Eine Schatzkiste... von Couscous (...voller Geschichten) ================================================================================ Kapitel 8: Morning has broken ----------------------------- Als Alice McAdams aufwachte, war sie bereits viel zu spät dran. Noch während sie sich fragte, wieso ihr blöder Wecker nicht geklingelt hatte, meinte sie sich wage daran zu erinnern, dass sie ihn mit einem Zauber zum Schweigen gebracht hatte. Mehrmals. Sie seufzte. Die faulen Sommertage, in denen sie nichts anderes getan hatte, als sich nach einem langen erholenden Schlaf jeden Tag mit ihren Freunden in der Winkelgasse oder zu sonstigen Ausflügen zu treffen, die allesamt damit endeten, dass Lily, die Rumtreiber und sie bis spät in der Nacht und in den frühen Morgen hinein im Tropfenden Kessel landeten und blieben, waren heute wohl endgültig vorbei. Aber der sieben endlose Jahre dauernde Kampf gegen ihren Wecker war wohl entschieden und an dessen Ende stand Alice selbst als Siegerin. Fast bedauerte sie es, da sie sich nun eine deutlich unangenehmere Methode einfallen lassen musste, um rechtzeitig aus dem Bett zu kommen. Konnte man eigentlich den „Levicorpus“-Zauber bei sich selbst anwenden? Oder etwas so verzaubern, dass es diesen Zauber um eine bestimmte Urteil wirkte? Alice beschloss, sich diesem Rätsel erst nach dem Frühstück zu widmen. Ihr Gehirn hatte noch nicht so ganz akzeptiert, dass es jetzt wach sein sollte und heute auf Hochtouren laufen sollte. Schließlich war heute ihr erster Arbeitstag und da wollte sie nicht zu spät kommen, wenn nicht alle besonders coolen Aufgaben schon vergeben wären. Sie sollte sich also beeilen. Alice rollte sich langsam aus ihrem Bett, damit ihr nicht schwindlig vor Augen wurde, und tappte ins Bad. *** Als Frank Longbottom aufwachte, lag er einige Minuten nur da, starrte an die Decke und hörte dem Klopfen seines eigenen Herzens zu. Es war so früh am Morgen, dass draußen vor seinem Fenster, die Sonne noch ganz niedrig stand und London mit sanften Farben weckte. Ein Blick auf seine Armbanduhr, die auf seinem Nachttisch lag, verriet ihm, dass sein Wecker erst in einer halben Stunde klingelte, den er ohnehin eine halbe Stunde früher gestellt hatte als nötig, aus Angst, er würde verschlafen. Jetzt, da er wach war, konnte er ohnehin gleich aufstehen und noch einmal seine Aufzeichnungen durchsehen, die er vielleicht für seinen ersten Arbeitstag brauchten konnte. Es war unsinnig sich für einen solchen Beruf ausschließlich theoretisch vorzubereiten, doch Frank kannte es nicht anders. Außerdem konnte er es sich so am besten merken. Dennoch fand er nicht die Kraft aus seinem warmen, gemütlichen und vor allem sicheren Bett aufzustehen, bis er sich daran erinnerte, was seine Mutter Augusta immer getan hatte, wenn Frank es vorgezogen hatte sein Zimmer nicht zu verlassen, anstatt sich der Welt draußen zu stellen. Er zog seine Decke weg, ohne weiter darüber nachzudenken, und kniff dabei die Augen zusammen, als die kühlere Zimmerluft über seine nackten Füße strich. Schnell sprang er auf, stolperte über seine am Boden liegende Bettdecke und stürzte ins Bad, wo ihm eine warme Dusche sicher gut tun würde. *** Durch ihre Katzenwäsche statt des ausführlicheren Morgenrituals, dass viel zu viele Cremes enthalten hätte, hatte Alice wieder etwas Zeit gewonnen. Sie war der Meinung, dass ihr Frühstück als wichtigstes Mahlzeit des Tages einer besonderen Sorgfalt bedurfte. Und so wichtig ihr ihr erster Arbeitstag auch war, sie würde die Aurorenzentrale nicht ohne ausreichend Nährstoffe oder gar mit knurrendem Magen betreten. Denn so wichtig ihr das Frühstück auch war, umso ungenauer nahm sie es mit den restlichen Mahlzeiten am Tag. Seitdem sie die Schule beendet hatte, hatte sie bestimmt an keinem einzigen Tag drei komplette, ausgewogene Mahlzeiten zu sich genommen. Deswegen musste ihr Frühstück ausreichen, um sie über den Tag zu bringen. Sirius hatte sie immer damit aufgezogen, wenn sie das Mittagessen in der Großen Halle geschwänzt hatte, aber sie hatte um zwölf Uhr einfach keinen Hunger gehabt. Irgendwann hatte es sich Lily angewöhnt, Sandwiches vom Esstisch verschwinden zu lassen, und sie pünktlich um 17 Uhr an Alice zu verfüttern, die dann wie aus heiterem Himmel gewaltigen Hunger hatte. Nur würde beim Aurorentraining keine Lily anwesend sein, die Alices Fütterungszeiten genau kannte. Vielleicht fand sie irgendwo einen Imbissstand. In ihrem Vorratsschrank war es nicht so kalt wie es eigentlich sein sollte und Alice machte sich eine gedankliche Notiz, dass sie jemanden beauftragen musste, den permanten Kühlzauber zu erneuern. Sie holte ihren Lieblingsyoghurt (Vanille) und ihre Lieblingsfrüchte (Brombeeren, Erdbeeren und Ananas) heraus und befand seufzend, dass sie auch die Kiwi verwerten musste, die ihre Mutter beim letzten Besuch mitgebracht hatte. *** Frank stand eine geschlagene Viertelstunde unter der Dusche und ließ das Wasser auf sich herabrieseln. Wieder einmal war er in den Gedanken an seine neue Arbeitsstelle gefangen und malte sich in den dunkelsten Farben aus, was heute passieren würde. Dafür hatte er ein Händchen, vor Prüfungen hatte er sich bis zur letzten Minute mit etwas anderem beschäftigen müssen, sonst wäre er wohl die Decke hochgegangen. Er verließ das Badezimmer langsam und vorsichtig, weil er fürchtete auszurutschen und nahm sich seine Kleider, die er Merlin sei Dank schon gestern Abend herausgelegt hatte. Und obwohl ihm seine Wahl (ein schwarzer Umhang mit schwarzer Hose und schwarzem Pulli) im Morgenlicht nicht mehr ganz so gut gefiel, irgendwie war sie doch recht dunkel gehalten, zog er es an, da die Alternative darin bestand, sich noch einmal eine halbe Stunde vor den Schrank zu stellen, wodurch er schließlich zu spät dran wäre. Stattdessen ging er in seine Küche und überlegte, was er wohl essen sollte. Auf gar keinen Fall sollte es zu fettig oder zu viel sein, ihm war ja bereits jetzt schon etwas mulmig zu Mute. Er schloss demnach gedanklich die Hälfte seiner Lebensmittel aus und entschied sich für ein belegtes Brot, das daran scheiterte, dass er bereits seit zwei Tagen kein neues Brot mehr gekauft hatte. Innerlich seufzend setzte er seine Kaffeekanne auf und begann, sich eine Kaffee zu brühen, das einzige, das sein Magen heute morgen wohl noch vertragen würde. In diesem Moment landete die Posteule auf seinem Fensterbrett und Frank nahm den Tagespropheten freudig entgegen. Er las gerne Zeitung, das lenkte ihn von seinen eigenen Problemen ab. Frank vertiefte sich in einen Artikel über die neusten Entwicklungen in Großbritannien bezüglich dem Gebrauch von schwarzer Magie, bis seine Kaffeekanne ein Kinderlied pfiff und nach seiner Aufmerksamkeit verlangte. *** Alice verschlang mindestens ein Pfund ihres Lieblingsyoghurts, bevor sie bemerkte, dass sie nur noch zehn Minuten hatte. Sie warf sich ihren allerliebsten Herbstumhang in einem hübschen und modischen Kürbisorange über die Schultern, trat aus ihrer Wohnung und apparierte ins Atrium des Ministeriums. Für einen kurzen Moment flatterte ihr Herz und ihr Magen schlug einen Purzelbaum, dann war die Aufregung verschwunden und machte einen freudigen Erregung Platz, die sie immer verspürte, wenn sie ein neues Projekt anging. Heute würde sie wirklich Aurorin werden! Heute begann ihre dreijährige Ausbildung zu einer vollwertigen Aurorin. Zufrieden sah sich Alice im Atrium um. Sie sah den hübschen goldenen Brunnen glitzern und ihr Blick richtete sich auf die Aufzüge, die sie gleich zu ihrem Arbeitsplatz bringen würde. Ziestrebig ging sie darauf zu und entschlossen drückte sie den Knopf im Fahrstuhl. Sie bemerkte, dass sie ein wenig zappelte und riss sich sofort wieder zusammen. Ihre Ausbilder sollten nicht denken, sie wäre dem Job und der Anspannung nicht gewachsen. Dann öffneten sich die Türen wieder und Alice ging einen Gang entlang, bis sie den Versammlungsort fand. Heute würde ihr Tag werden, heute würde sie immer die erste und die beste sein. Das Problem war nur: Alle anderen waren schon da! *** Obwohl Frank seinen Kaffee wirklich langsam trank und sich auch noch extrem langsam bereit machte, konnte er nicht verhindern, dass er eine halbe Stunde früher da war, als irgendjemand sonst. Einerseits freute ihn das, andererseits gab ihm das wieder die Gelegenheit über seinen Eignungstest nachzudenken. Seitdem er das Ergebnis erhalten hatte und man ihn für fähig genug hielt, dem Aurorenjob standzuhalten, zweifelte er konsequent an der Einschätzungsfähigkeit seiner Prüfer. Mit der Zeit trafen mehr und mehr seiner Mitanfänger ein, so viele, dass unmöglich alle Auroren werden konnten. Wie viele würden wohl das erste Jahr nicht schaffen? Als die Ausbilder auftauchten und eine Liste herumreichten, auf der man seine Anwesenheit bestätigen sollte, ließ Frank sie, tollpatschig und nervös wie er war, auf die Füße seines Nachbarn fallen. Natürlich wollte nun keiner mehr freiwillig sein Partner für die erste Aufgabe sein (Frank würde sich ja nicht mal selbst sein eigener Partner sein wollen) und er hatte auch nicht den Mut jemanden anzusprechen. „Willst du mein Partner sein?“ Eine junge Frau, die ihm sehr, sehr bekannt vorkam, hatte ihm diese Frage gestellt. Er starrte sie an, konnte er es doch nicht fassen, dass ihn eine so hübsche Frau ansprach, und, dass es sich noch dazu um Alice McAdams handelte. Sie legte den Kopf schief und sah ihn fragend an. Ihre braunen Augen glitzerten wie immer leicht spöttisch und ihre kastanienbraunen Locken waren heute zu einem praktischen Zopf gebunden. Er hatte sie bereits vorher gesehen, als sie beinahe zu spät gekommen war, doch er hätte sich niemals getraut sie anzusprechen. Sie erinnerte sich wahrscheinlich nicht mal an ihn. Wahrscheinlich hatte sie ihn nur ausgesucht, weil kein anderer übrig geblieben war. Oder weil sie dachte, dass von ihm am wenigsten Gefahr ausging, sowohl in beruflicher als auch zwischenmenschlicher Hinsicht. Wahrscheinlich hatte sogar ihr Freund von ihr gewollt... „Nun?“, unterbrach sie seinen Gedankenfluss und schmunzelte. Offensichtlich hatte er ihre Frage immer noch nicht beantwortet. „J-, ja, klar“, brachte er hervor und schaffte es sogar, dass es irgendwie optimistisch klang. Er streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin-“ „Frank Longbottom, ich weiß“, sagte sie und lächelte auf eine Weise, die ihr Freund ganz bestimmt nicht gut gefunden hätte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)