wie man sein kann. Packen wirs an.“ Die Direktoren würden sie umbringen, ganz sicher. Nicht nur, dass sie zu spät war, viel zu spät, da sie noch im Stau gestanden hatte, sondern sie war auch nichtmehr dazu gekommen sich entsprechend her zu richten. Ihre Haare waren nur provisorisch gemacht, Saeko erbebte immer noch wenn sie an die schlanken Finger in ihren Haaren dachte, und sie war fast ungeschminkt. Obendrein verschwitzt, da sie die Treppen des Gebäudes nach oben in den Konferenzsaal hechtete und davor ein paar Sekunden nach Luft jappste und klitschnass, da es schon seit Tagen wie aus Eimern goss. Den Ärger würde sie schon irgendwie ab können, insbesondere, da sie mit den Gedanken sowieso woanders war. Asako's plötzliche Reaktion hatte sie gänzlich aus der Bahn geworfen, sodass sie fast einen Unfall gebaut hatte. Bevor sie in den Saal eintrat klopfte sie, öffnete zögerlich und mit klopfendem Herzen die Tür. Im Raum war es totenstill und ohne die anwesenden Personen an zu sehen schloss sie die massive Holztür und verbeugte sich tief. „Es tut mir unendlich Leid...“ „Eine Entschuldigung ist unnötig. Sollte sich ihre Unpünktlichkeit wiederholen, dann können sie den Job sofort vergessen Miss Nao.“ „Es wird nicht wieder vorkommen.“ „Das hoffe ich für sie. Setzen sie sich.“ Der Direktor klang mehr als missgelaunt, aber Saeko hatte mit einem längerem Vortrag gerechnet. So kam sie wohl mehr oder minder glimpflich weg. Fast fluchtartig ging sie um den langen Holztisch, jedoch ohne die Personen an diesem an zu sehen, obwohl sie die Blicke der Direktoren auf sich spürte, und schob sich an Gaichi's Stuhl vorbei ehe sie neben dieser Platz nahm, ihre mitgebrachte, hellgelbe Mappe auf den Tisch legte. „Was hat so lange gedauert?“, fauchte die ehemalige Senka leise als sie sich zu ihr beugte und Saeko wurde in ihrem Stuhl etwas kleiner. „Ich stand im Stau...“ Gaichi hob eine Augenbraue und legte ihren typischen Blick auf, wenn ihre beste Freundin ihr nicht glaubte. Saeko seufzte. „Ich erzähls dir nachher.“ „Wie sie sicherlich wissen...“, unterbrach die Stimme des Direktors die kleine Konverstion. Saeko sah an Gaichi vorbei nach vorne. „...sind wir heute ausschließlich hier um die Konzepte für die nächsten Auftritte durch zu sprechen. Da der letzte Assistent von Tsukigumi neulich in den Ruhestand getreten ist, geht es darum einen Ersatz zu finden. Wir möchten ein passendes Konzept für den nächsten Auftritt um die Möglichkeiten von Tsukigumi zu maximieren. Fangen wir also gleich an. Wir hatten sie gebeten ein Konzept vor zu bereiten. Nebenbei entscheiden wir über Yukigumi's...“ Den Rest der kleinen Rede bekam Saeko schon gar nicht mehr mit, denn sie war dem Blick des Direktors gefolgt, der direkt ans gegenüberliegende Ende des Tisches ging und ihr Blick auf ein nur allzu bekanntes Gesicht fiel. Erneut rutschte die ehemalige Tsukigumi-Schauspielerin in ihrem Sitz ein Stück nach unten. Wataru. Kozuki Wataru. Ihr Herz machte einen Aussetzer als sich ihre Blicke trafen und die Frau ihr gegenüber ihr nur ein freundliches Lächeln zuwarf. Mehr als verzückt stellte Wataru fest, dass Saeko sich so gar nicht verändert hatte, sah man mal von den etwas länger gewordenen Haaren ab. Sie hatte immer noch diesen Zauber um sich herum und wirkte noch immer sehr süß, wenn sie diesen fassungslosen Blick aufgelegt hatte. Hatte die andere etwa nicht mit ihr gerechnet? Wataru warf einen kurzen Blick zu Gaichi, die ihr direkt gegenüber saß, jedoch wich die ehemalige Senka ihr aus. Also hatte das ehemalige Betthäschen nichts in diese Richtung erwähnt, dabei hatte sie den Gerüchten geglaubt, dass Gaichi und Saeko wie Pech und Schwefel zusammenklebten. Wer Saeko's mysteriöse neue Freundin war konnte sie jedoch nicht sagen, aber es stand fest, dass es nicht Natsuki war. Mizu Natsuki. Der Name löste in ihr noch nach all den Jahren eine derartige Übelkeit aus, dass sie am liebsten das nächstbeste Fenster eingeworfen hätte. Zwar hatte sie gesehen, was für eie 180 Grad Drehung der Yukigumi-Star gemacht hatte, das hieß nicht, dass sie der Jüngeren verzieh. Doch so hinreisend Saeko auch noch immer aussah und so gerne sie alte Zeiten wieder aufleben lassen würde, sie war gekommen um einen Job zu bekommen. Der Entschluss sich als Assistent zu bewerben war ihr mehr oder minder spontan gekommen als sie mit einer der Senkas eine Unterhaltung geführt hatte. Kaum, dass der Direktor sie angesprochen hatte nahm sie ihre Mappe, hellgelb, und ging nach vorne um ihr Konzept zu präsentieren, fühlte dabei, wie Saeko sie geradezu anstarrte. Mit klopfendem Herzen folgte Asako Kiriyan in den Probenraum, wo die jungen Schauspielerinnen schon dabei waren über den Scripten zu hängen und sich schon mehr oder minder warm zu machen. Den Raum kannte sie, denn sie war schon mit Hanagumi oft dort zum proben gewesen, aber die große Spiegelfront war immer wieder erstaunlich. Sie nahm die ganze Wand hinter den Tischen der Direktoren, Choreographen und dem Assistenten ein, wobei letzteres noch nicht da zu sein schien, hinter dem Klavier und hinter ein paar weiteren Tischen auf denen die Taschen der Jüngeren standen, hauptsächlich die der Shinkos. Die Spiegel liesen den Raum geradezu gigantisch wirken und Asako fühlte sich etwas eineschüchtert, wieso auch immer. Wahrscheinlich weil sie die Masse an jungen Frauen, die unter ihr standen, in den Spiegeln doppelt sah und sie dadurch nur noch nervöser wurde, was sie jedoch ganz gut überspielen konnte. „Guten Morgen, Asako“, sagte eine junge Frau, die zu ihnen gelaufen kam und bei ihr stehen blieb. „Ich hab gehört du warst krank. Geht es dir besser?“ Asako musste ein paar Sekunden nachdenken, ging in Gedanken die Bilder durch, die sie so intensiv auswendig gelernt hatte, lächelte dann aber. Wie vertraut sich das ganze dann doch anfühlte war erstaunlich. „Guten Morgen, Mirio. Inzwischen ist es besser. Also keine Sorge.“ „Naja wir haben uns trotzdem Sorgen gemacht.“ Sie lächelte. „Mirio jetzt belager sie doch nicht so.“ „Ist schon gut, Kiriyan. Ich freu mich doch auch.“ Asako sah zu der jungen Mirio, bemerkte nur im Augenwinkel einen mehr oder minder kritischen Blick einer anderen Schauspielerin. Schnell aber wandt sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Frau ihr gegenüber zu. „Also, was machen wir als nächstes? Ich habe gehört wir haben keinen Assistenten.“ Mirio schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme. „Nein den neuen bekommen wir wohl erst in zwei oder drei Tagen. Keine Ahnung, was da so lange dauert. Die Yukigumis sind gerade auch ziemlich aufgeschmissen desshalb.“ „Wieso?“ „Kimu hat erzählt, dass ihr Assistent letztens ziemlich überstürzt ausgestiegen ist. Sie sollten eigentlich schon seit ein paar Tagen wieder proben, aber ohne einen Assistenten ist das so gut wie unmöglich. Sie haben provisorisch jemanden besorgt, aber sie haben kein Konzept.“ Gewöhnlicherweise hatten die Troupes einen Assistenten, der die Grundstrukturen der Troupes aufrecht erhielt, erstellten desshalb die sogenannten Konzepte, die von den Chefs und Direktoren abgesegnet worden. Die Konzepte bestanden aus Trainingsplänen, Ideen für Choreographien, Rollenverteilungen, Musik und so weiter. Sie waren der Hauptgrund wieso die Assistenten so eine unmenge Geld verdienten, denn die Verantwortung dafür war unheimlich groß, obendrein eine ziemliche Arbeit und wenn das Konzept nicht in den Kram der Chefs passte und er es für unzureichend erklärte war man schnell schonmal seinen Job los oder wurde in eine andere Troupe versetzt. Asako runzelte etwas die Stirn. Sie wusste, dass Saeko in den letzten Tagen mehr oder minder an einem Konzept gearbeitet hatte, jedoch hatte sie das wegen ihr wohl ziemlich vernachlässigt. „Nun dann wünschen wir ihnen das Beste. So einen Stress kann wirklich keiner gebrauchen. Dabei sind die Yukigumi-Aufführungen sonst so gut.“ Mirio runzelte etwas die Stirn. „Was ist?“ „Schon gut. Es ist mir nur neu, dass du so gut von Yukigumi sprichst.“ Asako lächelte etwas schief. Stimmt da war etwas gewesen. Osa hatte ihr gesagt, dass sie mit Yukigumi nicht wirklich gut klar gekommen war seit sie Top Star geworden war, Kimu hin oder her. „Nun man sollte das ganze immerhin neutral betrachten, oder? Egal. Fangen wir an. Je eher wir fertig sind, umso besser.“ Saeko konnte nur mit Mühe und Not verhindern, dass sie auf ihrem Stuhl hinunter unter den Tisch rutschte. Nicht nur, dass Wataru da vorne stand und ihr den Kopf verdrehte, der Kuss mit Asako hing ihr immer noch nach und das Konzept, dass ihre Exfreundin da vorstellte war geradezu brilliant. Es war durchdacht, einfach zu verstehen, umsetzbar und vor allem effektiv. Der ehemalige Tsukigumi-Star versuchte sich ein zu reden, dass es nicht in den Tsukigumi-Stil passte, aber sie musste zugeben, dass sie sich da nicht so sicher war. Wataru machte einen ziemlich wagen Schritt so weit von den Standartkonzepten weg zu gehen, aber gerade das machte ihr Konzept so besonders. Warum war ihr das nie so eingefallen? Dabei lag diese Struktur einfach so offensichtlich auf der Hand. Sonst hatten die beiden ehemaligen Top Stars doch auch immer in die gleiche Richtung gedacht, aber so offensichtlich Wataru's Struktur auch war, von alleine darauf gekommen wäre Saeko nie. Der ehemalige Tsukigumi-Star wurde auf ihrem Stuhl nervös, knetete den Bleistift zwischen ihren Fingern. Dass Gaichi sich neben ihr mit ihrer Sitznachbarin unterhielt bekam sie nur am Rande mit, starrte nur nach vorne auf die Präsentation ihrer damaligen Partnerin. Auch kam Saeko nicht drum herum Wataru den Otokoyaku immer noch an zu sehen. Sie trug eine Nadelstreifenhose, die ihre sowieso schon langen Beine, immerhin maß Wataru stolze 1.74, noch länger machten, das Hemd und die Weste kaschierten ihre Oberweite und die Goldkette zog ihren Blick immer wieder auf das verführerisch ausgeprägte Schlüsselbein. Ihre Haare waren vergleichsweise kurz, dezent zurückgestylt und rahmten die schlanke Gesichtsform weiter ein. Saeko's Blicke sprangen immer weiter hin und her und sie spürte, wie ihre Gedanken von der noch immer starken Präsenz Watarus, ihrer schlichtweg genialen Präsentation und dem bis ins kleinste Detail durchdachte Konzept einfach überfordert wurden. Gut ihr Konzept war auch nicht gerade das schlechteste, sie konnte mit Fug und Recht behaupten, dass es das Beste war, dass sie seit langer Zeit aufgestellt hatte, aber sie hatte nicht die Zeit gefunden um es weiter aus zu arbeiten, da sie sich um Asako gekümmert hatte, denn sonst hätte sie es weiter auf den Tsukigumi-Stil ausgelegt. Ihr Konzept hatte eher eine allgemeine Struktur. Ein plötzlicher Schmerz an ihrem Schienbein verleitete sie dazu zu Gaichi zu schauen und die Luft scharf zwischen den Zähnen ein zu ziehen. „Reis dich zusammen“, zischte ihre Freundin, sah sie ernst an und Saeko warf einen Blick auf ihre Mappe, sah erst wieder auf, als die Direktoren auf den forderen Plätzen applaudierten. Der ehemalige Tsukigumi-Star stimmte erst ziemlich am Ende damit ein, war noch immer abgelenkt von dem, was Wataru gerade präsentiert hatte und Wataru selbst. Sie hatte den ehemaligen Hoshigumi-Top Star seit Jahren nicht zu Gesicht bekommen wegen ihres Ausstiegs aus Takarazuka, ihrem Streit mit Asako, der Zeit, in der sie sich einfach von alles und jedem abgekapselt hatte und generell wegen ihrer eigenen Blindheit. Nicht zuletzt hatte sie die andere so lange nicht gesehen, da Chika ständig ihre Aufmerksamkeit beansprucht hat. Bis Asako in ihr Leben getreten war und nachdem Wataru ihre Beziehung beendet hatte war der jetzige Yukgumi-Star immerhin die einzige gewesen, zu der sie Kontakt gehabt hatte, denn Gaichi war immerhin nicht mehr gewesen als ein Zeitvertreib und hatte lange nicht den Status bei ihr gehabt, den sie aktuell so sehr pflegte. Dennoch spürte Saeko, wie die ganze Vergangenheit in ihr hochkochte, doch dann war da noch Asako. Sie liebte Asako wie nichts anderes, doch Wataru würde sie nie vergessen können. Die erste Liebe vergaß man nie und Wataru hatte ihr derartig das Herz gebrochen, dass sie nie ganz darüber hinweg gekommen war. „Du hättest mir sagen können, dass sie auch da ist!“, fauchte Saeko zurück und beugte sich dabei zu Gaichi. „Wieso...“ „Was hätte ich dir denn bitte sagen sollen?“ Gaichi sprach sehr leise, sodass nur Saeko sie hören konnte. „Deine Exfreundin konkuriert mit dir um den Platz bei Tsukigumi? Du weist, dass du vor Nervosität gestorben wärst!“ Saeko biss sich auf die Unterlippe, sah dabei zu, wie Wataru sich wieder auf den Platz ihr gegenüber setzte. „Das Konzept ist gut“, sagte Saeko und lächelte etwas erzwungen während sie Wataru ein Kompliment machte. „Sicher, dass du das das erste Mal machst?“ „Ja.“ Wataru lächelte charmant, was Saeko fast aus ihrem Stuhl haute. Die andere hatte wirklich nichts von ihrem Charme verloren. „Ich habe mir nur sehr viele Gedanken darum gemacht.“ „Das merkt man.“ „Miss Nao.“ Der Chef erhob die die Stimme und Saeko zuckte auf ihrem Platz einmal zusammen, sah nach vorne. Dabei hörte sie Wataru leise kichern. „Ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie jetzt ihr Konzept vorstellen könnten. Wir würden die Entscheidung, wer von ihnen Yukigumi und wer Tsukigumi übernimmt gerne so schnell wie möglich fällen.“ Yukigumi fehlte ein Assistent? Warum wusste sie davon auch nichts? Das erklärte zumindest, wieso Saeko zuerst ihr Konzept vorstellen müsste anstatt gleich anfangen zu können und so Zeit zu vergeuden. Wenn der Chef sie und Wataru eingestellt hatte, dann war nur noch die Frage, wer von ihnen sich um welche Troupe übernehmen würde, welches ihrer Konzepte zu Tsukigumi, welches zu Yukigumi passte. Das hieß aber auch, dass sie mit Wataru zusammenarbeiten musste, denn die Assistenten hatten ihre eigenen Meetings auf denen sie sich absprachen. Saeko biss sich auf die Unterlippe, stand dann auf um ihr eigenes Konzept zu präsentieren. Ihre Gedanken sprangen aber noch immer zwischen Asako und Wataru hin und her. Wataru als ihre Vergangenheit und Asako als ihre Zukunft. Sie fühlte die vertrauten Blicke Wataru's in ihrem Rücken während sie ihr Konzept vorstellte. Kapitel 5: Error ---------------- Der kalte Regen prasselte ihr ins Gesicht, der Wind biss in ihre Haut wie ein wildes Tier und die Dunkelheit erstreckte sich über die Betondächer. Langsam schritt sie über die kalten Platten, lächelte etwas. Mit den nackten Füßen trat sie in eine Pfütze, aber sie ignorierte ihre schnell kalt werdenden, tauben Zehen einfach, schritt weiter über den Beton bis zum Rand des Daches. In ihrem Hinterkopf hörte sie eine leise Stimme. Bist du sauer auf mich? So vertraut, doch so fremd. Ich kann nicht mehr zurück. Was ich getan habe ist unverzeihlich. Sie lächelte. Es war vorbei. Und doch war es erst der Anfang. Den Rand des Daches erreichte sie schnell, sah auf die Seite. Das, was sie suchte, lag direkt zu ihren Füßen. Vorsichtig, als würde sie ein Kind aufheben, griff sie nach dem Schmuckstück, strich mit den Fingerspitzen darüber und legte den Onyx an die Lippen. „Verzeih“, flüsterte sie leise. „Ich wollte dich nicht wegwerfen. Jetzt sind wir wieder zusammen.“ Sie stieg auf die kleine Umrandung des Daches, sah hinab in die Tiefe. Geh. Ein lauter Schrei riss Kiriyan aus dem Schlaf und sie saß aufrecht in ihrem Bett. Wohl eher auf der Couch, denn sie hatte die Nacht bei Asako verbracht, wie schon die vorangegangenen zwei. Saeko war beschäftigt, wesshalb Kiriyan an ihrer Stelle über den Tsukigumi-Star wachte. Wie gut sich das ganze entwickelt hatte mit der Schauspielerin mit ihrer Amnesie war erstaunlich, aber der Schrei, der Kiriyan aus ihren Träumen gerissen hatte, war eindeutig von Asako gekommen. Mit einem Mal hellwach sprang der Tsukigumi-Vice auf, schwankte einen Moment, da ihr Kreislauf noch nicht ganz fit war, und lief ins Schlafzimmer. „Asako!“ Der Tsukigumi-Star saß aufrecht, sich in ihre Oberarme krallend, auf dem Bett, schluchzte bitterlich und zitterte am ganzen Körper. Kiriyan kletterte auf ihr Bett, setzte sich vor sie, ihre Freundin lag noch immer halb unter der Decke, und hielt sie an den Schultern fest. „Asako beruhig dich. Was ist passiert?“ Die andere sagte nichts, krallte sich nur an Kiriyan's Nachthemd und zog sie näher. Der Tsukigumi-Vice schloss sie sanft in die Arme, legte eine Hand auf ihren Kopf und strich über ihren Rücken, versuchte sie so irgendwie zu beruhigen. Ihr Rücken war klitschnass, aber sie schob es darauf, dass sie wohl geschwitzt hatte. Sie hatte Asako schon eine Ewigkeit nichtmehr so zerbrochen gesehen. Sie hatte schon in der vorangegangenen Nacht von einem Alptraum erzählt, aber ihrer Reaktion nach war der noch um einiges schlimmer. Sie redete ihrer Freundin gut zu, sodass sie schon bald aufhörte zu Schluchzen, zitterte nur noch etwas in den Armen ihrer Vice bis sie sich schlussendlich doch löste. „Tut mir leid“, hauchte Asako etwas, strich sich mit zitternden Fingern die Tränen aus dem Gesicht. „Ich... ich weis nicht was da in mich gefahren ist.“ „Das ist doch nicht schlimm. Hattest du wieder Alpträume?“ „Nein“, erwiederte der Top Star sofort, stockte dann aber einen Moment. „Ich glaube zumindest nicht, dass es einer war.“ „Willst du mir davon erzählen?“ Asako schüttelte den Kopf, warf stattdessen einen Blick auf die Uhr und seufzte leise. „Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe.“ „Schon gut. Willst du Kaffee? In einer halben Stunde müssten wir sowieso aufstehen.“ Leicht nickte der Top Star und Kiriyan lächelte etwas bevor sie aufstand. Erst dann fiel ihr auf, dass sie dieses süße Shirt mit dem Teddy zum Schlafen angezogen hatte, dabei war sie davon ausgegangen, dass es bei ihrem Umzug oder zumindest im letzten Jahr irgendwann Bekanntschaft mit der Mülltonne gemacht hatte, aber der Tsukigumi-Vice war aufgefallen, dass Asako die letzten zwei Tage anfing ihre ganzen alten Klamotten wieder raus zu kramen. Die Trainings mit ihr liefen gut. Bissher schien keiner zu merken, dass Asako nicht mehr alles so ganz auf die Reihe bekam, wie sie es gewohnt waren. Das neue Stück passte in das, was ihr Top Star am liebsten und am besten spielte, dementsprechend lernte sie auch die Texte recht flott, doch hier und da merkte Kiriyan trotzdem, dass irgendwas ihre Freundin bedrückte, spätestens wenn sie wieder allein waren oder zumindest einen ruhigen Moment hatten. Noch immer keuchte Asako, schluckte den Klos im Hals herunter. Wieso sie eine solche Panik hatte vor dem, was sie gesehen hatte, wusste sie nicht, aber aus irgendeinem Grund zog sich in ihr alles zusammen, wenn sie daran dachte. Es war nur ein verdammtes Dach gewesen, aber so real und vertraut. Sie hatte diese Kälte gespürt, die sie umklammert hatte, diese Dunkelheit, die in ihre Glieder kroch. Asako sah auf ihre Hände, schlug die Decke etwas zurück und suchte auf der Matratze herum. Kein Ring. Real war das ganze also nicht gewesen. Glücklicherweise. Vielleicht würde es ihr nach einem Kaffee und einem ausgiebigem Frühstück besser gehen. Doch kaum schlug sie die Decke zurück zitterte sie erneut aufgrund des kalten Luftzugs. Ihre Beine waren von den Füßen aufwärts bis zu den Knien feucht, ebenso die Bettdecke, auf der sie gelegen hatte. Hatte sie keine Hose angehabt? Ihre nackten Beine froren furchtbar. Höchst wahrscheinlich hatte sie die nachts mal wieder abgestriffen. Laut Saeko tat sie das oft und wegen ihres Traumes hatte sie wohl ziemlich geschwitzt. Ihr ganzer Rücken war nass. Nur langsam stand der Tsukigumi-Star auf, fühlte ihre Beine zittern, jedoch zwang sie sich dazu, gerade zu stehen. Aus dem Schrank holte sie eine Jogginghose, zog sich diese an bevor sie sich auf den Weg in die Küche machte. Noch immer hatte sie sich nicht so ganz an die neue Wohnung gewöhnt, wobei ihr das besonders schwer fiel seit Saeko nicht mehr bei ihr wohnte. Das große Bett kam ihr nur noch größer vor als sowieso schon, da hätten sie wohl zu viert drin schlafen können, und ihre Freunde schliefen meistens auf dem Sofa. In der Küche fand sie Kiriyan auf, die vor die Kaffeemaschiene gebeugt war und diese anstarrte. „Kiriyan? Was machst du da?“, fragte Asako verwirrt. „Sie geht nicht von allein an, wenn du sie lange genug anstarrst.“ „Einen Versuch ist es wert. Ich blick durch das Ding nicht durch.“ Der Tsukigumi-Star lächelte etwas. So begabt Kiriyan beim Kochen war, das was sie machte schmeckte einfach genial, wenn auch mit etwas zu wenig Salz, mit ihrer Kaffeemaschiene stand sie auf Kriegsfuß wie Osa mit ihrem Wecker. Der Top Star ging zu Kiriyan, sah über die Knöpfe und drückte auf einen. Die Maschiene gab einen zufriedenen Laut von sich und der tiefschwarze Kaffee tropfte in die neongrüne Tasse. Mit einem zufriedenem 'Aha!' richtete Kiriyan sich auf und grinste breit. „...Aha? Hattest du einen Lichtblick?“ „Ich glaube, jetzt hab ichs verstanden.“ „Na dann kannst du ja die nächste Tasse machen.“ Frech grinste Asako, nahm sich das grüne Porzellan weg, als der Kaffee aufgefüllt war und Kiriyan gerade danach greifen wollte, wobei ihr Vice einen mehr als enttäuschten Laut von sich gab ehe sie sich erneut daran versuchte die Kaffeemaschiene zum laufen zu bekommen. Kiriyan dabei zu zu sehen wie sie an der so einfachen Technik verzweifelte hob ihre Laune dann doch irgendwie und sie lächelte etwas, erbarmte sich dann doch irgendwann ihrer Freundin eine Tasse zu machen. Die beiden Frauen setzten sich zusammen ins Wohnzimmer, wobei sich die Konversation noch aufgrund der Uhrzeit in Grenzen hielt. Obendrein war Asako geistig etwas abwesend, denn sie war müde, ihre Augen waren schwer von den Tränen und sie wollte am liebsten wieder ins Bett. Sie sah Kiriyan an, dass sie fragen wollte, ob es ihr besser ging, aber stattdessen schwieg, aber der Top Star lächelte ihrer Freundin nur aufmunternd zu. „Es geht schon, Kiri. Es ist nicht so, als wäre ich vom Dach gesprungen.“ Kiriyan wurde mit einem Mal etwas bleich, sackte etwas zurück. Hatte sie einen wunden Punkt getroffen? „Mach darüber keine Witze...“ Gerade als die Tsukigumi-Darstellerin nachfragen wollte hörte sie, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte, wesshalb die beiden Schauspielerinnen in die Richtung sahen. Ein ihnen nur zu bekannter Blondschopf trat ein, hatte eine Tüte in der Hand und mit einem mal roch es nach frischem Gebäck. „Oh guten Morgen“, sagte Shio und lächelte. „Ich dachte ihr seid beide noch am schlafen. Die Freude euch aus den Federn zu schmeißen habt ihr mir dann wohl versaut.“ Asako lächelte während Kiriyan nur breit grinste. „So wie gestern? Nein danke. Auf die Weckmethode verzichte ich“, meinte Kiriyan und Shio zog sich die Stiefel von den Füßen ehe sie zu den beiden Frauen kam und sich Kiriyan gegenüber auf die Couch setzte. Die Hoshigumi-Darstellerin war eigentlich gar kein Frühaufsteher, aber der Tsukigumi-Vice wusste, dass sie sich ebenso wie sie alle zusammen Sorgen um Asako und ihren Zustand machte. Ihre Weckmethoden waren jedoch mehr als rabiat. Da sie noch immer den Zweitschlüssel zu Asa's Wohnung besaß kam sie meist wenige Minuten bevor die beiden sowieso aufstanden in die Wohnung, brachte etwas vom Bäcker fürs Frühstück mit und fischte nach den Kopfhöhrern zur Anlage des Top Stars. Anschließend drehte sie die Lautstärke voll hoch, nahm sich die Fernbedienung, hielt die Kopfhöhrer an die Ohren des Tsukigumi-Vice und spielte einen Song ab. Selbst die ruhige Melodie, die Asako hier und da vorzog, liesen ihr fast die Ohren bluten, aber sie war dafür sofort wach und schreiend aufgesprungen. Zwar weckte Shio Asako sehr viel sanfter, was Kiriyan ziemlich unfair fand, aber Asako machte auch so schon genug durch. Ihre Freundin hatte immerhin immer noch Alpträume und ständig Kopfschmerzen. Osa hatte die Vermutung angestellt, dass etwas in ihrer besten Freundin versuchte sich zu erinnern, ein anderer Teil das jedoch unterdrückte. Gaichi unterstützte das, meinte ebenso, dass Asako's Kopf das aus Selbstschutz tat. Immerhin hatte sie so viel Aufmerksamkeit von Saeko wie lange nicht mehr. Asako auf dem Sessel kicherte etwas und Kiriyan reckte den Kopf. Shio schien zu wissen, was der Vice wollte, stellte die Tüte auf den Tisch, packte anschließend ein paar Teilchen aus, ebenso wie ein paar Brötchen. „Ich hoffe mal, dass was dabei ist, was dir schmeckt. Und lass diesmal was von den Schokoteilchen übrig, Kiriya.“ Shio sah, wie Asako etwas lachte, allerdings nicht so, wie sie es von ihr erwartet hatte. Sie kannte den Tsukigumi-Star inzwischen gut genug um zu wissen, wann es Asako schlecht ging und ihr ging es elendig. Allerdings wirkte sie nicht wirklich unausgeschlafen. Also hatte sie Alpträume gehabt? Shio sprach es aber nicht an. Wenn sie eines in den Jahren gelernt hatte, dann, dass sie ihrer Freundin nicht unnötig auf die Pelle rücken durfte. Sie brauchte nicht noch jemanden, der sie ständig hinterfragte, besonders was die letzten Jahre anging. Keiner war Asako so nahe gewesen wie die Hoshigumi-Schauspielerin, doch gerade desshalb ging sie mit Feingefühl vor. Chigi stand bei ihr an oberster Stelle, sie war verrückt nach der Yukigumi-Darstellerin wie nie zuvor, das hieß aber nicht, dass sie die innige Freundschaft mit Asako wegwerfen wollte, auch, wenn diese vor ihrem Unfall anderes behauptet hatte. Obendrein war sie neugierig, wie die 'echte' Asako so war, die Frau, die sie auf Saeko's Bildern gesehen hatte, ganz in weiß und unschuldig obendrein. Das, was sie bissher gesehen hatte, übertraf aber selbst ihre Erwartungen. Der Tsukigumi-Star war geradezu hinreisend, verspielt und man merkte ihr das ganze Leid, diesen ganzen verdrehten und kranken Charakter des Todes überhaupt nicht an. Aber so, wie sie jetzt war, gefiel sie Shio um einiges besser. „Und wie läuft euer Training?“, fragte die Blonde und sah zu Asako, die an einem Puddingteilchen knabberte. „Ganz gut, denke ich. Aber ich finde, die anderen erwarten zu viel von mir.“ „Zu viel?“ Kiriyan lachte etwas. „Hey deine Birne ist vielleicht Matsch, aber dein Talent hat das nicht beeinflusst. Du bist immer noch verdammt gut.“ Shio grinste schief. „Charmant, Kiriya. So hätte ich es nicht ausgedrückt, aber ich glaube dir einfach mal.“ Sie nahm einen Schluck von dem Kaffee, den sie sich gemacht hatte. „Was steht bei euch heute an?“ „Das übliche“, meinte Asako und lehnte sich zurück. „Den ganzen Tag Training.“ „Apropos.“ Kiriyan stopfte den Rest ihres Schokobrötchens in den Mund. „Ist es okay, wenn Yuuhi heute Abend bei dir bleibt? Ich hab ein Interview heute Abend und will dich nicht wecken.“ „Klar. Ich kann auch alleine nach Hause gehen. Ich bin kein Kind mehr.“ Shio lachte nur etwas. „Das hättest du wohl gerne, Asako. Du bist erst ein paar Tage aus dem Krankenhaus. Haruno würde uns den Kopf abreisen, wenn sie das rausfinden würde.“ Das schien den Tsukigumi-Star dann doch zu überzeugen und sie lächelte dieses liebliche, süße Lächeln, an dass sich die Blonde erst noch gewöhnen musste. Frustriert warf Saeko den Kopf in den Nacken, rieb sich die Augen und sah erneut auf die vor ihr ausgebreitete Mappe. Sie war fertig, mit dem Konzept und mit den Nerven. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen um ihre Arbeit zuende zu bringen, aber sie hatte es geschafft. Irgendwie. Dann musste sie nur noch zum Meeting der Assistenten und dann zu ihrer Troupe um endlich an die Arbeit zu gehen. Langsam erhob sich die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin, räumte ihre Sachen zusammen und schliff zunächst ins Bad. Wataru spukte noch immer in ihren Gedanken, ebenso wie Asako. Sie telefonierte so oft wie es ging mit dem Top Star, nutzte auch ihre Pausen dafür. Zu gerne würde sie bei der anderen vorbeischauen, wollte endlich wieder mit der Jüngeren in einem Bett schlafen, aber das musste noch ein bisschen warten bis sich der ganze Stress zunächst gelegt hatte. Der Mangel an Assistenten machte Takarazuka schwer zu schaffen, auch, wenn alles nach aussen hin so lief wie immer. Nach der heißen Dusche genehmigte sich Saeko noch einen Kaffee ehe sie sich auf den Weg ins Hauptgebäude machte. Wirklich wild war sie auf das Meeting nicht, aber es war Pflicht. Schon als sie die Tür des Besprechungszimmers öffnete fiel ihr sofort Wataru auf, die, ihre Unterlagen schon vollständig vor ihr ausgebreitet, am Kopfende des Tisches saß. Nicht nur das, sie hatte dieses unverschämte Outfit an, nach dem Saeko damals so verrückt gewesen war. Sie war es noch bis zu diesem Tag. Es war völlig in weiß, das Oberteil im Nacken zusammengebunden und gab damit diesen verführerischen Rücken frei, den sie aber verbarg indem sie sich an die Rückenlehne lehnte. Zwar sah Saeko die Beine der ehemaligen Hoshigumi-Darstellerin nicht, aber sie konnte schwören, dass sie diese verfluchten, ebenso weißen Hosen trug, die diese unendlich langen Beine nur erahnen lies. Die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin riss ihren Blick von ihrer Arbeitskolleging los, setzte sich etwas entfernt von ihr hin ehe sie begann ihre eigenen Sachen aus zu packen. Der Chef lies noch etwas auf sich warten, aber immerhin war sie auch viel zu früh. Irgendwie schaffte Saeko es doch sich mit ihrem Konzept von Wataru ab zu lenken, verdrängte den Gedanken, sich ihrer ehemaligen Partnerin an den Hals zu werfen, sie über den Tisch nach drausen in die nächstbeste Abstellkammer zu zerren und die vergangenen Jahre nach zu holen. Immerhin war sie trotz dieser Hintergedanken immer noch stocksauer auf sie. Das Ende ihrer Beziehung hatte sie nie so ganz verkraftet. Doch sie hatte sich jetzt auf Asako zu konzentrieren, denn immerhin litt sie immer noch unter akuter Amnesie und der Arzt stellte auch keine Besserung fest. „Guten Morgen“, sagte Gaichi, die die Tür hereinkam und damit auch die übrigen Assistenten aufschreckte. „Der Chef lässt sich entschuldigen. Es ist etwas dazwischen gekommen. Er hat mich gebeten das ganze zu übernehmen.“ Wenigstens ein Gesicht, dass ihr den Tag etwas versüßte. Gaichi würde ihre Gedanken schon in eine andere Richtung lenken. In ihren Augen hatte das Meeting viel zu lange gedauert. Die ganzen Entscheidungen waren längst gefällt und der Chef hatte sie extra um diese Uhrzeit nochmal zusammengetrommelt nur um ihnen das zu sagen, was sie alle schon längst wussten. Wataru seufzte schwer, hörte sich aber geduldig das an, was Gaichi ihnen stellvertretend zu erzählen hatte, was nicht hieß, dass sie ihr zuhörte. Ihre Aufmerksamkeit galt eher der Frau, die da ein paar Plätze weiter saß. Obwohl sie nicht direkt hingesehen hatte, waren ihr die Blicke nicht entgangen. Diese vertrauten Blicke, wenn Saeko sie am liebsten irgendwo hinzerren würde, sofort. Das erste Mal seit langem fiel ihr auf, wie viel Zeit seit ihrer Trennung eigentlich vergangen war und noch immer sah sie den ehemaligen Tsukigumi-Star vor sich knien, weinend und flehend, aber sie hatte damals keine Wahl gehabt. Wenn Natsuki tatsächlich mit der Sprache rausgerückt wäre, dann wäre ihrer beide Karriere den Bach runter gegangen. Wie der Yukigumi-Star damals davon erfahren hatte war ihr absolut schleierhaft, aber sie hatte mehr als schlagkräftige Beweise gehabt, von diesem Foto mal ganz abgesehen. Diese Bestie war eine wandelnde Zeitbombe gewesen, ein Manipulator, der seinesgleichen gesucht hatte und mindestens ebenso gefährlich. Dennoch hatte sie Natsuki vor nicht allzu langer Zeit bei einer Gala gesehen und irgendwas hatte sich in der Schauspielerin verändert. Dieses bösartige Funkeln in den Augen dieses Tieres war nicht mehr da. Sie war in Begleitung gewesen, die Wataru erkannte, Saeko's kleine Schwester. Hiromi kannte sie nur flüchtig, aber sie hatte den Selben Charme wie Saeko selbst. Lag wohl in der Familie. „Noch Fragen?“ Die Assistenten sahen sich flüchtig an, aber keiner sagte etwas. „Gut. Dann bitte ich euch, zu euren Troupes zu gehen. Viel Erfolg.“ Ein kurzer Applaus und Wataru beobachtete Gaichi, die Saeko nochmals aufmunternd zulächelte ehe sie den Raum verlies. Die ehemalige Hoshigumi selbst fing an ihre Sachen zu packen. Sie fragte sich, wie die noch so jungen Schauspielerinnen so zusammen arbeiteten und wie sich Takarazuka in den Jahren verändert hatte. Wataru hatte alles getan um so viel Abstand zum Theater wie möglich zu bekommen, doch die Bühne war wie eine Droge und Takarazuka war der Dealer. Immer wieder hatte sie sich in den Vorstellungen wieder gefunden, nicht zuletzt in dem letzten Elisabeth-Stück Tsukigumi's, welches sie schließlich dazu gebracht hatte sich als Assistent zu bewerben. Die nötige Ausbildung dafür hatte sie schon einige Zeit zuvor gehabt, denn sie hatte nebenbei als Gesangslehrerin gearbeitet. Besonders neugierig war sie auf den Takarazuka-Liebling Sena Jun, die sie früher oder später hoffendlich kennen lernte. Wataru selbst hatte nie den Tod gespielt, aber sie hatte Saeko darin gesehen, hatte sich davon erzählen lassen. Das letzte Mal hatte sie einen solchen Ansturm auf eine Otokoyaku bei Wao Youka, dem zweiten Top Star der jungen Soragumi-Troupe, erlebt. Wataru's Aufmerksamkeit kam zurück in die Wirklichkeit, als Saeko versuchte schnellen Schrittes an ihr vorbei zu laufen, hielt sie am Handgelenk fest. Man sah ihrer Freundin den Otokoyaku noch immer an. „Saeko warte.“ „Lass mich los.“ „Ich muss mit dir noch was besprechen. Gib mir fünf Minuten.“ Der ehemalige Tsukigumi-Star stockte, seufzte dann aber und warf die Mappe auf den Tisch. Dabei warf sie einen flüchtigen Blick zu Gaichi, die nur mit den Augen rollte und aus dem Türrahmen verschwand. Die anderen Assistenten hatten den Raum ebenfalls schon vergessen. Auffordernd sah Saeko sie an und Wataru lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Was willst du, Wataru? Ich denke wir haben es beide eilig.“ „Ich verstehe wenn du sauer bist, aber das ist der falsche Ort um deine Wut aus zulassen.“ „Ach ja? Und was ist deiner Meinung nach der richtige Ort?“ Wataru seufzte, rieb sich die Schläfen. „Hör mal. Wir müssen ja keine Freunde sein, aber lass uns wenigstens zusammenarbeiten und uns zivilisiert unterhalten.“ „Wann verstehst du es endlich, Wataru? Egal was da war, ich vergebe dir nicht, dass du mich so kalt abserviert hast.“ „Du hattest was mit Natsuki als du noch mit mir zusammen warst“, entgegnete Wataru und Saeko schnaubte frustriert, trat einmal gegen den nächstbesten Stuhl. „Ich habe dir hundert Mal gesagt, dass sie mich erpresst. Das hatte nichts mit dir zu tun.“ „Und was hällst dich davon ab, jetzt zu mir zurück zu kommen?“ „Ich betrüge meine Freundin nicht nochmal.“ „Und diese ominöse Freundin wäre?“ „Das geht dich nichts an. Wenn du mich nur angehalten hast um mit mir zu flirten, dann kannst du mich mal.“ „Saeko... Darling.“ Wataru setzte sich in ihrem Stuhl auf und wollte nach dem Handgelenk der anderen greifen, diese wich aber einen Schritt von ihr weg, drehte ihr den Rücken zu. „Nichts da 'Darling'. Nichts da 'Liebling'. Ich hab die Kosenamen satt. Ich bin fertig mit dir und mit Natsuki.“ Wataru erhob sich dann doch, ging einen Schritt auf Saeko zu, die erschrocken in den Chefstuhl fiel, als sie sich umdrehte und mit einem Mal die ehemalige Hoshigumi vor sich sah. Die größere Frau beugte sich zu Saeko, sah ihr in die Augen und wusste, dass sie die Wahrheit sagte, zumindest was Natsuki anging. Sie kannte Saeko besser als jede andere, lächelte. „Deine Freundin ist ein glücklicher Mensch. Eine Schande ist es trotzdem. Und um die Zusammenarbeit werden wir nicht herumkommen.“ Sie hauchte ihrer Freundin einen Kuss auf die Schläfe, richtete sich dann wieder auf und nahm ihre Mappe, verlies den Raum. Perplex und noch immer zitternd sackte Saeko in ihrem Stuhl zusammen, schloss die Augen und musste das nochmal durchgehen, was da gerade passiert war. Hatte sie Wataru gerade tatsächlich den Laufpass gegeben? Sie hätte nicht gedacht dazu fähig zu sein, besonders, da dieses vermalledeite Herzklopfen noch immer da war. Wie ihre Exfreundin noch immer diese Macht über sie haben konnte war einfach nur verrückt. Asako sollte die Einzige in ihrem Leben sein. Saeko schluckte, schüttelte den Kopf um den Gedanken heraus zu bekommen. Sie hatte noch Arbeit vor sich. Seufzend erhob sich der ehemalige Tsukigumi-Star, griff nach ihrer Mappe und klemmte diese unter den Arm. Sie fühlte, dass ihre Wangen tiefrot sein mussten, aber immerhin hatte sie noch einen Weg vor sich und Zeit, um sich ab zu kühlen. „Alte Zeiten aufgefrischt?“ Oh dieser oh so ironische Unterton könnte sie manchmal an die Decke gehen lassen. „Gaichi wir haben nur geplaudert.“ „Seh ich. Du zitterst.“ Saeko schnaubte, würdigte ihre Freundin keines Blickes während sie sich auf den Weg zum Fahrstuhl machte, drückte ihre Mappe nur noch fester an sich. Sie würde nicht bis ganz nach oben laufen. Unglücklicherweise stieg Gaichi zu ihr, drückte aber auf einen anderen Knopf für ein anderes Stockwerk. „Also. Was habt ihr so 'geplaudert'?“ „Ich hab ihr gesagt, dass ich kein Interesse habe.“ „Lügner. Ich seh, wie du kein Interesse hast.“ „Ich ziehe Asako jederzeit vor.“ „Das hoffe ich schwer für dich. Die Frau ist besser für dich, als Kozuki es je sein wird.“ „Musst du immer so hystrisch sein, wenn es um meine Exfreunde geht?“ „Von denen du im übrigem eine ganze Menge hast.“ „Dann müsstest du ja jedes Mal hysterisch werden, wenn du in den Spiegel siehst.“ Saeko fühlte Gaichi's stechenden Blick von der Seite, starrte aber weiterhin auf die Anzeige mit den Zahlen, die in regelmäßigen Abständen zunahm. „Du weist, dass ich Recht habe. Ich weis, was ich tue. Und nochmal gebe ich Asako nicht her, verlass dich drauf.“ Sie sah zu Gaichi, lächelte zu ihrer besten Freundin. „Lass mich mal ein bisschen von der Leine. Ich begehe keine Dummheiten mehr.“ „Das hoffe ich. Zu deiner eigenen Gesundheit.“ So ganz wieder auf der Höhe war Asako immer noch nicht als sie sich beim Training endlich aufgewärmt hatte und die ersten Choreographie-Teile durchgegangen war. Das ganze Top Star-Dasein hatte sich als einfacher rausgestellt, als sie zunächst gedacht hatte. Es war eigentlich alles so, wie sie es gewohnt war, nur, dass sie hier und da ein paar Shinkos unter die Arme greifen musste. Es kam ihr noch gar nicht so lange vor, da hatte sie sich noch selbst als Shinji Kouen bezeichnet, hatte nur die Hintergrundrollen gespielt und dann auf einmal stellte man sie als Top Star hin. „Und bei dir ist wirklich alles okay?“, frage Kiriyan, die sich zu ihr gesellte, als Asako gedankenverloren mit dem Skript durch den Raum lief ohne wirklich auf den Text zu achten. Sie lies sich auf eine Bank fallen, legte das Script auf die Fensterbank ehe sie zu ihrer Freundin auflächelte. Dabei versuchte sie diese bestialischen Kopfschmerzen zu ignorieren. „Ja geht schon. Ich bin blos ein wenig geschafft. Wenn wir endlich richtig anfangen kann ich mich auch ablenken.“ „Guten Morgen, Ladies“, rief der Direktor, als dieser mit Gefolge die Tür hinein kam. „Bitte sammelt euch, ich habe euch jemanden vor zu stellen.“ Die Schauspielerinnen taten, wie ihnen gehießen war. Asako schoben sie nach vorne ziemlich in die Mitte, Kiriyan und Mirio setzten sich zu ihr. „Mit Freuden kann ich ihnen sagen, dass wir endlich mit der richtigen Arbeit beginnen können.“ Er zeigte neben sich. „Einige von ihnen werden unseren neuen Assistenten bereits kennen. Ich heiße Kozuki Wataru diese Saison in Tsukigumi willkommen.“ Kozuki trat nach vorne, himmel war die Frau groß, obendrein bildschön, verbeugte sich und hielt dabei ihre hellgelbe Mappe vor dem Körper fest. Irgendwie kam ihr die Frau bekannt vor, aber so wirklich konnte sie ihren Finger nicht darauf legen. „Ich freue mich dabei sein zu können. Ich hoffe auf gute Zusammenarbeit.“ Kiriyan sties ihr den Ellbogen in die Seite, woraufhin Asako etwas die Luft einzog. Ihre Freundin machte eine kleine, bestimmende Kopfbewegung. Ach ja, sie war ja Top Star. Da musste sie den Assistenten entsprechend begrüßen. Die Tsukigumi-Darstellerin stand auf, verbeugte sich kurz und lächelte. „Willkommen in Tsukigumi. Ich freue mich.“ „Sena Jun, nehme ich an?“ „Uhm ja.“ „Bezaubernd.“ Sie fühlte die prüfenden Blicke der anderen, überspielte aber die ihr unangenehme Prüfung mit einem Lächeln. „Ich habe deine letzte Aufführung gesehen. Genauso talentiert wie schön.“ „Ich fasse das als Kompliment auf.“ „Gut. Genug geplaudert. Wir haben Arbeit vor uns. Fangen wir gleich an, wir hinken sowieso schon hinterher.“ Nur etwas schleifend ging der ehemalige Tsukigumi-Star zu den Yukigumi-Trainingsräumen. Das Aufeinandertreffen mit Natsuki war unvermeidbar, über kurz oder lang, aber sie hatte gehofft noch länger Zeit zu haben. Saeko atmete nochmals durch, klopfte dann und trat in den Raum ein. Sie lächelte, wenn auch gekünstelt, als sie die Schauspielerinnen sah, wie sie schon so gut es ging am trainieren waren. Sie sah neben Chigi, Kimu und Mattsu auch Chika und Hiromi. Der Top Star schien sie noch nicht bemerkt zu haben. „Guten Morgen“, rief sie in den Raum, woraufhin die Schauspielerinnen sich gesammelt zu ihr umdrehten. Sie lächelte. „Ah Ayaki“, sagte der Direktor, stellte Saeko dann der Yukigumi-Troupe vor. Kaum, dass ihr Blick auf Natsuki fiel, sah sie die Panik in deren Augen, auch, wenn sie dies nur zu offensichtlich überspielte. Sie wusste, dass der Yukigumi-Star noch immer Angst hatte. Bei Gelegenheit musste sie den Top Star mal auf die Seite nehmen, das hieß, wenn sie das zulies. Sena war sogar noch talentierter als sie es angenommen hatte. Zwar schien der Top Star nicht in top Form zu sein, das hinderte sie aber nicht daran das Pensum, dass sie gesetzt hatte, noch zu übertreffen. Ihr Vice, Kiriya Hiromu, wenn sie sich richtig erinnerte, stand ihr dabei immer zur Seite. Irgendwas war da im Busch, auch, wenn sie nicht sagen konnte was es war. Dennoch verstand sie, wieso Sena der neue Liebling war. Schnell hatte Wataru auch bemerkt, was so alles in der Troupe ablief. Zu ihrer Top Star Zeit hatten sich die Schwärmereien zumindest bis auf nach dem Training beschränkt, aber die Blicke einiger Tsukigumi-Schauspielerinnen auf ihren Top Star waren ihr nicht entgangen. Besonders eine der Schauspielerinnen, Asumi Rio, war ihr dabei aufgefallen, die mit allen Mitteln versuchte die Aufmerksamkeit ihrer Vorgesetzten zu bekommen, dabei kläglich scheiterte, und eine weitere, dessen Namen ihr entfallen war, sah dabei immer mehr als neidisch und eifersüchtig drein. Das konnte was werden. Konnten die jungen Schauspielerinnen ihre Gefühle nicht wenigstens etwas in Schach halten? Wataru sah auf ihre Unterlagen. Vielleicht war es ganz gut, wenn sie die Gruppe zunächst aufteilten. Den Tsukigumis standen insgesamt drei Probenräume zur Verfügung, jedoch blieben sie meist in dem Hauptraum, denn es war der einzige Raum mit einer Spiegelwand. Sie hatte veranlasst, dass die Tische der Leiter, die eigentlich vor den Spiegeln standen, auf die Seite geschoben wurden, denn Wataru war es wichtig, dass die Schauspielerinnen sich beim Trainingen sahen um gleich ihre eigenen Fehler aus zu merzen. Den neuen Platz auf der Seite nutzte die ehemalige Hoshigumi-Schauspielerin auch dazu, um sich den jungen Top Star etwas genauer an zu sehen. Dass diese Frau eine Otokoyaku sein soll war zunächst verwunderlich, dann aber verstand sie es doch wieder. Sie hatte ein bisschen etwas von Saeko, ein Schönling, talentiert und charmant. Obendrein dieser Hintern... Wataru konnte kaum ihre Augen davon abbringen. Schade nur, dass sie diese längere Jacke drüber hatte. „Sehr gut. Nicht schlecht für einen ersten Tag. Packen wir ein und dann könnt ihr gehen“, sagte der Direktor und Wataru applaudierte den Schauspielerinnen, lächelte dabei. Sie stand auf und ging nochmals zu Sena. „Sena.“ Der Top Star drehte sich zu ihr. „Bevor du gehst, gute Arbeit. Aber wenn du das nächste Mal die tiefen Töne singst, heb den Kopf ein wenig. So triffst du den Ton leichter. Hast du heute Abend noch etwas vor?“ Sena blinzelte und schüttelte etwas den Kopf. „Nein.“ „Ich würde gerne die Passage nochmal mit dir durchgehen. Es ist einfacher, wenn der Andrang...“ Sie warf einen Blick zu den jüngeren Schauspielerinnen. „...nicht ganz so groß ist.“ Sena folgte ihrem Blick, nickte dann etwas und nickte leicht. „Gut, einverstanden.“ „Uhm Kozuki?“ Kiriya stand mit einem Mal bei ihnen, schob sich zwischen sie und Sena. „Asako hat schon den ganzen Tag Kopfweh. Ich glaube, dass es dumm wäre wenn sie...“ Sena schlug ihrer Freundin gegen den Oberarm und Kiriya sprang mit einem leisem 'Au' auf die Seite. „Kiriyan ich kann ganz gut selbst entscheiden, was ich noch kann und was nicht.“ Sena klang ziemlich verärgert. Ihre Laune schien sowieso über den Tag verteilt immer weiter abgesackt zu sein. „Geh du lieber zu deinem Interview.“ Wataru hatte wirklich Talent, das musste man ihr lassen. Sie sah sofort, wo Asako Fehler machte oder sich verbessern konnte, brachte es ihr auch gleich bei, was sich der Top Star auch zu Herzen nahm. Ein paar der Tricks und Kniffe kamen ihr bekannt vor, wahrscheinlich hatte sie diese in ihrer Blackout-Spanne gelernt, doch sie sprach es nicht weiter an. Die beiden Frauen verliesen zusammen das Gebäude, inzwischen war es draußen stockduster, und plauderten noch etwas. Sie verstanden sich ganz gut, auch wenn Asako dieser ganz spezielle Unterton in der wirklich schönen Stimme der anderen nicht entgangen war. Sie kannte diesen Tonfall schon von Osa. „Wenn du möchtest“, sagte Kozuki und lächelte etwas und sah zu ihr als sie das Auto der Älteren erreicht hatten. „dann könnten wir uns öfter Abends treffen. Ich kann dir noch viel mehr zeigen.“ „Danke für das Angebot, aber ein andermal. Ich bin immer noch nicht so ganz auf der Höhe und ich muss regelmäßig zum Arzt.“ „Wie schade.“ Die größere lächelte charmant. „Verzeihung, wenn ich dir zu nahe getreten bin.“ Asako lächelte nur etwas ohne zu antworten, wobei sie nochmal in ihre Tasche sah. „Verdammt“, fluchte der Top Star. „Ich muss nochmal rein. Wir sehen uns morgen.“ Wataru lächelte etwas verwirrt, nickte dann aber nur. „Bis morgen.“ Eigentlich wollte Asako nur weg von dem ehemaligem Top Star. Sie war ihr irgendwie unheimlich. Sie war schön, sogar verdammt gutaussehend, und ihre Stimme war schmeichelhaft. Doch gerade das war ihr etwas zuwieder. Glücklicherweise hatte sie tatsächlich ihr Script im Probenraum liegen gelassen. Die Hintertür, die sie benutzt hatten, war noch immer auf, blieb nur noch die Frage, ob Wataru den Probenraum aufgelassen hatte. Das Gebäude war stockduster, irgendwie unheimlich, aber es war einfach nur ein großes, dunkles Gebäude. Nichts, wovor sie sich fürchten musste. Den Probenraum hatte sie schnell erreicht, doch das bedrückende Gefühl wurde nur noch stärker. Dabei gab es nichts wovor sie sich fürchten müsste. Inzwischen dürfte sie komplett alleine in dem Haus sein. Doch wahrscheinlich lies genau das ihren Puls in die Höhe schnellen. Sie hasste es allein zu sein, mehr als alles andere. Dass sie dieses beklemmende Dunkelheit gespürt hatte war schon eine Weile her, damals hatte aber auf einmal Osa in ihrer Wohnung gestanden. Ihre ehemalige Vorgesetzte war immer für sie da gewesen. Nur langsam glitt der Tsukigumi-Star durch den mit einem Mal gigantisch wirkendem Probenraum, lies ihre Tasche am Eingang liegen. Eigentlich sahen die Probenräume alle gleich aus, doch gerade weil es so dunkel war und aufgrund der Spiegelfront wirkte der Raum noch um so vieles größer. Während sie über den sich in die Länge ziehenden Boden lief hallten ihre Absätze wieder, sie waren so laut in ihren Ohren, und mitten im Raum blieb sie stehen. Das Script lag auf dem Flügel, der in der Ecke des Raumes stand. „Komm schon Asako“, sagte sie leise zu sich. „Es ist nur ein dummer Raum. Nimm dein Script und geh.“ Und da waren schon wieder diese Kopfschmerzen. Geistesabwesend rieb sie sich mit dem Handballen über die Schläfe. Etwas torkelnd brachte sie den Rest des Raumes hinter sich, lies sich auf der Bank nieder und fuhr sich durch die Haare. Wo kam diese furchtbare Panik her? Sie hatte keinen Grund so zu reagieren. Doch diese Einsamkeit war so vertraut, die Dunkelheit und die Kälte, die in ihre Glieder kroch. Asako drehte sich etwas auf ihrem Platz, versuchte sich wieder auf zu stehen, blieb aber lieber noch einen Augenblick sitzen. Die Kopfschmerzen wurden schon den ganzen Tag immer schlimmer. Fast zeitlupenartig erhob sie sich von dem Platz, ging an eines der Fenster. Vielleicht tat ihr etwas frische Luft gut. Man konnte die Fenster nur kippen, aber es würde reichen. Die Tsukigumi-Darstellerin hielt sich am Fensterbrett fest, atmete die kühle Nachtluft ein und schloss einen Moment die Augen. Sie musste raus. Der Arzt hatte sie schon vorgewarnt, dass es ihr unvermittelt schlechter gehen konnte, jedoch hatte sie nicht geglaubt, dass es so plötzlich sein würde. Asako hob den Blick, sah auf ihr Spiegelbild, glaubte einen Donner zu hören und fuhr instinktiv herum, fand den Raum aber noch immer genauso leer vor wie vorher. Warum hatte sie das Gefühl, dass da jemand hinter ihr stehen sollte? „Jetzt komm runter. Es regnet nichtmal. Wieso sollte es also Donnern?“, keuchte sie unter dem rasendem Atem zu sich selbst. „Mach dich nicht lächerlich. Du bist allein.“ Die Tsukigumi-Schauspielerin stieß sich mit noch immer zitternden Knien von der Fensterbank ab, krallte sich unterwegs ihr Script und rannte regelrecht durch den Raum zu ihrer Tasche, stopfte das Papier zwischen ihre Sachen. Anschliesend richtete sie sich wieder auf, schluckte hart und hielt sich die Hand über die Augen. Wieso fühlte sie diese Leere, diese Angst? Sie hatte gar keinen Grund zu weinen, dennoch wurden ihre Finger nass und das Salzwasser tropfte von ihrem Kinn. Der Top Star starrte auf ihre Hände. Hast du Angst? „Furchtbare...“ Sieh mal in deine Tasche, mein Engel. Asako blinzelte. Das war... verrückt. Sie war alleine. Doch gerade, als sie nach ihrer Tasche greifen wollte stockte sie. Was sollte da in ihrer Tasche überhaupt sein? Langsam lies sie die Finger in ihren Mantel gleiten, ertastete etwas nur ihr allzu vertrautes. Aber wie kam das da hin? Asako schob die Fingerspitze in das runde Metall, zog es anschliesend aus der Tasche. Sie hatte ihn schon die ganze Zeit gehabt ohne es zu merken? Fasziniert lies sie den Ring entgültig über den rechten Zeigefinger gleiten, wunderte sich dabei, wie gut das Silber ihr passte. Der schwarze Stein auf dem kunstvoll gearbeiteten Edelmetall zog sie geradewegs in ihren Bann. Er glitzerte leicht in der Dunkelheit, eingerahmt durch das schimmernde Silber. Als sie wieder aufsah stand sie vor dem Flügel am anderen Ende des Raumes. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie durch den Raum gegangen war. Jetzt, wo sie so darüber nachdachte, wäre es vielleicht ganz schön mal wieder etwas für sich auf dem Klavier zu spielen. Sie wusste gar nicht, ob sie das noch konnte. Asako setzte sich auf die Bank, klappte die Abdeckung hoch und strich mit den Fingerspitzen über die Tasten. Ihr Blick klebte dabei an dem schönen Ring. Sie fühlte eine merkwürdige Verbundenheit, dabei war es nur ein Schmuckstück. Langsam spielte sie irgendwelche Töne auf dem Flügel, lächelte dabei etwas. Die Töne formten sich zu einer ihr bekannten Melodie. Asako lächelte etwas mehr. Diese Melodie, so dunkel sie auch klingen mochte, beflügelte ihr Herz und schenkte ihr etwas Wärme. Der Top Star holte Luft, ihr war nach Singen, aber sie stockte erneut. Was sollte das? Schnell erhob sich die Tsukigumi-Darstellerin, schlug das Klavier zu. „Das ist verrückt.“ Schnellen Schrittes ging sie durch den Raum, weg vom Klavier, weg von diesem Raum, weg vom Fenster. „Verrückt ist anders. Ich glaube man nennt es: Einsam.“ Asako blieb auf der Stelle stehen, sah sich um, stoppte, als sie eine dunkle Gestalt etwas entfernt vor sich stehen sah. Dem Schatten nach zu urteilen eine Frau. Manchmal verhasste Asako sich Abends schlechter zu sehen. Ihre Brille hatte sie auch nicht dabei. „Guten Abend.“ Die Stimme hallte an den Wänden wieder. Die Frau drehte sich gänzlich zu ihr, doch noch immer konnte sie nicht sagen, wer genau das war. „Wer bist du?“, fragte der Tsukigumi-Star und schluckte etwas. „Hast du mich etwa vergessen? Mein armes Herz.“ Die Frau, eher der Schatten, kam langsam auf sie zu, doch Asako konnte nichts weiter tun als in diese kalten Augen zu sehen. Trotz der Dunkelheit konnte sie es sehen. Dieses Glitzern. Als sie näher kam auch dieses kalte Lächeln. Je näher die Frau ihr kam, umso deutlicher sah sie es. „Du kannst mich nicht vergessen. Du bist nicht stark genug.“ Die andere hob die Hand, zeigte ihr damit einen silbernen Ring an ihrer Linken. „Glaubst du nur wegen einem Sturz auf den Kopf könntest du einfach alles abstreiten, was du bist? Mach dich nicht lächerlich.“ Asako sah auf den Ring an ihrer Rechten, fühlte erneut diese Angst in sich aufsteigen. Die Kopfschmerzen wurden stärker, ebenso wie dieses Drücken an ihrem Hinterkopf. „Was willst du mir sagen?“ Sie sah weg von dem Ring, sah die Frau inzwischen direkt vor sich stehen. Die andere legte die Linke auf ihre Rechte. „Du brauchst mich. Ich liebe dich, mein Engel. Mehr als jeder andere. Es ist alles, was du hast.“ Asako starrte nur in die Augen der anderen, die den Kopf etwas schief legte und kalt lächelte. Sie kam ihr etwas näher, sodass sie befürchtete den Atem der anderen spüren zu können. Stattdessen hörte sie sie singen. Dieses oh so vertraute Lied. „Yami ga hirogaru...“ Die Spiegelscheibe vor ihr beschlug. Noch immer hockte der Soragumi-Star in der Wohnung ihrer Freundin, arbeitete an ihrem Script. Sie hatte gewusst, dass das Top Star Leben stressig war, aber niemand hatte ihr gesagt, dass sie noch so lange arbeiten musste. Dabei sollte das gar nicht so schwer sein. Sie hatte schon oft lange Texte auswendig gelernt, aber der Gedanke, dass sie ihn perfekt beherrschen musste, da sie sonst ganz Soragumi beleidigte, hockte ihr im Nacken. Man erwartete von ihr den Text so früh wie möglich auf die Reihe zu bekommen, dabei steckte sie eigentlich mit ihrer Troupe noch in der Auftrittsphase. Zwar am Ende davon, aber immerhin. Hanagumi würde sie demnächst ablösen und so würde sie ein paar Tage frei haben. Allerdings wusste sie, dass sie in der Zeit wohl eher über Asako wachen musste bis Saeko wieder mal etwas mehr Luft hatte. Ihre Freundin hatte schon ein paar Mal angerufen, hatte mit der Dame ihres Herzens sprechen wollen, aber der Tsukigumi-Star lies sich ausserordendlich viel Zeit. Kiriyan hatte ihr eine Nachricht geschickt, dass ihr Top Star noch eine Extrastunde vom neuen Assistenten bekam, bei dem es sich ausgerechnet um Kozuki Wataru handelte. Den ehemaligen Hoshigumi-Star kannte sie nur aus Erzählungen, aber es reichte. Sie war wohl eine alte Freundin von Saeko, Gaichi und Osa, doch alle drei schwiegen das Thema Wataru so gut es ging tot. Apropos Asako, der Top Star war immer noch nicht wieder da. Wahrscheinlich sollte sie besser mal anrufen um zu erfahren wo sie blieb. Gerade als Yuuhi aufstand öffnete sich dann doch die Tür und die Soragumi-Darstellerin lächelte. „Da bist du ja. Ich hab mir schon Sorgen gemacht.“ Der Tsukigumi-Star lies nur ein leises, brummendes Geräusch von sich, stieg aus den Stiefeletten, die sie getragen hatte, und zog die Tasche hinter sich her, die sie auf halben Weg liegen lies und ohne auf Yuuhi zu achten direkt ins Schlafzimmer lief. Hinter ihr fiel die Tür knallend ins Schloss. Hatte Kiriyan nicht gesagt, dass Asako schon den ganzen Tag Kopfschmerzen hatte? Dann hatte das sicherlich weh getan. Der Soragumi-Star griff nach der Tablette und dem Glas Wasser, dass sie vorbereitet hatte, und ging leise an die Schlafzimmertür und öffnete diese nachdem sie leise geklopft und sowohl Glas als auch Tabletten neben der Tür auf eine Kommode abgestellt hatte. „Asako? Ist alles okay?“ Yuuhi wurde etwas rot als sie sah, dass Asako sich inzwischen ihrer Hose entledigt hatte und ebenfalls das Hemd ablegte, darunter aber nur den Slip, die Ringelsocken und das T-Shirt mit diesen hübschen, roten Engelsflügeln trug. „Verzeih ich warte drausen.“ „Yuuhi?“ Der Top Star sah zu ihrer Freundin, drehte sich im Türrahmen nochmal um. „Was ist?“ „Kann ich dich was fragen? Du musst aber ehrlich sein.“ „Klar. Du bist dir sicher, dass alles okay ist?“ Asako schien sie aber gänzlich zu ignorieren, zog sich stattdessen das Shirt über den Kopf, woraufhin Yuuhi auf die Seite starrte. Zwar wusste sie, dass Asako noch die Abbinde drunter trug, dennoch war es ihr unangenehm ihre Freundin nur so spärlich bekleidet zu sehen. Gerade als der Soragumi-Star sie bitten wollte noch etwas an zu ziehen sprach ihre Freundin weiter. „Denkst du, ich bin schön?“ Irritiert blinzelte der Soragumi-Star, starrte aber noch immer auf die Seite. „Ist das eine Fangfrage? Wir wissen beide, dass du hübsch bist.“ „Warum kannst du mich dann nicht ansehen?“ „Asa du hast fast nichts an...“ „Und das stört dich?“ Die Stimme der anderen war auf einmal direkt vor ihr und Yuuhi sah die kleinere dann doch gewzungenermaßen an. Glücklicherweise hatte sie tatsächlich die Abbinde drunter, aber das hellblaue Höschen, dass sie trug, machte die ganze Situation auch nicht wirklich besser. Der Tsukigumi-Star hob die Hand, strich ihr über den Kieferknochen und über ihre Wange. „Ich finde nämlich, du bist aussergewöhnlich schön.“ Sie lächelte. „Wieso...“ „Wieso nicht?“, fiel die andere ihr ins Wort. Yuuhi fand kaum Worte, immerhin stand Asako fast nackt vor ihr. Auch wenn sie die Rolle eines Mannes nur Tag ein, Tag aus spielte, als Frau musste sie sich dennoch zurückhalten. Asako nahm ihre Rechte und sie starrte dann doch auf die schlanken Finger der anderen, doch ehe ihre Hand sich auf der weichen Haut an der Taille der anderen wiederfand. Ihre Freundin rutschte noch etwas an sie heran, reckte sich zu ihrem Ohr. „Ich hatte einen wirklichen Scheißtag. Lenk mich ab.“ „A-Asako ich kann nicht... Saeko... und Kiriyan...“ „Die beiden erfahren nichts, versprochen. Das bleibt unter uns.“ Die Kleinere hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Wange und Yuuhi schloss die Augen etwas. „Ich brauche dich jetzt.“ Die Hände der anderen wanderten in ihren Nacken, wobei sie die Hitze dieser schönen Frau an ihrem Körper fühlte, die sich besonders von da her in ihr ausbreitete, an der ihre Haut die ihrer Freundin berührte. Bestimmt zog Asako sie etwas zu sich, sodass sie ihr dann doch in die Augen sah. „Schlaf mit mir“, flüsterte der Tsukigumi-Star und zog sie mit sich. Yuuhi stolperte fast als der andere Top Star sich nach hinten auf das königliche Bett fallen lies, kniete über ihr und atmete noch immer unentschlossen gegen die Lippen der anderen. Einerseits wollte sie ihre Freunde nicht hintergehen, andererseits würde sie die Gelegenheit nie wieder haben. Ihre Gedanken stellten sich ab, als Asako die Fingernägel in ihrem Schlüsselbein vergrub, diese runterzog und ihr Hemd damit ein Stück aufriss und Yuuhi selbst damit aufstöhnen lies. Sie sackte etwas mehr auf die Tsukigumi-Schauspielerin, die sich erneut zu ihrem Ohr beugte. „Bist du nicht neugierig, wieso Kiriyan mir so verfallen war?“ Damit war es für sie dann doch vorbei. Sie lehnte sich auf dem Unterarm auf, drückte ihre Freundin mit der so freien Hand in die Matratze, sah sie ein paar Sekunden an. Wie eine Frau so viel Anziehungskraft auf jemanden ausüben konnte war ihr schleierhaft. Schleierhaft, unverständlich und egal. Sie beugte sich zu ihr hinunter, küsste Asako heiß auf die Lippen. Alles, was sie in dem Moment wollte, war von dieser eigentlich verbotenen Frucht zu kosten. Kapitel 6: Half a Heart ----------------------- Erneut stöhnte der Soragumi-Star auf, als sich die Krallen der Frau unter ihr in ihren Nacken schlug, anschließend verspielt die Haare in ihrem Nacken durch ihre Finger gleiten lies. Die süße Zunge der Tsukigumi-Schauspielerin neckte daraufhin ihre eigene, begann einen leidenschaftlichen Kampf damit. Die halbnackte Frau unter ihr wusste tatsächlich, was sie tat. Asako's geschickte Finger hatten in windeseile ihr Hemd geöffnet, Yuuhi trug nur noch ein schwarzes Shirt drunter, und presste die Handflachen an ihre Schultern, zwang sie damit aufrecht zu sitzen. Ohne von ihren Lippen ab zu lassen hockte sich der Tsukigumi-Star vor sie, legte die Finger an ihre Hüfte und strich darüber. Schließlich löste sie sich doch von ihren Lippen, fühlte sie kurz darauf an ihren Kehle und jappste leise auf. „Asako...“, flüsterte der Soragumi-Star und hatte Mühe in ihrer knienden Position über ihrer Freundin zu bleiben. Mit einem Mal keimten in ihr dennoch Zweifel auf. So gut sich Asako auch auf ihrer Haut anfühlte, ihr doch sehr ausgeprägtes Gewissen meldete sich. „Wir... wir sollten nicht.“ „Zweifelst du schon wieder?“, murmelte ihre Freundin gegen ihre Haut, knabberte an ihrem freigelegtem Schlüsselbein und lies die Hände nach hinten über ihre Hüfte und den Po wandern. Yuuhi keuchte auf, krallte sich in die Haare am Hinterkopf der anderen. Sie zweifelte, doch sie war sich auch bewusst, dass sie der ehemaligen Tod-Darstellerin in die Falle gelaufen war wie ein läufiges Tier. Abermals wollte der Soragumi-Star protestieren, machte Anstalten die andere von sich weg zu ziehen, aber stattdessen stöhnte sie erneut auf, fühlte wie ein Zittern sie durchfuhr. Asako hatte den empfindlichen Punkt in ihren Kniekehlen entdeckt, kippte leicht nach vorne und schlang die Arme um die Schultern ihrer Freundin. „Oh verstehe“, flüsterte der Tsukigumi-Star gegen ihren Hals, wobei Yuuhi sich auf die Unterlippe biss. Nochmals vergrub Asako ihre Nägel kurz unterhalb ihrer Kniebeuge, zog diese darüber, Yuuhi drückte stöhnend den Rücken durch und warf den Kopf in den Nacken, und kratzte über den Stoff an der Rückseite ihrer Oberschenkel. Asako nutzte ihren neu entblößten Hals und lies ihre Zunge über ihren Kehlkopf wandern, hinterlies eine fast unerträglich heiße Spur darauf. Keuchend verkrallte sich der Soragumi-Star in den Schultern der anderen, nahm den Kopf nach unten und versuchte sich erneut einen süßen Kuss zu stehlen. Stattdessen zog ihre Freundin sie an den Haaren ein Stück zurück. Der Schmerz war nicht intensiv, aber dennoch kniff sie ein Auge zu. „Ah... Aua...“, keuchte Yuuhi leise. Erst dann bemerkte sie die Hand unter ihrem Shirt, die ihren Rücken liebkoste. Die heißen Finger waren so furchtbar ungewohnt. Es war eine halbe Ewigkeit her gewesen seit sie jemandem erlaubt hatte sie zu berühren, denn eigentlich war das Kiriyan vorbehalten gewesen. Doch langsam verstand sie, wieso Kiriyan sie rangelassen hatte. Asako hatte Götterhände. „Zieh das Shirt aus“, flüsterte ihr die andere zu, lockerte dabei den Griff in ihren Haaren. Yuuhi stockte, zitterte noch immer etwas. Asako blinzelte leicht, lächelte und schlang die Arme um ihre Taille, zog sie etwas näher. „Etwa schüchtern?“ „N-Nein.“ „Aber?“ „Das ist nicht richtig.“ „Hör auf darüber zu grübeln, was richtig und was falsch ist.“ Asako lächelte erneut. „Küss mich.“ „Asako...“ Die andere leckte über ihre Wange, wobei Yuuhi für eine Sekunde instinktiv den Kopf in diese Richtung drehte. Sie konnte sich nicht belügen. Sie wollte das, Zweifel und Gewissen hin oder her. Der Soragumi-Star vergrub die Hände in den Haaren der anderen, zog sie etwas zu sich und küsste sie dann doch erneut, biss der anderen in die Unterlippe. Nochmal würde der Tsukigumi-Star ihr einen Rückzieher wohl nicht gönnen. Dabei konnte sie nicht verleugnen, dass sie Asako wirklich wollte. Sie wollte diese zarte Haut unter ihren Zähnen spüren, von ihr kosten und zumindest für eine Nacht nicht mehr loslassen. Wie von alleine fanden ihre Finger den Verschluss der Abbinde des Tsukigumi-Stars, hatten den Stoff schnell geöffnet und warf das hautfarbene Teil einfach vom Bett. Kurz darauf schon warf Asako sie von sich, neben sich aufs Bett und der Soragumi-Star setzte sich auf. Asako selbst rutschte zurück, lehnte sich an die Rückwand und schlug die Beine übereinander. Sie schmunzelte. „Ich finde es unfair, dass du noch angezogen bist, mein kleiner Waschbär.“ Erneut hockte sich Yuuhi wieder auf die Knie, sah den Tsukigumi-Star mit lustbetrunkenen Augen an. Allein diese kurzen Berührungen hatten sie erbeben lassen. Sie wollte mehr davon, wollte wissen, was Asako noch so tun konnte. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass sie rot anlief, als sie am Saum ihres Shirts zog, es anschliesend über den Kopf zog und es achtlos fallen lies, öffnete anschliesend ihre Jeans. Nur nebenbei hörte sie ihre Freundin leise summen, aber sie dachte sich nichts dabei. Ohne die andere an zu sehen schob sie die weit geschnittene Hose von den Beinen und auch diese flog vom Bett. Sie beugte sich zum Bauch der Tsukigumi-Schauspielerin, legte die Nasenspitze daran und zog den verführerischen Duft der anderen ein, legte ihre Finger darauf, fuhr nach oben bis sie die Rippen der anderen ertastete. Vorsichtig legte sie die Lippen auf die weiche Haut, spürte, wie der Brustkorb der anderen sich hob und senkte. Genüsslich fuhr sie mit der Zunge dicht am Bauchnabel vorbei nach oben, hörte, wie Asako leise seufzte. Der Gedanke von der verbotenen Frucht brannte sich langsam aber sicher in ihren Kopf. Sie war so süß, schmeckte gleichzeitig salzig. Wieder an ihren Lippen angekommen mischte sich noch ein leicht bitterer Geschmack unter. Geradezu hypnotisiert von dem ihr neuartigem Gefühl fuhr Yuuhi mit den Fingern über den ausgeprägten Hüftknochen über ihren Bauch, wo sie ihre Speichelspur ertastete, bis sie schlussendlich das weiche Fleisch fand, dass die Frau unter ihr ein leises Stöhnen entlockte. Erneut fasste die Soragumi-Darstellerin es als Einladung auf, nahm das Zungenspiel auf. Asako schmunzelte etwas gegen die Lippen des kleinen Waschbärs. Dafür, dass sie vorher so schüchtern und zurückhaltend war, ging sie dann doch ziemlich schnell in die Offensive. Sie war davon ausgegangen, dass sie die andere noch mehr anweisen musste, darauf hatte sie sich sogar schon gefreut, aber das gefiel ihr auch. Asako stöhnte leise als die Finger der anderen erneut über ihre Brust fuhren, ihre Haut reizten und ihr ein Kribbeln entlockte. Zärtlich strich sie der Soragumi-Darstellerin über die Wangen, wanderte über ihren Hals und die Schultern nach unten bis sie den Verschluss der verhassten Abbinde fand. Inzwischen hatte sie das Ding so oft aufgemacht, dass sie es wohl im Schlaf beherrschte. Dementsprechend schnell hatte sie Yuuhi aus dem Stoff geschält, schlang anschließend die Arme um den Körper der Größeren und bekam eine Gänsehaut als sie die leicht feuchte Haut der anderen auf ihrer spürte. Yuuhi jappste erneut auf ihr, schnappte nach Luft. Die andere war wirklich gar nichts gewohnt. Grinsend zog sich Asako unter ihr heraus, setzte sich auf und lehnte sich an die Wand. Dabei fuhr sie dem verwirrt dreinblickenden Waschbär über die Haare, kraulte ihren Hinterkopf und entlockte ihrer Gespielin ein genüssliches Seufzen, wobei sie den Kopf mit geschlossenen Augen auf die Seite legte. Mehr oder minder zärtlich zog sie die andere nach oben, wobei Yuuhi wie schon vorher über ihr kniete. Grinsend nutzte der Tsukigumi-Star die neu gefundene Schwachstelle der anderen, grub die Finger in die Kniekehlen der anderen, merkte erneut, wie die andere an ihrem Körper erschauderte. Irgendwie war sie schon neugierig, wie empfindlich die andere wirklich war. Frech schob sie die Hand in den Schritt der anderen, strich über den schwarzen Slip, in dem Moment fiel ihr auch das süße Schleifchen an der Seite auf, und Yuuhi reckte sich stöhnend. Die zweite Hand lies sie über die Hüfte der Größeren, fuhr genüsslich und langsam, ohne den Druck im Schritt der anderen zu vernachlässigen, nach oben bis zu ihrem Ellbogen. Die andere hob dabei die Arme zufrieden Seufzend über den Kopf, lehnte sich anschließend mit den Händen an der Wand hinter Asako ab. Der Tsukigumi-Star war sich nicht so ganz sicher, ob Yuuhi merkte, dass sie wie von selbst die Hüfte gegen ihre Hand bewegte, dabei stöhnte und immer wieder leicht zuckte wenn Asako den Druck erhöhte. „Wirklich sehr schön“, raunte sie gegen das Ohr der anderen Schauspielerin. „Gefällt dir das, mein Waschbär?“ Yuuhi's Kopf sackte mit einem erneuten, lauteren Stöhnen nach vorne, als Asako den feuchten Slip auf die Seite schob und die Fingerspitze in die andere schob. Die über ihr kniende Frau nickte nur geistesabwesend, lehnte den Kopf neben ihren an die kühle Wand, sodass Asako den stockend gehenden Atem auf ihrer Schulter und am Hals fühlen konnte. „Dabei habe ich noch nichtmal angefangen.“ Sie biss der anderen ins Ohrläppchen, zog sanft daran und schob den Finger weiter in die bebende Frau. Verflixt. Asako quälte sie nur. Und es war gut so. Die Hitze, die in ihr aufstieg, machte sie willenlos und sie bewegte die Hüfte den geschickten Fingern der anderen entgegen. Sie krallte sich in die Tapete an der Wand hinter dem Bett, hätte sie wohl am liebsten heruntergerissen. Das Kribbeln in ihrem Körper und die Hitze machten es ihr schwer auch nur irgendwie in eine Richtung zu denken und sie konzentrierte sich vollends auf das immer stärker werdende Gefühl in ihrer Mitte. Gerade als sie geglaubt hatte, besser könne es nicht werden, durchzuckte sie ein erneuter Blitz, sodass sie den Kopf nach hinten warf. Nur Asako's zweite Hand verhinderte, dass sie nach hinten kippte, „Fester“, stöhnte der Soragumi-Star, drückte sich den Fingern der anderen entgegen. Ihre Beine wurden weich und sie schrie fast auf, als sie den Wunsch erfüllt bekam und die Fingerspitzen über den so empfindlichen Punkt striffen. Asako hauchte ihr einige Nichtigkeiten ins Ohr, die sie so nicht fassen konnte, aber den Biss an ihrer Schulter merkte sie dafür umso deutlicher. Erneut krallte sie sich in den Hinterkopf der anderen, drückte sich den anderen entgegen. „Schrei für mich, mein Waschbär“, hörte sie Asako in ihr Ohr raunen, fühlte dabei erneut eine Gänsehaut über ihre Haut fahren. Yuuhi so am Rand des Wahnsinns zu halten war viel zu leicht. Dass ihre kleine Gespielin nicht schon in sich zusammengebrochen war, war erstaunlich. Dann aber stand ihr der Rotton, dieser lustbetrunkene Schleier auf den Augen und diese leichten Schweißtropfen auf der Stirn... einfach wunderbar. Da Kimu weg war brauchte sie immerhin auch ein neues Spielzeug. Erneut erhöhte sie die Härte, mit der sie vorging, versenkte die Zähne in der weichen Haut und lies Yuuhi damit entgültig aufschreien, ehe sie schwer keuchend in sich zusammensackte. Kaum, dass sie die heißen Finger aus der anderen herauszog, sackte der Körper der bebenden Frau gegen ihren. Asako grinste leicht, strich Yuuhi über den Rücken und schmiegte den Kopf gegen den erhitzten Hals der anderen. Nur langsam beruhigte sich der Atem der anderen, und sie legte den Kopf leicht in den Nacken, blinzelte noch etwas abwesend. Der Tsukigumi-Star leckte sich grinsend über die Fingerspitzen, sah die noch immer neben sich stehende Yuuhi an, wie sie mit halb geschlossenen Augen ihren Bewegungen folgte. Diese schmunzelt daraufhin leicht, nahm Asako am Handgelenk und zog es etwas weg, nahm ihre Lippen für einen süßen, atemlosen Kuss in Beschlag. Die Hände der anderen striffen über die Haut an ihrem Hals und ihr Schlüsselbein. „Hat es dir gefallen, mein Kätzchen?“ „Als ob du das nicht wüsstest“, murmelte Yuuhi leise gegen ihre Lippen, lies sich anschließend etwas nach hinten fallen und Asako verschränkte die Hände auf dem Bauch, grinste leicht. „Ich will es aber von dir hören.“ Der kleine Waschbär schien noch etwas mit sich zu kämpfen, seufzte dann aber. „Ja es hat mir gefallen. Verdammt du bist gut.“ „Sag mir was, was ich noch nicht weis.“ „Na an deinem Selbstbewusstsein hat deine Amnesie ja nicht gekratzt.“ „Nein.“ Asako grinste breit, krabbelte nach vorne zu der anderen, biss ihr frech auf die Unterlippe, wobei Yuuhi missgelaunt aufbrummte. „Schaffst du noch eine zweite Runde?“ Der hinreisende Blick der anderen war diese Frage wert gewesen. Mit einem bestimmten Druck gegen ihr Schlüsselbein drückte sie Yuuhi ins Kissen, drückte ihr dabei einen heißen Kuss auf die Lippen. Erneut verschwand ihre Hand im Slip ihres Waschbärs, wobei sich Yuuhi's Fingernägel in ihren Oberarm bohrten. Ein Knie stemmte sie dabei zwischen die Beine der noch immer durchgeschwitzten Frau und verhinderte, dass diese sie dadurch abblockte. Wie vorher lies sie zwei Finger in die noch immer heiße Frau gleiten, erntete damit ein erneutes Aufstöhnen ihrerseits. So ganz schien Yuuhi das dann aber doch nicht hinnehmen zu wollen, denn ehe sie es sich versah strichen die Finger ihrer Gespielin über ihren Bauch, fanden den weg unter den dünnen Stoff. Asako sackte neben der anderen auf ihren Unterarm, als dieses so vermisste Kribbeln in ihren Körper zurückkehrte. Leicht bebend hauchte sie der anderen gegen die Ohrmuschel, schmunzelte leicht und stoppte in ihrem Tun im Schritt der anderen. Wieso Asako auf einmal aufhörte ihr dieses wundervoll warme Gefühl zu beschaffen wusste Yuuhi nicht, aber sie keuchte enttäuscht auf. Erst dann merkte sie die Hitze an ihren eigenen Fingern, strich neugierig darüber, erntete ein heiseres Stöhnen von Asako, woraufhin ihr Körper erneut freudig aufzuckte, da auch der Tsukigumi-Star den Druck in ihrem Schritt wieder aufgenommen hatte. Doch kaum, dass Yuuhi aufgrund des zwiegespaltenen Verstandes ihrerseits in ihrem Tun stoppte, hörte auch Asako einfach auf. Der Soragumi-Star brauchte einige Anläufe um zu verstehen, warum die Frau über ihr so handelte. Die Frau über ihr immitierte das, was sie tat. Der Tsukigumi-Star schien zu bemerken, wie anstrengend diese einfache Schlussfolgerung für sie gewesen war, grinste gegen ihre Haut und küsste sie nochmals heiß auf die Lippen, wobei Yuuhi das Spiel nur zu gerne aufnahm. Sie wusste nicht, ob der anderen das, was ihr gefiel, auch so viel Freude machte, aber einen Versuch war es wert. Ungeduldig schob sie zwei Finger in die andere, fühlte mit Freuden, wie diese ihre Bewegung nachahmte, jedoch übertönte ihr eigenes Stöhnen und das Blutrauschen, dass in ihre Ohren wie ein tobender Fluss klang, das des Tsukigumi-Stars. Jetzt, da sie wusste, dass Asako sich zu ihrem Spiegelbild gemacht hatte, intensivierte sie ihre Bewegungen schnell, fühlte die andere währenddessen zucken und sie sackte mit einem lauten Stöhnen etwas auf sie herab. Hingegen dem, was Yuuhi tat, drückte der Tsukigumi-Star mit größerer Bestimmtheit auf das empfindliche Nervenbündel und die Soragumi-Darstellerin warf mit leisem Schrei den Kopf in den Nacken als ihre Welt für einen Augenblick weiß wurde. Kapitel 7: Second Soul ---------------------- Am nächsten Morgen erwachte Yuuhi auf der weichen Matratze, drehte brummend den Kopf ein wenig auf die Seite. Sie lag auf dem Bauch, ein Arm hing halb aus dem Bett da sie am Rand lag, und der zweite war unter dem Kissen vergraben, auf dem sie lag. Der Soragumi-Star sog einmal tief die Luft ein, damit den sehr betörenden Duft, der an dem Stoff hing, spürte dabei aber ein Gewicht zwischen ihren Schulterblättern. Wie auf Kommando fühlte sie auch die schlanken Finger etwas über ihre Schultern gleiten, schlug dabei ein wenig die Augen auf. Innerlich verfluchte sie sich, denn sie hatte gehofft, dass der vorrangegangene Abend nur ein Traum gewesen war. Anstatt jedoch auf zu springen und wutzerfressen durch die Wohnung zu rennen, ihre Sachen ein zu sammeln und zu gehen blieb sie unter Asako liegen, drehte den Kopf etwas bis sie den Saum des schwarzen Shirts sah, dass die andere trug, ebenso die schönen Hände auf ihrem Arm. Als sie den warmen Atem des Tsukigumi-Stars auf ihrer noch immer nackten Haut fühlte erschauderte sie dann doch leicht. Das schien die Frau auf ihr dann doch zu merken, brummte etwas missgelaunt und rollte sich von ihr herunter auf die andere Seite, nahm dabei die Decke mit und rollte sich ein wie eine Raupe. Yuuhi, nun entblöst und bibbernd, da sie nichts trug ausser dem Slip, stemmte sich auf, sah zu ihrer Freundin. Diese Frau hatte einen wirklich festen Schlaf. Kurzerhand warf sie einen Bick auf die Uhr, stellte fest, dass sie wohl gerade rechtzeitig aufgewacht war. Kiriyan hatte ihr von Suzumi's blöder Angewohnheit erzählt morgens zum Frühstück vorbei zu kommen. Die Hoshigumi-Darstellerin konnte sie noch immer nicht leiden, aber sie gehörte wohl oder übel zu Asako's Freunden und sie konnte verstehen, dass die Blonde sich Sorgen um ihre Freundin machte. Nur langsam erhob sich die müde Frau, griff nach dem erstbesten Stück Stoff, dass neben dem Bett lag, glücklicherweise ein Shirt, und zog es über, ebenso wie das paar Hosen, dass sich in die andere Ecke des Raumes verabschiedet hatte. Nur etwas wankend schaffte sie es durch den Raum, ihre Beine schmerzten furchtbar und waren weich, ging schließlich aus dem Schlafzimmer und hielt sich den Kopf. Fast wäre sie über die Tasche gestolpert, die mitten im Gang lag und die plötzliche Aufmerksamkeit, die sie ihrer Umgebung entgegen bringen musste machte ihr bewusst, was da eigentlich passiert war. Yuuhi fluchte leise unter ihrem Atem. Dafür, dass sie mit Asako geschlafen hatte, gab es keine Ausrede. Dass Kiriyan schon mit ihrer Freundin im Bett gelandet war, war eine Sache, denn immerhin hatte der Tsukigumi-Vice eine leichte Schwärmerei für sie, der sie sich vollauf bewusst war, aber der Soragumi-Star selbst hatte nichts in dieser Richtung vor zu weisen. Sie war nüchtern gewesen, hatte keinerlei tieferes Interesse an dem Tsukigumi-Star, wusste von der brennenden Eifersucht von Saeko, die allem galt, was Asako zu nahe kam, und dennoch hatte sie zugelassen, dass die andere sie derartig verführt hatte. Sie hatte immer wieder die Möglichkeit gehabt auf zu stehen und zu gehen oder ihre Freundin wenigstens zurück zu stoßen. Mit leisem Stöhnen lies sich Yuuhi auf die Couch fallen, legte den Kopf in den Nacken. Je wacher sie wurde, desdo schlimmer wurde ihr Gewissen. Sie hatte Kiriyan betrogen, was sie nie tun wollen, selbst als Chigi sich an sie herangeschmissen hatte. Wenn es nur nicht so verflucht gut gewesen wäre. Der Soragumi-Star sprang leicht auf als sich der Schlüssel in der Tür drehte. Und da war Suzumi. Erst dann merkte sie, dass es keine Anzeichen dafür gab, dass sie auf der Couch geschlafen hatte, lehnte sich einmal hastig über die Couch und zog die Decke quer über sich, hockte sich aufs Kissen und kuschelte sich unter die kalte Decke. Obendrein hörte sie Stimmen, nicht nur die von Suzumi, sondern auch die von Saeko. Das machte ihr Gewissen auch nicht gerade besser. Zwar war sie inzwischen hellwach, aber sie tat dennoch so, als wäre sie erst aufgewacht, rieb sich die Augen und brummte etwas, als Saeko die Tür zum Wohnzimmer aufmachte und so Licht in die noch immer abgedunkelte Wohnung lies. Yuuhi hatte am Vorabend schon die dünnen, weißen Vorhänge zugezogen. „Morgen“, brummte der Soragumi-Star mit einem zugekniffenem Auge, woraufhin Saeko nur schief grinste. „Morgen, Waschbär“, antwortete der ehemalige Tsukigumi-Star nur. Was hatten alle nur momentan mit dem Waschbär? „Gut geschlafen?“ „So gut wie man eben schlafen konnte.“ Yuuhi zwang sich zu einem Lächeln. Ihre Freundin so an zu lügen war eigentlich unter ihrer Würde, aber sie musste das ganze erst einmal sacken lassen. „Schläft Asako noch?“, fragte die Blonde, stellte eine Tüte auf den Esszimmertisch. Sie fühlte die prüfenden Blicke auf sich, aber der Soragumi-Star nickte nur. „Dann geh ich Dornröschen mal wecken.“ Saeko schien sich geradezu darauf zu freuen und der Soragumi-Star sah ihrer Freundin nach. Leise öffnete Saeko die Tür zum Schlafzimmer, die komischerweise nur angelehnt war, schloss sie wieder als sie fast katzenartig hineingeschlichen war. Sonst bestand Asako immer darauf die Tür gänzlich zu schließen, warum auch immer. Der ehemalige Tsukigumi-Star hatte am Morgen einen Anruf von Kiriyan bekommen, dass sie nicht die Zeit fand ihren Top Star noch ab zu holen, da sie kaum aus dem Bett kam. Das Interview war länger gegangen als erwartet und der Vice war dementsprechend müde. Aber so war ihr das auch Recht, denn immerhin konnte sie so ihre Freundin mal wieder sehen. Vorsichtig setzte sie sich an den Bettrand, betrachtete die noch immer tief schlafende Schönheit genauer. Sie hatte sich in die Decke eingewickelt, wobei der schwarze Kragen ihres Shirts noch herausschaute, ebenso wie die schlanken Finger ihrer rechten Hand. Saeko musste lächeln. Sie war immer so anziehend wenn sie schlief, mindestens genauso, wenn sie wach war, aber mit diesem entspannten Gesichtsausdruck, den leicht geöffneten, schmalen Lippen und den perfekten Gesichtskonturen wirkte sie wahrlich wie ein Engel, unschuldig und rein. Sanft strich sie der anderen eine Haarsträhne zurück, fuhr mit den Fingern über die dünne Haut kurz unter ihrem Ohr, ausser ihr wusste wohl keiner wie empfindlich Asako an dieser Stelle war, und vergrub die Hand genüsslich in den Haaren der anderen. Der Top Star regte sich darauf leicht, seufzte genüsslich und drehte den Kopf in die Richtung. „Guten Morgen“, hauchte Saeko leise, beugte sich über die andere und legte die Hand auf ihre Schulter als Asako sich etwas auf den Rücken drehte und die Augen einen Spalt öffnete. An ihrem Hals klimperte eine lange Kette, dessen Anhänger sich über Nacht wohl unter ihr Shirt geschoben hatte. „Gut geschlafen?“ Die Jüngere lächelte müde, sah mit diesem süßem Rehblick zu ihr hinauf, rieb sich mit dem Handrücken über die Augen und gähnte ausgiebig. „Guten Morgen, Saeko“, nuschelte sie leise und Saeko beugte sich über Asako, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Gerade als sie sich aufrichten wollte hielt sie ein Griff in ihrem Nacken nahe bei der anderen. „Bekomm ich keinen richtigen Guten Morgen Kuss?“ Für eine Sekunde stockte die Ältere, lächelte dann aber erneut und stützte sich neben Asako auf dem Bett auf. „Wenn das okay für dich ist.“ „Ich hätte es sonst nicht gesagt.“ Das Herz des ehemaligen Top Stars setzte einen Moment aus und sie lächelte etwas mehr. Dann war der Kuss an der Tür nichts einmaliges gewesen, glücklicherweise. Zuerst sah sie in die warmen Augen der anderen, strich ihr mit dem Daumen über die Wange ehe sie sich zu ihr runterbeugte und ihr einen zarten Kuss auf die Lippen hauchte. Asako nahm ihre Geste auf, hielt sie für einige Sekunden auf sich ehe sie Saeko erlaubte sich auf zu setzen und sich ebenfalls hinhockte. Abermals rieb sich der Top Star über die Augen, streckte sich und hielt sich kurz darauf den Kopf. „Noch immer Kopfschmerzen?“, erkundigte sich die Vorgängerin und sah ihre Freundin besorgt an als diese nickte. „Ja. Ich hab verdammt schlecht geschlafen.“ „Wie das?“ „Der Traum, den ich hatte war wirklich merkwürdig...“ Asako schüttelte den Kopf. „Egal. Wie spät ist es überhaupt?“ „Zeit zum Aufstehen.“ Saeko schmunzelte etwas. „Kiriyan schläft wahrscheinlich noch, also nehm ich dich mit zur Probe.“ Der ehemalige Top Star sah dabei zu, wie die Jüngere sich langsam aus den Federn erhob, begutachtete sie nochmal genauer. Sie trug neben dem Shirt noch ein paar kurzer, blauer Shorts. Asako wollte an ihr vorbei nach drausen, aber Saeko hielt sie nochmal zurück indem sie die Arme um die Taille der Jüngeren schlang, sie zärtlich an sich zog und festhielt. Genüsslich vergrub sie die Nase in den weichen Haaren, sog einmal tief den so vermissten Geruch ein und seufzte daraufhin genüsslich. „Alles okay?“, murmelte die Jüngere, drehte sich in ihren Armen und sah ihr in die Augen. Die Ältere brauchte einige Sekunden um sich von diesem wundervollem Anblick wieder zu sammeln, lächelte dann. „Ich hab es nur so vermisst bei dir zu sein. Ich dachte du könntest mich vielleicht verstoßen.“ Zuerst sah Asako etwas betreten drein, legte dann die Hände an ihre Schultern und hauchte ihr einen Kuss auf. „Dazu hab ich keinen Grund oder?“ Fasziniert sah sie in die dunklen Rehauge der schönen Frau, verlor sich einen Augenblick darin. Ihre Finger wanderten über den Stoff des Shirts an ihrem Rücken, ertastete dabei den tiefblauen Rand am unteren Saum. Sie wusste gar nicht, dass Asako so ein Oberteil überhaupt besaß. Statt sich jedoch darüber Gedanken zu machen beugte sie sich nochmals zu der anderen um den so ersehnten Gute-Morgen-Kuss ein wenig zu verlängern. Shio sah dabei zu, wie Ayaki in das Schlafzimmer ihrer Freundin verschwand, sah erneut zu dem Soragumi-Top Star. Ihr war nicht entgangen, dass Yuuhi, die eigentlich auf Asako aufpassen sollte, ein Oberteil ihrer besten Freundin trug. Obendrein erkannte sie genau, dass der Top Star nur schauspielerte. Jedoch wollte sie nicht, dass Saeko mitbekam, wie gut sie die andere durchschaute. Stattdessen setzte sie sich ihr gegenüber, sah etwas grimmig drein. „Was ist dir über die Leber gelaufen?“, fragte die Soragumi-Schauspielerin und wich ihrem Blick aus. „Darf man fragen, wieso du Asako's Sachen trägst?“ Die Blonde entschied sich dafür erst einmal um den heißen Brei herum zu reden um zu sehen, wie sie sich verteidigte, doch sie schwieg. Shio seufzte und biss die Zähne aufeinander. Noch immer wich die andere ihrem Blick aus. „Sag Saeko nichts“, murmelte Yuuhi schließlich leise und zog die Decke etwas mehr auf ihren Schoß. „Ich werde rein gar nichts sagen, sondern du. Du weist genau, dass Asako nicht zurechnungsfähig ist und du nutzt das aus? Schäm dich.“ Dann sah Yuuhi sie doch an, sah für einen Moment so aus als würde sie aufspringen und ihr wiedersprechen, aber sank dann doch wieder zurück. „Halt dich da einfach raus. Es ist nicht so gelaufen, wie du es dir vielleicht vorstellst.“ „Wie dann?“ „Das werde ich dir nicht auf die Nase binden.“ Erneut entfuhr der Hoshigumi-Darstellerin ein Seufzen, aber sie sagte darauf nichts mehr, sah nur Asako, mit Saeko an der Hand, aus dem Schlafzimmer kommen und lächelte zu ihrer Freundin. „Guten Morgen, Asako.“ „Morgen Shio“, sagte der Tsukigumi-Star, wirkte aussergewöhnlich gelassen, aber dieses Shirt war ihr neu. Immerhin kannte Shio so ziemlich ihren gesammten Kleiderschrank. Das Shirt hatte neben dem weißen Rand noch einen kleinen Aufdruck an der rechten Hüftseite, wesshalb sie kurz zu dem Soragumi-Star sah, die etwas blässlich wirkte. Dann war das wohl eins von Yuuhi's Shirts. Ayaki schien noch nichts in der Richtung gemerkt zu haben. Shio war jedoch auch nicht gewillt in irgendeiner Art und Weise Andeutungen zu machen. Asako hatte schon genug durchgemacht. „Ich hoffe du hast Hunger. Ich hab ein paar der Puddingteilchen mitgebracht, die du so gern hast.“ Asako freute sich sichtlich. „Danke. Ich gehe noch Kaffee machen.“ „Beeil dich aber“, sagte Ayaki, die sich zu Yuuhi setzte. „Du brauchst immer so lange im Bad und wir sind schon später dran als sonst.“ „Jaja ich beeil mich.“ Shio lächelte etwas. Manchmal wirkte Asako wie ein kleines Kind, aber gerade das machte sie so süß. Zwar hatte sich der Tsukigumi-Star ziemlich beeilen müssen, aber dennoch schaffte sie es rechtzeitig unter die Dusche zu springen um anschließend mit Saeko, Yuuhi und Shio zum Probengebäude zu fahren. Unterwegs, sie setzten Yuuhi am Dorm ab da diese noch zu sich wollte, dachte Asako darüber nach, was am Vorabend passiert war. Sie erinnerte sich noch daran sich von Kozuki verabschiedet zu haben, diese war etwas aufdringlich geworden, sie war in das Gebäude zurück um ihr vergessenes Script zu holen... dann hörte ihre Erinnerung auf. Der Traum, den sie gehabt hatte, war jedoch mehr als merkwürdig gewesen. Sie sah diese kalten Augen vor sich, hörte ihre eigene Stimme, wie sie sich anschnauzte, fühlte heißen Atem, der ihr gegen die Lippen schlug, aber dann hatte sie Saeko auch schon geweckt. Merkwürdig war das auf jeden Fall gewesen. Als sie am Gebäude angekommen waren sahen sie auch schon einige kleine Grüppchen vor den Türen stehen. Normalerweise fand man dort keinen vor und als sie aus dem Wagen stiegen erkannte Asako auch die Frauen als Tsukigumi-Mitglieder. Kurzerhand ging sie zu der nächstbesten Schauspielerin, sie hatte glücklicherweise Mirio erwischt, und tippte ihr auf die Schulter. „Mirio, was ist los?“ Die junge Schauspielerin drehte sich zu ihr. „Hey Asako. Wissen wir auch nicht, aber man verbietet uns hoch zum Probenraum zu gehen. Wataru ist oben. Sie meinte, dass du hochkommen sollst.“ „Wataru?“, sagte Saeko und ging kurzerhand vorbei an den anderen in Richtung des Gebäudes. „H-Hey Saeko warte!“, rief der Tsukigumi-Star und drehte sich nochmals zu Shio. „Wir sehen uns?“ „Ja. Ich komm morgen Früh vorbei. Jetzt geh schon.“ Asako lächelte, lief dann im Eilschritt ihrer Freundin hinterher. Dabei fühlte sie die Blicke der anderen Tsukigumi-Schauspielerinnen in ihrem Rücken, ignorierte diese aber. Am Aufzug hatte sie die andere schließlich eingeholt, sprintete in den Fahrstuhl bevor sich die Tür schloss. Drinnen fand sie auch Kiriyan vor. „Morgen Kiri“, sagte sie, nickte ihrem Vice zu und drückte auf den Knopf zum Tsukigumi-Stockwerk bevor sie zu Saeko sah. „Kommst du mit?“ Ihre Freundin nickte nur stumm und sah etwas verbissen auf die Stockwerkanzeige. Der Weg nach oben schien ewig an zu dauern. Als mit einem leisem 'Pling' die Tür schließlich aufging sahen sie schon Kozuki, die Direktoren, Gaichi und den Chef. Schnellen Schrittes war sie mit den anderen zu der heftig diskutierenden Gruppe gegangen. „Was ist passiert?“ Gaichi löste sich von dem Grüppchen, die mehr als wütend diskutierte, nahm die drei beiseite. „Keine Ahnung was genau passiert ist, aber jemand hat einen der Spiegel im Probenraum zerstört. Wir sind am diskutieren, was jetzt gemacht werden soll.“ „Was? Wie konnte das passieren?“, fragte Asako verwirrt, sah etwas fassungslos drein. „Wissen wir nicht. Es gibt kein Überwachungsvideo und es war wohl auch keiner im Gebäude.“ Asako drückte sich an Gaichi vorbei, ebenso an der immer noch diskutierenden Wataru und ging einfach in den Probenraum, auch wenn sie hinter sich Kiriyan's Protest hörte. Drinnen fand sie den zerstörten Spiegel vor. Die Splitter des Spiegels waren über den Boden verteilt, davor lag ein angeknackster Stuhl, der gegen die Fläche geworfen worden war und das klaffende Lock in der Spiegelfläche verursacht hatte. Die Wand dahinter war grau im Gegensatz zu den restlichen, hellgelb gestrichenen Wänden. Entsetzt ging Asako zwischen den Spiegelscherben entlang, besah sich den Schaden, der angerichtet worden war. Ein plötzlicher Kopfschmerz veranlasste sie dazu sich an die Stirn zu fassen und die Augen zu zu kneifen. Sie hörte eine Melodie, einen leisen Gesang, aber er schmerzte als würden Elefanten über ihren Schädel rennen. „Asako?“ Saeko's Stimme lies sie herumwirbeln. Mit einem Mal war der Schmerz weg. „Komm raus. Du könntest dich verletzen.“ Bleich sah sie auf die Spiegelscherben, fühlte ihre Hand zittern. Sie beschlich ein schlechtes Gewissen und die Angst, die sie schon einmal gefühlt hatte. „Ist alles okay?“ „J-Ja...“, murmelte der Tsukigumi-Star leise. „Mir ist nur etwas schwindlig.“ „Dann solltest du dich hinsetzen. Aber nicht hier. Komm jetzt.“ Egal was es war, dieses Gefühl, dass sich in ihrem Hinterkopf festsetzte, konnte nichts gutes bedeuten. Nur langsam verlies sie den nun gesperrten Probenraum, wobei drausen gleich Wataru zu ihr kam, sie einen Moment beäugte. „Mir geht’s gut“, sagte Asako sofort bevor der ehemalige Hoshigumi-Star nachfragte. Sie seufzte etwas genervt, denn sie wollte nicht, dass die Leute sie ständig mit Samthandschuhen anfassten. „Was mache wir jetzt? Den Raum können wir nicht verwenden.“ Wataru runzelte etwas die Stirn, nahm es aber hin und sah den Gang hinunter. „Wir benutzen erst einmal die anderen beiden Räume und werden die Troupe aufteilen. Es kann eine Weile dauern bis der Spiegel ersetzt worden ist.“ „Dann machen wir uns gleich an die Arbeit.“ Asako sah zu Kiriyan. Langsam fühlte sie sich tatsächlich wie ein Top Star. „Gehst du bitte die anderen holen? Wir haben noch einiges vor uns und wir sollten so schnell wie möglich weitermachen.“ Die Proben von Tsukigumi verliefen in den darauf folgenden zwei Wochen in den kleineren Probenräumen. Ab und an trennte Wataru die Troupe auf um etwas in kleineren Gruppen trainieren zu können, wesshalb sie recht zügig vorran kamen. Die Assistentin selbst zog es meistens vor in der Gruppe des Top Stars zu sein, wenn sie getrennt trainierten. Sie war fasziniert von Sena, beobachtete sie oft, auch wenn sie mal nicht probte, wesshalb ihr auch oftmals auffiel, wie zwiegespalten der Top Star manchmal schien, insbesondere, wenn sich Saeko in der Nähe aufhielt. Sie war sehr lieblich, süß, wenn sie sich mit Saeko unterhielt, doch während des Trainings schien sie manchmal eine völlig andere Person zu sein. Wenn sie tanzte, ihren Text lernte oder ihre Mitschauspielerinnen zusammenstauchte, was im Laufe dieser zwei Wochen immer weiter zunahm, wirkte sie streng, diszipliniert und verdammt sexy. Ihre Bewegungen waren gezielt, fast schwebend und elegant, doch dieses Gesicht nahm sie immer nur an, wenn der ehemalige Tsukigumi-Star sie abgesetzt hatte. Wataru konnte sehr gut zwei und zwei zusammen zählen, aber eifersüchtig war sie auf Sena nicht, im Gegenteil. Der Tsukigumi-Star war durchaus interessant, auch, wenn die ehemalige Hoshigumi nicht sagen konnte, was von beiden jetzt wie Maske war. Entweder konnte sich Sena mehr als sehr gut am Riemen reisen und ihre Lieblichkeit unterdrücken oder sie spielte Saeko etwas vor. So oder so war ihr Interesse an der anderen geweckt, behielt sie oftmals noch nach dem Training da um mit ihr etwas zu tratschen. Sonderlich viel bekam sie aus dem Tsukigumi-Star aber nicht heraus, denn sie redete immer um ihre Fragen herum. Meistens endete es darin, dass Wataru aus dem Nähkästchen plauderte ohne es zu merken, wofür sie sich im Nachhinein meistens schlagen wollte. „Gut. Machen wir schluss für heute“, sagte Wataru, klatschte in die Hände und sah sich im Raum um. Sie sah Sena, wie sie sich mit der jungen Rio und Aoki Izumi unterhielt. Es war unschwer zu sehen, dass Rio mal wieder versuchte mit ihr zu flirten, Aoki sich immer wieder einmischte und versuchte Rio's Aufmerksamkeit zu bekommen. Dahinter sah sie Ryuu Masaki, den Namen vergaß sie ständig, die intensiv in ihr Script starrte, sich nebenbei mir Hiromu unterhielt. Wataru drehte sich auf dem Absatz, ging zu ihrem Platz und unterhielt sich mit dem Direktor, packte nebenbei ihre Mappe zusammen. Sie verabschiedete sich und nachdem die meisten der Schauspielerinnen gegangen waren drehte sie sich auf dem Absatz, erschrack als Sena auf einmal vor ihr stand, sodass sie fast die Mappe fallen gelassen hätte. „Sena. Schleich dich nicht so an. Was kann ich für dich tun?“, fragte die größere Frau, sah auf dieses unglaublich anziehende Lächeln der anderen. Wie die Jüngere auf diesen Absätzen, ihre waren ja auch nicht kleiner, so leise sein konnte war ihr schleierhaft. „Ich wollte dich fragen, ob du mich zum Essen begleiten würdest. Ich möchte mit dir ein wenig das Script durchgehen wegen den Änderungen, von denen ich gesprochen hatte.“ Wataru blinzelte leicht, aber sie hatte schon wieder dieses verführerische Lächeln aufgelegt, da konnte sie ja nicht nein sagen. „Nun, wenn deine Freundin das zulässt, gern.“ Die Hoshigumi-Darstellerin sah in Richtung Hiromu, die sich noch immer mit Ryuu unterhielt. Zwar hatte sie die Vermutung, dass Sena die dubiose neue Freundin von Saeko war, aber sie hatte nichts dergleichen in der Hand, wesshalb sie einfach andeutete, dass Hiromu an Saeko's Stelle stand. Immerhin klebte der Vice geradezu an ihrem Top Star. „Ignorier sie einfach. Ich schicke sie nach Hause. Treffen wir uns gleich an meinem Auto?“ „Gern.“ Mit einem charmantem Lächeln drehte sich der Top Star weg, ging in Richtung Hiromu. Wataru grinste etwas für sich, packte ihren restlichen Kram zusammen und warf sich ihre Jacke über die Schultern. Vielleicht war die andere ohne ihren Aufpasser etwas zugänglicher. Dabei war die andere wirklich süß, gleichzeitig so kontrolliert und selbstbeherrscht, bis zu einem gewissen Punkt. Sie hatte einen wirklichen Wutausbruch bissher nur ein Mal bei dem Top Star erlebt. Während sie durch die inzwischen halbdunklen Gänge ging zückte sie nochmals ihr Telefon um Midori an zu rufen. Das erste Mal kam sie nicht durch, doch beim zweiten Mal hatte sie Glück und hörte die Stimme ihrer Vorgesetzten. „Was immer du willst, Kozuki, mach es schnell.“ Wataru blinzelte etwas. „Störe ich bei etwas?“ Kurze Pause. Dabei hörte sie eine leise Stimme im Hintergrund. „So kann man es nennen, ja.“ „Dann entschuldige ich mich. Ich wollte nur wissen, ob der Termin für den Auftritt weiterhin steht.“ „Hätte das nicht bis morgen zum Meeting warten können?“ „Nein. Dann werde ich mir Sena nämlich jetzt auf die Seite nehmen damit wir rechtzeitig anfangen können.“ Seitens Midori kam ein mehr als missgelauntes Brummen. „Ja er steht noch. Die Proben fangen Montag an.“ „Danke. Dann will ich dich nicht weiter stören. Verrichte einen Gruß an deine Freundin.“ Midori legte einfach auf und Wataru grinste leicht. Da hatte sich die ehemalige Senka wohl jemanden zum Spielen geholt. Wie auch immer. Als sie das Gespräch beendet hatte fand sie sich auf dem Parkplatz wieder, sah dort auch schon die schlanke Gestalt des Top Stars an ihrem Auto stehen. Sie hatte die Augen geschlossen, wippte etwas mit dem Fuß, strich dabei mit den Fingern über einen silbernen Ring an ihrem Finger. Sie hatte diese Geste oft beobachtet, wenn sie eine Melodie durchspielte. Gelassen lies sie ihr Handy zurück in die Tasche gleiten, schritt zu der anderen und lächelte sie an. „Verzeih, wenn du warten musstest.“ Die andere sah auf, lächelte etwas. „Ich warte nicht gerne, aber ich mache mal eine Ausnahme.“ Sie machte eine Geste. „Wollen wir?“ „Bitte nach dir.“ Recht schnell hatten die zwei Frauen die Takarazuka-typische Bar erreicht, wobei Asako bestimmten Schrittes zu einem der Tische ging. Ob Wataru ihr folgte oder nicht war ihr in diesem bestimmten Moment ziemlich egal, aber sie ging aus purer Gewohnheit an diesen Tisch, setzte sich auf den gewohnten Stuhl und lehnte sich zurück. Wataru war ihr dann doch nachgelaufen, setzte sich ihr gegenüber und zog dabei die Jacke von den Schultern. „Wie schön, dass wir uns mal privat unterhalten können.“ „Ganz meinerseits“, sagte Asako und schmunzelte etwas, winkte nebenbei deine der Kellner heran. „Was kann ich dir bestellen?“ „Ich kann schon selbst...“ „Ich bestehe darauf.“ Sie sah der anderen an, dass sie kurz mit sich kämpfte, doch dann nickte sie etwas, woraufhin Asako zwei schlichte heiße Getränke und eine Kleinigkeit zu Essen bestellte. „Nun Sena...“ „Nenn mich bitte Asako. Ich hasse es, immer so förmlich zu bleiben.“ Die Frau ihr gegenüber lachte etwas und lehnte sich auf dem Tisch auf. Der Ausschnitt, den sie dabei frei gab, war faszinierend. Er zensierte perfekt das, was an nicht sehen sollte, gab aber dennoch genug Haut frei. „Dann Asako. Ich bin froh, dass wir mal die Chance bekommen alleine miteinander zu reden.“ „Ich hätte dich gerne schon früher eingeladen, aber meine Freunde haben die dumme Angewohnheit immer um mich rum zu sein. Dabei ist auf keinen mehr wirklich Verlass.“ „Wie kommts?“ Asako antwortete nicht, tat es mit einem Lächeln ab und verschränkte stattdessen die Finger auf dem Tisch. „Unwichtig. Mich interessiert etwas anderes.“ „Und das wäre?“ „Deine Beziehung zu Ayaki Nao.“ Verwundert hob die ehemalige Hoshigumi die Augenbraue und Asako schmunzelte leicht. Da hatte sie wohl einen Volltreffer gelandet. „Warum interessiert dich das? Wir waren nur zur selben Zeit Top Star.“ „Das glaube ich dir nicht. Osa schweigt immer nur, wenn ich sie über dich frage. Dabei weis ich, dass ihr euch kennt.“ „Was hat das mit Saeko zu tun?“ „Du musst mir einen Gefallen tun.“ Sie sah dabei zu, wie Wataru angespannt auf die Tasse starrte, die inzwischen vor ihr stand und nachdachte. Zwar war der Tsukigumi-Star recht ungeduldig, aber manchmal musste sie sich einfach am Riemen reißen. Dann sah sie erneut auf. „Das kommt drauf an was es ist. Und was für mich dabei rausspringt.“ Asako schmunzelte. Noch jemand, der gerne Geschäfte machte. „Ich will, dass du Ayaki ablenkst. Ich will sie nicht ständig in meiner Nähe haben.“ „Wieso?“ „Ich habe meine Gründe. Ich glaube, das ist auch in deinem Interesse.“ Wataru zog die Augenbrauen zusammen. Die Frau, die ihr gegenüber saß, machte keinerlei Sinn. Sie sprang im Gespräch von A nach B ohne Überleitung, platzte hier und da einfach mit den Tatsachen heraus und verschwieg das, was wichtig war. Jedoch funktionierte es. „Du musst mir schon ein paar mehr Informationen geben, Asako.“ „Ayaki hängt an mir und ich will sie nicht bei mir haben. Mehr musst du nicht wissen. Und ich sehe, dass sie total auf dich abfährt.“ Vulgär, aber dennoch war Wataru verzückt das zu hören. „Mir egal wie du es anstellst, schlepp sie von mir aus ab.“ „Du hast mir immer noch nicht den Grund gesagt. Wieso kommst du damit zu mir?“ „Ich brauche einen neuen Partner. Das ist alles. Und ich langweile mich.“ „Verstehe...“ Eigentlich verstand sie kein Wort. „Das bezweifle ich.“ Erwischt. „Wie auch immer. Stimmt es, dass es ein Top Star Special geben wird?“ Und nochmals sprang sie im Thema. Zwar hatte der ehemalige Hoshigumi-Star nicht zugestimmt, aber sie würde auf jeden Fall darüber nachdenken. „Woher weist du davon?“ Asako lachte leicht, lehnte sich auf ihrem Platz zurück und grinste beinahe bösartig. „Ich habe meine Quellen, Wataru. Also?“ „Es stimmt. Die Proben fangen am Montag an.“ „Wird Mizu Natzuki dabei sein?“ Abermals stockte der ehemalige Hoshigumi-Star, hob eine Augenbraue. Was hatte sie jetzt mit dem Yukigumi-Star? Auf ihre Verwirrung hin grinste der Tsukigumi-Star nur noch breiter. „Sie ist Yukigumi-Top Star, also selbstverständlich.“ „Wundervoll. Ich habe Chika schon eine Weile nicht mehr gesehen. Dabei sind wir so gute Freunde.“ Saeko saß, wie immer um diese Uhrzeit, an ihrem Schreibtisch und kümmerte sich um die Arbeit, die übrig geblieben war. Dadurch, dass die Takarazuka-Leitung beschlossen hatte, das Top Star-Special ein zu bauen verdoppelte sich ihre Arbeit geradezu. So wirklich glücklich war sie darüber nicht, denn sie hatte jetzt eigentlich nur noch das Frühstück mit ihrer Freundin. Dass sie so wenig Zeit mit Asako verbringen konnte ging ihr gehörig gegen den Strich. Doch so, wie es gerade lief, war es ganz gut, auch wenn der Tsukigumi-Star sich noch immer nicht erinnerte. Aber ihre Tollpatschigkeit, ihre natürlicher Frohsinn und die ganze Lieblichkeit, die sie ihr gegenüber hatte, wärmten ihr Herz immer wieder und sie geriet ins Träumen. Kiriyan hatte ihr gesagt, dass sie beim Training langsam aber sicher ans Top Star-Dasein gewöhnt war, dementsprechend streng handelte und noch immer ein paar Eigenschaften durchsetzte, die sie vor ihrem Unfall hatte, jedoch hatte Saeko noch nichts in der Art beobachten können. Doch anstatt sich an ihrer süßen Freundin erfreuen zu können hockte sie über ihren Unterlagen und plante alles durch. Natsuki ging ihr noch immer aus dem Weg, vermied so weit es ging Augenkontakt und ihre Nähe. Wie auch immer. Sie hatte anderes zu tun, griff nach dem Telefon. Hoffendlich war Gaichi zuhause. „Ja?“ Das war nicht Gaichi, sondern Osa. „Guten Abend Osa. Ist Gaichi zuhause.“ „Nein“, kam es nur aggressiv vom anderen Ende. „Sie kommt heute auch nicht mehr.“ Saeko runzelte die Stirn. „Ist was passiert? Du klingst sauer.“ „Ich hatte nen ziemlich beschissenen Tag. Und momentan hab ich einfach keine Lust auf gar nichts.“ „Was ist denn los?“ „Ich will nicht drüber reden.“ „Aber...“ „Weist du, wann Asako wieder zuhause ist?“ „Uhm...“ Merkwürdig verhielt sich Osa schon. Sie hatte den ehemaligen Hanagumi-Star so wütend erlebt als sie von Asako's Affairen erfahren hatte. Sie warf einen Blick auf die Uhr. „Das weis ich nicht. Die Probe ist bestimmt schon um, aber so wie ich Wataru kenne hällt sie sie wieder länger da.“ Ein verächtliches Schnauben am anderen Ende. „Irgendwann wird Kozuki von mir noch was zu hören bekommen wenn sie mit Asa ständig Überstunden macht.“ „Sag das ihr, nicht mir.“ „Ich sage es DIR, damit du es ihr bei eurem Meeting sagst!“ „Kein Grund mich so an zu schreien. Ich schau mal, was sich tun lässt.“ Osa legte einfach auf und Saeko sah auf den Höhrer. Nein so üble Laune hatte Osa schon lange nicht gehabt. Für ein paar Momente stockte der ehemalige Tsukigumi-Star und sah auf die Uhr. Wer war eigentlich bei Asako? Wahrscheinlich wieder Shio, denn die Hoshigumi-Darstellerin verbrachte wieder so viel Zeit wie möglich mit ihrer Freundin. Sie ging auch davon aus, dass Chigi, Kimu und Mattsu ebenfalls bei ihr waren. Je mehr desdo besser. Aber sie hatte noch was anderes zu tun. Sie hatte Chika immer noch nicht gebeichtet, dass sie wieder mit Asako zusammen arbeiten musste. Besser sie tat es gleich. Kurz darauf hatte sie schon die Nummer des Yukigumi-Stars gewählt. „Ja?“ Es war Hiromi's Stimme. Was hatte sie schon wieder bei dem Yukigumi-Star zu suchen? „Hallo Hiromi. Ist Chika bei dir?“ „Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie mit dir reden will, oder?“ „Nein, aber es ist was geschäftliches.“ Hiromi am anderen Ende seufzte und Saeko hörte ein leises Piepen und die Stimme ihrer Schwester hallte kurz darauf etwas. „Ich hab dich auf Lautsprecher gestellt.“ „Danke.“ Saeko seufzte etwas, klappte ihre Mappe auf und zog ein Blatt heraus. „Also Chika, ich weis, dass dir das nicht gefallen wird, aber bitte reis dich zusammen. Der Chef hielt es für eine gute Idee ein Top Star-Special für ein Wohltätigkeitskonzert ein zu führen. Die Proben beginnen am Montag.“ Kapitel 8: Broken Heart ----------------------- „Dann machst du das wirklich?“ „Ich habe dir gesagt, was es zu sagen gibt.“ „Gib mir noch eine Chance.“ „Die hattest du. Ich kann nicht mehr.“ „Du müsstest inzwischen wissen wie ich bin. Und du kannst nicht verlangen, dass ich mich noch mehr für dich ändere.“ „Das hatten wir schon. Fang nicht wieder an mit mir zu streiten.“ „Ich will nicht streiten. Ich...“ „Hör einfach auf. Ich habe dir meine Meinung dazu gesagt.“ „Ich bin aber nicht bereit das einfach so hin zu nehmen!“ „Das wirst du aber müssen.“ „Aber...“ „Kein aber. Keine Auflüchte mehr. Du wirst nie von ihr loskommen. Und das verkrafte ich einfach nicht mehr.“ „Bleib.“ „Hier ist kein Platz mehr für mich.“ „Der Platz wird immer frei bleiben.“ „...“ „Ihr habt beide einen festen Platz in meinem Leben. Vergiss das nicht. Ich liebe dich.“ Gemächlich ging der Tsukigumi-Star in ihre Küche, warf dort einen Blick auf den kleinen gelben Wecker, der noch immer ihre Arbeitsfläche zierte. Wieso hatte sie dieses Ding eigentlich noch? Wie auch immer. Shio würde jeden Moment den Schlüssel zu ihrer Tür umdrehen, eintreten, die noch immer schlafende Kimu auf dem Sofa vorfinden, mit ihr ihren Kaffee trinken, etwas Frühstücken, mit ihr zum Hauptgebäude fahren und dann zu ihrer eigenen Probe gehen. Diese Routine hatte sich seit einigen Tagen eingespielt, aber so war es ja schon die letzten paar Jahre gelaufen. Sie schmunzelte etwas. Sie musste ja keinem sagen, dass sie sich sehr wohl erinnerte. Wenn da nur Saeko nicht wäre. Die Frau pfuschte ihr immer wieder ins Handwerk mit ihrer bloßen Anwesenheit. Vorsichtig zog sie an der Kette, die an ihrem Hals hing und betrachtete den silbernen Ring mit dem Onyx ein paar Sekunden, strich zärtlich mit den Fingerspitzen darüber und lächelte kalt. „Bist du traurig, mein Engel?“, murmelte sie leise zu sich, legte den schwarzen Stein an die Lippen. Kurz darauf hörte sie schon, wie ihre Tür geöffnet wurde und obgleich man sie nicht sofort sehen konnte lies sie den provisorischen Anhänger, sie verfluchte sich, dass sie den Ring nicht offen am Finger tragen konnte, unter ihr viel zu weites Shirt verschwinden. Das Schmuckstück war ihr Geheimnis. Mit den so gewohnten Bewegungen machte sie drei Tassen Kaffee, schüttete in zwei Milch, fügte einer zusätzlich Zucker hinzu, stellte sie aufs Tablett und ging damit ins Wohnzimmer. „Guten Morgen“, sagte Shio, die die Tasche auf den Tisch stellte und sich dann über Kimu beugte, die noch tief und fest schlafend unter der Decke eingerollt war. Anstatt der Tüten hatte sich die Blonde inzwischen angewöhnt eine Baumwolltasche zu benutzen um das Frühstück mit zu bringen. Sie rüttelte Kimu an der Schulter. „Hey Schlafmütze.“ „Guten Morgen.“ Der Tsukigumi-Star setzte sich in ihren Sessel, stellte das Tablett auf den Tisch neben die Tasche und nahm sich die Tasse mit dem schwarzem Kaffee. Nachdem Kimu sich brummend aufgesetzt hatte, sie wirkte etwas wie ein Zombie, setzte sich Shio auf ihren Platz und nahm ihre Tasse. Dabei grinste sie etwas. „Was gibt’s zu lachen?“ „Ich wundere mich nur, dass du dich nicht entscheiden kannst, was du in deinen Kaffee packst.“ „Bitte?“ „Die letzten Tage hast du immer mehr Milch reingetan als sonst etwas und auf einmal trinkst du ihn schwarz?“ Da war ja auch Saeko bei ihnen gewesen. „Ich bin nunmal launisch.“ Sie lächelte etwas. „Egal. Was steht bei euch so an?“ „Sag mir das. Mein Top Star meinte nur, dass sie uns die nächsten Tage wohl weniger oft belustigen wird.“ Sie lachte. „Ja das Top Star-Special. Zeitverschwendung, wenn du mich fragst, aber es könnte lustig werden. Ich kenne die anderen immerhin kaum.“ „Chie ist dann auch dabei“, kam es von der völlig verschlafenen Kimu, die sich ausgiebig die Augen rieb und dann nach der rosafarbenen Kaffeetasse mit Milch und Zucker griff. „Chie?“, fragte der Tsukigumi-Star und warf einen Blick zu Shio. „Yuzuki Reon. Sie ist mein momentaner Top Star.“ „Ich kenn sie schon lange“, warf sich Kimu erneut ein. „Aber fangt ihr nicht erst Montag mit dem Special an?“ „Tun wir.“ Eigentlich würde sie diese Chie ja gerne früher schon kennen lernen. Je eher, desdo besser. „Warum lädst du sie nicht fürs Wochenende ein?“ „Was soll denn dieses Wochenende sein?“ Der Yukigumi-Vice blinzelte irritiert. „Ich habe mir überlegt ein paar Leute hierher ein zu laden. Einfach um wieder auf dem neusten Stand zu sein.“ „Du hast lange keine Party mehr geschmissen“, sagte Shio lachend und kratzte sich an der Wange. „Wer soll denn kommen?“ „Ich hätte dich gerne dabei. Du kannst ja deine Freundin mitbringen. Chigi hieß sie, oder?“ Die Blonde nickte. „Dann dachte ich da noch an Wataru, Yuuhi und vielleicht an Mirio.“ „Wataru? Kozuki Wataru? Was ist mit den anderen? Willst du sie nicht einladen?“ „Ich finde sie sind momentan etwas überempfindlich, wenn es um mich geht. Ich möchte mal wieder alleine etwas tun ohne, dass mir Kiriyan oder Osa ständig im Nacken sitzen.“ „Und Ayaki?“ Kurzes Schweigen. Gerade als sie Luft holte um zu Antworten drehte sich erneut der Schlüssel im Schloss und der Tsukigumi-Star starrte auf den Tisch. Shio blinzelte etwas. Sie wusste, wer da noch reinkam, denn ausser ihr und Asako hatte nur noch Ayaki den Schlüssel zu dieser Wohnung. Die Blonde beobachtete ihre Freundin, wie sie noch immer halb luftholend auf den Tisch starrte, leicht zwischen die etwas geöffneten Lippen atmete und wie ihr Blick nur langsam in Richtung Ayaki wanderte, die in dem Moment die Wohnung betrat. „Guten Morgen.“ „Morgen, Ayaki“, sagte Shio und auch Kimu erwiederte den Gruß. Im Augenwinkel sah sie Asako blinzeln, wie sie anschließend lächelte und gänzlich zu ihrer Freundin sah. „Guten Morgen, Saeko.“ Mit einem Mal klang sie so fröhlich. „Du bist spät.“ „Tut mir leid. Ich hatte einen ziemlichen Vollidioten vor mir der meinte einfach auf der Straße stehenbleiben zu können.“ Der ehemalige Tsukigumi-Star beugte sich zu ihrer Freundin, die den Kopf etwas hob und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Die Jüngere von beiden lächelte ein kleines Sonnenscheinlächeln und Shio hob eine Augenbraue. Schon wieder hatte sie dieses komische Gefühl im Nacken, dass etwas nicht stimmte. „Ich geh schnell ins Bad“, meinte Kimu und erhob sich von ihrem Platz, gähnte ausgiebig und überlies ihren Platz der ehemaligen Tsukigumi-Darstellerin. Sie sah dem Yukigumi-Vice nach, lehnte sich auf ihrem Platz zurück und trank einen Schluck von ihrem Kaffee. Inzwischen hatte sie genug Erfahrung um zu merken, wenn irgendwas im Busch war. Auch war sie zu sehr in Gedanken vertieft als dass sie merkte, was das liebliche Päärchen miteinander tuschelte, sah nur abwechselnd zu Asako und Ayaki. Erst als Asako einen kleinen Schluck aus der Tasse in ihrer Hand nahm schaltete sich ihr Hirn wieder ein. Der Tsukigumi-Star erhob sich und stellte die Tasse ab. „Was ist?“, fragte Ayaki etwas verwirrt, wahrscheinlich da ihre Freundin für eine Sekunde das Gesicht verzogen hatte. „Bin gleich wieder da.“ Asako verschwand in die Küche und Shio sah ihr irritiert hinterher. „Suzumi? Alles okay?“, kam es mit einem mal von Ayaki und die Blonde drehte sich wieder zu ihr. „Hm? Ja. Ja alles in Ordnung. Ich bin nur noch nicht so ganz wach.“ „Toyoko~“, kam es wimmernd aus der Richtung des Badezimmers. Kimu hatte den Kopf aus der Badezimmertür gesteckt. Shio sah auf und blinzelte. „Was ist denn?“ „Kannst du mir kurz meine Tasche bringen? Ich hab sie neben dem Sofa liegen gelassen.“ Shio stand auf und sah sich um, jedoch hielt Ayaki ihr die Tasche schon entgegen. „Die?“ „Danke.“ Die Blonde nahm sich die grüne Tasche, warum hatten alle Yukigumis nur so viel mit Grün, und ging damit in Richtung Bad, wobei Asako an ihr vorbei lief und sich wieder auf ihren Sessel hockte. „Ich sage dir, wenn dein Kopf nicht fest wäre, dann würdest du ihn auch noch vergessen.“ Kimu wurde etwas rot, schnappte ihre Tasche aus den Händen der Hoshigumi-Darstellerin und diese drehte sich grinsend wieder auf der Hacke, ging zurück ins Wohnzimmer. Dort sah sie noch, wie Asako eine gehörige Ladung Milch in ihren halbleeren Kaffeebecher kippte. Wirklich mehr als launisch. Eine Weile später betrat Saeko mit Kimu zusammen den Yukigumi-Probenraum, wo sich die meisten der Darstellerinnen schon eingefunden hatten. Das erste, was ihr dabei ins Auge sprang, war Natsuki, die mehr oder minder in die Ecke gekauert über ihrem Script hing. Ihre Füße standen fest auf dem Boden, jedoch klopfte sie nervös mit einer Hacke im Takt auf den Boden, biss die Zähne fest aufeinander. Saeko konnte eine Sorgenfalte auf ihrer Stirn sehen. Je näher der erste Tag für die Special-Probe kam, umso zittriger wurde ihre alte Bekanntschaft. Nicht einmal Hiromi, die ständig bei ihr saß, schien sie beruhigen zu können. Zwar hätte Saeko ihr gerne geholfen, aber Natsuki wich ihr aus wenn es nicht absolut notwendig war. Seufzend ging die Assistentin zu ihrem Platz, begrüßte ihre Kollegen und breitete sich auf dem weißen Tisch aus. Im Gegensatz zu den anderen hatte sie zwei davon. „Guten Morgen, Saeko.“ Der ehemalige Tsukigumi-Star sah auf, lächelte etwas als sie Gaichi vor sich stehen sah. „Guten Morgen, Gaichi. Was gibt’s? Du kommst sonst nie in die Probenräume.“ „Ich wollte dir nur sagen, dass sich das Meeting heute Abend eine Stunde nach hinten verlegt.“ „Was? Aber wir ändern die Zeiten sonst nie.“ „Ich weis, aber ich habe mit einigen Leuten noch etwas zu besprechen. Und der Chef ist sowieso gerade nicht im Haus.“ Saeko lachte etwas, lehnte sich zurück. „Und er hat dir die Verantwortung übertragen? Glückwunsch.“ „So kann man es auch wieder nicht nennen. Denk einfach nur dran.“ „Ich versuchs.“ Sie besah sich die ehemalige Senka einen Augenblick. „Gaichi? Ist alles okay? Du bist ziemlich blass.“ „Ich hatte einfach eine schwierige Nacht.“ „Hoffendlich hast du dich nicht angesteckt. Momentan geht hier ziemlich die Grippe rum.“ „Keine Sorge. Das ist keine Grippe. Nur der Schlafmangel.“ „Tu was dagegen.“ Gaichi lächelte nur schief, verlies anschließend den Probenraum wieder. Für einen Moment hoffte sie, dass Gaichi das Meeting nur nach hinten verschoben hatte um sich eine Stunde hin zu legen. Die ehemalige Senka tendierte dazu ihren Schlaf manchmal zu vernachlässigen, wobei sie ja eigentlich nicht besser war. Vielleicht verstanden sich die zwei Arbeitstiere desshalb so gut. Vielleicht war es ganz gut, wenn sie doch eine Stunde früher antanzte um sicher zu gehen, dass Gaichi sich etwas hinlegte und sie notfalls nach Hause schickte. Das Assistentenmeeting konnten sie auch ganz gut alleine machen, da es sowieso nichts zu besprechen gab ausser des soweiso schon stehenden Plans für das Special. Die Assistenten hatten sich darauf geeinigt, dass sie routieren würden für jede Probe, hatten schon ein gemeinsames Konzept aufgestellt. Jedem der Top Stars wurde bereits ein Lied zugeordnet, doch das zweite, dass jedem der Stars zustand, lag in den Händen des jeweiligen Top Stars. „Lass mich endlich in Ruhe.“ Du brauchst mich. „Du hast gelogen. Also geh endlich aus meinem Kopf.“ Du bist zu naiv um zu sehen, wie sie dich anlügt. Sieh es doch endlich ein. „Die einzige, die lügt, bist du.“ Ich bin die einzige, die die Wahrheit sagt. Du kannst nicht ohne mich, mein Engel. „Bleib aus meinem Kopf.“ Bist du traurig? Bist du traurig zu wissen, dass ich Recht habe? Sie kniff die Augen zusammen, drehte sich um und starrte stattdessen auf die Anzeige, die die Stockwerke zeigte. Du weist, dass ich dich nicht anlüge. „Sei einfach ruhig.“ Sieh mich gefälligst an wenn du mit mir sprichst! Sie versuchte dem zu wiederstehen, aber wie von selbst drehte sie sich erneut um, starrte in den Spiegel und sah in die kalten Augen. „Sie wird dich irgendwann verraten. Früher oder später.“ Wieder in ihrem Stuhl ging Wataru erneut ihr Konzept durch, suchte eigentlich nach einer anderen Liste. Da sie der Tsukigumi-Assistent war hatte sie es als ihre Aufgabe empfunden Sena einige Liedervorschläge zu machen für das Special, aber so wirklich vorran kam sie nicht. Sie wusste nicht, was der Top Star am liebsten singen würde und was ihr lag, jedoch würde sie irgendetwas nach ihrem Geschmack finden. Zunächst hatte sie eine weite Auswahl ausgesucht, das hieß, wenn sie diesen verdammten Zettel finden würde. Noch immer ging ihr das Angebot, dass Asako ihr gemacht hatte, nicht wirklich aus dem Kopf. Sie hatte Saeko wieder gewollt, aber was hatte der Top Star davon, wenn sie sie in ihrem Vorhaben unterstützte? Asako hatte gar keinen Grund. Wataru seufzte etwas. Bevor sie etwas in Richtung Saeko unternehmen würde musste sie sich einen groben Überblick über die Situation verschaffen. Glücklicherweise kannte sie ziemlich viele der jüngeren Darstellerinnen. Vielleicht sollte sie sich mal wieder mit Toyoko in Verbindung setzen. Das Lämmchen hatte sich laut Erzählungen ziemlich gemacht seit die Blonde unter ihr gearbeitet hatte. „Wataru?“ Der ehemalige Hoshigumi-Star schreckte auf, sah in Richtung von Asako, die vor ihrem Tisch stand. Sie schmunzelte. „Guten Morgen. Hab ich dich geweckt?“ Wataru lachte etwas, schüttelte den Kopf und winkte mit der Hand ab. „Tut mir leid. Ich war in Gedanken. Was kann ich für dich tun?“ „Ich wollte dich eigentlich nur am Wochenende einladen. Ich plane eine kleine Privatparty bei mir zuhause. Hast du Lust?“ Etwas verwirrt blinzelte die Ältere, verschränkte die Finger auf dem Tisch. „Ich fühle mich geschmeichelt, aber ich weis nicht, ob ich am Wochenende nicht doch arbeiten muss.“ „Und für was wäre das?“ „Für das Special und für Tsukigumi. Ich weis nicht ob ich das in der kurzen Zeit noch fertig bekomme.“ „Ich kann dir gerne dabei helfen mit allem, was in meiner Macht steht. Ich würde dich nur sehr gerne dabei haben. Immerhin wird das eine Art kleine Top Star-Party.“ „So? Wer kommt noch?“ „Ich hoffe, dass Shio Yuzuki Reon dazu überredet zu kommen.“ „Chie?“ „Genau. Yuuhi kommt sicherlich auch wenn ich sie darum bitte. Mirio freut sich sicherlich auch, wenn sie kommen darf. Kimu aus Yukigumi wird dabei sein.“ „Kommt Mizu Natsuki?“ Für einen Augenblick verdunkelte sich die Miene des Tsukigumi-Stars, auch wenn sie die ganze Zeit lächelte. „So gern ich Chika auch habe, ich bezweifle, dass sie die Zeit findet zu kommen mit dem ganzen Stress, den sie momentan hat. Ich hatte gehofft, dass Matobou Sei auch kommen kann, aber sie ist momentan auf einer Tour und kommt erst am Wochenende zurück. Ich vermute, dass sie sich lieber ausruhen möchte.“ „Schade. Und wieso möchtest du mich dabei haben?“ „Es kommen noch ein paar andere Freunde von mir. Immerhin kann ich Yuuhi nicht ohne die anderen einladen, nicht wahr?“ Asako wich ihr merklich aus. „Von deiner kleinen Gruppe habe ich schon gehört. Wird Saeko auch dabei sein?“ „Sie hat leider zu tun.“ Kurz und schmerzlos. „Wie schade. Ich überlege es mir.“ Asako lächelte erneut, machte dann auf dem Absatz kehrt und ging zu ein paar jüngeren Darstellerinnen. Wieder fiel ihr diese strenge Eleganz auf, mit der sich der Top Star fortbewegte, aber wahrscheinlich gab ihr genau das zu denken. Es war wohl nicht falsch, wenn sie der Einladung nachkam, einfach um einen Einblick in das Leben des Top Stars zu bekommen. Chie würde sie sowieso gerne einmal wieder sehen und schauen, wie sie sich gemacht hatte. Asako hatte keinerlei Zweifel daran, dass Wataru sie am Wochenende beehren würde, jedoch hatte sie mehr oder minder behauptet, dass ihre ganze Standartgruppe da sein würde. Soviel dazu, dass sie Kiriyan und Osa nicht ständig im Nacken haben wollte. Etwa ärgerte sie das schon, aber nichts, womit sie nicht klarkommen würde. Sie musste die anderen nur einladen, ohne, dass Ayaki etwas davon mitbekam. Sie warf einen Blick auf ihr Telefon, hob eine Augenbraue etwas. Sie hatte eine Nachricht von Osa, die schon einige Stunden zurück lag. Zu der Zeit war sie ungefähr unter der Dusche gewesen. 'Hast du nach dem Training etwas Zeit für mich? Ich muss dringend mit dir reden. Osa.' Warum war ihre Freundin überhaupt um diese Zeit schon wach? Normalerweise schlief der ehemalige Hanagumi-Star wie ein Stein und immer bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie wirklich aufstehen musste. Also immer auf den letzten Drücker. Ausser, es bedrückte sie etwas. Sie entschied sich Shio ab zu sagen und sich stattdessen um ihre Freundin zu kümmern. 'Komm heute Abend einfach bei mir vorbei. Ich schicke dir eine Nachricht, wenn ich unterwegs bin. Asako' Es war schon eine ganze Weile her, seid Osa solche Probleme hatte, dass sie mit ihr allein sprechen wollte. Eigentlich konnte sie sich nicht erinnern, dass es je passiert war. Allerdings konnte es dann wieder etwas harmloses sein wie Lampenfieber, unter dem auch Osa hier und da mal litt, oder es war einer der Momente, in denen sich die ehemalige Otokoyaku einfach abregen musste. In Asako's Wohnung konnte sie immerhin problemlos laut werden und der Tsukigumi-Star war gewillt, sich das Geschrei ihrer Freundin an zu hören. So wie jedes Mal eigentlich. Der Abend würde es zeigen. Noch immer leicht vor sich hin dösend lag die junge Frau auf ihrer Ausklappcouch, ein Bein und ein Arm hingen dabei über die Kante, der zweite über ihren Augen, das Buch, dass sie am Abend zuvor gelesen hatte, lag auf ihrem Bauch und auf dem kleinen Tisch am Kopfende standen noch immer der Teller und das Glas von ihrem Abendessen. Mal wieder war sie beim Lesen eingeschlafen. Erst das laute 'DRRRR' der Türklingel lies sie aufschrecken und mit einem lautem 'Rums' fiel sie von der breiten Couch. Wie sie es jedes Mal schaffte bei den gefühlten 2x2 Metern immer auf dem Rand zu liegen und beim kleinsten Laut hinunter zu fallen war ein absolutes Rätsel. „Au~“, wimmerte sie und hockte sich auf die Knie, gähnte ausgiebig. Dann erst merkte sie, dass sie auf ihrem Buch hockte, zugeklappt. Super, dann durfte sie die Seite schon wieder suchen. Erneut klingelte es an der Tür und sie stand dann doch langsam auf, torkelte zur Tür, stolperte unterwegs über eine Jeans, zwei bis drei Bücher, einem Script, diverse andere Klamottenhaufen und einem Schuh, öffnete dann die Tür und sah erst einmal in ein ihr bekanntes Gesicht. „Kimu! Guten Morgen!“ Die Jüngere lachte. „Wohl eher guten Nachmittag. Hast du kurz Zeit? Ich hab auch nicht so lang Pause.“ „Klar komm rein. Was gibt’s? Ich bekomm ich dich kaum noch zu Gesicht, seit du Vice geworden bist.“ „Sorry. Viel beschäftigt. Aber ich hab neue Fotos für dich.“ Die Ältere grinste, lies Kimu in ihre Wohnung und schloss die Tür. „Da bin ich mal gespannt. Und ich hab nicht aufgeräumt.“ „Das tust du sowieso nie, wenn ich komme.“ Die Ältere fegte einmal einfach alles, was auf der Couch neben der Decke noch so zu finden war, hinunter, hörte dabei das Klappern von einigen CDs. Die zwei liesen sich auf die hellorangene Couch nieder, wobei Kimu in ihre Tasche griff und ihr einen kleinen Stapel Fotos rüberreichte. „Ist was gutes dabei?“ „Ein paar echte Schnappschüsse. Die zeig ich dir aber gleich. Asako schmeißt am Wochenende eine Party. Hast du auch Lust zu kommen?“ „Sena Jun? Was soll ich denn bei der arroganten Kuh?“ „Red nicht so über sie. Sie ist echt nett. Und sie würde dich gern kennen lernen vor dem Special.“ „Da hab ich aber anderes gehört. Welches Special?“ „Na das Top Star-Special.“ „Achso das.“ „Chie, also manchmal bist du echt zu verpeilt.“ Der Hoshigumi-Star lachte laut auf und kratzte sich am Hinterkopf. Kimu kannte sie einfach zu gut, aber das war für sie vollkommen in Ordnung. Die einzige, die sie noch in der Richtung sehr gut kannte, war Toyoko, Suzumi Shio, mit der sie ja in einer Troupe war und eventuell Ouki Kaname. „Sorry. Ich bin eben erst aufgewacht.“ „Na das hab ich gehört. Wieso du überhaupt noch einen Boden hast ist mir echt ein Rätsel.“ „Hey so schwer bin ich jetzt auch wieder nicht.“ „Egal. Kommst du jetzt oder nicht? Toyoko ist auch da.“ „Von mir aus. Kann ja nicht schaden, wenn man die berüchtigte Sena Jun mal kennen lernt. Aber jetzt zeig mir mal die Fotos.“ Die beiden Freundinnen hatten sich vor einiger Zeit über Toyoko kennen gelernt und irgendwann hatten sie angefangen, ihre Schnappschüsse untereinander aus zu tauschen, denn sowohl Kimu als auch Chie selbst rannten fast immer mit einer Kamera durch die Gegend. Es waren schon einige sehr peinliche und lustige Schnappschüsse dabei rausgekommen, doch diese blieben immer zwischen den beiden. Durch Kimu's Bilder wusste sie auch, wie Sena Jun in Zivil aussah, denn ausser auf der Bühne bekam sie eigentlich keiner vor die Linse, nicht einmal die Paparazis. Neugierig war sie schon auf den Tsukigumi-Star. Es kursierten die wildesten Gerüchte über diese, nicht zuletzt über die Tod-Rolle in der letzten Elisabeth-Aufführung. Der Top Star soll an einigen Stellen geradezu ausgerastet sein, wenn es nicht nach ihrem Kopf ging. Obendrein solle man sie mit Mizu Natsuki gesehen haben. Vielleicht ging sie der Einladung nach wenn es ihr passte, aber sie schob den Gedanken in die hinterste Ecke ihres Kopfes und sah sich mit Kimu die neuen Bilder an, die ihre Freundin ihr mitgebracht hatte. „Und das ist wirklich in Ordnung für dich?“ Gaichi stellte ihre Tasche in die Ecke und seufzte schwer. „Es musste sein. Das weist du“, meinte die ehemalige Senka und starrte auf den langen Henkel, den sie noch immer in der Hand hatte. „Sonderlich glücklich bist du damit aber nicht.“ „Das habe ich nie behauptet.“ Sie fühlte ein paar Hände an ihrer Taille, schloss daber die Augen und bekam eine Gänsehaut, als sie den Atem in ihrem Nacken fühlte. Die andere hatte die Stirn an ihren Hinterkopf gelegt, atmete in ihre Haare. „Du solltest wirklich nochmal darüber nachdenken. Nicht, dass du einen Fehler machst.“ „Ich komme schon ganz gut klar.“ „Du hast seit Tagen kaum ein Auge zugemacht.“ „Kann man auch schlecht, wenn man ständig angeschrien wird.“ Ein Schweigen. Gaichi seufzte einmal und drehte sich in den Armen der anderen, lies dabei den Henkel einfach los und legte die Hand stattdessen auf den Oberarm der gleichgroßen Frau. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde heute nach dem Meeting gleich ins Bett gehen.“ „Das hoffe ich. Sonst schleife ich dich persönlich da raus.“ Die ehemalige Senka rang sich zu einem leichten Lächeln durch, lehnte die Stirn an die Schulter der anderen und schloss die Augen. Kurz darauf fühlte sie die Hand in ihrem Nacken, die ihre Verspannung massierte. Kaum, dass der ehemalige Hanagumi-Star die Nachricht ihrer Freundin erhalten hatte, dass ihr Training vorrüber war, machte sie sich sofort auf zur Wohnung der anderen, wartete vor der verschlossenen Tür. Sie war schneller durch den Verkehr gekommen als gedacht und Asako war noch nicht da. Vor der Wohnung lehnte sie sich neben der Tür an die Wand, fuhr sich durch die schulterlangen Haare und massierte sich die Schläfen. Ihr Kopf pochte schrecklich und sie fühlte sich ganz und gar nicht wohl. Als sie dann ihre Freundin an der Treppe sah lächelte sie dann doch etwas. Asako zu sehen erleichterte jedes Mal aufs neue ihr Herz. Die zwei begrüßten sich kurz, wobei auch der Tsukigumi-Star ihr ein Lächeln schenkte ehe sie in die Wohnung eintraten. „Du siehst kränklich aus. Soll ich dir einen Tee machen?“, fragte Asako nachdem sie sich ihrer Stiefel und der Tasche entledigt hatte. „Krank vielleicht nicht, aber ein Tee wäre trotzdem nett.“ „Was hättest du denn gern? Ist ja nicht so, als ob ich einen Schrank voll davon hätte.“ „Uhm... Mir egal.“ Kaum war Asako in die Küche verschwunden, sackten ihre Mundwinkel wieder nach unten und sie seufzte schwer. Wie sollte sie ihrer Freundin das nur klar machen? Ihr war nach schreien zumute, wollte sie aussprechen, aber den Anfang für so etwas zu finden fiel ihr immer schwer. Wahrscheinlich war es das einfachste einfach mit dem Problem raus zu rücken sobald sich die Gelegenheit dazu ergab. Der Tsukigumi-Star hielt sich eine ganze Weile in der Küche auf, lehnte sich an die Arbeitsplatte während das Teewasser vor sich hinköchelte und starrte auf die zwei Tassen und die Teekanne, in der sie schon den Tee vorbereitet hatte. Osa versuchte ihr offensichtlich etwas vor zu machen, aber es war leicht zu sehen, dass ihr etwas auf der Seele lag. Dem ehemaligem Hanagumi-Star musste man immere alles aus der Nase ziehen, wesshalb sie sich schon einmal einen Dialog zurechtlegte. Sie kannte ihre Freundin genug um zu wissen, wie man sie am besten anpackte. Vor dem innerem Auge sah sie die andere schon fluchend, wimmernd, hysterisch oder aufgebracht durch die Wohnung rennen. Auch wenn man es Osa nicht immer anmerkte konnte sie durchaus emotional sein, allerdings nur, wenn sie unter sich waren. Nachdem der Tee einigermaßen gezogen hatte stellte sie die grünen Tassen und die Teekanne mit den kleinen Monden auf ihr Tablett, ging damit ins Wohnzimmer und setzte sich neben Osa, die leicht vorne über gebeugt am Ende des Sofa's hockte. Die schulterlangen, dunkelbraunen Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht und der Tsukigumi-Star strich ihr eine davon zärtlich hinters Ohr. Osa wirkte traurig. „Also? Was ist passiert?“ Der ehemalige Hanagumi-Star schwieg, biss nur die Zähne aufeinander und starrte intensiv auf den Teppichboden. „Jetzt erzähl schon. Ich bekomme es früher oder später sowieso raus.“ „Todoroki Yuu ist passiert“, knirschte Osa zwischen den Zähnen hervor, krallte sich etwas in den weinroten Rock. „Tom? Was hat die denn mit deiner Laune zu tun?“ Todoroki Yuu, Rufname Tom, gehörte zu den Superior Members, den Senkas, denen auch Gaichi einmal angehört hatte, war dessen momentaner Top Star. Gaichi war in ihrer Schauspielzeit der Vice von Tom gewesen. Zudem hatte Tom vor ihrer Senka-Zeit die Rolle des Yukigumi-Top Stars übernommen, lange vor Natsuki's Zeit. Ihre Aufgaben beschränkten sich jedoch nicht nur auf die Schauspielerei, sie gehörte auch dem Direktorium an, war dessen jüngstes Mitglied, aber gerade desshalb eine überaus wichtige Persönlichkeit. Ayaki hatte Tom einmal als 'Top Star unter den Top Stars' bezeichnet, hatte damit auch nicht so ganz unrecht. Der Senka-Star war geradezu legendär. Die Tsukigumi-Schauspielerin kannte ihre Vorgesetzte schon eine Weile, denn sie hatte schon einige Stücke mit ihr gespielt und auf der Arbeitsbasis hatten sie sich immer gut verstanden. Jetzt so wie so darüber nachdachte war sie auch eine gute Freundin von Ayaki und Gaichi. Wataru sollte sie wohl auch kennen. „Eine ganze Menge!“, fuhr es aus einmal aus Osa heraus, saß plötzlich aufrecht und warf die Hände in die Luft. „Sie denkt immer, sie dürfte alles, sie könnte alles und sie könnte sich alles nehmen was sie wollte.“ Dem Tsukigumi-Star schwarnte übles. „Und dann... und jetzt... gestern...“ Die Schultern der ehemaligen Hanagumi-Darstellerin sackten wieder runter und man konnte sehen, wie sich Tränen in den Augenwinkeln der anderen bildeten. Sie legte eine Hand über den Mund um ein Schluchzen zu vermeiden. „Jetzt mal ruhig“, sagte die Jüngere und legte die Hand auf Osa's Schulter. „Und ganz von vorne.“ Abermals schwieg ihre Freundin und kniff dabei die Augen zusammen. „Hat es was mit Gaichi zu tun?“ Osa nickte etwas. „Wir haben uns vor einiger Zeit gestritten.“ Osa's Stimme zitterte. „Seither immer wieder. Vorgestern Abend war es so schlimm, dass sie gestern zu Todoroki abgehauen ist.“ „Das ist doch nicht der erste Streit, den ihr hattet.“ „Aber der erste in diesem Ausmaße.“ „Und über was habt ihr euch gestritten?“ „Über dich.“ Das hatte sie schon befürchtet. „Darüber, dass ich immer noch nicht von dir loskomme. Dass ein Teil von mir immer noch an dir hängt.“ Osa fing an zu schluchzen. „Ich dachte sie würde das verstehen. Immerhin...“ „Ganz ruhig. Ganz von Anfang an. Hol erstmal Luft.“ Der ehemalige Hanagumi-Star atmete ein paar Mal tief durch, schloss dabei die Augen und sah dann doch wieder zu ihr auf, schien sie für eine Weile zu studieren. Die Jüngere rutschte etwa an ihre Freundin, legte den Arm um sie und ihre Freundin legte den Kopf gegen ihre Schulter bevor sie etwas ruhiger sprach. „Als du noch im Krankenhaus warst bin ich doch jeden Tag bei dir gewesen. Gaichi ging das gegen den Strich, dabei hab ich mir nur Sorgen gemacht. Irgendwann fing sie damit an, dass sie sich fehl an meiner Seite fühlt und dass sie sich nicht mehr wie meine Partnerin vorkommt. Den Streit haben wir verschoben, aber wir haben ab dem Tag kein Wort miteinander sprechen können ohne, dass es im Geschrei ausartete. Sie hat sich in ihre Arbeit verkrochen und war immer noch bis spätabends im Hauptgebäude. Vor ein paar Tagen dachte ich mir, ich tu ihr etwas Gutes, hab Tee gekocht und ein paar Knabbereien gebacken, hab alles zusammengepackt und bin ins Büro gefahren. Ich wollte sie nach Hause bringen und sie dazu bringen wenigstens etwas geschlafen. Man sagte mir, dass Gaichi noch im Konferenzsaal wäre und ich bin hoch gegangen. Die Tür war nicht zu, desshalb dachte ich mir, ich werfe mal einen Blick rein.“ Osa's Stimme knickte etwas ein. „Ich hab sie gefunden. Auf Todoroki's Schoß.“ „Sicher, dass du da nicht zu viel reininterpretierst?“ „Sie haben sich geküsst, Asako. Das lässt keinen Spielraum für Interpretationen.“ Der Tsukigumi-Star biss sich auf die Zunge um einen sehr hysterisch-wütenden Kommentar zu verhindern und hinunter zu schlucken. Osa war so ziemlich die wundervollste Freundin, die man sich vorstellen konnte und Gaichi warf das einfach so weg? Immerhin waren die beide jetzt schon nahezu vier Jahre ein Paar. „Und lass mich raten: du hast sie gestern zur Rede gestellt.“ Ihre Freundin nickte. „Ich wollte wissen wieso. Dann fing sie damit an, dass ich ja auch ständig bei dir wäre, aber als ich gesagt habe, dass es etwas ganz anderes sei sind wir beide wohl irgendwie in die Luft gegangen. Sie hat mir nicht zugehört als ich ihr versucht habe zu erklären, dass meine Gefühle für dich ganz anders sind als die, die ich für sie habe.“ Die Jüngere seufzte etwas. Der grobe Überblick reichte ihr um das Ausmaß des Streites ungefähr einschätzen zu können. Dennoch quillte Wut in ihr hoch während sie zärtlich den Oberarm ihre Freundin streichelte. Und ihr hielt die ehemalige Senka immer stundenlange Vorträge über Moral, Einfühlungsvermögen und die 'andere Sichtweise' wie sie es immer nannte. Mal ganz davon abgesehen, dass sie im Laufe der Jahre so einige Gerüchte aufgeschnappt hatte, die über Gaichi durch Takarazuka gegangen waren. Die ehemalige Senka war immerhin auch kein unbeschriebenes Blatt ohne Fehler. „Und sie ist bei Todoroki?“, fragte der Tsukigumi-Star anschliesend und Osa hob den Kopf etwas, nickte erneut. „Soweit ich weis, ja. Ich weis aber nicht, was ich jetzt machen soll. Gaichi hört mir nicht zu und Todoroki wird den Teufel tun und mich anhören. Sie ist schon eine Weile hinter Gaichi her...“ „Das überlass mal mir.“ „Was?“ Osa hob verwirrt die Augenbrauen, blinzelte etwas, wobei ihr ein-zwei Tränen über die Wangen rollten und sie schluckte. „Wataru ist eine alte Freundin von ihr oder? Vielleicht kann sie etwas ausrichten. Ansonsten seh ich mal, ob ich nicht ein ernstes Wörtchen mit Todoroki rede.“ Der Top Star lächelte. „Ich kann es nicht zulassen, wenn man meiner besten Freundin wehtut.“ Osa blickte auf ihre Finger, knetete unruhig den dunkelroten Stoff und überlegte angestrengt. Die Jüngere konnte beobachten, wie ihre Gedanken sprangen. „Aber wie willst du das machen? Und wenn es dann nicht funktioniert?“ „Dann verdient Gaichi einen Anschiss von ihrer besten Freundin. Sie kann immerhin auch ziemlich durchgreifend werden, wenn man ihr Grund dafür gibt.“ „Von Saeko?“ „Ja. Du solltest es ihr erzählen, falls Todoroki sich quer stellt. Ich werde mir mal mit Madame-Wundervoll-Todoroki Yuu mal unterhalten.“ „Danke.“ „Keine Ursache. Wir sind Freunde.“ Erneut schmiegte sich Osa an die Jüngere und sie schloss die Arme gänzlich um die ehemalige Otokoyaku. Die Tod-Darstellerin hatte schon eine grobe Ahnung, in welche Richtung diese Unterhaltung gehen würde. Kapitel 9: Shattered Mind ------------------------- „Ich verstehe immer noch nicht so ganz, was da zwischen euch vorgefallen ist.“ Tom lies sich in ihrem tiefrotem Sessel nieder, sah zu Gaichi, die mit einem Tee in der Hand aus der Küche kam und sich an den etwas entfernt stehenden Esstisch setzte. Auf dem lakiertem Tisch lagen ausgebreitet einige Unterlagen zum aufkommenden Top Star-Special, die Gaichi bearbeitete. Die Senka seufzte, als die Jüngere keine Antwort gab und verbissen über ihren Unterlagen gebeugt blieb. Sie schlug ein Bein über das andere, zog an einer ihrer kurzen Locken und besah sich ihre Freundin intensiv. Zwar war ihr klar, dass Gaichi nicht über Haruno reden wollte, besonders so kurze Zeit nach ihrer Trennung, aber Tom war mit der Situation immer noch nicht ganz zufrieden. Gaichi bedeutete ihr sehr viel, wesshalb es sie nicht glücklich machen würde, wenn sie aus den falschen Gründen zusammen waren. Die ehemalige Senka wollte dem Hanagumi-Star eins auswischen, indem sie zu Tom gelaufen war. Das zumindest war die Theorie des Senka-Top Stars. Sie stand auf, ging zu Gaichi und beugte sich über dessen Schulter, sah auf die noch immer unausgefüllten Formulare. Stattdessen legte sie die Hände auf die Schultern der anderen. „Sprich mit mir.“ „Ich sagte dir, dass ich darüber nicht reden will. Fang nicht wieder damit an.“ Tom schwieg, schüttelte nur leicht den Kopf, was die andere nicht sehen konnte, und fuhr mit den Händen in Gaichi's Nacken, massierte sie dort etwas. Eigentlich machte es sie unruhig, dass Gaichi so schnell und so einfach wieder zurück in ihr altes Muster fiel, denn sie hatte gehofft, dass Saeko ihr eine Lehre gewesen war. Ihre Partnerin nahm leise stöhnend den Kopf nach vorne und schloss die Augen. „Arbeite nicht so viel“, meinte der Senka-Star. „Du hast versprochen heute früher schlafen zu gehen.“ „Ich muss das aber noch fertig machen.“ „Das kann bis morgen warten. Dass du das Meeting heute nach hinten verlegt hast, hat dir auch nicht wirklich gut getan.“ „Wann hätte ich meine Sachen sonst abholen sollen? Du weist, dass Osa sonst schon zuhause gewesen wäre.“ „Fällt es dir so schwer, ihr über den Weg zu laufen?“ „Ich will sie momentan nicht sehen.“ „Du hast mir immer noch nicht den Grund verraten, wieso ihr euch gestritten habt.“ „Tom hör auf. Du versuchst es schon wieder. Ich werde es dir nicht sagen.“ Der wütenden Stimme der anderen nach zu urteilen war es wohl einfach zu früh um damit an zu fangen. Obendrein wurde Gaichi schnell aggressiv, wenn sie müde war. „Na gut. Geh aber trotzdem schlafen. Sonst nehme ich dir die Unterlagen weg.“ Mit einem leisem 'hmpf' klappte die Jüngere dann doch die Mappe zu, stand auf, ohne sie eines Blickes zu würdigen, und wollte in Richtung Bad. Tom hielt sie an der Hand fest, doch die andere sah immer noch weg. „Gaichi sieh mich an.“ Nur zögerlich drehte sie sich zu ihr. „Was ist noch?“ Tom zog die andere sanft an sich heran, schlang die Arme um die schlanke Taille und drehte den Kopf etwas um Gaichi in die Augen sehen zu können, die ihrem Blick noch immer auswich. „Denk nicht, dass ich dich nicht hierhaben will. Jedoch will ich dich nicht so unglücklich sehen. Denk darüber nach, was du wirklich willst.“ „Hällst du mir jetzt Vorträge?“ „Nein. Ich gebe dir einen Ratschlag. Ich habe lange auf dich gewartet.“ Tom legte die Hand unter das Kinn der anderen, hob ihren Kopf etwas an und strich mit dem Daumen über ihr Kinn. „Es bringt uns aber beiden nichts, wenn du das nur aus Rache machst. Wenn du mit mir zusammen bist, musst du das auch wirklich wollen.“ Gaichi schwieg erneut, senkte den Blick etwas, woraufhin Tom ihr einen Kuss auf die Stirn hauchte. „Jetzt geh schlafen. Ich komme auch gleich.“ Der Senka-Star sah dabei zu, wie die noch immer niedergeschlagene Frau in Richtung Schlafzimmer verschwand, seufzte daraufhin leicht und sah zu der Mappe, die auf dem Tisch lag, setzte sich auf den Stuhl, auf dem Gaichi noch gesessen hatte, und griff nach der vollen Tasse Tee. Sie wärmte sich die Hände daran, schloss die Augen. Sie konnte sich nur grob vorstellen, wesshalb Gaichi zu ihr geflüchtet war. Tom seufzte schwer stand erneut auf. Ein paar Tage später hockte Wataru in ihrem Auto auf dem Weg zu Asako. Irgendwie war ihr immer noch nicht ganz wohl bei der Sache dieser kleinen 'Party' des Top Stars bei zu wohnen, doch nachdem ihr Schützling alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte um alle aktuellen Takarazuka Stars auf einen Punkt zu bekommen konnte sie schlecht Nein sagen. Die Jüngere hatte sogar Andeutungen gemacht, dass sie Todoroki Yuu einladen wollte. Die jetzige Senka hatte sie schon einige Jahre nicht gesehen. Tom war zwar vor ihr Top Star gewesen, doch die Schauspielerin war mehr als gut bekannt in Takarazuka. Sie fragte sich wie alt die Frau inzwischen sein mochte, doch so etwas fragte man immerhin nicht. Wataru schmunzelte etwas. Was Asako wohl mit den Top Stars so vor hatte? Inzwischen hatte sie den Tsukigumi-Star so gut kennen gelernt um zu wissen, dass sie nichts tat ohne etwas im Hinterkopf zu haben. Das hieß... solange sich Saeko nicht in ihrer Nähe aufhielt. Noch immer konnte der ehemalige Hoshigumi-Star nicht so ganz den Finger darauf legen was Asako jetzt eigentlich war. Zwar erschuf man beim Einstieg in Takarazuka eine Art zweite Persönlichkeit, spielte die Rolle des Otokoyaku, doch Asako schien dies vielleicht ein bisschen zu ernst zu nehmen. Doch was Saeko damit zu tun hatte, dass sich diese Bestie eines Otokoyakus in dieses liebevolle Lämmchen von einer Frau wandelte... das entzog sich ihrem Verständnis. Auch Toyoko, die sie kontaktiert hatte, war diese Veränderung aufgefallen, aber die Blonde hatte ihr verschwiegen seit wann es so extrem war. Naja es würde sich zeigen, was der Abend mit sich brachte. Einen Parkplatz vor der Wohnung des Top Stars zu finden war nicht wirklich schwer, denn Parkplätze gab es in dieser Gegend genug. Sie hatte auch schnell den Namen der Jüngeren auf der Klingel gefunden und kurz darauf stand sie auch schon vor ihr. „Ah Wataru. Ich bin froh, dass du da bist. Bitte komm rein.“ Asako sah geradezu fantastisch aus. Ihre Haare waren fast gänzlich links nach hinten gestyled, der Pony auf der rechten Seite hing mit sanften, dünnen Strähnen über ihrem Gesicht, rahmten es aber ein anstatt es weiter zu verdecken. Hinzu kam eine tiefschwarze, knielange Jacke und ein paar Nadelstreifenhosen. Das Hemd gab einen verführerischen Blick in den Ausschnitt frei, aber nicht zu viel. Stattdessen trug sie eine freche Halskette. Wataru lächelte nur dankend, trat in die Wohnung ein. Drinnen sah sie schon Oozora Yuuhi, Chie und Mizu Natsuki. Letztere hockte jedoch etwas abseits auf der Couch, umklammerte das Glas in ihrer Hand und wirkte allgemein etwas bleich. „Danke für die Einladung. Und entschuldige, dass ich so früh bin.“ „Bitte bitte“, sagte Asako nur und lachte etwas. „Kein Problem. Die anderen werden wohl auch jeden Moment kommen. Setz dich und mach es dir bequem.“ „Asako?“, kam es aus Richtung der Küche. Die Stimme kannte sie. Toyoko. „Kommst du kurz?“ „Bin schon da.“ Wataru folgte dem Angebot, setzte sich etwas neben Natsuki auf das Sofa, am liebsten wäre sie dieser Frau an den Hals gesprungen, und begrüßte zunächst Chie und Yuuhi. Der Yukigumi-Star elbst wirkte etwas neben sich, biss die Zähne aufeinander und bekam kaum die Lippen auseinander. Im Augenwinkel sah sie noch wie Asako vor einem Spiegel im Gang stehen blieb, sich dem zudrehte und lächelte. Dieses unwahrscheinlich kalte, anziehende und undurchschaubare Lächeln. Sie fuhr mit der Hand über den zurückgesstylten Teil ihrer Haare und lächelte sich selbst charmant im Spiegel an. Dabei sah Wataru diesen silbernen Ring, den sie manchmal trug. Obwohl der Tsukigumi-Star wirklich fantastisch aussah, sodass man sie am liebsten sofort ins Schlafzimmer schleppen wollte, machte sich ein mulmiges Gefühl in ihrer Magengegend breit. Shio schluckte leicht als sie allein in der Küche war, lehnte sich an die Theke und wartete darauf, dass Asako den Raum betrat. Sie war nur gekommen um sicher zu stellen, dass ihre Freundin keine Dummheiten machte. In den vergangenen Tagen war es für sie immer offensichtlicher geworden, doch da war sie wohl die einzige. So gern sie Asako auch hatte, da lauerte noch etwas anderes in ihr. Nach einem Anruf beim Arzt war es ihr sowieso klar gewesen. Der Tsukigumi-Star litt an schwerer Shizophrenie. Da war einerseits diese wundervolle, reizende, rehäugige Asako, die, die noch halb in ihrer Shinko-Phase stecke und dann war da sie. Diese Otokoyaku, der Top Star, die Frau, die in der Tod-Rolle feststeckte und sie nach allen Regeln der Kunst auslebte. Normalerweise würde das wohl kein Problem darstellen, doch diese Otokoyaku erinnerte sich an alles, was passiert war. Genauer gesagt schien ihr Gedächnis genau dort ein zu setzen wo das der anderen aufhörte. Diese Frau jedoch war der reine Teufel. Shio's Beine zitterten noch immer wenn sie daran dachte, wie sie den Star am Vortag damit konfrontiert hatte. Vielleicht sehr zu ihrem Glück war Ayaki in diesem Moment gekommen, denn in der Gegenwart des ehemaligen Top Stars schwang die Otokoyaku um. Inzwischen schien sie jedoch kaum mehr zu merken oder sich daran zu erinnern, was die jeweils andere Persönlichkeit tat. Noch immer überlegte sie verzweifelt wie sie ihrer Freundin helfen konnte, aber von Asako's Freunden würde ihr keiner glauben. Sie hatte Hilfe in Anspruch genommen und sie hoffte, dass die Ältere ihr zumindest einen Rat geben konnte. „Was gibt’s?“, fragte der Tsukigumi-Star als sie in die Küche kam. „Ich hoffe du hast einen guten Grund.“ Die Blonde biss kurz die Zähne aufeinander, sties sich dann vom Thresen ab. „Wieso hast du Natsuki eingeladen? Ich dachte du hasst sie.“ Asako lächelte nur, wirkte dabei aber sehr unterkühlt. „Ich hasse sie nicht. Ausserdem ist es das eine kleine Party für alle Top Stars. Sie ist auch einer.“ „Du hast aber keine der Musumeyakus eingeladen.“ „Ich bin nicht an den Musumes interessiert.“ „Aber...“ „Hast du mich nur desshalb von meinen Gästen weg geholt?“ Sie schwieg. „Tu das, was ich dir aufgetragen habe. Oder muss ich dir erst wieder Manieren beibringen, Toyoko?“ Instinktiv griff Shio sich ans verbundene Handgelenk, schüttelte dann den Kopf. „Gut.“ Chie war das merkwürdige Vehalten Chikas nicht entgangen, aber so wirklich deuten konnte sie es nicht. Sie konnte sich mit dem Yukigumi-Top Star unterhalten, doch sobald Sena im Raum war wurde die Ältere merkwürdig still. Immer wieder sah sie sich hecktisch um, insbesondere wenn der Tsukigumi-Star hinter ihr stand. Wie auch immer. Der Hoshigumi-Star freute sich ihre alte Vorgesetzte mal wieder zu sehen, unterhielt sich mit ihr und auch mit dem Soragumi-Star, der ihr auf Anhieb sympatisch war, ebenso wie mit den anderen, die nach und nach in die Wohnung der Älteren kamen. Verwunderlicherweise befand sich auch Todoroki Yuu unter ihnen und Chie traute sich kaum der Legende die Hand zu schütteln. Todoroki selbst schien aber recht wenig Interesse an den Top Stars zu haben, vielmehr an der Gastgeberin selbst. Es war interessant zu sehen, wie Toyoko, offensichtlich herumgescheucht von Sena, sich um den ganzen Haushalt kümmerte, kochte und abräumte, wobei Chie hier und da etwas half. Es war einfach höflich. Der Tsukigumi-Star schien davon nicht viel zu halten, sondern lies sich einfach bedienen und flirtete lieber eine Runde mit Todoroki. Die Frau wurde ihr mehr und mehr unsympsatisch. Chie beugte sich irgendwann zu Yuuhi, von der sie inzwischen wusste, dass die zwei alte Freunde waren. „Sag mal ist sie immer so hochnäsig?“, fragte der Hoshigumi-Star nachdem sich der Senka Star und der Tsukigumi Star lieber mal wieder miteinander beschäftigten. Wataru entschied sich ein Pläuschchen mit Mizu zu halten. „Nein... Eigentlich nicht. Ihr geht’s momentan nur nicht so gut.“ Chie hob irritiert die Augenbraue. „Sie wirkt aber verdammt fit dafür.“ Yuuhi sah einen Augenblick bedrückt drein, warf einen flüchtigen Blick zu Sena, die mit Todoroki im Schlepptau in Richtung Küche verschwand, bevor sie wieder zu ihr sah. „Tu mir nur einen Gefallen und verurteile sie nicht zu schnell. Sie ist momentan nicht so ganz bei sich. Sie ist eigentlich ganz anders.“ „Das glaub ich dir nicht so ganz, aber gut...“ Schon als Tom die Tür zur Wohnung des Tsukigumi-Stars betreten hatte wurde ihr unwohl. Die Einladung war recht plötzlich gekommen, unerwartet und sehr knapp obendrein. Gaichi wusste nichts von ihrem Besuch oder der Party, doch jedoch nur, weil Toyoko, eine Hoshigumi-Darstellerin, zerwühlt und in einem sehr dreckigem Zustand auf einmal bei ihr aufgetaucht war. Tom war berühmt dafür, dass sie ein offenes Ohr für alle Schauspielerinnen hatte und die Darstellerinnen nutzten das, wenn sie eine Bitte an das Direktorium hatten. Shio's Bitte jedoch war sehr ungewöhnlich gewesen. Sena, die sie aus einigen Stücken kannte, schien langsam aber sicher den Verstand zu verlieren. Das wusste sie aber schon, denn die Senka hatte ihre Augen und Ohren überall. Obendrein hatte sie diese Veränderung der ehemaligen Hanagumi-Schauspielerin schon vor einigen Jahren beobachtet. Sie konnte sich nur grob vorstellen was diese Veränderung bewirkt hatte, aber nachdem sie Gaichi nach allen Regeln der Kunst ausgehorcht hatte, immerhin kannte sie ihre Freundin schon eine halbe Ewigkeit, war sie sich sicher und Shio hatte es ihr nur erneut bestätigt. Doch neugierig geworden durch die Blonde hatte sie sich entschieden der Einladung nach zu kommen und hatte postwendend diese andere Sena in Aktion beobachten können. Das was sie sah gefiel ihr jedoch kein Stück. Toyoko hatte nicht gelogen, als sie meinte, dass der Tsukigumi-Star furchterregend sein konnte wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Zwar wurde sie nicht offensichtlich laut, aber es war dieser Unterton, den sie dabei hatte. Tom war dabei auch nicht entgangen, dass auch der Yukigumi-Star ziemlich vor ihr kuschte und sich vor ihr fürchtete. Ob es war mit dem zu tun hatte, was sich am Premiereabend von Sena's Elisabeth-Stück abgespielt hatte oder nicht, darüber machte sie sich erst einmal keine Gedanken, denn unter ihrem wachsamen Auge würde weder Toyoko noch Natsuki etwas passieren. Sie fühlte sich in dem Momet für die jüngeren Mitglieder verantwortlich. Wie sich der Abend aber entwickelte, das hatte Tom nicht vorher gesehen, denn Sena fing ganz offensichtlich und ziemlich heftig an mit ihr zu flirten. Was der Tsukigumi-Star davon hatte interessierte sie dann doch, wesshalb sie sich darauf einlies. Sie hatte Toyoko versprochen zu versuchen etwas Vernunft in die Jüngere rein zu prügeln, doch dazu musste sie mit ihr allein sein. Die Flirterei war vielleicht eine ganz gute Möglichkeit. Wenn sie nicht genau wüsste, dass sich hinter dieser süßen Fassade eine Bestie verbarg, dann hätte sie eventuell sogar ernsthaft über eine Flirterei nachgedacht, nachdem Gaichi ja noch immer an Osa hing. „Sag mal Tom“, begann Sena mit einem Mal und legte die Hände auf den Tisch nachdem Toyoko das Geschirr abgeräumt hatte. „Würdest du mir helfen? Ich hab den Nachtisch noch im Kühlschrank.“ „So? Was gibt es denn?“ „Ich habe etwas Pudding gemacht. Wenn wir zu zweit gehen, dann können wir gleich alle Schüsseln rausholen.“ Die Jüngere berührte mit den Fingerspitzen ihren Handrücken und Tom blickte für einen Augenblick auf den plötzlichen Hautkontakt. Dass dem Tsukigumi-Star etwas anderes vorschwebte als Nachtisch war nur zu offensichtlich. Dennoch lächelte Tom etwas, lies es bewusst zweideutig aussehen. „Gern. Ich freue mich wenn ich mich für die Einladung revangieren kann.“ Die zwei Top Stars erhoben sich ohne auf die anderen zu achten, die noch mit am Tisch saßen, und gingen in die Küche, wo Toyoko bereits angefangen hatte das überflüssige Geschirr zu spülen. Verwundert drehte sich die Blonde um, warf zuerst einen Blick auf Sena und anschließend auf die Senka, die hinter dem Tsukigumi-Star stehen geblieben war. „Du solltest nachsehen ob die anderen noch etwas trinken wollen, findest du nicht Shio?“, sagte der Tsukigumi-Star und schmunzelte etwas. Diese Frau war wahrlich bösartig. Angesprochene nickte nur etwas und ging an den beiden vorbei, wobei Tom ihr ein etwas aufmunterndes Lächeln zuwarf ehe sie die Tür schloss. Das ganze war zu leicht. Viel zu leicht. Todoroki zu sich ein zu laden hatte sich als perfekte Gelegenheit erwiesen um sich ein grobes Bild von der Frau zu machen und um sie von Gaichi zu trennen. Was für ein besseres Mittel gab es um zwei Menschen auseinander zu bringen als Betrug? Inzwischen hatte der Tod das schon so oft gemacht, dass sie es im Schlaf beherrschte und es ihr nicht das geringste ausmachte. Wenn es Osa glücklich machte, dann war ihr das nur recht. Immerhin hatte sie bei ihrer Freundin noch etwas gut zu machen. Unglaublicherweise hatte sich Todoroki sofort auf die kleine Flirterei eingelassen, die sehr schnell sehr explizit geworden war. Dann war es dem Senka-Star doch nicht ganz so ernst mit Gaichi, was in der Otokoyaku das Blut hochkochen lies. Sie würde sich an der Älteren einfach abregen, so wie immer. Glücklicherweise machte die Senka von selbst die Tür zu. Dann würde sie sich mal an die Arbeit machen. Beziehungen zerstörten sich immerhin nicht von alleine, es sei denn man hieß Ayaki Nao. Der Tod schob sich auf die Theke, schlug die Beine übereinander und schmunzelte etwas und beugte sich vor. „Und ich dachte du könntest vielleicht kein Interesse an mir haben“, hauchte sie und legte den Kopf auf die Seite. „Wieso sollte ich nicht? Immerhin bist du eine attraktive junge Frau.“ „Ich würde gerne sagen das ist wahr, doch du weist nicht, was ich bin. Ich bin so viel mehr als nur Top Star. Aber vielleicht kannst dus herausfinden.“ Asako fühlte die prüfenden Blicke auf sich, grinste aber nur noch breiter. Wurde da jemand jetzt doch schüchtern? Die Jüngere grinste nur noch breiter, öffnete den obersten Knopf ihres Hemds, winkte Todoroki zu sich. „Wir wissen doch beide worauf das hinausläuft. Lass mich nicht warten.“ Dann schien der Senka-Star doch über ihren Schatten zu springen und kam auf sie zu. Da Todoroki ungefähr ihre Größe hatte, sogar etwas kleiner war als sie selbst, war der Tod, die ja noch immer auf der Theke hockte, einen halben Kopf größer. Die Senka legte die Hände neben ihre Beine auf das kühle Holz, beugte sich zu ihrem Ohr und der Top Star erwartete ein paar süße Worte, etwas, was das Feuer in ihr zumindest etwas entzündete. Stattdessen raunte Todoroki nur leise. „Ich weis genau, was du bist Sena. Oder sollte ich Tod zu dir sagen?“ Die Jüngere zog die Stirn kraus, wollte den Kopf drehen um die Senka an zu sehen. Dabei setzte sie erneut zum sprechen an, doch die Ältere unterbrach sie erneut. „Ich weis, dass du den Spiegel zerstört hast. Der im Tsukigumi-Probenraum. Ich habe gesehen, wie du Asako quälst und dich Saeko entziehst. Ich weis, was du Toyoko angetan hast und ich lasse dich nicht weiter dein Spiel spielen.“ Der Tod spürte, wie ihr Lächeln geradezu von ihrem Gesicht schmolz und sie nur mit aufgerissenen Augen an die geschlossene Tür starrte. Todoroki konnte sie nicht gesehen haben! Dieses dumme, unvorsichtige... Es war ihr schon zuwieder gewesen, dass dieses störrische Gör es geschafft hatte mit letztem Widerstand den Spiegel zu zerstören, den sie so liebte, auch wenn sie sich noch immer fragte wo dieses kleine Miststück die Kraft hergenommen hatte den Stuhl mit einer solchen Wucht gegen die Spiegelfläche zu werfen. Dann jedoch schmunzelte der Tod etwas, packte Todoroki am Kragen und drückte sie etwas von sich um sie ansehen zu können. „Und was willst du dagegen tun?“ „Ich? Nein. Ich tue gar nichts. Sondern du selbst.“ „Ich finde mir geht es ganz gut so.“ „Das denkst auch nur du. Was ist aus Saeko geworden? Du liebst sie.“ „So wie du Gaichi liebst?“ Todoroki reagierte gar nicht auf ihren Versuch das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken sondern sprach einfach mit einer solchen Ruhe, dass es in ihr Brechreiz auslöste. „Gerade weil du sie liebst kannst du nicht bleiben wenn sie bei dir ist. Du bist eifersüchtig, weil sie Asako liebt und nicht dich. Desshalb versuchst du sie zu zerstören.“ „Hör auf.“ „Du weist, dass ich Recht habe. Sieh es endlich ein.“ Die Jüngere stieß Todoroki zu sich. Inzwischen war ihr Blut so weit hochgekocht, dass sie sich nicht mehr beherrschen konnte, egal ob noch andere Leute in der Wohnung waren oder nicht. „Du hast doch keine Ahnung! Sie geht immer! Sie verschwindet immer! Immer und immer wieder! Aber eins sage ich dir: ich werde nicht zulassen, dass sie mir nochmal wehtut! ICH bin der Tod und niemand sonst!“ „Darauf kommt es dir aber nicht an. Du weist, dass du das nicht bist.“ Noch immer war die Stimme der anderen so unwahrscheinlich ruhig als ob sie nur ein sinnfreies Gespräch führen würde. „Du willst das nicht. Asako möchte das nicht. Und du musst dich ihr irgendwann unterwerfen. Desshalb kannst du nicht da sein, sobald Saeko in der Nähe ist.“ „Ich unterwerfe mich nicht!“ „Warum zeigst du dich dann nie?“ „Das geht dich einen Scheißdreck an!“ „Du hällst Asako vor wie sehr sich Saeko wirklich um dich, um euch bemüht hat, oder? Saeko würde alles für dich tun. Sie hat es immer getan, die ganzen Jahre.“ „Ich sagte halt die Klappe!“ „Sie liebt dich. Hör auf dir das Leben kaputt zu machen.“ Der Tod stieß sich von der Theke ab, holte gerade Luft um Todoroki erneut etwas entgegen zu werfen als ihre Sicht teilweise verschwamm und sie für eine Sekunde den Boden unter den Füßen verlor. Ihr Kopf pochte und sie legte die Hand an die Stirn, lehnte sich mit der anderen auf der Stuhllehne auf. „Wa-“ Sie hat Recht. „Du kannst nicht wach sein!“ Geh aus meinem Kopf! „Wir haben eine Abmachung!“ Die du schon gebrochen hast! Lass mich endlich in Ruhe! „Asako?“, hörte sie dumpf vor sich, doch der Tod, mit dröhnendem Kopf und einem Nebel vor Augen, stolperte nach vorne, vorbei an der anderen Frau und in den Gang. Sie stolperte über ihre eigenen Füße, hielt sich aber keuchend an der Wand fest. Unter ihren Fingern war es mit einem Mal kalt, glatt und vertraut. Nur langsam sah sie auf, sah direkt in den Spiegel. Du kannst mich nicht ewig festhalten. „Wag es nicht. Sie wird wieder gehen. Ich bin das einzigste, was dir bleibt.“ Tom hat Recht. Sie liebt mich. Ich brauch dich nicht! Geh! Der Tod grinste, lachte etwas. Diese Zeile. Die kannte sie nur zu gut. Sie stieß sich von der Spiegelfläche ab, torkelte einen halben Schritt zurück. Schön. Wenn sie es so haben wollte. Aber es war noch nicht vorbei. Sie fing erst an. Mit einem kalten Lächeln deutete sie eine Verbeugung an. Yuuhi, genau wie Chie und Wataru waren aufgesprungen als mit einem Mal Geschrei aus der Küche gekommen war. Kurz darauf kam auch schon Asako aus der Küche gestolpert, war kreidebleich und starrte eine halbe Ewigkeit in diesen Spiegel, den sie im Gang hängen hatte. „Asa? Was ist los?“, fragte sie, hörte dann nur die Stimme ihrer Freundin, jedoch vestand sie nicht, was die andere da sprach. Sie fauchte ihr Spiegelbild mit zusammengebissenen Zähnen an, lächelte mit einem Mal und verbeugte sich. Was sollte das schon wieder? Die Anwesenden sahen ihr nur dabei zu, wohl insbesondere weil Tom aus der Küche gekommen war und sie zurückhielt, als Yuuhi zu ihrer Freundin wollte. Noch während der Tsukigumi-Star sich vor ihrem Spiegelbild verbeugte fiel sie zurück, landete mit dem Rücken an der glücklicherweise nicht weit entfernten Wand und rutschte mit geschlossenen Augen zu Boden. „Verdammt lass mich vorbei!“, fauchte der Soragumi-Star, schob Tom schlussendlich doch zur Seite und war mit zwei Schritten bei ihrer ehemaligen Vorgesetzten, kniete sich zu ihr. Im Augenwinkel sah sie nur, wie Shio fast paralysiert am Tisch stand und Mizu blass am Tisch saß. Vorsichtig berührte sie die andere an der Schulter, woraufhin Asako etwas den Kopf hob und die Augen einen Spalt öffnete. „Hey... alles okay?“ „Ich... habe Kopfschmerzen...“, nuschelte der Tsukigumi-Star nur. „Soll ich dich ins Krankenhaus fahren?“ Asako schüttelte den Kopf und der Soragumi-Star seufzte etwas. „Komm. Dann bring ich dich wenigstens ins Bett.“ Vorsichtig half sie ihrer Freundin auf, stützte sie ab und warf einen Blick zu Tom. „Das muss unter uns bleiben. Saeko weis nichts davon.“ Der Senka-Star nickte nur und Yuuhi trug Asako halb in deren Schlafzimmer, setzte sie dort auf dem Bett ab. Dort strich sie ihrer Freundin zärtlich über die Stirn. Egal was da gerade passiert war, sie hoffte, dass es nie wieder passierte. Es war dazu viel zu gruselig gewesen. „Yuuhi?“ Der Soragumi-Star blinzelte etwas. „Es tut mir leid.“ „Was meinst du?“ „Der Sex. Ich... ich weis nicht was mich dazu geritten hat. Ich weis doch dass du und Kiri...“ Yuuhi winkte ab, strich der anderen ein paar Haare beiseite. „Sch~. Ich weis, dass du nicht ganz bei dir warst. Vergessen wirs einfach.“ Asako nickte nur etwas. „Soll ich Saeko holen?“ Erneut nickte ihre Freundin und der Soragumi-Star zog die Decke über sie. „Ruh dich aus. Ich bin gleich wieder da.“ Yuuhi ging aus dem Raum, sah noch dabei zu wie Asako sich auf die Seite rollte und lächelte etwas. Dass Asako auch ohne Saeko... nunja so war, war ein gutes Zeichen oder? Selbst Yuuhi waren inzwischen diese Veränderungen aufgefallen, die immer auftraten, wenn Saeko gerade nicht da war. Im Wohnzimmer saßen die Anwesenden inzwischen wieder am Tisch, wobei Wataru versuchte die mit den Nerven fertige Natsuki zu beruhigen. „Yuuhi was ist los? Was war das?“, fragte Chie ziemlich aufgebracht, wobei Tom sie mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte. Yuuhi setzte sich zu den anderen Frauen. „Willst du es erklären oder soll ich?“, fragte die Senka und sah zu Yuuhi. Diese schüttelte nur mit dem Kopf. „Erklär du es. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es ganz verstanden habe.“ Mit diesem Vorschlag wohl einverstanden nickte die Senka und sah sich zwischen den Frauen um. „Eine Sache vorweg“, begann sie zuerst. „Das alles hier bleib in diesem Raum. Kein Wort zu niemanden, egal wie verführerisch die Situation ist. Wir würden alle Schaden nehmen falls das an die Öffendlichkeit kommt. Und insbesondere: Kein Wort zu Ayaki Nao.“ Die Frauen sahen sich alle einmal gegenseitig an, nickten dann und stimmten der Senka zu. „Gut. Also. Da wir alle nicht so ganz blöd sind habt ihr sicherlich gemerkt, dass es Sena nicht so wirklich gut geht. Seit sie den Tod gespielt hat ist etwas in ihrem Kopf nicht so ganz in ordnung. Sie leidet an Shizophrenie.“ „Shizo...was?“, fragte Natsuki, die dann doch irgendwie wieder zu sich gekommen war. „Shizophrenie. Sie hat zwei Persönlichkeiten. Das, was uns hier eingeladen hat, die Frau, die wir den ganzen Abend gesehen haben, das war die Otokoyaku, der Tod, der Top Star. Alle negativen Gefühle, der ganze Frust, den sie die letzte Zeit, die letzten Jahre angestaut hat, das alles verkörperte diese Person. Und Asako, die, die wir jetzt gesehen haben, leidet darunter. Ich bin mir noch nicht so ganz sicher, wieso sie wegen den Spiegeln so ausflippt, aber ich gehe davon aus, dass sie sich selbst nicht erträgt in diesem Zustand.“ Tom sah zu Wataru. „Was mich zu dir bringt. Ich will, dass du die Finger von Saeko lässt.“ „Was? Du hast...“ „Du machst es nicht besser“, unterbrach die Senka die Jüngere. „Ich sorge dafür, dass du deinen Job verlierst falls du Saeko auch nur schief ansehen solltest.“ Wataru schwieg und Yuuhi kam nicht drumrum sich zu fragen, ob die Gerüchte von damals wirklich wahr gewesen waren. „Weiter im Protokoll. Ihr wisst, dass ab morgen das Training für das Special beginnt.“ „Was ist damit?“, fragte Chie dann doch und lehnte sich auf den Tisch auf. „Wir haben letztens den Spiegel im Probenraum ausgetauscht. Die Proben werden dort stattfinden.“ „Aber laufen wir dann nicht Gefahr, dass Sena wieder durchdreht?“ „Eben.“ Tom verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. „Wir werden auf sie aufpassen müssen. Und desshalb erzähle ich euch das. Ich weis nicht, was mit Sena jetzt passieren wird. Ich weis nicht, wie stark ihre Psyche ist, aber sobald irgendjemand von euch etwas merkt, zerrt sie raus.“ „Unterschätz sie nicht, Tom“, sagte Yuuhi und sah zur Senka. „Sie ist dickköpfig. Und sie ist stark.“ „Das hoffe ich sehr.“ Kapitel 10: True and False -------------------------- „Asako?“ Schüchtern trat sie in die Wohnung ein, die sie merkwürdigerweise hell erleuchtet, aber völlig leer im Wohnbereich auffand. Stattdessen lagen einige aufgerissene Plastiktüten auf dem Boden und ein paar Klamotten lagen ausgebreitet daneben. Die kannte sie nur zu gut. „Asako!“, rief sie etwas lauter. „Bist du da?“ Komisch. Sie musste da sein. Den Zettel fest in der Hand trat sie etwas mehr in die Wohnung, sah sich um. Dann hörte sie eine laute, sehr wütende Stimme. „Sei kein Narr! Du bist zu naiv um die Wahrheit zu sehen!“ Die Stimme klang merkwürdig gedrückt, aber sie musste nicht zweimal darüber nachdenken um heraus zu finden, dass sie aus dem Schlafzimmer kam. „Nur, weil du mir nichts erklärst!“ Was zur... war da noch jemand? Die zweite Stimme wimmerte, klang, als würde sie gleich anfangen zu weinen. „Du willst doch gar nicht, dass ich...“ Sie brach ab und die tiefere der beiden setzte ein. Sie kannte sie beide. „Ich habe dir alles erklärt, was es zu erklären gibt.“ Ein erneutes, leises Wimmern, gefolgt von der tieferen Stimme, die aber dieses Mal etwas sanfter klang. Inzwischen war sie an die Tür getreten, lauschte. „Glaub mir, mein Engel, alles wird besser, sobald sie weg ist.“ „Ich will aber nicht...“ „Du hast keine Wahl!“ Ein wütendes Fauchen. Für sie war das Maß in dem Moment voll. Ohne sich weiter an zu kündigen öffnete sie die Tür, trat ein, fand ihre Freundin aber allein vor. „Asako...“ Sie sah sich verwirrt um, wobei der Tsukigumi-Star noch immer in den Spiegel vor sich starrte, den Kopf nur etwas in ihre Richtung gedreht hatte. Keiner da. „Was willst du?“, fragte der Top Star. Ihre Stimme bebte. In dem Moment wusste sie, dass sie wieder Selbstgespräche geführt haben musste. „Du störst.“ Sie schluckte etwas. Jetzt gab es wohl kein zurück mehr. „Wer von beiden bist du?“ Asako hob den Kopf gänzlich, drehte sich zu ihr um. Dann erst sah sie den vertrauten Stoff über ihrer rechten Schulter hängen. „Ich weis nicht wovon du redest.“ „Das weist du ganz genau. Ich habe mit dem Arzt telefoniert. Also hör auf mich an zu lügen.“ Asako taumelte etwas zurück, hielt sich den Kopf. Sie sah dabei den Ring an ihrer Rechten. Mit schnellem Schritt war sie bei ihrer Freundin. Hoffendlich hatte sie den Richtigen Zeitpunkt abgepasst und Asako erwischt, nicht den Tod. Doch ihrem Jammern nach, dem Schluchzen, dass ihrer Freundin entfuhr, als sie sie in den Arm nahm, hatte sie Glück gehabt. „Sie erpresst mich.“ „Womit?“ „Saeko.“ Vorsichtig zog sie Asako mit zum Bett, setzte sich mit ihr darauf. Die Tsukigumi-Darstellerin starrte dabei auf das Bett und die Haare fielen ihr ins Gesicht und sie hielt die Hände im Schoß. Der Tod schien sie ziemlich mit zu nehmen. Ihr war es zwar schon aufgefallen, dass Asako hier und da etwas schwächlich wirkte, doch dass sie so offensichtlich unter ihrem anderen Ich litt war ihr nie aufgefallen. Sanft strich sie ihrer Freundin über den Arm abwärts, legte die Hand dann auf ihre. Asako rutschte an sie heran, legte den Kopf gegen ihr Schlüsselbein, sodass sie selbst ans Fenster sah. „Du musst keine Angst haben“, sagte sie sanft. Sie wird dir nicht wehtun.“ „Ich habe keine Angst vor ihr.“ Asako's Stimme war mit einem Mal abgesackt und mit einem leisem 'Klick' schnürte es ihr das Blut aus der Hand ab. Instinktiv versuchte sie auf zu springen, doch das kalte Metall und die fast noch kälteren Hände zerrten sie zurück und sie fand sich mit einem Mal auf dem Bett wieder, Asako über ihr gebeugt. Die ganze liebliche, verängstigte Miene wie weggewischt. „Verzeihung. Hast du die andere erwartet?“ Angst stieg in ihr auf als sich dieses kalte Lächeln auf die schmalen Lippen legte und sie spürte, wie sie bleich wurde. Asako, besser wohl der Tod, den sie gerade verkörperte, küsste fast vorsichtig ihr Handgelenk und sie fühlte sich wie gelähmt. „Man mischt sich nicht in meine Angelegenheiten. Lass mich dir dafür eine Nacht geben, die du nicht vergisst.“ Mit einem Schrei schreckte Shio von ihrem Kissen hoch, saß aufrecht in ihrem Bett und hielt sich das schmerzende Handgelenk, fühlte den kalten Schweiß ihren Rücken hinablaufen und zitterte am ganzen Leib. Verdammt warum träumte sie immer noch davon? Instinktiv griff sie an ihr noch immer verbundenes Handgelenk. Obwohl sie diesen Verband schon ein paar Tage trug wagte sie es nicht ihn zu öffnen, fürchtete, dass sie dort ebenso ein Andenken finden würde wie der Tod es Natsuki verpasst hatte. Noch immer schmerzte es, obwohl Shio eigentlich genau wusste, dass es nur Phantomschmerzen aufgrund des Traums waren. „Shio?“, erklang es sanft neben ihr und Chigi hob den Kopf. „Alles okay?“ Erst nach einigen Sekunden fing sich die Blonde, sah zu ihrer Freundin, die verschlafen und mit verwuschelten Haaren neben ihr lag und sich die Augen mit dem Handrücken rieb. „Ja...“ Sie atmete etwas durch, schluckte den Klos im Hals runter um ihre Stimme etwas zu festigen. „Ja alles okay.“ „Hast du schon wieder schlecht geträumt?“ „So kann man es nennen, ja.“ „Schon wieder von Sena?“ Shio starrte an die gegenberliegende Wand und Chigi setzte sich auf, strich ihr vorsichtig durch die kurzen Haare und die Blonde beruhigte sich daraufhin etwas. Selbst mit dem Stress, den der Tod in der Vorwoche auf sie ausgeübt hatte, schaffte ihre Freundin es immer wieder sie zumindest etwas runter zu bringen. Glücklicherweise, sonst wäre sie sicher schon durchgedreht. Seit sie den Tsukigumi-Star kannte war diese schon immer etwas merkwürdig gewesen, grausam, herzlos, aber sie war dabei nie so brutal geworden. Das hatte sie sonst immer andere machen lassen. In den letzten paar Tagen seit ihrer 'Party' war es glücklicherweise ruhig geblieben und Shio hatte schon fast die Hoffnung gehabt, dass Asako es endlich geschafft hatte die Überhand zu behalten. Doch ging ihr das, was Todoroki, zu der sie sich in ihrer Verzweiflung zugewendet hatte, gesagt hatte nicht wirklich aus dem Kopf. Erst einmal war da die Sache mit dem Spiegel. Sie hatte Todoroki nicht verraten, dass Asako bei ihren Selbstgesprächen immer in den Spiegel starrte und die Blonde wusste genau wieso. Der Tod, die Rolle, nach der sich Asako so gesehnt hatte, beinhaltete den ganzen Hass, den sie gegen die Welt aufgebracht hatte und der Tod war eifersüchtig auf die echte Asako, die von Saeko so geliebt wurde. Allerdings nahm dieser Selbsthass fast groteske Formen an. Shio konnte nur erahnen, dass der Tsukigumi-Star eigentlich nie zu diesem Monster werden wollte, zumindest nach all dem, was sie so gehört hatte, doch war in diese Richtung gedrängt worden. Nicht zuletzt von Natsuki selbst. Nach dem Sturz des Top Stars vom Dach hatte Kimu ihr gebeichtet, dass der Yukigumi-Star sich an Asako rächen wollte, für was auch immer. Das war ja dann wohl nach hinten losgegangen. „Sag mir doch endlich, was passiert ist.“ Chigi riss sie aus den Gedanken. „Sonst kann ich dir nicht helfen.“ „Es geht schon wieder...“ Shio erhob sich, warf sich eine Decke über. „Wo gehst du hin?“ „Telefonieren.“ „Um die Uhrzeit? Shio es ist 2 Uhr morgens.“ „Wenn ich es nicht jetzt tue, dann tut es nie jemand.“ Noch nie vorher hatte Chika sich so sehr gewünscht woanders zu sein als in diesem Moment. Dabei wusste sie genau, dass kein Weg drumrum führte. Sie musste da rein, ob es ihr recht war oder nicht. Frustriert schlug sie gegen das Lenkrad ihres Wagens, vergrub eine Hand in den Haaren und schloss die Augen einen Moment. Am besten sie startete den Motor einfach erneut und fuhr weg, raus aus der Stadt. Wenn sie nicht genau wüsste, dass diese... Bestie sie nicht wieder finden würde, dann würde sie es wohl tun. Seit dieser fatalen Nacht in der sie ihr ganzes Selbstbewusstsein verloren hatte waren jetzt schon Wochen vergangen, doch sie hatte sich noch nicht wirklich gefangen. Hiromi half ihr, verbrachte jede nur erdenkliche Minute mit ihr und redete ihr gut zu, doch das Schicksal machte ihr immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Zunächst hies es, dass dieser Dämon einen Unfall gehabt hatte, desshalb einige Zeit nicht das Probengebäude oder die Bühne betreten würde. Innerlich hatte sie gehofft, dass es sich auf einige Monate ausweiten würde, doch das wurde ihr verwehrt. Mit einem Mal hatte Sena vor ihr gestanden, verändert, aber Chika hatte dennoch so schnell es ihr möglich war die Flucht ergriffen. Wenigstens beim Training hatte sie Ruhe vor ihr gehabt, doch da war sie schon wieder über den nächsten Stein gestolpert. Saeko hatte mit einem Mal in der Halle gestanden, sich als neuen Assistenten vorgestellt und sie trainiert. Näher als zwei Meter war sie der ehemaligen Tsukigumi-Schauspielerin aber nicht gekommen. Nochmal würde sie es nicht wagen die große Schwester ihrer Freundin auch nur schief an zu sehen, doch sie schaffte es irgendwie weiter zu machen und sich etwas zusammen zu reißen. Das hieß, bis sie diesen Anruf bekommen hatte. Sie erinnerte sich noch genau daran. Das bisschen Selbstbewustsein, dass sie sich in der kurzen Zeit aufgebaut hatte, wurde wieder weggewischt. 'Ich will, dass du kommst', war es raunend aus ihrem Telefon gekommen. 'Sehe ich dich nicht pünktlich hier, komme ich halt wieder zu dir zum spielen.' Eine wirkliche Wahl war es nicht gewesen, doch sie war zu der kleinen Party gegangen. Alles, was dort passiert war, lief in ihrem Kopf so viel schneller ab, doch dieser Ausdruck, mit dem Sena sich selbst im Spiegel angestarrt hatte, war in ihr Gedächnis gebrannt. Zwar hatte Todoroki versichert, dass es nicht nochmal passieren würde solange sie nur genug aufpassten, doch so wirklich traute sie dem Frieden nicht, der die letzten Tage herrschte. Was, wenn die Spiegel der Auslöser für Sena's Shizophrenie, das Wort hatte sie nochmal nachgeschlagen, war? Was, wenn sie selbst der Auslöser war? Diese Bestie hatte schon immer einen außerordendlichen Hass auf sie gehabt und wenn sie sich nun einige Tage am Stück sahen, wer garantierte ihr, dass Sena nicht wieder durchdrehte? Sie fasste sich an ihr rechtes Handgelenk, legte die Hand auf den Armreif. Inzwischen sah man die Narbe nicht mehr, denn dazu war sie so fein, aber Chikas Problem war eher, dass sie da war. Sie war da und würde es auch ihr Leben lang bleiben. Ihr Handy riss sie aus den Gedanken und erst dann merkte die junge Frau, wie ihr die Tränen in den Augen standen. Glücklicherweise schien noch nichts runtergelaufen zu sein, also dürfte ihr Make-up noch sitzen. Sie griff nach dem Gerät. Es war Todoroki. „Ja?“ „Mizu wo bleibst du? Es sind schon alle da.“ Alle. Das hieß Sena war auch da. Ihre Hand fing erneut an zu zittern. „Ich bin gerade auf meinem Weg rein.“ „Beeil dich. Saeko ist schon ziemlich ausser sich.“ Aufgelegt. Was sollte das nun wieder heißen? War Saeko der Assistent für das Special? Das würde immer schlimmer, doch seufzend stieg sie aus ihrem Wagen und schliff sich in das Gebäude. Im Fahrstuhl holte sie tief Luft und biss die Zähne aufeinander. Todoroki war da. Chie war da. Saeko war da. Es konnte ihr gar nichts passieren. Schon den ganzen Tag ging es dem Tsukigumi-Top Star mehr oder minder gut. Sie hatte furchtbare Kopfschmerzen, doch die hatte sie schon seit diesem Zwischenfall bei sich Zuhause. Seither war ihr Kopf zwar still, aber sie hatte noch immer Schmerzen und gehörige Probleme in den Spiegel zu sehen. Inzwischen waren die spiegelnden Flächen im Badezimmer mit einem Tuch zugehangen, das hatte Yuuhi übernommen, und der in ihrem Gang war ebenfalls abgehangen. Die Türen ihres Schranks, die ja selbst riesige Spiegel waren, liesen sich leider nicht so leicht abnehmen, was darin endete, dass Asako ihr Schlafzimmer nicht mehr betreten hatte. Irgendwie hatte sie es geschafft während des Trainings einfach nicht zur Spiegelwand zu sehen, war mit einem kleinem Grüppchen einfach in die alternativen Räume gegangen in denen es keine Spiegel gab. Glücklicherweise hatte Wataru dafür Verständnis. Jetzt hatte sie aber keine Ausflüchte mehr. Sie musste mit den anderen Stars in diesem Raum bleiben. Glücklicherweise war Saeko anwesend und Tom hatte ein wachsames Auge auf sie. Vielleicht etwas zu wachsam, denn der Top Star fühlte den Blick der Älteren ständig auf sich. Saeko hatte sie von alledem nichts erzählt und so wie es schien hatte es auch kein anderer getan. Zwar hatte sich ihre Freundin über den zugehängten Spiegel gewundert, aber Asako hatte sich so herausgeredet, dass sie den Stoff einfach zum Trocknen dort aufgehangen hatte und vergessen hatte ab zu nehmen. Der Top Star sah etwas auf, beobachtete, wie Tom leise fluchend das Telefon beiseite legte und mit Saeko redete. Der Assistent lief schon den ganzen Tag wie auf glühenden Kohlen. Sie war unkonzentriert, ungeduldig und leicht reizbar, eine Seite, die sie an ihr noch nicht kannte. Lieber man lies sie mit ihrer Laune in Ruhe. Sie hatte sowieso ihre eigenen Probleme. „Immer noch Kopfschmerzen?“, fragte Yuuhi, die sich neben sie setzte. Eine einfache Frage, doch als Asako aufsah, sah sie deutlich was der Soragumi-Star wirklich fragen wollte. 'Hörst du sie noch' war wohl eine besser formulierte Frage. Der Tsukigumi-Star warf einen Blick durch den Raum, sah, wie Mizu gerade den Raum betrat und etwas bleich wirkte, wie Saeko zu ihr lief und ihr erst einmal eine Lektion erteilte, wie sich Chie mit Tom und dem Hanagumi-Star Matobu Sei unterhielt. Anschliesend sah sie wieder zu ihrer Freundin und schüttelte etwas den Kopf. „Es geht schon. Wenn ich mich ablenke wird das schon.“ Yuuhi schien damit nicht ganz zufrieden, folgte aber ihrem Blick, der schon wieder Richtung Tom gewandert war. Irgendwas sagte ihr, dass sie einen furchtbaren Groll gegen den Senka-Star hegen sollte, doch sie unterdrückte das Bedürfnis ihr einfach an die Kehle zu springen und sie für etwas aus zu schimpfen, von dem sie noch nicht einmal wusste was es war. Saeko klatschte in die Hände, riss sie somit aus den Gedanken. „Da wir jetzt endlich komplett sind...“ Sie warf einen flüchtigen Blick auf die etwas zusammengekauerte Mizu. „...können wir endlich anfangen. Ich denke ihr kennt euch alle untereinander.“ Ein einstimmiges 'Ja' von den Top Stars. „Wundervoll. Dann stell ich euch mal den Rest des Casts vor und danach fangen wir auch gleich an. Je eher wir fertig werden umso besser.“ Asako fühlte sich nicht ganz wohl dabei. Sie hörte Saeko dabei zu, wie sie den Direktor, den Choreographen und den ganzen Rest vorstellte. Neben den Top Stars waren noch ein paar ausgewählte Mitglieder der einzelnen Troupes dabei, die jedoch erst nach ungefähr zwei Stunden bei ihnen eintrudelten. Neben Kiriyan und Shio befand sich auch Kimu unter ihnen. Nur im Augenwinkel sah sie Saeko mal mit den dreien sprechen, doch an ihrer Laune schien das nichts zu drehen. Wenn die ehemalige Tod-Darstellerin mit Asako sprach war sie zuvorkommend, ruhig, doch der Tsukigumi-Star spürte genau, dass ihr etwas auf der Seele lag. So vor allen anderen und mitten im Training wollte sie das jedoch nicht ansprechen, besonders da sie eh darauf fixiert war so weit wie möglich von den Spiegeln weg zu bleiben. Immer wieder erkundeten sich Chie, Tom oder Yuuhi nach ihr und sie hatte einen von ihren Freunden immer um sich, auch wenn das schon nach einer kurzen Zeit verdammt nervig wurde. Wenn sie nicht genau wüsste, dass es in ihrem Zustand gerade nötig war, dann hätte sie wohl einen Wutausbruch gehabt. So hielt sie sich zurück und lies sich überwachen wie ein Tier im Käfig. Hoffendlich wurde es nur bald besser. Nach dem Aufwärmtraining rief Saeko die Truppe zunächst zusammen, wobei die Top Stars den Platz ganz vorne einnahmen. Ganz rechts Yuuhi, Asako daneben, links von ihr Chie, dann Tom, Sei und schließlich Mizu. „Ich habe mir einige Gedanken gemacht wie dieses Special verlaufen wird und mich diesbezüglich mit den anderen Assistenten und den Direktoren abgesprochen. Wir stehen ziemlich unter Zeitdruck, desshalb wird das jeweils zweite Lied, was den Stars zusteht, immer ein Duett sein um Zeit ein zu sparen. Wir haben danach entschieden wie ihr zusammen klingen würdet. Falls ihr mit der Liederwahl dabei nicht zufrieden seid, dann beschwert euch bei Wataru anstatt bei mir. Sie hat die Lieder ausgesucht.“ Saeko lief, den Blick abgewandt von den Schauspielerinnen zu ihrem Ordner und zog eine Pinnwand näher, die auf Rollen stand. Eigentlich war sie vollkommen gegen diese Aufteilung, doch die restlichen Assistenten waren davon so überaus begeistert gewesen, dass ihre Stimme einfach untergegangen war. Schlimmer als die Aufteilung war die Liederwahl. „Hier sind die Listen für die Aufteilungen. Findet euch bitte in den Gruppen zusammen“, sagte die Assistentin und zog ein paar Zettel heraus, hing einen nach den anderen an die Pinnwand. Kaum alle aufgehängt starrte sie auf die Aufteilung, wo sich auch Asako's Name befand. Dass sie mit Chika zusammenarbeiten musste war eine Sache, doch die Liederwahl machte ihr viel mehr Sorgen. Die zwei Tod-Darstellerin in eine Gruppe zu stecken war taktisch für sie mehr als unklug, doch ausser ihr, Hiromi und ihren Freuden wusste wohl keiner was zwischen den beiden vorgefallen war. Glücklicherweise hatte sie den anderen Assistenten 'Yami ga hirogaru' aus dem Kopf schlagen können. Das konnte Asako momentan gar nicht gebrauchen. Chika hätte die Rolle von Rudolph übernehmen müssen, Asako den Tod und diese Kombination war wohl für beide tödlich. Einerseits für das noch immer nur schmächlich vorhandene Selbstbewustsein des Yukigumi-Stars, andererseits für die wacklige Psyche des Tsukigumi-Stars, insbesondere, was diese Tod-Rolle anging. Wenn sie daran dachte wie sehr ihre Freundin beim Anblick des Tod-Mantels ausgeflippt war wurde ihr noch immer Angst und Bange. Seit Asako aus dem Krankenhaus gekommen war, war sie obendrein auf vergeblicher Suche nach dem Ring, der einfach nirgendwo auf zu finden war. Im Augenwinkel sah sie Chika, wie sie die Listen durchging, bei ihr einige andere Schauspielerinnen. Es war unschwer zu sehen, dass sie die Liste, auf der Asako's Name stand, zuerst übersprung und die anderen Listen abklapperte in der Hoffnung ihren Namen in einer anderen Gruppe zu finden. Die Angst sah man ihr an, doch damit würde sie leben müssen. Man hatte Asako mit Chika in eine Gruppe gepackt, Tom würde mit Yuuhi ein Team bilden und Chie mit Sei. Chie und Sei hatten ein recht fröhliches Lied bekommen, irgendein Lied aus einem Disney-Musical soweit sie sich erinnerte, Tom und Yuuhi hatten die Aufgabe mit einem Lied aus 'Dr. Jekyll & Mr. Hyde' ihr Können zu demonstrieren. Chika und Asako hatten das dunkelste Lied abbekommen, passend für die beiden Tod-Darstellerinnen. Es stammte aus einem deutchen Musical, dass Wataru letztens entdeckt hatte und just in dem Moment, wo Saeko den Text sammt Übersetzung vor der Nase hatte verfluchte sie ihre Exfreundin mit den schlimmsten Gedanken, die sie haben konnte. Wenn Blicke töten könnten wäre die ehemalige Hoshigumi einfach vom Stuhl gekippt. Das Lied stammte aus dem Musical 'Dracula' und trug den Namen 'Die Verführung'. Es wäre vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn Chika die Rolle des Dracula abbekommen hätte, dem war aber nicht so. Der Hanagumi-Assistent hielt es für einen guten Gag wenn man die sonst so maskuline Chika in ein Kleid steckte und sie mit flachen Schuhen der Tsukigumi-Schauspielerin an die Seite stellte. Saeko setzte ihre ganze Hoffnung darauf, dass Asako sich dadurch nicht erinnerte und eventuell umschlug, hoffte, dass der ganze Hass, den sie auf die Yukigumi-Darstellerin hatte, einfach unterging und in Vergessenheit geriet. Tom stand neben der jungen Natsuki als diese hastig die Listen überflog, dabei auf der Stelle immer kleiner wurde als sie ihren Namen unter dem von Sena fand. Manchmal fragte sie sich ob das Direktorium das absichtlich machte. Ein paar Mitgliedern des Dirktoriums, sie inklusive, wussten von der kleinen Auseinandersetzung, dem Wettstreit, den Sena und Natsuki ausgefochten hatten und es war auch bekannt, dass Sena, oder eher der Tod der in ihr lauerte, diesen Wettstreit gewonnen und der Yukigumi-Star tiefe seelische Narben davongetragen hatte. Wieso hatte keiner Veto dagegen eingelegt? Nur mit Mühe verkniff sich der Senka-Star ein wütendes Schnauben. Wenn es ihr nicht untersagt gewesen wäre sich ein zu mischen, dann wäre sie wohl an die Decke gegangen. Eigentlich hatte sie sich ihren Anordnungen von ganz oben schon wiedersetzt indem sie Sena zurechtgewiesen hatte. Sie legte die Fingerspitzen an den Oberarm der jüngeren, nickte ihr einen Augenblick aufmunternd zu und lächelte etwas. Da sie erst anfingen würden sie noch nicht wirklich viel in den Paaren machen, denn zuerst mussten die Lieder gelernt werden. Saeko machte ihre Sache dabei wirklich gut. Sie arbeitete geplant und durchorganisiert. Die ersten Teile der Choreos wurden von den unterstützenden Darstellerinnen gelernt, wobei sich die Top Stars hauptsächlich darauf konzentrieren die Lieder zu lernen, da sie sowieso gänzlich andere Schritte lernen mussten. Doch irgendwie wirkte der ehemalige Tsukigumi-Top Star etwas neben sich, aufgebracht geradezu. Es schien sie etwas zu beschäftigen und wenn sie mal ins Blaue raten musste, dann würde sie sagen dass es an Sena lag. Immer wieder beobachtete sie, wie Saeko den Blick zu Sena warf, die nebenbei bemerkt den ganzen Tag etwas rumschwächelte. Auch im Augenwinkel bemerkte sie, wie Gaichi irgendwann in den Raum eintrat und sich den Fortschritt ansah, dabei aber ganz offensichtlich Saeko auswich. Ob die ehemalige Tod-Darstellerin herausgefunden hatte, dass Gaichi zu ihr geflüchtet war? Den vernichtenden Blicken zufolge nach, ja. Wahrscheinlich war Haruno zu ihr gekommen und hatte ihr erzählt was vorgefallen war. Seufzend fuhr sich die Senka durch die gelockten Haare. Sie wurde zu alt für solche Dramen. Wenn sie nicht schon so lange auf Gaichi gewartet hätte und nur das Beste für die andere wollte, dann würde sie das alles gar nicht mitmachen. Doch statt sich weiter darüber Gedanken zu machen blieb sie lieber am Klavier stehen, sah in ihren Text. „Machen wir das gleich nochmal. Und binde bitte den Ton rüber vor der Pause“, sagte Saeko, blätterte in ihrem Script zurück und Tom nickte nur. Es war ungewohnt so von der Jüngeren kritisiert zu werden, aber sie würde sich nicht beschweren. Sie wusste, was sie tat. Doch noch während Tom sich die Notizen machte stand Saeko auf, wandt sich Saeko an die probenden Schauspielerinnen. „Alles was nicht Top Star ist kann für heute Schluss machen. Schaut nochmal bei euren Troupes vorbei und vergesst nicht euch ab zu tragen dass ihr hier ward. Probt die Schritte und wir sehen uns morgen.“ Die jüngeren applaudierten und verabschiedeten sich noch und in windeseile war der Probenraum wie leergefegt bis auf die Top Stars und Saeko selbst. Die Direktoren hatte sie auch nach Hause geschickt, da diese sowieso nicht sonderlich viel machen konnten am ersten Tag. Als sich der Blick der Senka mit dem von Gaichi traf lächlte sie einmal aufmunternd, doch noch immer wirkte ihre Freundin etwas niedergeschlagen. Sie hatte die vergangenen Tage kaum geschlafen und es lag auf der Hand woran das lag. Immer noch fragte sich der Top Star wieso sie nicht einfach zu Osa zurückging. Es war so offensichtlich, dass sie die jüngere Frau immer noch abgöttisch liebte, aber ihre Rachegelüste, die durchaus mal ihr gutes Wesen in den Schatten stellten, nahmen mal wieder überhand. Tom wusste genau wie sehr es Osa verletzte. Dann musste sie das mal wieder selbst in die Hand nehmen, aber zuerst musste sie mal wieder nach dem Tsukigumi-Star sehen. Wo war die überhaupt? Sie nahm sich den jüngeren Soragumi-Star beiseite. „Wo ist Sena?“, fragte sie und Yuuhi blinzelte irritiert, sah sich im Raum um. „Ich glaube sie wollte mal zur Toilette. Sie hatte Kopfschmerzen und ihr war übel.“ Naja wenns weiter nichts war. Hoffendlich hatte sie nicht wieder einen ihrer Anfälle, aber das würden sie hören. Von diesem Raum aus war das Badezimmer nicht weit enfernt. Tom nickte nur kurz und lies Yuuhi weiter üben, ging selbst zu Saeko, die gerade Chie und Sei entlies nachdem diese ihr Duett geprobt hatten. Dann waren nur noch Natsuki, Sena, Yuuhi, Gaichi, Saeko und sie selbst übrig. Je weniger sie waren umso besser. Sie wollte gerade anfangen zu sprechen als der ehemalige Tsukigumi-Star ihr ins Wort fiel, dabei einen hastigen Blick zu Gaichi warf, die den Raum verlassen wollte. „Egal was du willst, das muss bis gleich warten. Ich muss mal eben meiner Freundin ein oder zwei Takte beibringen“, brummte die Jüngere und lief an ihr vorbei, Gaichi hinterher. Soviel zu der Bitte mal etwas Vernunft in die andere zu prügeln. Noch immer etwas geistesabwesend ging die ehemalige Senka den Gang hinunter. Wenn sie sich nicht über den Stand der Dinge hätte informieren müssen, dann wäre sie am liebsten gar nicht zur Arbeit gekommen. Sie hatte am Vortag einen ziemlich aufgebrachten Anruf von Saeko hinter sich und auch heute war ihre Freundin nicht sehr viel besserer Laune. Osa hatte sich bei dem ehemaligem Tsukigumi-Star ausgeheult, hatte ihr erzählt was zwischen ihnen vorgefallen war und Gaichi wusste genau, dass Saeko das ganz und gar nicht gut hieß. Ihr war wohl bewusst, dass sie zurück in ihr altes Schema fiel wenn sie bei Osa auszog und sich stattdessen bei Tom einquartierte, doch der Senka-Star war die einzige gewesen, die für sie da war. So gut wie es ging war sie ihrer besten Freundin den Tag über ausgewichen, doch als sie Schritte hinter sich hörte ging sie ein wenig schneller, doch es half nichts. Die Yukigumi-Assistentin hatte sie schnell eingeholt, verflucht sei diese Frau für ihre langen Beine, und hatte sie am Handgelenk gepackt. Gezwungen auf der Stelle stehen zu bleiben starrte sie auf den Boden, wich dem Blick der anderen Frau aus. „Denk nicht mal dran mir jetzt einen Vortrag zu halten. Ich weis genau was ich tue“, sagte Gaichi etwas verbissen, hob dann doch etwas den Blick und sah in die wütenden Augen ihrer Freundin. „Das glaube ich weniger. Besonders nicht wenn du mir ständig vorhällst wie ich mein Leben einfach wegwerfe.“ „Ich...“ Saeko fiel ihr ins Wort. „Mal ganz davon abgesehen dass ich genau sehe, dass du den ganzen Streit mit Osa gar nicht willst machst du sie ebenso kaputt.“ Gaichi brummte missgelaunt und entriss der anderen Frau ihr Handgelenk. „Sie hat unsere Beziehung doch kaputt gemacht, nicht umgekehrt.“ „Nur weil sie noch immer an Sena hängt? Mach dich nicht lächerlich.“ „Sie liebt die kleine immer noch. Ich will nicht immer auf Nummer 2 sein.“ „Das bist du nicht.“ „Das weist du doch gar nicht.“ „Ich weis es, weil du dich nicht mit Asako vergleichen kannst.“ „So? Gerade du emotionaler Krüppel willst mir Ratschläge geben? Und was soll ich deiner Meinung nach tun?“ „Das, was du mir jahrelang vorgehalten hast. Du solltest anfangen ihr ein wenig zu vertrauen und um sie kämpfen. Ich weis immer noch nicht wie du das damals geschafft hast, aber ihr wart doch nicht umsonst jahrelang zusammen. Du kannst nicht davon ausgehen, alles bleibt wie ganz am Anfang.“ Gaichi biss die Zähne aufeinander. Sie hatte da einen Punkt, auch wenn sie nicht den Finger darauf legen konnte welcher es war. Osa war auf dieser Party damals nur ein Experiment gewesen, aber es war so schnell mehr geworden, dass sie sich ein Leben ohne den ehemaligen Hanagumi-Star nicht vorstellen konnte. Das mit Tom war anders gewesen, doch immerhin war die Senka da. Nicht wie Osa, die gerade jede freie Minute mit dem Tsukigumi-Star verbrachte. „Gaichi.“ Die ehemalige Senka hob den Blick etwas, fühlte die Hand ihrer Freundin auf ihrem Oberarm. „Sei doch vernünftig. Du liebst sie.“ „Ich weis...“ „Dann tu auch was dafür. Du bist sonst so ein Arbeitstier. Arbeite mal an der richtigen Stelle.“ Saeko lächelte. „Würdest du dir keine Sorgen machen, wenn ich an Asako's Stelle wäre?“ Gaichi seufzte erneut, lehnte die Stirn an die Schulter ihrer Freundin. Sie würde wahrscheinlich vor Sorge eingehen. Etwas lachte die ehemalige Senka. „Du hast dich wirklich gemacht in den letzten Jahren.“ „Glücklicherweise. Jetzt hau schon ab. Ich sag Tom, dass sie nicht auf dich warten muss.“ Tom würde immer auf sie warten, doch das wollte sie Saeko nicht sagen. Doch sie hatte Recht. Osa war das wichtigste in ihrem Leben. Vielleicht hatte sie gerade desshalb nicht zwei Mal darüber nachgedacht und sich in die Schuhe ihrer Freundin hineinversetzt, hatte lieber den Eifersuchtsanfall in sich hineingefressen bis es einfach explodiert war. Zart lächelte sie der ehemaligen Tsukigumi-Darstellerin zu, machte auf dem Absatz kehrt und lief den Gang hinunter. Saeko seufzte erleichtert. Wenigstens etwas, was sich wieder hatte gradebiegen lassen. Tom würde ihr wohl den Kopf abreisen, aber sicherlich hatte der Senka-Star etwas in der Richtung erwartet. Todoroki hatte immer ein ausserordendliches Gespür dafür was die Menschen um sie herum brauchten, wurde entsprechend geliebt und hatte nicht zuletzt desshalb einen so hohen Posten innerhalb Takarazukas bekommen. Sie würde es verstehen, aber es würde ihr schwer fallen. Die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin wusste von der Anziehungskraft, die Gaichi auf Tom ausübte, was sie auch nicht wirklich verübeln konnte. Gaichi war auf ihre eigene Art schön, anziehend und begehrenswert. Apropos Tom. Saeko war sehr wohl aufgefallen, dass der Senka-Star ihr gefolgt war, sah als sie sich umdrehte den Saum ihrer Jacke. Sie wartete bis Gaichi ausser Hörweite war ehe sie etwas lauter anfing zu sprechen. „Du wusstest, dass es so weit kommt.“ „Ja“, kam es nach einer kurzen Pause um die Ecke. Sie hörte die Stimme der Senka etwas bröckeln. „Ich hab es erwartet und provoziert.“ „Du wolltest es aber nicht.“ „Ist doch nicht wichtig, oder? Es geht ihr mit Osa besser.“ Saeko ging zu der anderen, die im Halbdunkel an die Wand gelehnt stand, die Arme verschränkt und den Blick gesenkt hatte. Sie lehnte sich neben die Ältere, lehnte den Kopf an die kalte Wand und sah an die Decke. „Das ist der Preis, den wir bezahlt haben.“ „Du bereust es immer noch?“ „Natürlich. Es gibt wenige Entscheidungen, die ich nicht bereut habe.“ Tom schwieg ein paar Sekunden. „Wataru?“ Saeko entwich nur ein leises Seufzen, schloss daraufhin die Augen. Es schien dem Senka-Star als Antwort zu reichen. Sie lachte etwas und der ehemalige Tsukigumi-Star sah irritiert zu ihr. „Soll ich dir sagen, wieso sie immer noch deine Träume heimsucht?“ „Wieso?“ „Weil man euch auseinandergerissen hat. Du hattest nie die Möglichkeit es richtig zu verarbeiten. Vielleicht solltest du das nachholen.“ „Ich will Chika da nicht schon wieder mit reinziehen. Sie hat schon genug durchgemacht.“ „Ich meine auch nicht Natsuki.“ Saeko setzte zum Sprechen an, doch das Hallen von Absätzen im Gang lies sie verstummen und sie sties sich von der Wand ab. Tom tat es ihr gleich und kurz darauf kam auch schon eine schwer atmende Yuuhi um die Ecke gelaufen, wäre dabei fast in die zwei älteren Frauen reingelaufen. Chika war ihr ebenfalls dicht auf den Fersen. „Yuuhi? Was ist los? Warum rennst du so?“ Für ein paar Sekunden lehnte sich Yuuhi auf ihren Oberschenkeln auf, richtete sich dann auf und schluckte etwas. „Asako ist weg. Sie kam nicht zurück in den Probenraum, da hab ich sie auf den Toiletten gesucht, aber da war sie nicht. Ihr Telefon ist auch noch noch im Probenraum und ich weis nicht so sie ist. Wir waren auch schon unten aber ihr Auto steht noch.“ Sie warf einen kurzen Blick auf die etwas hechelnde Natsuki hinter ihr. „Ich wollte sie nicht allein da lassen also hab ich sie mitgeschliffen.“ Mit einem Mal wieder hellwach versteifte sich der Körper der ehemaligen Tsukigumi-Darstellerin und sie fühlte eine nur allzu vertraute Angst in sich aufsteigen. Was, wenn sie wieder aufs Dach war? Sie fühlte ihren Körper zittern und wie der Klos in ihrem Hals wieder zunahm. Sie hörte gar nicht, was der Senka-Star neben ihr sagte, drückte sich nur an Chika und Yuuhi vorbei und rannte zum Treppenaus, dort nach oben. Ihr war das Treppenhaus noch nie so lange vorgekommen wie in diesem Augenblick. Verdammt sie hätte ihre Freundin nie aus den Augen lassen sollen. Wenn ihr etwas passierte, dann würde sie sich das nie verzeihen. Saeko hatte gerade zwei Stockwerke hinter sich gebracht, war fast ganz oben angekommen und ignorierte dabei ihre schmerzenden Beine und Füße als die Tür aufging. Auf halben Weg auf der Treppe stockte die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin, merkte dann erst, dass ihr ein paar Tränen vom Kinn tropften, doch statt Asako sah sie Wataru hineinlaufen. Schnell wischte sie sich die salzige Flüssigkeit von den Wangen, starrte dann zu der ehemaligen Hoshigumi-Schauspielerin nach oben. „Auf dem Dach ist sie nicht“, sagte Wataru simpel, lief zu ihr hinunter und blieb neben ihr auf der Treppe stehen. „Worauf wartest du? Asako muss noch im Gebäude sein.“ „...Warum...?“, war alles, was die Yukigumi-Assistentin herausbrachte, doch Wataru lächelte nur. „Ich habe gehört wie Oozora ziemlich aufgebracht nach ihr gerufen hat. Und ich weis, dass Sena vom Dach gesprungen ist nach ihrem Elisabeth-Auftritt.“ „Das beantwortet nicht meine Frage!“ Saeko's Kopf ignorierte einfach mal gekonnt die Frage woher sie das mit dem Dach wusste. „Wieso hilfst du mir sie zu suchen? Du wolltest mich wieder.“ „Das war bevor ich gesehen habe wie sehr du sie brauchst. Noch mehr als mich. Um mich hast du nicht gekämpft.“ Schon wieder fühlte die kleinere ihre Beine zittern, krallte sich in das Geländer, auf der ihre Hand lag. Ehe sie es sich versah, hatte sie Wataru gegen die Wand gedrückt, ihr einen Kuss auf die Lippen gehaucht und lehnte die Stirn dann an ihre Schulter. Sie brauchte diesen kurzen Moment. „Danke...“ Wohl etwas aus der Fassung geraten hielt Wataru sie fest, schluckte hörbar und krallte sich kurz in ihre Schultern ehe sie sie von sich drückte. „Dank mir nachher. Gehen wir deine Freundin suchen. Ich glaub ich weis wo sie ist.“ Saeko holte einmal tief Luft um sich wieder zu fangen. „Und wo wäre das?“ „Im Tsukigumi-Probenraum.“ „Verschwinde endlich aus meinem Leben“, jammerte Asako leise, versuchte fast vergebens auf dem wankenden Boden und dem sich drehendem Raum gerade zu stehen. Du bist mein, mein Engel. „Das ist nicht wahr. Ich entscheide das immer noch selbst.“ Sei kein Narr! Erinnere dich gefälligst an den ganzen Schmerz, den sie dir bereitet hat! Sie stolperte zurück, schlug mit dem Rücken gegen eine glatte Fläche auf, an der sie keinen Halt fand und zu Boden sank. Die Bilder in ihrem Kopf liesen ihr die Tränen in die Augen steigen, Bilder von Saeko und Natsuki, Bilder davon, wie wie mit ihrer Freundin im Regen stand. Die kaputte Taschenuhr schien so real in ihren Händen, dass sie das zerkratzte Metall fühlen konnte, spürte, wie das lose Uhrwerk klapperte. „Hör auf. Das ist alles nicht passiert.“ Du weist, dass es wahr ist. „Nein...“ Und wenn es doch wahr war? Wenn Das alles in ihrem Kopf wirklich passiert war? Wenn Saeko sie wirklich nicht liebte? Ich bin das einzige, was dir bleibt. Ich bin die einzige, die dich wirklich und wahrhaftig liebt. Ein Freund, der einem die Einsamkeit nahm. Ich bin dein Tod, mein Engel. Du wirst immer im Herzen Elisabeth sein. Sei die meine. Elisabeth. Geliebt, begehrt und niemals einsam. Ihr Kopf fiel nach vorne und sie schloss die Augen. Sie hörte die Melodie, wie sie aus ihrer Kehle kam. „Weist du noch, wie wir erbebten, als wir zwei im Tanze schwebten?“ Sie fühlte ihre Mundwinkel sich zu einem Lächeln nach oben zogen. „Du brauchst mich. Ja du brauchst mich.“ Wie von selbst beugte sich ihr Körper nach vorne, sie ging auf die Knie und stemmte sich schlieslich nach oben. „Gib doch zu, dass du mich mehr liebst, als die Frau an deiner Seite. Auch, wenn du ihr scheinbar mehr gibst. Du ziehst sie in die Nacht.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt, sah in den riesigen Spiegel, der die Wand auskleidete. Auf ihren Wangen klebten noch immer die Tränen, doch das Lächeln lag auf ihren Lippen und sie hatte einen Ausdruck in den Augen, den sie von sich selbst nicht kannte. Der Tod saß in ihren Knochen, in ihrem Kopf und übernahm langsam ihren Geist. „Yami ga hirogaru.“ Die Melodie, die sie schon so oft gehört hatte, in ihren Träumen und wenn der Tod in ihr die Überhand nahm. „Es wird Abend, ehe dein Tag begann. Yami ga hirogaru. Mit dir stirbt die Welt...“ Sie fühlte die kalte Spiegelfläche unter ihren Fingerspitzen, sah im Augenwinkel den silbernen Ring und den tiefschwarzen Stein. Die letzten Töne brannten sich in ihr Gedächnis, die Stimme des Otokoyaku, des Todes, zu dem sie in all den Jahren geworden war. „...halt dich nicht fest daran.“ Kapitel 11: What can be fixed... -------------------------------- So schnell wie es ihr nur irgendwie möglich war, war Gaichi zu der gemeinsamen Wohnung mit Osa gefahren, betete zu allem was heilig war, dass der ehemalige Hanagumi-Star zuhause war. Allerdings erwartete sie nichts anderes, denn das Auto ihrer Freundin stand vor der Tür und das Licht war an. Allerdings nur das Licht im Eingangsbereich. Gaichi wusste genau was das hieß. Immer wenn Osa etwas bedrückte, wenn sie traurig war oder einfach in Gedanken, dann lies sie immer das Licht im Gang an, lies alles stehen und liegen, ignorierte die Lichtschalter im restlichen Haus und zog sich ins Schlafzimmer zurück. Jetzt, wo sie der anderen wieder so nahe war kamen ihr Zweifel ob sie stark genug dafür war. Natürlich verstand sie Osa, nicht zuletzt durch Saeko. Sie würde sich wohl genauso Sorgen um ihre beste Freundin machen wenn diese sich vom Dach eines Hauses gestürzt hätte, dabei fast umgekommen wäre und obendrein an Amnesie litt. Gaichi stieg aus ihrem Wagen aus, sah auf die Eingangstür. Mit schweren Schritten als würden die Pflanzen nach ihr ausschlagen und ihre Füße mit den Wurzeln an den Boden binden trat sie über die Türschwelle, fand wie sie es vermutet hatte den Rest der Wohnung dunkel vor. Osa's Schuhe und ihre Jacke lagen unbeachtet auf den Boden und Gaichi musste ein wenig lächeln. Ein paar Dinge änderten sich nie und ging es nur ums Sachen aufhängen und bügeln. Sie hing die Jacke noch an den Haken, entledigte sich ihrer Schuhe und ging auf Socken durch die vertraute Wohnung, blieb im Türrahmen zum Schlafzimmer stehen. Osa lag auf dem Bett über den Decken, hatte sich halb eingerollt und schien zu schlafen, doch die ehemalige Senka sah genau, dass ihre Freundin geweint hatte. Unter den zerzausten Haaren klebten an ihren leicht geröteten Wangen noch immer ein paar Tränenspuren. Sie trug wieder dieses schöne, silberne Nachthemd, an dessen Saum ein paar Blumenstickereien waren, dass sie mal vor einiger Zeit beim Shoppen entdeckt hatte. Vorsichtig trat die ehemalige Senka ans Bett, lies sich auf dem Rand nieder und strich ihrer Freundin ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Diese zuckte unter ihrer Berührung, schlug leicht die Augen auf und sah zu ihr auf. Ein paar Sekunden sahen sich die zwei Frauen in die Augen ehe die ehemalige Hanagumi registrierte, wer da vor ihr saß und sich aufsetzte. Gaichi brachte nur ein schwaches Lächeln zustande. Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste sie nicht, was sie sagen sollte, hatte sich nichts zurechtgelegt. „Es tut mir leid. Ich hätte dir zuhören sollen. Ich hätte...“, flüsterte sie dann schlieslich atemlos und Osa schüttelte etwas den Kopf und brachte sie damit zum Schweigen. „Lass es uns einfach besser machen.“ „Aber ich hab dir wehgetan.“ „Und ich dir. Aber das gehört dazu, oder?“ Osa lächelte schwächlich, schniefte etwas und strich sich mit dem Handrücken über die Augen. „Dass man streitet und sich wieder verträgt?“ Gaichi lächelte etwas, nahm die Hand ihrer Freundin in ihre und lehnte die Stirn an ihre. Beide Frauen schlossen dabei die Augen und genossen die Ruhe, die sich zwischen ihnen bildete. Nach all dem Streit, den sie in den vergangenen Tagen hatten, war das auch bitter nötig. „Ich liebe dich“, hauchte die ehemalige Senka gegen die Lippen ihrer Freundin. Osa beugte sich vor, hauchte ihr einen zarten, fast schüchternen Kuss auf. „Ich liebe dich auch.“   Saeko hechtete hinter Wataru her als die beiden Frauen die Treppe runter in das Tsukigumi-Stockwerk liefen, wo sich besagter Probenraum befand. Noch immer fühlte sich die ehemalige Tsukigumi-Schauspielerin blass und schwächlich, doch sie zwang sich dazu aufrecht stehen zu bleiben. Nochmal würde sie Asako nicht verlieren und wenn doch, dann würde sie es ihr gleichtun und in den Wahnsinn verfallen. Die überaus wacklige Psyche ihrer Freundin war ihr bekannt, schon vor dem Unfall, doch seither war sie immer so anders gewesen in ihrer Gegenwart.Die ehemalige Takarazuka-Darstellerin war davon ausgegangen, dass die letzten Jahre einfach aus ihrem Gedächnis gestrichen worden waren, doch dann hatte sie diesen durchaus verstörenden Anruf von Suzumi bekommen. Zuerst hatte sie sich gewundert, dass gerade die Hoshigumi-Darstellerin sich von allen Leuten an sie wendete, doch das, was die Blonde ihr erzählte, hatte Saeko fast aus ihrem Bett gehauen. Der Tod in Asako war nicht weg, er versteckte sich nur. Suzumi hatte ihr mit verstörender Genauigkeit erzählt wie der Tod ihr etwas durchaus ähnliches zugefügt hatte wie Natsuki, von der kleinen Top Star-Party, die die Otokoyaku geschmissen hatte, von Tom, die den Tod in seine Schranken gewiesen hatte. Als Saeko dort aufgetaucht war, war neben Asako nur noch Yuuhi anwesend gewesen und die hatte ihr nicht ein Wort erzählt. Der ehemalige Tsukigumi-Star hatte geschworen keinem etwas davon zu erzählen, was zwischen ihr und Suzumi an Worten gewechselt wurde, doch seither saß ihr die Angst im Nacken, dass der Tod ihre Freundin wieder in den Abgrund treiben würde. Saeko könnte nur zu gut verstehen warum der Spiegel so eine Wirkung auf die sonst so starke Schauspielerin hatte. In den Spiegel zu sehen und in ein Gesicht zu schauen, von dem man nicht glauben will, dass man es selbst ist verkraftete nicht jeder und der Unfall schien diese Abscheu, die Asako in den letzten Jahren gegen sich aufgebaut hatte, nur zu verstärken. Wie sie ihrer Freundin helfen konnte? Keine Ahnung. Sie wusste es nicht. Die beiden ehemaligen Top Stars fanden sowohl Yuuhi und Natsuki als auch Tom am Eingang des Tsukigumi-Probenraumes vor, die Tür geöffnet, doch keine der drei Frauen schien sich zu trauen ein zu treten. Natsuki war hinter Yuuhi eingekauert, sah aus, als ob sie jeden Moment weglaufen wollte. Von drinnen hörte Saeko schon Asako's Stimme, konnte aber nicht ausmachen was sie sagte. Egal was es war, sie musste zu ihrer Freundin. Ohne auf die anderen drei zu achten wollte sie in den Raum, doch Tom und Yuuhi hatten sie blitzschnell unter den Armen gepackt, zerrten sie zurück, wobei der Hoshigumi-Star die Hand über ihren Mund legte als sie protestieren wollte. Tom legte den Finger an die Lippen und bedeutete ihr ruhig zu sein. „Überstürz es nicht“, hauchte der Senka-Star und im Augenwinkel sah sie, wie Wataru die paralysierte Natsuki ein wenig wegzog und sie in die Arme schloss. Saeko nickte nur etwas und blieb am Eingang stehen, starrte in den dunklen Probenraum. Inzwischen hatten sich ihre Augen so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie Asako's Gestalt sehen konnte, wie sie torkelnd durch den Raum lief, immer wieder gegen eine unsichtbare Mauer rannte und zurückstolperte. Sie wimmerte leise, sodass es der ehemaligen Tsukigumi-Darstellerin fast das Herz zeriss, doch zuerst konnte sie nicht verstehen, was die andere sagte. Leise trat sie einen halben Schritt in den Raum, hielt sich aber noch immer verdeckt und beobachtete, wie ihre Freundin mit sich selbst sprach. „Verschwinde endlich aus meinem Leben“, hörte sie die junge Frau, sah, wie sie sich mit zitternden Händen an die Stirn fasste. Ihre Beine wankten und sie sah aus, als ob sie jeden Moment umfallen würde. Mit einem Mal wurde sie lauter. „Das ist nicht wahr! Ich entscheide das immer noch selbst!“ Über ihre eigenen Füße stolpernd schlug sie mit dem Rücken und einem gedämpften Schrei an dem Spiegel auf, rutschte daran hinunter und zog zitternd die Beine ein Stück an den Körper. Mit wem sprach sie da? Schwebenden Schrittes ging sie in den Raum, merkte dabei nur, wie Tom Yuuhi zurückhielt. Sie konnte nur stumm auf ihre Freundin sehen. „Hör auf. Das ist alles nicht passiert.“ Die Stimme ihrer Freundin starb langsam ab, wurde gegen Ende nur noch brüchiger und kippte schlussendlich. „Nein...“ Sekunden später sackten ihre Schultern runter, ihr Kopf kippte vor und sie schloss die Augen. Saeko stand schließlich mitten im Raum, starrte nur auf Asako, die wirkte als hätte sie aufgegeben. Gerade wollte die Ältere zu ihr, wollte ihr sagen, dass sie nicht alleine war, dass sie immer für ihre Freundin da war und sie nie verlassen hatte, da fing die Jüngere an zu singen. Ihre Stimme war tief gedrückt. Der Otokoyaku in ihr. „Weist du noch, wie wir erbebten, als wir zwei im Tanze schwebten?“ Saeko blinzelte. Sprach Asako mit ihr? Oder mit sich selbst? „Du brauchst mich. Ja du brauchst mich.“ Natürlich brauchte Saeko sie. Asako war ihre ganze Welt. Ihr ein und alles. Die Jüngere beugte sich vor, ging auf die Knie und erhob sich schlussendlich ganz. Saeko streckte die Hand nach ihr aus, da drehte sie sich fast in Zeitlupe zum Spiegel, sang weiter diese grauenvolle Melodie. „Gib doch zu, dass du mich mehr liebst, als die Frau an deiner Seite. Auch, wenn du ihr scheinbar mehr gibst. Du ziehst sie in die Nacht.“ Der Tod sprach mit Asako. Im Spiegel erkannte sie diesen kalten Blick, das Glitzern, dass sie schon gesehen hatte, als Asako mit den silbernen Locken und dem lilanem Samt auf der Bühne stand. „Yami ga hirogaru.“ Die Melodie, von der sie nie wollte, dass sie das Leben ihrer Freundin bestimmte. „Es wird Abend, ehe dein Tag begann. Yami ga hirogaru. Mit dir stirbt die Welt...“ Sie sah den Ring an der Hand, die der Tod an die Spiegelfläche legte. Alles, was sie in den letzten Jahren getrennt hatte, repräsentiert durch dieses Stück Silber, dass Asako sich angefertigt hatte, ihre eigene Kette und die Gitterstäbe, die sie gefangen hielt, der Strick, den sie sich gedreht und ihr Abgrund, in den sie sich gestürzt hatte. Saeko lief ein Schauer über den Rücken und ihr wurde kalt.   „...halt dich nicht fest daran.“   Wieder sah sie es. Sie sah, wie der Schatten, wie Asako, die Frau, die sie liebte, über den Hausrand glitt, fühlte den Schmerz ihre Freundin zu verlieren und ihr Herz dabei erneut ein Stück brechen. Warum verstand sie es einfach nicht? Warum hing sie immer noch am Tod? „Hör auf!“, rief Saeko mit einmal lauter, als sie es vielleicht gemeint hatte, schrie beinahe. „Was fällt dir ein, wer du eigentlich bist?? Hör auf mit dem Unsinn!“ Die Blicke der beiden Frauen trafen sich im Spiegel und sie sahen sich ein Zeit lang stumm an. Die beringte Hand noch immer am Spiegel presste der Tod etwas flacher an die Fläche, drückte sich etwas nach hinten und legte kurz darauf ein zärtlich-kaltes Lächeln auf, sties sich vom Spiegel ab und trat zwei Schritte rückwärts, wankte, ehe sie sich zu ihr umdrehte. Die Otokoyaku atmete einmal tief durch ehe sie anfing zu sprechen. „Unsinn?“ Ihre Stimme war noch immer sehr runtergedrückt, doch jedes Wort triefte geradezu. „So würde ich es nicht nennen.“ Diese Bewegungen waren ihr nur allzu vertraut. Sie waren langsam, genüsslich und elegant, so, wie es für den Tod auf der Bühne üblich war. Das, was da vor ihr stand, war der dunkelste Teil von Asako, der sich über die Jahre manifestiert hatte, die Otokoyaku, die sie werden wollte. „Und wie nennst du es dann? Du kannst doch nicht einfach ablegen, was du bist und jemand anderes...“ Der Tod lachte auf, sodass der Rest ihres Satzes einfach verschluckt wurde. Das Lachen hallte an den Wänden wieder und schmerzte geradezu in ihren Ohren. Dabei warf sie den Kopf in den Nacken. Mit einem Mal stand Saeko in dem Alptraum, der sie so lange gequält hatte. Asako hatte schon abgedrückt. „Ich nenne es Wahrheit! Ich bin, wozu du mich gemacht hast, mein Liebling.“ Liebling. Das hatte sie schon zu lange und zu oft gehört und mit einem Mal verstand sie, was da wirklich vor ihr stand. Asako hatte den Charakter angenommen, wie sie Natsuki immer gesehen hatte. Besitzergreifend und durch und durch grausam, der Tod, der Asako vor fast drei Jahren das Stück gestohlen hatte und damit sorgte, dass Asako in ihrem eigenen Wahnsinn gefangen gewesen war. „Verdammt“, fluchte die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin leise und trat einen Schritt auf den Tod zu. „Komm zu dir Asako! Das bist du nicht!“ „Was interessiert es dich? Du weist doch gar nicht wie ich wirklich bin.“ „Das stimmt doch gar nicht!“, rief Yuuhi, die zusammen mit Tom in den Raum getreten war und an ihrer Seite standen. „Wenn dich jemand versteht, dann doch die Frau, die dich liebt und die du liebst.“ „Sei vernünftig!“ Tom war etwas lauter geworden. Sie schien ziemlich aufgebracht zu sein über das, was sich gerade vor ihren Augen abgespielt hatte. „Vernünftig?“ Asako hob eine der schlanken Augenbrauen und grinste schief. „Bitte. Was willst du schon machen?“ Sie machte eine tiefe Verbeugung und sah dabei provozierend zu den drei Schauspielerinnen. „Ich werde mich zurückhalten, falls es das ist was du willst. Ich werde Takarazuka nicht schänden.“ „Es geht hier nicht mehr um Takarazuka, Sena!“ „Genau! Sena Jun!“, erneut brach der Tod in schallendes Gelächter aus. „Falls es Asako ist, die ihr sucht, die gibt es nicht. Es gibt nur noch Sena Jun! Und ich habe mich selbst dazu entschieden!“ Mit fließender Bewegung strich sich die Otokoyaku eine Haarsträhne zurück. Saeko trat einen Schritt vor. „Das bist du aber nicht!“ „Natürlich bin ich das! Wein einem anderen nach, Saeko!“ Die Jüngere machte einfach auf der Stelle kehrt, als die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin erneut zum sprechen ansetzte und verlies den Raum, lies die drei anderen einfach im Raum Stehen. Saeko nahm kaum wahr, dass Yuuhi sie am Arm rüttelte als ihre Gedanken wie sie es schon einmal erlebt hatte in die Dunkelheit abrutschten.   Irgendetwas lag die nächsten paar Tage gehörig in der Luft. Chie konnte nicht genau sagen was es war, doch während des Trainings für das Special verhielten sich die Schauspielerinnen und die Assistenten gleichermaßen merkwürdig. Sena schien bessere Laune zu haben als die letzten paar Wochen, summte leise vor sich hin. Sie schien sich mit den jüngeren Schauspielerinnen wunderbar zu verstehen, flirtete offensichtlich mit diesen. Dagegen schienen Wataru, Ayaki, Oozora und sogar Tom schienen ziemlich bedrückt und verbissen. Natsuki allen vorran war noch ruhiger als sie es sonst in Sena's Nähe war, hatte sichtlich Probleme mit ihr zu proben, doch nachdem sie immer wieder von den Direktoren ermahnt wurde biss sie sich doch irgendwie durch die Tage. Auch Tomu hatte inzwischen gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte zwischen den Top Stars, doch da sie genauso unwissend war wie Chie entschieden sich die beiden Stars auf Abstand zu bleiben und das Geschehen aus der Ferne zu beobachten. Der Tag kam, an dem die letzten Proben von der Bühne gegangen waren und die Generalprobe vor der Tür stand. Dementsprechend waren alle etwas gehetzt. Die Kostüme waren noch nicht ganz fertig, was den sowieso schon verzögerten Zeitplan noch weiter zurückwarf und die Bühnenrequisiten waren ebenso noch nicht vollständig. Dennoch mussten sie auf die Bühne. Es war noch nicht die abschliesende Generalprobe, doch die Stars mussten sich langsam wieder an die Bühne gewöhnen, die dann doch um einiges größer war als der kleine Probenraum. „Sind jetzt alle da?“, fragte Ayaki, als sich die Top Stars vor dem Orchestergraben auf dem Steg der Bühne eingefunden hatten. Die meisten der unterstützenden Tänzer waren bei den regulären Troupeproben, sodass nur zwei der Assistenten, Wataru und Ayaki, die Hoshigumi-Schauspielerin Suzumi Shio, der Yukigumi-Vice Kimu, Sena's Vice Kiriya Hiromu und die Top Stars anwesend waren. Aus irgendeinem Grund fühlte sich der Hoshigumi-Top Star fehl am Platze, doch sie spürte die Spannung, die in der Luft lag. Neben ihr stand Sena, die schmunzelnd einen Blick zu Natsuki warf, die auf ihrer anderen Seite stand. Prompt fand sie heraus wieso da diese Spannung zu spüren war. „Heute läuft es folgendermaßen“, sagte Wataru und löste Ayaki damit ab. „Wir werden das, was wir geprobt haben auf die Bühnenmaße ausweiten. Ihr wisst, was ihr zu tun habt. Hoshi- und Hanagumi fangen bitte an, danach kommen Yukigumi mit Tsukigumi und Senka bildet mit Soragumi den Schluss. Zieht euch bitte hinter der Bühne um. Ihr habt 15 Minuten Zeit.“ Nicht gerade viel Zeit wenn man einige der Kostüme betrachtete. Bissher hatten sie immer Requisiten gehabt, die dem, was sie schlussendlich anhatten zwar nahe kam, aber die Echten zu tragen war dann doch etwas Anderes. Chie hatte es noch leicht, denn sie hatte einen schwarzen Anzug abbekommen, wie sie ihn regelmäßig trugen. Nur die künstlichen Haarsträhnen, die man ihr in die Haare steckte, waren etwas störend. Wie auch immer. Die Top Stars zogen sich in ihre jeweiligen Umkleideräume zurück um sich um zu ziehen.   Wer hatte sie nur in diesen Schlamassel hinein geritten? Chika, inzwischen umgezogen im weißem Kleidchen, stand vor dem Spiegel und steckte sich die letzte Haarklammer in die Frisur. Sie hatte jedes Mal aufs neue Panik mit Sena zu trainieren, besonders, da der Tsukigumi-Star jede Gelegenheit wahrnahm um ihr zu zeigen, dass sie und nicht Chika am längerem Hebel saß. Es war meist subtil, unterschwellig und wurde von den anderen kaum wahrgenommen, doch dafür nur umso schlimmer. Immer wieder striff Sena über ihr Handgelenk, drückte die Nägel bestimmt auf die kleine Narbe, die sich inzwischen durch den Biss in ihre Haut gebildet hatte, und gab ihr diesen Blick, der ihr sagte 'Du bist ein Nichts'. Immer wieder versuchten Tom, Wataru oder Saeko ihr unter die Arme zu greifen, doch an Sena war kein Herankommen. Die Frau war wie ein Aal, der wusste, wie man sich aus dem Griff eines anderen herauswand. Der Gedanke mit dieser Bestie auf der Bühne zu stehen, nichts zu sehen ausser diesem Monster, verschreckte sie nur noch weiter. Alles was sie dort abspielte, wo keine Scheinwerfer hinleuchteten, also das Geschehen vor, neben und hinter der Bühne, war für den der im Rampenlicht stand quasi nicht anwesend und unsichtbar. Abgeschnitten von allem anderen würde es nur sie und den Tod geben. Nicht einmal Hiromi würde sie vor diesem Moment retten können. Chika schluckte, atmete nochmal tief durch und machte auf dem Absatz kehrt, ging aus dem Raum und fühlte dabei, wie sie in ihr Verderben rannte. Sie wollte das nur schnell hinter sich bringen und dann zurück zu Hiromi, die Zuhause auf sie wartete. Sie lies sich dabei mehr Zeit, denn zuerst waren ja Chie und Tomu an der Reihe, die sie schon ihren Song auf der Bühne schmettern hörte. Sena sah sie schon am Bühneneingang stehen, doch statt stehen zu bleiben und sich den Tukigumi-Star genauer an zu sehen ging sie hinter der Bühne entlang. Sie würde von der anderen Seite auf die Bühne treten, die Bestie würde von hinten die Treppe hinuntergeschritten kommen.   Kaum dass Sena im Augenwinkel die reizende Gestalt des Yukigumi-Top Stars erblickt hatte legte sich ein schmales Lächeln auf die Lippen der Otokoyaku. Sie würde Chika mit dem, was sie sich ausgedacht hatte, entgültig schachmatt setzen. Sie war die einzige, die es verdient hatte an dem großen Abend auf der Bühne zu stehen und sich umjubeln zu lassen. Dieses unwürdige Etwas, was nichts weiter verdient hatte als Erniedrigung und Pein, hatte dort nichts verloren. Der Top Star lächelte breiter. Eigentlich war es ihr verboten worden, von Tom und Wataru, ihren heißgeliebten Ring zu tragen, ihr ein und alles, doch der ruhte sicher und wohlbehütet in ihrer Jackentasche. Sie warf nochmals einen Blick in den Spiegel, der im Gang hing und in dem sich die Schauspielerinnen noch ein letztes Mal vor ihrem Auftritt zurechtmachten. Sie hatte einen asymetrisch geschnittenen, tiefschwarzen, knielangen Mantel bekommen, dessen Kragen rötlich gefärbt war. Dieser war ebenfalls etwas versteift und aufgestellt, sodass sie tatsächlich wirkte wie ein Vampir, gerade so, wie es das Lied hergab. Eine moderne Version des alten Dracula-Mythos, aber immerhin irgendwie erkennbar. Es passte zu diesem verzückenden, weißem Kleidchen mit den silbernen Pajetten, dass man Chika aufgedrückt hatte. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, was das letzte Mal geschehen war, als man den Yukigumi-Star in ein Kleid gesteckt hatte, jedoch spielte man die ersten Töne ihres Duetts an bevor sie sich weiter in Erinnerungen verlieren konnte. Sie grinste. Dann mal an die Arbeit. Sie würde es genießen Chika auseinander zu nehmen. Kurzerhand ging sie die kurze Treppe nach oben, stellte sich in die Mitte der großen Treppe auf der Bühne und sah hinunter auf Chika, die schon mittig am Fuße im Rampenlicht saß. Das Kleid fiel in einen perfekten Kreis, gab obendrein einen netten Einblick auf ihren Rücken frei. Gemächlich, fast genüsslich trat der Tsukigumi-Star ein paar Stufen nach unten ehe sie den Kopf etwas anhob und begann zu singen. „Niemals war ich sichrer. Niemals mehr bereit. Du allein sollst mein Engel sein. Heut und in Ewigkeit.“ Ihre Stimme war gedrückt, ganz zu ehren der Otokoyaku. Sie sah unentwegt auf die sichtlich zitternde Chika. Während sie sang schritt sie stolz und zufrieden hinunter, denn sie wusste genau, wie sie den Yukigumi-Star brechen konnte. „Du allein bist mein Ende, mein Beginn, gibst dem Leben neuen Sinn. Wir sind ein Fleisch und Blut. Alle Zeit.“ Wie wahr das alles doch war. Dieses unwürdige etwas von einem Otokoyaku war der Grund, wieso sie exestierte, wieso sie so war, wie sie es wollte und wieso sie diesen Rachegedanken hegte. Zufrieden sein würde sie wohl nie, dazu war die Schuld, die auf den Schultern dieser Frau lastete, zu groß. Sena blieb hinter Chika stehen, hob die Arme und warf den Blick in die Dunkelheit, wo sich sonst das Publikum aufhielt. Dabei fühlte sie genau den Blick von Ayaki auf sich. „Ich befahl Armeen, schlug den Feind im Krieg.“ Sie senkte den Blick und sah auf die bibbernde Frau im weißen Kleid. „Doch ich seh, wenn ich vor dir steh, Kriege und Sieg sind wertloses Glück. Eitles und wertloses Glück.“ Nur ihre Rache zählte. Erst dann konnte sie wirkliches Glück finden. Erst, wenn ihre Rache vollendet war konnte sie aufhören.   Fast hätte Chika ihren Part vergessen, fühlte die Präsenz des Monsters, des Todes, in ihrem Rücken und merkte, wie sie kleiner wurde. Sie hatte Angst und ihre Ohren wurden langsam taub. Nur mit Mühe konnte sie verhindern ihren Einsatz zu verpassen. Wenn sie das jetzt verhaute, dann würde sie nochmal anfangen müssen, vielleicht sogar noch Extraschichten einlegen müssen. Das war das letzte, was sie wollte. Nur weg von dieser Bestie. „Lass mich dich nicht lieben, lass mich nicht begehren, was ich zu begehren schon lange vermag.“ Erneut bereute sie den Tag, an dem sie angefangen hatte Sena für sich beanspruchen zu wollen. Das bisschen nackte Haut war der ganze Schmerz nicht wert gewesen. Wenn sie könnte, dann würde sie die Zeit zurückdrehen. „Ich laufe durch den Nebel näher an den Abgrund bin ich nun verbannt nun von dem hellichtem Tag.“ Für einen Augenblick fragte sie sich, wer von ihnen sich tatsächlich in den Abgrund geworfen hatte. Asako, die Frau, die sie so eitel zerstört hatte, oder Chika selbst, die sich mit dem Schatten ihrer ehemaligen Kollegin angelegt hatte.   Sena packte die Frau im Kleid am Arm, zog sie auf die Beine und zwang sie dazu, mit bestimmten Schritten die eingeübte Choreo zu tanzen während sie erneut kühl lächelte. Wie sehr sie dieses Opfer doch liebte. Dafür, dass sie dafür verantwortlich war, dass der Tod endlich in ihr war, jede Faser ihres Körpers ausfüllte und ihr Wesen einnahm. Sie würde dieses Gefühl festhalten und wenn sie Natsuki dafür anketten musste. „Mein Stern kennt keinen Untergang. So können wir dem Tod entfliehn. Wir leben ohne Zeit in Ewigkeit, denn meine Liebe heißt Unsterblichkeit.“ Nur federleicht fühlte sie die Finger der anderen auf ihrer Schulter, als sie schlussendlich doch in ihren Gesang mit einstimmte.   „Ich teil mit dir mein Bett. Ich teil mit dir mein Blut. Wir wanken nicht im Sturm, nicht in der Zeiten Flut. Soll diese Welt vergehn, die unsre bleibt bestehn. Der Stern wird niemals sinken.“   Ob sie doch endlich akzeptieren sollte, dass sich dieses Monster sich wie ein Parasit in ihr Leben gefressen hatte? Jetzt so abgeschnitten von allem anderen, auf der Bühne umringt von Dunkelheit war ihr das mehr bewusst als vorher. Erneut fühlte die Frau wie sie anfing zu zittern, fühlte die Kälte, die von der Frau im Anzug ausging, die sie wie eine Bärenfalle umklammert hielt. Die Töne kamen wie von selbst aus ihrer Kehle. „Im Nebel liegt Geborgenheit. Er macht mich schwach und willenlos.“   Sena grinste breiter. Zwar sah Natsuki sie nicht direkt an, doch konnte sie der anderen praktisch in die Seele blicken. Das Schäfchen hatte endlich dem Wolf ergeben. „Ich sehe deine Augen sagen ja. Sie stellen die verwirrten Worte klar. Sie sagen was du fühlst und was du fühlen willst. Zwei Körper zieh'n sich an und ändern ihre Bahn. Sie sterben und als Stern erstehen sie von neu'm. Der Stern wird niemals sinken. Der Stern wird nie vergehn“ Während sie ihr Opfer quasi über die Bühne jagte, aus tiefster Seele sang, dabei merkte, wie die andere sich immer mehr ihrem Schicksal ergab  griff sie in ihre Tasche, unbemerkt von den Blicken, die sie noch immer auf sich spürte, und striff den Ring über ihren Finger. Beim letzten Schritt in der Mitte der Bühne fiel Chika vor ihr auf die Knie, Sena packte sie grob am Handgelenk. In diesem Moment konnte sie nicht verhindern, dass wohl auch die Personen vor der Bühne das Silber an den schlanken Fingern sehen konnten, doch das war unwichtig. Die Augen ihres Schäfchens wurden leer als sie genau verstand, was diese Haltung bedeutete. Das Silber lag genau über der Narbe an ihrem Handgelenk. Sie konnte den Puls ihres Opfer spüren, fühlte, wie dieser raste, doch sah ihr dabei unentwegt in die Augen. Ohne sie wirklich auffordern müssen erzwang sie von Natsuki den letzte Part des Duetts, den sie einheitlich, nur begleitet von den sanften Klängen einer Harfe, in der Halle erklingen liesen.   „Kein Zurück mehr. Die Brücken brechen ein. Alles werd ich dafür geben um bei dir zu sein. Nun steh in meinem Bann und nimm mich an als unbezwingbare Macht. Mein Wunsch ist erfüllt nun, der Nebel verhüllt nun, die ewige Liebe der Nacht.“   Sena zog Natsuki auf die Beine, drehte sie mit dem Gesicht Richtung Publikum, zur Dunkelheit hin. Sie wusste genau, dass dort Tom und all die anderen saßen, auch wenn sie sie nicht sehen konnte, sie waren da. Sie sollten sehen, wer hier die Fäden in der Hand hielt. Zu gerne hätte sie jetzt noch etwas zu ihnen gesagt, doch schon gegen Ende hatte man ihre Mikrophone abgestellt und sie waren nicht mehr zu hören. Es war egal. Das, was zählte, ist gesagt worden und es war zu offensichtlich wer gewonnen hatte. „Bist du jetzt zufrieden?“, kam es von der Seite und im Augenwinkel sah die Otokoyaku, wie Ayaki auf die Bühne getreten war, wie sie verbissen ein paar Meter entfernt stand und die Hände geballt hatte. Sena drehte den Kopf etwas, hielt die noch immer zitternde und etwas schlapp wirkende Natsuki mit einem Arm fest. Erst als sie Schritte hinter sich hörte lies sie die Puppe fallen, drehte sich ein Stück weiter zu Ayaki. Kimu und Shio waren auf die Bühne gestürmt, ebenso wie Yuuhi und Kiriya. Kimu zerrte Natsuki von ihr weg, was von ihr gekonnt ignoriert wurde. Sollten sie das Schäfchen mitnehmen, es würde doch wieder zurück kommen. „Kommt drauf an, was du damit meinst, mein Liebling“, sagte Sena und erneut legte sich ein dünnes Lächeln auf ihre Lippen.   Nur mit Mühe schluckte Saeko den Klos im Hals herunter. Ihr Alptraum war also doch wahr geworden, auch, wenn die Rollenverteilung anders war als sie es in ihren Träumen gesehen hatte. Langsam, fast vorsichtig ging sie von ihren Freunden weg, trat auf den Tod zu. „Bist du stolz auf das, wohin du dich entwickelt hast? Ich bin es nicht“, sagte sie mit zitternder Stimme, blieb auf etwas Abstand stehen. Sie fürchtete sich vor der Frau, die da vor ihr stand. Schon wieder sah sie ihre Freundin erschossen auf der Bühne liegen, sich selbst, wie sie verzweifelt versuchte den Bühnenrand zu erreichen, doch jetzt wo sie es endlich hinauf geschafft hatte würde sie sich nicht wieder verjagen lassen. Dieses Mal würde sie nicht aufwachen. Dieses Mal hatte sie sich entschlossen zu kämpfen. „Ich habe bissher immer hingenommen, was du getan hast. Ich habe dich unterstützt in dem was du tust. Aber das da, das kann ich nicht mehr hinnehmen.“ „Charmant“, sagte Sena nur und verschränkte die Arme, hob eine der schlanken Augenbrauen. „Willst du mir jetzt einen Vortrag halten?“ „Nein. Aber ich habe eine Frage an dich.“ Der Tsukigumi-Star warf einen Blick in die Runde. Saeko war sich durchaus bewusst, dass alle, die ihr jemals etwas bedeutet hatten auf dieser Bühne versammelt waren. Gaichi war obendrein unterwegs um Osa zu holen. „Dann schieß los.“   Es war ihr neu, dass Ayaki derartiges vor allen anderen regelte, doch warum nicht? Es war mal etwas neues. So wurde es wenigstens nicht langweilig. Die Frau ihr gegenüber hob den Arm, zeigte auf den hinteren Teil der Bühne. Was sollte das den jetzt schon wieder? Nur zögerlich drehte die Otokoyaku den Kopf, bemerkte dann erst, dass der hintere Teil mit einer riesigen Spiegelfront ausgekleidet war. Sie kannte diese Spiegel. Im Elisabeth-Stück hatte man diese Spiegel benutzt um den Spiegelsaal dar zu stellen. Sie sah sich selbst darin, mittig, umhüllt von Schwärze. Als hätte es einen Schalter umgelegt schnellte ihr Puls nach oben und sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut: Panik. „Was siehst du...“, riss Ayaki's Stimme sie aus den Gedanken. „...wenn du in den Spiegel siehst? Siehst du Asako oder Sena Jun?“ „Was geht dich das an?“, zischte die Otokoyaku, fühlte dabei ihre Stimme etwas sterben. Sie konnte nicht von der Gestalt im Spiegel absehen. Im Spiegel sah sie hinter sich zwei weitere Gestalten auf die Bühne kommen. Haruno und Midori. Kurz darauf sah sie auch, wie Ayaki zu ihr trat, auf etwas Abstand zu ihr stehen blieb und ihr im Spiegel in die Augen sah. Ein wenig rechts von ihr sah sie Natsuki, die in Kimu's Armen lag und den Blick nur scheu gehoben hatte. „Weil es egal ist.“ Ihr Blick flog zurück zu ihrer ehemaligen Vorgesetzten. Egal? „Was soll das heißen?“ Ayaki holte Luft als ob sie überlegen musste, was sie als nächstes sagen wollte. Eines hatte es ihr gebracht: sie hatte Sena's ungeteilte Aufmerksamkeit. „Ich weis, was du getan hast. Mit Shio, mit Natsuki. Ich weis, was du mit Tom vor hattest. Ich weis von der Party, auf der du dich vor dir selbst gefürchtet hast.“ Ayaki trat näher an sie, zwang Sena weiterhin in den Spiegel zu sehen indem sie den Blick nicht von ihr ablies. Sie spürte den Körper der anderen, wie er sich langsam ihrem Rücken näherte, wie sie zärtlich die Hand über ihre Hüfte gleiten lies. Sena fühlte einen kurzen Schmerz, der sich von ihrer Schläfe aus bis in den Nacken zog und der sie kurz die Augen zusammenkneifen lies. Für einen Bruchteil einer Sekunde glaubte sie warmes Wasser auf der Haut zu spüren, kalte, glatte Fliesen unter den Fingern... „Und?“, fragte sie dann gereiztert, aber etwas in ihr verhinderte weg zu treten. „Komm endlich auf den Punkt.“ „Sag mir, was du im Spiegel siehst.“ Langsam ging ihr die Fragerei auf die Nerven. Was sollte sie schon sehen ausser sich selbst? „Mich.“ „Richtige Antwort.“ Sena biss die Zähne aufeinander, zog die Stirn etwas kraus. Gerade wollte sie erneut fragen als Ayaki einfach weiter sprach. „Soll ich dir sagen, warum du dich siehst?“ Ayaki legte die Stirn an ihre Schulter und Sena fühlte den Atem der anderen an ihrem Rücken. „Weil du nicht Sena Jun oder Asako bist. Du bist beides. Das ist beides ein Teil von dir.“ „Mach dich nicht lächerlich“, murmelte die Jüngere, doch sie merkte, wie sie anfing zu zittern. Ihre Worte sollten sie gar nicht so berühren, dennoch lösten sie irgendetwas in ihr aus. „Es ist wahr.“ Die Ältere hob den Kopf, legte ihn über ihre Schulter und sah sie erneut im Spiegel an. „Sieh dich um. Sieh dir die anderen an.“ Sena sah die anderen Leute auf der Bühne in der Spiegelfläche. „Wir erschaffen uns eine Persönlichkeit wenn wir in Takarazuka eintreten. Wir sind jemand anderes, wenn wir auf der Bühne stehen. Sind wir allein, sind wir wer anderes. Dennoch beeinflussen sich unsere beiden Seiten wie Licht und Schatten. Du bist dagegen auch nicht immun.“ Erneut versuchte der Tsukigumi-Star zu lächeln, doch es erstarb noch während des Versuchs. „Mach dich nicht lächerlich. Asako gibt es nicht mehr.“ „Oh doch das tut sie. Sie ist da weil du auch Asako bist. Rede von dir ruhig als zwei Personen, es gibt aber nur dich. Dich als Asako und als Sena Jun. Genau so, wie wir alle weder das eine noch das andere sind. Wir spielen alle eine Rolle. Du die der Sena Jun, ich die der Ayaki Nao.“ Sie fühlte, wie ihr die Gesichtszüge entglitten als sie die Erkenntnis traf. Das, was sie sein wollte, war gespielt, nicht echt. War ihr desshalb immer so unwohl, wenn sie in den Spiegel sah? „Asako“, kam es von etwas weiter hinter ihr. Haruno... Osa... „Wir tragen alle eine Tod-Rolle in uns. Die Kunst ist es sie zurück zu halten. Wir wollen dich wieder bei uns haben. Ich hab es nie gut geheisen, dass du bei Saeko bist, aber ich weis, dass sie dich glücklich macht.“ Sie fühlte, wie die Tränen über ihr Kinn tropften, Saeko sie loslies. Nochmals sah sie sich die Leute im Spiegel an, wandt den Blick dann von der spiegelnden Fläche ab und drehte sich zu den Personen, die mit ihr auf der Bühne standen. Sie blieb an Saeko hängen, sah sie eine Zeit lang stumm an. Sie lächelte flüchtig, strich ihr die Träne von der Wange. Was genau sie kurz darauf sagte wusste sie nicht. Sie torkelte an der Älteren vorbei, runter von der Bühne, raus aus diesem Gebäude, raus in den Regen. Generell war alles so dumpf, so unwirklich wie ein Traum. Ein einziger Alptraum. Kapitel 12: ...may get fixed in the End --------------------------------------- Dieser Schritt war so verdammt gewagt gewesen. So oft hatten die anderen auf sie eingeredet, dass es nicht funktionieren würde, doch dieses Mal hatte sie sich durchgesetzt. Die Spiegel, das Lied und das, was die anderen zu tun hatten während sie mit Sena sprach, das alles hatte sie fein säuberlich zurechtgelegt und durchgeplant. Eigentlich hatte sie nicht gewollt, dass Chika ihre Psyche derart einbüsen musste, doch dieses Opfer war sie dieses eine Mal gewillt zu bringen. Vielleicht schwang auch ein bisschen persönliche Rache mit, den immerhin hatte der Yukigumi-Top Star mehr als ein Mal ihr Leben zunichte gemacht. Saeko hatte viel Zeit gehabt um darüber nach zu denken, was Asako jetzt eigentlich war, was Sena jetzt war. Zuerst war sie felsenfest der Meinung gewesen, dass es der Tod als Rolle war, die sich in ihrer Freundin manifestiert hatte, doch je mehr sie darüber grübelte, umso hirnrissiger kam ihr es vor. Sie hatte es im Gespür, dass da keine zweite Person in ihrer Elisabeth war. Tom, Yuuhi und so viele andere hatten versucht ihr anderes weis zu machen, aber es kam ihr von Anfang an falsch vor. Dann hatte sie geglaubt, dass Asako das war, was sie in Natsuki gesehen hatte, in diesem Monster einer Frau und in ihrem Feind. Suzumi hatte ihr erzählt, dass der Tsukigumi-Star nach dem strebte was Natsuki hatte. Macht, Einfluss, Ruhm, das alles war nur einer kleiner Teil von ihr gewesen. Vor wenigen Tagen war ihr dann der Geistesblitz gekommen als sie ihre Freundin beobachtete. Da war sie wieder gewesen, gedankenverloren am Fenster, das Script in ihrem Schoß und sie sah mit diesem leicht abwesendem Blick nach drausen. Sie hatte sich nicht verändert, sie schauspielerte nur. Sie schauspielerte ohne es zu merken. Sie alle schauspielerten nur, nahmen die Persönlichkeit ihrer Künstlernamen an und wurden jemand anderes. Asako hatte schlichtweg die Fähigkeit eingebüst das unterscheiden zu können. Wie sie so blind hatte sein können war ihr dabei noch immer schleierhaft. Diese plötzlichen Umschwünge die sie gehabt hatte, die Lieder, die sie immerzu sang wenn sie zu Sena Jun wurde, das ganze Wesen, dass sie eingenommen hatte war nichts weiter als ein stummer Hilferuf gewesen. Sie musste ihr nur zeigen, dass es nicht nur Schwarz oder Weiß gab. Sie alle waren etwas zwischendrin. Nicht nur Asako wurde jemand anderes, sobald sie auf der Bühne stand. Der Spiegel hatte immerzu die Wahrheit gezeigt. Sie waren berühmt, begehrt und doch waren sie nicht so, wie man sie immer sah. Saeko wusste genau, wie wichtig es Asako geworden war wie andere sie sahen und das war ihr schlussendlich zum Verhängnis geworden. Als ihre Freundin torkelnd, noch immer weinend und mit fast verstörtem Blick an ihr vorbei lief blieb Saeko auf der Stelle. Sie jetzt zu drängen wäre fatal, doch das wusste nur sie. Sie hörte, wie der Tsukigumi-Star von der Bühne und aus dem Saal heraus floh. Erst als Osa mit einem Mal neben ihr stand, ihr die Hand auf die Schulter legte riss das den ehemaligen Top Star aus der Trance. „Wollen wir nicht hinterher?“, fragte Kiriyan, die schon auf dem Sprung war um Asako nach zu hechten. „Nein“, antwortete die Ältere laut und Kiriyan und Kimu, die schon fast an der Treppe waren, stoppten im Schritt. „Ich gehe alleine. „Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?“ Tom trat an sie heran und verschränkte die Arme. „Ich war schon gegen diesen dummen Einfall von dir. Wir wissen doch nicht mal wo sie hin will.“ Saeko schwieg. Sie wusste genau, welches Ziel der Tsukigumi-Star hatte, aber das musste sie den anderen nicht sagen. Gaichi schien zu bemerken, was sie vor hatte, packte sie an den Armen und drehte sie zu sich. „Ich kenne diesen Blick von dir...“, begann sie, sah etwas zerknirscht drein. „...und du gehst nicht alleine! Was ist wenn... wenn du es wieder nicht schaffst?“ Die Frage hatte sich Saeko schon so oft gestellt und keine Antwort darauf gefunden. Sie hätte am liebsten gesagt, dass es dieses Mal nicht passieren würde, doch das wäre eine Lüge. Stattdessen nahm sie vorsichtig die Hände ihrer besten Freundin, hielt diese einen Augenblick fest und lächelte. „Ich muss es alleine machen. Ich werde Asako nicht nochmal loslassen“, sagte sie schlicht und löste die Hände von der anderen. „Und wenn sie sich entscheidet nochmal auf zu geben...“ Sie warf einen Blick in die Runde, vollendete den Satz aber nicht. Sie sah den Umstehenden an, dass es offensichtlich war wovon sie redete. Wenn sich Asako nochmals in den Abgrund stürzte, dann würde sie sie festhalten. Ob sie es schaffte die andere auf der Kante zu halten oder ob die junge Frau sie mit in die Tiefe zerrte war ihr in diesem Moment gleich. Gaichi schluckte, sah ihrer Freundin nur nach als sie Asako folgte und in der Dunkelheit des Saals verschwand. Keiner hätte sie aufhalten können, also gab sie den Versuch schnell wieder auf. Sie hatte Saeko noch nie so entschlossen gesehen, doch dieses Glänzen in ihren Augen machte ihr Angst. Wataru kam zu ihr, krallte sich an ihren Oberarm. Mit einem Mal wirkte die ehemalige Hoshigumi sehr aufgebracht. „Wir können die beiden doch nicht einfach gehen lassen!“ „Wenn wir ihnen folgen machen wir es nur schlimmer“, sagte die ehemalige Senka und starrte weiterhin in die Dunkelheit. Nur langsam drehte sie sich um, starrte in den Spiegel, der sie alle zeigte. Wie etwas so simples ein solches Chaos heraufbeschwören konnte... Es war wie der Schmetterling, der einen Orkan mit einem Flügelschlag entfachte. Sie war sich bewusst, dass sie Asako und Saeko vielleicht wie wieder sahen, dennoch war es falsch ihnen nach zu laufen. „Gaichi...“, flüsterte es neben ihr. Osa war zu ihr gekommen, war sichtlich den Tränen nahe. Dass beide Frauen Angst um ihre besten Freunde hatten war offensichtlich. Behutsam nahm die ehemalige Senka ihre Freundin in die Arme, drückte sie an sich und fühlte ihre Tränen über die Wange laufen. Im Augenwinkel sah sie nur Tom, die an die bebende Wataru herantrat und sie mit sich mitzog, den anderen von der Bühne folgte. Auch Gaichi folgte ihnen mit Osa im Arm. Auf dieser Bühne hatten sie schon so oft in und solcher Ausführlichkeit Dramen gespielt, doch es war nicht der Ort um sie selbst zu sein. Als Saeko schlieslich den Ort erreichte, den sie die letzten Wochen mit solch Bravour gemieden hatte, war es schon stockdunkel. Normalerweise wäre sie diesen Weg nie zu Fuß gegangen, war sogar noch einen großen Umweg gelaufen, doch sie wusste genau, dass Asako diese Zeit gebraucht hatte. Zeit, um sich bewusst zu werden, was die letzten Wochen geschehen war und wer sie war, obwohl ihr das keiner beantworten konnte, nicht einmal sie selbst. Inzwischen war die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin tropfnass, jedoch würde sich das auch nicht so schnell ändern. Nasse Kleidung war das letzte, worum sie sich kümmern musste. Ihre Gedanken hingen nur an ihrer Freundin. Als sie den Punkt erreicht hatte, an dem sie sich nicht mehr darum kümmern musste Asako zu retten war ihr eine Last von den Schultern gefallen. Sie wollte nur, dass die andere sie an ihrer Seite akzeptierte. Saeko würde ihr folgen, auch in den Abgrund. Sie hob den Blick, sah in den dunklen Nachthimmel und an den Dachrand, sah dort schon einen vertrauten Schatten. Sie würde nicht zusehen, wie er über den Hausrand glitt und im freien Fall auf die Erde zuraste. Doch nur langsam setzten sich ihre Beine wieder in Bewegung und sie schritt erneut die Treppen nach oben, vorbei an der noch immer fest verschlossenen Wohnungstür des Tsukigumi-Stars. Ein letztes Mal, egal, wie es ausgehen würde. Als ihr Bewusstsein wieder mehr oder minder einsetzte fand sich die junge Frau auf dem Dach wieder. Sie kannte es. Sie hatte es im Traum gesehen, so viele Male. Und doch war sie sich bewusst, dass es dieses Mal kein Traum war. Es war nie ein Traum gewesen, sondern Realität. Sie erinnerte sich an den ganzen Schmerz, der sie die letzten Jahre heimgesucht hatte, doch gerade als sie auf dem leicht erhöhtem Stein ganz am Rand gestanden hatte hinderte sie eine Blockade daran einfach einen Schritt in die Dunkelheit zu wagen. Sie erinnerte sich an das, was vor wenigen Wochen passiert war als sie schon einmal hier gestanden hatte. Das letzte Mal alleine. Sie hatte Saeko weg geschickt, sie hatte in ihrem Schmerz allein sein wollen, doch im freiem Fall war ihr bewusst geworden, dass sie das ganze eigentlich nicht wollte. Sie wollte nicht alleine sein und Osa hatte ihr eines klar gemacht: Sie war nicht allein, egal wie sehr sie versuchte sich von den anderen ab zu schotten. Gerade Saeko hatte sie nie allein gelassen, sei es sie als Asako, oder sie als Sena Jun. Diese Frau hatte sie in der Seele berührt und auch wenn sie körperlich nicht anwesend war, war sie dennoch da. Die junge Frau setzte sich, lies die Beine über den Rand baumeln und zog den Ring vom Finger, genau wie die dünne Silberkette von ihrem Hals. Die Kette lies sie durch den Ring gleiten, hielt die geschlossene Kette mit dem geliebtem Schmuckstück an zwei Fingern fest und lies sie daran hinunterhängen. Dieser Moment, an dem sie schon wieder auf der Stelle trat und nicht wusste, was sie tun sollte war schon wieder da. Er verschlang sie erneut. Ein Rascheln neben ihr lies sie den Kopf etwas heben und sie sah zu ihrer Linken. Ihr Engel hatte sich auf wenige Zentimeter Abstand neben sie gesetzt, hob die Füße über den Rand in die Tiefe. Stumm starrten die beiden Frauen in die Dunkelheit der Nacht, das kalte Wasser tropfte von ihren Haaren und den Nasenspitzen. Vielleicht konnten sie ewig so sitzen bleiben, doch Asako war sich bewusst, dass die Sonne irgendwann aufgehen würde. Die Zeit lies sich nicht einfrieren. „Und?“, kam es dann von Saeko, gedämpft, aber sie sprach. „Was machen wir jetzt?“ Asako schwieg einige Sekunden, schloss die Augen. „Ich weis es nicht.“ Sie schluckte, lies den Kopf nach vorne fallen. „Ich will zurück. Ich will dich wieder als Top Star und an meiner Seite.“ Saeko lächelte etwas. Asako schien sich dann doch zu erinnern. Vorsichtig hob sie die Hand, strich ihrer Freundin ein paar Haarsträhnen zurück. Sie war noch immer so wunderschön, und gerade in diesen Momenten zeigte sich, wer sie wirklich war. „Du musst nicht in der Zeit zurück um mich bei dir zu haben. Ich war nie weg.“ Asako hob den Blick etwas und die Ältere sah genau, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen trotz des Regens. „Natsuki hat dich mir weg genommen. Und dann bin ich durchgedreht. Natürlich warst du weg.“ Die Stimme der Jüngeren wurde aufgebracht und sie sah schon wieder diesen Ausdruck, den sie hatte, wenn sie sich verloren fühlte. Mit leisem Schluchzen krallte sich ihre Freundin in den kalten Stein und in die Kette, die sie zwischen den Fingern hielt. „Asako“, sagte die Ältere ruhig, strich ihr erneut über die Haare und rutschte etwas näher. „Asako sieh mich an.“ Nur langsam drehte sich der Kopf der anderen zu ihr und sie sah ihr in die Augen. „Ich bin hier, oder? Ich werde nie weg sein. Ich war es nie.“ Die Jüngere schluckte sichtbar und sie legte die Stirn an die von Asako, woraufhin die beiden Frauen einen Augeblick die Augen schlossen. „Aber wie machen wir jetzt weiter? Ich habe so viel kaputt gemacht. Mein Leben liegt in Scherben und ich habe das so vieler anderer zerstört...“, begann ihre Freundin, jedoch brachte Saeko sie mit einem leichtem Kuss auf den Lippen zum Schweigen. Sie brauchte etwas um über die richtigen Worte nach zu denken. Sie wusste, was sie sagen wollte, doch die richtigen Worte zu finden war dann doch nicht ganz so leicht. „Egal wie viele Scherben du verursacht hast...“, flüsterte die Ältere ihrer Freundin entgegen, hob den Blick dabei und sah sie erneut an, lächelte sachte. „...ich werde dich darüber tragen. Halt dich einfach an mir fest.“ Schon wieder überrannt von Tränen lauschte sie den Worten ihres Engels, krallte sich dabei mit einer Hand in ihren Oberarm. Sie wusste, wenn sie springen würde, dann würde Saeko vor ihr da sein. Und wenn sie einfach nochmal anfingen? Nicht sie als Sena Jun, Asako, Saeko oder Ayaki Nao, sondern sie als das, was sie waren? Der Abgrund rief, der Wahnsinn war für sie, die sie auf der Kante standen, einfach zum greifen nahe, doch auch das Leben brauchte sie. Die Kette glitt über ihre Fingerspitzen und der silberne Ring verschwand in der Dunkelheit der Nacht als sich die junge Frau auf den Schoß ihrer Freundin schob, ihr einen zarten Kuss auf die Lippen hauchte. Diese erwiederte ihn innig und die zwei Geliebten hielten sich einfach fest. Egal in welche Richtung sie die Kante fallen lies, sie hatten sich. Sie hatten sich in der Seele berührt und trotz des Lebens, dass sie zusammengeführt und wieder getrennt hatte wieder zusammengefunden. Sie würden sich immer haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)